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Publication series of the International Institute for Comparative Social Research/Labor Policy

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Academic year: 2022

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(1)

Veröffentlichungsreihe des Internationalen Instituts für Vergleichende Gesellschaftsforschung (IIVG)/Arbeitspolitik

des Wissenschaftszentrums Berlin

1 1 V G / d p 8 7 - 2 1 4

M a r k t v e r s u s S t a a t T h e o r i e g e s c h i c h t l i c h e r A b r i ß

d e r R e g u l i e r u n g s d e b a t t e

C h r i s t o p h S c h e r r e r

Berlin,

S e p te m b e r 1987

ISSN 0720-5084

Publication series of the International Institute for Comparative Social Research/Labor Policy

Wissenschaftszentrum Berlin Steinplatz 2, D 1000 Berlin 12

030/313 40 81

(2)

Die theoriegeschichtliche Analyse der Regulierungsdebatte zeigt auf, daß sich die Versuche eines modelltheoretisch exakten Nachweises für das neoklassische Duality-Theorem,^ . das eine Identität von Pareto-Optimum und konkurrenzwirt­

schaftlichem Gleichgewicht postuliert, als kontraproduktiv erwiesen haben. Wird nämlich die restriktive Annahme von konvexen, stetigen Kostenkurvenverläufen aufgegeben, d.h.

werden die in der Realität vorhandenen Kostendegressionen und Unteilbarkeiten der Produktionsgüter ebenso anerkannt wie der öffentliche Charakter der meisten ökonomischen Transaktionen, dann, so wies Bator nach, stellt Marktver­

sagen die Regel und nicht die Ausnahme dar. Entsprechend nahm die Regulierungstheorie in der Folgezeit nicht die

"Reine Theorie" zum Maßstab ihrer Kritik an staatlicher Regulierung, sondern existierende Wettbewerbsmärkte. Aber auch mit diesem Vergleichsmaßstab konnten in vielen Fällen staatliche Korrekturen des Marktprozesses gerechtfertigt werden. Deshalb haben radikale Befürworter des Marktes das Hayek'sehe Theorem vom "Markt als Entdeckungsprozeß"

wieder aufgegriffen, das auf einen exakten modelltheoreti­

schen Beweis vollkommen verzichtet: Der Markt ist effizient, weil er letzlich immer effiziente Ergebnisse geliefert hat.

(3)

Abstract

The review of the literature on justifications for state regulation shows that attempts to deliver theoretical proof for the neo-classical duality theorem, which postulates a correspondence between Pareto efficiency and market

performance, have turned out to be counter-productive. As Bator has shown, once the strong assumption of convex, steady cost curves is dropped, i.e. when the existence of economies-of-scales and the indivisibility of production facilities as well as the public nature of most economic activities are recognized, "market failure" becomes the rule and not the exception. Thus the theory of regulation has abandoned "pure theory" and used instead the workings of existing competitive markets as a yard stick for its criticism of government intervention. However, even

against this yardstick many instances of state intervention remain justified. More radical market proponents have

therefore choosen to pursue Hayek's theorem of "competition as a process of discovery" that dispenses with the need for theoretical proof altogether: The market is efficient since it has always delivered efficient results in the last

i n s tance.

(4)

Inhalt

I . E i n l e i t u n g ... 4

II. Das Spektrum ökonomischer Regulierung ... 5

III. Klassiker der Prä-Pigouanischen Theoriebildung 8 IV. Traditionelle Wohlfahrtstheorie . . . 11

IV.A. P i g o u ... 11

IV.B. Anwendung und Erweiterung des Pareto- O p t i m u m s ... 12

IV. C. Bators Typologisierung ... . 16

V. Traditionelle Begründungen für Regulierung . . . 19

V. A. Natürliches Monopol ... 19

V.B. Ruinöser Wettbewerb ... 20

V. C. Externe Effekte und öffentliche Güter . . . 22

VI. Argumente für Deregulierung ... 24

VI. A. S t a a t s v e r s a g e n ... 25

VI.B. Branchenuntersuchungen ... 26

VI.B.l. Natürliches Monopol ... 27

VI.B.l.a. Telekommunikation ... 27

VI.B.l.b. Energiewirtschaft ... 31

VI. B. 2. Ruinöser Wettbewerb . 31

VI.B.2.a. Straßengüterfernverkehr . . . 32

VI.B.2.b. Flugverkehr ... 34

VI.B.3. Externe Effekte und öffentliche G ü t e r ... 35

VI. C. Neuere theoretische Entwicklungen . . . . 36

VI.C.l. Das Coase-Theorem ... 36

VI . C . 2. Transaktionskostenökonomie ... 39

VI.C.3. Theorie der "contestable markets" . 41 VI.C.4. Der Markt als Entdeckungsprozeß . . 44

VII. Heterodoxe Kritik am Markt ... 46

VII. A. Keynesianismus und Post-Keynesianismus . 46 VII.B. Politischer/ökonomischer Institutionalismus ... 48

VII.C. Marxistische Theorierichtungen ... 50 VIII. S c h l u ß b e m e r k u n g ... 5 2

LITERATUR 54

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I ■ Einleitung

Die "Entfesselung der Marktkräfte" ist zum neuen Zauberwort der wirtschaftspolitischen Diskussion avanciert. Während in den siebziger Jahren staatlich gelenkte Modernisierungs- politik den wirtschaftspolitischen Diskurs dominierte,

stehen die achtziger Jahre im Zeichen von Deregulierung.

Die Zunft der Ökonomen preist den Markt als das effizien­

teste Allokationsinstrument. Staatliche Interventionen werden als Rigiditäten denunziert, die dem weiteren wirtschaftlichen Wachstum im Wege stehen. In der Dar­

stellung staatlicher Regulierungspraxis als Resultat

engstirniger, eigennütziger Interessensgruppenpolitik wird der Eindruck vermittelt, als ob es nie auch wirtschafts­

theoretische Begründungen für das Eingreifen des Staates in den Markt gegeben h ä t t e . Indes haben nicht nur heterodoxe Theorieströmungen Kritik an der Leistungsfähigkeit des Marktes geäußert: Die Theorie des Marktversagens wurde im Rahmen der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie entwickelt.

Den Eindruck von einer geraden Kontinuitätslinie, die Adam Smith mit den heutigen Befürwortern der Deregulierung

verbindet, will ich mit einer Übersicht über die Genese wirtschaftswissenschaftlicher Begründungen für staatliche allokative Interventionen berichtigen. Dabei will ich mich nicht nur auf eine Kompilation der Literatur beschränken, sondern ich will versuchen, diskursiv die einzelnen

Schritte der Theoriebildung aufzuspüren. Angesichts des knappen Raumes werde ich mich auf die Hauptstränge der Literatur konzentrieren.

Damit die Entwicklung der Argumentationslinien genau

nachvollzogen werden kann, wird es notwendig werden, einige Argumente ausführlicher darzustellen. Dies gilt insbeson­

dere für das Annahmengerüst der Wohlfahrtstheorie, das für die Aussagekraft ihrer Theoreme von größter Bedeutung ist.

Es gilt aber auch für den Klassiker des "Marktversagen",

(6)

Francis Bator, der die Grenzen des traditionellen Nach­

weises der allokativen Effizienz des Marktes aufzeigt.

Anhand von konkreten Beispielen, die gemäß ihrer Bedeutung innerhalb der Deregulierungsdiskussion ausgewählt wurden, soll dann analysiert werden, inwieweit die heutigen

Marktwirtschaftler noch Bezug nehmen auf die im Gefolge von Bator entwickelte Lehrmeinung zur Regulierung. Dabei wird es deutlich, daß weitergehende Liberalisierungsvorstellun­

gen sich nicht mit der traditionellen Wohlfahrtsökonomie begründen lassen. Die wichtigsten neuen Theorieentwicklun­

gen sollen deshalb einzeln vorgestellt werden.

Zum Schluß will ich noch auf Ansätze aus heterodoxen Theorietraditionen hinweisen, deren zumeist makro-ökono­

mische Sichtweise Anregungen für eine Rekonstruktion der Theorie des Marktversagens liefern könnten.

II. Das Spektrum ökonomischer Regulierung

Die Problematik des Marktversagens deckt das gesamte Spektrum des Verhältnisses zwischen "Ökonomie" und

"Politik" ab. Hier soll dieser Themenkomplex auf jene Aspekte reduziert werden, die im Mittelpunkt der jüngsten Deregulierungs- oder Entstaatlichungsdiskussion stehen.

Zwar werden die Stimmen derjenigen lauter, die den Einfluß des Staates sogar hinter den Stand des liberalen Nachtwäch­

terstaates zurückdrängen wollen (z.B. durch die Privatisie­

rung der Justiz )■*•), doch die gesellschaftspolitisch rele­

vante Diskussion bezieht sich auf die sogenannte ökonomi­

sche Regulierung. Der Bereich der sozialen Regulierung (u.a. Umwelt-, und Verbraucherschutz, Arbeitsrecht) ist gewiß auch Thema politischer Kontroversen geworden, aber eine Rücknahme staatlicher Interventionstätigkeit ist

1 Siehe Journal of Legal Studies, V o l .8 (1979), No. 2, zum Thema "Private Alternatives to the Judicial Process".

(7)

zumindest auf breiter Front weder in den USA noch in der BRD in Sicht (Eads 1984). Besonders im Bereich des

Umweltschutzes kann sogar mit einer Ausdehnung staatlicher Aufsicht gerechnet werden.

Unter ökonomischer Regulierung wird im weiteren Sinne jede Einschränkung der Gewerbe- und Vertragsfreiheit durch

solche staatlichen Eingriffe verstanden, die nicht die für alle geltenden Spielregeln der Marktwirtschaft festlegen

(Müller/Vogelsang 1979: 19, Phillips 1975: 2). Mit dieser Definition soll eine Unterscheidung getroffen werden

zwischen staatlichen Maßnahmen, die den Wettbewerb auf der Grundlage von Privateigentum an Produktionsmitteln ermögli­

chen (z.B. Rechtssicherheit) und jenen, die den Wettbewerb einschränken: "between governmental interventions consis­

tent and inconsistent with the preservation of competition as the central economic regulator" (Kahn 1970: 2). Als unvereinbar mit dem Prinzip der Konkurrenz gelten diejeni­

gen staatlichen Interventionen, die den Markt als Alloka­

tionsinstanz ersetzen oder stark eingrenzen. Dazu gehört vor allem die staatliche Einflußnahme auf strategische Größen unternehmerischen Handelns: Preis, Dienstgüte und Markteintritt (Herman 1981: 173).

In den USA erfolgt die allokative Intervention des Staates im wesentlichen durch die Regulierung von Privatunter­

nehmen. Von Exekutive und Parlament weitgehend unabhängige Regulierungskommissionen schränken über eine Kombination von Marktzutrittsbeschränkungen, Preiskontrollen, Quali- täts- und Konditionenfestsetzungen und Kontrahierungszwang die Entscheidungs-und Handlungsspielräume von privaten Unternehmungen in einer Reihe von Branchen (hauptsächlich im Infrastrukturbereich) ein.2) Während die wirtschaftliche

2 Das Standardwerk zur US-amerikanischen

Regulierungspraxis ist Alfred E. Kahns "The Economics of Regulation" (1970). Die Genese der einzelnen

Gesetzesgrundlagen für die Tätigkeit der

Regulierungskommissionen ist dokumentiert bei Schwartz

(8)

Eigentätigkeit des US-Staates nur auf sehr wenige Bereiche beschränkt i s t ,3) wird eine Vielzahl von wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland von öffentli­

chen oder gemeinwirtschaftlichen Unternehmen wahrge n o m m e n .^ ) Daneben besteht die Fachaufsicht oder Mißbrauchaufsicht

durch Behörden, die der Exekutive direkt unterstellt sind.3) Entsprechend den unterschiedlichen Formen staatlicher

Intervention beziehen sich die jüngsten Deregulierungsvor­

schläge in den USA hauptsächlich auf die Kompetenzen der Regulierungskommissionen (Breyer 1982), während in der BRD die Kritik sich vornehmlich auf die öffentlichen Unterneh­

mungen konzentriert (Müller/Vogelsang 1979, Loesch 1983, Soltwedel et al 1986).

Mit der Deregulierung oder weitgehenden Liberalisierung der verschiedenen Bereiche des Transportwesens und des Telekom­

munikationswesens ist in den USA die Kritik an staatlicher Aufsicht auch im erstaunlichen Umfange in die Praxis

umgesetzt worden (Derthick/Quirk 1985). In der Bundesrepu­

blik Deutschland hingegen hat die Diskussion erst in den letzten Jahren begonnen und die praktische Umsetzung ist über erste zaghafte Schritte noch nicht hinaus gekommen

(Soltwedel et al 1986: 2).

(1973). Im deutschsprachigen Raum wurde die Funktionsweise der Regulierung von Kleinsteuber (1977), Müller/Vogelsang

(1979) und Käufer (1981) beschrieben.

3 im Jahre 1970 sollen die öffentlichen Unternehmungen in den USA einen Anteil an den Beschäftigten im

verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau von ungefähr 2%

gehalten haben. Im Transport und Kommunikationswesen lag der Anteil bei 21% und im Bereich der Wasser, Gas- und Elektrizitätsversorgung bei 32% (Pryor 1974: 3-22).

4 Zur Geschichte und Bedeutung öffentlicher

und gemeinwirtschaftlicher Unternehmen in der BRD, siehe u.a. Ambrosius (1984) und Loesch (1977).

3 Ein Vergleich der bundesdeutschen und US-

amerikanischen Regulierungspraxis findet sich bei Käufer (1981: 167-177) und bei Müller/Vogelsang (1979: 191-311).

(9)

III. Klassiker der Prä-Piqouanischen Theoriebildung^)

Obwohl Adam Smith als Protagonist des Freihandels und der Zurückhaltung des Staates auf dem Gebiet der Wirtschaft in die Annalen der Geschichte eingegangen ist, beweist seine ausführliche Diskussion der "public works", daß er den freien Wettbewerb nicht als einziges und ausschließliches Instrument zur Optimierung des Wohlstandes der Nationen ansah: "The ... duty of the sovereign or commonwealth is that of erecting and maintaining those public institutions and those public works, which, though they m ay be in the highest degree advantageous to a great society, are, however, of such a nature, that the profit could never repay the expence to any individual ..." (1963: 92).67 )

Im Zuge der Entwicklung der walrasianischen Gleichgewichts­

theorie fand dann eine zunehmende Gleichsetzung von der Optimierung gesellschaftlichen Wohlstandes mit der Ausdeh­

nung der freien Marktwirtschaft statt, die in der Postu- lierung des duality theorem gipfelte, das einen Einklang von Pareto-Kriterium^) und konkurrenzwirtschaftlichen Gleichgewichtszuständen behauptet (Bator 1958: 353).

Einige prominente Vertreter der Neoklassik wiesen jedoch auch auf einige Widersprüche der Doktrin der maximalen Wohlfahrt bei freiem Warenaustausch hin. Alfred Marshall kritisierte zum einen die Verwendung des Geldes als

Nutzenmaßstab, da bei ungleicher Vermögens- und Einkommens­

verteilung, die gleiche Geldsumme unterschiedlichen Nutzen

6 Bei Kapp (1950: 26-46) und Baumol (1952: 140-156),

aus jeweiligem unterschiedlichem Blickwinkel, finden sich zu diesem Thema kurze Literaturübersichten.

7 Wille und Gläser (1977) versuchen nachzuweisen, daß Smith zur Bestimmung der Art und des Umfanges von

Staatsausgaben das meritorische Allokationsprinzip verwendete Das Pareto-Kriterium besagt: eine aus einer

Gesamtheit nicht miteinander vergleichbarer Größen

bestehende Kombination ist maximal, wenn es nicht möglich ist, eine dieser Größen zu vergrößern, ohne die andere zu verkleinern (Pareto 1927: 354ff, 617ff).

(10)

stiften kann. Zum anderen wies er bereits auf das Problem der Kostendegressionen hin (Marshall 1930: 472). Beide Kritikpunkte sind später wieder aufgegriffen worden (siehe Abschnitt III.B.). Auch Knut Wickseil war sich der

Problematik des Nutzenvergleichs bei ungleicher Einkommens­

verteilung bewußt: "Thus, for example, the fixing by

society, or by a union of workers, of a maximum working day would, within certain limits (which may sometimes be very n a r r o w ) , be of distinct advantage to the workers and

consequently to the most numerous class of society" (1934:

77). Ebenfalls kritisch bemerkte P.H. Wicksteed : "... the more we analyse the life of society the less we can rest upon the "economic harmonies"; and the better we understand the true function of the "market", in its widest sense, the more fully shall we realise that it never has been left to

itself, and the more deeply shall we feel that it never must be" (1914: 11-12). Diese kritischen Anmerkungen der neoklassischen Klassiker führten jedoch nicht zur Verwer­

fung des duality theorems, so daß diese Theorieschule

weiterhin staatliche Allokationsregulierung unvereinbar mit der Optimierung gesellschaftlicher Wohlfahrt hielt.

Zur wirtschaftstheoretischen Begründung öffentlicher Regulierung steuerten vor der Weltwirtschaftskrise ent­

sprechend andere Theorietraditionen in den Wirtschaftswis­

senschaften bei. In den USA waren dies vor allem die

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Institutionalisten, aus deren Mitte einer der bedeutesten Mitglieder der Interstate Commerce Commission kan: Henry Carter Adams (Skowronek 1982: 132).9) Ihre Konzepte waren stark beeinflußt von der historischen Schule in Deutschland und ihrer Bewunderung für die Effiziens staatlicher

Verwaltung in Preussen (Seckler 1975: 13f). Noch in der Tradition des Kameralismus stehend, erhoben Vertreter der historischen Schule häufig nur die Zweckmäßigkeit der

Einnahmenerzielung aus öffentlichen Unternehmen zum Maßstab für die Zulässigkeit staatlicher Wirtschaftstätigkeit

(Püttner 1985: 6).^0) Grundsätzlich wurde das Eingreifen des Staates damit begründet, daß das rein privatwirtschaft­

liche System nicht in der Lage sei, die im Zuge des Industrialisierungsprozesses entstandenen sozialen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Das Verhältnis

zwischen Gemeinwirtschaft und Privatwirtschaft wurde in Abhängigkeit von der technischen und gesellschaftspoliti­

schen Entwicklung gesehen, wobei Albert Schäffle beispiels­

weise die privatwirtschaftliche Wirtschaftsweise letztlich für die leistungsfähigere hielt, die nur dort ergänzt

werden sollte, wo sie offensichtlich bestimmte Bedürfnisse nicht befriedigte (Schäffle 1867). Adolph Wagner hingegen als Entdecker des "Gesetz" der wachsenden Staatstätigkeit ging davon aus, daß die öffentliche Wirtschaft, die er apriorisch als moralisch und ethisch überlegen bewertete, sich ausdehnen würde (Wagner 1883). Eine Zwischenform von privater und öffentlicher Wirtschaft schlug Emil Sax in seiner Theorie einer staatlich regulierten Unternehmung vor. Er forderte ein "Übergangsgebilde zwischen Privat- und Gemeinwirtschaft durch welches unter den Firmen der

9 Auf den Einfluß der Instituionalisten und ihrer

Vorläufer auf die Regulierungsgesetzgebung in den USA weist Skowronek hin (1982: 121-162, 248-284). Zu den wichtigsten theoretischen Werken der Institutionalisten gehören "The Vested Interests and the Common Man" von Veblen (1919) und

"Legal Foundations of Capitalism" von Commons (1924).

-L0 Bis zur Miquelschen Steuerreform 1891/93 übertrafen die Nettoeinnahmen aus den Eisenbahnen die Steuereinnahmen des preussischen Staates (Ambrosius 1984: 33).

(12)

Privatwirtschaft gemeinwirtschaftliche Zwecke realisiert werden" (Sax 1878: 65).

Für die Zeit vor der Weltwirtschaftskrise kann somit festgehalten werden, daß sich keine ökonomische Theorie herausgebildet hatte, die normativ den Umfang staatlicher

Intervention zeitlos begründen k o n n t e . Die Entwicklung staatlicher Regulierung erfolgte weniger gemäß wirtschafts­

wissenschaftlichen Rezepten, sondern muß als Ergebnis

gesellschaftlicher Auseinandersetzungen angesehen werden. 11 12 Eine neuere Strömung innerhalb des neoklassischen Diskur­

ses, die Ökonomische Theorie der Politik,-*-2) versucht entsprechend die Genese staatlicher Regulierung im Lichte von Interessengruppentheoreme zu interpretieren (Müller/- Vogelsang 1979: 101-120).

IV. Traditionelle Wohlfahrtstheorie

IV.A . Pigou

Mit seinem Werk The Economics of Welfare ({1920} 1952) wird Arthur C. Pigou als Begründer der modernen Wohlfahrts­

theorie betrachtet (Sohmen 1976: 17). Sein Verdienst ist es, unter Anwendung des Grenznutzenkonzeptes und der

Methode der statischen Gleichgewichtsanalyse, der Frage nach den wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Steigerung der "national dividend" in umfänglicher und recht umfassen­

der Weise nachgegangen zu sein. Gemäß Pigou sind politi­

sche Korrekturen des Marktergebnisses dann zu rechtferti­

gen, wenn die Werte der privaten vom sozialen marginalen Nettoprodukt voneinander abweichen (Pigou 1952: 172-203).

11 Eine detailierte Beschreibung der verschiedenen

Theorien zur Entstehung der Regulierung in den USA findet sich bei Mitnick (1980: 79-241).

12 Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Pommerehne und Frey (1979).

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Solche Abweichungen können entstehen, wenn private Akt i v i ­ täten Kosten bei Dritten verursachen, z.B. durch "uncompen­

sated damage done to surrounding woods by sparks from railway engines" (ibid.: 134). Zur Liste der Marktfehler gehören bei ihm unter anderem die Fehlallokation von

Ressourcen durch Monopole, die sozialen Kosten des techni­

schen Fortschritts, die Unfähigkeit privater Investoren zukünftige Nachfrage einschätzen zu können und die sozialen Verluste aufgrund von extremen Einkommensunterschieden.

Zur Korrektur der Abweichungen empfiehlt Pigou eine Reihe staatlicher Maßnahmen, wie Verbote, Sozialgesetzgebung und vor allem die Besteuerung der externe Effekte verursachen­

den Unternehmen, die nach ihm benannte Pigou-Steuer (ibid.:

192-196).

IV.B. Anwendung und Erweiterung des Pareto-Optimums

Während Pigou seinen Ausführungen unterstellte, daß Nutzen kardinal meßbar und interpersonell vergleichbar sei, haben die Mehrzahl seiner Nachfolger in Anlehnung an Pareto

lediglich einen ordinalen Nutzenmaßstab für möglich

gehalten (Külp 1981: 4 7 2 Anstelle der in ihren Augen unmöglichen Bestimmungen der individuellen Nutzeneinschät­

zungen, optierten sie für das Pareto-Optimum: "Instead of attempting to give 'content' to the idea of welfare

directly, we define a welfare indicator which increases and decreases with welfare - welfare is that which varies with the indicator. The indicator is defined as follows:

welfare increases (decreases) whenever one or more indivi­

duals become more (less) satisfied without any other individuals becoming less (more) satisfied" (Reder 1947:

14-15). Die Aufgabe des interpersonellen Nutzenvergleichs und der kardinalen Meßbarkeit bedeutete, daß die Frage nach

-*-3 Eine Darstellung der verschiedenen Versuche, den Nutzen kardinal meßbar zu machen, findet sich bei Külp

(1981: 473f).

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der wohlfahrtsoptimierenden Einkommensverteilung ausgeklam­

mert wurde. Geht man nämlich von identischen Bedürfnis­

strukturen der Individuen aus, dann läßt es sich nach- weisen, daß die kollektive Wohlfahrt ihr Maximum erreicht, wenn alle Individuen über gleichgroße Gütermengen verfügen

(Külp 1981: 475). So war sich Pigou der Problematik

ungleicher Verteilung bewußt und sprach sich, im expliziten Gegensatz zum Pareto-Kriterium, welches eine Besserstellung der Armen ohne gleichzeitige Erhöhung des Sozialproduktes ausschließt, für eine Erhöhung der Mindestlöhne aus (1952:

647-655, 761).

Die Beschränkung auf den ordinalen Maßstab und damit auf das Pareto-Optimum hatte zur Folge, daß das Anwendungsge­

biet der Wohlfahrtstheorie sich stark verkleinerte. Die meisten wirtschaftlichen Maßnahmen stellen eine gesell­

schaftliche Gruppe schlechter: "Under private enterprise, any ordinary change in economic policy involves a change in the price system, and any change in prices benefits those on one side of the market, and damages those on the other."

(Hicks 1939: 706).-*-4) aus diesem Grunde plädierten Hicks (1939) und Kaldor (1939) für eine Modifizierung des Pareto- Optimum. Ein neues Optimum soll auch dann erreicht sein, wenn die getroffenen Maßnahmen zunächst nur einen Teil der Bevölkerung begünstigen, solange die Wohlfahrtsgewinne größer sind als die zur Entschädigung der Verlierer

benötigten Summen. Durch die Einführung dieses sogenannten Kompensationskriteriums erhoffte man sich eine Ausweitung

•*■4 Ein anschauliches Beispiel für den paradoxen

Fall, daß die Realisierung der Pareto-Bedingungen nicht zur Erfüllung des Pareto-Kriteriums führt, liefert Dick: "Man stelle sich vor, daß bisher eine Wirtschaft suboptimal

organisiert war, weil in einem Sektor stark monopolistische Verhältnisse auf dem Gütermarkt herrschen. Setzt sich nun in diesem Sektor die Marktform der vollkommenen Konkurrenz durch, so geht einmal das Faktoreinkommen der Produzenten der entsprechenden Güter zurück, zum anderen steigt das Realeinkommen der Konsumenten dieser Güter. Obwohl jetzt vielleicht die Pareto-Bedingungen erfüllt sind, werden

einige Individuen beim Übergang vom Pareto-suboptimalen zum optimalen Zustand schlechter gestellt" (1973: 102).

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des Anwendungsbereiches der paretianischen Wohlfahrtsökono­

mik. Der Nachweis von Scitovsky (1941) aber, daß die

Anwendung dieses Kriteriums in gewissen Fällen zu logischen Widersprüchen führt sowie daran anknüpfende Überlegungen von Samuelson (1950) und Gorman (1955) haben die Möglich­

keiten der Anwendung wieder stark begrenzt (Külp 1981:

479 ) .

Die Fixierung auf einen optimalen Gleichgewichtszustand stellt die Wohlfahrtsökonmie vor ein weiteres Problem, nämlich welche Lösung gewählt werden soll, wenn eine oder mehrere der Nebenbedingungen des Gleichgewichts nicht erfüllt werden. Es besteht somit die Frage nach der zweitbesten Lösung. !5) Lipsey und Lancaster (1956/57) argumentierten, daß wenn eine dieser Marginalbedingungen nicht erfüllt ist, die Erfüllung der übrigen Bedingungen im allgemeinen nicht mehr als optimal angesehen werden kann.

Wenn also in einem Teilbereich der Wirtschaft kein wirt­

schaftliches Optimum erreicht werden kann, dann kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine Korrektur dieser Alloka­

tionsverzerrung in anderen Teilbereichen Abweichungen vom Optimum auslöst. Daraus leiteten sie ab, daß bei sek­

toralen Unvollkommenheiten des Marktes nicht die erstbeste Lösung, also die sektorale Erfüllung der paretianischen Bedingungen, optimal ist, sondern nur eine zweitbeste Lösung, die aus einem globalen, gesamtwirtschaftlichen Optimierungskalkül herzuleiten ist.

Zweitbeste Welten werden aber in der wohlfahrtstheoreti­

schen Literatur abgelehnt, da Abweichungen von den Konkur­

renzregeln "sich fast immer mit dem Hinweis auf Unvollkom­

menheiten in anderen Bereichen und auf die Theorie des Zweitbesten begründen und verteidigen" lassen (Schlieper 1981: 492). Die von Lipsey und Lancaster ausgehende Verunsicherung motivierte zu Versuchen, sektorale Opti-

Für eine Einführung in die Theorie des Zweitbesten siehe Schlieper (1981) und Sohmen (1976: 388-421).

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mierungslösungen nachzuweisen, die keine Wirkungen auf Drittmärkten induzieren (Söhnten 1976: 433f).

Läßt somit die diskursinterne Kritik bereits starke Zweifel an der Anwendbarkeit des Pareto-Kriteriums aufkommen, so stellt dieses Kriterium für die Kritiker der Wohlfahrtsöko­

nomie eine der entscheidenden Angriffsflächen dar. Ein Strang der Diskussion kritisiert, daß die restriktiven

Bedingungen des Pareto-Optimums in der Realität nie erfüllt sind, so daß Aussagen auf der Grundlage des Pareto-Optimums keine Praxisrelevanz besitzen (Külp et al 1975: 18f). In dieser Argumentation spiegelt sich die Kritik am Allge­

meinen Gleichgewichtsmodell der Neoklassik wider (vgl.

Kornai 1971).

Eine andere Argumentationslinie bezieht sich auf das Postulat der Werturteilsfreiheit der traditionellen Wohlfahrtstheorie. Ihr Annahmengerüst impliziere ausge­

prägte Werturteile, die das Ergebnis ihrer Analysen vorstrukturieren (Dick 1973: 124, Külp 1981: 471f).

Die erste Wertprämisse der traditionellen Wohlfahrtstheorie sei die Koinzidenz von individuellem und gesamtgesell­

schaftlichem Wohlstand. Nicht alle Maßnahmen, die den Nutzen Einzelner vermehren, ohne den Nutzen anderer zu vermindern, gelten als wünschenswert (Leipert 1986).

Zweitens wurde die Gleichsetzung gesellschaftlicher Wohlfahrt mit einem Maximum an Marktgütern kritisiert:

"Under no circumstances is it possible to consider the position of general competitive equilibrium as a position of maximum aggregate satisfaction. ... What is maximized is not 'aggregate satisfaction' in any comprehensible sense of the term but at best only private exchangeable utili­

ties" (Kapp 1950: 234). Insbesondere dann, wenn Nicht­

marktgüter einen Nutzen stiften, der multiplikativ mit der Marktgüterproduktion verknüpft ist, wenn also Interdepen­

denzen vorliegen, läßt es sich nicht klären, wie sich eine

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Verbesserung der Marktgüterversorgung auf die Wohlfahrt auswirkt (Külp 1981: 480). Ein Ausweg aus diesem Dilemma wurde mit Hilfe von Sozialindikatoren gesucht, die sich im wesentlichen auf die Ausstattung der Bevölkerung mit

Kollektivgütern beziehen (vgl. Leipert 1986). In den

"mainstream" der Wirtschaftswissenschaften haben diese Ansätze keinen Eingang gefunden (Wille 1980).

Drittens wurde die Neutralität des Pareto-Kriteriums gegenüber Vermögens-und Einkommensverteilungen als eine unzulässige Wertprämisse betrachtet. Little plädierte deshalb für eine offene Darlegung des Werturteils, das in seinem Fall folgendermaßen ausfiel: "... an economic change is desirable if (a) it would result in a good redistribu­

tion of wealth and if (b) the potential losers could not profitably bribe the potential gainers to oppose the change" (1957: 274).

IV.C. Bators Typologisierunq

Eine Systematisierung der Fälle, in denen kein Einklang von Pareto-Optimum und konkurrenzwirtschaftlichem Gleichgewicht herrscht, wurde von Bator (1958) vorgenommen und zwar unter Einführung des Begriffes market failure. Er unterschied zwischen fünf Arten und drei Gründen des Marktversagens.

Die Unterscheidung der Arten erfolgte anhand einer Typolo- gisierung verschiedener Produktionskostenverläufen, die die Optimalbedingungen des stationären Marktmodells verletzen.

Die erste Art des Marktversagens bezeichnet Bator mit dem Begriff failure of existence. Diese tritt dann ein, wenn die paretianischen Marginalbedingungen nicht erfüllt sind, d.h. wenn die marginalen Substitutionsraten von Produktion und Distribution nicht übereinstimmen. Die zweite Art, die des failure by signal liegt vor, wenn bei gleichen margina­

len Substitutionsraten für jeden Produzenten entweder kein lokales Gewinnmaximum oder allgemeines Gewinnmaximum

vorliegt. Failure by incentive tritt dann ein, wenn die Bedingung, daß alle Produzenten für die Produktionszwang

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herrscht, nicht-negative Profite aufweisen, nicht erfüllt ist. Wenn nicht alle Märkte dem Modell vollkommener

Konkurrenz entsprechen, so besteht trotz einer effizienten Produktionsstruktur, die Möglichkeit, daß kein Pareto- Optimum vorliegt. Diese vierte Art des failure by struc­

ture entsteht, wenn einige Märkte nur von wenigen Unterneh­

men von "effizienter" Größe beliefert werden. Schließlich führt Bator noch ein failure by enforcement auf, daß dann eintritt, wenn zwar alle obigen Bedingungen erfüllt sind, aber entweder aufgrund von buchhalterischen Methoden einige in- und outputs "versteckt" bleiben oder letztere ausdrück­

lich nicht vom Markt berücksichtigt werden (Bator 1958:

353-354).

Die Bedeutung dieser einzelnen Arten des market failure wird ersichtlich bei Bators Diskussion der Ursachen

für Marktversagen, die er unter drei Kategorien faßt: (1) Ownership Externalities, (2) Technical Externalities und

(3) Public Good Externalities.

Zu (1) Ownership Externalities:

Ownership Externalities treten dann auf, wenn die Produk­

tion der Unternehmen des Sektors Y auch von der Höhe des Produktionsniveaus der Unternehmen des Sektors X positiv oder negativ beeinflußt wird. Im Modell der vollkommenen Konkurrenz und bei getrennter Gewinnmaximierung würde jedes Unternehmen versuchen, den Einsatz jedes Faktors so lange zu erhöhen, bis der Wert seines direkten Grenzprodukts auf das Niveau seines Marktpreises gesunken ist. Im Falle eines positiven externen Effekts des Gutes X auf das Gut Y würde unter diesen Bedingungen eine im Sinne des W o h l ­

standsniveaus der Gesellschaft zu geringe Menge X produ­

ziert werden, da die Unternehmen des Sektors X die Identi­

tät von Grenzprodukt und Marktpreis auf einem niedrigeren Niveau erreichen, als wenn ihnen der positive Effekt

zugerechnet würde. In den Worten von Bator: "Nonappropria­

tion, divorce of scarcity from effective ownership, is the

(19)

binding consideration" (1958: 364). Es liegt also ein Fall des failure by enforcement vor.

Zu (2) Technical Externalities:

Von technischen externen Effekten spricht Bator, wenn die Produktionstechnologie entweder Unteilbarkeiten aufweist oder stetig steigende Skalenerträge aufweist. Beide

Phänomene haben zur Folge, daß die Produktionskostenkurve nicht-konvex verläuft und somit keine eindeutige Maximie­

rung erlaubt. Im Falle steigender Skalenerträge wird ein failure by incentive auftreten, wenn die Unternehmen

Preisnehmer am Markt sind. Einige Unternehmen müßten nämlich Bankrott anmelden, da sie nicht in der Lage sind, die optimale Produktionsmenge abzusetzen. Ein failure by structure liegt vor, wenn die Unternehmen die Preise setzen können. In diesem Falle besteht nämlich die Gefahr des monopolistischen Verhaltens.

Bator betont, daß die technischen externen Effekte nicht im weiteren Sinn als Folge mangelnder Zurechenbarkeit anzuse­

hen sind, da zwar eine privatrechtliche Aufteilung des Gutes denkbar wäre, diese aber nicht zu einer effizienten Allokation der knappen Ressourcen führen würde. So könnten beispielsweise durch die Erhebung einer Mautgebühr die

Kosten einer Brücke dem einzelnen Überquerenden zugeschrie­

ben werden. Aber da die Grenzkosten für eine zusätzliche Überquerung gleich null sind, wird eine Mautgebühr monopo­

listische Konsequenzen aufweisen. (1958: 369).

Zu (3) Public Good Externalities

Bei der Frage des öffentlichen Gutes schließt sich Bator den von Samuelson (1954, 1955) vorgetragenen Argumenten an.

Ein öffentliches Gut ist gekennzeichnet durch (a) "Nicht- Rivalität", d.h. seinen Konsum durch A tangiert nicht seinen Konsum durch B, und (b) durch "Nicht-Ausschluß", d.h. auch diejenigen, die nicht für seinen Gebrauch zahlen,

(20)

können trotzdem nicht von seinem Genuß ausgeschlossen werden. Ohne eine eigentumsrechtliche Zuschreibung kann aber kein Marktpreis gefunden werden. Es liegt demnach failure by existence vor (Bator 1958: 371).

Zusammenfassend betont Bator, daß der öffentliche Charakter ökonomischer Aktivitäten sowie die Unteilbarkeit der

Kapitalgüter in der Praxis vorherrscht: "... it is surely hard to gain say that some degree of public quality

pervades much of even narrowly 'economic' activity.

Lumpiness, ..., are also in the nature of things" (ibid.:

377). Die statische Allokationseffizienz des Preismecha­

nismus ist somit fast nie erfüllt, d.h. in der Regel liegt Marktversagen vor: "As long as activities have even a trace of publicness, price calculations are inefficient" (ibid.).

Die mangelnde Effizienz von Märkten, so schränkt er ein, würde jedoch nicht implizieren, daß andere Allokations­

mechanismen effizienter seien.

V. Traditionelle Begründungen für Regulierung

Die von Bator abstrakt gehaltenen Ausführungen zum M a r k t ­ versagen sind in der Folgezeit konkretisiert worden. Die traditionelle Literatur zur staatlichen Regulierung

zusammenfassend, nennen Müller/Vogelsang (1979: 36-44) vier Fälle von möglichem Marktversagen, welche zur Rechtferti­

gung von politischen Eingriffen dienen könnten.

V.A. Natürliches Monopol

Den Spezialfall von Bators Marktversagen aufgrund von technischen externen Effekten bildet das natürliche

Monopol. In diesem Falle sind die firmeninternen Kosten­

degress ionen (Skalenerträge) so groß, daß auf dem Markt nur ein Unternehmen überleben würde. Demgemäß ist das natürli-

(21)

che Monopol dadurch definiert, "daß die im Markt nachge­

fragte Menge von einem einzigen Anbieter zu niedrigeren Kosten produziert werden kann als von jeder größeren Zahl von Unternehmen" (Müller/Vogelsang 1979: 36).

Das natürliche Monopol kann in zweifacher Hinsicht zu einer nicht-optimalen Allokation der Ressourcen führen. Einmal kann der Monopolist durch VerknappungsStrategien einen höheren Preis erzielen als er sich unter Wettbewerbsbedin­

gungen herausbilden würde. Zum anderen kann durch Preis­

differenzierung der Monopolgewinn noch zusätzlich gestei­

gert w e r d e n .16)

Ein natürliches Monopol liegt gemäß Kahn auch dann vor, wenn das Kriterium der Kostendegression nicht im strikten Sinne erfüllt ist. Dies ist dann der Fall, wenn eine Grenzkostensteigerung kompensiert wird durch eine Stei­

gerung der Qualität des Angebotes (1971: 124).^7 )

Die Bedingungen für ein natürliches Monopol wurden insbe­

sondere in der Versorgungswirtschaft (Gas, Wasser, Elek­

trizität etc.), bei der Bahn und im Telefonwesen als erfüllt betrachtet (Müller/Vogelsang 1979: 122).

V.B. Ruinöser Wettbewerb

Bators technische externe Effekte bedingen auch die

destruktive Konkurrenz, und zwar aufgrund von Unteilbarkei­

ten, die eine Labilität des Marktgleichgewichtes verur-

-'-6 Preisdifferenzierungen verletzen die

Marginalbedingungen für ein Tauschoptimum (vgl. Sohmen 1976: 116).

17 Als Beispiel führt Kahn Telefonzentralen an, für die gemeinhin angenommen wird, daß jeder zusätzliche Anschluß zu höheren Stückkosten führt. Gleichzeitig

verbessert sich aber der Service, da jeder Teilnehmer eine größere Auswahl an Anschlußpartnern erhält.

(22)

Sachen. Zum einen kann es zu der anomalen Reaktion einer Angebotsausweitung bei sinkendem Preis kommen, wenn

verlorene Kosten (sunk capital) einen Marktaustritt

erschweren und die einzelnen Anbieter versuchen müssen, ihr Einkommen durch Mehr-Produktion aufrechtzuerhalten, wie beispielsweise in der Landwirtschaft (Külp u.a. 1984:

31f.). Dieses Phänomen tritt besonders in Branchen auf, die relativ hohe Fixkosten und niedrige kurzfristige

Grenzkosten haben. Da Nachfragerückgänge ihre Stückkosten erhöhen, werden die Unternehmen versucht sein, durch

Preiszugeständnisse eine bessere Kapazitätsauslastung zu erreichen. Erweist sich die Nachfrage als unelastisch und imitieren die Konkurrenten die Preissenkung, dann besteht die Gefahr von exzessiven Preiskämpfen, bei denen die Preise weit unter die Durchschnittskosten fallen können.

Zum anderen können Unteilbarkeiten bewirken, daß auf Preissignale erst nach Ablauf einer bestimmten Frist

reagiert wird. In diesem Fall kann es passieren, daß eine Kapazitätsaufstockung erst dann wirksam abgeschlossen ist, wenn die Nachfrage wieder gesunken ist oder diese das

gestiegene Angebot nicht voll aufnehmen konnte. Wenn dann das Angebot auch nach unten kurzfristig starr ist, wird es zu größeren Preissenkungen kommen als langfristig erforder­

lich. Ein prominentes Beispiel ist der Schweinezyklus (Külp u.a. 1984: 32).

Anfällig für den ruinösen Wettbewerb sind neben der

Landwirtschaft vor allem rohstoffextrahierende Branchen sowie Transportbereiche und kapitalintensive Sektoren wie Erdölraffinerien, Stahl-, Zement-, Glas-, Papierproduktion sowie die Chemiefaserindustrie (Müller/Vogelsang 1979: 42).

Neben den Wohlfahrtsverlusten für die Produzenten können auch die Konsumenten von der ruinösen Konkurrenz negativ betroffen sein. So heißt es bei Kahn: "One possible reason is that the pressures of declining or inadequate revenues might force the curtailment of many postponable expendi­

(23)

tures that the consumer would in the long run be better off having continued. This might be true of the repair,

maintenance, and keeping-in-being of capacity that the market will in the long run wish to have retained and that can be retained at lower cost than it can be resurrected when demand justifies it; ..." (1971: 175). Desweiteren können starke Preisschwankungen auch den Interessen der Konsumenten zuwiderlaufen: "... they make long-range planning difficult and force a shift in attention from productive efficiency to buying and selling, ..." (ibid.

176). Schließlich besteht die Versuchung, auf Kosten der Produktqualität den ruinösen Preiskampf zu führen: "the decline in price to average variable costs can lead to a skimping on safety, reliability, and frequency of service that consumers may have difficulty in detecting promptly."

(ibid. 176). Die Möglichkeit für einen solchen "lemon- process", an dessen Ende schließlich nur noch "Zitronen"

auf dem Markt Zurückbleiben, ist von Akerlof (1970) am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes demonstriert worden.

V.C. Externe Effekte und öffentliche Güter

In der Literatur hat es sich durchgesetzt, von externen Effekten nur im Sinne von Bators Ownership Externalities zu sprechen. Externe Effekte treten dann auf, wenn nicht alle in der Volkswirtschaft entstehenden Kosten und Erträge

einer Entscheidung im Kalkül der Entscheidenden (Anbieter oder Nachfrager) berücksichtigt werden (Külp u.a. 1984:

36). In dieser allgemeinen Form, darauf hat Kapp hinge­

wiesen, ist Marktversagen weniger eine Ausnahme als die Regel: "... the treatment of social costs as a minor and exeptional disturbance rather than as a characteristic phenomenon of the market economy reflects merely the very imperfect way in which these costs are taken into consi­

deration in the present system of economic calculation of costs and returns." (1950: 9). Bezeichnenderweise werden in einigen Lehrbüchern externe Effekte nicht mehr unter

(24)

Marktversagen subsumiert, sondern als Marktmängel oder Marktunvollkommenheiten bezeichnet (Külp u.a. 1984: 36).

Sohmen setzt den Begriff Marktversagen in Anführungsstriche (1976: 100). Gerechtfertigt wird diese Begriffswahl mit dem Hinweis auf das Coase-Theorem, das privatwirtschaft­

liche Lösungen für das Problem der externen Effekte zu finden versucht (siehe Abschnitt V.C.I.).

Besondere Relevanz erhielt die Diskussion der externen

Effekte anläßlich der Umweltschutzproblematik. Da Letztere in den Bereich der sozialen Regulierung fällt, wird hier

(25)

auf eine Darstellung der sehr umfangreichen Literatur v e r z i c h t e t .18)

Bators Kategorie der Public Good Externalities deckt sich mit dem Lehrbuchbegriff des öffentlichen Gutes. Als

Beispiele werden zumeist die Landesverteidigung und die Straßenlaterne genannt (Musgrave 1969: 7-10). In den

Finanzwissenschaften wurde zusätzlich noch der Begriff des meritorischen Gutes eingeführt, und zwar für solche Güter, bei denen zwar kein "Nicht-Ausschluß" vorliegt, ihre

Bereitstellung durch den Markt aber als ungenügend angese­

hen wird. Solche Güter sind z.B. lehrmittelfreie Universi täten oder öffentlicher Wohnungsbau. Ein solcher Eingriff in die Konsumentensouveränität wird mit Verfälschungen in der Präferenzstruktur aufgrund mangelnder Informiertheit der Verbraucher begründet (Musgrave 1969: 14-17).

V I . Argumente für Deregulierung

Lange bevor in den USA die ersten Deregulierungsmaßnahmen beschlossen wurden, erschienen ökonomische Studien, die theoretisch wie auch empirisch sogenannte "Wohlfahrtsver­

luste" der Regulierungspraxis nachwiesen. Während die meisten wirtschaftspolitischen Maßnahmen scharfe Kontro­

versen zwischen den Ökonomen auslösen und diese in ähnlich starke Lager aufteilen, zeichnet sich die Regulierungsde­

batte durch ein hohes Maß von Einmütigkeit a u s .

Es gelang den Gegnern der Deregulierung nicht, namhafte Wirtschaftssachverständige zur Rechtfertigung ihrer

Positionen zu zitieren. Die Befürworter hingegen konnten auf eine reichhaltige Literatur verweisen und zählten zu ihren Reihen Prof. Alfred Kahn, den Verfasser des Standard-

18 pür e ine Einführung in die Umweltökonomik siehe Baumol and Oates (1975) sowie Endres (1985). Eine

ausführliche Bibliographie findet sich bei Möller et al (1981).

(26)

werks zur staatlichen Regulierung privater Unternehmen

(1970/1971). Als von Präsident Carter berufener Leiter des Council on Wage and Price Stability, des Beratungs- und Vollzugsorgans des Präsidenten in Fragen Preisstabilität, nahm Kahn aktiv an den Debatten zur Liberalisierung des Straßengüterfernverkehrs teil (Mosher 1979: 817). Er konnte dabei auf seine Erfahrungen bei der Entregulierung des Flugwesens zurückgreifen, die er als Vorsitzender der Civil Aeronautics Board vorangetrieben hatte (Wilkins 1984:

424). Die Vertreter der neoklassischen Schule waren somit als Initiatoren der Deregulierungsdebatte, als wissen­

schaftliche Experten und als Administratoren wichtige Akteure im Entregulierungsprozeß (Derthick/Quirk 1985:

246) .

Die theoretische Diskussion zur Deregulierung läßt sich grob in drei thematische Felder einteilen. Zum einen stand im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion die Frage nach dem "Staatsversagen", den Ineffizienzen staatlicher

Regulierung. Weniger öffentlichkeitswirksam wurde zweitens untersucht, inwieweit für einzelne Branchen eine Regulie­

rung noch durch Marktversagen gerechtfertigt werden kann.

Drittens wurde versucht, neue theoretische Wege in der Bestimmung des Ausmaßes staatlicher Intervention zu

beschreiten. Letztere Bemühungen sind wohl der Einsicht zu verdanken, daß, im Gegensatz zu den ursprünglichen Inten­

tionen, auf der Grundlage der paretianischen Wohlfahrtsöko­

nomie Marktversagen die Regel und nicht die Ausnahme d a r s t e l l t .

VI.A . Staatsversaqen

Zu den häufigsten und wohl mit größter Vehemenz vorgetrage­

nen Argumenten gegen staatliche Regulierung gehört die Ineffizienz politischer Maßnahmen im allgemeinen und der

(27)

staatlichen Bürokratie im besonderen (Wolf 1979).19) Die

"Theorie des Staatsversagens" stellt keine radikale Absage an die Überlegungen zum Marktversagen der traditionellen Wohlfahrtsökonomie dar, sondern sie teilt nicht deren

"Nirwana"-Ansatz, d.h. das Streben nach einer optimalen Lösung unabhängig davon, inwieweit diese Lösung in der Praxis realisiert werden könnte. Sie bestreitet, daß eine Rechtfertigung für staatliche Intervention schon dann

bestünde, wenn Marktbedingungen oder Marktergebnisse kein Wohlfahrtsoptimum realisieren. Da nämlich auch die

alternativen politischen Lösungen in der Realität mit mehr oder weniger großen Mängeln behaftet seien, bedürfe der jeweilige staatliche Eingriff des Nachweises seiner höheren Effiziens gegenüber den bestehenden Marktformen (vgl.

Posner 1969). Die Vertreter des "government failure" haben somit den Vergleich mit optimalen Zustandsformen zugunsten eines "comparative institution approach" (Demsetz 1969) eingetauscht. Die neoklassischen Prämissen der traditio­

nellen Wohlfahrtsökonomie wurden demgegenüber beibehalten.

V I .B . Branchenuntersuchunqen

Eine weitere Variante der Kritik an staatlicher Regulierung versucht im Einzelfall nachzuweisen, daß ein Marktversagen nicht vorliegt. So wird zum einen untersucht, ob überhaupt

jemals die Bedingungen für ein Marktversagen bestanden. In vielen Fällen, so glaubt man, sei das Konzept des Marktver­

sagens in unzulässiger Weise zu weit ausgelegt worden. Als Maßstab dient diesen Untersuchungen weniger das Pareto-

Optimum im engeren Sinne, das wie oben aufgezeigt, in den real-existierenden Märkten nie erfüllt wird, sondern die Funktionsweise nicht-regulierter Märkte.

Zum anderen wird versucht aufzuzeigen, daß technischer Wandel oder andere wettbewerblichen Veränderungen die Bedingungen des Marktversagens modifizieren oder gar

19 Aus linker Sicht siehe Jänicke (1986).

(28)

beseitigt haben. An einigen Beispielen, die sich wiederum vornehmlich auf die ökonomische Regulierung beziehen, soll diese Argumentationsführung verdeutlicht werden.

VI.B.l. Natürliches Monopol

Unter dem Eindruck einer steigenden Anzahl von Unternehmen, die in Konkurrenz zu staatlich legitimierten Monopolen

treten wollten, wurde die Frage aufgeworfen, "If competi­

tors want to enter, how natural can monopoly be?" (Kahn 1971: 146). Fiel die Antwort zunächst sehr differenziert aus, wurde im weiteren Verlauf der Deregulierungsdebatte von einigen Autoren die Gültigkeit des "natürlichen

Monopol"-Konzeptes auch für diejenigen Bereiche in Frage gestellt, in denen bisher noch kein privates Unternehmen einen Marktzutritt beabsichtigte. Die Beispiele des Telekommunikationswesens und der Energieversorgung il­

lustrieren diesen Entwicklungsweg der Diskussion.

VI.B.l.a. Telekommunikation

Als ein klassisches Beispiel für ein "natürliches Monopol"

wurde das Telefonwesen angesehen. Es erfüllte die Krite­

rien (a) der kontinuierlichen Kostendegression für zusätz­

liche Benutzer, (b) der Vorteile der Netz- und Leitungsver­

waltung, und (c) der Interdependenz von Einzelinvestitionen und Gesamtkapazität (Müller/Vogelsang 1979: 146). Darüber hinaus wurde die in den USA übliche vertikale Integration von Gerätehersteller und Netzbetreiber oder das bei

nationalisierten Telefongesellschaften bestehende Zu­

lassungsmonopol, d.h. also die Ausdehnung des "natürlichen Monopols" auf die Gerätebelieferung, mit den Qualitätsan­

forderungen des Gesamtnetzes begründet (ibid 141, 225).

Kritik an der Anwendung des "natürlichen M o n o p o l "-Konzeptes wurde zunächst hinsichtlich des Endgerätemarktes geäußert.

Aufgrund der begrenzten "Economies-of-Scale" im Endgeräte­

bereich sei der Tatbestand des "natürlichen Monopols" nicht

(29)

erfüllt. Im Gegenteil, der Wettbewerb in diesem Bereich würde innovationsfördernd wirken. Die Netzsicherheit könnte auch mit Hilfe von Schutzsteckern oder einfacher administrativer Zulassungsverfahren gewährleistet werden

(Soltwedel et al 1986: 153; Kahn 1971: 140-145).

Die Entwicklung der Kurzwellenübertragungstechnik führte in den USA dazu, daß einige Unternehmen zusätzlich zum

bestehenden Netz einige Punkt-zu-Punkt-Übertragungen anbieten wollten. Niedrige Investitionsausgaben für die Kurzwellentechnik sowie die Konzentration auf wenige, stark frequentierte Strecken sollten Tarife ermöglichen, die zur Hälfte unter den Gängigen lagen. Diese Marktzutrittsbe­

gehren, denen nach langen juristischen Auseinandersetzungen auch stattgegeben wurde, gaben Anlaß zur Frage, wie

natürlich ein Monopol noch sei, wenn Marktzutritt erfolgt?

In seiner Antwort differenzierte Kahn zwischen einem

Marktzutrittbegehren aufgrund niedrigerer Produktionskosten und einem aufgrund überhöhter Preise des Monopolunter­

nehmens. Im ersteren Fall befand Kahn, daß solche Marktzu- tritte zwar die innovationsfördernde Kraft des Wettbewerbs demonstrieren, eine Aufgabe des Konzeptes vom "natürlichen Monopol" aber nur dann rechtfertigen, wenn ein Vergleich der Grenzkosten zugunsten des Neulings ausfallen würde

(1971: 147). Ein Vergleich der durchschnittlichen Gesamt­

kosten sei nämlich dadurch verzerrt, daß die Telefonmono­

polgesellschaften (insbesondere AT&T) ihre historischen Kosten zum Ausgangspunkt nehmen müßten, während die

Konkurrenten die kapitalsparende Zukunftstechnik zugrunde legen könnten: "it would be clearly be inconsistent for the FCC (1) to continue to adhere to the old, inadequately low depreciation rates, while then (2) permitting free competi­

tive entry by companies able to take full advantage of the new technology while AT&T remains burdened with the cost of old, inadequately depreciated assets, and (3) refusing to permit the latter company to engage in competitive pricing down to full additional costs on competitive business, where this would permit an increased contribution to its

(30)

remaining burden of overheads, with consequent benefit to all its customers" (Kahn 1971: 150).

Im Falle des "cream skimming" oder auch Rosinenpickens, also wenn der Markteintritt durch überhöhte Preise des

Monopols induziert wird, dann führt gemäß Kahn das Absahnen des Rahms im Idealfall zu einer effizienten Allokation, denn die Grenzpreise werden sich dann an den Grenzkosten orientieren. Voraussetzung für die Zulassung eines

Rosinenpickers sei aber, daß dem regulierten Unternehmen eine Wettbewerbs-orientierte Preispolitik erlaubt wird.

Ein Verbot des Rosinenpickens ließe sich aber rechtfertigen für gewisse Fälle von interner Subvention, insbesondere dann, wenn ein reguliertes Unternehmen externe Kosten in Form einer Notreserve tragen muß. Prinzipiell sei zwar interne Subvention "a practice that is inacceptable on purely economic grounds" (ibid 223), aber wenn die Gefahr bestände, daß durch die "Tyrannei der kleinen Entscheidun­

gen" (Kahn 1966) eine Dienstleistung eingestellt wird, für die eine Optionsnachfrage besteht, dann sei "{i}nternal subsidization ... a highly imperfect device ... {b}ut it may be the best device pratically available" für die

Erhaltung dieser positiven externen Effekte. Konkret auf das Telefonwesen angewandt bedeutet dies (Kahn 1971: 236):

Das qualitativ schlechtere und wetterabhängigere, aber beträchtlich preisgünstigere Angebot eines Kurzwellenüber­

tragungsunternehmens ist für den Kunden nur solange

attraktiv, solange im Notfall auf das bestehende Telefon­

netz zurückgegriffen werden kann. Das Rosinenpicken des Kurzwellenanbieters kann unter diesen Umständen selbst zu einer internen Subvention geraten, nämlich zugunsten seiner Kunden und auf Kosten der Teilnehmer des regulierten

Netzes, die gezwungen sind, einen überproportionalen Anteil der Kosten für die Notreserve zu tragen (ibid 238, 239).

Im Gefolge von Posner (1971) plädieren heute neoklassisch argumentierende Autoren für eine getrennte Ausweisung interner Subventionierung (Soltwedel et al 1986: 15).

(31)

Probleme der Verteilungsgerechtigkeit oder auch der

Bereitstellung von Kapazität für Spitzenlastbeanspruchun­

gen, sollen durch offene Subventionen oder Verbrauchs­

steuern bewältigt werden.

Während Kahn noch davon ausging, daß im wesentlichen das Telefonwesen den Bedingungen für ein "natürliches Monopol"

genügt, sind die Beiträge zahlreicher geworden, die unter Hinweis auf die raschen technischen Veränderungen im

Telekommunikationswesen, auch in diesem Bereich eine

marktwirtschaftliche Ordnung für möglich und wünschenswert halten.20) Für den Fernsprechverkehr behauptete bereits 1975 Waverman feststellen zu können, daß die Bedingungen für ein "natürliches Monopol" nicht mehr zutreffen, da

erstens die Kostendegressionen schnell erschöpft seien, und zweitens eine Netz- und Leitungsverwaltung auch zwischen konkurrierenden Unternehmen vorteilhaft erfolgen kann

(228). Da empirische Untersuchungen zum Teil zu wider­

sprüchlichen Ergebnissen bezüglich der Größenvorteile im Kommunikationsbereich kamen, plädiert eine Autorengruppe des Kieler Instituts für Weltwirtschaft für eine experimen­

telle Überprüfung, d.h. der Wettbewerb soll darüber

entscheiden, ob ein natürliches Monopol vorliegt oder nicht (Soltwedel 1986: 131). Ebenso werden Verbundvorteile als Begründung für ein "natürliches Monopol" angezweifelt, da auch für andere Unternehmen, z.B. Handelsunternehmen mit einem umfangreichen Warensortiment, solche Vorteile

bestehen, ohne daß ein Marktversagen zu verzeichnen wäre.

Unter Hinweis auf neuere Theorien zum Monopol (siehe unten) gehen diese Autoren sogar soweit, daß sie eine Gleich­

setzung von privatem Monopol und Marktversagen ablehnen (ibid 132, 9).

20 Zur Diskussion des Fernmeldemonopols in der BRD siehe Knieps (1983), Mestmäcker (1980) und die Monopolkommssion (1981).

(32)

VI.B.l.b. Energiewirtschaft

Aufgrund der Leitungsgebundenheit und den noch immer steigenden "Economies-of-Scale" sehen auch prinzipielle Kritiker staatlicher Regulierung die Bedingungen für ein

"natürliches Monopol" in der Energiewirtschaft als erfüllt an (Kahn 1971: 70-77; Müller/Vogelsang 1979: 122-132;

Breyer 1982: 242). Diese Autoren empfehlen aber andere Regulierungsformen: Breyer plädiert beispielsweise dafür, ein "natürliches Monopol" entweder zu nationalisieren oder gemäß "Cost-of-service ratemaking" zu regulieren (1982:

192)

Die Kieler Forschergruppe um Soltwedel bezweifelt hingegen auch im Falle der Energiewirtschaft, daß die Bedingungen für ein "natürliches Monopol" vorliegen: "Den Nachweis ...

kann nur der Wettbewerb unter verschiedenen EVU (Energie­

versorgungsunternehmen; ChS) erbringen" (Soltwedel et al 1986: 179). Sie gehen nämlich davon aus, daß ein privates Unternehmen unter Wettbewerbsbedingungen nur dann parallel zu einem bestehenden Netz eigene Versorgungsleitungen legen wird, "wenn solche Doppelinvestitionen eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals versprechen" (ibid

1 7 9 f ) .

V I .B .2. Ruinöser Wettbewerb

Analog zur Diskussion um das natürliche Monopol werden die konstituierenden Bedingungen für den ruinösen Wettbewerb in einer Reihe von Branchen entweder als nicht mehr gegeben oder als eigentlich noch nie vorhanden angesehen. Der

Ausbruch eines ruinösen Preiskampfes wird unter Hinweis auf den Reifegrad der Branche und die veränderten makro­

ökonomischen Bedingungen für unwahrscheinlich gehalten.

Von Seiten der prinzipiellen Kritiker wird versucht, die Stichhaltigkeit der einzelnen Argumente für Marktversagen

(33)

aufgrund von ruinöser Konkurrenz zu widerlegen. Dem Problem der verlorenen Kosten wird mit dem Argument begegnet: "Sind die Produktionsfaktoren aber so hoch spezialisiert auf einen Markt ausgerichtet, daß ein Transfer unmöglich ist, so entstehen letztendlich auch keine gesamtwirtschaftlichen Opportunitätskosten durch Unterauslastung" (Soltwedel et al 1986: 11). Dem "Zitro­

nen " -Argument , d.h. negative Auslese der Anbieter aufgrund ungleicher Informationsverteilung, wird entgegen gehalten, daß "wer meint, er könne auf Informationen verzichten, der erhofft sich einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten, die solche Kosten auf sich nehmen. Er muß deshalb die Nachteile seines Verhaltens tragen" (ibid: 12). In dieser Argumentationsführung werden Anklänge an neuere wettbewer­

bstheoretische Entwicklungen sichtbar (siehe Abschnitt V. C . 4 . ).

V I . B .2.a . Straßenqüterfernverkehr

Obleich die Initiative zur Regulierung des Straßengüter­

fernverkehrs (SGFV) in den USA von den Eisenbahngesell­

schaften ausging, die sich dadurch die Zähmung der neuen Konkurrenz erhofften, spielte das Argument des "ruinösen Wettbewerbs" innerhalb des SGFV bei den Beratungen zum Motor Carrier Act von 1935 eine große Rolle (Kahn 1971:

178).21) Die Anwendung des Arguments schien aus zwei Gründen gerechtfertigt:

(a) Irrationales Marktverhalten: Während der Weltwirt­

schaftskrise konnte ein Ansteigen des Angebotes von

Fuhrleistungen bei gleichzeitigem Preisverfall beobachtet werden (Kahn 1971: 180-181).

21 Eine detaillierte Schilderung der politischen

Auseinandersetzungen um den Motor Carrier Act von 1935 findet sich bei Garnei (1972).

(34)

(b) "Cutting corners": Die Zustände im SFGV vor der

Regulierung wurden wie folgt beschrieben: "Shippers found it increasingly difficult to do business with motor

carriers because of the unreliability of service and the financial irresponsipility of many carriers, and they were distressed at fluctuating rates and differential treatment"

(Fair/Williams 1959: 488). Darüber hinaus wurden die sich häufenden Verkehrsunfälle auf die harte Konkurrenz im SGFV zurückgeführt (Harper 1959: 247).

Gemäß Kahn sind diese Phänomene des "ruinösen Wettbewerbs"

einer historischen Ausnahmesituation geschuldet, in der ein unelastisches Arbeitskräfteangebot zusammentraf mit den

"overly optimistic anticipations that typically induce excessive entry into a young industry" (1971: 181). Die mangelnden alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten hätten dazu geführt, daß viele Selbstfahrer auf fallende Fracht­

tarife mit einer Ausweitung ihrer Fahrleistungen reagier­

ten. Sie versuchten auf diese Weise, ihr Gesamteinkommen zu halten. Die niedrigen Preise für gebrauchte LKWs

erleichterten zudem den Marktzutritt von neuen, zumeist zuvor stellungslos gewordenen Anbietern.

Sind aber diese Bedingungen nicht mehr gegeben, also wenn einerseits ein gewisser Reifezustand erreicht ist^2) und andererseits sich die allgemeine Beschäftigungslage

normalisiert, dann gilt für die meisten Autoren, daß

der Wettbewerb im SGFV prinzipiell nicht "ruinös" sein kann (Pegrum 1959: 531). Als Begründung wird angegeben, daß erstens der SGFV einen extrem niedrigen Fixkostenanteil aufweist, insbesondere im Wagenladungsverkehr, der keiner Investitionen in ein Netz von Verladestationen bedarf.

Zweitens kann ein KapazitätsZuwachs rasch und in kleinen Schritten erfolgen. Schließlich besteht eine hohe Faktor-

22 "Quite obviously it cannot be permantly true that a field of service is unusually seductive in its appeal to new entrants and exceptionally harsh with those who enter it" (Peterson 1929: 618, zitiert nach Kahn 1971: 182).

(35)

mobilität, d.h. das Anlagevermögen, also die Lastwagen, können ohne Schwierigkeiten von einem Markt in den anderen transferiert werden (Kahn 1971: 178-180). Fehlen demgemäß im SGFV relevante Beschränkungen des Marktzutritts und - austritts, könnte mehr Wettbewerb ruinös "nur für die Renteneinkommen der etablierten Unternehmen bzw. für die ineffizient operierenden Güterkraftverkehrsbetriebe sein,

..." (Soltwedel et al 1986: 221). Ein in Bators Sinne vorliegendes Marktversagen aufgrund von technischen Externalitäten, wird deshalb von der neoklassischen Regulierungsliteratur a b g elehnt. 23)

VI.B.2.b. Flugverkehr

Für den Flugverkehr lassen die neoklassischen Kritiker der Regulierung das Argument des "ruinösen Wettbewerbs" in ähnlicher Weise nur für eine historische Ausnahmesituation gelten (Breyer 1982: 220). Eine solche Situation hätte zu Beginn des Luftfahrtwesens bestanden, als eine mögliche

"ruinöse Konkurrenz" auf Hauptstrecken den landesweiten Ausbau des Flugnetzes behindert hätte. Die Tendenz zu Überkapazitäten auf Hauptstrecken sei dadurch gegeben, daß die Passagiere diejenige Fluggesellschaft wählen würden, die die meisten Flüge anbietet. Die Fluggesellschaften wären demnach gezwungen gewesen, auf der Basis von Flug­

häufigkeit zu konkurrieren (Kahn 1971: 211). Als nun aber in den 50er Jahren das Flugnetz ausgebaut war, gab es

keinen Grund mehr für die Annahme, daß das Überangebot auf Hauptstrecken ein Unterangebot auf Nebenstrecken nachsich-

zieht (Breyer 1982: 220). Das Problem einer diskriminie­

renden Preispolitik könnte durch anti-trust Gesetze

geregelt werden, da insgesamt der Flugverkehr strukturell für den freien Wettbewerb geeignet sei: "Economics of scale

23 Für die USA siehe Breyer (1982: 222-240),

Friedlaender and Spady (1981) sowie MacAvoy und Snow (1977). Für die BRD siehe Willeke (1977).

(36)

are evidently quite limited, and barriers to entry ...

relatively low" (Kahn 1979: 55).24)

V I . B . 3. Externe Effekte und öffentliche Güter

Vor Mißbrauch des Konzeptes "externe Effekte" wird in der regulierungskritischen Literatur gewarnt. Da fast jede marktwirtschaftliche Aktivität Externalitäten erzeuge, könnte unter Hinweis auf diese externen Effekte jeglicher Staatseingriff in den Markt begründet werden. Aus diesem Grunde sollte das Konzept nur für solche Fälle angewendet werden, "where the spillover is large, fairly concrete, and roughly monetizable" (Breyer 1982: 26).25)

Darüber hinaus wird kritisiert, daß beim Auftreten von externen Effekten in der Regel direkte Verhaltensregu­

lierungen bevorzugt werden. Diese würden aufgrund ihrer bürokratischen Festlegung den technischen Fortschritt behindern, während Steuern oder andere finanziellen Belastungen Verhaltensänderungen induzieren würden,

"without freezing current technology and while preserving a degree of individual choice" (Breyer 1982: 271). Auch

diesbezüglich schlagen Soltwedel et al weitergehende Konzepte vor, die sich hauptsächlich auf Marktlösungen stützen (1986: 14; siehe nächsten Abschnitt).

24 zu den die Deregulierung vorbereitenden Werken zählen insbesondere Caves (1962), Jordan (1970) und

Douglas/Miller (1974). Zur Durchsetzung der Deregulierung siehe Derthick/Quirk (1985).

25 Buchanan und Stubblebine (1962) sprechen von

einer potentiell relevanten Externalität, wenn das Ausmaß des externen Effekts den betroffenen Akteur dazu veranlaßt, das Verhalten des unabhängig handelnden Akteurs zu

modifizieren. Diese Definition kann nicht gemeint sein, denn sie schränkt den Anwendungsbereich des Konzeptes höchstens marginal ein.

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