1.5 Der Umkehrsatz
Definition
Sei B ⊂ R
noffen. Eine Abbildung f = (f
1, . . . , f
m) : B → R
mheißt in a ∈ B dif- ferenzierbar, falls alle Komponentenfunktionen f
1, . . . , f
min a differenzierbar sind.
Die durch Df (a)(v) := (Df
1(a)(v), . . . , Df
m(a)(v)) gegebene lineare Abbildung Df (a) : R
n→ R
mheißt die Ableitung von f in a. Die Matrix J
f(a) ∈ M
m,n( R ), die Df (a) (bez¨ uglich der Standardbasen) beschreibt, nennt man die Funktionalmatrix oder Jacobi-Matrix von f in a. (Es ist dann Df (a)(v) = v · J
f(a)
>).
Die j-te Spalte der Funktionalmatrix J
f(a) ist der Vektor J
f(a) · e
>j= (Df (a)(e
j))
>= ∂f
1∂x
j(a), . . . , ∂f
m∂x
j(a)
>.
So erh¨ alt man:
5.1. Gestalt der Funktionalmatrix
J
f(a) =
∂f
1∂x
1(a) · · · ∂f
1∂x
n(a)
.. . .. .
∂f
m∂x
1(a) · · · ∂f
m∂x
n(a)
=
∇f
1(a) .. .
∇f
m(a)
.
Definition
Ist n = m, also J
f(x) eine quadratische Matrix, so heißt det J
f(x) die Funktio- naldeterminante oder Jacobi-Determinante von f in x.
5.2. Beispiele
A. Ist n = m = 1, so ist J
f(a) = f
0(a) die gew¨ ohnliche Ableitung.
B. Ist n beliebig und m = 1, so besitzt die skalare Funktion f nur eine Kompo- nente. Also ist J
f(a) = ∂f
∂x
1(a), · · · , ∂f
∂x
n(a)
= ∇f(a).
C. Ist n = 1 und m beliebig, so ist f = (f
1, . . . , f
m) ein differenzierbarer Weg im R
n, mit m Komponenten, der aber nur von einer Variablen abh¨ angt. Weil die verschiedenen Komponenten in verschiedenen Zeilen der Jacobi-Matrix stehen m¨ ussen, ist zwar J
f(a) = f
0(a)
>die gew¨ ohnliche Ableitung, aber als Spaltenvektor geschrieben!
D. Ist a ∈ R
n, so ist die Translation T
a: x 7→ x + a eine differenzierbare Abbildung von R
nnach R
n. Ist a = (a
1, . . . , a
n), so ist
T
a(x
1, . . . , x
n) = (x
1+ a
1, . . . , x
n+ a
n)
und daher J
Ta(x) = E
ndie Einheitsmatrix und det J
Ta(x) = 1 (beides un- abh¨ angig von x).
E. Sei A ∈ M
m,n( R ) eine beliebige Matrix, f
A: R
n→ R
mdie durch f
A(x) := x · A
>definierte zugeordnete lineare Abbildung von R
nnach R
m.
Sind a
1, . . . , a
ndie Zeilen von A, so ist f
A(x) = (x
•a
1, . . . , x
•a
n). Da die Ableitung einer Linearform mit eben dieser Linearform ¨ ubereinstimmt, ist
Df
A(x)(v) = (v
•a
1, . . . , v
•a
n) = v · A
>= f
A(v),
also J
fA(x) = A, unabh¨ angig von x. Die Funktionaldeterminante kann nat¨ urlich nur gebildet werden, wenn n = m ist.
F. Sei f (x, y) := (e
kxcos y, e
kxsin y). Dann gilt:
J
f(x, y) =
ke
kxcos y −e
kxsin y ke
kxsin y e
kxcos y
und
det J
f(x, y) = ke
2kxcos
2y + ke
2kxsin
2y = ke
2kx.
Wie bei den skalaren Funktionen steht auch f¨ ur Abbildungen ein alternatives Kri- terium f¨ ur die Differenzierbarkeit zur Verf¨ ugung.
5.3. Grauert-Kriterium f¨ ur die Differenzierbarkeit
Sei B ⊂ R
noffen. Eine Abbildung f : B → R
mist genau dann in x
0∈ B (total) differenzierbar, wenn es eine in x
0stetige Abbildung ∆ : B → M
m,n( R ) gibt, so dass gilt:
f (x) = f (x
0) + (x − x
0) · ∆(x)
>.
Speziell ist dann ∆(x
0) = J
f(x
0).
Beweis: Die Abbildung f = (f
1, . . . , f
m) ist genau dann in x
0differenzierbar, wenn alle Komponentenfunktionen f
µes sind, wenn es also in x
0stetige Funktionen
∆
ν: B → R
ngibt, so dass f
µ(x) = f
µ(x
0) + (x − x
0) · ∆
µ(x)
>f¨ ur µ = 1, . . . , m gilt.
Wir definieren dann ∆(x) als die Matrix, deren Zeilen die Vektoren ∆
µ(x) sind.
Es ist klar, dass auch umgekehrt aus dem Kriterium die Differenzierbarkeit folgt.
5.4. Allgemeine Kettenregel
Sei B ⊂ R
noffen, f : B → R
min x
0∈ B differenzierbar, U ⊂ R
moffen, f (B ) ⊂ U und g : U → R
kin y
0= f (x
0) differenzierbar. Dann ist g ◦ f : B → R
kin x
0differenzierbar und es gilt:
D(g ◦ f )(x
0) = Dg(f (x
0)) ◦ Df (x
0) bzw.
J
g◦f(x
0) = J
g(f (x
0)) · J
f(x
0).
Beweis: Wir haben Darstellungen
f (x) = f (x
0) + (x − x
0) · ∆(x)
>und g(y) = g(y
0) + (y − y
0) · ∆
∗(y)
>,
wobei jeweils ∆ in x
0und ∆
∗in y
0stetig ist. Setzt man die Gleichungen ineinander ein, so erh¨ alt man
g ◦ f (x) − g ◦ f (x
0) = (f (x) − f (x
0)) · ∆
∗(f (x))
>= (x − x
0) · ∆(x)
>· ∆
∗(f (x))
>= (x − x
0) · (∆
∗(f (x)) · ∆(x))
>,
mit einer in x
0stetigen Funktion x 7→ ∆
∗(f (x)) · ∆(x). Das zeigt, dass g ◦ f in x
0differenzierbar ist. Weil ∆(x
0) = J
f(x
0) und ∆
∗(y
0) = J
g(y
0) ist, folgt die Gleichung
J
g◦f(x
0) = ∆
∗(f (x
0)) · ∆(x
0) = J
g(f (x
0)) · J
f(x
0).
F¨ ur die zugeh¨ origen linearen Abbildungen gilt dann die analoge Beziehung D(g ◦ f )(x
0) = Dg(f (x
0)) ◦ Dg(x
0).
5.5. Folgerung
Ist n = m = k, so ist det J
g◦f(x) = det J
g(f (x)) · det J
f(x).
Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus dem Determinanten-Produktsatz.
5.6. Beispiele
A. Ist k = 1, also g : U → R eine skalare Funktion, so ist auch g ◦ f eine skalare Funktion und man erh¨ alt die Formel
∇(g ◦ f )(x) = ∇g(f (x)) · J
f(x).
Mit f = (f
1, . . . , f
m) folgt dann f¨ ur die einzelnen Komponenten die Formel (g ◦ f )
xν= (g
y1◦ f ) · (f
1)
xν+ · · · + (g
ym◦ f ) · (f
m)
xν, f¨ ur ν = 1, . . . , n.
Um es noch deutlicher zu machen, betrachten wir den Fall n = m = 2 und bezeichnen die Variablen, von denen g abh¨ angt, mit x und y und die Variablen, von denen f abh¨ angt, mit u und v. Dann schreibt sich die obige Formel wie folgt:
∂(g ◦ f )
∂u = ∂g
∂x ◦ f
· ∂f
1∂u + ∂g
∂y ◦ f
· ∂f
2∂u und ∂(g ◦ f )
∂v = ∂g
∂x ◦ f
· ∂f
1∂v + ∂g
∂y ◦ f
· ∂f
2∂v .
B. Sei g(x, y) := 1/(x
2− y
2) und f (r, t) := (r cos t, r sin t). Es ist g
x= −2x
(x
2− y
2)
2und g
y= 2y (x
2− y
2)
2, sowie
J
f(r, t) =
cos t −r sin t sin t r cos t
. Dann folgt:
(g ◦ f )
r= (g
x◦ f ) · (f
1)
r+ (g
y◦ f ) · (f
2)
r= −2r cos t
r
4(cos
2t − sin
2t)
2· cos t + 2r sin t
r
4(cos
2t − sin
2t)
2· sin t
= −2
r
3(cos
2t − sin
2t)
und (g ◦ f )
t= (g
x◦ f ) · (f
1)
t+ (g
y◦ f ) · (f
2)
t= −2r cos t · (−r sin t)
r
4(cos
2t − sin
2t)
2+ 2r sin t · (r cos t) r
4(cos
2t − sin
2t)
2= 4 sin t cos t r
2(cos
2t − sin
2t)
2.
Bei solchen konkreten Aufgaben kann man nat¨ urlich auch f zuerst in g ein- setzen und die dann entstandende Funktion von u und v direkt differenzieren.
Welcher Weg einfacher ist, muss man von Fall zu Fall pr¨ ufen.
C. Sei M ⊂ R
neine offene Teilmenge mit der Eigenschaft, dass mit x ∈ M und λ ∈ R auch λx zu M geh¨ ort (man nennt eine solche Menge M auch eine
” Kegelmenge“). Eine differenzierbare Funktion f : M → R heißt homogen vom Grad p, falls f (λx) = λ
p· f (x) f¨ ur jedes x ∈ M und jedes λ ∈ R gilt.
Wir betrachten die Funktion g (λ) := f (λx) f¨ ur ein festes x. Nach der Ket- tenregel ist
g
0(1) = ∇f(x) · x
>.
Wegen der Homogenit¨ at von f ist aber auch g(λ) = λ
p· f(x), also g
0(1) = p · λ
p−1· f(x)
|
λ=1= p · f(x).
Zusammen ergibt das die Euler’sche Homogenit¨ atsgleichung
Ist f homogen vom Grad p, so ist ∇f (x)
•x = p · f(x).
Zum Beispiel ist f (x, y) := x
4+ y
4− 4x
2y
2eine homogene Funktion vom Grad 4 auf dem R
2. Es ist ∇f(x, y) = (4x
3− 8xy
2, 4y
3− 8x
2y), also
∇f(x, y)
•(x, y) = 4x
4+ 4y
4− 16x
2y
2= 4 f (x, y).
Definition
Es seien G
1, G
2⊂ R
nGebiete und f : G
1→ G
2eine differenzierbare Abbildung.
f heißt ein Diffeomorphismus, wenn f bijektiv und f
−1: G
2→ G
1ebenfalls differenzierbar ist.
Bemerkung: Ist f : G
1→ G
2ein Diffeomorphismus, so ist einerseits J
f−1◦f(x) = J
id(x) = E
nund andererseits J
f−1◦f(x) = J
f−1(f (x)) · J
f(x), also
J
f−1(f (x)) = J
f(x)
−1.
5.7. Beispiel
Wir betrachten die ebenen Polarkoordinaten
(x, y) = f (r, ϕ) = (r cos ϕ, r sin ϕ).
Definitionsbereich ist R
+× R , die Bildmenge ist R
2\ {(0, 0)}. Leider ist f
nicht injektiv, es ist ja f (r, ϕ) = f (r, ϕ + 2π). Die Menge R
+× [0, 2π) ist kein
Gebiet, weil sie nicht offen ist. Also benutzen wir als Definitionsbereich das
Gebiet G
1:= R
+× (0, 2π).
π 2π
r ∈ R
+ϕ
G
1f
sx y
Jetzt ist f : G
1→ R
2injektiv, aber was ist die Bildmenge? Nach wie vor kommt jeder Punkt (x, y) ∈ R
2als Bildpunkt vor, sofern er nicht auf der positiven x-Achse liegt. Also setzen wir G
2:= R
2\{(x, y) : y = 0 und x ≥ 0}.
Dann ist f : G
1→ G
2eine bijektive differenzierbare Abbildung.
Ist f nun auch ein Diffeomorphismus? Wir versuchen, die Umkehrabbildung zu bestimmen, d.h. zu einem gegebenen Punkt (x, y) ∈ G
2suchen wir ein (r, ϕ) ∈ G
1mit
(x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ).
Dann ist auf jeden Fall x
2+ y
2= r
2, also r(x, y) = p
x
2+ y
2.
Ist x 6= 0, so ist tan ϕ = y/x. Daraus folgt aber nicht, dass ϕ = arctan(y/x) ist, denn der Arcustangens nimmt nur Werte zwischen −π/2 und +π/2 an, w¨ ahrend ϕ zwischen 0 und 2π liegen soll. Außerdem wird der Fall x = 0 dabei noch nicht ber¨ ucksichtigt.
Wir m¨ ussen also etwas sorgf¨ altiger vorgehen. Dazu f¨ uhren wir die Halbebenen H
+= {(x, y ) ∈ R
2: y > 0}, H
−= {(x, y) ∈ R
2: y < 0} und H
0= {(x, y ) ∈ R
2: x < 0} ein. Sie sind offene Mengen, und es ist H
0∪ H
+∪ H
−= G
2. Im folgenden verwenden wir einige Formeln aus der Trigonometrie:
• cos π 2 − t
= sin t und sin π 2 − t
= cos t,
• arctan t = arcsin t
√ 1 + t
2= arccos 1
√ 1 + t
2,
• arctan(1/t) = ± π
2 − arctan t, je nachdem, ob t > 0 oder t < 0 ist.
1. Fall: Ist (x, y) ∈ H
+, so setzen wir ϕ
+(x, y) := π
2 − arctan x
y
∈ (0, π).
Dann ist
cos(ϕ
+(x, y )) = sin
arcsin x/y p 1 + x
2/y
2= x
p x
2+ y
2und sin(ϕ
+(x, y )) = cos
arccos 1 p 1 + x
2/y
2= y
p x
2+ y
2. Offensichtlich ist (x, y) 7→ (r(x, y), ϕ
+(x, y)) eine Umkehrung der Polarkoor- dinaten, denn es ist
f r(x, y), ϕ
+(x, y)
= (x, y), r(r cos ϕ, r sin ϕ) = r und
ϕ
+(r cos ϕ, r sin ϕ) = π
2 − arctan 1 tan ϕ
= π 2 − π
2 − arctan tan ϕ
= ϕ.
2. Fall: Ist (x, y) ∈ H
−, so setzen wir ϕ
−(x, y) := 3π
2 − arctan x
y
∈ (π, 2π).
3. Fall: Ist (x, y) ∈ H
0, so setzen wir
ϕ
0(x, y) := π + arctan y x
∈ π 2 , 3π
2
.
Auch in diesen beiden F¨ allen erh¨ alt man eine Umkehrung der Polarkoordi- naten, und die Funktionen ϕ
0, ϕ
+, ϕ
−sind differenzierbar.
Ist y/x < 0, so ist arctan(y/x) = −π/2− arctan(x/y). Auf H
0∩ H
+ist x < 0, y > 0 und deshalb ϕ
0(x, y) = ϕ
+(x, y).
Ist y/x > 0, so ist arctan(y/x) = π/2 − arctan(x/y). Auf H
0∩ H
−ist x < 0, y < 0 und deshalb ϕ
0(x, y) = ϕ
−(x, y).
Zusammen ergibt das eine differenzierbare Umkehrabbildung f
−1: G
2→ G
1.
5.8. Lemma
Sei M ⊂ R
noffen, F : M → R
nin x
0differenzierbar und det J
F(x
0) 6= 0.
Außerdem habe f := kFk
2in x
0ein lokales Minimum. Dann ist F(x
0) = 0.
Beweis: Sei v ∈ R
nund α(t) := x
0+ tv f¨ ur −ε < t < ε. Dabei sei ε > 0 so klein gew¨ ahlt, dass die Spur von α in M liegt. Weil f in x
0ein Minimum besitzt, ist
0 = ∇f(x
0)
•v = (f ◦ α)
0(0) = d dt
0
(F ◦ α(t))
•(F ◦ α(t))
= 2 · F ◦ α(0)
•
(F ◦ α)
0(0)
= 2 · F(x
0)
•J
F(x
0) · v
>= 2 · F(x
0)
•
DF(x
0)(v) .
Weil DF(x
0) surjektiv ist, ist F(x
0)
•w = 0 f¨ ur alle w ∈ R
n, also F(x
0) = 0.
5.9. Schrankensatz
Sei B ⊂ R
noffen, K ⊂ B kompakt und konvex, F : B → R
mstetig differenzierbar und C := sup
KkDF(z)k
op. Dann gilt f¨ ur x, y ∈ K :
kF(x) − F(y)k ≤ C · kx − yk.
Beweis: Die Punkte auf der Verbindungsstrecke von x und y liegen in K . Nun sei f : [0, 1] → R
mdefiniert durch f (t) := F x + t(y − x)
. Dann ist kF(x) − F(y)k = kf (1) − f (0)k = k
Z
1 0f
0(t) dtk
≤ Z
10
kf
0(t)k dt = Z
10
kDF x + t(y − x)
(x − y)k dt
≤ kx − yk · Z
10
kDF x + t(y − x)
k
opdt ≤ C · kx − yk.
5.10. Satz von der Umkehrabbildung
Sei M ⊂ R
noffen, f : M → R
nstetig differenzierbar. Ist x
0∈ M , f (x
0) = y
0und det J
f(x
0) 6= 0, so gibt es offene Umgebungen U (x
0) ⊂ M und V (y
0) ⊂ R
n, so dass gilt:
1. det J
f(x) 6= 0 f¨ ur alle x ∈ U . 2. f : U → V ist bijektiv.
3. f
−1: V → U ist wieder differenzierbar.
4. F¨ ur x ∈ U und y = f (x) ist Df
−1(y) = (Df (x))
−1.
Beweis: Ist det J
f(x) 6= 0, so nennt man f regul¨ ar in x. Die Funktionalma- trix J
f(x) ist dann eine invertierbare Matrix, und man kann die Umkehrmatrix (J
f(x))
−1bilden.
Sei L := Df (x
0), k := kL
−1k
op> 0 und 0 < c < 1/k. Weil f stetig differenzierbar ist, gibt es ein ε > 0, so dass gilt:
det J
f(x) 6= 0 und kJ
f(x) − J
f(x
0)k
op< c f¨ ur x ∈ B
ε(x
0).
Wir setzen U := B
ε(x
0). Das ist eine (i.a. sehr kleine) offene, konvexe Umgebung von x
0in M , und die Aussage (1) gilt auf U .
1. Schritt: Die fundamentale Ungleichung
F¨ ur w ∈ R
nist kL
−1wk ≤ kL
−1k
op· kwk = k · kwk. Da jeder Vektor w ∈ R
ndie Gestalt w = Lv besitzt, folgt f¨ ur beliebige Vektoren v ∈ R
ndie Ungleichung
kLvk ≥ 1 k kvk.
Die Abbildung h := f − L : M → R
nist ebenfalls stetig differenzierbar, und es ist sup
x∈U
kDh(x)k
op= sup
x∈U
kDf (x) − Lk
op= sup
x∈U
kDf (x) − Df (x
0)k
op≤ c.
Nach dem Schrankensatz ist nun
kh(x) − h(y)k ≤ ckx − yk, f¨ ur alle x, y ∈ U.
Weil f (x) − f (y) = h(x) − h(y) + L(x − y) ist, folgt:
kf (x) − f (y)k ≥ kL(x − y)k − kh(x) − h(y)k
≥ 1
k kx − yk − ckx − yk
= 1 − ck
k kx − yk f¨ ur x, y ∈ U.
Dabei ist 0 < ck < 1, also auch 0 < 1 − ck < 1. Insbesondere ist (1 − ck)/k > 0.
2. Schritt: Die Injektivit¨ at von f auf U
Ist x 6= y, so ist kx − yk > 0, nach der fundamentalen Ungleichung also auch kf (x) − f (y)k > 0, d.h. f (x) 6= f (y).
3. Schritt: Die Stetigkeit der Umkehrabbildung
Sei V := f (U ), v
0= f (u
0) ein Punkt in V , ε > 0 und 0 < δ < (1 − ck)ε/k. Ist v = f (u) ∈ V mit kv − v
0k < δ, so folgt aus der fundamentalen Ungleichung:
kf
−1(v) − f
−1(v
0)k = ku − u
0k ≤ k
1 − ck kv − v
0k < k
1 − ck δ < ε.
4. Schritt: Die Offenheit von V = f (U ) Sei α := 1 − ck
2k . Dann ist 1 − ck
k − α = 2α − α = α.
Sei b
0= f (a
0) ∈ V ein beliebiger Punkt und r > 0 so gew¨ ahlt, dass B
r(a
0) ⊂⊂ U ist. Wir setzen ε := αr und wollen zeigen, dass B
ε(b
0) ⊂ f B
r(a
0)
⊂ V ist.
Dazu sei y
∗∈ B
ε(b
0) fest, aber beliebig, und g(x) := kf (x) − y
∗k. Die stetige Funktion g nimmt auf B
r(a
0) ihr Minimum an.
1. Es ist g(a
0) = kf (a
0) − y
∗k = kb
0− y
∗k < ε = αr.
2. F¨ ur x ∈ ∂B
r(a
0) ist kx − a
0k = r, also
g(x) ≥ kf (x) − b
0k − kb
0− y
∗k
> 1 − ck
k kx − a
0k − ε
= 1 − ck
k r − αr = αr.
Also nimmt g sein Minimum in einem Punkt x
∗im Innern der Kugel B
r(a
0) an.
Dort wird auch kf (x) − y
∗k
2minimal, und nach dem Lemma muss dann f (x
∗) = y
∗sein. Das bedeutet, dass y
∗in f (B
r(a
0)) liegt, was zu beweisen war.
5. Schritt: Die Differenzierbarkeit der Umkehrabbildung
Jetzt beweisen wir, dass f
−1in jedem Punkt y
1= f (x
1) ∈ V differenzierbar ist.
Da f in x
1differenzierbar ist, gibt es eine Darstellung f (x) = f (x
1) + (x − x
1) · ∆(x)
>,
mit einer in x
1stetigen Abbildung ∆ : U → M
n( R ). Dann ist d(x) := det ∆(x) in x
1stetig und d(x
1) 6= 0. Es gibt also eine offene Umgebung von x
1, auf der d(x) 6= 0 ist. Das bedeutet, dass ∆(x) dort invertierbar ist.
Die Menge G := GL
n( R ) := {A ∈ M
n( R ) : det(A) 6= 0} ist eine offene Teilmenge von M
n( R ) und die Abbildung i : G → G mit i(A) := A
−1ist stetig, denn die Koef- fizienten von A
−1sind rationale Funktionen der Koeffizienten von A (Cramer’sche Regel). Also ist auch ∆
∗(y) := i(∆(f
−1(y))) = ∆(f
−1(y))
−1stetig in y
1. Aus der Gleichung (f (x) − f (x
1)) · (∆(x)
>)
−1= x − x
1folgt nun:
f
−1(y) = f
−1(y
1) + (y − y
1) · ∆
∗(y)
>. Das liefert die Differenzierbarkeit von f
−1in y
1und die Formel
Df
−1(y
1) = (Df (x
1))
−1. Damit ist der Umkehrsatz bewiesen.
5.11. Beispiele
A. Die Polarkoordinaten (x, y) = f (r, ϕ) = (r cos ϕ, r sin ϕ) haben wir schon an fr¨ uherer Stelle betrachtet. Es ist
det J
f(r, ϕ) = det
cos ϕ −r sin ϕ sin ϕ r cos ϕ
= r.
In jedem Punkt (r, ϕ) mit r > 0 und ϕ ∈ R ist f also lokal umkehrbar.
f : R
+× [0, 2π) → R
2\ {(0, 0)}
ist sogar global umkehrbar.
B. Sei f : R
2→ R
2definiert durch f (x, y) := (x
2− y
2, 2xy). Dann gilt:
J
f(x, y) =
2x −2y
2y 2x
, also det J
f(x, y) = 4(x
2+ y
2).
Damit ist det J
f(x, y) 6= 0 f¨ ur (x, y) 6= (0, 0) und f ¨ uberall außerhalb des Nullpunktes lokal umkehrbar.
f ist aber nicht global umkehrbar, denn es ist z.B. f (−x, −y) = f (x, y).
C. Zylinderkoordinaten:
Sei G := {(r, ϕ, z) ∈ R
3: r > 0, 0 < ϕ < 2π und z beliebig} und F
zyl(r, ϕ, z) := (r cos ϕ, r sin ϕ, z).
Dann ist J
Fzyl(r, ϕ, z) =
cos ϕ −r sin ϕ 0 sin ϕ r cos ϕ 0
0 0 1
und det J
Fzyl(r, ϕ, z) = r.
Also ist F
zylaußerhalb der z-Achse ein lokaler Diffeomorphismus.
z
rr
s
F
zyl(r, ϕ, z)
x
ϕ