Stellungnahmen
28 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 12-2012
Unternehmen haben durch ihre Tätigkei
ten einen Einfluss auf Biodiversität und Ökosysteme. Sie sind ihrerseits abhängig von Naturprodukten wie Pflanzen, Wasser und Boden sowie Ökosystemdienstleistun
gen wie Bestäubung, Wasserreinigung, Über
flutungs/Klimaregulierung, Bodenbildung und Nährstoffrecycling. Geschwächte Öko
systeme stellen deshalb direkte Risiken dar.
Unternehmen sollten entsprechend moti
viert sein, schädigende Praktiken zu ändern.
Wachsendes Umwelt- und Sozial- bewusstsein von Unternehmen
Das wachsende Bewusstsein für diese Zu
sammenhänge und Abhängigkeiten führt viele Unternehmen dazu, ihre Risiken neu zu beurteilen und zu managen. Etliche Unter
nehmen ergreifen Gegenmassnahmen, um den von ihnen ausgehenden Druck auf die Biodiversität zu mindern und entwickeln präventive Nachhaltigkeitsansätze. Der nächste Schritt wäre nun, die Praktiken so zu gestalten, dass sie die Biodiversität fördern und einen Mehrwert für die ansässige Bevöl
kerung schaffen. Dies ist denn auch das Hauptziel der Zusammenarbeit der Interna- tional Union for Conservation of Nature (IUCN) mit der Privatwirtschaft. Zu diesem Zweck fördert und unterstützt IUCN die Entwicklung von Zulieferketten mit entspre
chenden Nachhaltigkeitsstandards und Schutzmechanismen.
Freiwillige private Standards sind Leit
linien, die in verschiedenen Prozessen der Zulieferkette eines Guts oder einer Dienst
leistung Anwendung finden und ein Moni
toring und Evaluationssystem beinhalten.
Standards sind wichtig, um unabhängig überprüfte Nachhaltigkeitspraktiken zu ent
wickeln und zu definieren. Sie sind auch ein erster Meilenstein auf dem Weg zur Interna
lisierung von Biodiversitäts und Sozialkos
ten in die Wirtschaft. Die IUCN bietet Un
terstützung für Unternehmen, welche eigene Standards entwickeln, indem sie sicherstellt, dass sie auf dem neusten Wissensstand ba
sieren und durch einen breiten Kreis von Stakeholdern abgestützt sind. Zur Imple
mentierung von freiwilligen privaten Stan
dards bieten sich Public Private Partnerships (PPP) an.
Am Beispiel des Allanblackia-Projekts lernen
Ein gutes Beispiel für PPP ist das 2002 vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gegründete Allanblackia-Projekt. In Ghana und Tansania wird aus den Samen der Allan
blackiaPflanze traditionelles Öl zum Ko
chen oder für Seife gewonnen. Die Bäume wachsen in biodiversitätsreichen Gegenden, die jedoch oft von grosser Armut betroffen sind. Der Bedarf an lokalen Walderzeugnis
sen ist entsprechend hoch. Mit der Schaffung eines Marktes für das Öl wurde ein lokales Biodiversitäts und Walderzeugnis in Wert gesetzt, das ansonsten gerodet und für Feuer
holz verwendet würde.
Um ein Programm zur Aufwertung der nationalen AllanblackiaÖlProduktion zu unterstützen, wurde die Novella Africa Inita- tive ins Leben gerufen. Die Vision dieses PPP, das unter anderem das Seco, IUCN, Unilever und lokale Unternehmen vereint, ist es, eine nachhaltige Zulieferkette zu schaffen, welche durch die Retablierung von Waldlandschaf
ten die Basis der lokalen Wirtschaft stärkt.
Nach dem Aufbau der Zulieferkette wurde eine Partnerschaft mit der Union of Ethical Bio Trade (UEBT) eingegangen. Ihre Rolle im Projekt war es, ein Konzept der Marktdiffe
renzierung zu entwerfen und bei der Ent
wicklung eines Standards zur nachhaltigen AllanblackiaProduktion mitzuwirken. Als Gewerkschaft war es zudem ihr Anliegen, die Befähigung der Stakeholder auf allen Ebenen zu verbessern. Die nachhaltige Anwendung von Standards verlangt fast immer eine zu
sätzliche Schulung der Akteure.
Der UETBStandard mit seinem Sourcing with Respect-Ansatz ist heute fest etabliert.
Die beteiligten Unternehmen haben sich ver
pflichtet, bei ihren Beschaffungen auf die Be
wahrung der Biodiversität zu achten, traditi
onelles Wissen zu respektieren und die gerechte Aufteilung der Erträge sicherzustel
len. Die nächste Herausforderung wird darin bestehen, den Standard der wachsenden AllanblackiaProduktion anzupassen, um die Nachhaltigkeit über allen Stufen der Zulie
ferkette hinweg sichern zu können. m
Freiwillige private Standards: Eine Chance zur Integration von Biodiversität und sozialen Aspekten in die Zulieferkette
Freiwillige private Standards sind wichtig, weil sie zur Definition eines nachhaltigen Managements beitragen. Gleichzeitig zeigen sie auf, wie gute Praktiken zu Biodi- versitätsschutz und Benefit- Sharing-Mechanismen in die Zu- lieferkette integriert werden können. Entscheidend für die Durchsetzung der Standards ist, dass sie auf dem neuesten wis- senschaftlichen Stand sindn und einer unabhängigen Kontrolle unterliegen. Wichtig ist zudem, dass die Befähigung der für die Implementierung der nachhalti- gen Praktiken zuständigen Perso- nen im Rahmen eines Capacity- Building- und/oder -Training- Prozesses laufend gestärkt wird.
Ein Beispiel der Anwendung frei- williger privater Standards in der Praxis sind die Bemühungen der IUCN und ihrer Partner zur nach- haltigen Produktion von Allanbla- ckia-Öl in afrikanischen Ländern.
Pauline Buffle Programme Officer, Global Forests and Cli- mate Change Programme, International Union for Conservation of Nature IUCN, Gland