Aus dem Institut für Pathologie Medizinische Hochschule Hannover
Fluoreszenz- in-situ -Hybridisierung (FISH) zur Untersuchung von Wachstumsrezeptor-Genen in
Speicheldrüsenkarzinomen
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnheilkunde der
Medizinischen Hochschule Hannover
vorgelegt von Maxie Karolin Schenk aus Berlin
2019
Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover
Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns Betreuer: Prof. Dr. med. Kais Hussein Kobetreuer:
Referent:
Koreferent:
Tag der mündlichen Prüfung:
Promotionsausschussmitglieder:
07.12.2020
/
Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Frank Tavassol
PD Dr. med.Phillipp Ivanyi
07.12.2020
Prof. Dr. med. Hans-Heinrich Kreipe PD Dr. med. Albert Heim
Prof. Dr. med. Andreas Klos
Einleitung
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1 Einleitung
Zielgerichtete Therapien sind ein wichtiger Baustein der modernen Onkologie. Aufgabe der Pathologie ist es dabei, Zieldefekte zu identifizieren, um dann über spezifische therapeutische Antikörper oder Inhibitormoleküle das Tumorwachstum hemmen zu können (Mendelsohn, 2013). Viele dieser Therapiekonzepte basieren auf häufigen Tumorarten, aber prinzipiell können zielgerichtete Therapien auf jede Art von Tumor, auch seltene Malignome, übertragen werden, vorausgesetzt, der molekulare Defekt liegt vor. In der modernen Onkologie stellen seltene Tumore ein Problem dar, weil nach der chirurgischen Resektion und Standard- Radio-/Chemotherapie der Nutzen weiterführender Therapiekonzepte häufig wegen der wenigen Patienten schwierig zu evaluieren ist. Speicheldrüsenkarzinome zählen zu den seltenen Tumoren und stellen zudem eine heterogene Gruppe von Tumoren dar (El-Nagger et al., 2017;
Boon et al., 2018). Üblicherweise werden Speicheldrüsenkarzinome grob in adenoidzystische und nichtadenoidzystische Karzinome eingeteilt. Grundlage dafür sind die tumorbiologisch häufige Perineuralscheideninfiltration (bedingt chirurgische Probleme bei der Resektabilität) und ein langsames Wachstum (wenig gutes Ansprechen auf eine alleinige Radio- /Chemotheapie) bei den adenoidzystischen Karzinomen. Prinzipiell können diese tumorbiologischen Merkmale aber auch bei anderen Speicheldrüsenkarzinomen auftreten (El- Naggar et al., 2017; Schwenzer & Ehrenfeld, 2011). Adenoidzystische Karzinome exprimieren häufig das KIT-Protein („KIT proto-oncogene receptor tyrosine kinase“), während das KIT- Gen in der Regel nicht mutiert ist (El-Nagger et al., 2017; Grünewald et al., 2015). Im Allgemeinen sind die Heilungschancen insbesondere bei lokal fortgeschrittenen Speicheldrüsentumoren und bereits metastasierten Formen eingeschränkt (Lukšić et al., 2012).
Bei häufigen Karzinomen, wie Mamma- und Lungenkarzinomen sowie Karzinomen des Gastrointestinaltraktes, gibt es verschiedene Möglichkeiten Wachstumsrezeptoren der Tumorzellen zu inhibieren. Dies setzt den Nachweis eines molekularen Defektes in Tumorgewebeproben voraus. Seit mehr als zehn Jahren gibt es Versuche, Patienten mit Speicheldrüsenkarzinomen, unabhängig vom Tumorsubtyp, mit zielgerichteten Therapien zu behandeln (Keller et al., 2018).
Einleitung
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In den meisten dieser Studien sind jedoch relativ wenig Patient behandelt worden und die klinischen Verläufe zeigen häufig keine länger andauernde Remission oder ein längeres Überleben (Keller et al., 2017). Der Hauptgrund dafür scheint zu sein, dass das Tumorgewebe in vielen Studien nicht ausreichend bezüglich molekularer Defekte, etwa von Wachstumsrezeptoren, untersucht worden ist (Glisson et al., 2004; Vidal et al., 2009; Ku et al., 2014).
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frequenz zytogenetischer Defekte von Wachstumsrezeptor-Genen bei Speicheldrüsenkarzinomen zu evaluieren. Dazu wurde ein eigenes Kollektiv untersucht und zusätzlich eine Metaanalyse von bereits publizierten Daten durchgeführt. Basierend auf diesen Daten sollte diskutiert werden, welcher diagnostische Algorithmus sinnvoll erscheint, um Patienten mit Speicheldrüsenkarzinomen für eine zielgerichtete Therapie oder eine Standardtherapie zu stratifizieren.
Im Folgenden werden die klinikopathologischen Charakteristika und bisherigen Standardtherapien sowie die hier untersuchten Wachstumsrezeptoren dargestellt.
Einleitung
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Rauchen ist ein typischer Risikofaktor für orale und laryngeale Plattenepithelkarzinome, jedoch nicht für Speicheldrüsenkarzinome. Bemerkenswerterweise ist Rauchen aber ein typischer Risikofaktor für den Warthin-Tumor, einen gutartigen Speicheldrüsentumor, welcher praktisch nie von benigne zu maligne transformiert (El-Naggar et al., 2017). Viren wie das humane Papilloma Virus (HPV) oder Epstein-Barr-Virus (EBV) stellen typische Faktoren in der Tumorgenese von Plattenepithelkarzinomen und einem Teil der Nasopharynxkarzinome dar (Udager & McHugh, 2017). Im Gegensatz dazu stellen Viren keine häufigen Risikofaktoren bei Speicheldrüsenkarzinomen dar (Skálová et al., 2013; Senft et al., 2015).
Die klinische Erstpräsentation von malignen Speicheldrüsenneoplasien ist häufig unspezifisch und kann Schwellungen, Schmerzen, motorische Ausfälle, insbesondere bei Infiltration des Faszialisnerven in der Parotis, und das Auftreten von B-Symptomatik wie Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust beinhalten. Karzinomverdächtig sind dabei insbesondere nicht verschiebliche Schwellungen und vergrößerte Lymphknoten des Kopf-Hals-Bereiches.
Hauptdifferentialdiagnosen sind gutartige Speicheldrüsentumore, andere maligne Tumore (etwa Lymphome) und tumorartige chronisch-vernarbende Entzündungen (sogenannte entzündliche Pseudotumore). Akute Entzündungen, zum Beispiel eitrige Speicheldrüsenentzündungen bei Gangverschluss durch Konkremente (Sialolithiasis), lassen sich wegen des klinischen Verlaufes von den häufig relativ langsam wachsenden Karzinomen abgrenzen (El-Naggar et al., 2017; Lombardi et al., 2017).
Nach der körperlichen Untersuchung können eine Sonographie sowie Computertomographie (CT), CT-Sialographie und Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden (Yousem, Kraut & Chalian, 2000; Lee et al., 2008). Tumorbiopsien und Zytologien werden selten genutzt, weil die Beurteilung bei wenig Gewebe häufig eingeschränkt oder nicht sicher möglich ist. Das Mittel der Wahl ist die vollständige Resektion der karzinomverdächtigen Läsion mit anschließender Rekonstruktion des entstandenen Defekts (Lombardi et al., 2017).
Dies erfolgt meistens in Kombination mit einer neck dissection, welche die Entfernung der regionalen Lymphknotenstationen sowie gegebenenfalls anderer Strukturen beinhaltet (Robbins et al., 2008).
Einleitung
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Das Gewebe des Primärtumors und gegebenenfalls das von Metastasen wird histopathologisch aufgearbeitet und begutachtet. Dabei wird der Subtyp eingeordnet, die Größe und die Infiltration anatomischer Nachbarstrukturen werden bestimmt sowie die Resektionsränder auf Tumorfreiheit beurteilt (El-Naggar et al., 2017). Unter anderem wird das Stadium der Tumorerkrankung mittels der TNM-Klassifikation bestimmt (Staging). Dieses beinhaltet Angaben zur Größe/Ausbreitung des Primärtumors (T), die Beurteilung des Fehlens oder Vorhandenseins sowie die Ausbreitung von regionären Lymphknoten- (N) und Fernmetastasen (M). Basierend darauf erfolgt eine Einteilung in Stadien von I – IV. Neben der Stadieneinteilung und der Differenzierung in die TNM-Kategorien findet die Einstufung des Malignitätsgrades mit Hilfe der histopathologischen Graduierung (Grading) statt. Zudem werden die lymphovaskuläre Infiltration (L, V), Perineuralscheideninfiltration (Pn) und der Resektionsrand (R) beurteilt (Brierley, Gospodarowicz & Wittekind, 2017; El-Naggar et al., 2017). Die histologische Klassifikation der World Health Organisation (WHO) unterscheidet mehr als 20 maligne Subtypen und deren Kodierung nach der International Classification of Diseases for Oncology (ICD-O) (El-Naggar et al., 2017).
Neben der konventionellen Histologie können als zusätzliche diagnostische Methoden die Immunhistochemie (Antikörper-basierte Proteindetektion) und Fluoreszenz-in-situ- Hybridisierung (FISH; DNA-Sonden-basierte Genabschnittmarkierung) eingesetzt werden.
Zum Beispiel zeigen adenoidzystische Karzinome immunhistochemisch in der Regel eine Positivität für KIT und weisen zudem eine Translokation im „MYB proto-oncogene, transcription factor“ (MYB)-Gen auf, welches mittels FISH darstellbar ist (Stephens et al., 2013; Yin & Ha, 2016; Skálová et al., 2017). PCR-basierte Mutationsanalysen werden in der Regel nicht für die Diagnostik verwendet. Hervorzuheben ist, dass aktuell alle Methoden in der Pathologie ganz allgemein der Diagnostik von Speicheldrüsenkarzinomen dienen, um den histopathologischen Subtyp festzulegen. Die Evaluation potentieller molekularpathologischer Ziele für eine spezifische Therapie ist kein Standard (Alotaibi et al., 2015; Lemound et al., 2016; Keller et al., 2017).
Einleitung
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Nach der chirurgischen Resektion und histopathologischen Diagnose eines Speicheldrüsenkarzinom-Subtyps kann je nach Patientenstatus eine Folgetherapie angewandt werden. Im Anschluss kann beispielsweise eine adjuvante Strahlentherapie und/oder Chemotherapie entsprechend dem Verlauf der Krankheit zum Einsatz kommen. Die Bestrahlung wird vermehrt bei Residualtumorgewebe, Perineuralscheideninfiltration und/oder adenoidzystischen Karzinomen angewandt (Bjørndal et al., 2012; Keller et al., 2017). Es gibt dabei nicht nur „eine“ Strahlentherapie, sondern verschiedene Teilchenarten und Bestrahlungsmodalitäten, aber keinen einheitlichen Standard. Eine neoadjuvante Strahlentherapie wird selten durchgeführt (Cooper et al., 2004; Cerda et al., 2014). Die Platin- basierte Chemotherapie kann bei bereits metastasierten Tumoren und in Kombination mit oder ohne postoperativer Strahlentherapie eine mögliche Therapieoption sein, aber insbesondere bei fortgeschrittener Tumorerkrankung führen diese Therapien häufig nicht zu einer Remission (Keller et al., 2017). Insbesondere bei diesen Patienten mit lokal fortgeschrittenen, nicht vollständig resektablen, rekurrenten und/oder metastasierten Speicheldrüsenkarzinomen gibt es bislang keine allgemein anerkannten Therapieoptionen. Eine zielgerichtete Therapie wäre prinzipiell eine Möglichkeit, aber anders als etwa bei Mammakarzinomen, bei denen in der modernen Medizin auch die Bestimmung von Wachstumsrezeptoren zur Therapiestratifizierung als Standard dazugehört, ist dies bei Speicheldrüsenkarzinomen keine Regel (Lemound et al., 2016; Keller et al., 2017; Corrêa et al., 2018). Ein Grund hierfür dürfte in der seltenen Inzidenz und Heterogenität der Speicheldrüsenkarzinome liegen (Boon et al., 2018). Daher gibt es nur relativ wenige Studien mit Einzelfallberichten oder kleinen Patientenkohorten zu durchgeführten zielgerichteten Therapien bei Patienten mit malignen Speicheldrüsenneoplasien, wobei die Patienten teilweise nicht anhand des molekularen Tumorprofils stratifiziert worden sind, sondern auch unabhängig vom Tumorrezeptorstatus behandelt wurden (Kadowaki et al., 2013; Limaye et al., 2013; Lemound et al., 2016; Keller et al., 2017). Im Folgenden sollen deshalb die in dieser Studie evaluierten Wachstumsrezeptoren dargestellt werden, da diese bei dem Nachweis molekularer Defekte als Zielfaktoren potentiell therapeutisch inhibiert werden können.
Einleitung
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Weitere Rezeptoren, die gezielt inhibiert werden können, sind „epidermal growth factor receptor“ (EGFR, Synonym HERBB1/HER1, Gen auf Chromosomenabschnitt 7q12),
„fibroblast growth factor receptors 1-3“ (FGFR1, FGFR2 und FGFR3, kodiert in Abschnitten 8p12, 10q26 und 4q16.3) und „MET proto-oncogene receptor tyrosine kinase“ (MET, 7q31) (Ach et al., 2013; André et al., 2013; Stenman, Persson & Andersson, 2014; Ach et al., 2016;
Saida et al., 2018). So kann etwa der Tyrosinkinaseinhibitor Lapatinib gleichsam gegen die Wachstumsfaktoren HER2 und EGFR wirksam sein (Alba et al., 2014). Im Allgemeinen werden Tumore mit vermehrter Rezeptorproteinexpression jedoch mit therapeutischen Antikörpern wie Trastuzumab (gegen HER2 gerichtet) oder Cetuximab (bindet und inhibiert spezifisch EGFR) behandelt (Locati et al., 2009a; Srivastava et al., 2013; Lee et al., 2014;
Kristeleit et al., 2016).
Defekte dieser genannten Rezeptoren sind teilweise bei Speicheldrüsenkarzinomen untersucht worden. Während HER2 in einem Teil der Speicheldrüsenkarzinome amplifiziert sein kann, sind Amplifikationen von EGFR und MET prinzipiell möglich, aber deutlich seltener (Ach et al., 2013; Alotaibi et al., 2015; Keller et al., 2017). Zu FGFGR1-3 gibt es bei Speicheldrüsenkarzinomen bislang wenige systematische zytogenetische Analysen (Ach et al., 2016) und ein Teil der publizierten Daten ist aus dieser hier vorliegenden Arbeit entstanden (Lemound et al., 2016). Punktmutationen von HER2, EGFR, FGFR2, FGFR3 und MET sind bei Speicheldrüsenkarzinomen in Einzelfällen beschrieben worden, treten jedoch insgesamt selten auf (< 5 %), während FGFR1-Mutation bislang nicht nachgewiesen werden konnten (Cros et al., 2013; Stephens et al., 2013; Ku et al., 2014; Grünewald et al., 2015). Dies ist insbesondere für das EGFR-Gen relevant, weil nur mutierte EGFR-Proteine durch Gefitinib effektiv inhibierbar sein können (Cappuzzo et al., 2005; Zou, Lee & Yan, 2018).
Im Folgenden wird die molekulare Funktion der Wachstumsrezeptoren genauer erläutert.
Einleitung
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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Rezeptoraktivierung und Signalweiterleitung.
Nach Ligandenbindung von EGF an EGFR kommt es zur Dimerisierung mit HER2 und folgender Autophosphorylierung der Rezeptoren und Adaptorproteinen. Die Signalweiterleitung erfolgt durch vier zentrale Signalkaskadenwege: die RAS/MAPK-, PI3K/AKT-, PLCγ- und STAT-Kaskade. Die somit in Gang gesetzten Signalkaskaden nehmen Einfluss auf die Proliferation, Differenzierung und Apoptose der Zelle. Die RAS/MAPK- Signalkaskade ist weiß dargestellt, PI3K/AKT dunkelgrau, PLCγ grau und der STAT-Signalweg ist hellgrau markiert. Abkürzungen der Signalfaktoren im Text. Originalabbildung basierend auf Hynes & Lane, (2005), Wolf- Yadlin et al. (2006) und Hynes & MacDonald (2009).
Der RAS/MAPK-Signalweg beginnt durch die Übertragung einer Phosphatgruppe auf „growth factor receptor-bound protein 2“ (GRB2) sowie „Grb2-associated adaptor protein“ (GAB1).
Das G-Protein RAS wird mit Hilfe des GRB2 assoziierten „son of sevenless“ (SOS) aktiviert und unterstützt die Induktion des „rapidly accelerated fibrosacroma“ (RAF) Proteins. RAF wiederum phosphoryliert weitere folgende Proteine der Signalkaskade.
Über die Aktivierung von „extracellular signal regulated kinase“ (ERK) beeinflussen Transkriptionsfaktoren wie „potassium voltage-gated channel subfamily H member 8“
(KCNH8) und „MYC proto-oncogene, bHLH transcription factor“ (MYC) im Zellkern die Zellzyklusaktivität.
Einleitung
11
Das GAB1 mit „SRC homology protein tyrosine phosphatase 2“ (SHP2) initiiert ebenfalls eine Aktivierung von MAPK (Weidner et al., 1996; Prenzel et al., 2001).
Eine besondere Bedeutung hat RAS, wobei es im menschlichen Genom drei Varianten gibt (KRAS-, NRAS- und HRAS-Gene), welche auf verschiedenen Chromosomenabschnitten kodiert sind (12p12.1, 1p13.2 und 11p15.5). Etwa 20 % aller Speicheldrüsenkarzinome weisen nämlich eine HRAS-Mutation, selten jedoch KRAS- oder NRAS-Mutationen auf (Cros et al., 2013;
Stephens et al., 2013; Ku et al., 2014; Grünewald et al., 2015). Die Mutation bewirkt, dass das RAS-Protein unabhängig von der Rezeptoraktivierung eine nachfolgende Signalkaskade initiiert und die therapeutische Inhibition des Rezeptors unwirksam wird (Quinlan & Settleman, 2009; Boeckx et al., 2013; Saida et al., 2018).
Durch die Phosphorylierung von PLCγ mit Hilfe des aktivierten Rezeptors wird
„phosphatidylinositol 4,5-bisphosphate“ (PIP2) hydrolysiert, um „inositol triphosphate“ (IP3) und „diacylglycerol“ (DAG) zu produzieren. IP3 fördert einen intrazellulären Anstieg des Kalziumionenlevels und DAG stimuliert die Produktion des Enzyms „protein kinase C“ (PKC). Beides hat Einfluss auf weitere Signalwege (Hynes & MacDonald, 2009).
Die PI3K/AKT-Kaskade startet nach Aktivierung des Rezeptors mit der Übertragung eines Phosphatrests auf PI3K. Die aktivierte PI3K katalysiert mit Hilfe von p110 (katalytische Untereinheit) die Umsetzung des Membranlipids PIP2 zu „Phosphatidylinositol-3,4,5- Triphosphat“ (PIP3). Daraufhin wird AKT durch „Phosphatidylinositol-dependent kinase“
(PDK) phosphoryliert und aktiviert ihrerseits „mechanistic target of rapamycin“ (MTOR) durch eine gleichzeitige Inhibierung von „TSC complex subunit 2“ (TSC2). Die Phosphorylierung des Zielproteins „forkhead box class O1“ (FOXO1) verhindert die Apoptose der Zelle (Prenzel et al., 2001; Luo, Manning & Cantley, 2003; Song, Salmena & Pandolfi, 2012).
Die Proteine der STAT-Proteinfamilie (STAT1-7) fungieren als Transkriptionsfaktor und die STAT-Route beschreibt eine direkte Aktivierung von STAT durch den Rezeptor. Im Zellkern sind STAT-Faktoren für die Expression von Genen verantwortlich, die für die Proliferation und Differenzierung der Zelle zuständig sind (Vinkemeier et al., 1998; Prenzel et al., 2001).
Einleitung
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HER2 ist ein membranständiges Glykoprotein und setzt sich aus vier extrazellulären Domänen, einer lipophilen transmembranen Verbindungsdomäne sowie einer Tyrosinkinasedomäne und einem Carboxy-Terminus auf der zytosolischen Seite zusammen (Jones et al., 2006; Landgraf, 2007). Im Unterschied zu seinen anderen Familienmitgliedern (EGFR, HER3 und HER4) bindet HER2 keinen Liganden, sondern fungiert als Korezeptor (Wolf-Yadlin et al., 2006;
Landgraf, 2007; Wu, Flynn & Wong, 2009). HER2 unterstützt dabei die Bindung der Wachstumsfaktoren an weitere Rezeptoren seiner Familie, indem es mit dem jeweiligen Rezeptor ein Heterodimer bildet (Abbildung 2). Zusätzlich zur Rezeptorstabilisierung dient die Bildung des Heterodimers der Signalverstärkung in der nachfolgenden Signalstoffkette (Lenferink et al., 1998; Creedon et al., 2014).
Abbildung 2: Homo- und Heterodimerisierung der HER-Familie.
Die Rezeptoren der HER-Familie können mit oder unabhängig von Liganden aktiviert werden. EGFR z. B. wird durch die Bindung zu EGF aktiviert (a.), HER2 wiederum wird alleinig durch die Bindung zu EGFR, HER3 oder HER4 aktiviert (b.). Die Homo- oder Heterodimerbildung (hier HER2 und EGFR) führt zur Verstärkung der Signale mit Phosphorylierung (P) von Transmitterkinasen (TK) und Aktivierung der Signaltransduktionskaskaden.
Originalabbildung basierend auf Friess, Scheuer & Hasmann (2005).
Zielsetzung und Fragestellung
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2 Zielsetzung und Fragestellung
Es gibt bei Speicheldrüsenkarzinomen bereits Untersuchungen zur Genamplifikation von Wachstumsrezeptoren, jedoch keine Analysen, die innerhalb der Speicheldrüsenkarzinome sechs verschiedene und potentiell therapeutisch nutzbare Rezeptoren evaluiert haben. Ziel dieser hier vorliegenden Arbeit war es somit, mittels FISH ein molekularzytogenetisches Profil von HER2, EGFR, FGFR1, FGFR2, FGFR3 und MET zu erstellen. Die zusätzlich durchgeführte Metanalyse untersuchte systematisch Publikationen zu molekularzytogenetischen Untersuchungen von Defekten der Wachstumsrezeptor-Genen (HER2, EGFR, FGFR1-3 und MET) in Speicheldrüsenkarzinomen der letzten 25 Jahre (1993– 2018). Dabei stellt sich die Frage, wie häufig Speicheldrüsenkarzinome für eins oder mehrere dieser Gene eine Amplifikation aufweisen, so dass hier eine gezielte Auswahl für die FISH-Diagnostik getroffen werden kann und möglicherweise eine Rationale für eine Therapiestratifizierung ableitbar sein könnte.
Material und Methoden
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3.1.2.2 Protokoll für die Durchführung der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
Die FFPE-Tumorproben waren auf zwei Multiblöcke verteilt. Die Mikrotomschnitte wurden auf SuperFrost®-Objektträger (Thermo Scientific Menzel, Fisher Scientific GmbH, Scherte, DE) aufgezogen (~5 µm dicke Schnitte).
Zu Beginn erfolgte die Entparaffinierung der Gewebeschnitte. Hierzu wurden die Schnitte erst eine Stunde bei 60 °C in einem Brutschrank inkubiert. Danach erfolgte zweimal das zehnminütige Waschen in Xylolersatz (AppliClear®, AppliChem GmbH, Darmstadt, DE).
Anschließend wurden sie über eine absteigende Alkoholreihe in ein wässriges Milieu überführt:
Ethanol 100 % (zwei Minuten), Ethanol 85 % (zwei Minuten), Ethanol 70 % (zwei Minuten).
Nach Durchlaufen der Alkoholreihe wurden die Schnitte mit destilliertem Wasser gewaschen.
Danach wurden die Objektträger in einer ersten Vorbehandlung für 30 Minuten in Zitratpuffer (pH 6) eingelegt und in der Mikrowelle erwärmt (900 Watt). Die abgekühlten Schnitte wurden mit destilliertem Wasser abgespült und für den weiteren Verlauf vorbereitet.
Im Anschluss erfolgte die Inkubation in Pepsin-Lösung (Sigma-Aldrich/Merck, Darmstadt, DE) bei 37 °C für 25 Minuten, mit anschließendem Waschen mit destilliertem Wasser, gefolgt von einer aufsteigenden Alkoholreihe (80 %, 85 % und 100 % Ethanol, jeweils zwei Minuten).
Nach dem Trocknen der Gewebeschnitte wurde die DNA mit den Fluoreszenz-markierten Sonden hybridisiert. Dazu wurden 5 µl der jeweiligen Gen-Sonde der Firma Zytomed (Zytomed Systems GmbH, Berlin, DE) lichtgeschützt auf die Gewebeschnitte pipettiert, die dann mit Fixogum® (Marabu GmbH & Co. KG, Tamm, DE) und einem Deckglas (Thermo Scientific Menzel, Fisher Scientific GmbH, Scherte, DE) von 15 x 15 mm versiegelt wurden. Schließlich erfolgte die DNA-Doppelstrangdenaturierung durch Inkubation der Objektträger bei 80 °C für zehn Minuten. Die in Tabelle 1 aufgeführten Gensonden wurden verwendet.
Die Hybridisierung fand bei 37 °C für mindestens zehn Stunden im ThermoBrite® (Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden, DE) statt.
Material und Methoden
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Tabelle 1: Lokalisation der Gene, die für MET, EGFR, HER2, FGFR1, FGFR2 und FGFR3 kodieren, sowie Lage der zugehörigen Kontrollgenabschnitte.
Gen Lokalisation des Zielgens Lokalisation des Kontrollgens
HER2 17q12 CEP 17
EGFR 7q12 CEP 7
FGFR1 8p12 CEP 8
FGFR2 10q26 CEP 10
FGFR3 4p16.3 14q32
MET 7q31 CEP 7
Am zweiten Tag wurde zunächst das Fixogum® entfernt. Zum Lösen der Deckgläser wurden die Objektträger in lichtarmer Umgebung in Küvetten mit Natriumzitratsalzlösung-Puffer (Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden, DE) gewaschen. Die Küvetten wurden dann in einem Wasserbad auf 75 °C erwärmt. Die Objektträger wurden in den Küvetten zwei Minuten gewaschen und anschließend bei Raumtemperatur durch eine absteigende Alkoholreihe geführt. Nach der lichtgeschützten Trocknung der Objektträger erfolgten das Aufbringen von 10 µl DAPI-Lösung (ZytoVision GmbH, Bremerhaven, DE) und der Verschluss unter einem 24 x 60 mm großen Deckglas.
3.1.2.3 Auswertung
Die Auswertung der mit Fluoreszenz gefärbten Gewebeschnitte erfolgte unter dem Fluoreszenzmikroskop (BX 51) mittels eines UPlanFI 100x/1.30 Öl Objektiv (alles Olympus, Hamburg, DE), wobei zwei Farben erkennbar waren: Rot als Kontrolle für das jeweilige Zentromer und Grün für das entsprechende Gen, das für die jeweiligen Rezeptoren kodiert (Tabelle 1). Es wurden 100 Zellkerne von Tumorzellen untersucht. Zur internen Kontrolle dienten Stromazellen zwischen den Tumorzellen sowie separates tumorfreies Speicheldrüsengewebe. Die deskriptive statistische Analyse der Daten wurde mittels Excel 2016 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) durchgeführt.
Die Darstellung des ereignisfreien Überlebens erfolgte mit dem PRISM-Programm (GraphPad PRISM 5.0, GraphPad Software, San Diego, CA, USA); bei der geringen Fallzahl war eine statistische Analyse nicht sinnvoll möglich.
Ergebnisse
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Abbildung 5: Keine Amplifikation von EGFR, FGFR und MET bei Speicheldrüsenkarzinomen.
A) EGFR weist keine Amplifikation auf, aber bei diesem Karzinom eine Aneuploidie in einem Teil der Tumorzellkerne. B) Auch FGFR1-3 zeigten keine Amplifikationen. Repräsentativ wurde hier FGFR1 dargestellt und lässt eine normale Signalkonstellation erkennen. C) MET zeigt ebenfalls keine Amplifikation. Vergrößerung in allen Abbildungen x1000.
Ergebnisse
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CISH/SISH anstatt FISH wurde in den Studien von Johnson et al. (2008), Di Palma et al.
(2012), Nakano et al. (2013) und Nishijima et al. (2015) verwendet. Popovtzer et al. (2015) untersuchte fünf Proben mittels FISH und eine Probe mit CISH. Hervorzuheben ist, dass mehrere Studien gezeigt haben, dass die Ergebnisse mittels FISH und CISH/SISH nahezu identisch sind (96 – 99 % Kongruenz) (Hanna & Kwok, 2006; Gong et al., 2009; Fritzsche et al., 2010; Papouchado et al., 2010; Mollerup et al., 2012).
Tabelle 2: Inzidenz der Subtypen und Angaben zur Methode der Analyse der Rezeptor-Gene innerhalb der Publikationen.
Quelle,
Speicheldrüsenkarzinome
Wachstumsrezeptor (Analysemethode), Anzahl der Tumoren
Ach et al., 2013
(n gesamt = 233 Tumore)
MET (FISH)
Adenoidzystisches Karzinom 35
Adenokarzinom NOS 25
Azinuszellkarzinom 37
Basalzelladenokarzinom 4
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 2
Großzelliges Karzinom 2
Mukoepidermoidkarzinom 41
Myoepitheliales Karzinom 20
Onkozytäres Karzinom 5
Plattenepithelkarzinom 26
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 7
Speichelgangkarzinom 24
Undifferenziertes Karzinom 4
Zystadenokarzinom 1
Ach et al., 2016
(n gesamt = 179 Tumore)
FGFR1, FGFR3 (FISH)
Adenoidzystisches Karzinom 22
Adenokarzinom NOS 23
Azinuszellkarzinom 27
Mukoepidermoidkarzinom 29
Myoepitheliales Karzinom 14
Plattenepithelkarzinom 17
Speichelgangkarzinom 21
Subtyp nicht angegeben 26
Ergebnisse
27
Tabelle 2; Fortführung
Quelle,
Speicheldrüsenkarzinome
Wachstumsrezeptor (Analysemethode), Anzahl der Tumoren
Boštjančič et al., 2017 (n gesamt = 70 Tumore)
EGFR
(FISH, Immunhistochemie/IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 8
Adenokarzinom NOS 4
Azinuszellkarzinom 16
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 5
Karzinom aus pleomorphem Adenom 9
Karzinosarkom 1
Kleinzelliges Karzinom 1
Mukoepidermoidkarzinom 16
Plattenepithelkarzinom 1
Speichelgangkarzinom 2
Undifferenziertes Karzinom 7
Can et al., 2018
(n gesamt = 16 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 1
Azinuszellkarzinom 2
Karzinom aus pleomorphem Adenom 1
Onkozytäres Karzinom 1
Plattenepithelkarzinom 1
Speichelgangkarzinom 6
Undifferenziertes Karzinom 4
Chiosea et al., 2015 (n gesamt = 30 Tumore)
HER2, FGFR1 (FISH)
Speichelgangkarzinom 30
Clauditz et al., 2011 (n gesamt = 819 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 152
Adenokarzinom NOS 81
Azinuszellkarzinom 140
Basalzelladenokarzinom 23
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 48
Mukoepidermoidkarzinom 294
Myoepitheliales Karzinom 19
Onkozytäres Karzinom 11
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 37
Speichelgangkarzinom 14
Ergebnisse
28
Tabelle 2; Fortführung
Quelle,
Speicheldrüsenkarzinome
Wachstumsrezeptor (Analysemethode), Anzahl der Tumoren
Clauditz et al., 2012 (n gesamt = 568 Tumore)
EGFR (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 142
Adenokarzinom NOS 84
Azinuszellkarzinom 143
Basalzelladenokarzinom 22
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 43
Mukoepidermoidkarzinom 52
Myoepitheliales Karzinom 17
Onkozytäres Karzinom 10
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 29
Speichelgangkarzinom 15
Zystadenokarzinom 11
Cornolti et al., 2007 (n gesamt = 13 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 13
Di Palma et al., 2005 (n gesamt = 6 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Karzinom aus pleomorphem Adenom 6
Di Palma et al., 2012 (n gesamt = 42 Tumore)
HER2 (SISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 42
Ettl et al., 2012 (a) (n gesamt = 266 Tumore)
HER2, EGFR (FISH, IHC)
Subtyp nicht angegeben 266
Ettl et al., 2012 (b) (n gesamt = 265 Tumore)
HER2, EGFR (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 45
Adenokarzinom NOS 29
Azinuszellkarzinom 39
Mukoepidermoidkarzinom 42
Myoepitheliales Karzinom 17
Plattenepithelkarzinom 25
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 9
Speichelgangkarzinom 31
Subtyp nicht angegeben 28
Ettl et al., 2013
(n gesamt = 249 Tumore)
HER2, EGFR, MET (FISH)
Subtyp nicht angegeben 249
Ergebnisse
29
Tabelle 2; Fortführung
Quelle,
Speicheldrüsenkarzinome
Wachstumsrezeptor (Analysemethode), Anzahl der Tumoren
Johnson et al., 2008 (n gesamt = 12 Tumore)
HER2 (CISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 12
Kondo et al., 2014 (n gesamt = 13 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 13
Lemound et al., 2016 (eigene Daten) (n gesamt = 38 Tumore)
HER2, EGFR, FGFR1-3, MET (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 14
Adenokarzinom NOS 6
Karzinom aus pleomorphem Adenom 6
Karzinosarkom 1
Mukoepidermoidkarzinom 10
Speichelgangkarzinom 1
Limaye et al., 2013 (n gesamt = 13 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 13
Locati et al., 2009 (a) (n gesamt = 30 Tumore)
EGFR (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 23
Subtyp nicht angegeben 7
Locati et al., 2009 (b) (n gesamt = 26 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 1
Adenokarzinom NOS 3
Mukoepidermoidkarzinom 0
Myoepitheliales Karzinom 0
Speichelgangkarzinom 19
Undifferenziertes Karzinom 1
Subtyp nicht angegeben 2
Luk et al., 2016
(n gesamt = 23 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 23
Nabili et al., 2007 (n gesamt = 7 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 7
Nakano et al., 2013 (n gesamt = 28 Tumore)
HER2, EGFR (CISH, IHC)
Mukoepidermoidkarzinom 28
Ergebnisse
30
Tabelle 2; Fortführung
Quelle,
Speicheldrüsenkarzinome
Wachstumsrezeptor (Analysemethode), Anzahl der Tumoren
Nardi et al., 2013 (n gesamt = 27 Tumore)
HER2 (FISH)
Speichelgangkarzinom 27
Nishijima et al., 2015 (n gesamt = 48 Tumore)
HER2, EGFR (CISH, IHC)
Karzinom aus pleomorphem Adenom 48
Popovtzer et al., 2015 (n gesamt = 6 Tumore)
HER2, EGFR (CISH, IHC)
Adenoidzystisches Karzinom 6
Press et al., 1994 (n gesamt = 58 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Mukoepidermoidkarzinom 58
Skálová et al., 2017 (n gesamt = 10 Tumore)
HER2 (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 10
Vidal et al., 2009 (n gesamt = 40 Tumore)
HER2, EGFR (FISH, IHC)
Adenokarzinom 7
Adenoidzystisches Karzinom 20
Azinuszellkarzinom 1
Mukoepidermoidkarzinom 2
Plattenepithelkarzinom 3
Speichelgangkarzinom 4
Undifferenziertes Karzinom 3
Williams et al., 2010 (n gesamt = 66 Tumore)
HER2, EGFR (FISH, IHC)
Speichelgangkarzinom 66
Die häufigsten analysierten Speicheldrüsensubtypen waren Mukoepidermoidkarzinome (n = 572; 17,9 %), adenoidzystische Karzinome (n = 469; 14,7 %), Azinuszellkarzinome (n = 405; 12,7 %), Speichelgangkarzinome (n = 393; 12,3 %) und Adenokarzinome NOS (n = 255; 8 %). Das Karzinosarkom (n = 2; < 1 %), großzellige (n = 2; < 1 %) und kleinzellige Karzinome (n = 1; < 1 %) stellten die am seltensten vertretenen Tumore dar (Tabelle 3). Diese Verteilung spiegelt in etwa die allgemeine Häufigkeitsverteilung innerhalb der Speichendrüsenkarzinome dar (El-Nagger et al., 2017).
Ergebnisse
31
Den höchsten prozentualen Anteil unter den angegebenen Tumoren machen allerdings die Gruppe der „nicht angegebenen Subtypen“ aus (n = 585; 18,3 %). Unter „Subtyp nicht angegeben“ wurden maligne Speicheldrüsenneoplasien zusammengefasst, deren Klassifizierung nicht näher in den jeweiligen Publikationen im Zusammenhang mit den Ergebnissen zur FISH- oder Immunhistochemie-Analyse spezifiziert wurden (Locati et al., 2009a, Locati et al., 2009b; Ettl et al., 2012a, Ettl et al., 2012b; Ach et al., 2016; Ettl et al., 2013). Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich dabei größtenteils um Kohorten mit heterogenen, repräsentativen Subtypenverteilungen handelt. Dies soll am Beispiel von Ettl et al. (2013) im Folgenden näher erläutert werden. Ettl et al. (2013) gibt 19 Amplifikationen des HER2-Gens in 249 FISH-analysierten Karzinomproben an. Die Studie zur Aussagekraft des zervikalen Lymphknoten-Status in Speicheldrüsenkarzinomen beinhaltet 316 Speicheldrüsenkarzinomproben, wovon bei 249 der HER2-Status mittels FISH untersucht wurde. Im Detail setzten sich die 316 Tumorproben aus 51 Mukoepidermoidkarzinomen, 43 Azinuszellkarzinomen, 50 adenoidzystischen Karzinomen, 35 Speichelgangkarzinomen, 36 Adenokarzinomen NOS, 30 Plattenepithelkarzinomen, 21 myoepithelialen Karzinomen, 13 polymorphen niedriggradigen Adenokarzinomen und 37 undifferenzierten Karzinomen zusammen. Die Amplifikationen wurden nicht für die einzelnen Subtypen aufgeschlüsselt, sondern es wird in der Publikation erwähnt, dass 7,6 % (n = 19/249) der untersuchten Speicheldrüsenkarzinome eine HER2-Amplifikation aufweisen (Ettl et al., 2013). Diese Fälle werden daher in der hier durchgeführten Metaanalyse unter der Gruppe „Subtyp nicht angegeben“ zusammengefasst, da aus den Angaben nicht zurückgeschlossen werden konnte, welche Subtypen genau zu den HER2-amplifizierten Karzinomen gehörten. In folgenden Publikationen konnten die histologischen Subtypen ebenfalls nicht den FISH-Ergebnissen genauer zugeordnet werden: Locati et al. (2009a, 2009b), Ettl et al. (2012a, 2012b) und Ach et al. (2016).
Ergebnisse
32
Tabelle 3: Verteilung der Subtypen innerhalb der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinomsubtyp Gesamtanzahl der
Tumore % gesamt
Adenoidzystisches Karzinom 469 14,7 %
Adenokarzinom NOS 255 8 %
Azinuszellkarzinom 405 12,7 %
Basalzelladenokarzinom 49 1,5 %
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 98 3,1 %
Großzelliges Karzinom 2 0,1 %
Karzinosarkom 2 0,1 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 70 2,2 %
Kleinzelliges Karzinom 1 0,03 %
Mukoepidermoidkarzinom 572 17,9 %
Myoepitheliales Karzinom 87 2,7 %
Onkozytäres Karzinom 27 0,8 %
Plattenepithelkarzinom 73 2,3 %
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 82 2,6 %
Speichelgangkarzinom 393 12,3 %
Undifferenziertes Karzinom 19 0,6 %
Zystadenokarzinom 12 0,4 %
Subtyp nicht angegeben 585 18,3 %
Gesamtergebnis 3201 100 %
Ergebnisse
34
Tabelle 4: Frequenz der HER2-amplifizierten Speicheldrüsenkarzinome in der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinomsubtyp Gesamtanzahl der Tumore (n)
Amplifikation (n)
% amplifiziert, bezogen auf den Subtyp
Adenoidzystisches Karzinom 239 3 1,3 %
Adenokarzinom NOS 119 5 4,2 %
Azinuszellkarzinom 182 0 0 %
Basalzelladenokarzinom 23 0 0 %
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 48 1 2,1 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 61 26 42,6 %
Karzinosarkom 1 0 0 %
Mukoepidermoidkarzinom 434 21 4,8 %
Myoepitheliales Karzinom 36 0 0 %
Onkozytäres Karzinom 12 1 8,3 %
Plattenepithelkarzinom 29 4 13,8 %
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 46 0 0 %
Speichelgangkarzinom 331 92 27,8 %
Undifferenziertes Karzinom 8 3 37,5 %
Subtyp nicht angegeben 552 40 7,2 %
Gesamtergebnis 2121 196 9,2 %
Ergebnisse
35
Ein Fünftel (n = 2/10) der undifferenzierten Karzinome wies eine EGFR-Amplifikation auf.
Das Mukoepidermoidkarzinom stellt mit 3,3 % (n = 5/152) den am zweithäufigsten amplifi- zierten Subtyp dar.
Das Karzinom aus pleomorphem Adenom (n = 1/63) und das Adenokarzinom NOS (n = 2/122) präsentierten sich jeweils in 1,6 % der analysierten Gewebe amplifiziert. Das Azinuszellkarzi- nom (n = 2/257; 1,5 %), die „nicht angegebenen Subtypen“ (n = 6/552; 1,1 %) und das Speichelgangkarzinom (n = 1/120; 0,8 %) zeigten sich unter 2 % amplifiziert für EGFR. Mit einer Gesamtamplifikationsfrequenz von 1,3 % ist das EGFR-Gen sehr selten in Speicheldrü- senkarzinomen amplifiziert (Tabelle 5).
Tabelle 5: Frequenz der EGFR-amplifizierten Speicheldrüsenkarzinome in der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinomsubtyp Gesamtanzahl der Tumore (n)
Amplifikation (n)
% amplifiziert, bezogen auf den Subtyp
Adenoidzystisches Karzinom 250 2 0,8 %
Adenokarzinom NOS 122 2 1,6 %
Azinuszellkarzinom 198 3 1,5 %
Basalzelladenokarzinom 22 0 0 %
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 48 0 0 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 63 1 1,6 %
Karzinosarkom 2 0 0 %
Kleinzelliges Karzinom 1 0 0 %
Mukoepidermoidkarzinom 152 5 3,3 %
Myoepitheliales Karzinom 33 0 0 %
Onkozytäres Karzinom 10 0 0 %
Plattenepithelkarzinom 28 0 0 %
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 37 0 0 %
Speichelgangkarzinom 120 1 0,8 %
Undifferenziertes Karzinom 10 2 20 %
Zystadenokarzinom 11 0 0 %
Subtyp nicht angegeben 559 6 1,1 %
Gesamtergebnis 1666 22 1,3 %
Ergebnisse
37
Die EGFR-Immunhistochemie (n = 1488) zeigte in 138/1488 Tumorproben eine schwach positive Markierung (1+; 9 %), in 115/1488 eine mäßiggradige Positivität (2+; 8 %) und in 360/1488 eine Überexpression (3+; 24 %). Innerhalb der stark positiven (3+) Speicheldrüsen- karzinome zeigten sich 18 von 360 Fällen (5 %) eine Amplifikation des EGFR-Gens (Tabelle 7). Dabei waren insgesamt 22 Fälle mittels FISH EGFR-amplifiziert, aber nur 19/22
Fälle wurden auch mittels Immunhistochemie untersucht (n = 3; Ettl et al., 2013) und ein Adenokarzinom NOS wies eine EGFR-Amplifikation ohne nachweisbare Proteinüberexpres-
sion auf (Boštjančič et al., 2017; Tabelle 7).
Tabelle 7: Korrelation des Immunhistochemie (IHC)-Status zu Amplifikationen des EGFR-Gens innerhalb der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinom Gesamtanzahl der Tumore (n)
IHC
amplifiziert 1+ 2+ 3+
Adenoidzystisches Karzinom 264 48 34 68 2
Adenokarzinom NOS 137 15 10 19 1
Azinuszellkarzinom 224 16 11 7 3
Basalzelladenokarzinom 24 9 4 8 0
Zystadenokarzinom 14 2 1 1 0
Karzinosarkom 1 0 0 0 0
Karzinom aus pleomorphem Adenom 59 0 0 35 1
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 57 0 0 31 0
Mukoepidermoidkarzinom 149 3 8 71 5
Myoepitheliales Karzinom 39 14 16 4 0
Onkozytäres Karzinom 12 5 2 3 0
Plattenepithelkarzinom 26 0 1 12 0
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 48 2 6 7 0
Kleinzelliges Karzinom 1 0 0 0 0
Speichelgangkarzinom 117 21 20 26 1
Undifferenziertes Karzinom 3 1 0 2 2
Subtyp nicht angegeben 313 2 2 66 3
Gesamtergebnis 1488 138 115 360 18
Ergebnisse
39
Tabelle 8: Frequenz der FGFR1-amplifizierten Speicheldrüsenkarzinome in der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinom Gesamtanzahl
der Tumore (n) Amplifikation (n)
% amplifiziert, bezogen auf den
Subtyp
Adenoidzystisches Karzinom 36 1 2,8 %
Adenokarzinom NOS 29 1 3,4 %
Azinuszellkarzinom 27 0 0 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 1 0 0 %
Karzinosarkom 6 0 0 %
Myoepitheliales Karzinom 39 1 2,6 %
Mukoepidermoidkarzinom 14 0 0 %
Plattenepithelkarzinom 17 1 5,9 %
Speichelgangkarzinom 52 3 5,8 %
Subtyp nicht angegeben 26 1 3,8 %
Gesamtergebnis 247 8 3,2 %
Tabelle 9: Frequenz der FGFR3-amplifizierten Speicheldrüsenkarzinome in der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinom Gesamtanzahl
der Tumore (n) Amplifikation (n)
% amplifiziert, bezogen auf den
Subtyp
Adenoidzystisches Karzinom 51 1 2,0 %
Adenokarzinom NOS 30 0 0 %
Azinuszellkarzinom 27 0 0 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 1 0 0 %
Karzinosarkom 6 0 0 %
Mukoepidermoidkarzinom 47 0 0 %
Myoepitheliales Karzinom 18 0 0 %
Plattenepithelkarzinom 20 0 0 %
Speichelgangkarzinom 24 0 0 %
Subtyp nicht angegeben 25 0 0 %
Gesamtergebnis 249 1 0,4 %
Ergebnisse
40
Ähnlich wie EGFR und die drei FGFR-Gene war auch das MET-Gen selten bei Speicheldrüsenkarzinomen amplifiziert (n = 4/497; 0,8 %). Verschiedene Subtypen zeigten eine Amplifikation: ein Adenokarzinom NOS, ein myoepitheliales Karzinom (Ach et al., 2013) und zwei nicht weiter spezifizierte Karzinome (Ettl et al., 2013; Tabelle 10). Dem Text der Publikation von Ach et al. (2013) konnte entnommen werden, dass zwei dieser Karzinome mit MET-Amplifikationen entweder keine Proteinüberexpression oder eine vermehrte Proteinexpression aufwiesen.
Tabelle 10: Frequenz der MET-amplifizierten Speicheldrüsenkarzinome in der Metaanalyse.
Speicheldrüsenkarzinom Gesamtanzahl der Tumore (n)
Amplifikation (n)
% amplifiziert, bezogen auf den
Subtyp
Adenoidzystisches Karzinom 49 0 0 %
Adenokarzinom NOS 31 1 3,2 %
Azinuszellkarzinom 37 0 0 %
Basalzellkarzinom 4 0 0 %
Epitheliales-myoepitheliales Karzinom 2 0 0 %
Großzelliges Karzinom 2 0 0 %
Karzinom aus pleomorphem Adenom 1 0 0 %
Karzinosarkom 6 0 0 %
Myoepitheliales Karzinom 20 1 5 %
Mukoepidermoidkarzinom 51 0 0 %
Onkozytäres Karzinom 5 0 0 %
Plattenepithelkarzinom 11 0 0 %
Polymorphes niedriggradiges Adenokarzinom 7 0 0 %
Speichelgangkarzinom 5 0 0 %
Undifferenziertes Karzinom 4 0 0 %
Subtyp nicht angegeben 226 2 0,9 %
Gesamtergebnis 497 4 0,8 %
Ergebnisse
42
Die palliative Therapie setzte sich ebenfalls aus den gleichen Medikamenten in folgender Do- sierung zusammen: Trastuzumab (2 mg/kg), Carboplatin (AUC 5 - 6) und Paclitaxel (175 mg/m2) für sechs Zyklen und darauffolgend Trastuzumab (4 mg/kg) als Monotherapie. Einer der fünf palliativ behandelten Patienten zeigte unter Therapie nach 53 Monaten einen stabilen Verlauf. Bei den anderen Patienten stellte sich unter Therapie nach 20 – 36 Monaten kein an- haltendes Ansprechen ein.
In der Analyse von Nardi et al. (2013) lagen 8/27 Speichelgangkarzinom-Proben amplifiziert für HER2 und 11/27 Gewebeanalysen immunhistochemisch deutlich positiv (3+) vor. Die un- tersuchte Kohorte (n = 27) setzte sich im Detail aus 19 bereits archivierten Tumorproben (FFPE) und acht Patientenproben zusammen. Von den acht untersuchten Patienten wiesen sechs Patienten Therapie-relevante Aberrationen auf, wurden in klinische Studien aufgenom- men und medikamentös eingestellt. Nardi et al. (2013) untersuchten neben dem HER2-Status auch den Mutationsstatus von „v-Raf murine sarcoma viral oncogene homolog B“ (BRAF) so- wie „phosphatidylinositol-4,5-bisphosphate 3-kinase, catalytic subunit alpha“ (PIK3CA) mittels SNaPshot® Multiplexsystem und analysierten immunhistochemisch den Androgenre- zeptor-Status. BRAF zeigte sich in 7 % (n = 2/27) und PIK3CA in 18,5 % (n = 5/27) der Proben mutiert. Der Großteil (89 %; n = 24/27) der analysierten Speichelgangkarzinome wies eine im- munhistochemische Androgenrezeptor-Positivität auf. Die sechs Patienten wurden entsprechend den detektierten Aberrationen wie folgt therapiert: Zwei Patienten (beide HER2- amplifiziert) wurden gleichzeitig mit einer Kombination aus Strahlen- sowie Chemotherapie und Trastuzumab behandelt. Dies führte bei einem Patienten zu sechs- und bei dem anderen Patienten zu 12-monatiger Stabilisierung der Erkrankung. Bei beiden Patienten wurde ein Über- leben von mindestens 13 und 33 Monaten nach Erstdiagnose dokumentiert. Weitere vier von sechs Patienten wurden mit zielgerichteten Therapien wie MEK-, BRAF- und PI3K/MTOR- Inhibitoren behandelt. Bei einer Patientin mit einem PIK3CAH1047R-mutierten Speichelgangkar- zinom konnte der Krankheitsverlauf mit einem MTOR-Inhibitor für lediglich acht Wochen aufgehalten werden, ein weiterer Patient mit einem PIK3CAE545K-mutierten Speichelgangkar- zinom zeigte einen stabilen Krankheitsverlauf für insgesamt 8,7 Monate nach Behandlung mit einem PI3K-Ihibitor sowie TORC1/2-Inhibitor.
Ergebnisse
43
Ein Patient mit einem BRAFV600E-mutierten Tumor zeigte zunächst einen achtmonatigen stabi- len Krankheitsverlauf nach Behandlung mit einem MEK-Inhibitor und eine weitere Therapie mit einer Kombination aus BRAF- und MEK-Inhibitor konnte das Voranschreiten der Krank- heit für weitere zwölf Monate verhindern. Der letzte der vier Patienten wies ein PIK3CAH1047R- mutiertes Speichelgangkarzinom auf und begann seine Therapie mit einem PI3K-Inhibitor, aber zu diesem Patienten sind keine weiteren Daten zum anschließenden Verlauf beschrieben wor- den. Fünf der sechs Patienten präsentierten zusätzlich eine immunhistochemische Positivität für den Androgenrezeptor, aber keiner der fünf Patienten wurde mit einem Anti-Androgen behan- delt. Nardi et al. (2013) verweisen zwar auf zwei Studien, in denen Speichelgangkarzinom- Patienten mit Anti-Androgenen behandelt worden sind (Locati et al., 2003; Jaspers et al., 2011), erläutern aber nicht, warum die Patienten in ihrer Studien nicht zusätzlich anti-androgen behan- delt wurden.
Vidal et al. (2009) untersuchten 40 Speicheldrüsentumorproben mittels FISH- und Immunhis- tochemie-Analyse. Drei der untersuchten Tumorproben wiesen HER2-Amplifikationen auf und in fünf Fällen wurde HER2 überexprimiert (3+). Der Großteil der untersuchten Patienten zeigte eine Expression des EGFR-Proteins (n = 39/40), aber keine Amplifikationen. Der EGFR/HRAS-Mutationsstatus wurde nicht untersucht (Vidal et al., 2009). Bei 39 Patienten er- folgte anschließend die Gabe von Lapatinib (1500 mg) innerhalb einer Phase-II-Studie.
Lapatinib ist ein dualer Tyrosinkinaseinhibitor und richtete sich gegen EGFR sowie HER2. Ein stabiler Krankheitsverlauf für sechs Monate konnte bei 13/39 (33%) Patienten festgestellt wer- den. Bei den übrigen Patienten konnte kein signifikanter Therapieeffekt erzielt werden.
Ergebnisse
44
Tabelle 11: HER2-FISH- und Immunhistochemie-(IHC-)Analysen bei Therapiestudien.
Therapie/Quelle/
Speicheldrüsensubtyp
Gesamtanzahl der FISH-analysierten
Tumore
HER2 amplifiziert
Gesamtanzahl der IHC- analysierten
Tumore
3+
Lapatinib
Vidal et al., 2009 40 3 40 5
Adenokarzinom 7 1 7 2
Adenoidzystisches Karzinom 20 0 20 0
Azinuszellkarzinom 1 0 1 0
Mukoepidermoidkarzinom 2 0 2 0
Plattenepithelkarzinom 3 1 3 1
Speichelgangkarzinom 4 0 4 1
Undifferenziertes Karzinom 3 1 3 1
Trastuzumab
Nabili et al., 2007 7 3 7 7
Speichelgangkarzinom 7 3 7 7
Trastuzumab + Chemo und Radiatio Limaye et al., 2013 (n = 13)
Nardi et al., 2013 (n = 27)
35 (13 + 27) 13 (5 + 8) 24 (13 + 11) 22
Speichelgangkarzinom 35 13 24 22
Locati et al. (2009a) richteten ihre Therapiestudie auf eine Inhibition des EGFR-Signalweges aus. Mit dem Medikament Cetuximab (beginnend mit 400 mg, dann 250 mg pro Woche) therapierten Locati et al. (2009a) 30 Patienten (23 adenoidzystische Karzinome und sieben
„nicht angegebene Subtypen“). Keiner der untersuchten Tumore zeigte eine EGFR- Amplifikation, 24 Patienten wiesen eine EGFR-Proteinexpression von immunhistochemisch
≥ 1+ auf (Tabelle 12). Elf der 23 adenoidzystischen Karzinom-Analysen zeigten einen immunhistochemischen 3+ Status, drei Proben exprimierten EGFR mäßig (2+) und fünf weitere schwach (1+). Die „nicht angegebenen Subtypen“ setzten sich aus zwei immunhistochemisch 3+, zwei 2+ und einer 1+ EGFR-exprimierenden Karzinomprobe zusammen. Zwei Proben zeigten keine immunhistochemische EGFR-Proteinexpression. Weder EGFR noch HRAS wurde mittels PCR auf Mutationen untersucht (Locati et al., 2009a). Bei acht der 23 Patienten (35 %) mit einem adenoidzystischen Karzinom konnte innerhalb der folgenden sechs Monate eine Stabilisierung des Krankheitsbildes dokumentiert werden. Zwölf der 23 (52 %) blieben über die sechs Monate hinaus stabil. Bei drei Patienten (13 %) schritt die Krankheit voran. Einer der sieben Patienten (14 %), bei denen der „Subtyp nicht angegeben“ war, zeigte bis zu sechs Monate lang eine Stabilisierung des Krankheitsverlaufs.
Ergebnisse
45
Drei der sieben Patienten (43 %) präsentierten ein stabiles Krankheitsbild über die sechs Monate hinaus und bei drei (43 %) weiteren konnte der Krankheitsverlauf nicht aufgehalten werden (Locati et al., 2009a).
Tabelle 12: EGFR-FISH-Status und Immunhistochemie (IHC)-Analysen bei Therapiestudien.
Therapie/Quelle Speicheldrüsensubtyp
Gesamtanzahl der FISH- analysierten
Tumore
EGFR amplifiziert
Gesamtanzahl der IHC- analysierten
Tumore
≥ 1+
Cetuximab
Locati et al., 2009a 30 0 30 24
Adenoidzystisches Karzinom 23 0 23 19
Subtyp nicht angegeben 7 0 7 5
Lapatinib
Vidal et al., 2009 40 0 40 39
Adenoidzystisches Karzinom 20 0 20 20
Adenokarzinom NOS 7 0 7 6
Azinuszellkarzinom 1 0 1 1
Mukoepidermoidkarzinom 2 0 2 2
Speichelgangkarzinom 4 0 4 4
Plattenepithelkarzinom 3 0 3 3
Undifferenziertes Karzinom 3 0 3 3