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Bargeldbasierte Transfers – Geber, traut euch! Von Merle Kreibaum, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

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Bargeldbasierte Transfers –

Geber, traut euch! Von Merle Kreibaum, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 23.05.2016

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Geber, traut euch! Bargeldbasierte Transfers als Chance für mehr Selbstbestimmung und Effizienz in der Not- und Übergangshilfe

Bonn, 23.05.2016. Am 23. und 24. Mai findet in Istan- bul der erste humanitäre Weltgipfel statt, zu dem der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon geladen hat. 5.000 Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, humanitären Organisationen, wissen- schaftlichen Institutionen und Unternehmen, aber auch Opfer humanitärer Krisen werden seiner Einla- dung folgen. Durch den Fokus auf fünf Aktionsfelder soll der Gipfel die Grundlage dafür schaffen, die um- fangreichen Verpflichtungen des vergangenen Jahres in die Tat umzusetzen – wie u.a. die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung oder das Pariser Abkommen der Klimakonferenz der Vereinten Nationen. Diese Felder umfassen die Würde, Sicherheit und nachhaltige Unterstützung der Menschen in Not sowie neue Part- nerschaften und innovative Finanzinstrumente zur effizienteren Verwendung knapper Mittel.

Für drei dieser Felder können bargeldbasierte Transfers in der Not- und Übergangshilfe eine wichtige Rolle spielen: für den Respekt vor der Würde der Menschen in Not, für deren nachhaltige Unterstützung sowie als neues, effizientes Instrument. Diese Leistungen werden direkt an Menschen in Krisensituationen vergeben, umfassen Bargeldzahlungen oder Gutscheine und ersetzen zunehmend Sach- und Lebensmittelhilfen.

Wichtige Entwicklungsakteure wie die Weltbank und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen möchten den humanitären Welt- gipfel auch dazu nutzen, um in der internationalen Gemeinschaft für einen verstärkten Einsatz dieses In- struments zu werben.

Auch in der humanitären Hilfe des deutschen Auswär- tigen Amtes und in der Übergangshilfe des Bundesmi- nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden bargeldbasierte Leistungen einge- setzt – prominent etwa in der Beschäftigungsinitiative für Flüchtlinge in den syrischen Nachbarländern. Insge- samt stellen sie aber einen sehr geringen Anteil von schätzungsweise sechs Prozent der weltweiten huma- nitären Hilfe dar. Allgemein reicht die Art der Leistun- gen von Transferzahlungen an Eltern im Gegenzug für den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder bis zu Zahlungen für kurzfristige Arbeitseinsätze oder auch Zahlungen ohne Konditionen. Auch können sie entwe- der als Bargeld frei verwendet oder als Gutscheine nur für vordefinierte Waren ausgegeben werden.

Positive Erfahrungen mit diesem Instrument wurden bereits in sehr unterschiedlichen Ländern gemacht, auch in fragilen Staaten. Damit Bargeld-Hilfen erfolg- reich sein können, müssen einerseits Märkte vorhanden sein, auf denen die Menschen die Dinge, die sie benöti- gen, erstehen können. Andererseits muss gewährleistet sein, dass die Transfers sicher zugestellt werden kön-

nen. Die Empfänger entscheiden selbst, wofür sie die Leistungen einsetzen, etwa für Nahrungsmittel, die Ausbildung ihrer Kinder oder Arztbesuche. Indem sie eigenständig Entscheidungen über Präferenzen treffen, nehmen sie ihr Leben stärker in die Hand als dies bei Sachleistungen der Fall ist. Gleichzeitig stärkt es sie kurz- und mittelfristig, da sie selbst festlegen, welchen Teil des Geldes sie unmittelbar ausgeben, welchen sie investieren und welchen sie sparen. Auch bei Kosten- Nutzen-Rechnungen schneidet Bargeld häufig besser ab als Nahrungsmittelhilfe. Gleichzeitig gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Bargeld regelmäßig und in höherem Maße für „falsche“ Zwecke wie etwa Alkohol ausgegeben würde als dies z.B. bei Lebensmitteln, die weiterverkauft werden können, der Fall ist.

Die Initiative für mehr bargeldbasierte Interventionen fügt sich ein in weitere Entwicklungen hin zu einem emanzipierteren Verständnis von Entwicklungszu- sammenarbeit und humanitärer Hilfe. Der konzeptio- nelle Rahmen, an dem sich die internationale Koopera- tion bis 2030 orientieren wird, sind die 2015 vereinbar- ten nachhaltigen Entwicklungsziele. Sie richten sich an alle Länder der Welt. Da alle Staatschefs Rechenschaft gegenüber der Weltöffentlichkeit ablegen müssen, wird die Grenze zwischen Gebern und Empfängern aufgeweicht. Es geht vielmehr um einen Austausch und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Der humanitäre Weltgipfel betont die Würde der Men- schen in Not und lässt sie neben dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Staatschefs und anderen hochrangigen Vertretern sichtbar und hörbar bereits in der Plenardebatte zur Eröffnung zu Wort kommen. Auf Projektebene sind bargeldbasierte Ansätze eine Mög- lichkeit, die Selbstbestimmung der Menschen anzuer- kennen.

Was also steht einem stärkeren Engagement für mehr bargeldbasierte Projekte und somit einem emanzipier- teren Verständnis von Not- und Übergangshilfe entge- gen? Es ist auch der Widerstand innerhalb von Geberin- stitutionen: Der große Vorteil des Instruments – die Empfänger entscheiden selbst, was sie brauchen – bedeutet auch, dass durchführende Organisationen einen Teil der Kontrolle aufgeben, was mit ihrer Hilfe geschieht. Außerdem verschwimmen die Grenzen zwischen den Sektoren der Entwicklungszusammenar- beit, wenn z.B. Geld, das für Ernährungssicherung ge- dacht war, für den Schulbesuch der Kinder verwendet wird. Die Geber sollten mehr Mut zeigen, den Empfän- gern eigene Entscheidungen zuzutrauen. Hoffen wir, dass die Teilnehmenden des humanitären Weltgipfels das Momentum nutzen, damit dieser Prozess weiter an Fahrt gewinnt.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 23.05.2016

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