Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens El Saddaj
Von Manfbed Weippebt, Göttingen
I
Die Bedeutung des biblischen Gottesnamens Saddaj ist heute noch
ähnhch unsicher wie zu der Zeit, da Conbad Iken^ in seinen Dissertationes
philologico-theologicas bemerkte, daß das Problem ,,tot jam Virorum
Doctorum Ingenium calamümque exercuit, ut vix videatur aliquod
dubium in eo superesse posse. Longe enim aUter rem se habere, quoti-
diana experientia testatur, dum in hunc diem usque non desunt, qui
diversissimas de illo sententias fovent, aut cui ex iUis, de quibus ahi
digladiantur, subscribant, dubii haerent". Auch der neueste Beitrag
zu unserer Frage, den Norman Walkeb kürzlich vorgelegt hat*, ver¬
mochte keine befriedigende Lösung zu erbringen; denn seiner These
stehen, wie ich im folgenden kurz darzulegen gedenke, schwerwiegende
philologische Bedenken entgegen. Er führt die Gottesbezeichnung Saddaj
über mehrere Zwischengheder auf den Namen des sumerischen Gottes
SA(G).ZÜ zurück, der in Texten des Zweistromlandes mehrfach belegt
ist* und in der 7. Tafel des babylonischen Weltschöpfungsepos als einer
der fünfzig Namen Marduks gilt*. Gegen die Aufstellungen Walkbes,
die im Einzelnen hier nicht wiederholt werden sollen, ist folgendes einzu¬
wenden :
1. Die von ihm substituierte Ableitungskette SAG^.ZU (SÄ.ZU) ->
Sazzü -> Saddü -> Saddi Saddaj ist inschrifthch in keinem ihrer
Zwischengheder greifbar. Zudem ist die Assimilation SAG.ZU Sazzü
1 C. Iken, Dissertationes philologico-theologicae (1749), 1.
2 A New Interpretation ofthe Divine Name "Shaddai", ZAW 72 (1960), 64^66.
3 Material bei A. Deimel, Pantheon Babylonicum (1914), Nr. 3062;
K. Tallqvist, Akkadische Götterepitheta (1938), 461. — Für den Grund
der Einklammerung des G siehe die Anmerkungen 6 und 7!
Vgl. dazu F. M. Th. de Liagbe Böhl, Die fünfzig Namen des Marduk,
AfO 11 (1937), 191—218; Neudruck in: Opera minora (1953), 282—312. Die
Bedeutung des Namens umschreibt Enuma eliä VII, 35 mit müde libbi iläni
ia ibarrü karSu „der das Herz der Götter kennt, der das Innere prüft" ;
Böhl, a. a. O. 204 schlägt die ansprechende Wiedergabe „Herzenskündiger"
vor.
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 43
sowohl innersumerisch als bei einem etwaigen Übergang des Wortes ins
Akkadische, für den wiederum Zeugnisse fehlen*, recht unwahrscheinlich ;
viel näher liegt die Möglichkeit, daß nach einem im Sumerischen all¬
gemein zu beobachtenden Gesetz" der am Silbenschluß des 1. Namens¬
elements vor dem Anfangskonsonanten des 2. stehende Konsonant über¬
haupt abgefallen ist, so daß man *8azu (vielleicht mit Längung der
1. Silbe) gesprochen hätte'. Die anscheinend für diesen Fall vorgesehenen
Beispiele vermögen aber die Verdoppelung des Sibilanten beim Über¬
gang eines Wortes vom Sumerischen oder Akkadischen ins Hebräische
nicht sicher zu erweisen, da die althebräische Aussprache der angeführten
Namen nicht eindeutig feststeht*. Zudem fragt man sich, wozu hier das
Hebräische überhaupt herangezogen wird, wenn die folgende Ab¬
leitungskette über die aramäische Muttersprache Abrahams führen soll,
für die die vermutete Verdoppelung nun doch überhaupt nicht nach¬
weisbar ist.
2. Endgültig scheitert die neue Hypothese an der Tatsache, daß su¬
merisches bzw. auf ein solches möglicherweise zurückgehendes akkadi¬
sches z im Aramäischen niemals zu d werden kann. Bekanntlich weist
ja akk.-hebr. z, wenn ihm aram. d entspricht, auf das msemitische
Phonem *d zurück*, das außerdem in der hier allein heranzuziehenden
Sprachforra der älteren aramäischen Inschriften noch erhalten zu sein
scheint^" — durch t wiedergegeben —, während später^"* dafür dann d
steht.
5 Schreibung immer SAO^.ZU.
* A. Poebel, Grundzüge der sumerischen Grammatik (1923), 18ff. ;
A. Deimel, Sumerische Grammatik (^1939), 22ff.
' Das Zeichen SAG^ hat nach dem augedeuteten Gesetz auch den Wert
SÄ (Saj.
8 LXX transkribiert ns«l5'73 (ispx'ya) = Bel-Sarri-usur und =
Balät-Sarril-nsur dmch BaXTacrap. Der Partie Nabü-ktidurri-usur ist schon
im hebräischen Text nach seinem Konsonantenbestand verschieden über¬
liefert und in LXX dmch NaßouxoSovoaop (gegenüber NaßoxoSpoaopo; Strabo
15, 1, 6; Jos. c. Ap. I, 146) wiedergegeben.
' Bekanntlich ist ursemitisches *d vorauszusetzen, wenn akk.-hebr. z
= arab. d = aram.-ug. d. Diese Bedingung ist bei allen von Walkeb
angeführten Beispielen erfüllt, soweit die Wmzel in der betreffenden Sprache vorliegt. Einzelne Unregelmäßigkeiten, die neben der sprachgeschichtlich
,, korrekten" Form auftreten, sind meist dialektisch und ändern an dem
grundsätzlichen Sachverhalt nichts.
1» Vgl. z. B. sehon G. Hoffmann, ZA 2 (1887), 48, und W. F. Albbight,
BASOR 87 (1942), 26.
loa j)ig ägyptisch-aramäischen Papyri zeigen Formen mit t (d) und i
nebeneinander, markieren also den Übergang, der im Biblisch-Aramäischen ebenso wie im Palmyrenischen und Nabatäischen vollzogen ist (vgl. G. R. Dbi¬
veb, JBL 45 [1926], 113f.).
44 Manfred Weippert
Damit muß der Versuch, den sumerischen Ursprung der Gottes¬
bezeichnung Saddaj zu erweisen, als mißlungen gelten, ohne daß wir die
meines Erachtens etwas fragliche Konstruktion, mit der in der zur Dis¬
kussion stehenden Arbeit der 'El Saddaj mit Abraham in Verbindung
gebracht wird, näher betrachtet haben". Sie kann hier auch außer Be¬
tracht bleiben, da von ihr die Richtigkeit der These Walkers nicht
primär abhängt. Es bleibt das Problem^-.
II
Die einzige Stelle des Alten Testaments, die etymologischen Über¬
legungen zu Saddaj Material liefern könnte, findet sich in einer anonymen
Profetie des 6. Jahrhunderts, die in Js 13 erhalten ist^*. Es handelt sich
um die alliterierend stilisierten Worte Js 13, 6
hililü kl qäröb jdm JH WH
k" Söd miSSaddaj jäbö\
die Jl 1, 15 geringfügig modifiziert sind und lange als Beweis dafür galten,
daß Saddaj von der Wurzel SDD abzuleiten sei und demnach ,,der Ge¬
walttätige, Verheerende" oder vielleicht allgemeiner ,,der Gewaltige,
Mächtige" bedeuten müsse^*. Setzte man die Richtigkeit dieser These
voraus, so wäre das Wortspiel im Deutschen etwa so wiederzugeben:
" Es geht meines Erachtens nicht an, Texte so verschiedener Provenienz
wie Gn 17, 1. 10—14 (P); 12, 11—20 (J); 16 (J. P); 17, 23—27 (P); 21, 1—3
(E. P) unterschiedslos nebeneinanderzustellen, aufeinander zu beziehen und
geschichtlich auszuwerten. Ein solehes Verfahren kann zur Erforschung
der Theologie der Pentateuchredaktion, nicht aber zur Erhellung historischer Begebnisse der Patriarchenzeit dienlich sein.
" In den folgenden problemgeschichtlichen Bemerkungen sind nur die
allerwichtigsten älteren Erklärungen besprochen.
" Zur Ansetzung vgl. O. Eissfeldt, Einleitung in das AT (21956), 385;
G. V.Rad, JSS 4 (1959), 99f.
" Diese Erklärung ist in der neueren Zeit nach W. Gesenius, The-
saurus^, 1366 zuerst von C. Iken, a. a. O. (Anm. 1), 7—9 vertreten worden;
vgl. auch J. Simon, Lexicon manuale hebraicum et chaldaicum (^1793
ed. Eichhorn), 1588; Fr. Baethgen, Beiträge zur semitischen Religions¬
gesehichte (1888), 293ff.; Gesenius-Buhl, Handwörterbuch ("1915), 808f.;
H. S. Nyberg, ARW 35 (1938), 350 Anm. 3. Ich habe ihren Stammbaum
nicht über C. Iken zurückverfolgt. Als klassische Formulierung dieser Inter¬
pretationsweise sind wohl des Letztgenannten Worte a. a. O. (Anm. 1), 7 zu
Hi 37, 23 anzusehen :,, Vides hic non solum Deo sub appeUatione SCHADDAI
magnitudinem roboris tribui, sed non obscure vocem hane ita explicari,
quöd, lic6t magnus sit robore, imö tam magnus, ut creatura etiam ejus
magnitudinem plene assequi non valeat, tamen judicio & magnitudine
justitiae neminem sine causa affligat, aut innocentem opprimat". Die Sitt¬
lichkeit Gottes wird hier also in einer Weise gewahrt, wie sie der Wurzel¬
bedeutung von SDD kaum mehr entspricht!
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 45
Heult, denn nah ist Jahwes Tag
wie Wüstung, die vom Wüster konunt !
Doch hegt in dieser Interpretation die Schwierigkeit, wie die Endung -aj
TM verstehen sei. Manche — genauere Angaben seien mir erlassen —
fassen sie als Nominalendung, andere vokalisieren um in 4 und sehen
darin dann das Genitivsuffix der 1. sg. Ich glaube nicht, daß man auf
diesem Wege zum Ziel kommt, vor allem, weil zu fragen ist, ob es über¬
haupt die Intention des profetischen Dichters war, in den genannten
Versen eine (in unserem Sinne) korrekte Etymologie des Gottesnamens
Saddaj zu geben. Die allgemeine Einsicht in den Charakter semitischer
Wortspiele legt eine verneinende Antwort nahe. Es genügt, auf die
Ätiologien des AT hinzuweisen, bei denen — wie z. B. Gn 2, 23; II, 9;
29, 31—30, 24 — oft mehr oder minder nahe Klangassoziationen aus¬
reichen, um eine Beziehung zwischen Wörtern herzustellen^*. So wird
es sich auch hier verhalten, und es geht nicht an, aus dem poetischen
Kunstmittel dieses Pseudo-Jesaja bzw. Pseudo-Joel etymologische
Schlüsse zu ziehen.
Auch die antiken Versionen^*» tragen zu unserem Problem nicht viel
bei. Es hat den Anschein, als hätte die alexandrinische Judenschaft über
die Bedeutung von Saddaj keine sichere Kunde besessen, wie man aus
dem Schwanken der Übersetzung der Septuaginta zwischen ^eo? (auch
mit Possessivpronomen), 'ixavo;, eTtoupavio?, 6 ^zoc, toü oupavoü,
xiipio?, TravToxpaTcop usf. wird schheßen dürfen. Es mag sein, daß man
bei der Neuprägung^" des Wortes TravToxpocTwp die Ableitung von SDD,
von der oben schon zu sprechen war, zumindest in Erwägung zogi' ; doch
ausschlaggebend war sicher der Universahsmus des heUenistischen
16 Den unsemitischen Namen Babil (Babel, alt *Babillum) erklärten die
Babylonier selbst „volksetymologisch" als BäbiUjl (Bab iläni) „Tor Gottes/
der Götter" (vgl. dazu sa'ar ImSaämajim Gn 28, 17); A. Pohl, Orientalia NS 25 (1956), 105. Ein Beflex dieser Deutung findet sich auoh in den von G. B.Dai-
VEB veröffentlichten aramäischen Texten der persischen Zeit, wo neben
seltenem "733 gewöhnlich '7S33 erscheint; Belege bei G. B. Dmver, Ara¬
maic Documents of the Fifth Century B. C. (1954), Register s. v. '7S33.
— StUistisch kommt Js 13, 6 par. besonders nahe der Spruch über Gad
Gn 49, 19. [Vgl. zu den Wortspielen J. Fichtnbb, VT 6 (1956), 372ff.]
ISH Eine Statistik für LXX, Pesittä und Vulgata (bzw. Psalterium juxta
Hebraeos) bietet F. Zobell, Biblica 8 (1927), 215ff.; die Targume haben
•••W; zum Samaritanus siehe Anm. 48!
16 W. Michaelis, ThWBNTIII (1938), 913f.;H.HOMMEL,TheologiaViato- rum 5 (1954), 336 ff. K'jpto? TiavxoxpiiTcop ist die gewöhnliche LXX-Übersetzung
fwJHWH fba'öt (Belege bei Hatch-Redpath, Concordance II[1897], 1053f.).
1' Das wird zu Unrecht von G. Bebtbam in seinen in Anm. 18 genannten Ar¬
beiten bestritten; denn in der Septuaginta zu Jl 1, 15 <Lq TaXaiTttopta tx. raXai- jtuptae ■ij^E' soll doch sicher das hebräische Wortspiel nachgeahmt werden.
46 Manfred Weippekt
Judentums und seiner Mission, der den Gott aus den engen Grenzen des
Palästinischen und Jüdischen herausheben und seinen Anspruch auf die
Welt auch in seinem Namen zum Ausdruck bringen wollte^*.
In der Septuaginta deutet sich unter den oben angeführten Über¬
setzungen eine Erklärung an, die in der Folge vollständiger ausgebildet
wurde und bis tief in die christliche Zeit hinein gewirkt hat. Es ist die
Wiedergabe des Namens Saddaj durch 6 txav6i;i*, die ihren Grund in
der etymologischen Zerlegung des Wortes in die Relativpartikel Sä'
(Variante Sa-) und das Substantiv daj ,, Ausreichendes, Genügendes"
hat. Sie findet sich in den jüngeren griechischen Versionen des AT**
regelmäßig für Saddaj und ist auch in der rabbinisch-synagogalen wie in
der kirchlichen Tradition in griechischem*', hebräischem** und ara¬
bischem** Gewände vorhanden. Die Deutung des Ausdrucks lxav6(; ist
schwierig. Man ist versucht, an die griechische Vorstellung von der Be¬
dürfnislosigkeit Gottes zu denken, die ihren klassischen Ausdruck in dem
bekannten Verse des Euripides (Here. 1345 f.)
Seixai yap 6 O-eoi;, eiTcep iez' öp&w<; öl-eo?, ou8ev6Q . ..
1' Vgl. G. Bertram, Akten des Vierundzwanzigsten Intemationalen
Orientalistenkongresses München 1957 (1959), 212; WdO II 5/6 (1959), 512f.,
dem ich jedoch in mancher Hinsicht nicht zuzustimmen vermag.
1' But 1, 20. 21. Wohl hexaplarischer — nie allgemein verbreiteter —
Nachtrag ist Ixavo? Ez 1,24 (s. J. Ziegler, Ezechiel, Sept. Gott. XVI/1
[1952], z. St.).
2« Aquila Gn 17, 1; Ex 6, 3; ps 91, 1; Ez 1, 24; 10, 5; vgl. Ber. R. 17, 1
(XLVI, 3) Dipjsi OVDD« Di'7'ps? Dum ; Symmachus Hi 22, 3; 27, 13; 34, 10;
37, 23; 40, 2; ps 68, 15; 91, 1; Ez 1, 24; 10, 5; Theodotion Hi 21, 15;
27, 13; 40, 2; Ez 1, 24; 10, 5. Dem Theodotion folgt auch Origenes für
die asteriszierten Stellen Hi 22, 15; 31, 2; 40, 2. Vgl. dazu allgemein
K. H. Rengstorf, ThWBNT III (1938), 294 und G.Bertram, 'IKANOS
in den griechischen Übersetzungen des ATs als Wiedergabe von schaddaj,
ZAW 70 (1958), 20ff.
21 Siehe J. Wutz, Onomastica sacra, TU 41 (1915), 733. 986 (armen.
armnvbaivakan = „der ganz Genügende"). Wichtiger ist im christlichen
Abendland aber die dureh die Vulgata vermittelte Übersetzung omnipotens,
die auf das TtavToxpdtxcop der LXX zurückgeht, geworden.
22 Vgl. Ber. R. 1, 11; 17, 1; 43, 14; Jalqüt Sim'önl zu Gn 17, 1. — Ra¬
schi zu Gn 17, 1: nna "js"? -mn'^sa sin 'js. Eine bequeme Übersicht
bietet G. Kittel, ThWBNT I (1933), 467.
23 Saadia gibt ^im stets diuch 'dud"?« p'no'?» = jKil jJikJI, was genau dem Icrxupo? I>cav6<; der jüngeren griechischen Übersetzungen entspricht,
durch ■'Dxs'?« = wieder. Al-Kafl ist eine in der islamischen
Literatur nicht seltene Bezeichnung Gottes (nach freundlicher Mitteilung
von Herrn Dr. Bueroel in Göttingen], wie denn Saadia auch sonst
islamische Ausdrücke aufnimmt (für 'öläm Gn 21, 33 gibt er z. B.
n"?«»"?« m = -lull ^j, was doch deutlich an Mohammeds 0J.UI anklingt).
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 47
gefunden hat** und auch dem hellenistischen Judentum** nicht fremd
ist; man müßte dann in txav6? die elliptische Aussage finden, daß der
Gott Saddaj-Hikanos „der sich selbst Genügende" als der von mensch¬
licher Seite nichts Bedürfende ist. Die Exegese des mittelalterlichen
Judentums ist den Hellenisten im großen und ganzen nicht gefolgt,
sondern fand in dem Gottesnamen den Gedanken, daß Gott allein und
ganz für seine Geschöpfe genüge*", daß sie außer ihm, von dem sie alles
haben, nichts bedürfen. Diese Vorstellung war dem Alten Orient nicht
fremd*' und findet sich auch im AT**, doch paßt die Zerlegung des Na¬
mens in dieser Weise nicht an die Wende vom 2. zum 1. vorchristhchen
Jahrtausend ; sie entstammt, wie man allgemein zu Recht angenommen
hat**, vielmehr der Spekulation späterer Geschlechter.
III
Fbiedbich Delitzschs Vorschlag*", der von der damals jungen Wissen¬
schaft der Assyriologie seinen Ausgang nahm, hat die ihm gebührende
24 Vgl. G. Bertram, a. a. O. (Anm. 20), 28ff.
26 Z. B. Philo Alex., Leg. All. I, 44; Mut. Nom. 45. Weitere Belege in der Anm. 20 genannten Arbeit von Bertram 29 ff. , wo noch der gut griechische Satz oüSe üttö xEtpSv av&p<07riv(dv ■S-epaTrsiisTat TrpoaSEOfAEvös tivo? Act 17, 25 nachzutra¬
gen ist (dazu E.Norden, AgnostosTheos [*1956], 13f.; M.Dibelius, Aufsätze
zur Apostelgeschichte, FBLANT 60 [^1957], 43f. mit weiteren Belegstellen).
26 So in dem oben Anm. 22 gegebenen RASCHi-Zitat ; vgl. auoh Ber.
R. 17, 1 (XLVI, 3): nin: nn ■'iDn n'7-'nn K-'n na'an dk (seil. Abraham) -mn
'73p>n nK i'x OKI D'^ira nnKi ^ik i"! omaK"? n"3 trnpn i'7nnK:pBNTn onsV '[ K3 ^ö nmis snno n'7-'n'7 n"n jks la nVis"? w^ti ]ko ts? 'a"?!»"? "i '7m-'b y'^zi
D^'Jimm pKa p ■■n'paisa nnsn o'nmm d'K3 vn ■'n'7n nha -jv nnK
n"?« TaxB"? "iV k"?! '-i:nos5 •':kb -["t '-im"?« •'jkb y^i on-iaK n"apn i"? mx
• • ■ i:nBS 'iK» •'n'?!!)'? ri 'im'?« •"ikis ■'abtn'?
2' Besonders schön im großen Aton-Hymnus des Echnaton und ähnlichen
Hymnen der Aton-Religion, von denen G. Nagel, A propos des rapports
du Psaume 104 avec les textes egyptiennes, Bertholet-Festschrift (1950),
398ff. Beispiele gibt. Für das Zweistromland genügt der Hinweis auf den
großen Samas-Hymnus (ZA 4 [1889], Iff.; deutsch bei A. Falkenstein-
W. V. Soden, Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete [1953],
240ff. und anderwärts), dessen Aussagen ja zahlreiehe (hier nieht nachzu¬
weisende) Parallelen haben.
28 So V. a. in dem — freilich ägyptisch beeinflußten — ps 104; vgl. auoh
Dtn 8, 3 (= Mt 4, 4); SapSal 16, 25ff. usw. Man muß dazunehmen, daß
für die deuteronomistische Theologie auoh der Besitz des Landes Kanaan,
die Erfüllung der Verheißungen Jahwes (Jos 21, 43—45), gänzlich von
Jahwes Gnade abhängt, der das Volk durch sein Verhalten verlustig gehen
kann (Jos 23, llff. u. ö.).
2» So in neuerer Zeit seit C. Iken (Anm. 1) allgemein.
3» The Hebrew Language viewed in the Light of Assyrian Research (1883),
48 Anm.; Prolegomena eines neuen hebräisch-aramäischen Wörterbuches
zum Alten Testament (1886), 95f.
48 Manfred Weippert
Aufmerksamkeit weithin gefunden*'. Delitzsch verwies auf das ak¬
kadische Wort Sadü „Berg", das auch in der Variante Saddü erscheine
und von ihm als aus *Sad(d)aju kontrahiert angesetzt wurde. Sadü sollte
„Erhebung, Höhe", Saddü ,,hoch" bedeuten und Saddaj Gott als den
,, Hohen, Allerhöchsten" bezeichnen. Später nahm Delitzsch** neben
sadü „Berg, Gebirge" ein ebenso von der Wurzelbedeutung ,,hoch"
deriviertes Sadü ,,Herr, Gebieter" an, indem er auf den gelegentlich vor¬
kommenden Titel KUR.OAL = Sadü rabü ,, großer Berg" für verschie¬
dene Götter (EnlU, A§ur, Girru)**^ hinwies. Dieser neue Aspekt wurde in
der Folge von Fe. Hommel** und J. Hehn** durch weiteres Material
unterbaut; sie wiesen das Epitheton Sadü rabü auch für den Gott des
Westlandes (^MAR.TU = ^Amurrü^^) nach. Für Hehn*« ist Saddaj „em
ähnlicher allgemeiner Name wie ^''Vs und bezeichnet den Gott als den
Höchsten, den Herrn der Seinigen". So setzte man auf Grund dieser
Hypothese eine Urform *SäM bzw. *Sädaj an ; die Verdoppelung des
2. Radikals in Saddaj wurde von Hehn auf spätere falsche Etymologie
nach Js 13, 6 oder das Bestreben, das Wort von Sed ,, Dämon" im Sinne
von ,, Götze" besser abzusetzen, zurückgeführt.
Die von Fe. Delitzsch und seinen Nachfolgern gebotene Erklärung
wurde von W. F. Albright in einem 1935 erschienenen Aufsatz*' als
"partly correct" aufgenommen, aber zugleich erhebhch modifiziert. Er
gab die direkte Ableitung von Sadü auf, die nach der aus dem Alt¬
akkadischen rekonstruierbaren unkontrahierten Form *Sadwum {*Sa-
du'um) nur *S''di hätte ergeben können, und fand ein genaues Äquivalent
zu Saddaj in der von Sad(d)ü abgeleiteten Nisbe Saddä'ü = Saddäjü
,, Bergbewohner". Er substituierte folgenden Entwicklungsgang**: ,,An
31 Vgl. z. B. P. Haupt, Florilegium de Vogüe (1909), 279; ders., Well¬
hausen-Festschrift, BZAW 27 (1914), 212; S.A.Cook, The Religion of
Ancient Palestine in the Light of Archaeology (1930), 141. 159f.; I. Zolleb,
II nomo divino Sadday, Bev. stud. orient. 13 (1931/32), 73ff. und die im
folgenden zitierten Arbeiten von Hommel, Hehn und Albright!
33 Assyrisches Handwörterbuch (1896), 642f.
K. Tallqvist, Götterepitheta (Anm. 3), 221; vgl. A.Schott, Die
Vergleiche in den akkadischen Königsinschriften, MVAeG XXX 2 (1926), 73.
33 Die altisraelitische Überlieferung in inschriftlicher Beleuchtung
(1897), 109f.
3* Die biblische und die babylonisohe Gottesidee (1913), 265ff.
35 Den Namen Puzur-KUR.OAL Gilgames XI, 94 wird man nicht, wie
es gewöhnlieh geschieht, als Puzur-Amurrü, sondern als Puzur-Enlü zu
verstehen haben; so St. Langdon, Sumerian Epic of Paradise, the Flood
and the Fall of Man (1915), 86; W. G. Lambert, JCS 11 (1957), 10. 11. 13.
36 A. a. O. (Anm. 34), 268.
3' The Names Shaddai and Abram, JBL 54 (1935), 173ff.
38 A. a. O. 186; vgl. JBL 63 (1944), 217 noto 60a.
Erwägxingen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 49
older or dialectical Saddäjü would pass into early Aramaic or any other
known West Semitic dialect, before the middle of the second millenniimi,
roughly speaking, as Sadddju, which would become Sadddj after the
loss of the case endings, which took place during the third quarter of
the same millennium." Saddaj sei also „Der vom Berge", ein Gott des
Wettersturmes. Die Endung -äj habe sich wohl unter aramäischem Ein¬
fluß und in Analogie zu Personennamen wie Haggaj, JiSSaj, HuSaj usw.
gegen die kanaanäische Tendenz zur Kontraktion zu -e {-ä) behauptet;
ihre Verkürzung zu -aj sei auf die masoretische Vokahsation zurück¬
zuführen, die bei der Festlegung der Vokalqualität dem zeitgenössischen palästinischen Aramäisch** gefolgt sei.
IV
Die von Albbight vertretene Erklärung ist von allen bisher vor¬
liegenden die einleuchtendste und wahrscheinlichste und hätte daher
auch in das Lexikon von Köhlee-Baumgabtner*" aufgenommen wer¬
den sollen. Doch ist ihr gegenüber die Frage zu stellen, ob man zur
etymologischen Ableitung von Saddaj wirldich die frühe Übernahme
eines Nisbe-Adjektives aus dem Akkadischen annehmen muß, wenn
sich, wie ich glaube, mit einiger Sicherheit auch innerkanaanäisch-
hebräische Herkunft aufzeigen läßt. Albbight hat meines Erachtens
allzu rasch aUe etymologischen und semantischen Beziehungen zwischen
dem akkadischen Sadü und dem hebräischen Säda abgelehnt, indem er im
Gefolge E. Dhoemes*' Sadü von dem gemeinsemitischen Wort für
„Brust"*'^ herleitete. Doch wird man, vielleicht gerade auf Grund des
altakkadischen Materials**, als Wurzel ÖDW ansetzen dürfen, die uns
3» A. a. O. 187; vgl. G. Dalman, Grammatik des jüdisch-palästinischen
Aramäisch (31960), 176 Anm. 5.
40 L_ KÖHLEB-W. Baumgabtneb, Lexioon in VT libros (1953), 950.
*' L'emploi metaphorique des noms de parties du corpse on hebreu et
enakkadien (1923), 106 (RB 31 [1922] 230f.); vgl. I. Zolleb, 1. c. (Anm. 31),
der auch auf indogermanische Parallelen hinweist. Seine Hjrpothese, „che
l'etimo di Sadday sia raccadico Sadü = colle, monte, ma non nel senso stretto della parola . . ., bensi nel significato piü ampio di ,colle-mammella' . . . El Sadday avrebbe cosi il significato: Dio dell' abbondanza", ist von Albright mit Recht bestritten worden.
Arab, tady"'^, ug. ß, aram. Pdajjä', hebr. Sadajim.
42 Das Material ist gesammelt bei A. Ungnad, Materialien zur altakka¬
dischen Sprache, MVAG XX 2 (1916), 84 und jetzt v.a. bei I. J. Gelb,
Glossary of Old Akkadian, Mat. Ass. Diet. 3 (1957), 263f. Dabei ist wohl
sicher, daß man die „pseudo-ideografischen" Schreibungen SA.TU-e,
SA.TU-im, SA.TU-i analog dem mehrfach belegten Sa-du-im zu lesen hat.
Zum Zischlaut in SA vgl. I. J. Gelb, Old Akkadian Writing and Grammar,
Mat. Ass. Diet. 2 (1952), 46ff.; S. Moscati, II sistema consonantico delle
Imgue semitiche (1954), 52 (§ 68).
4 ZDMGlU/l
50 Manfred Weippert
aueh im altsüdarabischen sdw*^ entgegentritt, und die im Nordwest¬
semitischen nach dem gewöhnhchen Wechsel von -w zu -j zu S/SDJ (im
masoretischen Hebräisch SDJ) geworden ist, so daß Sjsada!^'^ auf ein ur-
sprünghches *älSadaj(u) (Nominalform qatal) zurückginge**, das ar¬
chaistisch im hebräischen sädaj erhalten ist*«. Auch semantisch läßt
sich gegen Albeight eine Beziehung zwischen dem akkadischen und
dem hebräischen Wort aufzeigen, denn sädä ist kein GegenbegriflF zu ,,Berg"
im Sinne von „Feld = Ebene", sondern bezeichnet zunächst wohl, wie der
alttestamenthche Gebrauch noch erkennen läßt, unabhängig von der
Bodengestalt die Landschaft außerhalb der menschlichen Wohnstätten.
Die Bedeutungsentwicklung führte im Akkadischen zu ,,Berg, Bergland", im Hebräischen zu „Feld, Flur". In einigen Fällen scheint sich akkadisch
allerdings auch die dem Nordwestsemitischen entsprechende Bedeutung
„Feld, Flur, Steppe" zu finden*'. Mit dem hebräischen sädajjsäda ist nun — und das ist die These der vorhegenden Arbeit — vielleicht der Gottesname
'El Saddaj zu verbinden**, und wir hätten somit die Aussprache 'El sädaj
und die Bedeutung „El der Flur" zu postulieren. Zwei Schwierigkeiten er¬
geben sich jedoch für diese Lösung aus der überlieferten Ausssprache :
1. Wie erklärt sich die — wie die septuagintarische Transkription
Ez 10, 5** erkennen läßt — schon im 3.( ?) vorchristlichen Jahrhundert
sicher belegte Verdoppelung des 2. Radikals ?
43 Das gewöhnlich mit S wiedergegebene Zeichen (M. Höfner, Altsüdarabi¬
sche Grammatik [1943], 18ff. [§ 14]) repräsentiert etymologisches *i (J. Canti¬
neau, Melanges Gaudefroy-Demombynes [1935/45], 313fF. ; mir leider nicht
zugänglich).
" Hebr. mto, •'ito; ug. Sd; phön. nw.
45 Akk. Sadü scheint dagegen nach der Nominalform pars (qatl) zu gehen.
" Dtn 32, 13; Js 56,9; Jr 4, 17; 18, 14; Ho 10,4; 12, 12; Jl 2,22;
ps 8, 8; 50, 11; 80, 14; 96, 12; 104, 11; Thr 4, 9.
" A. Heidel, JNES 8 (1949), 233—235. Umgekehrt vermutet G. B. Driver, Canaanite Myths and Legends (1956), 148 für das ugaritische Sd die Bedeutung
"highland" [wie hebr. mto Ri 5, 4. 18; Gn 32, 4; ps 50, 11 (Prof. Albbioht brieflich)].
" Als Vermutung sehon bei P. Haupt, Florilegium de Vogüö (1909), 279,
doch vgl. Haupts Bemerkungen in der WelLhausen-Festschrift, BZAW 27
(1914), 212 („Berggott"). Eine Wmzel SDH = SDJ hatte auch, ohne sie
allerdings näher zu bestimmen, W. W. Gbaf Baudissin, Kyrios als Gottesname im Judentum und seine Stelle Inder Religionsgesobicbtell (1929), 42 Anm. 2an- gesetzt. — Die nieht völlig sichere Etymologie von sadü hat auf unsere These keinen Einfluß, da sie nur vom Kanaanäiseh-Hebräischen ausgeht. Man könnte noch zusätzlich darauf verweisen, daß statt '?« in manchen Handsehriften
des Samaritanus mo '?k erscheint (Zusammenhang mit ähnliehen samarita¬
nischen Schreibungen wie mD für ■'ID Gn 35, 11, hdt fiuOT u. ä. ?).
Die in Zieqlebs Ausgabe (Anm. 19) z. St. gebuchten Varianten be¬
rühren die Transkription SaSSat nicht.
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 51
2. Wie erklärt sieh die — allerdings erst aus der masoretischen Punktation
erkennbare — Verschiedenheit des Anlauts ( Saddaj gegermber sädaj) ?
Ad 1: Baethgen erklärte die Verdoppelung des 2. Radikals als
Analogiebildung zu den schon genannten biblischen Eigennamen wie
Haggaj usw. und nahm auf Grund palmyrenischen Materials aramäischen
Einfluß an*". In dieser Deutung ist ihm Albright zumindest teilweise
gefolgt. Doch halte ich es für einfacher, mit Hehn*' das Phänomen auf
falsche Herleitung von SDD in einer Zeit, da die richtige Bedeutung des
Gottesnamens schon verschollen war, zurückzuführen.
Ad 2: Bei dem Versuch, den Wechsel zwischen s(äda) und S(addaj)
zu erklären, ist von dem auffäUigen Umstand auszugehen, daß keine
der bekannten nordwestsemitischen Konsonantenschriften die Derivate
der ursemitischen Phoneme *s und *S durch besondere Zeichen unter¬
scheidet**. Das führt zu der Annahme, daß in den diesen Schriften zu¬
grundehegenden Sprachen bzw. Dialekten ebenso wie schon früh im
Akkadischen** die an sich nicht recht stabilen** Laute s und S in S
zusammengefallen sind**. Diese hier etwas summarisch vorgetragene
Hypothese ist zwar nicht unbestritten*«, scheint mir aber im großen und
ganzen zuzutreffen. Das berühmte Sa-te-e in einem der Amarna-Briefe*'
geht meines Erachtens auf ein gesprochenes Sada zurück, da ich „pho¬
netische" Schreibung annehmen möchte, doch ist dieser einzige Beleg
für altes s'** in „kanaanäischen Glossen" nicht geeignet, eine gewichtige
*» A. a. O. (Anm. 14), 294.
" A. a. O. (Anm. 34), 269.
52 Von einer Darlegung der verwickelten Geschichte des im Akkadischen
und Kanaanäiseh-Hebräischen in s aufgegangenen lusemitischen Phonems
*t kann ich in diesem Zusammenhang absehen; vgl. dazu die zum Teil
divergierenden Darstellungen bei Z. S. Habbis, A Grammar of the Phoeni¬
cian Language (^1952), 22; E. A. Speiseb, BASOR 121 (1951), 19; A. Goetze, RA 52 (1958), 137ff. etc.
53 W.v. SoDEN,Grundriß der akkadischen Grammatik, AnOr 33 (1952), § 30a.
54 Speiseb, a. a. O. (Anm. 52), 19.
55 Z. S. Habbis, Development of the Canaanite Dialects (1939), 33ff.;
vgl. auch die Diskussion bei C. H. Gobdon, Ugaritic Manual, AnOr 35
(1955), § 5.12.
5* Vgl. für die Gegenposition J. Fbiedeich, Phönizisch-punische Gram¬
matik, AnOr 32 (1951), § 44, und dazu kritisch S. Moscati, Preistoria e
storia del oonsonantismo ebraico antico, Atti della Accademia Nazionale
dei Lincei VIII 5 (1954), 429. [Daß die Verhältnisse noch differenzierter sind,
hat neuerdings O. Wintbbmute in seiner (mir nicht zugänglichen) Disser¬
tation an der Johns Hopkins University, Baltimore, zu erweisen gesucht
(Mitteilung von Prof. Albbight).]
5' EAT (Knudtzon) 287, 56.
5' Andererseits steht nuhuStum für hebr. nfhöSät, phön. noni EAT 69, 28
(Rib-Addi von Bybios).
4»
52 Manfred Weippert
These darauf aufzubauen. Die Transkriptionen palästinisch-syrischer
Ortsnamen in den Ächtungstexten der XII. Dynastie**, den topogra¬
phischen Listen der Pharaonen«" und ähnhchen Zusammenstellungen«'
sind mit einem großen Unsicherheitsmoment belastet; S wird sowohl
durch I«* als auch durch s (s wiedergegeben, und mit s verhält es sich,
wenn auch nicht in diesem Ausmaß, ebenso«*. Man sollte zudem be¬
denken, auf welche Weise diese ägyptischen Listen zustande gekommen
sind: Den Schreibern lagen ja sicher keine palästinischen Schriftwerke
(Ortsnamenverzeichnisse o. ä.) vor, die sie beinahe mechanisch in ihre
Schrift umsetzen konnten; die Ortsnamen in den Kriegstagebüchern
der Könige beruhten ja wohl auf von Einheimischen gemachten An¬
gaben, die man nach dem Gehör niederschreiben mußte. Wie leicht sich
dabei Fehler einstellen können, kann man sich ohne Mühe beim Ver¬
gleich der Namensangaben moderner Palästinakarten klarmachen, die
ja auf dieselbe Weise gesammelt und aufgezeichnet wurden. Dazu kommt
noch der in manchen Punkten recht andere Charakter der ägyptischen
Konsonanten. So läßt sich meines Eraohtens für das 2. Jahrtausend die
Koexistenz von s und S für die nordwestsemitischen Dialekte nicht sicher
nachweisen. Ähnlich steht es für das 1. Jahrtausend, wo s nur ganz ver¬
einzelt auftaucht. Im sidonischen Dialekt des Phönizischen*^ und im
Neupunischen scheint das Wort für „zehn", das im Hebräischen be¬
kanntlich "WS = 'äs'är lautet, mit s gesprochen worden zu sein. Es
wird jedenfaUs *10SJ geschrieben; daneben erscheint punisch aber auch
5" K. Sethe, Die Ächtung feindlicher Fürsten, Völker und Dinge auf
altägyptisohen Tongefäßsoherben des Mittleren Reiohes, Abb. preuß. Ak.
Wiss. phil.-hist. Kl. 1926:5; G. Posener, Princes et pays d'Asie et de
Nubie. Textes hiöratiques sm des figurines d'envoütement du Moyen Em-
pue (1940).
6" Diese Listen sind bequem zugänglich bei J. Simons, Handbook for
the Study of Egyptian Topographical Lists relating to Western Asia (1937);
A. Jirku, Die ägyptischen Listen palästinischer und syrischer Ortsnamen,
Klio Beüi. 38 (1937). Zu don sprachlichen Problemen grundlegend W. F. Al¬
bright, The Vocalization of the Egyptian Syllabic Orthography, AOS 5
(1934); vgl. M.Noth, ZDPV 60 (1937), 183ff.; 61 (1938), 26ff. 277ff.; 64
(1941), 39ff.; W. F. Edgebton, JAOS 60 (1940), 473ff.; E. Edel, JNES 8
(1950), 44ff.; W. F. Albbight und T. O. Lambdin, JSS 2 (1957), 113ff.
"' Onomastikon des Amenope, publiziert von Sir A. Gabdineb, Ancient
Egyptian Onomastica I (1947), 24ff.
62 So z. B. kdS (= QadeS), &nm C= Sunem), btSir, btir, btSnr (= Bet-
8'"an),rSkdS,riS!cdä ( = *R6S-qadeS), iwimm C= J^rü&alemt).
•3 So z. B. am (= Särön), ksn (= QiSjön), iksp, iksp (= 'AkSaf), sngr
(= Sin'är), is km (= 'ASgflön).
•* änr (= S^nlr), tmsk (= Dammäsäq), S'r (= S"lr), isr'r (= Jisra'el).
Die Stadt Sököh wird sowohl äk als auch Sik geschrieben.
65 CIS L 3, 1.
Erwägungen zur EtjTnoIogie des Gottesnamens ^El Saddaj 53
mt£>S7. Es ist wahrscheinlich, daß sich in dieser vereinzelten Schreibung
kein im Phönizischen allgemein gültiges Sprachgesetz spiegelt, sondern
daß 10» eine Sonderentwicklung genommen hat, wie sie auch bei an¬
deren semitischen Zahlwörtern zu erkennen ist«". Auf welchen ursemi¬
tischen Laut der Zischlaut in dem bekannten efraimitischen n'?3D
sibbölät gegenüber ,,normal"hebräischem 0*7312? Sibbölät (Ri 12, 6) zu¬
rückgeht, ist nicht recht zu entscheiden; an s ist dabei sicher nicht zu
denken — eine nordwestsemitische Wurzel *SBL ist meines Wissens
nicht bekannt, und zudem hätten die Masoreten die gewöhnUche Form
dann *sibbölät schreiben müssen —, vieUeicht eher an einen Rest des
ursemitischen Phonems *t, ohne daß diese Annahme geeignet ist, das
philologische Problem der SteUe mit einem Mal aus der Welt zu schaffen«'.
Die assyrischen und babylonischen Wiedergaben westlicher Namen be¬
handeln s und s im wesentlichen gleich«*. So spricht die Spärlichkeit
der Belege doch sehr für die oben behauptete Verschmelzung. Dialekt¬
unterschiede, die wir bei dieser Quellenlage weder räumhch noch zeithch
zu bestimmen vermögen, wird es indessen gegeben haben; für sie möchte
ich einen sekundären DiflFerenzierungsprozeß ansetzen, der die ur¬
semitischen Verhältnisse — wenigstens äußerlich — annähernd wieder
hergestellt hat und in der masoretischen Punktation zum System er¬
hoben erscheint. Ein Beweis dafür ist 1 Q Js» 49, 18 mit der Variante
■"NO für masoretisches 'Sfe, die auf doppelte Aussprache des Gra¬
phems B? bei den Quroranleuten schheßen läßt, und andererseits das
Zeugnis des Hiekonymus«', der dafür anscheinend nur die einzige Aus¬
sprache ä kennt, wenn er schreibt: „. . . apud Hebraeos tres sunt litte¬
rae : una quae dicitur samech, et simpliciter legitur quasi per s nostram
litteram describatur; aiia sin in qua stridor quidam non nostro sermoni
interstrepit'" ; tertia sade quam aures nostrae penitus reformidant".
Dazu stimmt nun in älterer Zeit die Buchstabenfolge in den alfabetischen
Dichtungen des Alten Testaments, die tJ? in keinem Falle doppelt auf¬
führen, was ja durch eine doppelte Aussprache gefordert wäre, wenn
66 Diskutiert bei Barbis, Grammar (Anm. 52), 22; Belege ebd. im Glossar
8. V. TD». — Vergleichbar ist die Sonderentwicklung des Zahlwortes für
„sieben" imAkkadisehen, wosebüm (altbab. Form neben altass. äabe) gegen hebr.-kanaan. »aa? (ä-),aTa,m. Ksais, arab. sab'a, äth. säb'ü steht.
6' Vgl. J. Mabquabt, ZAW 8 (1888), 154; E. A. Speiseb, BASOR 85
(1942), 10—13; R. Marcus, BASOR 87 (1942), 39; G. R. Driver, BBB 1
(1950), 59ff.
68 Moscati, Preistoria (Anm. 56), 436f.
6" Zitiert naeh Moscati, ibid. 440.
Vgl. aus dem bei E. Nestle, Die dem Epiphanius zugeschriebenen
Vitae Prophetarum in doppelter griechischer Rezension (in: Marginalien
und Materialien, 1893), 64 abgedruckten Text, der auoh nur drei hebräische
S-Laute kennt, die Bezeiehnung des cim als Saaü uiyna.
54 Mantked Weippebt
anders das Prinzip des Akrostichons nicht ein rein grafisches sein soll,
und die einheitliche Aussprache mit S im samaritanischen Dialekt des
Hebräischen". Man darf für diese Sprachentwicklung vielleicht auf den
Einfiuß des Aramäischen hinweisen, wo in späterer Zeit altes s ja — auch
in der Schrift erkennbar — zu s (D) geworden ist, wie denn die spätere
Ausspracheregel 0 für masoretisches V verlangt'*. Überdies mögen die
Masoreten, deren Arbeit ja auch sonst an der arabischen Qoran-„Masora"
orientiert ist'*, bei der Festlegung der doppelten Aussprache des ü dem
Vorbild der arabischen Sprache und Schrift gefolgt sein, in der ety¬
mologischem *s geschriebenes und gesprochenes S (^) und umgekehrt
entspricht'*. Das bedeutet für unser Problem, daß wir damit zu rechnen
haben, daß das kanaanäische Wort für ,,Flur" am Ende der Spät¬
bronzezeit *§ada'^ lautete. In dem Gottesnamen 'El saddaj (= *'El
Sädaj) müßte sich dann der §-Laut zusammen mit dem archaisierend
unkontrahierten Auslaut erhalten haben.
V
Das aus dem alttestamenthchen Material nicht zu erhärtende Er¬
gebnis unserer bisherigen Überlegungen bedarf nun, soll es als einiger¬
maßen gesichert gelten, religionsgeschichtlicher Vertiefung. Ich habe
nicht die Absicht, an dieser Stelle das vielerörterte und kontroverse
Problem der ,, Gottesverehrung der Patriarchen" aufzugreifen; ich stelle vielmehr die Frage, wie die oben mit ,,E1 der Flur" bezeichnete Gottheit
sich in die uns bekannte syrisch-palästinische Götterwelt einordnen
läßt. Obwohl der Name Saddaj bzw. 'El Saddaj im Alten Testament
nur als Bezeichnung für Jahwe, den Gott Israels, vorkommt'«, kann man
" Dazu zuletzt J. Abo, Orientalia NS 28 (1959), 322.
'2 S. Fbensdobff, Das Buch Ochlah W'Ochlah (1864), Nr. 191; vgl. die
Zusammenstellung von Varianten te/D in Kennicott-Handsohriften bei
J. Hempel, ZAW 53 (1935), 300f.
'3 Vgl. P. Kahle, The Cairo Geniza (»1947), 78ff.; (21959), 141ff. 185ff.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich unsere Zustimmung zu Moscatis
Satz (Sist. eons. [Anm. 42], 54 § 71): "Conoludendo, l'ebraieo sembra ben in- quadrarsi nella generale situazione cananaica, cou differenze dialettali tutta¬
via ehe poi i masoreti avrebbo sistematizzato."
'5 Der Kontraktionsvokal am Ende des Wortes ist schon für die Amarna-
Zeit dmch die oben genannte Glosse Sate, der das ,, argumentum e silentio"
der ug. Schreibung sd an die Seite tritt, gesichert. Für die spätere Zeit siehe
die griechische Transkription craSe bei Dioskubides I, 127 (Habbis, Gram¬
mar [Anm. 52], 135) und die masoretische Vokalisation.
'6 Die Argumente O. Eissfeldts (Jahwes Verhältnis zu 'Eljon und
Schaddaj nach Psalm 91, WdO II 4 [1957], 343—348) haben mich nicht
davon überzeugt, daß in ps 91, lf. 'Äljön und Saddaj von Jahwe unter¬
schieden würden; ich glaube vielmehr weiterhin an der alten Anschauung
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 55
mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, daß er im palästinischen
Kulturland, und das heißt : in der kanaanäischen Rehgion zu Hause ist
und nicht von Israel aus der Wüste mitgebracht wurde. Er gehört, wie
man seit langem betont hat", in den Kreis von Gottheiten, deren Name
mit 'el und einer dazu in genitivischem oder appositionellem Verhältnis
stehenden Näherbestimmung gebildet ist. Für sie ist charakteristisch,
daß sie an einem bestimmten Kultort haften. Genannt werden im AT
der 'El rö'i'^, der Gott des weit im Süden hegenden Oasenheihgtums
Beerlachajroi, 'El bet-'eP» von Bethel, 'El(?) ¥rl^ von Sichem, 'El
'öläm^^ von Beerseba und 'El 'äljön^^ von Jerusalem. Nun mag es auf¬
fallen, daß gerade dem 'El Saddaj in den Erzählungen der Genesis das
festhalten zu müssen, daß die drei Gottesnamon hier in synthetischem
Parallelismus stehen, zumal ich in dem Lied keinen ,, Bekehrungspsalm",
sondern am ehesten einen „Vertrauenspsalm" mit wechselnden Stimmen
sehen kann (1—2 Beter, 3—8 Priester, 9 Beter, 10—13 Priester, 14—16 prie¬
sterliches Orakel im Namen Jahwes. 9b ist 'Äljön Anrede an Gott; statt
samta 1 Samtl; statt mä'ön wohl nach LXX yt.a.Toi.(fi\>-(ri ma'öz, dessen Suffix
in das der 1. sg. zu ändern ist), dessen genauer Sitz im Leben noch zu be¬
stimmen bleibt. — In den Reden des Hiobbuches sind die verschiedenen
Gottesnamen im Munde von Heiden dmchaus angebracht, doch läßt der
Dichter keinen Zweifel darüber, daß er Jahwe meint, wie er denn in den
Prosa-Rahmenstüoken (1, 1—2, 13; 42, 7—17) und den Prosaeinleitungen
der Reden (38, 1; 40, 1. 3. 6; 42, 1) nm mn- (30mal) und daneben — damit
identisch — D-n"?« (llmal) gebraucht.
" Vgl. z.B. Baethgen, op. oit. (Anm. 14), 291; H. Gunkel, Genesis,
HK I 1 (51922), 267; O. Procksch, Die Genesis, KAT 1 (2-3 1924), 516;
A. Alt, Der Gott der Väter (1929), Kl. Sehr. I, 6f.
'8 Gn 16, 13 (J).
'8 Gn 35, 7; 31,13 (ha'elbet-'Sl) (E).Hier ist fraglich, ob der Gottesname
bet-'el oder nur Bet-'el lautete; letztere Form ist u. a. auch in den Ele-
phantine-Urkunden bezeugt. Belege (nach E. Sachau, Aramäische Papyrus
und Ostraka aus einer jüdischen Müitär-Kolonie zu Elephantine [1911]):
Pap. 17,9; 18, VII, 5. 6; 25,6; 27,7; 34,4.5. VgL auch die Bemerkung
von R. Borger^ VT 7 (1957), 102£f., und Syria 37 (1960), 100.
8" Ri 9, 46 'El ¥rU, hingegen 8, 33; 9,4 Ba'al Writ. Sollte sich in diesem
Wechsel die auch in den ugaritischen Texten belegte Verdrängung Eis dmch
Baal (M. H. Pope, El in the Ugaritic Texts, SVT 2 [1955], 82ff.) spiegeln?
Wenn das AT aucb die kanaanäischen Götter unter dem Oberbegriff ,,Baal
und Astarte" (z. B. Bi 2, 13) zusammenfaßt, so hat es doch zwischen Baal
als dem bekämpften und El als dem mit Jahwe verschmolzenen Gott ter¬
minologisch scharf unterschieden, so daß ein solches Schwanken der Über¬
lieferung schlecht verständlich wäre; vgl. O. Eissfeldt, El and Yahweh,
JSS 1 (1956), 25—37; RGG» II (1958), 413f. s. v., ,E1". Anders E. Dhorme, AnSt 6 (1956), 59.
81 Zu 'El 'öläm vgl. Baudissin, Kyrios III, 130; W. Zimmebli, Geschichte
und Tradition von Beerseba im Alten Testament (1932), 20—23.
82 Siehe dazu unten Seite 60 f.
56 Manfred Weippebt
Charakteristikum der Ortsgebundenheit fehlt : er erscheint dem Abraham
an einem ungenannten Ort**, in dem man wohl Hebron sehen darf, dem
Jakob in Bethel** (!), und dem Mose schließlich an einem dritten (eben¬
falls nicht genannten) Ort**. Das könnte gegen unsere Einordnung
sprechen, doch kann für gesichert gelten, daß hier eine Stilisierung
seitens des priesterlichen Erzählers vorliegt, der den an sich orts¬
gebundenen Gott mit den Zügen des Vätergottes ausgestattet hat**.
So ist uns leider sein Haftort nicht bekannt, doch sprechen manche
Gründe für Hebron*', den Ort, mit dem die Abrahamstradition so eng
verbunden ist.
Man hat nun in diesen Gottheiten kleine „Lokalnumina" sehen
wollen**, doch hat sich gezeigt, daß es sich dabei um lokale Ausprägungen
des großen Gottes El handelt, dessen Wesen und Bedeutung uns vor
allem die Texte aus Ugarit kennen und verstehen gelehrt haben**. Er
offenbart sich an verschiedenen Orten in verschiedener Weise verschie¬
denen Personen, und diese seine Manifestationen bedingen dort Kult¬
stätte und besonderen Gottesnamen. Man kann diese Sicht vom Cha¬
rakter der kanaanäischen GottesvorsteUung auch auf andere Gott¬
heiten ausdehnen, etwa den ,,Himmelsbaar'*'' oder die Göttin 'Astart,
wenn wir für letztere auch anscheinend nur einen alttestamentlichen 83 Gn 17, 1 (P).
84 Gn 35, 11; 48, 3 (Lüz) (P).
85 Ex 6, 3 (P).
86 L. BosT, Die Gottesverehrung der Patriarchen im Lichte der Penta¬
teuehquellen, Oxford Congress Volume, SVT 7 (1960), 356f. Zum „Väter¬
gott" ist immer noch grundlegend A. Alt, Der Gott der Väter (1929),
Kl. Sehr. I, 1—78. Kritisch dazu jetzt J. Hoftijzbr, Die Verheißungen an
die drei Erzväter (1956), v.a. 83ff., dessen Bedeutung für das Problem
J. Hempel, Bibliotheca Orientalis 15 (1958), 44f. gewürdigt hat.
8' So Eissfbldt, JSS 1 (Anm. 80), 36 Anm. 1. Diese Ansicht würde
weitere Stützung erfahren, wenn J. Hempel mit seiner These, daß die Tra¬
ditionen der Priesterschrift in Hebron zu Hause seien. Recht hätte (Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft, NeueBearbeitung,
XII 2 [1954], 1965f.). P hätte dann den Sondernamen des in Hebron ver¬
ehrten El als Gottesnamen der vorläufigen Offenbarungsstufe der Väterzeit
vor der Offenbarung des JHWH-Namens in der Mosezeit übernommen. —
Allerdings wird man dann fragen müssen, in welchem Verhältnis der Stamm
Josef vor seiner Landnahme im mittelpalästinisehen Bergland zu diesem
im später judäischen (kalibbitischen) Hebron verehrten 'El Saddaj stand
(vgl. Gn 49, 25 f. und unten Anm. 132).
88 So Gunkel, Alt in ihren in Anm. 77 genannten Sohriften ; Baudissin, Kyrios III (1929), 299ff. u. a.
8« O. Eissfeldt, El im ugaritischen Pantheon, Ber. Verb, sächs. Ak.
Wiss. Leipzig phil.-hist. Kl. 98, 4 (1951); M. H. Pope, op. oit. (Anm. 80).
9» O. Eissfeldt, Ba'alsamem und Jahwe, ZAW 57 (1939), 1—31, be¬
sonders 16 ff.
• Erwägungen zur Etymologie des Grottesnamens ^El Saddaj 57
Beleg in dem ostjordanischen Ortsnamen 'ASt^röt qarnajirrfi^ haben, wo
Name von Göttin und Heiligtum identisch zu sein scheinen. Dem
möchte ich noch ein Beispiel aus Ugarit hinzufügen, in dem ich zudem
eine Bestätigung der oben gegebenen Erklärung von 'El Saddaj sehe.
In dem Verwaltungstext RS 15. 115** findet sich folgender Passus**:
52 ]t.mdth[ l.]HM.Sd
yt.mhs . bnS . mlk . ybHhm ]t?.w. hpn . l . azzlt
~55 ]l.HM.Sd ]. ybHnn
~\n.b.tlt .Snt .1 .nsd ]rSp.mlk.k.ypdd.mlbS ]. mlk . ytn . mlbS 60 ]rn . k . ypdd . mlbSh
]mlk . ytn . IhS . lh
52 ]. .ihre TJntergewänder^* [. .. .für] Aätart der Flur
]... -mhs^^, der Mann des Königs, soU sie machen
].. und ein hpn^^ für Azzlt
55 ]für Astart der Fliu'
]er soU es machen
].. während dreier Jahre für Nsd
]RSpmlk. Wenn alt ist das Gewand
]gibt der König ein ( neues ) Gewand ]... wenn alt ist sein Gewand
]gibt ihm der König ein (neues) Kleid.
91 Gn 14, 5. 92 PRU II Nr. 106.
93 Umschrift nach der von C. H. Gordon angewandten Methode. In den
folgenden Bemerkungen zum Text setze ich die Bearbeitung von J. VmOL-
LEAUD in PRU II, 137—141 voraus; seine Vorschläge sind, wo ich sie für
richtig halte, stillschweigend übernommen. Kursivdruck bezeichnet unsichere Übersetzungen.
94 mdth: hebr. middöt bedeutet ,, Untergewänder", danach die obige Über¬
setzung, die allerdings nicht recht befriedigt. Das Suffix -h ist sicher feminin zu nehmen.
95 mhs ist nach Virolleaud eine Berufsbezeichnung; man könnte aber
auoh an einen Personennamen denken, dessen erstes Element teilweise
weggebroehen ist.
9* hpn : Das mehrmals belegte Wort ist nach Ausweis seines Plurals Femi¬
ninum, sonst könnte man an eine mit -n = -änu gebildete Ableitung von
der Wmzel HPP oder HPY (vgl. hebr. non, lon ; aram. tjon ; arab. hfy;
asa. hfj „bedecken, verhüllen"; hebr. nsn „Decke") denken. Vielleicht handelt es sich aber um ein niohtsemitisches Wort. Das Material ist gelegent¬
lich Leinen (ptt, pttm), so PRU II Nr. 115, 4; III, 7; 113, 9.
5S Manfeed Weippeet
Wie man aus dem Vorhergehenden schheßen darf, handelt es sich um
Prunkgewänder*', die der König an verschiedene Personen, darunter vor
allem an die corporation der trmnm^^, und an Gottheiten verteilt. Von
letzteren werden die Namen Dmi (Damalla)^^, 'ttrt Sd und das Epi¬
theton bHt bhtm, dessen Lesung allerdings nicht ganz sicher ist, genannt.
Der Name Htrt Sd ist gewiß wie oben in der Übersetzung des Textes mit
,, Astart der Flur" wiederzugeben^"" ; denn es kann kein Zweifel darüber
bestehen, daß die in dem Text RS 17. 352 als Schwmgottheit zitierte
^iStar seri mit ihr zumindest sachhch identisch ist'"'. Die „Aätart der
Flm" kommt noch einmal in dem bisher unveröffenthchten Text
RS 19. 15 vor. Aus den Bemerkungen Vieolleauds'"* ist zu entnehmen,
daß es sich um kultische Zeremonien handelt, bei denen Wein dar¬
gebracht wurde; der Zeitpunkt wird durch zwei parallele Aussagen an¬
gegeben : ,,wenn Astart der Flur in den Königspalast eintritt" und ,,wenn die rSpm in den Königspalast eintreten'"*". Sicher haben wir in der 'Urt Sd von Ugarit nicht ein kleines ,,Lokalnumen", sondern eine lokale
Manifestation der großen gemeinnordsemitischen Göttin Astart zu
sehen; es mag sein, daß sie ein Heihgtum in der Flur der Stadt hatte'"*.
Wichtig erscheint mir dabei vor allem, daß durch diese Bezeichnung die
Möghchkeit erwiesen wird, einem Gottesnamen die Näherbestimmung
Sjsctda anzufügen.
»' O. Eissfeldt, JSS 5 (1960), 22. Dazu Eissfbldt, 1. c. 45f.
" Siehe Dbimbl, Pantheon (Anm. 3) Nr. 686; PRU II, 228.
100 Vieolleaud, PRU II, 141: ,,l'Astart6 du champ (ou de la campagne)".
101 PRU IV, 121 f. Die Lokalisierung der IStar seri in Ugarit ist nicht
sicher. Wenn das Verdikt des Königs Initeäub von Karkemis — was anzu¬
nehmen ist —• die einzelnen Handlungen nach ibrer zeitlichen Abfolge auf¬
zählen sollte, so ist die Göttin nach dem Kontext (zz 6—-13) ,,. . . Ahätmilku
ummasunu Sarrat Ugarit zittasunu iStu kaspi huräsi u iStu unüteSunu iitu
gabba mimmüSunu tittadimma u ina AlaSija tulteliSunüti u ana päni IStar
seri mamlta ina blrlSunu taltakan ..." in Alaäia zu Hause. Fraglich ist dann
nur, wo man sich diesen Ort zu denken bat. — Eine Göttin gleichen Namens
kennt man auch aus dem hmritischen Bereich (Lokalform der SauSka) ;
siehe E. Laeoche, Recherches sm les noms des dieux hittites (1947), 95;
H. Otten, JCS 4 (1950), 127.
i»2 Ch. VmoLLEAUD, CRAI 1956, 61f; vgl. E. Weidnee, AfO 18 (1957),
168; A. Caquot, Syria 36 (1959), 94.
i°3 Dazu Weidnee, 1. c.
1"* A. Caquot, 1. c. will in dem Ausdruck 'nt Sdm UM 49: IV: lf.
den Namen einer der 'ttrt Sd zu vergleichenden Gottheit sehen, doch wird
man mit J. Aistlbitneb, Die mythologischen und kultischen Texte aus
Ras Schamra, Bibl. Or. Hung. VIII (1959), 21 am besten an 'n „Quelle", pl.
'nt (UM 'nt : IV : 80) denken und „Quellender Fluren" übersetzen. Andere Vor¬
schläge bei C. H. Gobdon, Ugaritic Literature (1949), 46; G. R. Dbiveb, op. cit.
<Anm. 47), 112; J. Geay, The Legacy of Canaan, SVT 5 (1957), 59, die 'nt mit hebr. njya, arab. ma'nät „furrow" identifizieren.
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 59
In seinem Kommentar zu der Stelle'"* verweist Vieolleaud auf ein
PRU II Nr. 39, 1 vorkommendes h'l Sd: Dies könne der Name der ersten
der aufgeführten Personen sein, ,,mais c'etait aussi, peut-etre et d'abord, un qualilicatif divin, comparable ä 'ttrt Sd, n° 106, 55"'"*. Beides scheint
mir nicht richtig zu sein. Man könnte allenfalls, wenn die Deutung auf
einen Personennamen riehtig sein sollte, auf den akkadischen Namen
Bel-Sadüni^'" hinweisen, doch liegt, wie mir scheint, die appeUative Be¬
deutung ,, Feldbesitzer" viel näher'"*. So muß die Stelle außer Betracht
bleiben. Ebenso empfiehlt es sich, die recht zahlreichen mit Sad-Ci zu¬
sammengesetzten akkadischen Personennamen wie Anu-SadP^ ,,Anu
ist mein Berg", Sippar-Sadi^^" ,,(Die Stadt) Sippar ist mein Berg",
Anu-Sadüni^^^, Bel-Sadüni^^^, Sin-Sadüni^^^, SamaS-Sadüni'^^* ,,Anu usw.
ist mein Berg", Adad-Sadi-niSeSu^^^ , ASur-Sadi-niSeSü^^^, Marduk-Sadi- niSeSu^^'' ,,Adad usw. ist der Berg seiner Menschen", Sin-Sadi-ilV-^^,
SamaS-Sadi-ilP^^ ,,Sin bzw. Samal ist der Berg der Götter" von den
mit Saddaj gebildeten bibhschen Personennamen'*" wie überhaupt von
einer Behandlung des Saddaj-Problems zu trennen, weil das Element
Sadü in diesem Namen sicher nicht als Gottesname verstanden sein
will'*', sondern den Schutz und die Zuflucht, die der Gott gewährt oder
106 PRU, II, 141.
106 pRUII, 64. Dabei könnte man an das Epitheton des Gottes MAR.TU
(Amurrü), Bei Sadi „Herr des Gebirges", denken; doch ist das nach Kon¬
text und Wortbedeutung von Sd unwahrscheinlich. Zu bei Sadi vgl. E. Dhobme,
RB 37 (1928), 178; K. Tallqvist, Akkadische Götterepitheta (1938), 251.
Die TTdtpeSpo? des Gottes trägt den Titel betet ^eri, Tallqvist 265.
10' Gelb-Pubves-MacRab, Nuzi Personal Names, OIP 57 (1943), 113.315.
108 Vgl. b'l bt „Hausbesitzer" in der Liste UM 14: 2—11.
10» B. Gemseb, Do beteekenis der persoonsnamen voor onze kennis van
het leven en denken der oude Babyloniers en Assyriers (1924), 137.
11" H. Ranke, Early Babylonian Personal Names (1905), 165; Gemseb 206.
111 Gemseb 137.
112 Siehe Anm. 107!
113 Ranke 164; Gelb-Pubvbs-MacRae 122. 143.
1" Ranke 148; Gelb-Pubves-MacRae 123.315.
116 Gemseb 138; J. J. Stamm, Die akkadische Namengebung, MVAeG 44
(1939), 228.
11« Gemseb 138. n' Gemseb 138. "8 Gemseb 45. 78.
11» Ranke 147; Gemseb 45.78; Stamm 226.
120 ,-,arnv Nu 1, 12; 2, 25; 7, 66. 71; 10, 25; ■'Toms Nu 1, 6; 2, 12;
7, 36. 41; 10, 19 (dieser Name verbietet die Verbindung der Elemente Sadü
und Saddaj); tw-tb Nu 1, 5; 2, 10; 7, 30. 35; 10, 18 (1 Saddaj-'ür).
121 Wie es sich mit dem von H. S. Nybeeg, ZDMG 89 (1936), *8* als
'•ia^'7V* gedeuteten ,, amoräischen" Personennamen Ha-li-sa-da verhält, vermag ich nicht zu entscheiden. Das erste Element scbeint hälu „maternal
uncle" (CAD, H, 54a) zu sein; sa-da = Saddaj, wie Nybebg annahm, ist
mir weniger sicher. Vgl. auch Th. Baueb, Die Ostkanaanäer (1926), 73*.
60 Manfbed Weippebt
gewähren soll, im Bilde des Berges bezeichnet wie ähnlich das Element
sür in hebräischen Namen (z. B. 'EU-sür)^^^. Hinzuzunehmen ist zu
diesen Namen auch der aus Mari bekannte eines Königs von Asujiinum,
Sadü-LUOAL „ein Berg ist LUGAL"'**, den man nach der ebenfalls
in Mari belegten syllabischen Schreibung Sadü-Sarri^^* zu lesen hat. Ein
Zusammenhang mit dem 'El Saddaj besteht jedoch auch hier entgegen
der vorsichtigen Vermutung M. Noths'** nicht.
VI
Unsere These, die oben näher auseinanderzusetzen war, hatte zur
stillschweigenden Voraussetzung, daß die siebenmal im AT belegte'**
Namensform 'El Saddaj gegenüber der erhebhch häufigeren Kurzform
Saddaj die ursprünghche sei. Doch gibt, wie es scheint, das statistische
Übergewicht der letzteren zu einigen Bedenken gegen unsere Deutung
Anlaß; aber es bleiben nach Abzug der Stellen des Hiobbuches, die,
da bewußte Stilisierung vorliegt, hier ausgeschaltet werden dürfen, nur
neun Belege und die drei Personennamen'*' übrig. Unzweifelhaft alt
kommt die Kurzform zweimal in den Bileamsprüchen'** vor, wo sie in
Parallele zu 'El und 'Äljön steht, obwohl man bei der Einleitung des
dritten Spruches (Nu 24, 4) fragen könnte, ob hier nicht die Langform
poetisch in ihre Bestandteile zerlegt und auf die zwei Gheder des Paral-
lehsmus verteilt sei. Doch wird eine solche Vermutung der Einleitung
des vierten Spruches (Nu 24, 16) nicht gerecht, die zwischen die ersten
beiden Gheder des 3. Spruches noch ein w^jöde"' da'at 'Äljön einschiebt.
1" Nu 1, 5; 2, 10; 7, 30; 10, 18; vgl. Gemseb 137; Stamm 82; A. Wie¬
gand, ZAW 10 (1890), 85f. ; M. NoTH, Die israelitischen Personennamen,
BWANT III 10 (1928), 156f.; J. Hempel, Das Bild in Bibel und Gottes¬
dienst, SGV 212 (1957), 22. Der Unterschied, den ,1. Begbich, ZAW 46
(1928), 255 (bes. Anm. 3) für die Vertrauensäußerungen im Klagelied des
Einzelnen zwischen dem Gebrauch von ms und dem von Sadü macht, ist
für die Eigennamen nieht gegeben.
Archives royales de Mari II, 109,48; cf. Ch.-F. Jean in: Studia
Mariana (1950), 68.
Sa-du-Sa-ar-ri, Syria 20 (1939), 109.
Mari und Israel, eine Personennamenstudie, in: Geschichte und AT
(Festschrift für A. Alt), BhTh 16 (1953), 149.
12« Ez 10, 5; sonst nur in P: Gn 17, 1; 28, 3; 35, 11; 43, 14; 48, 3; Ex 6, 3.
Zu Gn 49, 25 siehe oben im Text und Anm. 131!
12' Nu 24, 4. 16; But 1, 20. 21; ps 68, 15; 91, 1; Js 13, 6; Jl I, 15; Ez 1, 24.
Zu den Personennamen siehe Anm. 120!
128 Vgl. W. F. Albbight, JBL 63 (1944), 207—233. Als Zeit der ab¬
schließenden Formung der Sprüche darf man die frühe Königszeit vermuten
(Saul oder David); Terminus post quem ist dafür die 1 Sa 15 berichtete
Besiegung und Tötung des Amalekiterhäuptlings Agag (vgl. Nu 24, 7. 20)
durch Saul und Samuel. Vgl. zur Datierung Albbight, 1. c. 226ff.
Erwägungen zur Etymologie des Gottesnamens ^El Saddaj 61
Es läßt sich daraus nur ableiten, daß die drei gebrauchten Gottesnamen
dieselbe Gottheit meinen'***. Die anderen Texte sind jünger. Die Form
'El Saddaj kommt nun allerdings auch erst in Texten des 6. Jahr¬
hunderts vor (Anm. 126), und man könnte fragen, ob hier nicht ein
ähnlicher Prozeß vor sich gegangen sei wie der, der zu der Gottes¬
bezeichnung 'El 'äljön geführt hat. Dieser nur Gn 14,18—20.22;
ps 78, 35 belegte Name wird wohl, wie ich meine, nicht als ,,Der höchste
Gott", ö-scx; uiJ^ioTOi;, zu interpretieren sein, sondern als ,,E1, nämlich der 'Äljön"^^^, wie denn auch JHWH 'äljön^^ nicht ,,der höchste Jahwe"
(*JHWH hä'äljön) heißen kann, sondern nur „Jahwe, nämlich der
'Äljön"; das würde bedeuten, daß jene spätere Zeit auch die Form
'El Saddaj gebildet und als ,,E1 (oder: Gott?), nämhch der Saddaj" ver¬
standen habe. Doch läßt sich auch ein Beweis für das relativ hohe Alter
der Langform vorbringen, wenn nämlich die allgemein akzeptierte
Korrektur des uf'et Saddaj Gn 49, 25 in vf'el Saddaj richtig sein sollte,
was doch kaum zweifelhaft sein kann'*'; das Auftreten der Langform
könnte damit also vielleicht bis in die Zeit vor der Staatenbildung, ja
vor dem Seßhaftwerden der Israehten im Kulturland'** zurückverfolgt
werden. Ein solcher Sachverhalt würde sich dann natürlich auch auf
128a Gegen G. Levi della Vida, JBL 63 (1944), 3.
12» Daß 'Äljön allein Gottesbezeiohnung sein kaun, beweist neben dem
alttestamentlichen Material (Nu 24, 16; Dtn 32, 8; Psalmen usf.) das Vor¬
kommen von p"?» auf der Sfire(Sudschin)-Stele I, A, 11 und des EXiouv
in der phönizischen Kosmogonie.
13» ps 7, 18; 47, 3. Die ,, elohistischen" Psalmen sagen dafiu 'Höhim 'äljön, 57, 3; 78, 56.
131 Siehe BH3 z. St. Die drei hebräischen Handsehriften, die ■'lü? "7X1 lesen, sind Ken**- i*" de Rossi*'^, von denen Ken^"', im Dtn häufig mit dem
Samaritanus zusammengehend, einen Vulgärtext repräsentiert ( J. Hempel,
ZAW 52 [1934], 270). Über Keui^», die mit einiger Vorsicht behandelt sein
will, siehe P. Kahle, Masoreten des Westens I (1927), 86; J. Hempel,
ZAW 48 (1930), 193.
132 YüT die Datierung des Josef-Spruobes ist entscheidend die Inter¬
pretation von n^zlr 'ähäw v26: handelt os sich um eine — wie nun auoh
immer geartete — Vorrangstellung des Bet Jösef vor dem Aufstieg Benja¬
mins unter Saul, Judas unter David, oder erst um eine dem Nordreich
entstammende Bezeichnung Josefs nach dem Zerfall der Beichseinheit
(vgl. Gn 37, 7flf. ?) ? Es fehlt in dem Spruch, der so betont von Fruchtbarkeit
spricht, auffallenderwoise jeder Bezug auf den landwirtschaftlichen Segen
des Kulturlandes (Wein, Weizen). Wie anders redet da etwa ps 65, lOff.
und auch schon die Parallelstelle Dtn 33, 13fif. ! Hingegen weist die aus¬
schließliche Erwähnung von Sädajim wäräham, hai-"re 'ad (text, emend.) und gib'öt 'öläm auf Kleinviehzucht, so daß es gerechtfertigt ist, den Spruch
nocb in der Zeit der Transhumanz anzusetzen, also vielleicht gegen Ende
des 12. Jahrhunderts (vgl. H. Gbessmann, Die Anfänge Israels, SAT^ I 2
[1922], 179, der an etwa 1100 denkt).
62 Manfred Weippert, Erwägungen zur Etym. d. Gottesn. ^El Saddaj
die Beurteilung der SteUen aus P auswirken, für die man dann alte
Tradition in Anspruch nehmen könnte, was ja durchaus der allgemeinen
Beobachtung entspräche, daß P mannigfache recht alte Überlieferungen
tradiert. Es wäre dann eine frühe Verkürzung des längeren Namens
'El Sad(d)aj zu behaupten, sei es, weil seine Bedeutung nicht mehr ver¬
standen wurde, oder, weil man das Element 'El für selbstverständlich hielt und daher wegheß'**.
Ein ähnlicher Fall mag auch im Ugaritischen vorliegen, wo neben
häufigem B'l spn (UM 1:10; 9:14; 125:6,7, 107) und II spn (17:13; 'nt:
111:26, IV: 63) auch einmal Spn allein begegnet (in der Opferliste 3:42),
vielleicht auch noch ein zweites Mal 9:4, wo die Lesung des 1. und 3. Buch¬
stabens allerdings unsicher ist. Da spn den Wohnsitz Baals bezeichnet
(vgl. ]iDS Ex 14, 2. 9; Nu 33, 7 und O. Eissfeldt, Baal Zaphon,
Zeus Kasios und der Durchzug der Israeliten durchs Meer [1932]), B'l spn
also „Baal vom sapön" bedeuten muß, könnte an der genannten Stelle
3:42 der Name seines Wohnsitzes für den vollen Gottesnamen stehen. Vgl.
auch den biblischen Ortsnamen jiss (Jos 13, 27) und den phönikisehen
Eigennamen psn: (dazu J. Lewy, HUCA 28 [1957], 11; R. Borger,
ZDPV 74 [1958], 129). [Zur Kmzform vgl. jetzt D. N. Fbeedmann, JBL 79
(1960), 165. Auf den in äg. Transkription vorliegendenPersonennamen''n5;''nB*
(sldj'mj = sa-di-'-mi; M. Bdbchabdt, Die altkanaanäischen Fremdworte
und Eigennamen im Ägyptischen II [1910], 43 Nr.826) hoffe ich in Kürze
zmückkommen zu können; er fügt sich unserem Ergebnis ohne Mühe ein.
Vgl. dazu die Bemerkungen von W. F. Albright, Biblical Period, in : The
Jews — their History, Culture, and Religion, ed. L. Finkelstein ('1949), 7
(*1959 mir nicht zugänglich).]
Zum Loskauf
christlicher und türkischer Gefangener und Sklaven
im 18. Jahrhundert*
Von Kakl Jahn, Leiden
Einleitung
Der Friedenschluß von Karlowitz (1699) bildete bekannthch einen
einschneidenden Wendepunkt in der geschichthchen Entwicklung des
Osmanischen Reiches. Diese Macht, die in jahrhundertelangem und bis
vor kurzem noch erfolgreichem Expansionsdrange das christhche Abend¬
land in Atem gehalten hatte, sah sich damit im Grunde genommen end¬
gültig in die Defensive gedrängt. Die Unterlegenen von gestern — Öster¬
reich und seine Bundesgenossen — übernahmen von nun an die han¬
delnde RoUe der Hohen Pforte, um sie nicht sobald wieder aus ihren
Händen zu geben'.
Bei der Durchsicht der 19 Artikel des berühmten Karlowitzer Frie¬
densvertrages mit Österreich wird man sich dieses Wandels der Lage
deuthch bewußt*. Er zeichnet sich nicht bloß in denjenigen von ihnen
ab, die von den großen imd endgültigen Gebietsverlusten der Pforte
* Erweiterte Form eines Vortrags, zuerst gehalten am 17. Mai 1960auf Ein¬
ladung des Orientalischen Seminars und des Instituts für Öffentliches
Becht und Politik der Universität Münster.
' Eine einigermaßen erschöpfende, moderne Auffassungen entsprechende
Darstellung der Ereignisse um den Frieden von Karlowitz und diesen selbst,
gibt es leider bisher immer noch nicht, und ist man im Grunde gesehen auch
weiterhin auf die Werke von J. von Hammeb-Purgstall (Geschichte des
osmanischen Reiches, Pest, 1827—35, Bd. VI), J. W. Zinkeisen (Geschichte
des osmanischen Reiches in Europa, Hamburg, 1840—63, Bd. V), N. Jorga
(Geschichte des osmanischen Reiches, Gotha, 1908—13, Bd. IV) und ge¬
diegene Teiluntersuchungen wie z. B. die von B. Spulbr in seinem Aufsatz:
Die europäischen Diplomaten in Konstantinopel bis zum Frieden von Bel¬
grad (1739), 3. Teil („Der Kongreß von Karlowitz"), p. 56ff., angewiesen.
Eine Übersicht der wichtigsten zeitgenössischen europäischen Quellen ent¬
hält die Dissertation von M. R. Popoviö, Der Friede von Karlowitz (1699),
(Leipzig, 1893).
2 Vgl. u. a. Treaties, & c. between Turkey and Foreign Powers 1535—1855, compiled by the librarian and keeper of the papers. Foreign Office (London
1855); Gabriel Eppendi Nobadounghian, Recueil d'aotes internationaux
de l'empire ottoman, t. I, 1300—1789 (Paris, 1897), p. 182ff.