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Wolgatataren im Deutschland des Zweiten Weltkriegs

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Academic year: 2022

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Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt

Digitale Bibliothek des Sondersammelgebietes Vorderer Orient

Wolgatataren im Deutschland des Zweiten Weltkriegs

Cwiklinski, Sebastian Berlin, 2002

urn:nbn:de:gbv:3:5-6393

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Sebastian Cwiklinski

Wolgatataren im Deutschland des Zweiten Weltkriegs

Deutsche Ostpolitik und tatarischer Nationalismus

2003

SA 5590

;

laus schwarz verlag

Berlin

2002

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Wolgatataren

im

Deutschland

des Zweiten Weltkriegs

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begründet von Klaus Schwarz

herausgegeben von

Gerd Winkelhane

KLAUS SCHWARZ VERLAG

BERLIN

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Sebastian Cwiklinski

Wolgatataren im Deutschland des Zweiten Weltkriegs

Deutsche Ostpolitik und tatarischer Nationalismus

K S KLAUS SCHWARZ VERLAG • BERLIN

2002

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03 SA SSfÖ

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Cwikllnski, Sebastian :

Wolgatataren imDeutschland des Zweiten Weltkriegs :deutsche Ostpolitik und tatarischer Nationalismus /Sebastian Cwiklinski.- Berlin:Schwarz,2002

(Islamkundliche Untersuchungen ; Bd .243) ISBN 3 -87997 -296-6

Alle Rechte vorbehalten .

Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages

ist es nicht gestattet,das Werk oder einzelneTeile daraus nachzudrucken oder zuvervielfältigen .

© Gerd Winkelhane, Berlin 2002.

Klaus Schwarz VerlagGmbH,Postfach 410240 ,D -12112Berlin ISBN 3 -87997 -296 -6

Druck:Offsetdruckerei Gerhard WeinertGmbH,D -12099 Berlin ISSN 0939 -1940

ISBN3 -87997-296 -6

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Vorwort

Das Quellenmaterial dieser Arbeit, die in einer früheren Fassung im Frühjahr 1999 als Magisterarbeit an der Freien Universität Berlin eingereicht wurde, besteht aus publizierten schriftlichenQuellen, Archivmaterialien sowie mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen von Zeitzeugen . Sie weist gegenüber der Fassung von 1999 einige Änderungen auf:

Rechtschreib -undkleinere sachliche Fehler wurden korrigiertund der ganzeText auf dieneue Rechtschreibungumgestellt 1.Die Quellenbasis wurdeerweitert :neue Archivmaterialien(aus dem Zentralarchiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen RepublikBerlin)wurden erschlossenund weitere schriftliche Quellengesichtet .Auch die seit1999 erschienene Sekundärliteratur wurdeindie Untersuchungeinbezogen .

Auch bei der Transkription habe ich Änderungen vorgenommen:sämtliche tatarischen und baschkirischen Textteile , Publikationstitel und Namen, für die es im Deutschen keine feste Form gibt , werden nach den im ersten Band der Philologiae Turcicae Fundamenta für das Tatarischebzw .das Baschkirische vorgeschlagenen Regeln transkribiert(Ausnahmensind :g fürdasGamma,n für den velarenN -Laut 2 ;qund k werden einheitlichals kwiedergegeben;

für das Baschkirische wird statt des Deltas d verwendet ).Tatarische Wörter arabischer und persischer Herkunft werden wie tatarische Wörterbehandelt .Russische Namen und Textteile werden ausschließlich nach den Regeln der wissenschaftlichen Transkription übertragen . Tatarische Namen, die im Deutschen eine feste Form haben ( z. B. Kasan, Garip Sultan, kkander Giljazov , Schihab Nigmati , Schafi-Almas , Sultangaliev ), werden in dieser wiedergegeben. Entsprechendes gilt auch für Personennamen , die eine feste Form im Türkischen aufweisen( z.B .AhmetTemir ,Resit RahmetiArat,Saadet Cagatay ,Zeki Velidi Togan) ,sofernderWirkungsschwerpunkt ihrerTrägerin derTürkeilag .

In eckigen Klammern stehende Anmerkungen und Ergänzungen in Fußnoten oder Zitaten stammen ausschließlich von mir, werden aber, so weit nötig , noch einmal gesondert gekennzeichnet. Zitate werden immer originalgetreu wiedergegeben , einschließlich eventueller orthographischer und anderer Fehler. Sämtliche Bearbeitungen von Zitaten

(Auslassungen ,Kommentareo .ä . )werdenin eckigen Klammernaufgeführt .

1 Ausgenommen hiervon sind Zitate und Eigennamen , die immer in der originalen Rechtschreibung wiedergegeben werden .

2In diesen beiden Punkten gleicht meine Transkription der von Michael Kemper( vgl . der.,Sufis und Gelehrte in Tatarien und Baschkirien , 1789 - 1889. Der islamische Diskurs unter russischer Herrschaft (Islamkundliche Untersuchungen 218 ) ,Berlin 1998 , S . II.

(12)

Ich möchte folgenden Personen (in alphabetischer Reihenfolge ) danken, ohne die meine Arbeit nicht zustande gekommen wäre:Prof.Dr .NadirDevlet ,Elif DilmacM .A .,Ekkehard Ellinger M .A ., Dr . Marsil Farkhshatov , Dr . Astrid Menz, Dr. Bakhyt Sadykova , Prof. Dr. Semih Tezcan sowie Sule Tezcan M .A. Hervorheben möchte ich auch die Hilfe , die mir meine Erst- und Zweitgutachter Prof. Dr . Barbara Kellner-Heinkele und PD Dr . Claus Schönig erwiesen haben .Besonders verbunden bin ich Prof.Dr.AhmetTemir ,der mir das Manuskript des zweiten Bandes seiner Erinnerungen schon vor der Veröffentlichung geschickt und meine Nachfragen geduldig beantwortet hat, meinen Interviewpartnern Dr. GaripSultan,der mir auchmit vielen Materialien behilflichwar,und dem verstorbenen Heinz Unglaube sowie Dr . Patrik von zurMühlen, der mir mit vielen Hinweisen und Materialien weitergeholfenhat.Für die sprachliche Durchsichtder ersten Version dieser Arbeit danke ich Caroline Antonia Wilcke M .A. und meiner Mutter Susanne Cwiklinski , die auch die vorliegende Fassung überprüfthat.

Zufällig stieß ich im Rahmen meiner Forschungen auf Kopien von Materialien aus dem Privatarchiv vonDr.Joachim Hoffmann undhoffe ,sein Einverständnis für die Nutzung der Materialien voraussetzenzu können.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort ... 2

Inhaltsverzeichnis... 4

Einleitung ... 6

Teil I :Das DritteReich"und dieVölkerder Sowjetunion ...9

1. 1 )Die StrukturdesNS-Regimesund ihreAuswirkungenauf diedeutsche Ostpolitik ... 9

1.2 )Die nationalsozialistische Ideologieund die Sowjetunion ... 10

1. 3 ) Die Ostforschung:Die Rolle Gerhardvon Mendes ... 11

1.4 )Die deutschen Institutionenund die Kriegsvorbereitungen:... 16

1.4 . 1 )Die Ostpropagandades Propagandaministeriums ... 16

1.4 .2 . )Die Politikdes AuswärtigenAmts... 17

1. 5 ) Die Entwicklungseit dem Überfallauf dieSowjetunion ...20

1. 5 . 1 )Erste Ansätzezur Einbindungder sowjetischen Kriegsgefangenen ... 21

1. 5 .2 )Die Politikder Wehrmachtund der Aufbauder Ostlegionen...22

1.6 ) DasOstministerium ... 24

1.7 ) Die Rolleder SSinder deutschen Ostpolitik ...27

Teil II :WolgatatarenimDeutschlanddes DrittenReichs"...33

11. 1 )Die Vorgeschichte:WolgatatareninDeutschlandseit dem Ersten Weltkrieg ... 33

II . 1 . 1 )GajazIshaki und dieZeitschriftYafia Milli Yul"...34

II . 1 .2 )AhmetTemir... 36

11.2 )Die Wolgatatarenseit dem deutschen Überfallauf die Sowjetunion :Die Kriegsgefangenenkommissionen ...37

11.3 ) DieBildungderwolgatatarischenLegion ...41

11.4 )DieGründungder TatarischenLeitstelle"...42

11. 5 )DiewolgatatarischeLegion -einkurzerÜberblick ...44

11.6 ) DieAktivitätender TatarischenMittel-" bzw. „Leitstelle"...48

11.6 . 1 )Die Propagandaschulenbei der Legionund den Arbeitsbataillonen ... 51

11.6 .2 )Die Künstlertruppeder Legion ... 52

11.6 . 3 )Urlaubsheimeder Legionals kulturelles Zentrum der tatarischenBewegung "... 53

11.6 .4 )RadiosendungenintatarischerSprache ...54

11.6 . 5 )Aktivitätendes TatarischenKampfbundes :EinDokument aus dem Jahr 1945 ... 55

11.7 )Der Wolgatatarische Kongressvom 3 .- 5 .März1944 inGreifswald... 56

11. 8 )Das Verhältnis zwischen Tatarischer LeitstelleundTatarischem Kampfbund ... 63

11.9 )Die Wolgatatarenin der SS -Politik ... 65

11. 10 )Widerstand innerhalbderwolgatatarischenLegion:Die Gruppe um MusaGälil... 70

II . l 1 )Die Minderheitenvölker" imTatarischenKampfbund :Tschuwaschen, Mari ,Udmurtenund Mordwiner ... 74

Teil III :Die IdeologiedesTatarischen Kampfbundes ... 78

III . 1 )Die publizistischen Aktivitätender WolgatatareninDeutschland seit 1942 ... 78

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111.2 )Analyseder PublikationenderTatarischen Leitstelleund des

Kampfbundes:Die Umständeder Publikation ... 81

111.3 ) „TatarischeThemen" inder PublizistikdesTatarischen Kampfbundes...82

m. 3 . 1 )TatarischeGeschichte ... 82

111.3 .2 )Literaturinden Publikationendes Tatarischen Kampfbundes...93

111.3 . 3 )Antisemitismusin den SchriftendesTatarischen Kampfbundes... 98

111.3 .4 )DerNationalsozialismusund Deutschland ... 103

Teil IV :Auswertungund Bilanz ... 105

IV . 1 )Die Folgegeschichte:Die Zeit nach1945... 105

IV .2 )Die publizistischeund wissenschaftliche AufarbeitungdesThemas... 106

IV .2 . 1 )Die westlicheBeschäftigung "mit dem Thema ... 106

IV .2 .2 )Die Auseinandersetzungmit dem Themain der Sowjetunion und in der DDR ... 108

IV . 3 )Exkurs:Die Fragenach der Motivationder Legionäre ... 113

IV .4 )Angehörigeder Wolgavölkerauf der Seite desNS-Staates:Eine Bilanz ...115

IV .4 . 1 )Deutsche Haltungen gegenüberden Wolgavölkern ... 115

IV .4 .2 )Der TatarischeKampfbund ... 121

Abkürzungsverzeichnis ... 127

Literaturverzeichnis... 127

(15)

Einleitung

Im September 1996 fiel mir per Zufall das Titelblatt einer Ausgabe der wolgatatarischen Literaturzeitschrift Tatar Ädäbiaty" in die Hände, die 1944 in Berlin erschienen war. Als herausgebende Institution war ein TatarischerKampfbund "angegeben . Dieser Zufallsfund regte mein Interessean ,und ichbegann weiterzuforschen.Diese Arbeitist dasResultat meiner Forschungen .

IhrThema ,die Geschichte der Wolgatataren und Baschkiren im Deutschland derDreißiger - undvor allemder Vierzigerjahre ,wird von zwei Einflussgrößenbestimmt :Einerseitsist esals Teilaspekt der Geschichte desDrittenReiches" ,genauer gesagtder deutschen Ostpolitik der Dreißiger - und Vierzigerjahre aufzufassen , da Interventionen von deutscher Seite in ganz erheblichem Ausmaß das Schicksal von Angehörigen dieser Volksgruppen bestimmt haben. Andererseits müssen ebenfalls tatarischeAspekte " des Themas in die Analyse einbezogen werden ,da der Verlauf der Geschichte wesentlich auch durch den tatarischen Nationalismus geprägtwurde.

Es wird zu fragen sein, unter welchen Prämissen sich deutsche Wissenschaftler, Militärs , nationalsozialistische Ideologen und Funktionäre sowie Diplomaten den Wolgatataren und anderenSowjetvölkern 3genäherthaben,welche Bedeutung eine Einbeziehung dieser Völker für die deutscheSeite hatte und wie diese Einbeziehung konkretaussah.

Für eine differenzierte Sichtweiseder deutschen "Herangehensweisewird esnotwendigsein , die Unterschiede zwischen den einzelnen Institutionen und Akteuren auf deutscher Seite zu berücksichtigen.Wolgatatarenund Angehörige anderer Völkerder Sowjetunion waren Objekt der Pläne nationalsozialistischer Parteistellen ,desPolizei -und Sicherheitsapparats,mehrerer Ministerien , der Wehrmacht sowie verschiedener Forschungseinrichtungen. Jede dieser Institutionen hatte auch eigene VorstellungeninHinblickauf dieOstpolitik ;oft wurden neue Ansätze in bewusstem Gegensatzzu den Konkurrentenentwickelt ,und die unterschiedlichen Politiken hatten jeweils ihre Auswirkungenauf das Schicksalder einzelnenSowjetvölker .Es wird darzustellen sein, welche strategischen Überlegungen die Nationalsozialisten dazu bewegthaben,mit Vertretern vonin ihrer Ideologie alsminderwertig " eingestuften Völkern zusammenzuarbeiten.Für dieErörterung dieser Fragenisteine Darstellung der Strukturen der Ostpolitik und ihrer wichtigsten Institutionenunerlässlich . Diese Darstellung wird in einem Doppelschritt erfolgen : Zunächst wird ein allgemeiner Abriss der deutschen Politik( en)

3Mit dem BegriffSowjetvölker"bezeichne ich indieser Arbeit dieVölker ,die auf dem Gebiet derehemaligen

Sowjetunion leben ,ohneihm irgendeine ideologische Qualität zuzuweisen.

(16)

gegenüber den Sowjetvölkerngegeben :Die Geschichte der so genanntenOstlegionen " aus Angehörigen der Sowjetvölker in derWehrmacht , derNationalkomitees" aus Angehörigen von SowjetvölkernimOstministeriumund der Ostpolitik derSS sindfür das Verständnis der Lage der Wolgavölker im Zweiten Weltkriegwesentlich .Nur die Kenntnis der allgemeinen Parameter ermöglicht es, die Geschichte ihrer Einbindung in die deutsche Politik zu verstehen . Die Unterschiede zwischen den einzelnen deutschen Institutionen dürfen hierbei nicht vernachlässigtwerden ,da sie fürdie Geschichteder Nationalkomiteesund Angehöriger der Sowjetvölkerauf deutscherSeiteallgemein wichtigwaren.

Der Schwerpunkt der Darstellung wird hierbei auf den politischen Konzeptionen der einzelnen Beteiligten liegen, und die Schilderung der institutionellen Verflechtungen wird sich daran orientieren . So kann und soll beispielsweise die Darstellung der Politik der Wehrmacht und der Ostlegionen nicht die Ansprüche einer militärhistorischen Darstellung erfüllen ,sondern Rückschlüsseauf dieEinbindung der Sowjetvölkerindie Wehrmachtspläne ermöglichen .

Ineinem zweiten Schritt , der gleichzeitig auch zweiter Teil dieser Arbeitist, werde ich die Geschichte der WolgatatarenimZweiten Weltkriegund die VersuchederdeutschenSeite ,sie in ihre Politikeinzubinden ,beleuchten . Seit dem Ersten Weltkrieg hatteeseinzelne tatarische Emigranten in Deutschland gegeben, von denen einige auch in den Vierzigerjahren von Bedeutungsein sollten.Einigedieser Altemigranten "warenanprominenter Stellezu finden. Die Geschichte dieser Vereinigung , die Gründung der wolgatatarischen Legion und ihr Schicksal ,die Politik derSS gegenüber den Wolgavölkern und andere Aspekte werden unter Rückgriff auf viele Originalquellendargestellt .Der Fokusder Darstellungistjedoch -anders als im ersten Teil - nicht nur auf die deutsche, sondern vor allem auf die tatarische Seite gerichtet.Demzufolge werden tatarische Quellenhier erstmals eine wichtige Rollespielen,da Informationen etwa zum Widerstand in der tatarischen Legion teilweise nur auf Tatarisch vorliegen . Die Geschichte der wolgatatarischen Legion wird nur insofern zur Geltung kommen , als sie für das Verständnis des Geschehens wichtigist.Ein kurzer Überblick über die Legion ist jedoch unerlässlich , da sie ein wichtiges Tätigkeitsfeld für den Tatarischen Kampfbunddarstellte .Sie ist für das Schicksalder Wolgavölker jedochauch deshalbwichtig, weil mehr als 10 000 Tataren, Baschkiren und Angehörige anderer Wolgavölker in ihr dienten.

Im dritten Teil dieser Arbeit werde ich auf die Ideologie des Tatarischen Kampfbundes eingehen .Ihre genaue Untersuchung sollhe . fen ,den Charakter des Kampfbundes zuklären.

(17)

Auch die Frage , was sich Wolgatataren von einer Zusammenarbeit mit dem NS-Regime versprochenhatten,kannsoAufklärungfinden.Diese Kollaboration erscheint auf den ersten Blick paradox: Wie konnten Angehörige eines in den Augen des rassistischen und antisemitischen Nationalsozialismus minderwertigen " Volkes auf eine Zusammenarbeit mit eben diesem Systemsetzen?

Als Hauptquelle für die Untersuchung der Ideologie dienen die Publikationen des Kampfbundes . Anhand ihrer Texte lassen sich die Ansichten der wichtigsten Kampfbund - Autoren rekonstruieren.Freilich muss berücksichtigtwerden,dass inden Veröffentlichungen auch deutsche Propaganda betrieben wurde, teilweise auch gegen den Wunsch des Kampfbundes . Eine analytische Trennung zwischen deutscher und tatarischer Propaganda wird unabdingbarsein . Da die Publizistik des Tatarischen Kampfbundes ein wichtiger Teil seiner Aktivitätenwar,hätte sie auchimzweiten Teil dieser Arbeit behandelt werdenkönnen ; dieBedeutung ,die siefür die Rekonstruktion derKampfbund -Ideologiehat ,hatmich jedoch bewogen ,sieimdritten Teil zubehandeln .DieIdeologie " des Kampfbundes wird zunächst nur indirekt erscheinen : in der Behandlung des Kampfbund -Rezeption der tatarischen Geschichte wird seinNationalismus -Konzeptdeutlich, in seinem Sowjetunionbild offenbart sich sein Antibolschewismus. Die Untersuchung der Bedeutung der Literatur in den Kampfbund -Publikationen wird weitere Aufschlüsse über den Nationalismus geben, die Darstellung des Antisemitismus in den Schriften gibt die Möglichkeit zu diskutieren , in welchem AusmaßdiedeutscheSeite dietatarische Propaganda beeinflusstund geprägthat. Ein wichtiges Dokument für die Rekonstruktion der Kampfbund -Ideologie wird nicht im dritten,sondern bereitsimzweiten Teilabgehandelt :Die auf dem Greifswalder Kongress im März 1944 verabschiedete Resolution des Kampfbundes enthält die zentralen Forderungen dieser Institution . Da sie allerdings sowohl für die Ideologie , als auch für die Ereignisgeschichte des Kampfbundes wesentlichwar,wurdesie dem Abschnitt zum Kongress zugeordnet . Die Auswertung am Ende der Arbeit wird die einzelnen Aspekte zusammenführen.

Imvierten Teil wird Bilanzgezogen :Es wird nach denNachwirkungen"der Geschichte des Tatarischen Kampfbundes und der Legion gefragtwerden, und auch die publizistische und wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas sollen einer Bewertung unterzogen werden . Abschließend und zusammenfassend werde ich nach dem Charakter , dem Wesen des Kampfbundesfragen.

(18)

Teil I:Das Dritte Reich " und die Völker der Sowjetunion

1. 1) Die Struktur des NS-Regimes und ihre Auswirkungen auf die deutsche Ostpolitik

Eine wichtige , von der obersten Führung bewusst eingesetzte Struktur des nationalsozialistischen Regimes war sein polyzentrischer Charakter . Oft konkurrierten mehrere Institutionen des nationalsozialistischen Apparates um Macht undEinfluss ;hierbei handeltees sich zum Teil umPartei - ,zum Teil auch um staatlicheInstitutionen .Diesefürden

NS-Staat typische Erscheinung war auch in die Sowjetunion betreffenden Fragen zu beobachten . Als für die Sowjetunion zuständig sah sich zum Beispiel das Reichssicherheitshauptamt an , das ab 1936 für Ausländer verschiedener Nationalität so genannte Vertrauensstellen" eingerichtet hatte , mit deren Hilfe Emigranten einerseits gesammelt undkoordiniert ,zum anderen aber auch überwacht werdensollten. Parallel hierzu hatte der Sicherheitsdienst ( SD) das Wannsee-Institut" eingerichtet , das unter dem georgischen Emigranten Achmeteli als ein mit wissenschaftlichen Methoden arbeitendes Spionagezentrumzur Beobachtungder Sowjetunion " 4fungierte .Als ab der zweiten Hälfte der Dreißigerjahrean der Berliner Universität dasRussland-Institutder Auslandshochschule zum Zentrumder auslandswissenschaftlichen Forschung ausgebautwurde,setzte derSD gegen die Widerständedes AußenministeriumsdieEinsetzung Achmetelisals Institutsleiterdurch*. Neben dem Wannsee -Institut" des SD versuchten auch die NSDAP mit ihrem Außenpolitischen Amt, die Ost-Abteilung des Propagandaministeriums sowie verschiedene Dienststellen des Auswärtigen Amtes, Einfluss auf die Sowjetunionpolitik des Dritten Reiches" zu nehmen . Charakteristisch für die Politik der verschiedenen Dienststellen war, dass sie oft Sowjetemigranten beschäftigten , die Informationen über die Sowjetunion zu sammeln und auszuwertenhatten6 .Einer von ihnen war der Wolgatatare AlimIdris , der von 1933 bis 1942 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Auswärtigen Amt,ab 1939 auch inder Reichsrundfunkgesellschaft des Propagandaministeriums als Redakteur für arabische Propagandasendungen und später als Leiter der türkischen Redaktion arbeitete . Aufgrund seiner umfangreichen Sprachkenntnisse(er beherrschteArabisch ,mehrere Turksprachen und

Siebert ,Erich: Die Ostforschung an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Berliner Universität in den Jahren 1940 - 1945,in :Informationen Uberdie imperialistische Ostforschung Nr.1/ 5 ( 1965 ) , S.1-34[ i.F .:Siebert 1965 ],hierS . 3.

5Ebenda .

6 Von zur MU'len, Patrik : Zwischen Hakenkreuz und Sowjetstern . Der Nationalismus der sowjetischen Orientvölker im Zweiten Weltkrieg (Bonner Schriften zur Politik und Zeitgeschichte 5 ), Düsseldorf 1971 , S . 37- 39[i.F . :von zur Mühlen].

(19)

war auch mit derÜbersetzungvon Mein Kampf ins Persische beauftragtworden)galt erals wichtiger Expertefür den Orient" 7.

1. 2) Die nationalsozialistische Ideologie und die Sowjetunion

Das Verhältnis des Dritten Reiches" zur Sowjetunion wurde durch mehrere Faktoren gekennzeichnet , wobei zu berücksichtigen ist, dass diese sich gegenseitig beeinflusst haben und nicht etwa unabhängig voneinander zu denken sind.Ein wichtiger Punkt blieb bis zum Ende des Dritten Reichs" die nationalsozialistische Ideologie in ihrer Mischung aus rassistischemGedankengut , Antisemitismus und deutschen Großmachtkonzepten. „Russland"

- als solches wurde die Sowjetunion wahrgenommen,denn die krude Ideologie gestattete den Nationalsozialisten keine differenziertere Wahrnehmung- spielteinden Vorstellungen Hitlers und der Nazi -Ideologen seit den Zwanzigerjahren vor allem als neues, für Deutschland zu gewinnendes Territorium eine wichtige Rolle. Die Slawen galten Hitler als eine Masse geborener Sklaven, die Revolution von 1917 dem Rassenideologen Rosenberg als Sieg der

mongolischen " Elemente im russischen Organismus über die nordischen ". Der deutsche

Drang nach Osten " wurde so nicht nur mit geopolitisch -strategischen , sondern auch mit rassistischen Argumenten unterfüttert . Begriffe wieTataren", Mongolen " und Kirgisen"

waren in den rassistischen Vorstellungen der Nationalsozialisten keine Bezeichnungen für Völker oder Nationalitäten , sondern gewissermaßen Synonyme für den Ausdruck

Untermensch ".Inder Vorstellung der Nazis hatte dasAsiatische " den nordischen Kern "

der Russen verdorben . Die Sowjetunion , so hatte Hitler 1930gemeint, sei ein Wesen mit slawisch -tatarischemLeib undjüdischem Kopf8.

Diese rassistischen Wahnideen des Nationalsozialismus sollten bei der Bewertung der Sowjetunionund der Behandlungder Kriegsgefangeneneine wichtige Rollespielen ;vor allem die SS und der SD ließen sich in ihrer Politik von diesen Vorstellungen leiten 9. Das prominenteste Beispielfür die Kombination von Antibolschewismus und Rassismus war die Broschüre Der Untermensch ", die noch 1942 vom Schulungsamt der SS herausgegeben

7 Ebenda , S . 39 ;schriftliche Mitteilung Ahmet Temirs vom6 .7 . 1998 .Zu ldris siehe ausfuhrlicher den zweiten

Teil dieserArbeit .

8 Von zurMühlen , S .46f.

9 Dallin, Alexander:GermanRule inRussia1941 - 1945 .A Study of OccupationPolicies ,London /New York

1957 , S . 8 -9 [ i.F .: Dallin ].

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wurde,zu einer Zeit,als die Ostlegionenin der Wehrmacht bereits mittenimAufbauwaren10.

DerUntermensch "versammelte ,wie der Historiker Patrik von zur Mühlenkonstatierte ,die

unflätigsten und niederträchtigsten Hetzartikel " und sollte vorwiegend unterschwellige Emotionenansprechen ".

Der nationalsozialistische Rassismus stand derIdee ,dieOstvölker" der Sowjetunionfür die eigenen Zwecke zu nutzen, direkt entgegen . Dies war auch Wissenschaftlern wie dem Turkologen GerhardvonMendebewusst,und mehr als einmal beklagtensie das Vorherrschen von Stereotypen und falschen Vorstellungen über die Turkvölker und die Völker des Kaukasus ,die eineffektives Ausnutzenihres Antibolschewismusverhinderten 12.

1. 3 ) Die Ostforschung :Die Rolle Gerhard von Mendes

Die Sichtweise des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion wurde jedoch nichtnur durchdieNS-Ideologiegeprägt;auchdiewissenschaftliche Forschung leistete ihren Beitrag dazu . Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich in Deutschland das wissenschaftliche Paradigma der Auslands - und speziell der Ostwissenschaften herausgebildet . Ziel der Auslandswissenschaften war es, ein genaues Bild der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Struktur der Länder zu vermitteln , die potentielle Objekte deutscher Außenpolitikwaren.Das Konzept der Auslandswissenschaften grenzte sich von dem der Philologienab ,die in ihrer Konzentration auf die Sprache und den Text als zentrale Untersuchungsgegenstände keinen unmittelbaren Nutzen für expansionistische Politikkonzepte versprachen . Die Ostwissenschaften , die in den Zwanzigerjahren auf der Basis von wissenschaftlichen Gesellschaften und privaten Vereinen besonders außerhalb der Universitäten etabliert wurden, zogen vor allem russlanddeutsche undandere Sowjetemigrantenan ,die sich oft auch anpolitischen Aktivitätenbeteiligten 13.

Im Rahmen dieser Arbeit kann nicht näher auf die rassistische Komponente desNationalsozialismus

eingegangen werden .Für eine zusammenfassende Darstellung siehe Burleigh, Michael /Wippermann,Wolfgang:

The Racial State .Germany1933 - 1945,Cambridge1992 ( 2.Auflage )sowievon zurMühlen , S.46 -56und

Daliin , S .68f.

"Von zurMühlen , S . 47.

12 FürBeispiele von Klagen von Wissenschaftlernin den Jahren des Zweiten Weltkrieges sieheOiljazov,

Iskander :Na drugojstorone . Kollaboracionistyiz povolzsko- priural 'skich tatarv god; vtorojmirovoj vojny

( Panorama -Forum17 ) ,Kazan 1998[i.F . :Giljazov 1998b ] , S . 10 - 12.

13Siebert 1965 , S .2f.

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Auch imDrittenReich" spielten die Auslandswissenschaften eine wichtigeRolle.DasNS- Regime benötigtefür seine Pläne genaue Informationenüber diewirtschaftlicheund politische Gestaltderosteuropäischen Länderund vor allem derSowjetunion .Aus diesem Grund wurde ab 1935 aktiv der Auf- und Ausbau der Auslandshochschule an der Berliner Universität betrieben, deren Aufgabe es sein sollte, Kader mit umfassenden Kenntnissen zu einzelnen Ländern auszubilden 14. 1940 gipfelte der Ausbau der Ostforschung in der Schaffung der Auslandswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Berlin, in der die gesamte Ostforschung konzentriert werdensollte15.

Eine besondere Rolle bei der Erforschung der nichtrussischen Völker der Sowjetunion im Rahmen der Auslands- bzw . Ostwissenschaften spielte Gerhard von Mende. Aus einer baltendeutschen Familie stammend , hatte er ab 1927 in Berlin und Paris zunächst Russisch und Türkisch, ab 1929 dann osteuropäische Geschichte und Wirtschaft ( „Russlandkunde") studiert und 1933 in Breslau seine Dissertation zur Geschichte der Kolonisation in der Sowjetunion verteidigt . Ab 1933 hatte er für die Anti -Komintern ", einen vom Propagandaministerium gesteuerten Dachverband antikommunistischer Vereinigungen , ehrenamtlich als Referent für die skandinavischen Länder und die Türkei gearbeitet . Seine 1936 erschienene Habilitationsschrift zumnationalen Kampf der Rußlandtürken" 16 ist die erste Arbeitineiner europäischen Sprache außerRussisch,die sich mit der Herausbildung der Nationalbewegungenund der Nationenbildungder Turkvölkerimzaristischen Russland sowie der Anfangsphase der Sowjetunion beschäftigt . Seine Untersuchungen zur Zeitschrift

Tergüman/Perevodöik " des krimtatarischen Reformers Ismail Gasprinski und seiner Schulreformbewegung, zum Aufkommen der Nationalbewegungen der Turkvölker im Zarenreich , den Versuchen der Turkvölker , nach der Februarrevolution 1917 ihre kulturelle und staatliche Autonomie zu erlangen sowie zu ihrer Geschichte in der Sowjetzeit machten

14Siebert1965,S. 1-4. Für eine kurzeDarstellung desAufbaus der Auslandshochschule siehe Camphausen,

Gabriele: Die wissenschaftliche historische RußlandforschungimDritten Reich 1933 -1945(Europäische

Hochschulschriften 418 ),Frankfurt a . M . u .a.1990 , S . 42 -48[i.F . :Camphausen].Allerdings geht Camphausen

nurkursorischauf dieftlrdiese Arbeit relevanten Personen ein.

15Zur AuslandswissenschaftlichenFakultät sieheCamphausen, Siebert1965 und vor allemSiebert , Erich: Entstehung und Struktur der AuslandswissenschaftlichenFakultät anderFakultät Berlin( 1940 - 1945 ), in:

Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin . Gesellschafts-und sprachwissenschaftliche

Reihe15 ( 1966 ), S . 19- 34 [ i.F .:Siebert 1966 ].

16Von MendeGerhard : Der nationaleKampf derRußlandtürken. Ein Beitragzur nationalen Frageinder

Sovetunion(Mitteilungen des Seminars für orientalische Sprachen.Beiband zum Jahrgang XXXIX),Berlin 1936

[i.F .:von Mende 1936 ].

(22)

die deutsche wissenschaftliche Öffentlichkeit zum ersten Mal mit diesen Ereignissen bekannt17.

Inder Habilitationsschrift,diezur Klärung der für die weitere Entwicklung der Sovetunion sowichtigen[ . . .] nationalen Fragebeitragen"sollte, wollte von Mendeuntersuchen , „welche Momentedie Überwindung der Stammesverbändeund der religiösen Gemeinschaft durch das Nationale bestimmen und in welcher Weise die zum Nationalbewußtsein erwachten völkischen Kräfte zur Nation drängen" und erhellen, mit welchen Mitteln ein national gemischter Staat zur Erhaltung seiner Einheit die ihm fremden nationalen Bewegungen bekämpft " 18. Für von Mende entspann sich der wesentliche Konflikt in der Sowjetunion zwischenden Türken" ,also den Angehörigen verschiedenerTurkvölker ,deren Streben nach nationaler Einheit noch nicht voll entwickelt sei , und dem bolschewistischen Staat , der versuche, sie durch das Schaffen möglichst vieler kleiner Nationen und Schriftsprachen zu spalten.In seiner Schlussbetrachtungkam von MendezufolgendenErgebnissen :

Bei der strengen politischen Einheit der Sovetunion,derKonzentration ihrer Macht und

der wirtschaftlichen Verknüpfung allerihrer Teileist eine VeränderunginderLage der

türkischen Volksgruppen nur zu erwarten,wenn die Sovetunion schweren Erschütterungen

ausgesetzt ist .Dann wird sichzeigen , obdie DitTerenzierungspolitik der Sovetregierung ihr

Ziel ,die Zersplitterung der TUrkvölker in mehrere staatsunfähige Natiönchen erreicht hat

oderobeine große türkischeVolksgruppe , besser als 1917,dieEinheit und Kraft einer

Nation gefunden hat .""

Mit dieser Einschätzung , die auch als Hervorhebung der Sprengkraft der nationalen Bewegungender Turkvölker verstanden werdenkann ,unterstrich von Mende gleichzeitig die politische Relevanz seiner Untersuchungen für eine gegen die Sowjetunion gerichtete deutscheAußenpolitik .

Unmittelbar nach seiner Habilitation wurde von Mende 1936 kommissarisch mit der Vertretung ( „Verwaltung ") des Lehrstuhls für Russische Nationenwissenschaft an der

Weitere einschlägige Publikationen von Mendes neben seiner Hablilitationsschrift waren unter anderem: ders .,

IsmailBey Oasprinski. Zur nationalen Bewegung der Rußlandtürken, in :Osteuropa 10 ( 1934 / 35 ) , S . 39 -44 ; ders .,

JusufAkCura .Ein Vorkämpfer desTUrkismus ,in :Osteuropa10 ( 1934 / 35 ), S . 564 - 568 ; ders .,Diewillkürliche

russische Beeinflussung des Tatarischen als Folge der Sowjetsprachenpolitik , in :Wörter und Sachen/NeueFolge

1 ( 1938 ), S . 297 - 303 ; ders ., Die Völker der Sowjetur:on (Völker undStaaten ) ,Reichenau/Saaleo .J .[ l938 ].

18Von Mende 1936 , S . III.

19Von Mende 1936 , S . 184.

(23)

Auslandshochschule der Berliner Universitätbetraut20. Die universitäre Korrespondenz von Mendes aus den Jahren 1937-1941 belegt,dass die Tätigkeit dieses fuhrenden Vertreters der Auslandswissenschaften überwiegend nicht wissenschaftlich ausgerichtetwar.Ihr größter Teil war an Exilvertreter der nichtrussischen Völker der Sowjetunion gerichtet und behandelte politischeThemen .Doch beschränktesich von Mendein seiner Korrespondenz nicht nur auf Angehörige der Turkvölker der Sowjetunion ; zu seinen Korrespondenten gehörten auch ukrainische , weißrussische , finnische und norwegische Politiker und Wissenschaftler . Oft korrespondierteerauch mit Unterorganisationender NSDAP und verschiedenen Institutionen des deutschen Staates, die seinen Rat als Experten für Nationenfragen in der Sowjetunion suchten undihn um Rezensionenfür Bücherzudiesem Themabaten.Hierbei handelteessich jedoch nicht nur um wissenschaftlicheStudien;es warenauch politische Machwerke übelster Artdarunter . Mit Interesse rezensierte von Mende beispielsweise eine Broschüre der Anti¬

Komintern , die - in von Mendes Diktion - die außerordentliche Verjudung des kommunistischen Apparatesin der Sovet-Union" 21behandelte .

Auch die Tatsache , dass von Mende regelmäßig Bericht über seine Tätigkeit an Georg Leibbrandt , seinerzeit Leiter der außenpolitischen Abteilung derNSDAP , erstattete , zeugt vom politischen Charakter seiner Arbeit22. Im Rahmen seiner Aktivitäten an der Auslandshochschule der Berliner Universität nahm von Mende auch die Dienste zweier turkstämmiger Emigranten inAnspruch ,die später auch eine wichtige Rolle spielensollten: des Usbeken Veli Kajumund des Wolgatataren AhmetTemir.Temir,der1936 aus der Türkei zum Studium nach Berlin gekommen war,war 1937 auch mit dem Aufbau und der Leitung einer türk-tatarisehen Abteilung " der Bibliothek des Russland -Institutes der Auslandshochschule betraut worden . Gemeinsam mit Kajum erhielt er Anfang 1940 den Auftrag, die sowjetische Presse der Turkvölker zu analysieren und monatliche Berichte zu ihrer Lage zu schreiben . Temirs und Kajums Berichte wurden regelmäßig an Leibbrandt weitergeleitet 23.

20 Lebenslauf Gerhard vonMendes, in: Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin , Universitätskurator , Personalakte Prof. Dr .von Mende M138 ;Brief des Wissenschaftsministeriums an von Mende vom23 .4 . 1936,

ebenda ;zuweiterenInformationen zuvonMendes wissenschaftlichen und politischen Aktivitäten sieheVoigt,

Gerd: Rußland in der deutschen Geschichtsschreibung1843 -1945(Quellen und Studien zur Geschichte Osteuropas 30 ),Berlin1994,S . 260 -264 ,275 sowie Giljazov , Iskander:Kto zeon ,ProfessorfonMende ?,in: Tatarstan 7 ( 1996 ) , S . 52 -61[ i.F . :Giljazov1996b ].

21Brief Gerhard von Mendes anDr .Kommoss von derAnti -Komintern am6 .5 . 1938 ,vonv .Mende signierter Durchschlag (Archiv derHumboldt-Universität zuBerlin ,Nachlass Prof. Dr .von Mende:Korrespondenz[ i.F .: Korrespondenz vonMende ]).

22Die Briefean Leibbrandt sindinvon Mendes Korrespondenz erhalten.

23 Briefe von Mendes an Leibbrandt vom18 .4 . 1940,22 .4 . 1940,4 .7 . 1940, 13 .8 . 1940,29 .8 . 1940,7 . 10 . 1940,

15 .2 . 1941; Brief vonMendes anTemirvom2 .4 . 1937 ;Briefe von Mendes anProf. Six ,denkommissarischen

(24)

Seit Ende der Dreißigerjahre bemühte sich von Mende verstärktdarum, seine Ergebnisse aus den ostwissenschaftlichen Studien zu popularisieren und für die politische Praxis nutzbar zu machen .Inseiner1938veröffentlichten BroschüreDie Völkerder Sowjetunion "fassteerdie wichtigsten Informationen über diese zusammen . In seiner Darstellung legte von Mende besonderen Wert auf den Konflikt zwischen den nationalen Bewegungen der nichtrussischen Völker und der zentralen Macht des sowjetischenStaates.Für ihn waren die nichtrussischen Völker eine der stärksten inneren Sprengungskräfte des bolschewistischen Herrschaftsbereiches" 24.Die potentielle Gefahrfür den Bestand derSowjetunion ,dievon den Eigenständigkeitsbestrebungen der Turkvölker ausging, wurde für von Mende noch vor wissenschaftlichen Kriteriendasbestimmende ParadigmafürseineArbeit.

In Die Völker der Sowjetunion " wurden sämtliche Turkvölker als Türken"

zusammengefasst. Für von Mende waren so genannte Siedlungsgruppen" die kleinste Einheit, zu der sie zusammenzufassen waren. Als Siedlungsgruppen" galten von Mende jeweils dieTürken" Aserbeidschans,derKrim ,Mittelasiens sowie dieWolga-Uraltürken ", wobei zu letzterennach von Mendes Diktionauch die Tschuwaschengehörten 25.

DieVerzahnungvon Forschungund immer stärkerauch offen artikulierten politischenZielen, die allgemeinfür die Ostwissenschaften" derDreißiger -und Vierzigerjahre charakteristisch

war,bestimmte die weitere wissenschaftliche Forschung auch auf turkologischem Feld .Mit von Mendes Unterstützung gab Georg Leibbrandt seit Beginn der Vierzigerjahre Die Bücherei des Ostraums " heraus, in der auch Studien zu den Turkvölkern der Sowjetunion erschienen ,unter anderemetwa Idel-Ural " desOrientalisten BertoldSpuler26.

Seit Beginn des Zweiten Weltkrieges , als die deutschen Angriffspläne auf die Sowjetunion konkretere Gestalt annahmen , wurde von Mende sowohl in wissenschaftlicher , als auch in

Leiter der Auslandshochschule vom29 . 11 . 1937 , 9 .3 .1938[Korrespondenz von Mende ,jeweilsvonv .Mende

signierte Durchschläge] .Auf die genaue Funktion Temirs inspäterer Zeit wird weiter unten eingegangen.Unter den von Temir undKajum ausgewerteten Publikationen befand sich mitKzyl Tatarstan" [so in der

Korrespondenz und den Schriften von Mendes ,der eigentliche Name der Publikation war Kyzyl Tatarstan"=

Rotes Tatarstan]auch eine wolgatatarische Publikation;von Mende nutzte sie-wiederum mit Temirs Hilfe-als

Beispielmaterial fllrseineUntersuchung desEinflusses desRussischen auf das Tatarische( vgl.vonMende ,

Gerhard:Die willkürliche russischeBeeinflussung des Tatarischen als Folge derSowjetsprachenpolitik , in:

Wörter und Sachen NF 1 ( 1938 ),S . 297 - 303 ) ;siehe auch Temir , Ahmet :60Yil Almanya ( 1936 - 1996 ).Bir yabancimn göztl ile Geziler- Arastirmalar- Hatiralar. Sechzig Jahre Deutschland( 1936 - 1996 ). Reisen-

Forschungen -Erinnerungen mit den Augen eines Fremden( T .C .Kultur Bakanhgi Yaymlan 2106 ) ,Ankara 1998

[ i-F .: Temir ,Erinnerungen], S . 164.

24 Von Mende ,Gerhard: Die Völker der Sowjetunion (Völker undStaaten ) ,Reichenau/Saaleo .J .[ 1938 ], S .7

[ i.F .:von Mende 1938b ],

25Dass die sowjetischen Juden in „Die Völker der Sowjetunion" ineinem eigenen Kapitel behandelt werden ,in

dem eine große Anzahl der gängigen antisemitischen Vorurteile wiederholt wird , sei hiernur derVollständigkeit

halber erwähnt.

26 Spuler , Bertold : Idel - Ural .Völker und Staaten zwischen Wolga undUral , o .O . 1942.

(25)

politischer Hinsicht wichtiger für das Dritte Reich ". Im April 1940 wurde er zum ordentlichen Professorfürdie Geschichteder sowjetischen Völkeran der Berliner Universität ernannt, und einer Berufung zum ordentlichen Professor an der Universität Posen ein Jahr später kam er nur deshalb nicht nach , weil die Berliner Universität beim zuständigen Ministerium unter Hinweis auf die Wichtigkeit seiner Forschungen um Aufschub der Berufung gebetenhatte 27.

Auch die Politik wurde auf von Mende aufmerksam : Als das Auswärtige Amt in der Vorbereitungsphase des Angriffs plante, ein Russlandkomitee" zur wissenschaftlichen Begleitung seiner Angriffspläneaufzubauen ,war neben anderen Expertenauch er alsMitglied vorgesehen . Da jedoch ein Großteil der vorgesehenen Mitglieder bereits in anderen Dienststellenarbeitete ,bliebdas Komiteeein Torso28.Als imJuli1941,unmittelbarnach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion , aus dem Zentralen politischen Büro für dieOst- Arbeit" das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete " (kurz Ostministerium") gebildet wurde, holte Georg Leibbrandt , der mittlerweile zum Amtsleiter bei Rosenberg avanciert war,von Mende als Leiter der Abteilung Kaukasus in die neueInstitution .Später sollte von Mende eine entscheidende Rolle als Beauftragter für die Nationalvertretungen der Sowjetvölkerspielen29.

1. 4 ) Die

deutschen

Institutionen und die Kriegsvorbereitungen

:

1 .4 . 1 )DieOstpropaganda des Propagandaministeriums

Die aufdie Sowjetunion ausgerichtete Abteilung Ostpropagandades Propagandaministeriums , für die auch der oben erwähnte AhmIdris arbeitete ,wurdeimFrühjahr1941 umorganisiert .In dieser Zeit wurde als Zentrum für die Propaganda unter den Ostvölkern die Dienststelle Vineta" gegründet , die zunächst aus Tarnungsgründen noch als Abteilung der Anti¬

Komintern ", eines seit den Dreißigerjahren aktiven Dachverbandes antikommunistischer Vereinigungen in Deutschland , geführt wurde30. Später erhielt die Vineta" den Charakter

27Giljazov 1996b , S . 55.

28 Daliin , S . 40 -42 ,558f.;von zurMühlen , S . 68.

2' Zur Geschichte des Ostministeriums und seiner Struktur siehe von zurMühlen , S . 75 - 80 ; Daliin , S . 84 -95 .Zu von Mendes weiterer wissenschaftlicherKarriere , die indieser Arbeit keine größere Rollespielt , siehe

Camphausen, S . 55.

30 Die „ Anti -Komintern"war ebenfalls nur dem Schein nach ein von staatlichen Strukturenunabhängiger

Verband. Er war 1933vonfuhrenden MitarbeiterndesPropagandaministeriumsals Vorfeldorganisation

(26)

n eines eigenenVereins ;ihre institutionelle Zugehörigkeit zum Propagandaministerium wurde

[t aber schon daran deutlich, dass Finanzierung und Kassenprüfung von ihm vorgenommen

ir wurden31.

n Die Vineta"hatte bereitsvordem Überfallauf die Sowjetunionkonkrete ,auf diesowjetische

:r Bevölkerung gerichtete Propagandaaktivitätenentfaltet .Bereits unmittelbar vor dem Angriff hatten etwa zehn bis zwölfRussen,Ukrainer ,Kaukasier und Angehörige von Turkvölkern in

!r Klausur Propagandaschallplatten hergestellt , in denen die Soldaten der Roten Armee zur n Desertion aufgefordert wurden32. Nach dem Überfall wurden im Propagandaministerium d Rundfunkredaktionen für die verschiedenen Völkerschaften der Sowjetunion gebildet n (insgesamt wurde in 18 Sprachen gesendet), die zum einen in die Sowjetunion selbst n hineinwirken ,zum anderen aber die Kriegsgefangenen und die Legionäre auf deutscher Seite

t- beeinflussensollten.Flugblätter , Filme,eigene Künstlertruppen sowie Parteiredner sollten im

') besetzten Teil der Sowjetunion die Lage destabilisieren33. Zwar produzierte die Vineta"

g einen großen Teil der Propandamaterialien für die Wehrmacht (bis Kriegsende ) und das

:r Ostministerium(bis 1943) 34,doch war dies nicht gleichbedeutend mit einem großen Einfluss

;r auf die Ostpolitik : lediglich die Rundfunkredaktionen in den Sowjetsprachen, deren Redaktionen von den Nationalvertretungenim Ostministerium bestücktwurden,spielten eine gewisseRolle 35.

1. 4 . 2 . )Die Politik des Auswärtigen Amts

s, Auch das Auswärtige Amt hatte sich bereits länger mit der Lage in der Sowjetunion befasst

[n und versucht, selbst Einfluss auf die Planung des Angriffes zu nehmen. Doch die anderen le deutschenInstitutionen ,vor allem Alfred Rosenberg mit seinemAmt ,blockten diese Ansätze

ti- ab.Aus diesem Grund spielte das Außenministerium lange Zeit keine wichtige Rolle in der

er -- ---

gegründet worden ,siehe Buchbender, Ortwin : Das tönende Erz .Deutsche Propaganda gegen die Rote Armeeim er Zweiten Weltkrieg (Schriftenreihe der Studiengesellschaft für Zeitprobleme/Militärpolitische Schriftenreihe13),

Stuttgart 1978[ i.F .:Buchbender] , S . 40.

31Bericht Uber dieKassen -und Wirtschaftsprüfung bei der Vineta vom7 .5 . 1943 ,BAR 55 / 1296 ;Die Satzung

der Vineta findet sichinBuchbender, S . 36 -40.

32 Von zurMühlen , S . 166.

Zu 33Aufzeichnung Eberhard Tauberts [Leiter der Dienststelle Vineta ]vom31 . 12 . 1944 , BA , R 55 /450 ;sieheauch

:he von zur Mühlen , S. 166. Auf die wolgatatarische Rundfünkredaktionwird im Abschnitt zumTatarischen

Kampfbund kurz eingegangen.

,er 34Buchbender, S . 33. Ion

I

(27)

deutschen Ostpolitik . Erst im April 1941 versuchte es, ein Russlandkomitee" mit den wichtigsten Sowjetunion -Expertenaufzubauen ,unter anderem sollten von Mende und Georg Leibbrandt hierfür rekrutiert werden. Diese waren jedoch bereits von anderen Dienststellen wie demneu entstehenden Ostministerium und der Wehrmacht verpflichtetworden.Auch die Versuche des AuswärtigenAmtes,eine eigene Propagandafür die Soldaten der Roten Armee aufzuziehen , verliefen im Sande, da die Konkurrenzinstitutionen Ost- und Propagandaministerium mittlerweile eigene Unternehmungen gestartet hatten, die in diese Richtungzielten3*.

Besondere Aktivitäten entfaltetedas Auswärtige Amt durch seinen Botschafter inderTürkei, Franz vonPapen.Von Papenversuchte ,durch Beeinflussung der turkvölkischen Emigration und bekannter Panturkisten in der Türkei das Land zum Kriegseintritt auf deutscher Seite gegen die Sowjetunionzu bewegen 37 .Mehrmals sandte von Papen Beurteilungen prominenter turkvölkischer Emigranten aus der Sowjetunion nachBerlin.Auf seine Veranlassung hin war imHerbst 1941NuriPasa nach Berlingereist,um dieMöglichkeitenfürpanturkistische Pläne zu sondieren . Nuri war als Bruder Enver Pasas, der im Ersten Weltkrieg türkischer Kriegsminister gewesen und für seinen Panturkismus bekannt war, bei Emigranten der sowjetischen Turkvölker in der Türkei hochgeschätzt. Seine Gespräche mit führenden Beamtendes Auswärtigen Amtesbrachten jedoch keine konkretenErgebnisse ,da man seinen Plänen mit Misstrauen begegnete38. Wiederum auf Initiative von Papens besichtigten die beiden türkischen Generäle Hüsnü EmirErkilet39und Ali Fuad Erden im Oktober 1941 auf einer Inspektionsreise Südabschnitte der Ostfrontinder Ukraineund vor allem auf derKrim . Erden und Erkilet sprachen auf dieser Reise mit turkstämmigen Gefangenen in Kriegsgefangenenlagern und verschiedenen deutschenOffizieren . BesondersErkilet, der die Reise als Privatmann angetreten hatte und gewissermaßen als inoffizieller Vertreter

35 Auf die wolgatatarische Radioredaktion imOstministerium wirdimzweiten Teil eingegangen.

36Von zurMühlen , S . 69 .Für einen Überblick Uber die Propagandabemühungen des Außenministeriums siehe

Buchbender, S . 33 - 51 und passim .

37Von zurMühlen , S. 68 -70;Daliin , S. 232 -234, sowieGiljazov, Iskander:Pantjurkizm, Panturanizmi

Germanija, in :Etnograficeskoe Obozrenie 2 ( 1996 ) , S . 92 - 103 [ i.F .:Giljazov1996a ],

38 Vgl .die Einschätzung desUnterstaatssekretärs Woermann zuNuriPasa vom 26 .9 . 1941 ,Zentralarchiv des

Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Berlin[ i.F .:BStU -Zentralarchiv], RHE 28 / 88 /SU Bd. 3, 66 - 73; von zurMühlen , S. 83. Zuden Verhandlungenvon Papens mit hohen türkischen Stellenin den Jahren 1941 und 1942 sowie zurHaltung

türkischer Politikerkreise sieheKrecker , Lothar :Deutschland und die Türkei imZweiten Weltkrieg (Frankfurter

wissenschaftliche Beiträge 12 ) ,Frankfurt/ M . 1964 , S . 209 -222[ i.F .: Krecker ],

39 Erkilet sollteimJahre1944 zusammen mitu .a . A .TUrkes. undZekiVelidi ToganzudenAngeklagten im

großen Turani ; nus -Prozessin der Türkei gehören ( s.Krecker ,S . 221f.). Erkilet fasste dieErgebnisse seiner

Reise , Uber die auch der türkische Präsident informiert wurde , in einem Buch zusammen: Erkilet ,Hüsnü Emir:

Sark cebhesinde gördüklerim,Istanbul 1943[ i.F .: Erkilet ],

(28)

krimtatarischer Emigrantenkreise in der Türkei agierte, interessierte sich für die deutschen Pläne in Bezug auf die Krim. Erkilet und Erden verlangten von den deutschen Stellen eine bessere Behandlung der turkstämmigen Kriegsgefangenen und klärten die Militärs über die nahe Verwandtschaft zwischen den Turkvölkern sowie die sich nach ihrer Meinung daraus ergebenden Folgerungen auf40. Später sprachen die beiden mit turkstämmigen Kriegsgefangenen ,nahmen deren Wünsche auf und leiteten sie an deutsche Stellen weiter41. Im deutschen Hauptquartier wurden die beiden Generäle von Hitler empfangen , der ihnen erläuterte , dass es schon aus strategischen Gründen notwendig sei, die Sowjetunion zu zerstören42 .Erdensund vor allem Erkilets Anregungen sollen den entscheidenden Anstoß zur Bildung von Legionen aus Kriegsgefangenen gegeben haben43. Nach der Rückkehr in die Türkei gelang es Erkilet, durch Briefe an das deutsche Außenministerium die Einreiseerlaubnisfür die Krimtataren Edige Kirimal und Müstecip Ülküsal nach Deutschland zu erreichen 44 .Kirimalund Ülküsal reistenimDezember nach Berlinund begannen ,zunächst noch inoffiziell , mit der Arbeit als krimtatarische Interessenvertretung, aus der die krimtatarische Nationalvertretung hervorgehensollte 45.

Die Mitwirkung des Auswärtigen Amtes an der deutschen Ostpolitik wurde durch den Konflikt zwischen ihm und dem Ostministerium abrupt beendet : Nachdem sich Alfred Rosenberg über die Kompetenzüberschreitungen des Außenministeriums in der Ostpolitik direktbei Hitler beschwerthatte , verbot dieser im Mai1942 den Diplomaten jegliche weitere Beschäftigung mit die Sowjetunion betreffenden Angelegenheiten46. Eine Nachwirkung der Politik des Außenministeriums dürfteder Aufenthalt des baschkirischstämmigen Panturkisten und Historikers Zeki Velidi Togan 1943 in Deutschland gewesensein .Togan,der von 1925 bis 1931 sowie seit 1939 in der Türkei lebte ,nahm in Kriegsgefangenenlagern Kontakt mit baschkirischen Kriegsgefangenen auf. Offensichtlich versuchte er, sich an der

" Erkilet , S . 126 - 129.

41 Erkilet , S . 196 -203.

42Der Bericht zum Empfang durch Hitler findet sich ebenda, S . 216 -229.

43 Sowurde der Zusammenhang jedenfalls vonv .Mende dargestellt, in ders .,Erfahrungen mit Ostfreiwilligen in

der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges, in :Auslandsforschung1,Darmstadt1952 , S .24 - 33, hierS .25[ i.F .:von Mende 1952 ] ;siehe auchDaliin , S .234 sowie von zur Mühlen, S . 84.

44Einerder BriefeErkilets vom10 . 11 .1941 an den Gesandten vonHentig findet sichinBStU -Zentralarchiv, RHE28/ 88 /SUBd . 1, Bl .41f.

4'Von zur Mühlen, S.120 .Auf die Tätigkeit von Kirimal und Ülküsal kann hierimEinzelnen nichteingegangen

werden . Kirimal hatseineErfahrungen in sein BuchDer nationale Kampf derKrimtürken"(Emsdetten1952) eingebracht, Ülküsal seine Berliner Eindrücke in seinen ErinnerungenlkinciDUnya Sava $inda1941 -1942 Berlin Hatiralari"(Istanbul1976)[ i.F.Ülküsal]z -sammengefasst. AnPunkten, an denen Ülküsalkrim- und wolgatatarische Belange gemeinsam diskutiert,werdeichauf seine Beobachtungen eingehen.

46Von zur Mühlen, S . 71 - 75 ; Dallin , 135 - 137.

(29)

Propagandaarbeit unter den turkstämmigen Kriegsgefangenen aus der Roten Armee zu beteiligen 47.

1. 5 ) Die Entwicklung seit dem Überfall auf die Sowjetunion

Als sich die nationalsozialistische Führung Anfang 1941 mit der konkreten Planung des Angriffsauf die Sowjetunionbefasste,war aneinennur wenige Wochen dauernden Blitzkrieg gedacht . Alfred Rosenberg , der nach dem Angriff im Juni des Jahres als Minister für die besetzten Ostgebiete mit der zivilen Verwaltung der eroberten Gebiete beauftragt werden sollte,hatte bereits Plänefür deren Zukunft ausgearbeitet.Er ging hierbeivon dem Grundsatz

aus, dass ein Sicherheitsgürtel von scheinunabhängigen Staaten die russische Nation einzudämmen habe48. Vor dem Angriff auf die Sowjetunion hatte Rosenberg jedoch noch keine konkreten Schrittezur Verwirklichung dieser Kolonialpläneunternommen .

47Togan, Zeki Velidi : Hätiralar. Türkistan ve diger Müslüman dogu Türklerinin milli varhk ve kültür mücadeleleri ,Istanbul1969S . 219,557 .Über denkonkretenInhalt seines Deutschlandbesuchs1943schweigt sich Togan allerdingsaus. Auch in den Akten des Auswärtigen Amts sindkeinerl <i Hinweise auf Togans Aufenthalt zu finden( ich dankeDr .Marsil Farkhshatov für diese Auskunft).

48 Daliin , S . 46 -49.

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