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Europäisches Privatrecht
Wintersemester 2017/18
Prof. Dr. Oliver L. Knöfel
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Datum 17.11.17
6. Termin: Leistungsstörungsrecht (Schadensersatz, Zahlungsverzug)
Übersicht
I. Erkenntnisinteressen
II. Relevante Normenmassen III. Allgemeines
IV. Einzelne Sachbereiche 1. Panorama
2. Kaufvertragsrecht 3. Reisevertragsrecht
4. Beförderungsverträge: Passagierrechte
V. Synthese
I. Erkenntnisinteressen
Welche Schadensersatzansprüche gibt (Verordnungen, Konventionen) oder verlangt (Richtlinien) das Unionsrecht?
Anwendungs- oder Umsetzungspflicht
Ständiger Veränderungs-/Innovationsdruck auf das nationale Sachrecht
Gibt es den Europäischen Schadensersatz-
anspruch aus Vertrag, welche Voraussetzungen
hat er?
II. Relevante Normenmassen
Unionsprivat- recht
Europ.
Konventions- privatrecht
„Professoren- recht“
Gemeineurop.
Privatrecht
EuPR
Geltendes Recht
Wissenschaftliche Projekte DCFR
Verordnungen Passagierrechte
PECL
MÜ Richtlinien
Verbrauchsgüter- kauf
Pauschalreise CESL (Artt. 159-
165) Art. 340
Abs. 1 AEUV
Study Group (PEL)
Acquis
Group
III. Allgemeines
Gemeineuropäische Grundlagen
Identifikation eines gemeinsamen Erbes (ius commune) im schadensersatzrechtlichen Bereich
Römisches Recht: Kein allgemeiner Begriff des Schadensersatzes
Restitutionslehre der spanischen Spätscholastik
(15./16. Jh.): Totalreparation (restitutio in
integrum), Bereicherungsverbot
III. Allgemeines
Primärrecht
Art. 340 Abs. 1 AEUV: Vertragliche Haftung der Union
→ Prägekraft bisher gering!
Unionsrechtliche Prinzipien
Äquivalenzprinzip (Nichtdiskriminierungsgebot)
Effektivitätsprinzip (effet utile, Vereitelungsverbot)
Mindestumfang liquidierbaren Schadens: damnum emergens – lucrum cessans – Zinsen;
Bereicherungsverbot (EuGH 13.7.2006, verb. Rs. C-
295-298/04, Slg. 2006, I-6619 – Manfredi)
IV. Einzelne Sachbereiche: Panorama
Europäischer Schadensersatzanspruch aufgrund Vertrages?
Passagier- rechte
Reise- recht
Kaufrecht
Immaterial- güterrecht
Kapital- markt-
recht
Schadenspauschalierung Informationspflichten
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Keine (explizite) Regelung des Schadensersatzes in der Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf (VerbrGKRL, 1999)
Keine Regelung des Schadensersatzes in der Verbraucherrechte-Richtlinie (2011)
Regelungsautonomie der mitgliedstaatlichen Sachrechte!
Interpretation der VerbrGKRL: Nacherfüllung als
„Schadensersatz“ in „Einbau-/Ausbaufällen“
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
„Bodenfliesenfall“ (parallel: „Spülmaschinenfall“)
Ein Verbraucher hatte mangelhaft polierte Bodenfliesen (unbehebbare Schleifspuren) gekauft (Preis: 1.200 €) und verlegen lassen. Er nahm den Verkäufer in Anspruch auf 1. Ausbau und Abtransport der mangelhaften Fliesen sowie 2. Einbau mangelfreier Fliesen.
Die Kosten für Ausbau und Entsorgung übersteigen € 5.000.
(BGH 21.12.2011, BGHZ 192, 148 nach Vorabentscheidung
EuGH 16.6.2011 – verb. Rs. C-65/09, C-87/09, Slg. 2011, I-
5257 – Weber u. Putz; Vorlage: BGH 14.1.2009, NJW 2009,
1660)
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
„Einbau-/Ausbaufälle“ nach deutschem Recht
BGB seit SchuRMoG (BGHZ 177, 224 – Parkettstäbe)
Nacherfüllung = Wiederholung der Leistung, Austausch als solcher nicht Leistungsgegenstand, auch keine Kostentragung (§ 439 Abs. 2 BGB)
Austauschkosten (Demontage/Neumontage) als Schadensersatz neben der Leistung, §§ 434, 437 Nr. 3, 280 BGB
Austauschkosten (Erstmontage/Demontage) bei Rücktritt mit Schadensersatz statt der Leistung, §§ 434, 437 Nr. 2 u. 3, 440, 323, 280 BGB
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, §§ 434, 437
Nr. 3, 440, 281 BGB wegen der Kosten eines Deckungsgeschäfts
Kein Anspruch!
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Schadens- ersatz:
Vertreten- müssen
Nach- erfüllung:
ohne Vertreten-
müssen Einordnung der
Austauschkosten als
Exkulpation nach
§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB,
z.B. durch Stichproben Keine
Zurechnung des
Herstellerver schuldens über § 278
BGB
Garantiehaftung des
Verkäufers, als habe er (auch)
Werkleistungen versprochen!
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
EuGH vom 16.6.2011 – Weber u. Putz
Abhilfe muss
„unentgeltlich“sein (Art. 3 Abs. 2-3 VerbrGKRL)
„offenkundiger Wille des Unionsgesetzgebers, einen wirksamen Verbraucherschutz zu gewährleisten“
Ergebnis zugunsten des Käufers
„nicht ungerecht“selbst bei beidseitiger „Schuldlosigkeit“
Weigerungsrecht (→
§439 Abs. 3 BGB) bleibt Verkäufer erhalten, aber nur bei
relativer Unverhältnismäßigkeitoder Unmöglichkeit, nicht bei absoluter Unverhältnismäßigkeit der einzig verbliebenen Abhilfemöglichkeit
Im Ergebnis: EuGH gewinnt einen verschuldensunabhängigen
Schadensersatzanspruchaus der VerbrGKRL!
Keine Haftung bei (häufig möglichem) Nachweis fehlenden
Vertretenmüssens (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB)!
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Konsequenzen: Auslegungsprobleme
Richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1, 2. Var. BGB („Lieferung einer mangelfreien Sache“) als Herstellung des vertragsmäßigen Zustands inklusive Austauschkosten (BGH)
Unterlegung contra legem (in Anbetracht des SchuRMoG)?
Überspielen der historischen Auslegung bis zur äußersten Wortlautgrenze
P: Interne richtlinienkonforme Auslegung durch überschießende Umsetzung der VerbrGKRL auch für b2b/c2c?
Vermutung gegen gespaltene Auslegung bei Umsetzungs- überschüssen (BGHZ 150, 248 - Heininger)
Widerlegung bei völlig unerwartbaren/rechtspolitisch evident
ungewollten Auslegungsergebnissen
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Exkurs – BGH 9.4.2002, NJW 2002, 1881, 1884 – Heininger (Widerrufsrecht nach HWiG bei Realkreditvertrag)
- Unionsrechtliche Pflicht zu richtlinienkonformer Auslegung (Art. 288 Abs. 3 AEUV):
„Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird,
hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch
den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.“
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Exkurs – BGH 9.4.2002, NJW 2002, 1881, 1884 – Heininger (Widerrufsrecht nach HWiG bei Realkreditvertrag)
- Setzt ein Mitgliedstaat eine Richtlinie überschießend um, muss er Rechtsfragen, die über den Regelungsgegenstand der Richtlinie hinausgehen, nicht von Unionsrechts wegen richtlinienkonform auslegen
- Kann der Gesetzgeber selbst eine Pflicht zu richtlinienkonformer Auslegung begründen?
Gespaltene Auslegung oder
Auslegungseinheit durch normativen Befehl („Diese Normen werden nach den Grundsätzen des EU-Rechts ausgelegt.“9
Historische Interpretation als Umweg, die den Gehalt der
Richtlinie (im Zweifel) zur Geltung bringt
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
Konsequenzen: Gesetzgebung?
Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (bis 13.12.2013)
RefE (Sept. 2012) → § 474a BGB-E („Sonderbestimmungen über die Nacherfüllung“): nur für b2c, „aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit“!
RegE vom 6.3.2013 (BT-Drs. 17/12637): Keine Regelung!
Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie und
zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der
Wohnungsvermittlung vom 20.9.2013, BGBl. 2013 I 3642 (In-
Kraft-Treten: 13.6.2014): Keine Regelung!
IV. Einzelne Sachbereiche: Kaufvertrag
RefE § 474a
„Sonderbestimmungen für die Nacherfüllung
(1) Hat der Käufer die gekaufte Sache ihrer Art und
ihrem Verwendungszweck gemäß in eine andere Sache eingebaut, umfasst sein Anspruch auf Lieferung einer
mangelfreien Sache nach § 439 Absatz 1 auch den Ausbau der gekauften mangelhaften und den Einbau der als Ersatz zu liefernden Sache.
(…)“
IV. Einzelne Sachbereiche: Reisevertrag
Reaktion auf Pauschaltourismus: §§ 651a ff. BGB (Reisevertragsgesetz, seit 1.10.1979), inkl. § 651f BGB über Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Reisemängeln
Pauschalreise-RL von 1990: Dienstleistungsfreiheit und Verbraucherschutz (Reform: KOM [2013], 512 endg.)
Umsetzung zum 1.11.1994: Verspätung von zwei Jahren!
Änderung beim Schadensersatz: Beweislastumkehr
(„es sei denn“) zu Lasten des Veranstalters beim
Verschulden (schon vorher autonom entwickelt)
IV. Einzelne Sachbereiche: Reisevertrag
Art. 5 Pauschalreise-RL
Haftung des Veranstalters für Nicht-/Schlechtleistung
Exkulpation in explizit definierten Fallgruppen (fehlen im deutschen Recht)
Insbesondere: Zurechnung des Leistungshindernisses zum Verbraucher oder zu vertragsfremdem Dritten, Eintritt durch force majeure oder vergleichbare Ereignisse
Zulassung von Beschränkungen „gemäß den internationalen Übereinkommen“ (alle Schäden) → Leistungsträger
Beschränkungen durch Vertrag, sofern „nicht unangemessen“
(außer Körperschäden)
IV. Einzelne Sachbereiche: Reisevertrag
Exkulpation
Verbraucher
▪ Dritter
▪ Hindernis
unvorhersehbar oder
unabwendbar
Höhere Gewalt:
„ungewöhnlich
und unvorhersehbar“
(Art. 4 Abs. 6 RiL → Erstattungsanspruch bei Storno)
Ereignis
bei aller Sorgfalt unvorhersehbar
oder
unabwendbar Zurechnung
des
Leistungs-
hindernisses
IV. Einzelne Sachbereiche: Reisevertrag
Problem: Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden
Keine expliziten Vorgaben der Richtlinie
D: § 651f Abs. 2 BGB i.V.m. § 253 Abs. 1 BGB
EuGH 12.3.2002 – Rs. C-168/00, Slg. 2002, I-2631 - Leitner/TUI Deutschland (Salmonellenvergiftung eines Kindes)
Urlaubsfreude als Vertragsziel aus Verbrauchersicht
Wettbewerbsverzerrung, sofern z.B. deutsche Veranstalter entschädigen müssen, österreichische nicht
(Fragwürdiger) Schluss aus Art. 5 Abs. 2, Uabs. 4: „Schäden,
die nicht Körperschäden sind“ gedeutet als Schäden an
Nichtvermögensgütern ( → Sachschäden? )
IV. Einzelne Sachbereiche: Reisevertrag
Problem: Abdingbarkeit des Anspruchs auf Schadensersatz im Verhältnis zum Minderungsrecht (§ 651d BGB)
östOGH 17.6.2010 – 2 Ob 45/10x – Horrorurlaub in Ägypten
40 % 5 %
10 %
10 % 5 %
5 % 5 %
Klimaanlage
+ € 560,--?
Lärm
Strand
Diskolärm
Zimmer
„Entschädigung für
immaterielle Einbußen erst
ab 50 % Minderung“
Erheblichkeits- schwelle (§ 31 e Abs. 3
östKSchG) nicht angemessen?
Pool
€ 1.320,--
IV. Einzelne Sachbereiche: Passagierrechte
Fluggastrechte – VO (EG) Nr. 261/2004
Nichtbeförderung
• Ausgleichs-
leistungen (Art. 7)
• Unterstützungs- leistungen (Artt.
8-9)
Annullierung
• Ausgleichs-
leistungen (Art. 7)
• Unterstützungs- leistungen (Artt.
8-9)
Große Verspätung
Unterstützungs- leistungen (Artt. 8-
9)
Art. 8: Erstattung/Ersatzbeförderung Art. 9: Mahlzeiten, Transfers
Ausgleich entspr.
Art. 7 Art. 17-37 MÜ: Haftung des Luftfrachtführers
Art. 7: Pauschale nach Flug-
distanz (Rechtsnatur str.)
P: Verhältnis zum nationalen Recht (Art. 12)
IV. Einzelne Sachbereiche: Passagierrechte
„Artikel 7
Ausgleichsanspruch
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km, c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.“
(VO (EG) Nr. 261/2004)
IV. Einzelne Sachbereiche: Passagierrechte
„ Artikel 9
Anspruch auf Betreuungsleistungen
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so sind Fluggästen folgende Leistungen unentgeltlich anzubieten:
a) Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, b) Hotelunterbringung, falls
- ein Aufenthalt von einer Nacht oder mehreren Nächten notwendig ist oder - ein Aufenthalt zusätzlich zu dem vom Fluggast beabsichtigten Aufenthalt notwendig ist,
c) Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung (Hotel oder Sonstiges).
(2) Außerdem wird den Fluggästen angeboten, unentgeltlich zwei Telefongespräche zu führen oder zwei Telexe oder Telefaxe oder E-Mails zu versenden.
(3) Bei der Anwendung dieses Artikels hat das ausführende Luftfahrtunternehmen besonders auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen sowie auf die Bedürfnisse von Kindern ohne Begleitung zu achten.“
(VO (EG) Nr. 261/2004)
IV. Einzelne Sachbereiche: Passagierrechte
„ Artikel 12
Weiter gehender Schadensersatz
(1) Diese Verordnung gilt unbeschadet eines weiter gehenden Schadensersatzanspruchs des Fluggastes. Die nach dieser Verordnung gewährte Ausgleichsleistung kann auf einen solchen Schadensersatzanspruch angerechnet werden.
(2) Unbeschadet der einschlägigen Grundsätze und Vorschriften des einzelstaatlichen Rechts, einschließlich der Rechtsprechung, gilt Absatz 1 nicht für Fluggäste, die nach Artikel 4 Absatz 1 freiwillig auf eine Buchung verzichtet haben.“
(VO (EG) Nr. 261/2004)
IV. Einzelne Sachbereiche: Passagierrechte
Die Kläger, ein Ehepaar, erhalten Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Fluggastrechte-VO i.H.v. € 1.200 für einen Flug, der Frankfurt am Main verspätet erreicht hat. Darüber hinaus verlangen sie € 184,50 für zusätzlich angefallene Bahnkosten (Heimreise Frankfurt-Berlin) und Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten (€ 186,24). Die Beklagte, eine Fluggesellschaft, erklärt die Anrechnung gemäß Art. 12 Abs. 1 Fluggastrechte-VO.
(LG Frankfurt 5.12.2014, RRa 2015, 27)
V. Synthese: Funktionen des Schadensersatzes
Ausgleichsfunktion: Durchsetzung des vertraglichen Leistungsprogramms und Risikogefüges
Straffunktion (Prävention, Abschreckung, Steuerung)
Rechtsinstrumente über Passagierrechte ambivalent
EuGH i.S. Manfredi: Punitive damages nicht unionsrechtlich gefordert, uU aber Auswirkung des Äquivalenzprinzips!
Durchsetzungsrichtlinie (2004): Einfache Lizenzgebühr
Konkurrenzfragen, z.B. Kauf vom Hersteller - Sachschaden durch Umstand, der zugleich Sachmangel und Fehler iSd Produkthaftungsrichtlinie (1985) ist
Vorrang der Produzentenhaftung oder vertragsrechtlicher
Haftungsschranken (Comments DCFR)?
V. Synthese: Einzelne Elemente
Verschuldenserfordernis
Umformung von Gewährleistungsrechten (Weber u. Putz)
Tendenz zur strikten Haftung mit Entlastungsmöglichkeiten (Reiserecht, Fluggastrechte, CESL)
Tendenz weg vom Verschulden!
Aber: „Hinreichend qualifizierter“ Verstoß bei der Unions- und unionalen Staatshaftung (Art. 340 Abs. 2 AEUV)!
Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden
Verallgemeinerung reisevertraglicher Grundsätze?
DCFR, Ausgleichsanspruch für Passagierrechte (Zeitverlust)
Schaden durch Unlust, Aufregung, Verwirrung oder Ungewissheit durch Verhalten der anderen Vertragspartei?
Veränderungsdruck auf § 253 BGB!
Zahlungsverzug
Dt. Recht des Schuldnerverzugs
RL 2011/7/EU RL 2000/35/EG
Richtlinien zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im
Geschäftsverkehr
Neufassung:
Zwecksetzung der RLen:
Akt der Mittelstandsförderung
Vorbeugung des Missbrauchs der Vertragsfreiheit
Verhinderung unfreiwilliger Lieferantenkredite
Problematische Zahlungspraxis der öffentlichen Hand
Zahlungsverzug
RL 2000/35/EG
Zahlungszeit
(§§ 269-271 BGB)
Verzug
(§§ 280 Abs. 1 u.
2, 286, 288 BGB)
I. Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr 2000/35/EG
Zahlungsverzug
1. Auswirkungen auf die Zahlungszeit
Wann ist eine Zahlung rechtzeitig erfolgt?
h.A.: Zeitpunkt der Leistungshandlung maßgeblich a.A.: Zeitpunkt des Leistungserfolgs maßgeblich
RL 2000/35/EG (aber auch die Neufassung RL 2011/7/EU) ist diesbezüglich auslegungsbedürftig
• Schlüsselbestimmung: Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 RL 2000/35/EG (Art. 3 Abs. 1 lit. b RL 2011/7/EU)
• „den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten hat“
• EuGH: RL verlangt für die Rechtzeitigkeit der Zahlung den Eingang des Geldes beim Gläubiger (EuGH, Rs. C-306/06, 01051 Telecom/Deutsche Telekom)
Gemeinschaftsrechtliches Verständnis: Zeitpunkt des Eingangs des Geldes beim Gläubiger für Rechtzeitigkeit der Zahlung maßgeblich
Zahlungsverzug
V ora ussetzung en des V erzugs, § 28 6 BGB Mahnung
Entbehrlichkeit der Mahnung
Vertretenmüssen
Durchsetzbarkeit der Forderung
2. Zahlungsverzug nach den §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286, 288
Zahlungsverzug
Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 Abs. 2 BGB: Berücksichtigung einer „Null-Frist“?
Beispiel: A bestellt bei B Wein für sein Restaurant und es wird u.a.
vereinbart: „Kaufpreis zahlbar bei Lieferung“. Am 1.3.15 wird die Ware mit Rechnung angeliefert. Im April hat A noch immer nicht gezahlt. B verlangt nun neben der Hauptforderung Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.15.
• Anspruch aus § 288 Abs. 1, 2 BGB: Verzug?
• Mahnung nach § 286 Abs. 1 (-), aber Entbehrlichkeit nach § 286 Abs.
2 Nr. 2 durch das in Abhängigkeit setzen des Zahlungstermins vom Ereignis der Warenlieferung? „angemessene Zeit“?
• h.M. zum dt. Recht: (-), wenn als Zahlungstermin „bei Lieferung“
vereinbart; lediglich Festlegung der Fäliigkeit
Zahlungsverzug
• Vereinbarkeit dieses Verständnisses mit der RL 2000/35/EG?
• Art. 3 Abs. 1 lit. a): Verzug muss am Tag nach dem vertraglich festgelegten Zahlungstermin beginnen
bei Festlegung auf den Tag der Lieferung, ist Verzugsbeginn am Folgetag
Erfordernis einer angemessenen Frist sieht RL gerade nicht vor
berechtigte Interesse, Schuldner die notwendige Zeit zur umgehenden Erbringung der Leistung zu belassen, bereits durch
§ 286 Abs. 4 BGB gewahrt
hiernach kommt die h.M. zum dt. Recht zu einem richtlinienwidrigen Ergebnis
mittels richtlinienkonformer Auslegung des § 286 Abs. Nr. 2 BGB ist Bestimmung einer „Null-Frist“ folglich möglich
Zahlungsverzug
Wich tigs ten Änder ung en dur ch RL 2011/7/EU v . 16 .2.2011
Harmonisierung der Fristen für Zahlungen von Behörden an Unternehmen
Betreibungspauschale von mind. 40 € sowie Erstattung darüberhinausgehender
Betreibungskosten
Gesetzlicher Vollzugszinssatz von mind. 8 Prozentpunkten
Schutz vor Missbrauch der Vertragsfreiheit im Geschäftsverkehr
II. Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr 2011/7/EU
Zahlungsverzug
Art. 3 Abs. 5 RL 2011/7/EU: Vertragliche Vereinbarung einer längeren Zahlungsfrist als 60 Tage möglich, allerdings darf diese Vereinbarung für den Gläubiger nicht grob nachteilig sein
Zur Umsetzung mit Blick auf Individualvereinbarungen wurde § 271a BGB eingeführt, welcher am 29.07.14 in Kraft getreten ist
• Grobe Unbilligkeit nicht definiert; in Gesetzesbegründung auf Art. 7 Abs. 1 S. 2 lit. a-c RL 2011/7/EU verwiesen
• Unwirksamkeit einer Vereinbarung führt nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages (§ 271a Abs. 4 BGB), sondern nur zur sofortigen Fälligkeit der Entgeltforderung (§ 271a Abs. 1 BGB)
AGB-rechtliche Ausgestaltung: AGB-Kontrolle, hier insbes. § 308 Abs. 1 Nr. 1a, 1b BGB