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Archiv "Universitäten: Barfuß-Professoren im Osten – vergoldete Professoren im Süden" (11.04.2008)

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A770 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1511. April 2008

P O L I T I K

E

in heißer Sommer könnte in diesem Jahr allen bevorstehen, die sich mit Hochschulpolitik be- schäftigen. Ausreichend Stoff für hit- zige Diskussionen liefert zumindest der im Mai vergangenen Jahres vom Kabinett beschlossene Gesetzent- wurf zur Aufhebung des Hochschul- rahmengesetzes (HRG). Er sieht vor, das komplette HRG zum 30. Sep- tember 2008 außer Kraft zu setzen.

Damit würde sich der Bund von Herbst an vollständig aus der Hoch- schulgesetzgebung zurückziehen.

Mehr Autonomie und Wettbe- werbschancen erhoffen sich davon

die einen, hochschulpolitische Kleinstaaterei befürchten dagegen die anderen. „Ich begrüße die Auf- hebung des HRG nachdrücklich. Sie liegt auf der richtigen politischen Linie, weil sie neue Freiräume für die Hochschulen schafft“, sagte Prof. Dr. Peter Frankenberg, For- schungsminister von Baden-Würt- temberg, bei einer Anhörung des Bildungsausschusses des Bundesta- ges Ende letzten Jahres.

Chaos befürchtet

Zu starke Unterschiede bei der Ver- gütung und auch beim Ansehen der Hochschullehrer befürchtet im Zuge der HRG-Abschaffung indes Prof.

Dr. Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes.

„Die Schere droht auseinderzuge- hen: Wir bekommen Barfuß-Profes- soren im Osten und vergoldete Pro- fessoren im Süden.“ Kempen will sich dafür einsetzen, dass beispiels- weise ein Hochschullehrer der Medi- zinischen Fakultät der Universität Dresden weiterhin auf „gleicher Au- genhöhe“ mit einem an der Univer- sität München lehrenden Medizin- professor bleibt. Das im HRG gere- gelte Dienstrecht sei dafür immer noch das beste Personalinstrument.

Besorgt sind angesichts der De- batte auch die Studierenden. Unter- schiedliche Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen sowie von Bundesland zu Bundesland ver- schiedene Abschlüsse gefährdeten die studentische Mobilität, sagte Regina Weber, vom „Freien Zusam- menschluss von StudentInnenschaf- ten“. Der Wechsel des Studienorts innerhalb Deutschlands drohe für einen Medizinstudenten kompli- zierter zu werden als der Umzug ins

europäische Ausland. „Die Ab- schaffung des HRG wäre ein großer Fehler und ein Schritt zurück“, meint die Studentin.

Komplikationen könnten sich auch bei der zentralen Vergabe von Studienplätzen, beispielsweise für das Medizinstudium ergeben, warnte Dr. Ulf Bade von der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen. Än- derungen der Vergabepraxis würden durch Aufhebung des HRG und den Ersatz durch einen Staatsvertrag deutlich erschwert. „Es kann nicht sein, dass ein Student in einem Bun- desland aufgrund einer Wartezeit von fünf Jahren zum Medizinstudi- um zugelassen wird“, sagte Bade.

Dies mache ihn auch nicht qualifi- zierter für diesen Studiengang.

Von welchem Blickwinkel aus die Situation auch betrachtet wird – Fakt ist, dass mit der rechtskräftigen Auf- hebung des HRG jedes Bundesland das Recht und die Pflicht hätte, alle Belange der Hochschulen, inklusive der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse, selbst zu re- geln. Ob dann in der deutschen Uni- versitätslandschaft das Chaos aus- bricht, ist nicht nur unter Fachleuten aus dem Hochschulbereich, sondern auch unter Politikern umstritten.

SPD und Union stehen zwar offi- ziell nach wie vor zu ihrem Gesetz- entwurf. Doch innerhalb der SPD gibt es dem Vernehmen nach zuneh- mend Bedenken: Die Länder seien auf die Abschaffung des HRG noch nicht ausreichend vorbereitet. Mög- licherweise könne auch der 30. Sep- tember 2008 als geplanter Termin für die Abschaffung des HRG nicht mehr eingehalten werden. Die Ver- abschiedung des Gesetzes könne sich bis ins Jahr 2009 ziehen.

UNIVERSITÄTEN

Barfuß-Professoren im Osten – vergoldete Professoren im Süden

Die Bundesregierung plant, das Hochschulrahmengesetz zum Herbst

abzuschaffen. Experten warnen jedoch vor bildungspolitischer Kleinstaaterei und deutlich unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten von Hochschullehrern.

Foto:Caro

Wechsel des Studienorts:

Er könnte kompli- zierter werden als der Umzug ins Ausland, befürchten Studierende.

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A772 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1511. April 2008

P O L I T I K

„Keine Furcht vor der Freiheit“, appelliert hingegen die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bildung und For- schung der CDU/CSU-Fraktion, Il- se Aigner, an alle Beteiligten. Die Aufhebung des HRG sei längst überfällig. Es gehe darum, den Län- dern größere Gestaltungsspielräu- me im Bildungswettbewerb und den Hochschulen mehr Autonomie und Selbstverantwortung einzu- räumen, damit sie möglichst ohne Gängelung und Bürokratie in natio- nalen und internationalen Vergleich mit anderen Hochschulen bestehen könnten.

Die Oppositionsfraktionen haben inzwischen zum Gesetzentwurf der Großen Koalition eigene Anträge vorgelegt. Während die FDP die Abschaffung des HRG als „konse- quent“ befürwortet und auch lan- desgesetzliche Regelungen mini- mieren will, möchte die Linke das HRG in Kraft lassen und zusätzlich bundesgesetzliche Regelungen zur Hochschulzulassung und zu Studi- enabschlüssen verabschiedet sehen.

„Die Aufhebung des HRG durch den Bund ist nicht nur überflüssig, sondern wäre eine politisch falsche Entscheidung“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen fordert als „Not- lösung“ den Abschluss eines Staats- vertrags, der einheitliche Mindest- standards zwischen Bund und Län- dern regeln soll, bevor das HRG abgeschafft wird. Mit der von der Großen Koalition für den Herbst ge- planten pauschalen Abschaffung des HRG beseitige die Regierung ohne Not einen rechtlichen Rahmen und eine inhaltliche Orientierung für die Hochschulpolitik der Länder, monieren die Grünen.

Föderalismusreform brachte den „Stein ins Rollen“

Hintergrund für die Debatte ist die 2006 beschlossene Föderalismusre- form. In ihrem Zuge wurde das Be- amtenrecht föderalisiert und bereits die Rahmengesetzgebungskompe- tenz des Bundes für die „allgemei- nen Grundsätze des Hochschulwe- sens“ (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG alt) im Grundgesetz gestrichen. Einig sind sich die Fraktionen lediglich, dass sich an der jetzigen Gesetzesla-

ge etwas ändern muss. In der Tat be- steht derzeit eine merkwürdige ge- setzliche Konstruktion. Ihr zufolge darf der Bund zwar Regeln im Hochschulbereich erlassen, jedes Bundesland kann jedoch sofort da- von abweichen und sie durch eigene Lösungen ersetzen. So sieht es die neue konkurrierende Gesetzge- bungskompetenz des Bundes für die Hochschulzulassung und -abschlüsse (Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG) vor.

Unzufrieden mit dieser Situation und auch mit der 2006 beschlossenen Föderalismusreform ist der Deutsche

Hochschulverband. Er hält die Re- form nach wie vor für eine „falsche verfassungspolitische Entscheidung“.

Dem Gesetzentwurf der Regierung stimmt er jedoch zu. Dieser sei ledig- lich die konsequente Folge aus der verfehlten Reform. „Wir müssen uns mit der Situation arrangieren und dürfen nicht in eine HRG-Nostalgie verfallen“, sagte Kempen.

Kritisch bewerten den derzeiti- gen gesetzlichen „Schwebezustand“

auch die Hochschulrektoren. „Die konkurrierende Gesetzgebung von Bund und Ländern, wie sie jetzt be- steht, ist eine Fehlkonstruktion“, kritisierte die Direktorin der Hoch- schulrektorenkonferenz, Prof. Dr.

Margret Wintermantel. Sie begrüß- te indes die geplante stärkere Län- derkompetenz. Regelungslücken ver- ursache die HRG-Abschaffung nicht.

Dass in den Bundesländern stark unterschiedliche Vorschriften eta-

bliert werden könnten, befürchtet Wintermantel nicht.

„Leuchttürme“ kontra Flickenteppich

Beifall findet der Vorschlag, das HRG komplett abzuschaffen, bei den Ländervertretern. „Wir erwarten mehr Autonomie und Wettbewerb“, sagte Frankenberg. Beides sei nötig, um im europäischen und internatio- nalen Vergleich bestehen zu können.

„In den USA gibt es gar keine staatli- che Regelungskompetenz. Und dort- hin streben die Forscher“, argumen- tierte er. Wichtiger als vergleichbare Studiengänge seien Hochschulen mit international exzellenten Ruf, soge- nannte Leuchttürme. „In Oxford wird es keinen interessieren, ob ein Bewerber einen staatlich anerkann- ten Bachelor hat. Da wird gefragt, welches Renommee die Hochschule hat“, meinte Frankenberg. Auch der Präsident der Ludwig-Maximillians- Universität München, Prof. Dr.

Bernd Huber, hält die Abschaffung des HRG für „einen guten Ansatz“.

Die Gefahr einer erschwerten Mobi- lität von Studierenden und Hoch- schullehrern sieht er nicht.

Ganz anderer Ansicht sind die Gewerkschaften. Sie befürchten eine Hochschullandschaft, „die einem Flickenteppich gleicht“. „Wir brau- chen zumindest Teile des HRG, um Mindeststandards zu erhalten“, er- klärte Joachim Koch-Bantz vom Bundesvorstand des Deutschen Ge- werkschaftsbundes. Ansonsten dro- he Deutschland, im europäischen Vergleich zurückzufallen. Andreas Keller, Mitglied des GEW-Haupt- vorstands, mahnte die besondere Verantwortung der Regierung an. Sie habe den Studierenden durch den Bologna-Prozess zugesichert, dass sie leicht die Universität wechseln könnten. Daran müsse sie sich nun auch halten. Die geplante Abschaf- fung des HRG sieht er nicht als zwin- gende Folge der Föderalismusreform an. Er plädiert deshalb für „einen sanften Übergang“: Die Länder soll- ten das HRG weiterhin gelten lassen, und der Bund sollte ein Bundeshoch- schulgesetz beschließen, in dem ein- heitliche Hochschulabschlüsse gere-

gelt würden. I

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Wir sind nicht glücklich mit der neuen Verfassungslage. Aber wir müssen uns damit arrangieren.

Prof. Dr. Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbands

Foto:Deutscher Hochschulverband

Referenzen

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