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Sendschreiben von Dr. Franz Teufel
an Prof. Pleischer*).
Hochgeehrter Herr!
Im BegrifF eine weitaussehende und dnrch den Mangel an
Vorarbeiten mit vielfältigen Schwierigkeiten verknüpfte Arbeit zu
unternehmen, erlaube ich mir, Ihnen von dem Gegenstande der-
1) Mit Zostimmuug des Verfassers veröffentliche ich dieses Sendschreiben in der Absicht , die Vertreter , Pfleger und Freunde morgenländischer Wissen¬
schaft mit einem unter drückenden Verhältnissen durch eigene Kraft in aller Stille 7,u voller wissenschaftlicher Reife herangewachsenen Fachgenossen bekannt zu machen und ihm dadurch zur Ausführung seiner schriftstellerischen Ent¬
würfe von möglichst vielen Seiten die Unterstützung durch Rath und That zuzuführen , welche ich selbst und allein ihm zu leisten nicht im Stande hiu.
Möchten besonders unsere öffentlichen und Privat-Bibliotheken die zu seinen Arbeiten unentbehrlichen und fiirderlichen Handschriften ihm nicht vorenthalten!
Für deren Sicherheit in solchen Händen würde ich erforderlichen Falles gern selbst Gewähr leisten. — Zugleich mit obigem Schreiben erhielt ich von Herrn T)r. Teufel zu meiner Anzeige von Bachers Ausgabe der Aphorismen und Sinn¬
gedichte Sa'di's (diese Zeitschrift, Bd. 34, S. 380 f) einige Bemerkungen, die von ebenso gründlicher Kenntniss des Persischen als sicherem kritischen Blick zeugen und von denen ich die völlig zweifellose Mehrzahl, mit öffentli.;hBr Danksagung dafür, zur Berichtigung und Vervollständigung jener ,\nzeige hier¬
nächst folgen lasse.
„S. 392 Z. 7 (zu S. 48 1. Z.). Allerdings c>-*-;-S»t in Vii^^_ft3! ,
>
aber zugleich in jj zu verwandeln.
S. 393 Z. 11—8 v. u. (ZU S. 184 1. Z.). Keineswegs aus V ^\y^
st. ^^^I^-ÄJ aufzunehmen; im ersten Halbvers ist . nach , wio auch a. O.
vorgeschlagen wird , zu streichen , in ^LJ zu verwandeln und das ganze Bait zu übersetzen: Wenn man ihm sagt: im ewigoi Feuer wirst du wohnen mit Pharao und Haman.
S. 39.0 Z. 12— K v. u. (zu S. G6 Z. IC;. Jede Aeuderung unzulässig.
Das fragliche Bait bedeutet: Linter die Füsse verliebten Umgangs (geselliger Lust) trat ich alle Heuchelei und Verstellung. CJjUiUt/e ist nicht Object von
Jl«jLj, sondem steht mit i3l*üLj im Vorhältniss der Izafat, im Text auch ausnahmsweise durch verticales Kasr bezeichnet; es wurde auch von
90 Smidschreiben von Dr. Franz 2'eufel an Prof. Fleischer.
selben, den dabei in Betracht kommenden unmittelbaren und mittel¬
baren Quellen und der Art, wie ich dieselben zu benutzen gedenke,
Mittheilung zu machen, indem ich hoflfe, von Ihrer Güte den mir
so nothwendigen Rath und Beistand zu erlangen.
Nachdem ich mancherlei geplant was bald das Interesse für
mich wieder verlor oder als unausführbar sich erwies, blieb schliess¬
lich , zufällig geweckt durch die vor mehreren Jahren mir über¬
tragene Catalogisirung der muhammadanischen Münzen des hiesigen
Gr. Münzeabinets, meine Aufmerksamkeit auf der pohtischen und
Litteraturgescbichte Persiens und Centraiasiens seit dem Auf¬
kommen der Safawi haften. Sie wissen, wie sehr hier beinahe
alles noch zu thun ist, obwohl eine Epoche näherer Betrachtung
gewiss nicht unwerth erscheint, wo zum erstenmal seit dem Sturz
der ^^ssaniden Irän wieder zu echt nationalem Leben erwachte,
nachdem es das ganze Mittelalter hindurch zwar hoher Blüte der
Cultur sich erfreut, dabei aber, vielfach zerstückt und meist Be¬
standtheil grösserer, mongolischen oder tatarischen Herrschem unter¬
worfener Reiche , zu selbständiger politischer Bedeutung so gut
wie nie hatte gelangen können '). J. Malcolms history of Persia
ist das Werk eines geistvollen Mannes, der von früh an auf den
Höhen des Lebens stehend, bedeutend als Militär und Staatsmann,
dabei des Landes , dessen Geschichte darzustellen er unternahm,
kundig wie wenige, ganz andere innere Mittel zu seinem Werke
mitbrachte als etwa Hammer-Purgstall zu seinen zahlreichen Ar¬
beiten; ein lebenatbmendes, farbengesättigtes Bild der Zand- sowie
der Anfänge' der Qagarendynastie zu entwerfen besass er auch
hinreichendes Quellenmaterial und diese Partie ist demnach, wenn
auch im einz.elnen viel zu bessem wäre, im ganzen durchaus ge¬
lungen. Sie ist auch von R. Watson in seinem verdienstvollen
Werke in würdiger Weise weitergeführt worden. Gänzlich veraltet,
j.V. theilweise völlig ungenügend ist dagegen die Darstellung der
liacher keinesfalls als „An.stand'' gefusst, wenngleich die allzu freie Uebersetzung hier wie so oft uicht .siclier orkennon lässt , ob der Uebersetzer die Textworte wirklich ganz genau vorstanden habe.
S. :i07 Z. 1—2 izu S. 84 Z. Iß, S. 102 Z. 9 und XXXUI Anm. 2 Z. 6) und S. 402 Z. 18—20. Jedenfalls nicht j_jLiL*«(jO z« silireilion , boiiderii
^ OwwjO oder mit den Handschriften ^Xäh/jJ; vgl. Fr. Kückert, Jahrbb. f.
wiss. Krit. 1828 Sp. 67 Z. 1—5 und Z. 20—22. Ich wü.sste nicht wio das dort Bemerkte widerlegt werden könnte.
Ebendas. Z. ,5 (zu S. 9G Anm. G) (Zwang) nicht zu beanstanden"
1) Kino theilwei.se Ausnahme bildete die Periodo der Sämiuiiden . abor auch wäbrend dieser ruhte der Scliwerpuiikt der Keichsinacbt in den Oxus- ländern, nicht in den Gegenden wolcho einst der reichste Schauplatz ininischer Grösse gewesen waren ; jene Momente aber, welche in so entscheidender Weise das Leben Inins in neuerer Zeit beherrschen, fehlten dort in der Hauptsache noch ganz oder A\'arcn erst Keime. Die Uanü Muzaffar aber vermoeliten ihren Eintluss nie übor Fars auszudehnen und erlagen buld den Waffen Timur's.
Semlavlireibcn von Dr. Franz Teufd an Prof. Fleischer. 91
finiheren Geschichte Persiens. Für den die >?afawi behandelnden
Abschnitt ist seine einzige Quelle bekanntlich Kamäl b. Galäl's
Zubdu'ltärich (oder Tawärich wie andere HSS. bieten), eine nicht
ungeschickte , doch als Quellenwerk ziemlich unbraucbbare Com¬
pilation; vgl. Morley, descr. cat. p. 51. Ab und zu erwähnt er
zwar auch Iskandar MunM, Saraf von Bidlis, sowie für die letzten
Zeiten 'Abulfath Sultän Mubammad's Werk über die Geschichte
seiner Vorfahren, wohl die von 'Abu!-hasan Qazwini in seinen
Fawä'id-i Safawijah angeführten Memoiren (wäqi'ät) dieses letzten
mit einem Schein von Herrscherwürde auf kurze Zeit bekleideten
Sprossen des Geschlechts §afi (vgl. Rieu, cat. of the Pers. MSS.
of the Br. Mus. I, 134), — aber nur ganz desultorisch und ohne
dass man, namentlich bei den erstgenannten Autoren, recht wüsste
wie er zu diesen Citaten kommt. Er steht hierin, sowie an Sprach¬
kenntnissen, — ich rede hier natürlich nicht von philologischen
Kenntnissen, sondern nur von einer gewissen Routine, — Hämmern
bedeutend nach, wäbrend er jenen an Geist und Formgewandtheit
unendlich weit überragt '). — Ftir diese Partie nun die Arbeit
Malcolm's aufzunehmen und in einer dem heutigen Standpunct der
Wissenschaft entsprechenden Weise auszuführen ist meine Absicht:
in festen, bestimmten Zügen hoflfe ich den Zustand der iränischen
Lande beim Auftreten der Safawi, den Ursprung der letzteren, ihr
Emporkommen , ihre Grösse und ihren Verfall , sowie die Cultur¬
verbältnisse Persiens und Centraiasiens während dieser Zeit zu
zeichnen; aber umfassende Quellenuntersuchungen Sollen mir erst
den Weg dazu bahnen und meinem Werke die feste Grundlage
geben, und dass dies mir möglich werde dazu bedarf ich Ihres
Beistandes.
Es ist Ihnen bekannt, wie verhältnissmässig reichlich die
Quellen für die Geschichte der §afawi fliessen ; selbst für die Zeiten nach dem Tode 'Abbäs I. befinden wir uns in einer weit günstigeren
Lage als Malcolm glaubte (vgl. I, 387 der schlechten Uebers. von
Spazier in welcher mir M's. Wer'k im Augenblick allein zugänglich
ist, sowie ebd. 399 Anm. 2) und Aumer in seinem Catal. der pers.
HSS. zu München S. 81 Z. 14—15 vermuthen lässt. Gestatten Sie
mir, Ihnen kurz vorzuführen was mir in dieser Hinsicht bekannt
geworden; ich thue es in der Hoffnung, dass Ihre Freundlichkeit
mich auf etwaige Lücken in meinem Verzeichniss aufmerksam
machen werde.
Für die Entstehung des Priesterstaats in Ardabil bietet reich¬
liches , wenn auch ganz mit Legenden durchwobenes Material
Tawwakul Bek's Safwatu'l-Safä , nebst den späteren Darstellungen Muhammad Kätib's von Siräz und Husain b. Saich 'Abdälu'l-Zähidi's,
11 F. Erdmnnii's Zeitschr. LO, 501 geäusserte Absicht, die Geschichte 'Abbäs d. Gr. uud seiuer Vorgänger nach Iskandar Munsi zu bearbeiten, blieb bekanntlich uuausgeflihrt.
92 Sendschreiben von Dr. Franz Teufel an Prof. Fleischer.
anderer Werke allgemeiner Art über Heiligengeschichte etc. zu
geschweigen ').
Für die Geschichte der drei ersten Könige aus dem Hause
Safi möchte wohl Hasan Rümlu's 'Ahsanu'l-Tawärich (hat auch
andere Titel, vgl. Dom, mei. as. IH, 725—34 No. 55. V, 249 No. 90)
die passendste Basis abgeben; zur Controle und Ergänzung sind
für Isma'il I. der betr. Theil von Chwändamir's Habibu'l-siar und
das im Petersb. Catal. p. 290, jedenfalls fttlschlich, dem bekannten
Dichter Binä'i zugeschriebene SahanSähnäma, für Tahmäsp I. Budaq
von Qazwin, CbwarSäh b. Qubädul-Husaini's Tärich-i Hfii NizämSäh
und die in letzterem benutzten (vgl. Rieu p. 107—8) autobio¬
graphischen Aufzeichnungen Säh Tahmäsp's selbst, falls diese in der
bibl. Spreng, p. 14 No. 205 angefiihrten , Autobiography of Shah
Tahmäsp' wirklich vorhegen, endlich für diese ganze Partie Gaffari's Gahänarä und allenfalls Jahjä Qazwini herbeizuziehen. Chudäbanda's
Geschichte , sowie diejenige 'Abbäs I. wird wobl am besten aus
Iskandar MunSi's Werk geschöpft werden , wenn nicht die Dar¬
stellung des von Rieu p. 184—85 erwähnten Galälu'l-din Muhammad
von Jazd sich bei näherer Untersuchung als die glaubwürdigere
erweist; daneben gibt es noch manche Special werke über einzelne
.\bschnitte aus 'Abbäs I. thatenreichem Leben, wie die von de
Sacy Journ. as. V. 1824. p. 89 als in der Pariser Kgl. Bibl.
befindlich genannte Gescbichte der Eroberung Churäsän's. Die
Regierang Safi's (I.) hat eine ausführliche Darstellung gefunden
in einem Werke, dessen Autorschaft bekanntlich zwischen Iskandar
Munsi nnd Muhammad Ma'süm schwankt, wenn es sich hier über¬
haupt nur um ein Werk handelt; vgl. Petersb. Catal. p. 291,
Aumer Pers. HSS. S. 80. Dom in Mem. de l'acad. de St. Pb. 1876
p. 26: ich hoffe diese Frage bald in einem besonderen Aufsatze
behandeln zu können, wenn die Confrontation der HSS. von Peters¬
burg, München und Leiden mir ermöglicht wird. Den Anfang
seiner Regierang hat der auch sonst bekannte Husain Tafrisi in
einer kleinen Monographie behandelt (Flügel, Wien. Cat. I, 260).
'.\.bb«s II. hat zwei specielle Geschichtschreiber gefunden: Wali
Quli Samlu in seinen Qisas-i Chäqäni (Rieu 190—91) und Tähir
W.ihid in seinem stilistisch hoch gefeierten TArich-i 'Abbas-i täni.
In die drei letztgenannten Regierangen zusamraen gehört Bigän's
Biographie Rustam Chän's (Rieu 188—89).
Für die letzten Zeiten beginnt der Strom einheimischer Ge¬
schichtschreibung zu versiegen: wir sehen uns mehr und mehr
auf allgemeine . compendiöse Werke angewiesen , unter welchen
Muhammad Mirak's Rijäzu'l-Firdaus fvgl. Morley 129—32) eine
hervon-agende Stelle einnehmen; dazu gesellen sich '.\bu'l-hasan's
1) Von den Futfiliät-i Jamini, welciie Erdmann Zeitsclir. 15, 480 mit
•Utbi's bekanntem Werke verwecliselt, vgl ebd. 480 89. 9U. scbeint in enrop.
Bibliotlieken ein E.\. nicht zu existiren.
Sendschreiben von Dr. Franz Teufel an Prof. Fleischer. 93
von Qazwin Fawä'id-i §afawijah und fiir den letzten Ausläufer der
Safawi, die Al-i Däudi, Muh. HäSim's Werk (Rieu 191—92). Freihch
scheinen hierher noch die Zeitschr. V, 278 aus der Wetzstein'schen
Sammlung angeführte »Neupersisehe Geschichte" seit dem Ende der
Safawi bis zum Tode ASraf Chän's und die bibl. Spreng, p. 14
No. 204 verzeichnete „Hist. of Tahmäsp and his predecessors by
Mohd. Mahdiy' zu gehören : allein erstere, fürcht' ich, hängt irgend¬
wie mit Krusinski's unter dem Titel tärich-i sajjäh ins Türkische
übersetzten Arbeit zusammen; was letztere anlangt, so balte ich
mich, da nicbt angegeben ist ob Tahmäsp 1. oder IL, mir das
Buch aber noch nicht zu Gesicht gekommen, einstweilen für be¬
rechtigt an fahmäsp II. zu denken und eine Verwechselung mit
des bekannten MunM's tärich-i Nädiri (GahänkuSä) oder desselben
Autor's Durrah für möglich zu erachten.
Einige Stadtgeschichten und 'InSä's scbliessen den Reigen der
prosaischen Quelienschriftsteller; es folgen die Dichter, vor allen
für 'Isma'il I. und Tahmäsp I. die schon von Frähn nach Gebühr
gewürdigte Chronogrammensammlung 'Ahli's von Öiräz; dann die
Epiker: für 'Isma'il I. Hätifi's Sähnäma (äusserst selten, weil un¬
vollendet), Qäsimi für 'Isma'il I. und Tahmäsp I., Säni Taqlu für
'Abbäs I. (Sprenger, cat. of the King of Oudh p. 564; von den
Werken Kamäli's, Sarifä Käsifs und Rafi' Wä'iz's ebd. p. 44. 91.
und 114 scheinen keine Copieen sich erhalten zu haben), für
Safi (I.) das in Cat. Hafn. von Mehren s. n. CXXXI angeführte
SahanSähnäma. Für all' diese Reimereien gilt durchaus das von
Sprenger Zeitschr. 24, 238 Bemerkte. Es mögen in englischen
Bibliotheken, sowie in Paris und vielleicht auch in Italien noch
mehr derartige Sachen sich finden; sie sind mir nicht bekannt
geworden. Ohne der Diwäne zeitgenössischer Dichter (die ich je¬
doch so weit ich ihrer habhaft werden kann sämmtlich zu durch¬
mustern gewillt bin) weiter zu gedenken, hebe icb noch die Tad-
kirats hervor, unter denen ausser 'Ali Häzin's Arbeit besonders
Sädiqi Bek's Magma'ul-chawäss für meinen Zweck von grösster
Wichtigkeit ist; vgl. Pertsch," die Türk. HSS. zu Gotha S. 139,
wo jedoch die Angabe, das Werk behandle nur die Dichter unter
•Abbäs II., unrichtig ist, wie aus dem Verzeichniss der Dichter
erhellt »).
1) Ob das 'Abbäsnäma Sädiqi's, aus welchem in dessen Magma' (s. Pertsch a. a. O.) und im Bahär-i 'aiam (bei Vull. s. v. II 646b) Matnawiverse angeführt sind,, ein episches Gediclit oder ein mit Versen verbrämtes Prosa¬
werk war, weiss ich jetzt nicht zu sagen. War dies etwa die von Riza Quli in seiner Rauzatu'l->afa-i Nasiri benutzte „histoire des Sefewy de Mirza Sadiq Isfahany, bibliotbecaire de Cliäli Abbas", s. Relation de l'amb. au Kharezm de Riza Qouly Khan tr. et aun. p. Schefer, intr. XX? Sädiqi Beg war Bibliothekar 'Abbäs' II., vgl. fähir Nasrabädi im Bahär-i 'agam bei Vull. s. v. uJL<ü , II 795 a. Lutfali im Ataskadah erwähnt jenes Werk Sädiqi's gar nicht.
94 Sendschreiben von Dr. Franz Teufel an Prof. Fleischer.
Dies sind die hauptsächlichsten ') persischen Quellen ; dass
ich die schon von Hammer benutzten türkischen sämmtlich selbst
vergleichen werde, versteht sich ebenso von selbst wie umfassende
Ausbeute der mittelasiatischen Autoren (möchte es Herrn St. R.
V. Weljaminow-Zernow doch endlich gefallen, das 'Abdu'llähnäma
an's Licht treten zu lassen!), der muhammadanisch-indischen , ar¬
menischen, georgischen, sowie der europäischen (Reise-) Litteratur und der Numismatik.
So mein Plan ; ob es mir gelingen wird, ihn in dieser Weise
auszuführen liegt in Gottes Hand; allein angesichts meiner un¬
endlich schwierigen Lage wage ich es kaum zu hoffen. Um der¬
artige Arbeiten glücklich zum Ziele führen zu können, bedarfs
entweder sehr günstiger äusserer Verhältnisse oder der tbeilnehmen¬
den Unterstützung von Seiten glücklicherer Pachgenossen. Jene
hat mir mein Geschick versagt; auf diese zu zählen verbietet mir
beinahe meine durch Lebens- und Bildungsga.ng geschaffene Isolirt¬
heit. Von früher Jugend brannte ich vor Verlangen nach gründ¬
licher Kenntniss des Orients, seiner Litteratur und Geschichte;
aber durch meine Verhältnisse ward ich gezwungen mich dem
Studium der altclassischen Philologie an einer kleinen süddeutschen Universität zu widmen, welche sich des heutzutage selten gewordenen
Vorzugs, einen Lehrstuhl für orientalische Sprachen nicht zu be¬
sitzen, rühmen darf; häusliches Unglück gestattete mir nicht, wie
ich geglaubt hatte hoffen zu dürfen, nach Beendigung meiner
Universitätsstudien noch einige Zeit lang unter der Leitung be¬
währter Meister mit den morgenländischen Sprachen mich zu be¬
schäftigen ; es bannte mich an einen Ort der mir für diese Studien
so gut wie keine Hilfsmittel bot, in eine Stellung die jenen Mangel
aus eigenen Mitteln zu ersetzen mir nur sehr ungenügend erlaubte.
Wenn ich trotzdem, ohne Lebrer und ohne hinlänglichen litterarischen
Apparat, den Wvmsch meines Lebens zu erreichen mich bestrebte,
wenn unter dem Druck stets sich steigernden Missgeschicks mein
Muth nicht wankte, so war's die Hoffnung, die mich aufrecht hielt,
der feste Glaube an die Möghchkeit, durch selbständige Porschung
der Wissenschaft mich dereinst nützlich zu erweisen. Aber schon
mein erster in dieser Hinsicbt imteniommener Versuch droht an
den oben berührten Klippen zu scheitern. Vor allem — abgesehn
von Pactoren welche vom Willen des Menschen nicht abhängen —,
bin ich in der gi'össten Sorge darüber, ob ich Zutritt zu einer
ganzen Reihe der wichtigsten Quellen je erlangen werde. Von den
Bibliotheken des europäischen Continents hoffe ich die betr. HSS.
zur Benutzung hierher zu erhalten, freilich unter ziemlieh em¬
pfindlichen Einschränkungen ; aber ich bin nicht verwöhnt. Anders
1) Volksbücher, wie das Jatiiniiäma-i Siili 'Abbäs in der Chanykov'schen Sammlung Mi'l. as. V. '240 No. 44 wären gewiss auch nicht unwichtig für die Culturgeschichte jener Zeit.
Sendschreihen. von Dr. Fruni Teufel an Prof. FleUcher. 95
verhält sich's mit England. An eine Reise dorthin ist für mich
nicht zu denken; von der Roy. Asiatic Society etwas geliehen zu
bekommen gibt's für mich auch keine Möglichkeit; das British
Museum aber wird nach den neuesten Erfahrungen schwerlich mebr
Lust haben das Risico auswärtiger Verleihung zu übernehmen,
und gält' es auch nur die Verleihung an eine auswärtige Biblio¬
thek. Das East India House und die Bodleiana, beide früher
wenigstens ihrer Liberalität halber bekannt, kommen für mich hier
insofern nicht in Betracht, als ein gedruckter Catalog der persischen
HSS. des ersteren bis jetzt gar nicht, der letzteren bei Uri nur
ganz ungenügend vorliegt, ich deshalb auch nicht wüsste was
ich, falls überhaupt etwas verschickt wird, verlangen könnte. In
Palmer's Verzeichnissen der Sammlungen des Trinity und King's
College zu Cambridge aber erinnere icb mich nicht für meine
Zwecke etwas erhebliches gefunden zu haben ausser etwa Kings
College 288 (cat. p. 16) eine versificierte Geschichte Sah 'Ismail's,
jedenfalls Qäsim's von Günäbätl Werk. So bleibt mir für den
Augenblick nur eine Hoflfnung : die, durcb Ihi-e Freundlichkeit zu
erfahren, ob hier überbaupt etwas zu machen ist; dann, welches
der geeignetste Ort, beziehungsweise die geeignetste Persönlichkeit
in England ist, mit einem Gesuche anzuklopfen. Ohne die in Eng¬
land befindlichen Quellen benutzt zu haben, könnte ich meine
Arbeit nimmermehr vollenden; die des British Museum allein sind
gradezu unentbehrlich.
Nun aber ist diese Arbeit, selbst wenn jene ei'sten Schwierig¬
keiten sämmtlich hinwegzuräumen glückte, bestenfalls erst in einer
Reihe von Jahren fertig zu bringen ; ich kann daher von dem
Wunsche nicht loskommen, zuerst irgend einen Schriftsteller aus
dem bezügl. Litteraturkreise zu veröffentlichen; ich würde bei der
Ausgabe einen gesäuberten Text, eine sorgfältige Uebersetzung.
Einleitung und Conunentar bieten, in welch' letzterem ich mit
umfänglicher Herbeiziehung der Litteratur alle sprachlicben und
sachlichen Schwierigkeiten behandeln, die Methode meiner Arbeit
darlegen und an einem Specimen zeigen könnte, was icb für Kritik
und Darstellung jener Geschichtsepoche zu leisten gesonnen und
im Stande sei. Allein das für eine solche Puhlication geeignete
Werk zu finden ist nicht leicht. Auszüge, wenn nicht eine Reihe
derselben zu einem einheitlichen Ganzen vereinigt wird, wie z. B.
im IV. Bd. von Dorn's »Quellen etc.' sind mir unsympathisch,
die wirklich bedeutenden Schriftwerke, wie z. B. Iskandar Munsi,
Hasan Rümlu u. a. zu umfangreich ; so dachte ich bald an 'Pähir
Wahid, dessen in Wien befindlicher Diwän (Fl. I, 599 sq., von
Flügel dort nicht mit Sicherheit bestimmt.) und in Leiden vor¬
handener, in Lakhnö litbogi'aphirter 'Insä mir Gelegenheit gegeben
hätten, mit einer Ausgabe des freilich nur formell geschätzten
Tärich dieses berühmten Stilisten (vgl. Critical essa}- on various
MSS. works, ar. & pers. Transl. by J. C. p. 28—29, auch im
96 Sendschreihen von Dr. Franz Teufel an Prof. Fleisclier.
Petersb. Cat. angef. , Haft 'Asman p. |.| — l.f) eine eingehende
quellenmässige Schilderung der zeitgenössischen Litteratur ') zu
verbinden, dann an Bigän's Biographie Rustam Chän's, an §äh
Tahmäsp' Autobiographie, aus der türkischen Litteratur an 'Ali's
Nusratnäma und §ädiqi's Tadkirat, welch' letzteres zu wählen ich
schwerlich anstehn würde, wenn mir noch eine andere HS. des¬
selben ausser der Gothaer bekaimt oder es räthlich wäre, ein der¬
artiges anthologisches Werk nach einer einzigen HS. zu veröffent¬
lichen, während auf die Originalwerke der behandelten Dichter
nur in den seltensten Fällen zurückzugebn möglich ist. Hier
wenn irgendwo wäre von Ihrer überlegenen Einsicht einen gütigen
Rath zu erhalten für mich von unschätzbarem Werthe.
In der Hoffnung durch meine Mittheilungen Ihre Geduld nicht
allzusehr ermüdet und einiges Interesse für meine Pläne bei Ihnen
en-egt zu haben verbleibe ich
Carlsmhe, Mai 1881.
hochachtungsvollst
Ihr ergebener Dr. F. Teufel,
Assistent der Gr. Hof- und Landesbibliotliek.
Zu Näsir Chusrau's Rüsanäinäma.
In Text u. Uebers. v. Prof. Dr.Eth^.
I.
Zeitschrift der DMG. Bd. 3.S, 044— BCi.
S. 652 V. 15 ^^öjj-s>- Lj|j_i> schreibe ^.i^y^^ v->tj_s.;
du bist nicht nur des Schlafens und Essens wegen da. Die
Verbindung dieser beiden Begriffe in solchem Zusaramenhang ist
eine stehende, vgl. RuSanäin. V. 336. 345. 346.
V. 22 ^ c>^_»_)!^t mir verdächtig, da ^ einen vernünftigen
Bezug nicht hat. Wäre nicht ^^yi>JiJi in der hier geforderten Be¬
deutung fast typisch und hätt' ich für die von Vull. I 25 b aus
dem Burhän angeführte causative Bedeutung von . Ju^! T grade
1) Bekanntlich ist grade diese Periode der neupersischen Litteratur, obwohl durchaus don Stempel des unaufhaltsam vorwärtsschreitenden Verfalls an sich tragend, insofern nicht ohne Bedeutung, weil in ihr die si'itische Theologie, deren Ausbildung zur officiellen Dogmatik und Jurisprudenz mit Tahmäsp I begann, mit Muliammad Bäqir den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreichte.