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Ancient Persian Lexicon and the Texts of the Achaemenidan
Inscriptions transliterated and translated with special
Reference to their recent Re-examination. By Herbert
Gushing Tolman. New York, Cincinnati, Chicago:
5 American Book Company (Vanderbilt University Studies
founded by Augustus H. Eobinson. Nashville, Tenn. 1908.
American Agent: Lemcke & Buechner, New York City.
Foreign Agent: Otto Harrassowitz, Leipzig). 1 (5 Mk.).
Der Verfasser, Professor der griechischen Sprache an der Uni-
10 versität Nashville , der bereits mehrfach mit Arbeiten über Alt¬
persisch an die Öffentlichkeit getreten ist, bietet hier die altpersischen
Keilinschriften in Transkription mit englischer Übersetzung, kurze
textkritische Anmerkungen und ein altpersisch - englisches Wörter¬
buch. Die neuere Literatur, Jackson's sowie King & Thompson's
15 Kollationen , die Schlußlieferung der von mir und Bang veran¬
stalteten Ausgabe , vor allem aber Bartholomae's lexikalische
und textkritische Arbeiten, sind sorgfältig benutzt. Eigene Kon¬
jekturen hat Tolman sehr sparsam gegeben, und nur eine einzige
davon halte ich für ohne weiteres überzeugend: Bh. IV, 49 nais[im]
20 ima varnavätaiy, wo ich noch naiS[aiy] ergänzt hatte. Über manche
andere LesungenJ Transkriptionen oder Ergänzungen des ap. Textes
kann man eine abweichendei Arfsicht häben , ohne jedoch gewiß zu
sein, daß diese die richtige sein muß. Einige Stellen sind jedoch
bei T. sicher verfehlt. DäVü''rechne ich Bh. ,II, 94 die Ergänzung
s5 avahar[ja'], die er ,as quite certain' beti-achtet. Es müßte min¬
destens avähar[Jä] heißen , da das Augment im Ap. bei Formen
mit präteritaler Bedeutung nie wegbleibt;" vgl. Bartholomae, Grundriß d. iran. Phil. 1, I, § 302, 2. Meine Konjektur auahar[ta'],
die diese Schwierigkeit vermeidet, halte ich freilich auch nicht
30 mehr für unbedenklich.
Bh. IV, 4 ff. übersetzt T. hamahia^ä tarda ähnlich wie ich
,in the same year', hält auch meine Deutung für „very probable',
äußert aber einige Bedepken dagegen , über die ich ihn beruhigen
möchte. 1. Wenn er sagt ,The lacuna before Bab. MUANNA
35 fits gab-bi, all, very well", so ist darauf zu erwidern, daß an der
Weißbach: Tolman, Ancient Persian Lexicon etc. 829
allein in Betracht koromenden Stelle der bab. Übersetzung (Z. 99)
nach King & Thompson's ausdrücklicher Angabe nur ein Zeichen
fehlt. Für die beiden Zeichen ^laÄ-ii wäre also kein Platz. Ferner
könnte ich mich auf Delitzsch's Handwörterbuch berufen, wo
es S. 192 a heißt ,gabbu Subst. Gesamtheit, ganz, all, stets appo- 5
sitionell nachgesetzt'. Hier würde aber gab-bi vor seinem Sub-
stantivum stehen. Freilich gilt Delitzsch's Regel nicht aus¬
nahmslos; wir lesen z. B. Dar. Elv. 6 gab-bi nu-u^-M „lauter Über¬
fluß', und Delitzsch, Assyr. Lesestücke 4. Aufl., S. 80 oben Z. 32
gab-bu um-ma-a-ni .alle Leute", gahbi Satti könnte jedoch besten- lo
falls das »ganze Jahr' heißen. Da MU-AN-NA (gelesen sattu)
dem ap. tard entsprechen muß , kann in der Lücke vor MU-
AN-NA nur das Äquivalent für ap. hama gestanden haben. Dieses
ap. Wort wird im Bab. Z. 12 durch die Ligatur Uten für das Mask,
und iStenit für das Fem. wiedergegeben. Bab. sattu ist Fem. Z. 99 15
fehlt vor ihm ein Zeichen und zwar das Äquivalent für ap. hama.
Es muß also iätentt ergänzt werden. 2. ,The omission of the det.
AN (which invariably occurs in expressions of time) from the
corresponding Elam. phrase' ist zwar bedauerlich, kann aber, da
der Sinn des entsprechenden bab. iattu und ap. tard „Jahr' fest- 20
steht, nicht mehr ins Gewicht fallen. 3. ,The congestion of all
these recorded events in one year &c." Über diesen Punkt habe ich in Or. Lit. -Ztg. 11, 485 fi'. und ZDMG. 62, 631 W. ausführlich
gehandelt und glaube nachgewiesen zu haben , daß die von Darius
in den ersten 3 Kolumnen seiner großen Inschrift berichteten Er- 25
eignisse sich in einem Zeitraum von etwa 1^/g Jahr abgespielt haben.
Darius hat also übertrieben, wenn er behauptet, er hätte inner¬
halb eines Jahres 9 Könige gefangen genommen und 19 Schlachten
geschlagen. Richtig ist aber, daß diese Empörungen sämtlich inner¬
halb eines Jahres ausgebrochen sind. Die bona fides des Groß- 30
königs geht daraus hervor, daß er in der gleichen Inschrift die
Daten fast aller dieser Schlachten genau angibt und so seinen ge¬
treuen Untertanen, die den ap. Kalender besser kannten als wir,
die Kontrolle seiner Angaben ermöglichte. Freilich sollte ohne
weiteres klar sein , daß die Worte einer solchen Königsinschrift 35
nicht auf der Goldwage unseres philologischen Gewissens gewogen
werden dürfen. Besonders lehrreich ist in dieser Hinsicht § 2 von
Col. IV des ap. Textes. Darius erzählt: „Ich lieferte 19 Schlachten';
aber aus seinem eigenen Bericht geht ja hervor, daß die meisten
dieser Schlachten nicht von ihm, sondern von seinen Feldherrn 40
geschlagen worden sind. Von seiner weiteren Behauptung „Ich fing
9 Könige' gilt ein ähnliches; außerdem waren das ja gar nicht
Könige; denn sie logen, indem sie sprachen: „Ich bin König"!
Und wer wird glauben , daß der Großkönig Darius den medischen
und den sagartischen Rebellen mit eigener Hand verstümmelt und 45
hingerichtet habe , obwohl er — rein philologisch gesprochen —
es von sich behauptet!
5 7«
Bei § 1 von Col. V sind T.'s Ergänzungen mehrfach deshalb
unmöglich, weil sie den zur Verfügung stehenden Baum über¬
schreiten; auch ist der Sprachgebrauch nicht genügend berück¬
sichtigt. Falls sich meine ZDMG. 62, 641 vorgetragene Konjektur
5 bestätigt, würde sich der ganze Paragraph wiederherstellen lassen.
Auffälligerweise übergeht T. die Abweichungen von unserer Aus¬
gabe, die er sonst genau angibt, hier fast völlig.
Über die von T. gewählte Transkription ließe sich manches
sagen. Da aber , wenn irgendwo , so hier Tadeln leichter ist als
10 Bessermachen , beschränke ich mich darauf ,- zwei handgreifliche
Mängel zu erwähnen : die Nichtberücksichtigung des ap. Worttrenners
und den unterschiedslosen Gebrauch der eckigen Klammern für zwei,
ja drei durchaus verschiedene Dinge. T. verwendet die eckigen
Klammern nicht nur bei Zeichen, die im Original verstümmelt und
ts in der Transkription ergänzt sind , sondern auch bei irrtümlichen
Auslassungen des Originals, wie Bh. i, 5, wo nach K. & T. das
Zeichen d in Nabukudra/cara durch Versehen des Steinmetzen weg¬
geblieben ist, einmal auch zur Kennzeichnung der defektiven
Schreibung. Dar. Pers. e 16 hätte T. statt S^lg[u]da seiner son-
80 stigen Übung gemäß Sug^da umschreiben müssen.
Das Wörterbuch am Schluß bietet zu erheblichen Ausstellungen
keinen Anlaß. Es gründet sich in der Hauptsache auf Bartho-
lomae's treffliche Werke, berücksichtigt aber auch die seither er¬
schienenen Arbeiten anderer. Das Büchlein ist gut ausgestattet und
25 bis auf mehrere unbeabsichtigte Verballhornungen eines deutschen
Briefes (S. 96) recht korrekt gedruckt. -p jj Weißbach
1. Die alipersischen Keilinschriften des Qroßkönigs Däraja-
wausch des Ersten bei Behistun. Von A. Hoffmann-
Kutschke. Stuttgart u. Berlin, Verlag von W. Kohl-
30 hammer, 1909. 35 SS. Gr.-8.
2. Die altpersischen Keilinschriften des Qroßkönigs Däraja-
wausch des Ersten am Berge Bagistän. Inaugural- Disser¬
tation zur Erlangung der Doktorwürde in der philosophi¬
schen Fakultät der Universität zu Jena von Artur Hoff-
35 mann - Kutschke aus Hansdorf in Schlesien. Tag der
Promotion: 20. Juni 1908. Stuttgart, Druck von W. Kohl-
hamraer. 1908 (Umschlag: 1909). 68 SS. Gr.-8.
Die beiden Schriften von Artur H.-K., der sich durch einige
kleine Arbeiten, Bücherbesprechungen und Zeitungsartikel auf den
40 Gebieten des Iranischen , des Elamischen und der vergleichenden
Mythologie bereits bekannt gemacht hat, behandeln trotz der ver-
5 7«
Weißbach : Ho fmann-Kutschke, Die altpers. Keilinschriften etc. 831
schiedenen Namensformeu Behistun und Bagistän^) einen und den¬
selben Gegenstand.
No. 1 enthält S. 3 einige Vorbemerkungen, SS. 5—18 die
deutsche Übersetzung der Inschriften, SS. 19—32 Anmerkungen,
S. 33 das Schlußwort, SS. 34 u. 35 eine Tabelle der Monatsnamen 5
der Iranier. Bei No. 2 kommt noch die Transkription, die der Über¬
setzung gegenübersteht, hinzu; außerdem sind die Vorbemerkung
und die Anmerkungen umfangreicher. Über Veranlassung und Zweck
seiner Arbeit äußert sich der Verfasser folgendermaßen: Die „Fehler
bei Weißbach-Bang, Tolman und King-Thompson lo
brachten mich zu der Überzeugung, daß eine deutsche Ausgabe
noch viel zu leisten hätte und könnte' (No. 1, S. 20). Er hat sich
bemüht, „durch logische Schlüsse über das bisher Gebotene hinaus¬
zukommen ; und', fügt er hinzu, „das ist möglich, meine Ergebnisse,
hoffe ich , sogar annehmbar' (daselbst S. 19). Wir erfahren hier 15
auch,,daß seine Arbeit, der er S. 20 die Attribute bescheiden
und treu gibt, „das Ergebnis 6 Jahre langer, mühevoller Arbeit
ist', indem er sich auch dem Studium des Elamischen in seinen
verschiedenen Epochen widmete, durch G. Hüsing, den gütigen
Förderer dieser seiner Studien unterwiesen. Er bezeichnet sich als to
einen der wenigen, die Elamisch auch nach S c h e i 1 getrieben haben
(daselbst). So glaubt er denn sagen zu können, daß er „auf diesem
Felde noch manche Ähre aufgelesen habe" (No. 2, S. 7), und hofft
.einiges Neue bringen zu können über Dialekte, Namenserklärungen,
Kalender etc.' (daselbst S. 6). 25
Man wird gern geneigt sein, der wiederholten Versicherung
des Verfassers, daß er Elamisch getrieben habe, vollen Glauben bei¬
zumessen. Das Studium dieser agglutinierenden Sprache hat
seinen deutschen Stil sichtbar beeinflußt: die Anmerkungen in No. 1
beginnen mit einem Satze von 36 Zeilen Länge , dem ein zweiter so
von 24 Zeilen folgt. Fast will es mich bedünken, daß es bei
diesem äußerlichen Erfolg seines elamischen Studiums sein Be¬
wenden habe. No. 1, S. 23 bemerkt er zu dem von King &
Thompson, El. I, 18 f. gebotenen Texte: „einen solchen Nonsens
bieten King - Thompson , der ihnen auch schließlich hingeht, weil 35
niemand 2) ihre Fehler im Elamischen — rügen kann . . . Das Ela-
mische muß nun [,suhir appa ("*«-] jiewa (^)taijaus hi-ati huktak^
lauten , d. h. ,Gesetz - welches - mein Land - dies - in es ... wurde
bewahrt', was mit ,das Gesetz von mir in diesem Lande wurde
bewahrt' wiederzugeben ist; so etwas sei hier auch einmal fest- 40
gestellt und in diesem Falle auf Philol. Novit. 1907, III/IV,
S. 104/105 verwiesen, sowie auf S. 105 unten; femer Foy Z.D.M.G.
52, S. 590.' Soweit H.-K. Es lohnt sich in der Tat, diese letzt-
1) No. 1, S. 5 steht Bagistanon, S. 3 Bägistän. „Auch eine schöne Form!' würde Hüsing (vgl. Orient. Lit.-Ztg. 10, 498) vermutlich sagen.
2) Niemand?. Auch Hüsing nicht?
genannte Stelle nachzuschlagen; man findet dann, daß Foy schon
1898, 10 Jahre vor H.-K., eine bessere Ergänzung der fraglichen
Stelle geboten hat. Aber noch mehr: ati, was H.-K. frischweg
durch »in* wiedergibt, kommt sonst nie vor. K. & T. haben darin
5 ganz recht, wenn sie für dieses Wort eine andere Deutung suchen;
sie halten es für wahrscheinlich identisch mit at, ate ,auch'; ich
vermute , daß hinter ati durch Steinmetzversehen ein -ma aus¬
gefallen ist; atima ist im El. die gewöhnliche Postposition des
Lokativs, neben einfachem ma.
10 Überhaupt haben King & Thompson den besonderen Zorn
des Verfassers auf sich geladen. Ihre Ausgabe ist, so „hofft" H.-K.,
„in Z.D.M.G. 1907, II, S. 722 ff. von Weißbach zu gut beurteilt,
obwohl er doch verhältnismäßig viele Fehler aufzählt", während sie
„in W.Z.K.M. 1908, I, S. 65 ff. von Bartholomae ihre gerechte,
15 einschneidende Kritik bekommen hat" (No. 1, S. 19).-
K. & T. haben das ap. 77 stets tr umschrieben, was H.-K. wieder¬
holt tadelt. So sagt er z. B. in bezug auf die Umschreibung dieses
Zeichens (No. 2, S. 7): „ich wähle tf., um anzudeuten, daß tr zu¬
grunde liegt und s daraus geworden ist. King - Thompson kennen
20 jedoch die Geschichte und Entwicklung dieses Lautes nicht und
schreiben tr , als ob zwei Zeichen t und r dastünden". Mit dem¬
selben Rechte könnte man sagen : H.-K. umschreibt t^, als ob zwei
Zeichen t und * dastünden^).
No. 1, S. 24 heißt es: „das elamische tamini-itaka in II, 70,
25er-mit', d. h. ,mit ihm', das King-Thompson nicht falsch
machen konnten, aber übersahen, erfordert atarrimunni
tami'' [seil, statt atarriman nitami, wie K. & T. trennen]. H.-K.
setzt also tami und tamini ohne weiteres gleich; das sind die bei¬
den Wörter aber nicht, denn tamini hat eine Silbe mehr als tami.
30 Ich denke mir, daß K. & T. diese Beobachtung ebenfalls gemacht
haben. Wenn also hier jemand etwas übersehen und infolgedessen
falsch gemacht hat, so ist dies H.-K. selbst gewesen.
No. 1, S. 27 endlich heißt es: „King-Thompson sind sich über
den Sinn der Anmerkung wohl selbst nicht klar geworden". Dies
35 ist nun freilich nicht gut möglich , da die betreffende Anmerkung
von K. & T. selbst herrührt und durchaus klar und sachlich ist.
Genug der Beispiele! Ob denn nur H.-K. nicht eine Ahnung
aufgedämmert ist, daß die Wissenschaft den Herren King und
Thompson auch einigen Dank schuldig ist ? Sie haben mehrere
40 Wochen lang täglich ihr Leben daran gewagt, um uns eine neue
Ausgabe der BisutOn - Inschriften auf Grund einer neuen Ver-
gleichung der Originale zu schaffen. Ist denn die prächtige Aus-
1) In einer Besprechung von H.-K.'s erster Schrift in Orient. Lit.-Ztg.
12, 309 f. wird die keineswegs glückliclie Wiedergabe des Zeichens durch tf,
„aus der wirklichen Fülle des Gebotenen' als „Förderung der Wissenschaft' hervorgehoben.
Weißbach: Hoffmann- Kutschke, Die altpers. Keüinschriften etc. 833
stattung das einzige Rühmenswerte an ihrer Ausgabe? Haben sie
nicht auch eine gi-oße Anzahl Stellen in den Inschriften verbessert
oder durch ihre Beobachtungen anderen die Möglichkeit geboten,
sie zu verbessen; Stellen, an denen sich der Scharfsinn der Fach¬
gelehrtem seit Jahrzehnten umsonst versucht hatte? Ich sollte 5
meinen, diesen Verdiensten gegenüber fallen die Fehler und Ver¬
sehen in ihrer Ausgabe, die der Kundige meistens ohne weiteres
sieht und verbessert^), kaum ins Gewicht. Übrigens sind K. & T.
nicht die einzigen, die von H.-K. ,ihre gerechte und einschneidende
Kritik bekommen'; auch die Polemik gegen Bartholomae (No. 1, lo
SS. 31 f.) und gegen den Schreiber dieser Zeilen (SS. 26, 29 u. 30,
hier allerdings Zitat aus E. Herzfeld's „trefflicher Arbeit') ist
wenig freundlich gehalten. Dieses Vorgehen ist um so befremd¬
licher, als die Betreffenden bez. Betroffenen dem Verfasser zu diesen
pei-sönlichen Ausfallen nie und nirgends Veranlassung gegeben haben, is
No. 2, die Dissertation, erweckt insofern einen etwas günstigeren Eindruck, als sie das Bestreben zeigt, diese unschönen Angriffe durch
sachliche Kritik zu ersetzen. Freilich geschieht z. B. auch hier
(S. 62), daß ein simpler Druckfehler bei K. & T. dem Verfasser die
Bemerkung entlockt : „was auf sehr große Sorgfalt bei der Heraus- 20
gäbe der Bagistantexte nicht schließen läßt'.
Wer so scharf urteilt, sollte nun freilich selbst ganz tadellos
arbeiten. Ich habe in H.-K.'s Transkription allein über 90 Fehler
der Art gefunden, wie sie der Verfasser K. & T. vorwirft. Dadurch
hat er einen Record geschaffen , hinter dem seine Vorgänger weit 25
zurückgeblieben sind^).
Was die Übersetzung anlangt, so sagt H.-K. selbst (No. 2, S. 7),
daß sie „nur in Korrektur der früheren Übersetzungen bestehen
kann'. Das ist richtig. Meiner Schätzung nach ist indessen mehr
als 9 Zehntel des Ganzen schon jetzt völlig sicher und zweifelsfrei so
übersetzt; dies bedarf keiner Korrektur mehr. Von dem Rest ist
der größere Teil ebenfalls bereits übersetzt, aber in der verschie¬
densten Weise. Hier heißt es, nnter den verschiedenen Deutungen
zu wählen, oder auch sie alle zu verwerfen und neue aufzustellen.
Letzteres gilt auch von den wenigen Stellen , die bisher jeder ss
Deutung gespottet haben. Gelegenheit, philologischen Scharfsinn
und exegetischen Takt zu entwickeln, ist also noch hinreichend ge¬
boten. Hat H.-K. diese Gelegenheit benutzt? Wir werden sehen.
Ich glaube jetzt, daß H.-K. Col. IV, ZZ. 73 f. und 77 f. für
die Worte utätaii iäuü tauma ahatij, die richtige Deutung ge- 40
wählt hat „und so lange dir Kraft ist". Wenn er aber (No. 1,
1) Bartholomae hat sich in seiner „gerechten und einschneidenden Kritik' (s. oben S. 832) dankenswerter Weise der Mühe unterzogen, eine Liste der Druckfehler bei K. & T. aufzustellen und verschiedene kleinere Unstimmig¬
keiten zwischen ihrem Keilschrifttext und ihrer Transkription nachzuweisen.
2) Bartholomae verzeichnet bei K. & T. 48 Druckfehler und einige
„Unstimmigkeiten'.
S. 20) behauptet, daß er iauma [!J „Macht" für IV, 74, 78 und
V, 19 und V, 35 aufgestellt habe, so ist das mißverständlich, da
man glauben kann, er habe diese Deutung gefunden. Auf¬
gestellt hat die Bedeutung taumä „Kraft, Vermögen' zuerst
5 W. Bang für IV, 74 u. 78, und zwar vor nunmehr 20 Jahren
(ZDMG. 43, 533). In V, 19 und 35 ist der Zusammenhang unklar;
überdies fehlen dort die keilinschriftlichen Übersetzungen. Ich
glaube femer, daß H.-K. die verstümmelte Stelle IV, 71 f. durch
eine glückliche Konjektur geheilt hat, indem er K. & T.'s da{?)tas(?)
10 in utaiia verbessert; ?'ä{tä utaua ähi bedeutet wörtlich „so lange
du gut bei Kraft bist". Das ist aber auch die einzige Konjektur
des Verf., der ich rückhaltlos zustimmen kann. Was er sonst an
eigenen Konjekturen und Übersetzungen bietet, ist günstigsten Falles
zweifelhaft, z. T. aber sehr unwahrscheinlich oder schlechtweg un-
is diskutabel. So sollten jetzt Lesungen wie [ßlmOM I, 7 und ä[m]ä-
tä & \1 (H.-K. noch ädätä) , giiamnam II, 62 (das H.-K. immer
wieder korrigieren möchte), iadäia III, 26 (H.-K. J{a)utya[) voll¬
ständig außerhalb der Debatte bleiben; sie stehen einfach fest.
Zu § 29 (II, 53) I[z(d]ä bemerkt H.-K.: „Doch sind durch
»0 Justis Deutung des Namens durch (hehr.) Etzel {Z.D.M.G. 51,
S. 239 . . .), , Berglehne, Abhang' = Jzila die Formen Icala und
Tjala ausgeschlossen". Hierauf ist zu erwidern : Ein hebräisches
Wort mit dieser Bedeutung gibt es nicht. Falls aber hebr. bitN
„Seite" zu vergleichen wäre, müßte es ap. gerade J[car]ä oder
«6 I[cal]a heißen, da das Ap. semitisches * durch c wiedergibt. Dann
wäre natürlich die Vergleichung mit syr. Izelä, die H.-K. gleich¬
falls als sicher betrachtet, hinfällig. Es bleibt dabei, daß für die
ap. Form von el. Is-si-la sechs Möglichkeiten bestehen: I[cal]ä,
I[gal]ä, I[zal]ä oder mit r st. l.
so Zu § 35 (II, 93) bemerkt H.-K.: „Hüsing, Dissertation S. 22,
36, 42 schlägt mit Recht Varkän[tjä . . .) zu ergänzen vor, auf
Grund von 'Tqkccvixh, Buqxuvioi und elam. (II, 68) Mirkantjap ;
doch haben Weißbach-Bang, 1908, Tolman, King-Thompson
und Bartholomae, Altir. Wb. , alle noch Varkäna". Diese Be¬
ss merkung ist für H.-K.'s Arbeitsweise geradezu typisch. Richtig
wäre etwa folgende Fassung gewesen : „Hüsing wollte wegen des
El, und der griechischen Formen VarkänlUä] lesen. Die Nach¬
prüfung des Originals durch K. & T. hat gezeigt, daß die alte Lesung die richtige war. Es heißt also nach wie vor Varkäna, nicht Varkün- 40 [tjä]' (oder gar Varkäni[jä], wie H.-K. in der Transkription bietet).
Eklektisch verföhrt H.-K. bei § 57 (IV, 44), indem er in der
Transkription Jluramazd[äm va]rtijaij (letzteres nach Bartho¬
lomae) schreibt, in den Anmerkungen aber uns mit der Erklärung
überrascht, er halte [. . . ma\rtijaij „ich rufe als Zeugen an" fur
45 das einzig Richtige. Da der iranische Wortschatz für diese Deutung
nicht ausreicht, wird eine kleine Anleihe in Hellas „(zu (uxqxvq
, Zeuge' etc.)' aufgenommen. Das El. liest H.-K. '"^kirir "^Ura-
Weißbach: Hoffmann- Kutschke, Die altpers. KeiUnschriften etc. 83&
mastara sap . . . „Gott ist (wahrlich) Auramazda*. Gegen mich
bemerkt er: „wieso das elam. ankirir (so K.-Th. und Weißbach
statt: <^"kir{r) eine 3. Sing. (Weißbach, Z.D.M.G. 1907, S. 728) sein soll, ist mir unklar; diese geht auf -s (vgl. huttctä etc.) aus."
Ich möchte nicht verfehlen, H.-K. für diese gutgemeinte Belehrung &
zu danken, muß aber hinzufügen, daß mir die elamische Konjugation
seit einer Reihe von Jahren nicht ganz unbekannt ist. In meiner
elamischen Grammatik , die erschien , als Verf noch mit den Ele¬
menten der deutschen und lateinischen Schrift rang, ist § 17, 1 die
3. Person des Aorists der transitiven Konjugation mit der Endung »«►
-s angeführt, daselbst aber § 21, 3 auch auf eine 3. Person Sing.
Aor. mit der Endung -r hingewiesen, für die ich aus den Achäme-
niden-Inschriften zwei Belege beibringen kann: El. II, 69 hp-ri-ir
(wie jetzt mit Hüsing zu lesen sein wird) = ap. II, 94 äha „er
war" = bab. Z. 64 aäib „er war wohnhaft", und el. II, 17 ha-ri-ir i&
= ap. II, 24 [oAa], wie H.-K. selbst ergänzt, also gleichfalls „er
war" (bab. in Z. 46 verloren). Unter diesen Umständen ist es wohl nicht zuviel gesagt, daß ankirir, rein formell betrachtet, eine 3. Sing,
sein kann. Aber H.-K. meint ja, die Silbe an sei Determinativ,
man müsse ""kirir umschreiben, und dies bedeute „Gottheit, Gott". »»
Ich bedaure , auch hier widersprechen zu müssen. Die von mir
vor 18 Jahren (Anzanische Inschriften S. 21) verwertete Stelle aus
K 2100 lehrt mit aller Deutlichkeit, daß el. kirir „Göttin" ist. Und
noch nicht genug! H.-K. faßt — getreu dem Grundsatze Minima
non curat praetor — üramaSta-ra so auf, als ob nur Uramasta »5
dastünde; über die Bedeutung dieses Suffixes -ra mögen sich andere
Jahre und Jahrzehnte lang den Kopf zerbrechen ! Es leuchtet ein,
daß H.-K.'s Deutung dieser Stelle nichts weniger als befriedigend ist.
Zu § 60 (IV. 54) bemerkt H.-K.: ,säl . .]d: K.-Th.; ich sä(n)-
[hatam'\; sa{n)h; &a(n)h {&ät{j: ^&ahatij: censeo) hat nichts Auf- so
fälliges". Diesen Optimismus kann ich nicht teilen, meine viel¬
mehr, daß, wenn die von H.-K. verglichene Wortwiirzel an die
hundertmal im Ap. als »9aÄ erscheint, es im höchsten Grade auf¬
fällig ist, daß sie einmal mit s statt & geschrieben sein soll. Auf¬
fällig ist ferner, daß sä{n)katam unkontrolliert bleiben soll, während ss- für &ahatij regelmäßig &atij geschrieben wird, und daß das Part.
Perf. Pass, im Ap. sä{n)hata heißen soll, während die entsprechende
Sanskritform ^asta lautet. Schließlich bezweifle ich , daß Darius
den Gedanken, den H.-K. ihm insinuiert, in so kurzer Form ge¬
äußert hätte ; statt avad-ä sä(n)katäm [so H.-K.'s Transkription !] 4»
würde ich mindestens erwarten ja&ä manä ß^astam ava&ä „wie
von mir gesagt, so (seil, glaube es!)". Diese Ergänzung ist natür¬
lich aus räumlichen Gründen ausgeschlossen.
g 63 (IV, 65) möchte H.-K. in den beiden dunklen Worten
Sakauri[m] und [m]änuva(n)tafn (wie er liest) unbedingt einen 4!»
Gegensatz zwischen Herr und Knecht erblicken. Ein solcher könnte
darin enthalten sein, muß aber durchaus nicht. Der Satz gibt
836
einen sehr guten , ja besseren Sinn , wenn jedes der beiden frag¬
lichen Wörter eine ähnliche Bedeutung hat, die innerhalb der
BegriflFssphäre „schwach, hilflos" liegt. Die ap. Wörter sind, wie
gesagt, dunkel; beim zweiten steht nicht einmal die Lesung fest.
5 H.-K.'s Etymologien sind nicht überzeugend. Die elamischen Äqui¬
valente sind natürlich noch weniger bekannt. Bleiben die babylo¬
nischen übrig: lik-tü kann „das angenommene weibliche (Kind)",
also entweder „die Waise" oder „den Findling" bedeuten; es ent¬
spricht doch wohl ap. sakauri[m'], das also auch Fem. wäre;
10 muSkinu ist im neubab. Sprachgebrauch wahrscheinlich „arm". Ob
unter solchen Umständen die von H.-K. gebrauchte freundliche
Wendung „Weißbachs Deutung . . . richtet sich wohl selbst" am
Platze war, darüber mag H -K. nachdenken, wenn er sich bei einem
Assyriologen über die Stelle Auskunft geholt hat.
15 § 64 (IV, 69). H.-K. bemerkt „ich ergänze [btj]a'' (d. h. viel¬
mehr lbij]ä\). Dieser Ergänzung stimme ich um so lieber zu, da
sie von mir selbst (ZDMG. 61, 729) zuerst, 2 Jahre vor H.-K.,
vermutet, dann auf meine Anfrage hin von Mr. King bestätigt
worden ist. Ap. auaii ist Plur. , also zu übersetzen „den e n (sei
«0 nicht Freund" usw.).
S; 65 (IV, 72). Mit dem Text ayLatäs{a)tä pari[ba]rä, wie
K. & T. bieten, ist allerdings nichts anzufangen. H.-K. fügt den
Worttrenner zwischen aytata und Stä ein und übersetzt: „stehe so
da (wie ich), schütze sie". Gegen diese Deutung habe ich schwere
«5 Bedenken : 1. würde man doch hista statt stä erwarten müssen ;
2. kann man das Pronomen „sie", das H.-K. in der Übersetzung
i'ichtig ergänzt , auch im Ap. nicht entbehren ; 3. kann Darius
doch seinen Nachfolgern nicht im Ernste zumuten, immer und ewig
so dazustehen, wie er selbst im Relief, den Hauptfeind am Boden,
30 die übrigen vor ihm geknebelt (vgl. H.-K. Philol. Novit. 3, 105)!
Über den Sinn kann, dank dem Elamischen, kein Zweifel sein: so
(d.h. in diesem Zustande) erhalte sie (d. h. die Bilder)!, und das
wäre ap. auatädis (oder °sis) paribarä. Ob diese etwas gewalt¬
same Änderung des Textes, der nach K. & T. gut erhalten wäre,
»5 graphisch gerechtfertigt werden kann, muß ich freilich dahingestellt sein lassen.
g 69 (IV, 87 f.) ergänzt und übersetzt H.-K. folgendermaßen:
tuvam [kä] jisäjal&^ija hja aparam ahj fjam [!] imaiSäm marti-
jänäm [taumärn [!] paribarä tjaij ^Sat^äm [!] par[iciia\rä [!!]
40 „Du, der du später König sein wirst, [die Familie dieser Männer
behüte wohl,] welche [dieses Reich] behüteten". Die Klammern
mit den Ausrufezeichen , die offenbare Fehler andeuten , habe i c h
beigefügt, tjam ist nur Druckfehler für tjäm. Von taumärn ist
die letzte Silbe bei K. & T. sicher; es müßte also [taulmäm ge-
45 druckt sein. Dann folgt bei K. & T. der Worttrenner und eine
Lücke [...], über deren Umfang sie sich leider nicht äußern, dann
ein Worttrenner und ä, ferner eine Lücke [..] von einem Zeichen,
Weißbach: Hoffmann- Kutschke, Die altpers. Keüinschriften etc. 837
das auf einen senkrechten Keil endete, endlich wieder der Wort¬
trenner und par\ibar'\ä. Dieses ist das letzte Wort des ganzen
Paragraphen ; von den in diesem Wort ergänzten Zeichen haben
K. & T. am Felsen noch schwache Spuren gesehen. H.-K.'s Er¬
gänzung ist unmöglich, weil das wohlbekannte Wort für '„Reich" h
nicht j^salfäm, sondern ^ScU^m heißt, weil die 3. Plur. Impf von
bar + pari nicht pariaharä , sondern parijabara heißen müßte,
und endlich weil die Ergänzung einen viel zu großen Raum be¬
ansprucht. Denn während Z. 86 nur 48, Z. 87 nur 51 Zeichen
umfaßt, würde Z. 88 nach H.-K.'s Ergänzung 64 Zeichen erhalten, lo
und dabei müßte man notwendigerweise auch noch das ap. Wort
für „dieses" vor „Reich" hinzufügen. Diese Schwierigkeiten ver¬
meidet die ZDMG. 61, 730 von mir vorgeschlagene Ergänzung, zu
der H.-K. jedoch bemerkt: „mit Weißbachs Ergänzung . . . bin ich
nicht ganz einverstanden: 1. das El. (III, 94) hat welches diese is
Männer schützten'; also [, schütze das Reich]...'". H.-K. übersieht dabei dreierlei: a) el. appa bedeutet nicht nur „welches", sondern
knüpft auch den Genitiv an; b) el. kuktaä ist nicht nur 3. Pers.
Prät., sondern auch 2. Pers. Imperat. ; c) im Relativsatz wäre höchst¬
wahrscheinlich die verlängerte Form kuktas-ta oder -ti gebraucht so
worden. H.-K. fährt fort: ,2. taumärn (in 88) bei W. dürfte falsch
sein". Dies gilt offenbar nur von dem Text bei Weiß bach.
Bei H.-K., der das Wort von Weißbach, und zwar ohne Klam¬
mern und Fragezeichen, in seinen Text übernommen hat, ist es
vermutlich richtig. „3.", sagt H.-K., ,paribar muß zweimal stehen: 25
1. , schütze', 2. \parijabara , (welche) schützten'". Dies ist eine
ganz willkürliche Forderung , für die man auch nur den Schatten
eines Grundes vergeblich sucht. Will man einen verstümmelten
Text wieder herstellen, so muß die Ergänzung 1. dem verfügbaren
Raum angemessen sein, 2. die noch erhaltenen Zeichen und Zeichen- 30
reste nach Möglichkeit verwerten , 3. nicht gegen die Grammatik
verstoßen und 4. einen passenden Sinn geben. H.-K.'s Ergänzung
erfüllt diese vier Forderungen nicht.
Der § 70 hat eine ganze Geschichte. Rawlinson hatte außer
der Eingangsformel nur ein einziges Wort gelesen: akunauam (in .10
Z. 89), zu deutsch „ich machte". Oppert (Mfedes 154 u. 186)
sprach 1879 aus, daß die hoch oben am Felsen stehende lOzeilige
Inschrift, die man als Bh. 1 bezeichnete, die Übersetzung dieses
Paragraphen darstelle. In der Tat findet sich das elamische Äqui¬
valent von ap. akunauam, hudda, in dieser Inschrift, aber dieses 40
einzige Wort erschien doch als eine zu schwache Stütze für
Oppert's Ansicht, die, soweit ich sehen kann, von niemandem
geteilt wurde. Selbst H.-K. sagte noch 1906 (Orient. Lit.-Ztg. 9,
485): „die kleine Inschrift L von Bagistan, die nur elamisch vor¬
handen ist". Aber ein Jahr später (Phil. Novit. 3, 106) rechnete er 45 es K. & T. als Fehler an, daß sie selbst diese Ansicht äußerten.
Durch wen war nun wohl H.-K. inzwischen eines besseren belehrt
ZeiUolirift der D. M. G. Bd. LXIII. 54
838
worden? Die Antwort lautet: Durch K. & T. selbst. Sie hatten
in den 5 Schlußzeilen der IV. Kolumne noch einige Wörter und
Wortreste mehr als Rawlinson am Felsen erkannt und mitgeteilt,
dadurch aber mich und, offenbar unabhängig von mir, H.-K. in
den Stand gesetzt, die wahre Sachlage zu erkennen. Oppert's
kühne Behauptung erwies sich 28 Jahre später als richtig. Eigen¬
tümlich ist nun die Art und Weise, wie H.-K. die Identität von
§ 70 und Bh. 1 begründet (Phil. Novit. 3, 106). Danach soll
ap. avästäjam [so!] dem el. hutta (Z. 3), ap. nijapiäam [!] aber dem
hutta in Z. 6 entsprechen, so daß also el. kutta kurz hintereinander
zwei verschiedene ap. Wörter vertreten würde. Ahnlich sind die
weiteren Identifizierungen ; nur die zwei letzten, die er angibt, sind
richtig. Es entsprechen sich:
Altpersisch Elamisch
ZZ. 88 f. uasnä [a]u[ramaz]dä[ha] ZZ. 1 f. zaumin "^"uramasda-na
Z. 89 dipi Z. 2 duppi-me
akunauam Z. 3 hudda
ZZ. 91 f. pasäua ima dipi . . . ZZ. 8 f. meni ^ duppi-me am-
minnu
Z. 92 ätar dahiäua ZZ. 9 f. daaiauS marrida hati-
m.a
\k]ära Z. 10 taäSub-be
Die elamische Version von § 70, wie wir jetzt unbedenklich
statt Bh. 1 sagen dürfen , enthält nun 7 Ausdrücke , die in den
Achämenideninschriften cinui^ Ityöfisvce sind, femer 4 Ausdrücke in
ungewöhnlicher Verbindung, endlich ein Verbum, das nicht weniger
als 4 ap. Wörtern entspricht, zusammen 12 Unklarheiten. Gleichwohl
gab Oppert bereits 1879 eine vollständige Übersetzung, ohne
jedes Fragezeichen (a. a. 0. S. 155), neben der sich meine eigene,
11 Jahre jüngere Übei-setzung , freilich sehr stümperhaft und öde
ausnimmt. Das einzige, was mir 1890 gelang, war die definitive
Feststellung des Textes; nur passierte mir dabei das Mißgeschick,
daß ich eine natürliche Beschädigung des Felsens, die auf dem
Papierabdruck wie ein etwas verkümmerter Keil erschien, für einen
i solchen hielt und als ein Determinativ betrachtete. Im übrigen
stimmt mein Text mit dem 1907 von K. & T. gebotenen genau
überein ; er lautet in meiner jetzigen Transkription :
^^da-ri-^a-ma-u-is ^sunkuk na-an-ri za-u--mi-in ""u-m-jMo*-
da-na hi »- dup-pi-me ^da-a-e ik-ki ku-ud-da har-ri-ia-ma * ap-
t pa Sa-is-Sa in-ni hp-ri ku-ud-da ^ha-la-'^at uk-ku ku-ud-da
Su''^ uk-ku ku-ud-da ^»~hi-ii ku-ud-da e-ip-pi hu-ud-da ku-
'•ud-da tal-li-ik ku-ud-da ti-^ib-ba be-ib-ra-ka me-ni ^dup-
pi-mc am-'-'min-nu da-a-la-ü-is mar-ri-da ha-ti-^'^ma tin-gi-ia
^taS-hi-ib-be sa-pi-iä.
5 Was davon ohne weiteres verständlich ist, lehrt folgende Inter¬
linearübersetzung :
Weißbach : Hoffmann- Kutschke, Die altpers. Keüinschriften etc. 839
.Darius der König spricht: Nach dem Willen Ahuramazdas ich
zu
Inschriften anders -. machte arisch - in , was vormals nicht war,
in ' '
sowohl — — als auch , sowohl — als auch — machte ich
und geschrieben (wurde) und ich •— gelesen (wurde). Darauf In-
Isandte |
brachte zurück l; die Leute — ten.' 5
fp>-+e j
Im Jahre 1901 bemühte sich jausen (ZDMG. 55, 233 ff.),
tiefer in das Verständnis dieser Inschrift einzudringen. Ihm ist zu
verdanken: 1. der Nachweis eines altelamischen Wortes halat mit
der Bedeutung „ungebrannter Ziegel' (vgl. zuletzt darüber Hüsing,
Orient. Lit.-Ztg. 11, 515 ff.); 2. der Nachweis, daß sich für ukku 10
die von Norris und mir angenommene Bedeutung „groß' nicht
mit Sicherheit erweisen läßt; 3. die Kombination des Ideogramms
Suf^ mit bab.-ass. Su „Haut'; 4. die Erklärung von bebraka als
„gelesen". 1904 suchte Hüsing (Orient. Lit.-Ztg. 7, 438 f! Vgl.
auch 8, 389. 1905) nachzuweisen, daß ukku in den Achämeniden- 15
inschriften, wie im Altelamischen stets Postposition mit der Be¬
deutung wie etwa xara ist. Auf Grund dieser Vorarbeiten , zu
denen noch eine persönliche Mitteilung Hü sing's kam^), über¬
setzte nun H.-K. 1906 (Orient. Lit.-Ztg. 9, 485 fF.) die ganze In¬
schrift wie folgt: , Darius, der König, verkündet: Durch die Gnade 20
Ahuramazdas. schuf ich Inschriften in anderer Weise auf der Erde
(vgl. murun ,Erde'), wie sie vorher nicht waren; und (zwar) auf
(ungebrannte) Ziegelsteine und auf Leder, sowohl den Namen als
auch (mein) Bild(?) [e-ippi"\ setzte ich drauf; und sie wurden (ab)-
geschrieben , und diese Inschriften wurden mir vorgelesen , darauf 2»
sandte ich diese Inschriften in alle Länder, die Leute gehorchten.'
Ausdrücklich versicherte H.-K., daß die Stelle (gemeint ist die
Inschrift Bh. L) „jetzt in den Hauptzügen klar" sei, nur zwei un¬
bedeutende Wörter seien noch nicht erklärt. Er deutet dann his
„Name", vermutet für e-ippi „Bild' (Phil. Novit. 3, 106 „oder so
Siegel?') und behauptet: sapis muß sein „gehorchten" oder „folgten".
Man hätte meinen sollen, daß nunmehr alles bis auf die erst¬
genannten zwei Worte feststehe. Zu meinem Erstaunen finde ich,
daß H.-K. jetzt, noch nicht drei Jahre nach dieser sozusagen defini¬
tiven Übersetzung, seine Ansicht in mehreren wesentlichen Punkten 35
gewechselt hat. Der Anfang lautet jetzt bei ihm: „Nach dem
Willen Auramazdas machte ich Inschriften anderswo in arischem
Lande, welche vorher nicht waren, sowohl auf Ziegelsteinen
wie auf Leder etc." Ehe wir diese Deutungen näher betrachten,
sei noch nachgetragen, daß E. Herzfeld 1908 (Klio. Beiträge
zur alten Geschichte 8, 66 f) eine abweichende Übersetzung gab,
1) „Dazu ist noch zu bemerken, Hüsing liest murrijama, nicht mehr ,arrijama'.'
54*
die gegenüber der ,vollstÄndigen, aber leider nicht bewiesenen* von
H.-K. wieder mehrere Lücken enthält. Interessant Bind seine Worte:
„für {h)arrija-ma ist vermutlich murriya-ma zu , lesen , wodurch
das ,auf arisch' hinfällig wird". Also: die Lesung murriya-ma
5 ist zwar bloße Vermutung, sie hat aber doch die Kraft, die frühere
Lesung {h)arriya-ma ohne weiteres zu Falle zu bringen?
Ich wende mich jetzt zu der Erörterung der einzelnen Deu¬
tungen, soweit eine solche notwendig erscheint.
Die Verbindung da-a-e ikki findet sich nur hier, ikki ist
10 Postposition deS AUativs und , bei Länder- und Völkemamen , des
Lokativs. Mit dem vorhergehenden duppime verbunden würden
die beiden Worte heißen „zu anderen Inschriften hin". Dies scheint mir jedoch ausgeschlossen, da dann das Objekt zu hudda „ich machte"
fehlen würde, das füglich nur in duppime stecken kann. So bleiben
15 für da-a-e ikki die beiden schon von Norris gegebenen Deutungen
möglich: „anderswo" oder „in anderer Weise". Letztere ist von
mir 1890 gewählt worden und gilt mir auch jetzt noch als die
wahrscheinlichere. H.-K. hatte sie 1906 auch angenommen, ersetzt
sie aber jetzt durch „anderswo".
*o har-ri-(a-ma. Da ich nicht weiß, ob Hüsing's ephemere
Lesung und Deutung dieses Wortes mir nicht doch wieder von
anderer Seite vorgehalten werden wird, will ich gleich hier sagen,
was dagegen zu sagen ist : 1. Das neuelamische Zeichen har ent¬
spricht formell dem bab. Zeichen, das die Silbenwerte har, hir,
25 hur, mur hat. Da es aber an allen Stellen, wo es kontrolliert
^ . ' T .
werden kann, den Silbenwert har hat, so ist eine andere Lesung,
wenn nicht direkt ausgeschlossen, so doch sehr unwahrschein¬
lich. 2. Der Zeichenkomplex har-ri-ia ist in dieser Lesung
und mit der Bedeutung „arisch" gesichert NR a 11. Es ist also
30 das wahrscheinlichste , daß mit dem gleichen Zeichenkomplex auch
hier genau dasselbe Wort gemeint ist. 3. Das elamische Wort für
„Erde" ist sonst stets murun; „auf der Erde" würde el. murun-
ma oder murun-hatima heißen. 4. Die Versicherung, daß Darius
Inschriften „auf der Erde" gemacht habe, ist sinnlos, weil selbst-
35 verständlich. Die von H -K. 1906 angenommene Lesung und Über¬
setzung war also falsch. Jetzt hat er zwar die richtige Lesung,
übersetzt es aber wieder falsch „in arischem Lande". „Land" steht nicht da; har-ri-ia ma heißt wörtlich „arisch-in", d. h. „in arisch",
also — ich komme um diese Deutung nicht herum — in arischer
40 Schrift und Sprache. Der folgende Relativsatz ap-pa ia-iä-Sa in-
ni üp-ri „was vorher nicht war", ist von jeher vollkommen deut¬
lich gewesen, und ich begreife nicht, weshalb H.-K. 1906 und
Herzfeld 1908 ungenau übersetzten „wie sie vorher nicht waren".
Hier machen wir einen Augenblick Halt. Nach meiner Ansicht
45 spricht Darius an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit aus , daß er
zuerst Inschriften in arischer Schrift und Sprache abgefaßt habe.
Nehmen wir aber H.-K.'s neue Auffassung als richtig an, so würde
Weißbach: Hoffmann- Kutschke, Die altpers. Keüinschriften etc. 841
der König sagen , daß anderswo in arischem Lande vor ihm In¬
schriften nicht vorhanden gewesen wären. Wie es unter solchen
Umständen möglich sein wird, ,bei Grabungen in Iran medische
und persische Großkönigsinschriften eines Aschtumegu (AaxvCyccg),
Chwachschära {Kva^ccQrig) und Kurusch, Kambudschija* (H.-K. No. 1, s
S. 31) zu finden, ist mir wenigstens unklar. Ja, ich würde es für
gewissenlos halten, Ausgrabungen und Nachforschungen nach In¬
schriften , die gemäß dem ausdrücklichen Zeugnis des Darius nicht
vorhanden sein können, zu empfehlen.
Damit wären wir glücklich wieder bei der Frage nach der Er- lo
findung der ap. Keilschrift angelangt, die H.-K. (No. 1, SS. 30 f.)
auch berührt. Neues bringt er nicht, sondern begnügt sich damit,
ein paar Sätze aus Herzfeld's Dissertation auszuschreiben, die
gegen mich gerichtet sind. Es liegt mir fem, die ganze Frage hier
noch einmal aufzurollen. Ich stelle nur folgendes fest: is
1. Es ist nicht richtig, daß Marquart (Philologus, Suppl.
10, 193 fF.) „der Erfindung der* [altpersischen] „Keilschrift "durch
Darius* „die gewichtigsten philologischen, epigraphischen und histo¬
rischen Einwände entgegengestellt" habe. Das gleiche gilt von
Jensen (ZDMG. 55, 232 ff.), auf den sich Marquart beruft. 20
2. Richtig ist, daß Hüsing, und zwar, füge ich hinzu, in rein
phantastischer Weise, Orient. Lit.-Ztg. 3, 401 fi". (1900) ausgeführt
hat, „daß die Perser ihre Keilschrift von den Medern übernommen
haben müssen". Den Beweis für diese Ausführungen soll
er noch erbringen. 25
3. Wir besitzen auch heute noch keine Zeile in arischer Keil¬
schrift, die mit Sicherheit in die Zeit vor Darius gesetzt werden
kann. Die kunstgeschichtlichen Gründe, die Herzfeld
für das höhere Alter des sogenannten Kyros-Reliefs und damit der
bekannten dreizeiligen Inschrift von Murghäb ins Feld geführt hat, so
bedürfen der Nachprüfung durch unbefangene Archäologen.
4. Wenn H.-K.'s Übersetzung von § 70 (= Bh. 1) richtig und
die Behauptung, die Darius darin nach der Meinung H.-K.'s aus¬
gesprochen hat, wahr wäre, dann hätten wir von seinen medischen
und persischen Vorgängern, also auch von Kyros dem Großen, auf S5
arischem Boden keine Inschriften zu erwarten. Möglich wäre, daß
außerhalb des „arischen Landes" Inschriften dieser Herrscher ge¬
funden würden. Diese würden dann voraussichtlich in der Sprache
des betrefienden Landes geschrieben sein , also nicht medisch oder
persisch. Auf die beiden einzigen derartigen Inschriften , die wir 40
kennen, trifft dies in der Tat zu : die beiden Inschriften des großen
Kyros sind in Babylonien gefunden und in babylonischer Sprache
und Schrift abgefaßt.
Persönlich habe ich nicht das geringste Interesse daran, ob die
arische Keilschrift unter Darius oder vor ihm eingeführt worden 45
ist. So lange aber keine arischen Keilinschriften aus der Zeit vor
Darius mit Sicherheit nachgewiesen sind, hat derjenige, der die
5 8
Erfindung der altpersischen Schrift vor Darins setzt, die Beweis¬
last zu tragen. Mit He er en's Ideen, auf die mich H.-K. zweimal
(Phil. Novit. 3, 8 und jetzt No. 1, S. 31) allen Ernstes verweist,
und ähnlichem ist dabei natürlich nichts anzufangen.
5 Nach dieser Abschweifung wenden wir uns wieder zu den
Worten der elamischen Übersetzung von § 70. Daß die Annahme
eines altelamischen Wortes kalat mit der Bedeutung „ungebrannter
Ziegel' gut begründet, ja fast sicher ist, gebe ich gern zu, ebenso,
daß sich für ukku eine Bedeutung „groß' nicht mit Bestimmtheit
10 erweisen läßt. H.-K. hatte ganz recht, als er (Orient. Lit.-Ztg. 9,
486) mit Bezug auf dieses Wort schrieb: „Nie gibt es iran. vazraka
wieder'. Aber wie steht es mit seiner anderen Behauptung da¬
selbst: ukku heißt immer „auf Grund von, nach' und entspricht
völlig „KttTtt'? ukku findet sich Bh. el. III, 80: sü-tur uk-ku hu-
11 pa gi-ut, entsprechend ap. IV, 64 f uparii arStäm upariiäiam und
bab. Z. 104 ina di-na-a-tu a-si-ig-gu. Die Stellen bedeuten wahr-
scheiillich „gemäß der Gerechtigkeit herrschte ich' bez. ap. „wan¬
delte ich', bab. „in den Gesetzen verharrte ich', ukku ist also
hier wohl Postposition mit der Bedeutung des ap. uparii „gemäß",
20 das man recht gut durch griech. Kara wiedergeben kann. Nun soll
aber ukku an den übrigen Stellen, wo es vorkommt, nach Hüsing
(Orient. Lit.-Ztg. 7, 438) „über" bedeuten; aber dies ist ebenso¬
wenig erweislich, als die von mir früher angenommene Be¬
deutung „groß*. Der ap. Titel kSäi'ati^a ahjlä^ä bumiiä uazarkäiä
25 duraiapii „König dieser großen Erde auch fernerhin' wird im
El. verschieden wiedergegeben , gewöhnlich (mit leichten Schreib¬
varianten) sunkuk »- murun hi ukku hazzaka pirSatinika , wört¬
lich „König Erde diese . . . groß fernhin'. Statt hazzaka „groß'
steht NR a 9 das gleichbedeutende irsanna , statt ukku daselbst
30 ukku-rarra , Dar. Elv. 17 aber ukku-ma; ukku-rarra liest man
auch in der einsprachigen Inschrift Dar. Pers. f. 3 f. sunkuk
murun hi uklcu-rarra, endlich bietet die Inschrift von Kerman
ap. ksäiatiia ahiä^ä bumiiä „König dieser Erde', el. sunkuk
murun hi ukku-ra, bab. sar kak-ka-ru „König der Erde'. Dem
35 el. ukku , ukku-ma , ukku-ra , ukku-ran-a entspricht im Ap. und
Bab. überall nichts. Es sind nun zwei Möglichkeiten: entweder
hat ukku die Bedeutung eines weiteren Epitheton ornans der „Erde",
oder es ist eine Postposition , wie in der Verbindung sutur ukku.
Ich würde mich für die letztere Möglichkeit (Hüsing's Annahme)
40 unbedenklich entscheiden, wenn nicht die erweiterten Formen von
ukku stark dagegen sprächen. In ukku-ma ist schon das -ma deut¬
liche Lokativendung, in ukku-ra und ukku-rarra aber haben wir
wahrscheinlich eine Adjektivendung. Letzteres nimmt auch Hüsing
an , nur ist es mir unklar , wie eine solche an einem derartigen
45 postpositionellen Ausdruck möglich sein soll. Ist ukku dagegen
Adjektivum, so wird die Bildung eines neuen Adjektivs mit Hilfe
der Endung -ra oder -ratTa ohne weiteres verständlich.
S 8
Weißbach: Hof mann-Kutschke, Die altpers. Keüinschriften etc. 843
Unser Ergebnis lautet also : Eine el. Postposition ukku ist nur
für Bh. III, 80 mit einiger Sicherheit anzunehmen. In der Ver¬
bindung sunkuk »- murun hi ukku (und Varianten) ist der Cha¬
rakter des Wortes ukku nicht mit Sicherheit zu ermitteln : es kann
Postposition sein, ist aber wahrscheinlicher Adjektiv. Die gleiche s
Unsicherheit gilt auch bei § 70 (=Bh. 1): die Übersetzung „auf
ungebrannte Ziegel' bez. „Tontafeln' für halat ukku kann nicht
als feststehend betrachtet werden, um so weniger, als die Praxis,
auf ungebrannte Tontafeln zu schreiben, schon Jahrtausende vor
Darius geübt wurde. lo
Betreffs des Ideogramms Su'^ ist zu bemerken, daß das elamische
Zeichen, das ich jetzt su umschreibe, genau wie bab. su aussieht.
Trotzdem ist es nicht sicher, daß es dem bab. su gleichzusetzen
ist; denn in dem einzigen Eigennamen, der zur Bestimmung des
Zeichens wichtig ist, bab. Zu-ü-zu (Bh. Z. 49), wird das erste zu is
elamisch durch unser Zeichen, also anscheinend su, das zweite zu
elamisch durch za wiedergegeben. Soll man nun bab. Zu-ü-zu im
El. Su-iz-za, d. i. Suzza, oder Zu-iz-za, d. i. Zuzza, umschreiben?
Man sollte meinen, was dem zweiten zu in dem Namen Zu-ü-zu
recht ist, müßte dem ersten zu billig sein, und es wären beide im 20
El. gleichmäßig mit z zu umschreiben. So habe ich in der Tat
früher verfahren und deshalb auch zunkuk usw. geschrieben. Wenn
aber das el. SM-Zeichen in Wirklichkeit bab. zu entsprechen würde
— einander ähnlich sind die beiden Zeichen ja — so wäre natür¬
lich die ideographische Bedeutung „Haut, Leder', die dem bab. su 25
eignet , unmöglich , und man müßte vielmehr eine ideographische
Bedeutung des bab. Zeichens zu wählen. — Erwähnt sei noch, daß
das bab. maäku „Haut, Leder, Schlauch' im El. phonetisch ge¬
schrieben einmal vorkommt: mas-ka-um-ma I, 68 = ap. I, 86
maSkäuuä. Wenn H.-K. (No. 2, S. 63 zu IV, 71) es für unmöglich so
hält, daß ap. taunüi „Familie' im El. bald ideographisch OUL,
bald phonetisch innippatta geschrieben wird, dann darf er auch
nicht an die Identität von äm'"* und maskamma länger glauben.
Soviel halte ich jedoch für gewiß, daß die Deutung des el. Su"^,
bez. Zu'''', als „Leder' 0. ä. nicht gesichert ist. 35
his verbindet H.-K. mit hise „Name' ; die Kombination liegt
zwar nahe , ist jedoch wegen des Unterschiedes der beiden Wörter
nicht zweifellos.
Für ^pi rät H.-K. auf eine Bedeutung wie „Bild' oder „Siegel'.
Für „Bild' haben wir nun aber im Elamischen bereits zwei Wörter: ■»«
Bh. III, 85 ff. in-na-ak-ka-nu{-ma) und NE 33 f sa-ulme (oder
-ma?), das bab.-ass. salmu. Die Annahme eines dritten Synonyms
ist nicht gerade wahrscheinlich. Die Bedeutung „Siegel' ist zwar
möglich, hundert andere Bedeutungen sind es aber auch. El. hudda
bedeutet übrigens nicht „ich setzte darauf, sondern „ich tat, machte, 45
schuf, fertigte an" u. ä.
tibba ist unbekannt. H.-K. scheint es für eine Postposition
des Dativs zu halten (""m tippa = .mir"), ohne sich näher darüber zu
äußern. Natürlich schwebt diese Deutung völlig in der Luft. Fast
ebenso verhält es sich mit dem letzten Wort des Paragraphen sa-pi-iä.
Um nun wieder auf den ap. Text von § 70 zurückzukommen,
5 so ist zunächst zu beobachten , daß dieser auch in seiner jetzigen
Gestalt schwerlich einen sicheren Anhalt zur Deutung des Sinnes
bietet. Die ap. Äquivalente der elamischen areoi| AsyofiEva sind
entweder verstümmelt oder ihrerseits ana'S, Isyofisva. Hierzu kommt,
daß die wahre Lesung der Wörter gerade in diesen Zeilen , die
10 Rawlinson als völlig unleserlich bezeichnet hatte, besonders
schwierig festzustellen ist, und daß wahrscheinlich noch manche
Zeichen, die K. & T. zu sehen glaubten, anders zu lesen sein werden.
Zu ZZ. 89 f. auaat[ä]ia[m] hatte ich die Vermutung gewagt, daß
darin der ap. Name für Awesta enthalten sein könnte. Durch H.-K.
15 werde ich belehrt, daß dies falsch ist. Er sagt (No. 2, S. 64): ,Im
elam. Text (Bag. L) kommt äutur (oder: tene — daind) oder tatta
,Gesetz' nicht vor, also fällt awesta weg, und außerdem soll dieses
Wort auf fafstaka (Justi, Id. Fo. 17, S. 102) oder -fupastaka
zurückgehen; avästäjam ist wohl gleich avästäjam (z. B. in I, 69),
*o elam. hutta (L 3 und L 6) ,ich stellte hin' oder avastäjami.'^ So¬
weit H.-K. Ich frage : Woher weiß H.-K. , daß Awesta im Elam.
Sutur (= ap. arstä), tene (= awest. daenä) oder tatta {— ap. data)
heißen müßte? Die Zurückführung des Wortes Awesta auf -jaf-
staka oder . ^upastaka ist nichts als eine Etymologie , und nicht
25 einmal eine gute , geschweige sichere, auastäiam kann nicht =
auästäiam sein. Ersteres wäre eine, nach dem was wir von der ap.
Grammatik wissen, unmögliche, weil augmentlose Verbalform ; letz¬
teres ist zwar grammatisch richtig, steht aber nicht hier und kann
nicht dem zweimaligen el. hudda entsprechen. Das erste hudda
»0 gibt vielmehr ganz richtig ap. akunauam „ich machte" wieder, das
ap. Äquivalent des zweiten hudda kann frühestens in der Mitte
von Z. 90, mag aber vielleicht erst in Z. 91 gestanden haben.
Ap. auästäiam lesen wir nun Bh. I, 63 und 66; da entspricht ihm
im El. sikkida. Die Form auastäj'amt, die wohl eine Art Präsens
»5 darstellen soll, ist aus formellen, syntaktischen und etymologischen
Gründen ausgeschlossen, auastäiam kann überhaupt kein Verbum
sein, weil ihm in der elamischen Übersetzung keines entspricht. Die
elamischen Verbalformen von § 70 würden nämlich im Ap. folgender¬
maßen wiederzugeben sein :
40 el. hudda — ap. akunauam
Tlpri aha
tallik \nipistam~\
tibba ?
bebraka [patiprastam]
tingiia [patipadam akunauam , paiiiaharam , präi-
saiam, anaiam ?]
sapis amakamatä.
Weißbach : ffofmann-Kutschke, Die altpers. Keilinschriften etc. 845
Letzteres Verbum, das mir in dieser Form schlechterdings un¬
möglich zu erklären schien, wollte ich in amakahiätä ändern, mit
skr. mak'asi vergleichen und ,sie freuten sich" übersetzen. H.-K.
billigt das nicht, ja er findet, meine Deutung sei wohl kaum an¬
zunehmen. jEher: a-maj(maiä : ^rjxcivrj : , arbeiten'*. Aber das 5
gleichbedeutende el. sapis muß doch, wie H.-K. 1906 behauptete,
sein „gehorchten* oder „folgten". Was soll da wieder die schöne
griechische Etymologie?
Damit verlassen wir § 70, desssen Deutung im Grunde ge¬
nommen noch fast ebenso unsicher ist als vor 20 Jahren! lo
In Col. V der großen Inschrift hat H.-K. allerdings manche
Lücke ausgefüllt, die seine Vorgänger noch haben, manches Wort
zu deuten versucht, das diese unübersetzt lassen. Es bedarf nicht
der Hervorhebung, daß dies alles im höchsten Grade unsicher, z. T.
aber erweislich falsch ist. Z. 11 haben K. & T. den Text als utä is
daii I mar(a)da festgestellt, dai}' weiß H.-K. nicht zu erklären.
Er vermutet, es könne auch dija [!] oder daija. gelesen werden.
daii verhält sich aber zu Sai} wie dim zu sim, wie dis zu Sis. Zu
äiadaii V, 16 u. 32 bemerkt H.-K. (No. 1, S. 29), daß „der Sinn
,ich lebe' sein muß (zu aiav etc.?)*. No. 2, S. 65 vergleicht er 20
ai. ayus : ai/a -\- dha. ' Beide Vergleiche sind natürlich undiskutabel.
a^adaii oder af kann nur 1. Sing. Med. sein , und zwar Imperf.
von „verehren*, wenn af gelesen wird, Präs. oder Imperf.
von y iad-\-ä (Bedeutung ebenso), wenn man äi liest, a^adaii,
bez. äj° heißt also „ich verehrte* oder „ich verehre". 26
Die Ergänzung von Z. 22, die H.-K. von Oppert und Justi
übernommen hat, beruht auf so gut wie nichts. Abgesehen von
allen übrigen Bedenken, scheint es mir ausgeschlossen, daß die eine
Abteilung der Saken nur einen spitzen Hut getragen haben soll,
und daß Darius mit seinem ganzen Heer auf einer Fähre das Meer so
überschritten hätte. Die Deutung des Wortes tigräm auf den
Tigris ist natürlich nicht minder zweifelhaft, weshalb in der Schlu߬
lieferung von Weißbach & Bang's Ausgabe auch ein Frage¬
zeichen beigefügt ist.
Zu den kleineren Inschriften von Bisutün ist nichts weiter zu 3,'>
bemerken, als daß bei Bh. g (H.-K.: Epigraph VII) K. & T. im
Keilschrifttext, wie Rawlinson, versehentlich amii weggelassen
haben. Ihre Transkription bietet, wie vorher schon Weißbach &
Bang, das Richtige.
Soviel über die Übersetzung und Erklärung der Bisutün-In- 40
Schriften. H.-K. hat selbst seine Arbeit als „bescheiden* bezeichnet.
Sie ist es, wenn auch nicht in ihrem Tone, so doch in ihren Er-
gebnissen. Was soll der Wust von Etymologien, die bestenfalls
zweifelhaft, meistens aber völlig unverdaulich sind! Was soll uns
die Tafel der „Monatsnamen der Iranier*, die trotz der Versicherung 45
des Verfassers nicht das geringste Neue bietet, sondern die alten,
falschen Bestimmungen der ap. Monate Adukan{a)iSa und Mar-
846
kazanaä ruhig wieder bringt! Es mag auffällig erseheinen, daß
den beiden Arbeiten H.-K.'s eine Besprechung gewidmet wird,
deren Länge außer allem Verhältnis zu dem Werte der besprochenen
Schriften steht. Ich habe es aber für notwendig gehalten, einmal
6 eine Grenze zu ziehen zwischen dem, was hier sicher, wahrschein¬
lich, möglich, unwahrscheinlich und unmöglich ist, damit diejenigen, die diesen Studien fernstehen, sich selbst ein Urteil darüber bilden
können. p_ jj_ Weißbach.
E.-F. Gau tier et H. Froidevaux, Uii manuscrit arabico-
10 malgache sur les campagnes de La Case dans llmoro de
1659 h 1663. — Tir6 des Notices et extraits des manuscrits
de la Bibliothäque nationale et autres bibliothöques. Tome
XXXIX. Paris 1907 (Imprimerie Nationale, Librairie
C. Klincksieck). 151 S. gr. 8». 6 fr. 50.
16 Das Ms., welches Gegenstand der vorliegenden Publikation ist,
wurde von dem General Gallieni, dem Unterdrücker des Aufstandes
auf Madagascar 1896, der Ecole des Lettres d'Alger geschickt, und
dann dem bewährten ,malgachisant', E.-F. Gautier zur Unter¬
suchung vorgelegt. Es ist eine in rohes Leder gebundene Papier-
20 handschrift, geschrieben in dem von den Arabern entlehnten Alphabet der Madagassen von Imoro (S. O.-Madagascar).
Madagassische Handschriften sind nun freilich keine Seltenheit,
aber diese hat unter ihnen ein ganz eigenartiges Interesse, so daß
sie wohl eine umfangreiche Publikation verdient; während nämlich
26 die meisten — soweit sie untersucht sind — mit arabischen Wörtern
stark gemischte, häufig ganz unverständliche Zauberformeln, oder
aber Genealogien, raeist dürre Namenverzeichnisse, enthalten, findet
sich in der vorliegenden ein Stück einer annalistischen, von etwa
1620 bis 1664 reichenden Geschichte der Anfang des XVII. Jahr-
30 hunderts in Imoro eingedrungenen Dynastie, die sich während des
größten Teils dieses Jahrhunderts behauptete. Der größte Teil der
genannten Periode war eine Zeit beständiger Fehden der Nachbar¬
stämme untereinander; ihre letzten Jahre aber waren eben diejenigen,
in denen die Franzosen unter La Gase in Imoro eindrangen und
85 sich das Land unterwarfen. So kommt es, daß die Kämpfe mit den
Franzosen einen breiten Raum in dieser Chronik einnehmen : die
beiden letzten der vier unabhängig voneinander verfaßten Abschnitte,
in die sie zerfällt, sind fast ganz (nur der Schluß von IV enthält
Genealogien) diesen Ereignissen gewidmet. Eine Epoche der
40 französischen Kolonisation von madagassischer Seite kennen zu lernen,
ist schon an sich nicht uninteressant; hier kommt noch der Um¬
stand hinzu, daß eben diese fünf von La Case in den Jahren 1659
bis 1663 unternommenen Expeditionen aus französischen Quellen
Wulff: irauiter et Froidevaux, Un manuscrit arabico-malgache. 847
nur sehr wenig bekannt sind, unser Bericht also letztere in sehr
erwünschter Weise ergänzt, und zwar so, daß eine ganz genaue
Datierung möglich geworden ist. Es war daher ganz am Platze,
daß Froideveaux es unternahm, an diesem Orte (S. 30—102)
eine ausführliche Darstellung der Unternehmungen La Case's auf 5
Madagascar zu geben, wie sie aus französischen Schriften bekannt sind.
Der hier in arabischer Schrift (die madagassischen Hss. sind
durchweg vokalisiert), in Transkription und in freier — sehr freier —
Übersetzung herausgegebene und mit erklärenden Anmerkungen
versehene Teil des Ms. ist, wie erwähnt, der letzte, die Seiten lo
LXV—LXXXV (jede Seite hat 14—17 Zeilen), die Abschitte III
und IV des Ganzen; nur die Namenverzeichnisse am Schluß von
IV sind fortgelassen. Die beiden Kapitel rühren nicht von dem¬
selben Verfasser her. III ist ganz annalistisch gehalten, die Chrono¬
logie mit größter Sorgfalt behandelt, lange Verzeichnisse von Ge- n
fallenen und Gefangenen finden sieh an mehreren Stellen ; IV dagegen zeichnet sich durch einen gewissen rhetorischen Schmuck aus, direkte
Rede nimmt einen breiten Raum ein, die Chronologie ist etwas
vernachlässigt, und nur dieser Abschnitt trägt den Namen seines
Verfassers. Was das Alter des Berichtes betrifft, so ist die Hs. 20
ganz modern, desgleichen die Sprache, die jedoch kein reiner Antaimoro-
Dialekt , sondern der Schriftsprache , dem Hova , angeglichen ist ;
indessen scheint die Genauigkeit der chronologischen Angaben —
das Kalendersystem der Antaimoro wird S. 17 ff. ausführlich be¬
sprochen — und der Namenverzeichnisse zu der Annahme zu drängen, 2,1
daß wir einen zeitgenössischen, schriftlich überlieferten, und nur
in der Sprache modernisierten Bericht vor uns haben; dazu stimmt
auch, daß sich in der Sprache einige Eigentümlichkeiten nachweisen
lassen, die augenscheinlich einer früheren Sprachperiode angehören :
sie finden sich nur in Eigennamen und in Ausdrücken, die dem »0
jetzt veralteten Kalender angehören. Eine überraschende Bestätigung
hat diese Hypothese gefunden, als Gautier sich zur Erleichterung
seiner überaus schwierigen Aufgabe von einem französischen Beamten
in diesen Gegenden Erläuterungen zu der Schrift von den Ein¬
geborenen verschaffen ließ ; Herr Vergely schickte nämlich nicht 35
nur einen durch Befragen von Madagassen entstandenen Kommentar,
sondern auch ein zweites Ms. (von G. als B bezeichnet, während
das ui-sprüngliche A genannt wird) , das er von Eingeborenen ab¬
fassen ließ, und darin dieselben Ereignisse nach der heute lebenden
Tradition erzählt sind. Der Inhalt des Ms. B deckt sich mit dem 40
des Kapitel III der Hs. A fast genau, nur ist B an einigen Stellen
etwas ausführlicher; die Übereinstimmung beider beschränkt sich
aber nicht auf die Identität der Begebenheiten und ihrer Reihen¬
folge, sondern manche Stücke sind in beiden wörtlich oder fast
wörtlich gleich. Das läßt sich, da Herrn Vergely nicht der 45
madagassische Text geschickt wurde, nur so erklären, daß es bei
den Eingeborenen in diesem Teil von Madagascar — und vermut-
lieh auch an anderen Orten — eine sorgsam gehütete schriftliche
Überlieferung gibt ; diese genauer kennen zu lernen wäre nicht nur
für die Ethnologie und die Konolialgeschichte von Bedeutung, sondern
auch die Sprachforschung hat ein bedeutendes Interesse daran, indem
5 sie darin vielleicht wertvolles Material für die Sprachgeschichte und
Dialektologie des Malagasy finden würde. Jedenfalls ist der Nach¬
weis, daß eine solche schriftliche Tradition existiert, von großer
Wichtigkeit, denn erst jetzt wird es möglich sein, ihr energisch
nachzugehen und wenigstens einen Teil davon ans Licht zu bringen.
10 Es ist auch gar nicht unwahrscheinlich , daß sich unter den schon
nach Europa gelangten Mss. aus Madagascar einiges dieser Art
findet, und es wäre deshalb sehr zu wünschen, daß für die Unter¬
suchung möglichst vieler solcher gesorgt würde ; einen besseren Lohn
könnten die Verff. der vorliegenden sehr verdienstlichen Publikation
15 sich für ihre mühevolle Arbeit schwerlieh wünschen.
K. Wulff.
^tude sur le dialecte berbh-e des Bent- Snous par E. Destatng,
Professeur b la Medersa de Tlemcen. Paris, Ernest Leroux,
1907. XXXI u. 377 S. 8«. (= Publications de l'Ecole
«0 des Lettres d'Alger. Bulletin de Correspondance africaine.
XXXIV.)
Höchst erfreulich ist es, daß nunmehr die französischen Berbero-
logen (nachdem die französischen Vulgärarabisten auf ihrer Domäne
bereits den analogen Schritt getan haben) damit beginnen, die
25 Methode einer unbefriedigenden Schreibweise des berberisehen Sprach¬
gutes aufzugeben und den Erfordernissen der modernen phonetischen
Akribie nachzukommen. Der Pionier für Frankreich auf diesem
Gebiete ist Edmond Destaing, welcher — nachdem er vorher
Professor an der Medersa zu Tlemcen war — j e t z t Direktor der-
30 jenigen zu St. Louis du Senegal ist. Über die Sprachverhältnisse
Senegambiens haben wir von Seiten dieses Gelehrten die Auskünfte
noch zu erwarten ; über das Berberisch der Bni Snüs sehen wir
dagegen heute eine Frucht Destaing'schen Fleißes gereift vor uns
liegen. Die B n I Snüs wohnen auf algierischem Gebiete nahe der
35 marokkanischen Grenze, östlich von dem landschaftlich so male¬
rischen Gebirgszuge des Räs sAsfür und im Bereiche dieses
gebirgigen Distriktes selbst. Kernige Leute sind sie, an Hitze wie
an Kälte gewöhnt; die gebirgigen Teile ihrer Heimat steigen ja
bis über 800 m hoch empor und sind zur Winterszeit nicht selten
40 wochenlang mit Schnee bedeckt. In veritabeln Häusern aus Kalk¬
stein wohnt die Mehrzahl dieser Libyer, aber viele von ihnen doch
auch in Zelten, besonders in den fiacheren Gegenden des Stammes¬
gebietes, wo es an Steinen mangelt. Industriell sind sie nament¬
lich als Töpfer und Mattenflechter tätig. Aus diesem Stamme ging
Stumme: Destaing, htude sur le dialecte berbh-e des Beni-Snous. 849
bekanntlich auch der berühmte Muhammed b. Jüsuf b. «Umar b.
Schuäaib es-SenüsT hervor (= Abu SAbdalläh M. b. J. al-Hasani
es-S. ; s. Brockelmann, Gesch. d. ar. Litt., II, 250), auf den wir
am Schlüsse dieser Besprechung zu reden kommen werden.
Die phonetische Schreibweise Destaing's ist, wie angedeutet, 5
von vollendeter Akribie ; sie geht , auf konsonantischem , wie auf
vokalischem Gebiete, weit über das hinaus, was Referent in seinen
bisherigen Arbeiten über das Berberische zum Ausdruck zu bringen
für nötig hielt. Im Allgemeinen berührt sich die phonetische Dar¬
stellungsweise innerhalb dieser b e r b e r o logischen Arbeit Destaing's lo
äußerlich wie innerlich sehr eng mit derjenigen , welche Mar(;ais,
und dann auch Doutte , in ihren vulgär- a r a b o logischen Arbeiten
anwenden ; das ist erfreulich, — es will nicht jeder seinen eigenen
Kopf haben (und seine Spezialtypen). Wie Mar^ais, so fixiert auch
Destaing gegebenenfalls Emphase eines 1, r und s, und dann auch 15
die eines z; ja sogar eines t und eines «, und vielleicht sogar die
eines n (doch ist nicht recht ersichtlich , was D. mit seinem n [s.
z. B. S. 322 ndnna „Großmutter"] meint; ein palatales n meint
er nicht, denn dieses schreibt er n, und ein gutturales bleibt bei
ihm unerwähnt). Selbstverständlich führt D. auch die Emphaticae 20
zu (, d und s. — Quantitäts- und Akzentverhältnisse sind von ihm
stets aufs Gewissenhafteste gebucht worden, und im Zusammen¬
schreiben der ohne Wortabsatz gesprochenen Komplexe steht er
in wohltuendem Gegensatze zur Gesamtheit der französischen Berbero-
logen sonst mit ihrer wortzerzausenden Methode. Wenn wir an 20
der Darstellungsmethode M.'s etwas aussetzen sollten , so wären es
zwei Punkte: erstlich, daß er Zitierwörter nicht in sein Laut¬
system umsetzt (so ist es wohl weder praktisch noch nötig zu
schreiben: „B. S. ürtu ,jardin' = Z. ourthi" ; warum nicht „ =
Z ur/i'i); zweitens, daß er durch sein zu reichliches Zitieren 30
aus andern Berberndialekten einerseits und Nebeneinanderstellen von
Parallelformen aus U n t e r dialekten des Berberischen der Bnl Snüs
anderseits das Bild eines ganzO einheitlichen Ortsdialektes in seiner
Schärfe beeinträchtigt. Solche Parallelen größeren Umfanges bringt
man besser in den Noten unter (s. oben S. 610 Z. 36 ff.). Mit ge- 35
bührend offenen Augen erhält man aber sicherlich durch D.'s Buch
ein schönes Bild eines scharfbesrenzteno Lokalberberischen.
Ein angenehmer berberischer Dialekt ist der hier behandelte ;
wenn ihn auch etwas reichlich Spiranten zieren, so sind sie in ihm
doch nicht in dem Übermaße vertreten, wie z. B. im Kabylischen. io
Der phonetische Teil des Buches umfaßt S. 1—60 1): wir ersehen aus
1) VoraD gehen auf Hl Seiten römischer Paginierung: eine kurze .Intro¬
duction' über die Abfassungsweise der Arbeit, eine .Esqulsse sommaire' über die Ausdehnung des von den B. S. bewohnten Terrains, dessen Geologie, Klima, Orographie, Hydrographie und dessen Einwohner (betreffend ihre Statistik, Lebens¬
weise, Industrie, Nahrung, Wohnungsweise und Geschichte, wie endlich ihre Dialektverhältnisse).
ihm , daß es mit den Konsonantenassimilationen und Konsonanten- vertauschungen hier auch nicht viel anders steht, als in den herber.
Dialekten sonst. Folgendes fällt uns in diesem Teile auf : S. 2, Z. 5,
r. Sp. q = a penchant vers an (bleibt uns unverständlich); S. 11,
5 Z. 6: mit x ist das neugriech. ^ gemeint, das vor a, o, u steht
(nicht das vor e, t); S. 1 und 13: c und j sind hier als die Zeichen
fur tsch bez. dsck gegeben, weiterhin wird aber fast immer tS und
dz gebraucht (in der Tabelle auf S. 1 sind die Spalten-Kopftitel
„Sonores' und „Sourdes' unter dem Spalten-Ober-Kopftitel „Spiranten' 10 umzutauschen).
Die Darstellung der Formenlehre (S. 61—237) beginnt mit
dem Pronomen. Die Pron. absol. lauten: nJc „ich', s^kk „du
(m.)", S6mm „du (f.)', nSttä „er', n^ttat „sie'; n^cnin „wir (m.)',
n<^cnint „wir* (f.)', kSnniwm{t) „ihr*, nAntn{t) „sie*. Dabei ist
15 nichts auffällig; aber beim Pron. suffixum ist schon manches merk¬
würdig, so das Ä in der 2. s. m. : umah „dein Bruder*, fusennäk
„deine Hand*, iüdäh agrüm „er brachte dir Brot*. Nun tritt bei
der 2. Person auf einmal wieder das Pron. absol. ein, wenn es sich
um akkusativische Verhältnisse handelt ! Also : ütmSekk „sie schlugen
20 dich*. Ähnlich im Plural derselben Person: isfwelawent „er sprach
zu euch (Frauen)' = mar.-Silh. isawuldkwmt; aber izrikSnntwenl
„er sah euch (Fr.)* = m.-L izrdkumt. In der 3. Person fehlt
dagegen das richtige Suffix des Akkusativs nicht {iüfäh „er fand
ihn", ufäh „ich fand ihn* [aus ufägh]). Die Anfügung der Possessiv-
25 Suffixe ans Nomen geschieht i. Ä. mittels des verbindenden Genetiv¬
exponenten n (s. oben Z. 16 füsennäh); bei Verwandtschaftsaus¬
drücken, Präpositionen u. Ä. ist die Verbindung straffer, ohne n
(s. a. a. 0. umah); man sagt aber henndtnag „unsre Mutter*,
dadddtwen „eure Großmutter'i) , issmdtsen „sorores eorum*, mit
so einem t, das aber sicher nicht „probablement euphonique* (S. 85)
ist, sondern aus femininen Verhältnissen herauswuchs.
Beim Verbum fällt das Fehlen von Präfixen in der 2. Person
auf; die Abwandlung von ^rdel „leih* z. B. ist SrdVeg „ich leihe",
^rdled „du 1.*, jSrdel „er 1.*, th-del „sie 1.", nSrdel „wir 1.*,
S5 Srdl'em „ihr (m.) 1.*, h-dVemt „ihr (f.) 1.*, Srdlen{t) „sie leihen'..
An und für sich ist ja das Präfix der 2. Personen des berberischen
Verbs ein entbehrliches Ding, da diese Form durch ihre Suffixe
genügend differenziert wird. Nur taucht hier eine Prinzipieafrage
auf: hat man in dieser Präfixlosigkeit Formen älterer Art zu er-
■*o blicken, oder sekundär vereinfachte ? Daß es eine durchaus präfix¬
lose Abwandlungsweise des berberischen Zeitwortes einmal gegeben
hat, dies lehrt der erratische Block des „Verbe qualificatif ou d'etat"
1) Beachte die verschiedene Bedeutung gleichlautender Worte
auf dem Gebiete der Verwandtschaftsbezeichnungen des Berberischen ; im marok¬
kanischen Schilhisch ist liänna „Tante' und dädda „Onkel", doch wird beides meist nur als respektvolle Anrede an den väterlichen Freund und die mütter¬
liche Freundin angewendet.