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Handwerk in Mittel- und Südosteuropa

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(eBook - Digi20-Retro)

Verlag Otto Sagner München ∙ Berlin ∙ Washington D.C.

Digitalisiert im Rahmen der Kooperation mit dem DFG-Projekt „Digi20“

der Bayerischen Staatsbibliothek, München. OCR-Bearbeitung und Erstellung des eBooks durch den Verlag Otto Sagner:

http://verlag.kubon-sagner.de

© bei Verlag Otto Sagner. Eine Verwertung oder Weitergabe der Texte und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages unzulässig.

«Verlag Otto Sagner» ist ein Imprint der Kubon & Sagner GmbH.

Klaus Roth (Hrsg.)

Handwerk in

Mittel- und Südosteuropa

Mobilität, Vermittlung und Wandel

im Handwerk des 18. bis 20. Jahrhunderts

Klaus Roth - 978-3-95479-697-7

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Heft 38

im Auftrag der Südosteuropa-Gesellschaft herausgegeben von Walter A lth a m m e r

Klaus Roth - 978-3-95479-697-7

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Handwerk in

Mittel- und Südosteuropa

Mobilität, Vermittlung und Wandel im Handwerk des 18. bis 20. Jahrhunderts

Herausgegeben von Klaus Roth

Im Selbstverlag der Südosteuropa-Gesellschaft

München 1987

Klaus Roth - 978-3-95479-697-7

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G edruckt mit U nterstützung des

Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und V erkehr und der

H andw erkskam m er für O berbayern

© 1987 b y Südosteuropa-Gesellschaft München Alle R echte Vorbehalten!

ISBN 3-925450-03-3

B a y e rle c h •

Staatebittiothek München

Gesamtherstellung: prograph gm bH , M ünchen

Klaus Roth - 978-3-95479-697-7

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Inhaltsverzeichnis

Klaus Roth

V o r w o r t ... 7 H erm ann Gross

Die Entwicklung des H andwerks in Südosteuropa unter mitteleuropä-

ischen und osmanischen Einflüssen ... 11 Michael Palairet

The Migrant W orkers of the Balkans and Their Villages

(18th C en tu ry — W orld W ar II) ... 23 Josef Ehmer

Die H erkunft der H andw erker in überregionalen städtischen Zentren:

Zürich, Wien und Zagreb zur Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s ... 47 O ttó Domonkos

Z ur W anderung ungarischer Gesellen im 19. J a h r h u n d e r t ... 69 Rainer S. Elkar

Schola migrationis. Überlegungen und Thesen zur neuzeitlichen Ge- schichte der Gesellenwanderungen aus der Perspektive quantitativer

U n t e r s u c h u n g e n ... 87 Bärbel K erkhoff Hader

Vermittlung von Handwerkstechniken und -formen am Beispiel des Töp-

ferhandwerks ... 109 Virginia Paskaleva

Die Entwicklung des H andw erks und die kulturelle Vermittlungsfunktion von H andw erkern bei der ״ Europäisierung“ Bulgariens im 19. Jahrhun-

dert ... 129 Horst Klusch

Interethnische Beziehungen und Vermittlungsprozesse im siebenbürgi-

sehen Töpferhandwerk des 19. Jahrhunderts ... 137 Fritz M arkmiller

Archivalische Quellen und ihre Interpretation zur Differenzierung des H andw erks in Niederbayern zwischen 30jährigem Krieg und Säkularisa-

tion ... 149 R u d o lf Weinhold

Sächsische und T hüringer K eram ikproduktion zwischen dem 18. und dem

Anfang des 20. Jahrhunderts — Konstanz und W a n d e l ... 173 Osman Okyar

Industrialisation and Handicrafts in the 19th C e n tu ry O tto m a n Em pire 183

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G ustav Otruba

H a n d w e rk und Industrialisierung in Österreich im 19. und am Beginn des

20. J a h r h u n d e r t s ... 195 Klaus Roth

Die Pflege alter H an d w erk e im heutigen B u lg arien ... 217 Peter N icki

Aufgaben und Ziele der Handwerkspflege in Bayern ... 231

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Vorwort

V om 19.—23. N ovem ber 1985 fand in München in den Räumen des Bayerischen Nationalm useum s ein interdisziplinäres Symposium zu m T hem a ״ H a n d w e rk in Mittel- und Südosteuropa im 18. bis 20. Ja h rh u n d e rt“ statt, das gemeinsam von der Südosteuropa-Gesellschaft, dem Bayerischen N ationalm useum u n d dem Institut für deutsche und vergleichende Volkskunde der Universität M ünchen veranstaltet wurde. Wirtschafts- und Sozialgeschichtler, N atio n alök o n o m en , Volkskundler, Handwerksforscher und Praktiker aus U ngarn, Rumänien, Bulga- rien, der Türkei, der D D R , aus Schottland, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland trugen ihre Forschungsergebnisse vor u n d diskutierten über Pro- bleme des historischen und des heutigen Handwerks; einige Kollegen aus süd- osteuropäischen Ländern kon n ten der Einladung zur Teilnahme bedauerlicher- weise nicht Folge leisten. Die während der Tagung gehaltenen 14 Referate sind in dem vorliegenden Band zusammengefaßt.

Ziel dieses bereits durch seine Themenstellung vergleichend angelegten Bandes ist es, gegen die noch verbreitete statische Sicht des H andw erks dessen M obilität als einen entscheidenden F ak to r zu behandeln. In den M ittelpunkt tritt damit zum einen — als Folge räumlicher Mobilität — die Vermittlungsfunktion des H an d w erk s zwischen Stadt und Land, zwischen verschiedenen Regionen, zwi- sehen Ländern und G roßräum en, wobei hier die Beziehungen zwischen Mittel- europa und der Balkanhalbinsel im Vordergrund stehen sollen; zum ändern ver- dient die schwierige, infolge der sozialen und geistigen Mobilität vielfach erfolg- reiche Anpassung des H andw erks an die durch die Industrialisierung veränderten Bedingungen Beachtung.

Beziehungen zwischen Mittel- und Südosteuropa sind im Bereich des Hand- werks — in unterschiedlicher Intensität — vom 12. bis zum 20. Jah rh un d ert nach- zuweisen. Vor allem deutschsprachige H andw erker und ihre Organisationen strahlten, wie H erm ann Gross in seinem einleitenden Beitrag zeigt, über U ngarn und Siebenbürgen aus auf die Balkanhalbinsel. Ihr Einfluß dort wurde jedoch seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert zurückgedrängt, als mit der osmanischen Herrschaft sich türkische H andw erke und Handwerksorganisationen mit wesentlich anderen Form en und Strukturen etablierten und für Jah rh u n d erte die Entw icklung des Handwerks vor allem in den Städten prägten. Erst im späten

18. und besonders im 19. Jahrhundert konnten sich — als Teil der ״ Europäisie- rung“ Südosteuropas — dort wieder mitteleuropäische und italienische Einflüsse durchsetzen.

Eine der Grundlagen des H andw erks war die Gesellenwanderung und die — meist wirtschaftlich erzwungene — Bereitschaft, sich tem porär oder auf D auer in der Fremde niederzulassen und eine W erkstatt zu eröffnen. Diese Mobilität der H and w erker war für die ökonomische, soziale und auch kulturelle Entwick- lung der Länder Mitteleuropas wie auch der Balkanhalbinsel von Bedeutung, wie Michael Palairet am Beispiel der südslawischen W anderhandwerker und R ainer 5. Elkar, O ttó Domonkos und Josef Ehmer am Beispiel der Gesellenwanderung bzw. der Mobilität von Lehrlingen, Gesellen und Meistern aufzeigen. A ufgrund

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mehrfacher Hinsicht: Sie brachten, wie Bärbel KerkhoffH ader am Beispiel der T öpfer zeigen kann, ihre Fertigkeiten und ihr technisches Wissen, ihre Arbeits- kraft und ihre Organisationsformen mit in andere Regionen; sie vermittelten, wie Horst Kluscb am Beispiel Siebenbürgens nachweist, kulturelle Techniken und F o rm e n von einer ethnischen G ru p p e in die andere; sie spielten, wie Virginia Paskaleva am bulgarischen Beispiel zeigt, eine entscheidende Rolle im nationalen Befreiungskampf und bei der ״ Europäisierung“ Südosteuropas; und sie vermittel*

ten schließlich zwischen städtischer und ländlicher Kultur, wie F ń tz Markmiller an niederbayerischen Archivquellen nachweisen kann.

Mobilität und Vermittlung zwischen Ländern, Regionen, Ethnien und Kultu- ren scheinen damit wichtige Charakteristika des einstigen H andw erks gewesen zu sein. Beide wurden eingeschränkt oder gelähmt durch das Vordringen der M anufakturen und vor allem der Industrie zuerst in Mitteleuropa und dann — seit dem späten 19. Jah rh u n d ert — auch in Südosteuropa und der Türkei. Dem Wandel des H andw erks und der Auseinandersetzung des H andw erks mit der vorrückenden Industrie widmen sich die Beiträge R u d o lf Weinbolds, Osman Oky- ars und Gustav Otrubas, wobei ihre Untersuchungen über Sachsen/Thüringen, die Türkei und Österreich deutlich machen, daß das düstere Bild vom Untergang des H andwerks infolge der Industrialisierung in wesentlichen P u nk ten korrigiert werden muß, denn der W ettbew erb zwischen beiden Wirtschaftszweigen hatte je nach Art und Anpassungsfähigkeit des einzelnen H andw erks und je nach den sozio-ökonomischen Bedingungen der Region oder des Landes durchaus unter- schiedliche Konsequenzen. Zahlreiche Handwerke paßten sich an die neuen Gegebenheiten flexibel an, neue H andw erke entstanden in größerer Zahl, wäh- rend andere H andw erke dem D ru ck der Industrie oder dem Wandel der Bedürf*

nisse zum O pfer fielen. Mit diesen untergehenden H andw erken verschwanden zahlreiche überkom m ene T echniken und Fertigkeiten — ein Verlust, der die Handwerkspflege auf den Plan rief. Ihr geht es, wie Klaus Roth am bulgarischen und Peter N icki am bayerischen Beispiel zeigen, weniger um die D okum entation als vielmehr um die praktische Wiederbelebung und F o rtfü h ru n g traditioneller Handwerke, wobei sich tro tz der erheblichen Unterschiede zwischen den Län- dern und Wirtschaftssystemen erstaunliche Parallelen in den Entwicklungsten- denzen und Problemen ergeben.

Mobilität, Vermittlung und Wandel im H andw erk sind somit die Schlüsselbe- griffe dieses Bandes und jeder der Beiträge leistet als exemplarische Studie etwas zu ihrer Klärung. Es versteht sich aber, daß bei einer so kleinen Tagung zahlrei- che Bereiche der Handwerksgeschichte und auch Länder ausgespart bleiben müs- sen.

Sowohl die D urchführung des Symposiums als auch die Drucklegung dieses Bandes wurde erst möglich durch die materielle U nterstützung von mehreren Seiten. D ank für die tatkräftige Hilfe bei der Gestaltung der Tagung gebührt an erster Stelle In g o lf Bauer vom Bayerischen Nationalmuseum, dem Präsidium der Südosteuropa-Gesellschaft, dem D A A D und dem Gesamtdeutschen Ministerium in Bonn sowie der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität München. Z u r Finanzierung dieses Bandes trugen neben der Südosteuropa-Ge-

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Vorwort 9 sellschaft das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und V erkehr sowie die H andw erkskam m er für O berbayern wesentlich bei; ihnen sei an dieser Stelle aus- drücklich gedankt.

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Die Entwicklung des Handwerks in Südosteuropa unter mitteleuropäischen und osmanischen Einflüssen

H erm ann Gross, München

Viel länger als in Mittel- und Westeuropa bildete in Südosteuropa die Landwirt- schaft mit der ihr verbundenen Hauswirtschaft die Grundlage des Wirtschafts- lebens. U n te r Südosteuropa verstehen wir — wie allgemein üblich — die Gebiete des alten Königreichs Ungarn, Rumänien und Jugoslawien, ferner Bulgarien, Albanien, Griechenland und die Türkei. Es handelt sich also um sieben Länder, die ethnisch, entwicklungsgeschichtlich, sozio-kulturell, zivilisatorisch und poli- tisch von jeher eine für diesen Teil Europas charakteristische besonders große Vielfalt aufgewiesen haben.

T rotzdem erkennen wir in Entwicklung und S tru k tu r des H andwerks gewisse gemeinsame Züge für diejenigen Gebiete Südosteuropas, die unter mitteleuropä- ischen und jene, die unter orientalisch-osmanischen Einflüssen jahrhundertelang gestanden haben, wobei die ungefähre G renze entlang der unteren D onau und Save verlief. Aufgabe der folgenden Ausführungen soll es sein, einen historischen Überblick über die Entwicklung des H andw erks in den beiden Einflußbereichen bis zu m Zweiten Weltkrieg zu geben. Dies ist n u r in einer stark verallgemeinern- den to u r d ’horizon möglich. Die Behandlung der speziellen Probleme des Hand- werks und seiner Lage in Mittel- und Südosteuropa bleibt den Beiträgen über die einzelnen Länder Vorbehalten.

In den südosteuropäischen Agrarländern bildeten ursprünglich das Hauswerk und das verlegte H eim w erk die wichtigsten gewerblichen Organisationsformen.

Die im wesentlichen auf Selbstversorgung ausgerichtete arbeitsteilige hausgenos- senschaftliche Lebens- und Betriebsgemeinschaft fand in der südslawischen und orientalischen Großfamilie eine günstige Existenzgrundlage. A m höchsten ent- wickelt waren das Hauswerk und verlegte H eim w erk in den bulgarischen Pro- vinzen des osmanischen Reiches.

Mit dem Eindringen neuzeitlicher Wirtschaftsformen und Industriegüter sowie der fortschreitenden Realteilung des Bodens bei starker Bevölkerungsvermeh- rung verschwindet in dem letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts diese patriar- chalische Form der Familienhauswirtschaft. N u r in den Gebirgsregionen und den verkehrsmäßig wenig erschlossenen Gegenden behält das Hauswerk noch eine gewisse soziale und wirtschaftliche Bedeutung.

Das Hauswerk, vor allem das häusliche Kunstgewerbe wurde zwar in den süd- osteuropäischen Ländern aus wirtschaftlichen und nationalen G ründen von staatlicher und auch privater Seite (z.B. Vereine) durch Errichtung von Lehr- Werkstätten und Abhaltung praktischer Kurse sowie U nterricht in den Schulen gefördert. Einen entscheidenden Einfluß auf die wirtschaftliche Stellung des Haus- und Heimwerks haben diese Bemühungen allerdings nicht gehabt, da die hausgewerblichen Erzeugnisse im m er m ehr durch billigere Industrieprodukte ersetzt wurden.

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W ährend es sich bei den hausgewerblichen Produktionszw eigen in Südosteu- ropa um uralte und bodenständige Kunstfertigkeiten handelte, ist die bandwerkli׳

che Produktion zum großen Teil fremden Ursprungs. Seine größte Entfaltung hat das H an d w erk im 17. und 18. Ja h rh u n d e rt erfahren, o h n e daß es allerdings eine annähernd gleiche städtebildende Kraft wie im übrigen E uropa erlangt hätte.

Eine Ausnahme hiervon machte das historische U ngarn, in dessen N o rd e n (Zips) und Südosten (Siebenbürgen) sich seit dem 12. Jh. und im Süden (Banat, Batschka und Baranya) sowie in der österreichischen B ukow ina im 18. Ja h rh u n d e rt Bau- ern, H an d w e rk e r und H ändler aus den deutschen Landen angesiedelt hatten. Sie sind mit ihren Städtegründungen und Zunftorganisationen eines leistungsfähigen H and w erk s auf die gesamte sozio-ökonomische E ntw icklung des nördlichen Südosteuropas von bestimmendem Einfluß gewesen. Wie sehr die ganze wirt- schaftliche und kulturelle E ntw icklung dieser Kultur- und Wirtschaftszentren des Südostens an der mittel- und westeuropäischen G esam tentw icklung teilhatte, zeigt die Tatsache, daß H a n d w e rk und H andel in den deutschen Städten Sieben- bürgens schon im 13. bis 15. Ja h rh u n d e rt ihre Glanz- und Blütezeit gehabt haben. Kronstädter H an d w e rk e r und Kaufleute beherrschten damals den süd- osteuropäischen M arkt zwischen Konstantinopel und Wien, N ü rn b e rg , Leipzig, Breslau. Siebenbürger Sachsen gründeten Städte in der Moldau und führten dort das H an d w erk ein; und Deutsche, die sogenannten ״ Sassen“ haben in der Haupt- sache die ungarischen und serbischen Bergwerke erschlossen. Diese deutschen Einflüsse sind während der T ürkenherrschaft in den besetzten Gebieten zurück- gedrängt worden und haben sich do rt erst im vorigen Ja h rh u n d e rt — allerdings n u r zum Teil — wieder durchsetzen können.

In den Städten Ungarns w ar das H a n d w e rk in Z ünften nach deutschen, teils nach italienischen Vorbildern organisiert. Seine E ntw icklung verlief, bis zur Ein- verleibung der Länder der ungarischen K rone in das österreichische Zollgebiet, ähnlich wie in Mitteleuropa. Zu Beginn der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhun- derts trat aber eine bedeutende Steigerung des Verkehrs und eine gewaltige Ver- schärfung des W ettbewerbs ein, dem das ungarische H a n d w e rk wehrlos gegenü- berstand. Fast gleichzeitig mit dem Wechsel aller materiellen Lebensbedingungen w urde die Gewerbefreiheit (1859) eingeführt, und der schützende Wall der Zunftgesetze und Handelsprivilegien brach viel unm ittelbarer zusammen als in den mitteleuropäischen Ländern.

D em technisch weit m ehr vervollkom m neten und kapitalkräftigeren deut- sehen und österreichischen W ettbew erb gegenüber war der ungarische Gewerbe- stand sehr im Nachteil und die P ro d u k te der vom Staat begünstigten österreichisch-böhmischen Industrie überschw em m ten U n g arn und Siebenbür- gen sowie den ganzen Balkan. D e r ungarische Staat versagte dem Gew erbe bis in die neunziger Jahre hinein eine durchgreifende U nterstützung; außerdem w urde es durch die Zollkriege der M onarchie mit R um änien (1886—1891) und Serbien (1906—1908), besonders in den G ren zp ro v in zen , aufs schwerste geschädigt.

U n te r diesen Umständen m u ßte das einst blühende H a n d w e rk in U ngarn all- mählich verküm m ern. Ein großer Teil der H a n d w e rk e r kehrte seinem Vaterland den Rücken und die A usw anderung aus U ngarn, die früher minimal war, nahm

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seit den achtziger Jahren des vorigen Jah rh u nd erts rapide zu. D urch die Auswan- derung gingen dem Land wertvolle Arbeitskräfte verloren und es entstand ein empfindlicher Arbeitsmangel, der sich auf die damals einsetzende Industrialisie- rung ungünstig auswirkte.

Erst auf G ru n d des Industrieförderungsgesetzes von 1899 fand in U ngarn eine systematische staatliche F ö rd eru ng des Kleingewerbes und seiner Genossenschaf- ten sowie des H an d w erk s statt. Diese A k tion, die in Verteilung von Maschinen und anderen Arbeitsbehelfen, in der E rrichtung gemeinsamer W erkstätten, in der Beteiligung des Kleingewerbes an den Submissionen des Staates und in einer Förderung des Bildungs- und Genossenschaftswesens bestand, hat sich im allge- meinen wohl bewährt; jedoch k o n n te sie sich wegen der beschränkten Mittel nur auf einen verhältnismäßig kleinen Teil von Betrieben erstrecken. Wegen des empfindlichen Mangels an gelernten gewerblichen Arbeitskräften wandte der ungarische Staat (seit 1892) auch dem gewerblichen U nterrichts wesen seine Auf- merksamkeit zu, das dadurch eine bemerkenswerte H ö h e erreichte.

Die wirtschaftliche Lage des H an d w erk s in U ngarn war allerdings bei der star- ken Uberbesetzung der einzelnen Handwerkszweige und bei der scharfen Kon- kurrenz der Fabrikate der auf einer beachtlichen H ö h e stehenden einheimischen Industrie sehr ungünstig. D er H and w erkerstan d zeigte darum auch nach dem Ersten Weltkrieg einen Rückgang. T ro tz d e m w ar das moderne H an d w e rk in Ungarn insgesamt viel stärker vertreten als etwa in den Balkanländern, w o die handwerkliche Entw icklung anders und ungünstiger verlaufen ist als im übrigen Europa.

In den unter der Osmanenherrschaft stehenden Gebieten der Balkanhalbinsel, die von der westlichen Welt weitgehend abgeschlossen waren, haben sich bis zur D onau herauf byzantinisch-orientalische Einflüsse auf die Entw icklung des H andw erks und seiner Organisation, den ״ esnaf“ , geltend gemacht und die frü- her dort bestehenden zunftähnlichen Organisationen verdrängt. Die osmanische Zunft- d.h. esnaf-Organisation ist aus den byzantinischen Organisationen u n ter Einfluß der arabischen Zunftorganisation der ״ taif“ und administrativen Maß- nahmen der Behörden gegenüber den verschiedenen H andw erkergruppen — ins- besondere in der Zeit Suleimans I. (1520—1566) — entstanden und hat sich mit den O sm anen über den Balkan verbreitet. Diese Zünfte unterscheiden sich von denen Mitteleuropas dadurch, daß das Bannmeilenrecht, die Wanderjahre und das Meisterstück als A u fn ah m ep rü fu n g fehlten. Sie waren juristische Personen mit eigener Gerichtsbarkeit. Die Zunftkasse war eine A rt Bank, deren Mittel an verschiedene Personen gegen Zinsen ausgeliehen wurden.

Z ur vollen Entfaltung kam das H a n d w e rk mit seinen esnaf-Organisationen in Konstantinopel und einigen Teilen Anatoliens sowie in den mohamedanisierten Gebieten der Balkanhalbinsel — Bosnien-Herzegowina und Teilen Makedoniens

— sowie in Bulgarien, das als ״ W erkstatt des O sm anenreichs“ eine Sonderstel- lung einnahm. Dagegen ist das einheimische H a n d w e rk in den meisten európai- sehen Regionen des Osmanenreichs zum großen Teil verküm m ert, da die Aus- übung der wichtigsten Gewerbezweige den Moslems Vorbehalten war. N u r auf den unter venezianischer Herrschaft stehenden Ionischen Inseln und in dalmati- nischen Städten gab es ein blühendes Gewerbe- und Zunftwesen.

Entwicklung des Handwerks in Südosteuropa 13

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W en n auch die osmanischen Beamten und Militärs die wichtigsten Kunden des H and w erk s in den europäischen Provinzen des O sm anenreichs waren, so wurde das gesamte Gewerbe durch die unzulängliche Verwaltung, die häufigen Epide- mien und die unsicheren innenpolitischen Verhältnisse zu r Zeit des fortschrei־

tenden Verfalls der Osm anenherrschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen.

In den rumänischen Fürstentümern, die mitteleuropäischen Einflüssen stärker zugänglich waren, konnte sich n u r auf dem Lande das nationale bäuerliche Gew erbe erhalten und zum L oh n w erk , teilweise auch zum selbständigen Hand- w erk weiterentwickeln. Die M ehrzahl der H andw erkszw eige ist von fremden H an d w e rk e rn gegründet w orden, die schon seit Ende des 18. Jah rh u n d erts dank besserer Ausbildung, größerer Anpassungsfähigkeit und g rößerer Kapitalstärke sich durchzusetzen begannen und zu r Europäisierung des Wirtschaftslebens bei- getragen haben. Beschleunigt w urde dieser P rozeß durch die Ö ffn u n g der Gren- zen der D onaufürstentüm er auf G ru n d des Friedens von Adrianopel von 1829• • (durch Abschaffung des Vorkaufsrechts des Osmanenreiches und Ö ffnung des Schwarzen Meeres und der D o n a u m ü n d u n g e n für den W eltverkehr) sowie durch die E inführung der Gewerbefreiheit 1834.

So entstand noch während der politischen Abhängigkeit der rumänischen Pro- vinzen von der H o h e n Pforte u n te r dem Einfluß der Deutschen, Österreicher u n d Ungarn im N orden und der A rm enier, Juden und Griechen im Süden und O sten des Landes ein neues, größtenteils aus Frem den bestehendes H andwerk, das die reichsten Erwerbsquellen in der H a n d hatte und in Z ünften organisiert war. N ach deren Auflösung (1873) trat eine allmähliche Nationalisierung des H and w erk s ein.

D er rumänische Staat hat dem H a n d w e rk keinen ausreichenden Schutz ange- deihen lassen. Erst das Industrieförderungsgesetz von 1912 gewährte auch den Handwerksorganisationen die gleichen Erleichterungen wie den Industrieunter־

nehmungen. Im Jahre 1920 w urde ein besonderes Arbeitsministerium errichtet für die Schaffung von Gesetzen, die eine zweckmäßige Organisation und den Schutz der gewerblichen Arbeit gewährleisten sollten. D e r Staat wandte sich aber auch in der Folgezeit in erster Linie der F örderung und dem Ausbau der Indu*

strie zu.

Ähnlich wie in Rumänien ist die handwerkliche E ntw icklung auch in Serbien verlaufen. D er junge serbische Staat versuchte zw ar schon früh, mit einer Anzahl von Gesetzen einen einheimischen H and w erk erstan d und eine leistungsfähige Handwerkerorganisation nach deutschem Vorbild zu schaffen; jedoch ist eine H eb u n g der gewerblichen Bildung und eine zweckmäßige Regelung der Konkur- renzverhältnisse innerhalb des berufsmäßigen H an d w e rk s nicht erreicht worden.

Beim Fehlen eines eigenen gut ausgebildeten H andw erkerstandes hat sich neben den von Bulgaren und Zinzaren ausgeübten Handw erkszw eigen nur ein von Deutschen, Österreichern und U ngarn eingeführtes H a n d w e rk entwickelt, das aber unter der K o n k u rre n z der europäischen Fabrikerzeugnisse, besonders seit der Erschließung des Landes durch Bahnbauten, keine größere Bedeutung gewinnen konnte.

In den seit 1878 unter österreichisch-ungarischer V erwaltung gestandenen Pro- vinzen Bosnien und Herzegowina war das einheimische H a n d w e rk und Kleinge-

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werbe wie auch die Hausindustrie durch die Ü berschw em m ung mit billigen Fabrikerzeugnissen aus der M onarchie schwer geschädigt worden. Erst unter dem Einfluß von Frem den und mit U n te rstü tz u n g der österreich-ungarischen Verwaltung k o n n te sich ein modernes H a n d w e rk neben dem alten orientali- sehen entwickeln.

In Griechenland ist das moderne H a n d w e rk nach der Befreiung von den Osma- nen durch H a n d w e rk e r aus Bayern — u n ter der Regierung König O tto s seit 1833 — sowie aus den Ionischen Inseln, von Italien und dem übrigen Ausland eingeführt worden. Das neuentstandene H a n d w e rk blieb rückständig, da die Zahl der unter- einander k o n ku rrieren d en H a n d w e rk e r in den verhältnismäßig wenigen Städten im m er m e h r anwuchs und sich seit den neunziger Jahren der W ettbew erb der bes- seren europäischen E infuhrw aren sehr fühlbar machte. Die schon früh u nternom - menen Versuche des H andw erks, durch Zusam m enschluß in Zünften seine Lage zu heben, sind vom griechischen Staat nicht unterstützt worden.

N eue Impulse erhielten das griechische H a n d w e rk und die Hausindustrie nach 1922 durch die kleinasiatischen Flüchtlinge. Allerdings w urden durch die einströ- menden H a n d w e rk e r die Existenzmöglichkeiten des Handwerkerstandes stark beengt und die K onkurrenzverhältnisse außerordentlich verschärft, so daß man- eher einheimische H andw erksbetrieb zugrunde ging.

In Bulgarien hat das alte, einst hochentwickelte einheimische H an d w e rk eine besondere E ntw icklung genom m en. Seine bemerkenswerte wirtschaftliche Blüte und der hohe Stand seiner P ro d u k tio n unter den O sm anen sind auf besondere wirtschaftliche und Bevölkerungsverhältnisse seiner Gebiete und auf deren spe- zielle F u n k tio n e n innerhalb des O sm anenreichs zurückzuführen.

In den Gebieten des Balkan- und des Rhodopengebirges sah sich die sehr dicht gewordene Bevölkerung zu Schaf- und Ziegenzucht, Gärtnerei und Holzschnit- zerei sowie zu anderen A rten von hausindustrieller und handwerksmäßiger Betä- tigung gezwungen. Das Weben von ״ A b a “׳ und feineren ״ Schajek“-Wollstoffen und die ״ G a ita n”■Spinnerei (Besatzschnüre für Volkstrachten) kon n ten sich auf G ru n d der günstigen örtlichen und ausländischen Absatzverhältnisse über den Hausbedarf hinaus entwickeln. Die an W äldern und Wasserkraft reichen Gebirge bargen in sich eine Fülle von Rohstoffen und Brennmaterial; die benachbarten Wiesentäler mit ihren zahlreichen Schafherden lieferten die nötige Wolle.

Verkehrsgeographisch im H erzen des damaligen Osmanenreiches gelegen, spielte Bulgarien mit seinem gepflegten Garten- und Gemüsebau, seiner ent- wickelten Hausindustrie und seinem blühenden in Zünften zusammengeschlos- senen H an d w e rk als landwirtschaftliches und vor allem gewerbliches Überschuß- gebiet für die Versorgung der M etropole und für die Belieferung des osmanischen Heeres eine sehr wichtige Rolle. D aru m hatten die fleißigen und tüchtigen bulga- rischen H an d w erk er, tr o tz ihres christlichen Glaubens, von den Sultanen beson- dere Privilegien hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Betätigung erhalten. N icht n u r in Konstantinopel, sondern auch in den übrigen Wirtschaftszentren und auf den Jah rm ärk ten des Osmanischen Reiches arbeiteten bulgarische H an d w erk er und waren die bulgarischen Erzeugnisse begehrt und geschätzt.

Diese günstige Stellung der bulgarischen Pro d u k te wurde durch den seit den siebziger Jahren des vorigen Jah rh u n d e rts eindringenden W ettbewerb európai-

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scher Industrieerzeugnisse erschüttert. Da aber die H au ptkonsum enten der hand*

werklichen Erzeugnisse die sehr konservativ eingestellte türkische Bevölkerung war, wurden die meisten H an d w erk er und Hausindustriellen nicht zum Uber*

gang zu einer vollkom m eneren Betriebsform gezwungen. Dies sollte sich nach der Befreiung Donaubulgariens von den O smanen bitter rächen. D enn nun gin*

gen dem bulgarischen Gewerbefleiß seine H auptabnehm er verloren; gleichzeitig begannen die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung (Beamtenschaft, Militär und andere Intelligenz) sich zu verfeinern und die modernen ausländischen Fabriker*

Zeugnisse wurden in steigendem Maße den gröberen inländischen vorgezogen.

Der Absatz der bulgarischen Produkte im Osmanenreich wurde nach der Grün- dung des Fürstentums durch den n u n m e h r von der H o h e n Pforte auch auf bulgari- sehe Erzeugnisse erhobenen Wertzoll (von 8%) allmählich unterbunden. Verderb- lieh wirkte sich für einige bulgarische H andw erke und Hausindustrien besonders der Wegfall der großen Lieferungen an das osmanische Heer aus. Auch Rumänien und Serbien, die früher bulgarische Erzeugnisse (besonders Gaitan-Schnüre) einge- führt hatten, versuchten, ihre eigene Wollindustrie zu fördern und begannen, sich gegen den Im port abzusperren. Bosnien und die Herzegowina gingen mit der österreich-ungarischen O k k u p a tio n als Absatzmarkt auch verloren.

Der Verlust der Absatzmärkte im In* und Ausland und die mit dem Ausbau der Verkehrsmittel wachsende K o n k u rren z europäischer Fabrikate sowie das Aufkom m en von G roßbetrieben in Bulgarien selber haben zum Verfall des H andwerks und zum Sprengen der Zunftverfassung geführt. F ü r seine Erhaltung oder gar Förderung hat die Regierung wenig getan, da sie ihre ganze A u fm erk ־ samkeit auf die Lösung und Regelung politischer Fragen und auf die Herstellung einer gesicherten R echtsordnung konzentrieren mußte. Erst das Gesetz von 1910 brachte eine gesündere und zweckentsprechendere Regelung der Handwerker- frage. Das Industrieförderungsgesetz von 1928 endlich gewährte den Handwer- kergenossenschaften beim gemeinsamen Bezug der Materialien die gleichen Vor- züge wie den industriellen U nternehm en.

Im Gegensatz zu Bulgarien bestand in Anatolien das einheimische H andw erk zum großen Teil aus Andersnationalen. Es hatte bis zum Eindringen der európai- sehen Fabrikware eine beherrschende Stellung und führte seine Produkte zum Teil sogar nach Europa aus (z.B. Mohairerzeugnisse aus Angorawolle).

Durch die zollpolitische O h n m a c h t des Osmanenreiches auf G ru n d der Kapi- tulationen war das Gew erbe insbesondere in den Hafenstädten den billigeren Erzeugnissen der europäischen Massenindustrie schutzlos preisgegeben, und da eine Umstellung des H an d w erk s wegen Kapitalmangels und der Unfähigkeit zu einer inneren W andlung und Loslösung vom Althergebrachten nicht erfolgte, büßte es seine Existenzgrundlage zum großen Teil ein.

Dagegen konnte sich in den wenig erschlossenen Gebieten im Innern des Lan- des das einheimische H an d w e rk zusammen mit der Hausindustrie auf G ru n d standortmäßiger Vorteile, niedriger Arbeitskosten und des großen Fleißes der Haus- und H an d w erk er zum großen Teil erhalten; so vor allem die Stickerei, Weberei, Töpferei, Schusterei und Sattlerei sowie die Gold- und Silberschmiede- kunst, die mehr im kunstgewerblichen Sinne als zu reinen Gebrauchszwecken betrieben wurden.

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D u rc h die D eportation der A rm enier im Ersten Weltkrieg sowie die Flucht und den A bzug der Griechen während und nach dem türkischen Befreiungs- k am p f 1922 sind dem Land zahlreiche wertvolle H andw erkskräfte verloren gegangen. Jedoch sind dadurch der Türkei bei ihrem damaligen niedrigen w in - schaftlichen Entwicklungsstand keine nachhaltigen Schäden auf die D auer ent- standen. In der Folgezeit wurden die armenischen und griechischen Handwer- ker durch aus Griechenland und Bulgarien — auf G ru n d des Bevölkerungs- austausches — rückgesiedelte T ürken, sog. muhacirs, sowie durch Einheimische längst ersetzt und hat sich eine neue Generation von modernen H an d w erk ern gebildet.

Die bemerkenswerte volkswirtschaftliche Entwicklung der Türkischen Repu- blik durch Mechanisierung der Landwirtschaft, Motorisierung des Verkehrswe- sens, fonschreitende Industrialisierung und Elektrifizierung hat zum Entstehen neuer Handwerkszweige wesentlich beigetragen. Tüchtige unternehmungsfreu- dige Arbeiter, die zunächst in Fabriken als Angelernte tätig waren und dort zu Fachkräften aufgestiegen sind, haben sich öfter durch G rü n d u n g eigener Werk- Stätten, zumeist Reparatur- und Mechanikerbetriebe, selbständig gemacht. In die- sen Fällen erfolgte also eine U m k e h ru n g des historischen Entwicklungsganges, nämlich vom H an d w erk zur M anufaktur und schließlich zur Fabrik, indem nun- m e h r die Fabrik zur Ausbildungsstätte und zum Lieferanten m oderner Hand- w erk er wurde. Diesen Vorgang finden wir insbesondere in Entwicklungslän- dern. E r ist der Beweis, daß auch die Industrie auf ein leistungsfähigeres Hand- w erk angewiesen ist, d.h. daß sich Industrie und H andw erk in ihrer Entwicklung gegenseitig bedingen. Aus dieser Erkenntnis haben inzwischen auch die sozialisti- sehen Staaten in ihrer Wirtschaftspolitik gegenüber dem H andw erk Konsequen- zen zu ziehen begonnen.

In Istanbul haben sich diejenigen Handwerkszweige, die sich auch in der kapi- talistischen Wirtschaft behaupten können, erhalten; sie sind noch größtenteils (etwa zwei D rittel der Gewerbetreibenden) in den esnaf-Verbänden organisiert.

Diese Organisationen haben hie und da schon angefangen, in genossenschaftli- eher F o rm gemeinsam Maschinen anzuschaffen und moderne genossenschaftlich organisierte Industriebetriebe zu errichten. Damit ist ganz allgemein der Weg gewiesen, den das H andw erk auch in Südosteuropa gehen sollte, um im Kampf gegen die inländischen wie ausländischen Fabrikerzeugnisse bestehen zu können.

Genossenschaftliche Organisationen mit Verbandsbildungen und Zentralstel- len haben sich in Bulgarien und Ungarn, in geringem Ausmaß in Rumänien, Jugoslawien, Griechenland und der Türkei entwickelt. Auf ihre Bedeutung, die von Land zu Land recht verschieden ist, müßte in einem eigenen Beitrag einge- gangen werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß im letzten Drittel des vorigen Jahrhun- derts dem H an d w e rk in Südosteuropa seine frühere Stellung als der die breite Volksmasse neben der Landwirtschaft erhaltende Produktionszweig größtenteils verloren gegangen ist. Ähnlich wie in der westlichen Welt, hat auch das südosteu- ropäische H an d w e rk die Herstellung von Massenartikeln an die Industrie des In- und Auslands abgegeben und sich auf die Deckung des individuellen und örtlich gebundenen Bedarfs sowie auf Reparaturarbeiten beschränken müssen.

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Bevölkerungspolitisch bedeutete diese Entwicklung, daß der H andw erkerstand nicht n u r nicht in der Lage war, seine zahlenmäßige H ö h e zu halten, sondern daß durch seinen Niedergang auch zahlreiche Existenzen ihre Lebensgrundlage verloren haben. Da der Verfall des H andw erks mit der Entstehung der fabrikmä- ßigen P ro d u k tio n im Südosten zeitlich im allgemeinen nicht zusammenfiel, m u ß te ein großer Teil der brotlos gewordenen H an d w erk er entweder auswan- dern oder zugrunde gehen. N u r in wenigen Teilen Südosteuropas, hauptsächlich in U n g arn und vereinzelt in Bulgarien, kon n ten sich Teile des H andw erks aus eigener Kraft und mit heimischem Kapital zur Fabrikindustrie entwickeln; es w aren dies vor allem Textil-, Leder-, Holzverarbeitungs-, Maschinen- und Seifen- fabriken.

Somit machte sich seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts außer von der Land- Wirtschaft auch von dem Niedergang des alten Gewerbestandes her ein verstärk- te r Bevölkerungsdruck in den südosteuropäischen Ländern geltend.

Erschw ert wurde die Lage des H andw erks durch seine Zersplitterung, die man- gelhafte fachliche Ausbildung und die Vernachlässigung durch den Staat, der sein H au p tau gen m erk auf eine möglichst schnelle Entwicklung der Industrie konzen- trierte. O b w o h l sich die Regierungen aller südosteuropäischen Staaten nach der Ja h rh u n d ertw en d e um die Förderung der gewerblichen Ausbildung m ehr oder weniger bem ühten, blieb diese doch ungenügend und wenig effizient. Außerdem aber kam das Bestehen einer auch größeren Zahl von gewerblichen Schulen dem G ew erbestand selbst vielfach nicht zugute, da ein Großteil der Absolventen ihre Fachausbildung nicht in der Ausübung eines Gewerbes anwendete. Vielmehr versuchten sie, bei dem allen Balkanvölkern eigenen Drang zur Beamtenstellung .möglichst im Staatsdienst unterzukom m en; das gleiche galt und gilt zum großen Teil auch für die Absolventen der technischen und landwirtschaftlichen Schulen und Hochschulen.

Als Fazit ergibt sich, daß auch in Südosteuropa n u r ein allgemein und tech- nisch gut ausgebildetes und durch Genossenschaften finanziell sowie m arktm äßig gekräftigtes H andw erk von der steigenden Verwendungsmöglichkeit des Klein- m otors und mechanischer Hilfsmittel Gebrauch machen und seine Stellung gegenüber der Fabrikindustrie behaupten und stärken sowie der einheimischen Industrie die in zunehm endem Maße erforderlichen gelernten Arbeitskräfte zur Verfügung stellen kann. D arum m üßte es die Aufgabe aller Staaten, insbesondere aber der noch verhältnismäßig wenig ausgereiften Volkswirtschaften sein, alles ihnen mögliche zur Ausbildung und Erhaltung eines leistungsfähigen Hand- werks zu tun.

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The Migrant Workers of the Balkans and their Villages (18th Century — World War II)

Michael Palairet, Edinburgh

T h ro u g h o u t the nineteenth century, about four fifths of Balkan households engaged in subsistence farming. But even subsistence farmers need cash and as population rose, surpluses of livestock, the traditional source of money income, diminished relatively. So most peasant properties augmented their cash incomes by the sale of grain, wine or truck crops. But migrant w o rk o r cottage industry frequently provided an alternative source of money income in villages w here it was difficult to produce crop surpluses or to market them. T h ro u g h o u t the Balkans there were settlements whence a sizeable p ro p o rtio n of the able bodied m anpow er spent their working lives in periodic labour migration, leaving the w om en and the aged to tend the farms. In the Yugoslav lands periodic migrants were called pecalbars, and in Bulgaria, by their occupational designations1. Ob- viously, many pecalbar villages were located in m ountain country, but as popula- tion grew, so periodic migration spread into lowland villages which were never- theless becoming excessively populous. Such villages were especially likely to send out pecalbars if they lay within easy reach of active labour markets. Con- versely, many mountain areas failed to send out labour migrants, because demographic pressures were contained by other means, o r because the local cultural milieu inhibited a positive response to immiseration2.

There were clear regional concentrations of pecalbar villages, making it possi- ble to speak of a continuous pecalbar belt which in the late 19th century extended from the western borderlands of Bulgaria and the adjacent regions of southeast Serbia to the west and south through O ld Serbia (Kosovo), the Macedonian vilayets and the Pindus. O th e r significant concentrations of pecalbar villages were to be found in central Bulgaria, particularly in the okrag of Veliko T ãrn o v o , in the Stara Pianina and Sredna Gora, and in the Rhodope, especially to the n o rth of Komotini. In Bosnia there was less com m itm ent to migrant w o rk , but substantial numbers of migrant workers from the Hercegovina engaged in miscellaneous trades in the western Balkans3.

There is no satisfactory way of establishing by how much pecalbar activity ex- panded during the nineteenth century. Most authors assume there was rapid ex- pansion from the 1890s onward, but it is probable that they underestimate the extent to which the phenom enon had already developed. It is clear from

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1 The term gãrbetcija is occasionally employed.

2 See M .R . Palairet: The C u ltu re o f Econom ic Stagnation in M ontenegro. In: The M a ryla n d H isto ria n , 1986.

3 Jevto Dedijer: Hercegovina. Antropogeografske studije. In: Naselja srpskih zemalja V I (Belgrade 1909) 6 3 -6 6 .

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qualitative evidence that periodic migration was practiced on a significant scale in the later eighteenth century, and th at by the mid nineteenth century it was becoming a mass phenom enon. At this time C onstantinople acted as a magnet which drew in many migrants from coastal Croatia, Dalmatia and M ontenegro4, and Bulgaria. In 1863, some 32,550 Bulgarians were w orking in the city and its immediate environs5. It was long to remain open as a high-pay labour market for pecalbar^. There were also the beginnings of a n o rth w a rd drift towards Romania and Serbia, and by the early 1860s, Serbia received an annual inflow of 5,000 migrant workers from the T u rk ish provinces7. By 1872 their num ber may have risen to 80,ООО8, th o u g h this estimate is probably exaggerated. Subse- quently, Serbia declined as a labour m arket for foreign pecalbars, and the flow of them diverted itself first to R om ania and (in the 1880s) to Bulgaria as well9.

Various authors provide regional data o n pecalbar num bers in 1911 and 1913, and with the caveat that most of it is unverifiable, we can compose an estimate of the scale of pecalbar activity at this time. T h e territories annexed from the Ot- tom an Empire by Serbia in Macedonia and O ld Serbia probably sent o u t 92,800 pecalbars10 w ho would have comprised about 27 percent of the male labour force.

Most came from the m ountainous west of Macedonia, from villages and towns alike, especially from the kazas of T etovo and Debar, where pecalbar activity oc־

cupied 66 percent and 69 percent o f the m a n p o w e r11. N o t surprisingly, in this region the earnings of migrant labour had a greater effect than the proceeds of the harvest on the local cash e c o n o m y 12. This n u m b e r seems, however, to have been more o r less stable since 1889, since in that year the n u m b e r of pecalbars

4 D jo rd jc D . Pejovié: Iseljavanja crnogoraca и x ix vijeku. T ito g ra d 1962, pp. 103— 9.

5 N . Načov: Carigrad kato ku ltu re n centãr na bãlgarite do 1877 g. In : S b o rn ik B A N 19 (1925) 176.

6 See examples, Agram er Tagblatt X X I I (1912) 74; M iliv o je M . Savie: Zanati i industrija и prisajedin- jenim oblastima i zanati и starim granicama kraljevine Srbije. Belgrade 1914, p. 210.

7 Report o f Consul-General L o n g w o rth on the Trade o f Servia in the Year 1863, (C. 3478 o f 1865) p. 239, Pari. Papers 1865 L III.

* Paris. A rch ive des Affaires Etrangers, Correspondance C om m erciale et Consulaire, Belgrade, tome 5, fo 50, 30 Dec. 1872.

9 V. Angelov: Buržoazijata i emigracijata. In: N o v o vreme X V I I (P lo vd iv 1914) 557.

10 Estimate based on a list fo r Macedonia in D u ško H . K onsta n tin o v: Pecalbarstvo. B itola 1964, p.

90, plus 2,000 pecalbars fro m Pčinja (Preševo) see M .M . Savié: Zanati i industrija, p. 110. Konstan- tin o v ’s figures appear to derive fro m tw o estimates in Savié, pp. 275— 82 and in D . Iaranoff: La Macédoine économique. Sofia 1931, p. 134. F o r Kosovo we have used Rastko S. Purić: R abotnički jug. Skoplje 1937, pp. 116— 7 prorated upwards in p ro p o rtio n to the in te rw a r reduction in numbers disclosed by com paring the K o n sta n tin o v figures w ith those given fo r the Macedonian okrãgs in Purić.

11 T a kin g the 1914 population o f these te rrito rie s at 1,496,000, and extrapolating a 0.66 percent an- nual increase backward to 1900. M a rv in Jackson: C o m p a rin g the Balkan Dem ographic Experience, 1860 to 1970. In: Journal o f European E conom ic H is to ry X II (1985) 241,288. F o r the individual provinces, estimated pecalbar num bers are compared w ith the p o pulation statistics fo r Macedonia fo r 1894/5 in Vasil Kančov: Izb ra n i proizvedenija II. Sofia 1970, pp. 581— 3, dated on pp. 436— 7.

12 Izveštaj b ito ljsko g konsulata о p riv re d i, trg o v in i i saobračaju и b ito ljs k o m vilajetu za 1894tu godini. In: Srpske novine 11 Feb. 1895, 158.

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leaving the vilayet of M onastir (Bitola) was put at 30,ООО13 while the same ter- ritory sent o u t 33,200 in 1911/13.

The n o rth w ard extension of the pecalbar belt into the okrugs of Vranje, Pirot and T im o k in southeast Serbia included about 53,400 m igrants14 or about 45 per- cent of their m anpow er on the basis of the 1900 census15. In 1892, the adjacent Trãn okrãg of Bulgaria supplied a fu rth er 3,574 pecalbars, mainly builders, or about 19 percent of its m a n p o w e r16. F o r the southern extension of the belt into present day Greece we lack numerical data. T he o th e r major pecalbar zone in the okolijas of G. Orjahovica, Elena and V. T ãrn o v o in n o rth central Bulgaria sent out 11,960 migrants in 190017, mainly as m arket gardeners, a figure which then rose steadily to a peak of 21,620 by 190918. D uring the interwar years, increased political stability in Macedonia, land reform, economic depression and the nostrification of labour markets reduced the volum e of migrant labour activity19.

Southern Yugoslavia (including Serbia’s pre-1913 territory) is estimated to have sent o u t an annual average of 50,095 pecalbars in 1920—3520. The supply was potentially much greater, for in times of serious unem ploym ent, many would be discouraged from seeking w o rk, so during the economic upswing of the late

1930s, numbers may have returned to around 100,ООО21.

The Migrant Workers o f the Balkan and Their Villages 25

Pecalbar occupational structure

Konstantinov claims that some 45 percent of pecalbars from Yugoslav Macedonia worked as general labourers, in farm w o rk , road mending and factory labour.

This is probably an overestimate since farm labouring was not a characteristic occupation am ong pecalbars from Macedonia. According to the same writer, the building trade occupied 35 percent, while 20 percent engaged in various commer- cial, artizanal and catering activities22. East Serbia’s pecalbars engaged mainly in building and ceramic w o rk , as did those of west Bulgaria. Building workers also came to Serbia from Osata in eastern Bosnia, th o ug h in diminishing numbers23,

13 Repon fo r the Year 1889 on the Trade o f the C onsular D is tric t o f Salonica, p. 23, P.P. 1890— 91, L X X X V III.

14 M y estimate based on D ju ra Z la tk o v ié -M ilié : Z ia vremena. M onogrāfijā Lužnice (1876— 1945).

Babušnica 1967, p. 104 and o th e r data.

15 Assuming m anpow er at 25 percent o f population.

16 Izloženie za sãstojanieto na T rā n s k o to okražie prez 1891— 1892 g. Sumen 1892, p. 48— 9.

,י H r. St. H in k o v : Statističeski svedenija o tn o site ln o stranstvujuštite gradinari ot Tam ovskija okrág.

In: Spisanie na Bälgarskoto ikonom ičesko družestvo V II (1903) 1— 2, pp. 91-2, n .l.

18 Izloženie za sãstojanieto na T ã rn o vsko to okražie prez 1908— 1909 g. V. T ã rn o vo 1909, p. 31.

19 Petar S. Jovanovié: Poreče. In: Naselja i p o re k lo stanovništva X X V I I I (Belgrade 1935) 287.

20 Purić: R abotnički jug, p. 117.

21 Rastko S. Purić: A naliza sastava radnistva i radnog tržista južne Srbije. In: Socijalni A rh iv V (1939) p. 140.

22 Konstantinov: Pcčalbarstvo, p. 30.

23 L ju b o m ir Pavlovié: K olubara i Podgorina. Belgrad 1907, p. 423; V la d im ir Karić: Srbija. O pis zemi- je. Belgrade 1887, p. 416; M. D j. M ilicevié: Kneževina Srbija. Belgrade 1876, p. 116.

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