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Archiv "Berufspolitik: Memorandum" (05.05.2000)

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Berufspolitik

Zur Ankündigung des 103. Ärztetags vom 9. bis 12. Mai in Köln:

Memorandum

. . . Die betroffene, an- wachsende Ärzteschaft ist im Vergleich zur Bevölkerungs- zahl inzwischen zahlenmäßig gewuchert infolge unzuläng- lich geregelten Studiumzu- gangs. In den Zeiten vor der einsetzenden Gleichberechti- gung der Geschlechter konn- ten Frauen in Deutschland nicht Medizin studieren. Um als Ärztin tätig sein zu kön- nen, wurden ungewöhnli- che Ausbildungswege außer- halb Deutschlands beschrit- ten. Seit medizinische Kom- militoninnen an deutschen Universitäten zugelassen wur- den, nimmt die Zahl auch der Ärztinnen ständig zu. Kriege verlangten vermehrtes Vor- handensein von (Militär-)Ärz- ten zulasten des zivilen Be- reichs; Regierungen waren jedoch durchaus imstande, den Ausgleich zu organisie- ren.

Die in Deutschland postu- lierte allgemeine freie Berufs- wahl lässt dennoch Regelun- gen des Studienzugangs zu, allerdings ohne die notwendi- ge Berücksichtigung der An- zahl von vorhandenen Aus- bildungsmöglichkeiten an den Universitäten mit deren vorklinischen Arbeitsplätzen und nachfolgend auch der klinischen Assistentenstellen für ärztliche Aus- und Weiter- bildung.

Maßnahmen des Gesetz- gebers, wie beispielsweise die Erfindung des AiP oder auch das vertragsärztliche Tätigkeitsende mit Vollen- dung des 68. Lebensjahrs, können auf Dauer keine sinnvolle Regulierung einer möglichen Ärzteschwemme sein. Die politisch verursach- ten Arbeitsparameter für Vertragsärzte könnten deren Tätigkeiten infrage stellen oder sogar unmöglich ma- chen, wenn nämlich Arztho- norare trotz zunehmenden Leistungs- und Investitions-

umfangs derart begrenzt werden, dass sowohl die er- brachten Leistungen nicht honoriert werden und au- ßerdem zusätzlich medika- mentöse Verordnungen, die den Durchschnitt überstei- gen, zu beträchtlichen Re- gressen führen können . . .

Dr. med. Gerd Lembcke, Oberer Grifflenberg 130, 42119 Wuppertal

Bundesausschuss

Zu dem Beitrag „Ansprüche der Versi- cherten präzisieren“ von Karl Jung et al. in Heft 7/2000:

Diskriminierung

Der Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen (BaÄK) hat am 10. Dezem- ber 1999 entschieden, dass die ambulante nichtsynchrone Balneo-Phototherapie (ABP) als vertragsärztliche Leistung nicht mehr erstattet werden darf. Diese Entscheidung be- trifft nicht die stationäre nichtsynchrone ABP und auch nicht die synchrone ABP. Auch die Therapie am Toten Meer darf weiter be- zahlt werden. Es handelte sich bei dem Modell ABP nicht um eine neue Thera- piemethode, wie der BaÄK meinte, sondern vielmehr um die Erprobung einer bewähr- ten Methode im ambulanten Bereich.

Die Bewertungskriteri- en des BaÄK: therapeuti- sche Wirksamkeit, medizini- sche Notwendigkeit, Wirt- schaftlichkeit, ausreichende Erprobung und Qualitätssi- cherung erfüllt die ABP. Sie wurde politischen Gründen geopfert. Die Entscheidung des BaÄK verstößt gegen den Grundsatz ambulant vor stationär, gegen Wirtschaft- lichkeitsprinzipien, gegen die Aussage, dass allen Beteilig- ten im Überprüfungsverfah- ren Gelegenheit zur Stellung- nahme gegeben wird. Weder die ambulanten Anwender der ABP und deren Berufs- verband noch die Patienten und deren Selbsthilfeorgani-

sationen wurden gehört. Au- ßerdem wurde gegen die Re- gel verstoßen, dass während einer laufenden Modellerpro- bung nicht die Beurteilungs- kriterien geändert werden dürften etc.

Mit der Entscheidung des BaÄK – in der Tat ein Machtzentrum außerhalb ei- ner ausreichenden demokra- tischen Kontrolle und rechtli- chen Einspruchsmöglichkeit – und der Bestätigung dieser Entscheidung seitens des BMG werden Hautärzte und Anwender der ABP quasi zur unterlassenen medizinischen Hilfeleistung aufgefordert, wie zutreffend vom Psoriasis- bund formuliert wurde. Die Entscheidung des BaÄK ist eine Diskriminierung für Menschen mit genetisch be- dingten chronischen Krank- heiten, wie sie diese schon einmal in Deutschland erle- ben mussten.

Geht es im Entschei- dungsfeld des BaÄK wirklich um die Gesundheit und die Lebensqualität der Men- schen? Ich habe meine Zwei- fel.

Priv.-Doz. Dr. med. Gerhard Patz, Rotdornweg 1, 39365 Eilsleben

„Best evidence“- Anspruch unterstützen

Die mit der GKV-Ge- sundheitsreform 2000 vorge- sehene Regelung, auch im stationären/sektorübergrei- fenden Bereich diagnosti- sche und therapeutische Me- thoden einer Prüfung durch den Bundesausschuss zu un- terziehen, ist zu begrüßen.

Manche Therapien hier wei- sen eine erstaunliche Resi- stenz gegen Wirksamkeits- prüfungen mit modernen ran- domisierten Studiendesigns auf. Gesetzeslage und prakti- zierte Forschungsförderung sind daran zumindest mit- schuldig: § 63 ff. SGB V er- möglicht den Krankenkassen (immerhin Mitglieder im Bundesausschuss), so ge- nannte Modellprojekte zu vereinbaren, wenn eine wis- senschaftliche Evaluation si-

chergestellt ist. Gerade in der im Aufsatz erwähnten Kom- plementärmedizin findet man sie, und die Krankenkassen werben um „attraktive“ Ver- sicherte damit. Die Evaluati- on findet jedoch meist immer noch mittels Vorher-nachher- Designs ohne Kontrollgruppe statt und wird als „Qualitäts- sicherung“ tituliert. For- schungslogisch müsste primär der Wirksamkeitsnachweis mittels randomisierter – oder wenigstens kontrollierter – Studien geführt werden. Ge- gen eine Qualitätssicherung ist dann nichts einzuwenden.

Im Gegenteil.

Dr. med. Dr. phil. Peter Schuck, Forschungsinstitut (FBK) Bad Elster, Linden- straße 5, 08645 Bad Elster

Verhinderungs- ausschuss

Bei dem Ausschuss Ärzte und Krankenkassen handelt es sich um ein Monopol zur Verteilung der Krankenkas- senbeiträge – ohne Patienten- beteiligung. „Unabhängige“

Mitglieder sind ein ehemali- ger Staatssekretär (Jung sel- ber), ein ehemaliger KBV-Ju- stiziar und ein ehemaliges Vorstandsmitglied der AOK.

Welches Interesse sollten die Vertreter der Kassenärzte ha- ben, ein neues Verfahren zur Vertragsleistung zuzulassen, wenn mit jeder Zulassung der Punktwert sinkt?

Seit dem 2. GKV-NOG wird der Bundesausschuss seinem landläufigen Spitz- namen „Verhinderungsaus- schuss“ demnach mehr als gerecht. Auf vermeintlicher Rechtsgrundlage werden nach selbst geschaffener Methodik neue Therapie- und Unter- suchungsverfahren in aller Regel abgelehnt und ver- sucht, die Ablehnungen mit- tels Gutachten des MDS zu verwissenschaftlichen.

Die Politiker freuen sich, delegieren sie doch geschickt die Ablehnung von Medizin- innovationen für gesetzlich Versicherte an die Kassen- ärzte und Krankenkassen.

Warum sollte auch eine politi- A-1179 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 18, 5. Mai 2000

S P E K T R U M LESERBRIEFE

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sche Partei in Regierungsver- antwortung ihren Wählern die Notwendigkeit einer gere- gelten Grundversorgung na- he bringen? Die so vehement bestrittene Zwei-Klassen-Me- dizin wäre dann, neben der täglichen Praxis, auch politi- sche Realität.

Nun aber scheint Justitia dem Ganzen ein Ende setzen zu wollen. Das LSG Nieder- sachsen hat dem BaÄK seine Legitimation abgesprochen, ihn als nicht verfassungskon- form bezeichnet. Zudem hat sie eine Vertretung der Pati- entenrechte durch die Kran- kenkassen infrage gestellt (Az. L4 KR 130/98). Es ge- schehen noch Zeichen und Wunder!

Dr. med. Michael Almeling, Gesundheitsökonom, Loh- bergstraße 15, 37085 Göttin- gen

Undemokratisch

Jener Artikel enthält Be- griffe wie: „Ehrenamt“ und

„rechtsstaatlich“. Ehrenwort sticht Demokratie. Jener Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen ist un- übertrefflich undemokratisch.

Die „ehrenamtlichen“ Mit- glieder werden benannt, nicht gewählt. Der Terminus „eh- renamtlich“ ist ein philologi- scher Griff in die herren- zynische Trickkiste. Wenige

„ehrenamtliche“ Oligarchen üben unkontrolliert unvor- stellbare Macht über die Ge- sundheit aller Versicherten und über Ärzte aus. Der Aus- schuss verwaltet selbstherr- lich sein Konkursverfahren der Spitzenklasse (GKV).

Lüge? Ein Beispiel: Eine kernspintomographische Un- tersuchung (Bayern) wird

„ehrlich“ mit circa 130 DM (gleich Preis einer Autotank- füllung) vergütet (Frankreich und Italien circa 800 DM).

Kostendeckung gesucht. Des- halb ist es vonnöten, die Zwil- lingsschwester des ärztlichen Abrechnungsbetrugs beim Geburtsnamen zu rufen:

Grüß Gott „Vergütungsbe- trug“. Vergütungsbetrug wird durch den Ausschuss institu-

tionalisiert und quasi zur Rechtsnorm: für alle gültig, für alle schädlich; Geburt ei- nes Wortes aus dem Geiste des Betrugs.

Dr. med. Gerhard Walter, Gartenstraße 3, 91154 Roth

Schlusswort

Die Unterstellung von Herrn Dr. Patz, die Balneo- phototherapie sei aus poli- tischen Gründen geopfert worden, ist falsch. Vielmehr konnten keine ausreichenden Belege für die therapeutische Wirksamkeit, medizinische Notwendigkeit und Wirt- schaftlichkeit gefunden wer- den. Der ausführliche Be- richt des Arbeitsausschusses

„Ärztliche Behandlung“ hier- zu ist im Internet einsehbar (Internetadresse bei den Ver- fassern).

Auch die Behauptung, weder die Anwender noch der Berufsverband, noch die Patienten seien angehört worden, ist falsch. So liegen unter anderem Stellungnah- men der Deutschen Derma- tologischen Gesellschaft, des Berufsverbandes der Der- matologen, des Deutschen Psoriasisbundes und der Ar- beitsgemeinschaft Psoriasis Selbsthilfe vor. Ob die Beur- teilungskriterien in der lau- fenden Modellerprobung ge- ändert wurden, kann dahin- gestellt bleiben: Für den Bun- desausschuss zählen die Er- gebnisse.

Die offenen Fragen des Bundesausschusses zur Bal- neophototherapie, protokol- liert durch den damaligen NUB-Ausschuss, sind seit 1994 unverändert und den In- itiatoren der Modellerpro- bung bekannt. Weshalb keine dieser Fragen durch die Mo- dellerprobung geklärt wurde, ist nicht nachvollziehbar. Der Vorwurf von Herrn Dr. Alme- ling, der Ausschuss bewer- te Therapie- und Untersu- chungsverfahren nach einer selbst geschaffenen Methodik, ist schlicht falsch. Die Vorge- hensweise des Arbeitsaus- schusses „Ärztliche Behand- lung“ entspricht den interna-

tional seit Jahren etablierten Kriterien des „Health Tech- nology Assessment (HTA)“, wie unschwer der im Artikel zitierten Literatur zu entneh- men ist.

Ein Ignorieren dieser evidenzbasierten Beurteilung der zu einer medizinischen Methode vorliegenden wis- senschaftlichen Materialien wäre aus Sicht der Autoren unverantwortlich und würde in rein durch politische Inter- essen gesteuerte Entschei- dungen münden. Von Be- griffen wie „politisch geop- fert“ und „Vergütungsbe- trug“ können sich die Au- toren angesichts der umfas- senden systematischen und transparenten Beurteilung von medizinischen Methoden sowie der Veröffentlichung der Ergebnisse im Internet nur distanzieren.

Für die Verfasser: Dr. med.

Paul Rheinberger, Bundes- ausschuss der Ärzte und Krankenkassen, Herbert-Le- win-Straße 3, 50931 Köln

Stasi

Zu dem Beitrag „Stasi nahm Gefähr- dung von Menschen in Kauf“ von Sa- bine Rieser in Heft 13/2000:

Unrühmliches Kapitel

Ihr kurzer Bericht streift ein weiteres unrühmliches Kapitel deutscher Geschich- te, nämlich das der vorsätzli- chen Gesundheitsgefährdung durch staatliche Stellen nach Ende des Dritten Reiches.

Allerdings bleiben Sie, wie in den letzten zehn Jah- ren wiederholt geschehen, an Tagesereignissen stehen, da diese schon als schlimm ge- nug erscheinen mögen. Tat- sächlich war die Realität er- heblich schlimmer:

Von etwa 1978 bis 1989 nutzten Stasimitarbeiter rus- sische Militärtechnik (Typ GCS 7.021) an sämtlichen DDR-Grenzkontrollstellen zur Durchleuchtung der im Transit reisenden PKW und LKW samt Insassen mittels

eines Gammastrahlers. Die- se Methode wurde unbe- helligt vor und nach dem Tschernobyl-Gau durchge- führt. Die Anwendung er- folgte gegenüber allen im zollkontrollbefreiten Ver- kehr reisenden Menschen, das heißt gegenüber etwa 15 Millionen Menschen in je- dem Jahr, rund um die Uhr.

Die Strahlenbelastung für den einzelnen Menschen in den Fahrzeugen wurde nach nicht eindeutiger Quelle zu- ordenbarem Bekanntwer- den der Kontrollpraxis abge- schätzt. Die Abschätzung der Strahlenbelastung der gegen Bundes- wie auch DDR-Recht verstoßenden Maßnahmen zur Sicherung der „Staatsgrenze West“ ba- sierte auf theoretischen, an- fangs widersprüchlich er- scheinenden Täterangaben.

Da die Apparaturen erst auf Militärgelände, dann un- bekannt gelagert wurden, kein politischer Wille zur Prüfung von Reliabilität und Reproduzierbarkeit der Tä- terangaben existierte, entfie- len genaue Ermittlungen am Objekt und vor Ort. Ein Testaufbau, zum Beispiel durch Bundesbehörden, un- terblieb.

Insbesondere aber un- terblieben genaue Ermittlun- gen, da die Staatsanwaltschaft II in Berlin damals, von Gut- achten (alle Grundlagen auf Täterwissen basierend, kei- ne nachvollziehbare Kenntnis vom realen technischen Stand vor Ort) ausgehend, keinen Anhalt für eine Körperverlet- zung sah. Damit fehlte juri- stisch eine Grundlage für wei- tere Ermittlungen. Zuletzt be- zog sich die Staatsanwalt- schaft II auf Verjährung und nicht mehr aufzufindende Tatwerkzeuge als Hindernis sinnvoller Ermittlungen, sie wurde Ende 1999 aufgelöst.

Dieser Teil deutscher Nachkriegsgeschichte wurde politisch ungeschehen ge- macht. Sich fotogen vor Ca- stor-Transporter zu werfen passt eben mehr ins aktuelle Weltbild.

Alexander Kern, Mainauer Straße 3, 12161 Berlin A-1182 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 18, 5. Mai 2000

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