• Keine Ergebnisse gefunden

70 W e l t w e i t L a o s. Reisen macht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "70 W e l t w e i t L a o s. Reisen macht"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

70 W e l t W e i t L a o s

Reisen

schule

macht schule

Abseits der bekannten reiserouten kann man in Nordlaos noch unmittelbar den Alltag der Landbevölkerung erleben.

die Wanderung zu den abgelegenen Bergdörfern ist allerdings

kein sonntagsspaziergang.

text: HeNNiNg Prox

(2)

schule

3/2010

schule

(3)

72 W e l t W e i t L a o s

Foto: trAveL BeyoNd

S

eit drei Stunden kämpfe ich mich bereits auf dem fast schnurgerade verlaufenden Lehmpfad voran, als sich endlich die dichte Vegetation lichtet und ich die erste Hügelkuppe erreiche.

Die Rispen des Trockenreis schimmern auf der brandgerodeten Kuppe golden im Sonnenlicht des Vormittags. Mein Blick schweift über die grünen Hänge unter mir bis hinab ins Tal, durch das sich der Nam Ou schlängelt. An seinem Ufer habe ich den Pfad betreten, der mich seitdem ohne Kurven oder Serpentinen im konstanten 45-Grad-Winkel senkrecht bergauf ge- führt hat. Nicht ganz einfach, der Weg in die Bergdörfer, denke ich.

Angesichts des Höhenunterschiedes und des Gefühls in meinen Waden erfüllt mich leichter Stolz – für ziemlich genau eine halbe Minute. Dann begegne ich Pheng. An einer Liane zieht er auf dem unebenen Untergrund einen gewaltigen Balken aus Teak hinter sich her. Es ist eines von insgesamt acht wuchtigen Kant- hölzern, von denen jedes bestimmt 100 Kilo wiegt. Pheng hat die Stämme gefällt, zugesägt, in Form gebracht und schleppt sie jetzt in Etappen hinunter zum Fluss, wo die Balken als Stelzen für ein neues Vorratshaus Verwendung finden werden.

Etwa 50.000 Kipp bekommt Pheng für einen Balken, umgerechnet etwas mehr als vier Euro. Muen, mein Begleiter und Übersetzer zuckt auf meine Nachfragen mit den Schultern. „Es gibt nicht viele Möglichkeiten, in den Bergdörfern Geld

zu verdienen. Da ist so ein Auftrag fast ein Glücksfall.“

Pheng hat keine Zeit für große Pau- sen, denn er hat heute noch viel vor. Mit den Flip Flops an den Füßen und 100 Kilo Teak im Schlepptau zieht er weiter. Ich schultere meinen leichten Tagesrucksack und werfe einen prüfenden Blick auf mei- ne Trekkingschuhe, die mir auf einmal überdimensioniert erscheinen.

luxus lernen

Ziel meiner Wanderung ist Ban Houay Lor. In dem abgelegenen Bergdorf der

Hmong haben die Dorfbewohner mit der Unterstützung des Vereins „Die Bam- busschule e.V.“ für ihre Kinder vor eini- gen Jahren eine Grundschule errichtet, um ihnen eine Ausbildung zu ermögli- chen. Der Weg, den ich zurücklege, war vorher der Weg der Kinder zur einzigen Schule in der näheren Umgebung, die in Hatsa, einem kleinen Flussdorf am Nam Ou steht. Kein Weg, den man täglich zurücklegen kann. Die einzige Möglich- keit für den Schulbesuch war daher die wochenweise Unterbringung der Kinder in Gastfamilien vor Ort. Für die meisten Wer Nordlaos entdecken will, tut gut daran, festes schuhwerk einzupacken. die interessantesten orte erreicht man nur zu Fuß.

Unwirkliche Morgenstimmung über den Wolken. Bei klarer sicht reicht der Blick bis vietnam.

Foto: Bodo Peters

(4)

3/2010

73

Familien aus den Bergdörfern ein unbe- zahlbarer Luxus. Erst seit dem Bau der Grundschule in Ban Houay Lor besteht daher für viele Kinder die Möglichkeit, überhaupt eine Schule zu besuchen.

Außer mir besteigen in diesem Mo- ment noch zehn weitere Mitglieder unserer Gruppe die ersten Hügel. Wir haben verabredet, uns erst am Nachmit- tag im Hmong-Dorf wieder zu treffen, damit jeder die Strecke in seinem Tem- po zurücklegen kann, ohne sich unter Leistungsdruck zu fühlen. Mit meinem Bambusstock bewaffnet, der mir an rut-

schigen Stellen zusätzlichen Halt gibt, folge ich also den Markierungen der Trä- ger, die mit unseren Rucksäcken beladen bereits weit vorausgeeilt sind. „Eigentlich sind die Markierungen nicht nötig“, hat- te unser laotischer Guide Muen uns am Morgen Mut gemacht. „Wenn ihr an jeder Weggabelung immer den steileren Weg einschlagt, kommt ihr auch ohne Weg- zeichen an!“

laotisches Festmahl

Abends an den Kochfeuern vor den Bam- busbungalows, in denen wir die Nacht

verbringen werden, ist die Anstrengung des Tages fast vergessen. Das für unse- re Gruppe geschlachtete Schwein ist in- zwischen zerlegt. In den vielen Töpfen brutzelt, kocht und gart eine Unmenge an köstlichen, aber auch die europäischen Sinne irritierenden Gerichten. Ich bin froh, dass unser zweiter Begleiter Say nicht nur ein exzellenter Koch ist, sondern auch weiß, ab wann die laotische Küche für den ungeübten Gaumen zu exotisch wird. Die Bandbreite der Speisen ist heute Abend gewaltig. Schließlich soll das Essen für alle reichen, denn die Dorfbewohner sind zu unserem Festmahl eingeladen.

Viele Bewohner sind der Einladung ge- folgt. Sicher auch, weil Schweinefleisch in den Dörfern eine absolute Besonderheit ist und nur an ausgewählten Feiertagen serviert wird. Zwar sind uns die Tiere bis- her in fast jedem Dorf begegnet, doch für Normalsterbliche sind sie viel zu wertvoll, um als bloße Fleischlieferanten zu die- nen. Schweine sind im ländlichen Laos eher eine Geldanlage und Absicherung gegen unvorhergesehene Notfälle.

Auch beim Essen wird uns deutlich, wie klar die Hierarchien in den Dörfern geregelt sind. Gemeinsam mit den ört- lichen Honoratioren werden wir aufge- fordert, unsere Mahlzeit in dem eigens für Besucher errichteten „Restaurant“

einzunehmen, einer überdachten und mit selbst gezimmerten Bänken und Tischen ausgestatteten Plattform, während die übrigen Bewohner direkt an den Feuer- Bildung ist nicht alles, aber ohne Bildung ist alles nichts. die eigene dorfschule bietet den Kindern die Chance auf eine bessere Zukunft.

Foto: Bodo Peters Foto: gABi tHoMseN

(5)

74 W e l t W e i t L a o s

Foto: Astrid MArKUsseN

stellen essen. Erst im Anschluss rücken wir zusammen und tragen die Bänke zu den Feuern. Später beschließt Yanning, eine ältere Frau aus dem Dorf, sich für die Mahlzeit mit einer kleinen Vorführung zu bedanken, die etwa sieben Sekunden dauert. Bevor es allerdings losgeht, muss Muen für uns übersetzen, denn Englisch

spricht in Ban Houay Lor niemand. „Wenn man jemandem zeigen möchte, dass man ihn oder sie sehr mag, dann bläst man häufig die folgende Melodie – und hofft, dass die Melodie erwidert wird“, erklärt Muen, während Yanning ernsthaft nickt und dann beginnt, auf einem Blatt eine einfache und recht schräge Melodie zu

pfeifen. „Jetzt seid ihr dran!“ Yanning hat noch ein paar weitere Blätter mitgebracht, die sie an Mutige unter uns verteilt, doch unsere musikalischen Versuche enden kläglich. Schnell ist klar, dass keiner von uns auf diese Weise eine Braut oder ei- nen Bräutigam im Hmong-Dorf finden würde. Stattdessen revanchieren wir uns mit einem Kanon, den Andrea, die offensichtlich über Chorleiterqualitäten verfügt, spontan mit der Gruppe auf die Beine stellt. Im Schein einiger Kerzen und der Glut der Kochfeuer sitzen wir dann noch mit Blick auf das Dorf zusammen, trinken Tee, unterhalten uns und lassen den Tag ausklingen.

Seit etwas über einer Woche sind wir jetzt unterwegs. Die Hälfte unserer Zeit in Laos ist bereits vorbei und obwohl unsere Köpfe mit neuen Eindrücken bereits zum Bersten gefüllt sind, scheinen die letzten Tage nur so verflogen zu sein. Begonnen haben wir unsere Tour durch den Norden in der Königsstadt Luang Prabang, deren zum Teil jahrhundertealte und kunstvoll verzierte Tempelanlagen seit einigen Jah- ren immer mehr Besucher aus der ganzen Welt anlocken. Für uns war die heimliche Hauptstadt von Laos allerdings auch der Ausgangspunkt, um mit einem Charter- Unberührte Naturoasen findet man oft nur noch an schwer zugänglichen orten.

Handarbeit bestimmt in weiten teilen des Landes noch immer das tägliche Leben. Malerisch wirkt die harte Arbeit nur auf Fotos.

Foto: JoCHeM voN sCHWerdtNer

(6)

3/2010

75

boot dem Mekong flussaufwärts bis zur Hafenstadt Pak Beng zu folgen.

„langnasen“ on tour

In Pak Beng wechselten wir auf Moun- tainbikes, um den ländlichen Norden für drei Tage vom Sattel aus kennenzuler- nen. Als Fahrrad fahrende „Langnasen“

waren wir in diesem Teil von Laos noch immer eine absolute Kuriosität. Jubeln- de Kinder stürmten auf die Straße und begrüßten uns bei jeder Durchfahrt wie am Ziel der Tour de France. Da die wenig befahrene Straße den Bewohnern der

angrenzenden Dörfer doch zugleich als Lebensraum und Marktplatz dient, wa- ren wir mit unseren Rädern immer mitten im Geschehen. Unser Weg führte uns an Bergen von Hand entkernter Maiskolben, Körben voll feuerroter Chilischoten und zum Trocknen auf der Fahrbahn ausge- breiteter Baumpilze vorbei. Wasserbüf- fel wälzten sich neben der Fahrbahn in Schlammkuhlen, Kinder kamen uns mit Schulranzen entgegen und Entenfami- lien kreuzten waghalsig die Fahrbahn.

Währenddessen kämmten sich Frauen am Straßenrand gegenseitig die Haare und durch die Türöffnungen der Hütten aus Holz und Flechtwerk musterten uns neugierig auch die kleinsten Bewohner.

Fast bedauernd tauschte ich daher bei unserer Ankunft in Muang Khua meinen Sattel gegen einen Platz im Charterboot.

Doch der Ausgangspunkt für die geplante Wanderung in die Bergdörfer war, wie die meisten Dörfer am oberen Nam Ou, nur mit dem Boot erreichbar.

Das leben der Anderen

Zurück in Ban Houay Lor: Während ich mich an der idyllischen Badestelle im Wald wasche, spüre ich, wie ich zum ersten Mal richtig zur Ruhe komme. Ich

würde gerne etwas mehr Zeit hier in die- ser abgeschiedenen Bergwelt verbringen, um den vielen Eindrücken der Reise etwas Zeit zu geben, sich zu setzen. Mir wird klar, wie wenig man von Laos versteht, wenn man es nur auf die wenigen, ver- meintlichen Touristenattraktionen redu- ziert. Während dieser Reise habe ich an Basi-Zeremonien, Hochzeiten und Schul- einweihungen teilgenommen, politische Reden und persönliche Geschichten ge- hört. Ich habe sogar gegrillte Nashornkä- fer probiert. Aber vor allen Dingen habe ich viele Einblicke in den ganz normalen, laotischen Alltag bekommen. Das ist ver- mutlich das Schwerste für jeden Fremden, der sich lediglich auf der Durchreise be- findet. Dieser Gedanke macht mich sehr zufrieden.

Auch Pheng ist ganz zufrieden, als ich ihn später im Dorf wieder treffe. Er hat in- zwischen alle Kanthölzer ins Tal gebracht und sich im Anschluss – zur Feier des Ta- ges – eine Nudelsuppe in Hatsa geleistet.

Ich hätte für diese Arbeit vermutlich lo- cker eine Woche gebraucht. Auf Muens Frage, ob die Suppe denn besser als im Dorf geschmeckt habe, lächelt er kurz und schüttelt dann den Kopf. „Besser nicht,

aber anders!“ n

Anreise: Bangkok Airways und Lao Airlines fliegen mehrmals täglich von Bangkok nach Luang Prabang. tipp: direkt unter www.bangkokair.com buchen.

Reisezeit: Am besten zwischen oktober und Februar, wenn es am wenigsten regnet und nicht zu heiß ist.

info: Lao tourist office, c/o indochina services, enzianstraße 4a, 82319 starnberg www.indochina-services.com.

Projekt: die Bambusschule e.v.

www.die-bambusschule.de

Anbieter: travel Beyond, tel.: 040/85373519, www.travel-beyond.de.

siehe auch toUrs-Leserreise nach Nord-Laos.

Luang Prabang & Nordlaos

Nicht nur während der Pausen erlebt man den laotischen Alltag am besten mit dem Fahrrad.

Foto: trAveL BeyoNd

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

2 HYDRAULISCHE SCHEIBENBREMSEN Kalle TOURING hat 2 hoch qualitative Bremsen, die für einen. optimalen Bremsweg und mehr

Man darf nicht vergessen, dass die Gerichte der Wiener Küche in ihrer Hochblüte für zahlreiche in.. einem Haushalt lebende Personen zubereitet wurden, was auch die Qualität

Falls du das Kleid nähst und die Längenmaße anpassen möchtest, dann wählst du den errechneten Betrag (1,2cm) und zeichnest ihn parallel zur Taille und zur Länge dazu... Ich bin

Für Ihren unverkennbaren Genuss wird unser Fleisch täglich frisch von Fleischwaren Höllerschmid aus dem Kamptal geliefert und in unserer Küche zu den feinsten Gerichten

CANADA GOOSE DSQUARED2 ELEVENTY FALIERO SARTI FAUSTO COLATO FILIPPO DE LAURENTIIS FTC CASHMERE G-LAB GOLDEN GOOSE GTA MACKAGE MAURIZIO BALDASSARI MC2 SAINT BARTH.. MOORER MOOSE

Nachdem Sie ein Programm mit einer Reihe von Befehlen ausgeführt haben, senden wir die Ausgangssignale an verschiedene Geräte, zum Beispiel: eine LED, einen Motor, einen Summer

Durch den Aufbau zusätzlicher Strukturen (österreichweite und regionale Fachdidaktikzentren, Regionale Netzwerke, aber auch durch die Etablierung von Pädagogischen Hochschu-

Die beiden waren indessen emsig am Werk. Zur Werkstatt hatten sie die Waschküche er- koren. Dort wurde gekocht und gefärbt und ge- klebt und gepinselt. Nicht nur die üblichen