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Multiple Sklerose: welche Rolle spielt Stress?

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BR I T I S H ME D I C A L JO U R N A L

Dass stresshafte Lebensereig- nisse einen Krankheitsschub auslösen können, steht für viele MS-Patienten aufgrund ihrer eigenen Erfahrung fest.

Die Experten sehen den Zu- sammenhang bislang nicht als bewiesen an. Eine jetzt im

«BMJ» publizierte Metaana- lyse scheint dagegen die Pati- entensicht zu bestätigen.

Die meisten Multiple-Sklerose (MS)-Pati- enten haben einen schubweisen Krank- heitsverlauf. Die Exazerbationen brechen dann plötzlich aus und klingen nach Wo- chen oder Monaten ab. Warum es jedoch aus dem vermeintlichen Krankheitsstill- stand heraus zu einem Schub kommt, weiss letztlich niemand. Immerhin gibt es einige Hypothesen. So werden beispiels- weise bakterielle und virale Infekte als Auslöser angeschuldigt, T-Zellen lassen sich dann auf Irrwege führen, indem sie das Myelin als Fremdproteine fehlerken- nen und so den Entzündungsprozess an- stossen. Zudem wurden bakterielle Super- antigene als Ursache ins Spiel gebracht, ebenso auch andere körperliche Erkran- kungen. Ob seelischer Stress schub-

auslösend ist, wird bis heute recht kontro- vers diskutiert. Bereits vor mehr als 100 Jahren glaubte Charcot erkannt zu haben, dass soziale Veränderungen, Sorgen und aufregende Lebensumstände in Zusam- menhang mit dem Ausbruch der Krank- heit stünden. Fragt man die MS-Patienten, dann glauben einer Untersuchung zufolge viele von ihnen daran, dass stresshafte Lebensereignisse zum Schub beitragen.

Die amerikanischen Autoren David. C.

Mohr et al. sind dieser Frage in einer Metaanalyse nachgegangen und haben dazu 14 einschlägige Studien ausgewer- tet. Ausgewählt wurden nur Untersu- chungen, in denen standardisierte Dia- gnosekriterien Anwendung fanden und die Diagnose von einem Neurologen be- stätigt wurde. Ausgeschlossen waren Pa- tienten, bei denen Stresserlebnisse nicht von psychopathologischen Merkmalen zu unterscheiden waren.

Drei Prüfärzte werteten die Studien unab- hängig voneinander aus. Das Ergebnis fiel recht eindeutig und über alle Untersu- chungen konsistent aus: Stresshafte Le- bensereignisse stehen demnach in einem Zusammenhang mit dem Auftreten eines Krankheitsschubs – ein Befund, der sich unabhängig von der Art der Studie, dem Alter der Patienten und dem Geschlecht der Teilnehmer bewahrheitete.

«Unsere Resultate unterstützen im Prinzip die Stresshypothese», folgern die Autoren. Die Befunde seien klinisch relevant. Rein statis- tisch betrachtet sei die negative Einwirkung von Stresserlebnissen mindestens so hoch zu veranschlagen wie die positive Wirkung der Interferontherapie. Unterstützt wird der mutmassliche Zusammenhang auch durch MRI-Befunde in einer Studie mit 36 Patien- ten. Hier zeigte sich, dass bestimmte Stres- soren das Risiko neuer Hirnläsionen (nach acht Wochen) signifikant erhöhten.

Welcher Stress schadet?

Fast alle Studien untersuchten die Auswir- kung von «normalem» Disstress, nicht da- gegen aussergewöhnliche Traumata.

Diese nämlich haben dem Anschein nach sogar einen präventiven Charakter. Nach einer Studie von Nisipeanu und Korczyn erlitten Patienten, die während des ersten Golfkriegs in Tel Aviv über Wochen unter Bombenbeschuss standen, seltener einen Krankheitsschub.

Diese Beobachtungen decken sich mit Erkenntnissen aus Tiermodellen. Tiere mit experimentell erzeugter Autoimmunenze- phalitis, dem Tiermodell der MS, reagie- ren auf ein schweres Trauma seltener mit entsprechenden Stresssymptomen – wo- möglich als Folge der massiven Kortison- ausschüttung – während weniger ausge-

Multiple Sklerose:

welche Rolle spielt Stress?

Die Ergebnisse einer Metaanalyse

A R S M E D I C I 1 22 0 0 4 6 1 7

S T U D I E É T U D E

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

s ä t z e s ä t z e

●Nichttraumatische stresshafte Lebensereignisse scheinen das Risiko einer Exazerbation zu erhöhen.

●Die Beziehung zwischen Stress und Krankheitsschub ist komplex und kann zurzeit für den Einzel- nen nicht vorhergesagt werden.

●Es kann nicht sicher ausgeschlos- sen werden, dass das Stress- erleben bzw. der Umgang mit Stressoren bereits Ausdruck von morphologisch und klinisch nicht fassbaren Veränderungen der weissen Substanz sind.

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prägter Stress die Autoimmunenzephalitis aktiviert.

Studien beim Menschen haben gezeigt, dass eine Reduktion von Disstress die Gamma-Interferonproduktion von T-Zellen verringert, einem proinflammatorischen Zytokin, das eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Exazerbation spielen soll.

Andererseits scheint – im Tiermodell – eine geringe Kortisonerhöhung bei

«nichttraumatischem Stress» die Sensi- tivität von T-Zellen auf eine Vielzahl von Zytokinen und Peptiden, die einer pro- inflammatorischen Reaktion den Weg bahnen, zu erhöhen. Zudem könnte es sein, dass die Kortisonausschüttung auf chronischen Stress im Sinne einer Gegen- regulation dazu führt, dass die Zahl, die Bindungskapazität und die Affinität von Glukokortikoidrezeptoren auf Immunzel- len abnimmt und so das Entzündungs- risiko steigt. Schliesslich können Mast- zellen, die im Endothel agieren, durch eine erhöhte Corticotropin-releasing-factor

(CRF)-Ausschüttung aktiviert werden.

Folge der Mastzellaktivität ist die erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke und die Gefahr einer Entzündung durch Frei- setzung von Tumor-Nekrose-Faktor alpha, Histamin und Tryptase. Keiner der ge- nannten potenziellen Mechanismen ist aber bei MS-Patienten untersucht wor- den. «Es gibt kein umfassendes biolo- gisches Modell der MS-Exazerbation», geben die Autoren zu bedenken.

Kausal oder nicht?

Sie weisen auch darauf hin, dass die Qua- lität der analysierten Studien stark vari- ierte. Zudem gilt: Auch die beste Longitu- dinalstudie liefert keinen absoluten Beweis für einen kausalen Zusammen- hang. Andere Faktoren könnten die Per- zeption von Stress beziehungsweise die Exazerbation ebenso beeinflusst haben.

Es sei beispielsweise nicht ausgeschlossen, dass sich in der normal erscheinenden

weissen Substanz bereits Monate vor dem Krankheitsschub unbemerkt (auch von MRI-Untersuchungen) Veränderungen ab- spielen. «Deshalb kann man die gegen- läufige Hypothese nicht sicher ausschlies- sen, dass nämlich stärker empfundener Stress oder eine geringere Fähigkeit, mit Stressoren umzugehen, ein früher Hinweis auf Veränderungen in einer noch normal erscheinenden weissen Substanz ist.»

Nach Auffassung der Autoren sind drin- gend weitere Forschungen notwendig, in denen Stressmanagement oder Medika- mente auf ihre potenziellen neuroendo- krinen und immunologischen Reaktionen

untersucht werden. ●

David G. Mohr et al.: Association between stressful life events and exacerbation in multiple sclerosis: a meta-analysis. BMJ 2004; 328: 731–733.

Uwe Beise Interessenkonflikte: keine

Multiple Sklerose: welche Rolle spielt Stress?

S T U D I E É T U D E

Akupunktur – Traditionelle Chinesische Medizin

Grundausbildung an der Universität Zürich,WS/SS 04 /05

2-semestrige Vortragsreihe unter dem Patronat von Prof. R. Saller,Abteilung Naturheilkunde, Dept. für Innere Medizin des USZ.

Durchgeführt von den 3 in der ASA* zusammengeschlossenen Gesellschaften SÄGAA*, SAGA-TCM* und AG-TCM*.

Anerkennung als Modul «Grundlagen» für den Fähigkeitsausweis Akupunktur – TCM ASA.

Ort: UniversitätsSpital Zürich, Nordtrakt, Kurszimmer C 307

Zeit: Donnerstags, 18.15 bis 21.00 Uhr, 21.10.2004 –3.2.2005 und 31.3.–30.6.2005

Kosten: Fr. 1200.–/Semester (für Studierende gratis, Assistenten/DoktorandInnen in Weiterbildung: Fr. 800.–/Semester) Anmeldeformulare anfordern bei: Frau O. Kappeler-Fitze, Schlossgasse 12, 8575 Bürglen,

Tel. 071 634 66 19, Fax 071 634 66 18, E-Mail: o.kappeler@tbwil.ch Anmeldeschluss: 1.10.2004

*ASA Assoziation Schweiz. Ärztegesellschaften für Akupunktur und Chinesische Medizin

*SÄGAA Schweiz. Ärztegesellschaft für Akupunktur und Aurikulomedizin

*SAGA-TCM Schweiz. Ärztegesellschaft für Akupunktur und Chinesische Medizin

*AG-TCM Ärztegesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin

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Referenzen

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