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eGov Präsenz: Daten, nichts als Daten!

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«eGov Präsenz» 2/2014 Daten, nichts als Daten!

nichts als Daten!

«Ich weise auch immer gerne darauf hin, dass Google wahrscheinlich mehr über Ihren Gesundheitszustand weiss als Ihre Ärztin oder Ihr Arzt: welche Websites Sie anschauen, welche Tweets Sie machen, auch welche Telefongespräche Sie führen.»

 ‣ S. 17

«Big Data Governance»

Tagung für Informatik und Recht 5. November 2014

Berner Rathaus

 ‣ 40

eGov Fachzeitschrift des E-Government-Instituts Präsenz 2 | 2014

Daten,

Berner Fachhochschule E-Government-Institut

Brückenstrasse 73/CH-3005 Bern +41 31 848 34 30

e-government@bfh.ch e-government.bfh.ch

«eGov Präsenz»

Fachzeitschrift des E-Government-Instituts der Berner Fachhochschule 14. Jahrgang

Erscheint halbjährlich in einer Auflage von 2500 Exemplaren ISSN 1424-9715 (gedruckte Ausgabe)

ISSN 1424-9723 (elektronische Ausgabe) Kostenloses Abo bestellen: egov-praesenz.ch

Herausgeber: Prof. Dr. Reinhard Riedl Chefredaktion: Anja Belfort

Gesamtherstellung: Stämpfli AG, Bern Fotografen: Bettina Diel, Margit Berger Titelbild: Fotolia.com Praxispartner

Studium

– Bachelor of Science in Betriebsökonomie (Business Administration) – Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik

– Master of Science in Business Administration – Master of Science in Wirtschaftsinformatik Weiterbildung

– EMBA Leadership und Management

– EMBA mit Vertiefung in Controlling & Consulting – EMBA mit Vertiefung in Health Service Management – EMBA mit Vertiefung in Human Resources Management – EMBA mit Vertiefung in IT-Projektmanagement – EMBA mit Vertiefung in Public Management – Diploma of Advanced Studies DAS

– Certificate of Advanced Studies CAS – Fachkurse

Dienstleistungen

– Analysen und Vergleichsstudien, Beratung und Coaching – Regulierungsfolgenabschätzungen, Projekt- und Programmaudits Angewandte Forschung

– Nationale und internationale Forschungs- und Pilotprojekte – Anwendungsorientierte Projekte mit Praxispartnern – Moderation von Standardisierungsvorhaben – Koordination von Innovationsprojekten

swiss business software since 1988

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Forschungspartner Medienpartner

Informationen zum Partnerschaftskonzept des E-Government-Instituts unter www.e-government.bfh.ch/praxispartner

Wir danken

unseren Partnern

swiss business software since 1988

für die freundliche Unterstützung der Fachzeitschrift «eGov Präsenz», der Tagungen eGov Fokus und des eGov Newsletters.

Praxispartner

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Leitartikel

Die Datenverwaltung ist das Fundament

des E-Governments – und in Zukunft des «E»

Am Anfang der praktischen Informatik- nutzung stand die elektronische Datenver- arbeitung, kurz EDV genannt. Schon vor einem halben Jahrhundert entstand so die erste E-Government-Vision: Man träumte davon, dass Daten beliebig dort verfügbar wären, wo sie gebraucht würden. Kein Su- chen nach Dossiers in staubigen Archiven, kein Durchforsten von Journalen und Regis- tern, sondern Dokumente und Daten auf Knopfdruck! Das bewegte einst die Fantasie der innovativen Vordenker in der Verwal- tung

Wie immer in der Geschichte der Infor- matik überschätzte man auch in diesem Fall die Geschwindigkeit, mit der diese Vision Wirklichkeit werden würde – und unter- schätzte gleichzeitig die gewaltige Wirkung einer teilweisen Realisierung. Bis heute ist der Traum einerseits viel weniger und ande- rerseits viel mehr in Erfüllung gegangen, als man es sich in den 60er-Jahren vorstellen konnte. Das Problem der Datenbeschaff ung besteht nach wie vor, aber auf gänzlich an- derem Niveau als damals. Als Folge des gleichzeitigen Siegeszugs der Informatik und moderner Organisationskonzepte in der Wirtschaft und der Gesellschaft ist die Ver- waltungsarbeit beträchtlich komplexer und vielfältiger geworden. Die Ansprüche an die Leistungen der Verwaltung haben sich stark erhöht, und die eins- tige Ordnung des verwaltungsinternen Arbeitens hat sich weitge- hend aufgelöst. Alles hängt heute mit allem zusammen, und über- all ist Zusammenarbeit gefordert. Entsprechend ist der Informationsbedarf wesentlich anspruchsvoller und kann auch mit modernsten Informatikmitteln nicht befriedigt werden.

Institution ersetzt Vision

Trotzdem ist die alte Vision verblasst. Heute führt das Thema Datenverwaltung im E-Government ein Schattendasein (ausgenom- men als Open Government Data). Die aktuellen Zukunft sdiskussi- onen im Schweizer E-Government formulieren im Vergleich beschei- dene Ziele (rechtliche Voraussetzungen existieren, ausgewählte Verwaltungsprozesse können gut online abgewickelt werden). Und obwohl die Visionen von einst noch nicht umgesetzt worden sind, wichtige Projekte von heute in einer Krise stecken und bisherige Promotoren sich vom E-Government abwenden, diskutieren wir derzeit hauptsächlich darüber, wie in Zukunft das E-Government organisiert werden soll. So ist das Verschwinden der Daten aus dem E-Government ein bisschen Sinnbild dafür, dass Visionen out und Institutionen in sind. Wir haben in den letzten Jahren zwar sub- stanzielle Fortschritte gemacht, doch in Zukunft drohen diese ver- waltet und archiviert zu werden.

Schweizer Schlüsselprojekte wie das nationale Umzugsportal und die Entwicklung von IAM-Lösungen sind zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Editorials gestoppt, andere Projekte wie die Ge- schäft sprozess-Austauschplattform verfolgen spezielle Geschäft s- modelle (Fachhochschulen sollen z.B. dafür bezahlen, dass ihre Studierenden mitarbeiten dürfen). Und auch wenn – wovon ich überzeugt bin – eine Reaktivierung der Aufb auarbeiten der letzten Jahre bald gelingen wird, bleiben grundsätzliche Herausforderun- gen bestehen, z.B. die Durchsetzung der eCH-Standards im Bund – und im Bereich Organisation der Aufb au von Basisdienstanbietern (das visionärste der aktuell diskutierten Ziele).

E-Government grundsätzlich betrachtet

Es ist also höchste Zeit, wieder einmal über das Fundament des E-Governments zu sprechen. Aus betriebswirtschaft licher Sicht gibt es drei grundlegende Optimierungstheorien für die Arbeitsausfüh- rung, die auch für die Verwaltung anwendbar sind. Die Transfor- mationstheorie basiert auf dem Prinzip: Arbeit ist in der Regel so komplex, dass man sie zuerst in kleinere Teile zerlegen muss, bevor man sie optimieren kann. Das hat zum modernen Geschäft sprozess- management geführt. Soll dies organisationsübergreifend funk- tionieren, braucht es Datenstandards. Die Flusstheorie zielt darauf ab, alle Tätigkeiten zu eliminieren, die keinen Wert schaff en. Das ist eines der Hauptziele der modernen Datenverwaltung und hat zur Einführung von Registern geführt. Die Kundenwerttheorie schliesslich möchte Arbeit so organisieren, dass der Wert für den Kunden maximiert wird. Dies wird durch One-Stop- und No-Stop- Portale umgesetzt, wofür eine gute Datenverwaltung Voraussetzung ist.

In der Wirtschaft sinformatik wiederum unterscheidet man 2×2-Betriebsmodelle für verteilte Organisationen, je nachdem, wie weit Prozesse standardisiert und Daten geteilt werden. Im föderalen Schweizer E-Government scheint derzeit der Trend in Richtung Replikationsmodell mit Prozessvereinheitlichung zu gehen. Das wird über kurz oder lang den Widerstand derer provozieren, die föderale Autonomie für ein wertvolles Gut halten. Viel sinnvoller scheint mir eine Entwicklung Richtung Koordinationsmodell mit gemeinsamer Datenhaltung in einer integrierten Registerland- schaft . Das wahrt die Prozessautonomie der Akteure und schafft zusätzlich Synergien dadurch, dass es Redundanzen bei der Infor- mationsbeschaff ung eliminiert.

Aus technischer Sicht ist die Sache ohnehin eindeutig. Eine pro- fessionelle Integration existierender digitaler Ressourcen beginnt mit der Datenintegration. Erst danach erfolgen (in dieser Reihen- folge) die Applikationsintegration, die Geschäft sprozessintegration und die Integration auf Ebene des Benutzerzugriff s. (Nur beim Neu- bau auf der grünen Wiese geht man umgekehrt vor.) Man kann also zusammenfassend sagen: Politisch und technisch stellt die Opti- mierung der Datenverwaltung die Basis für erfolgreiches Vorgehen dar, organisatorisch muss sie nicht zwingend der erste Schritt sein, aber es spricht auch nichts dagegen. Sie sollte deshalb wieder ins Zentrum des E-Governments rücken.

Prof. Dr. Reinhard Riedl Herausgeber

«eGov Präsenz»

Wissenschaft licher Leiter Fachbereich Wirtschaft Berner Fachhochschule reinhard.riedl@bfh .ch

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2

Leitartikel

Standards und Designprinzipien

Will man die Datenverwaltung organisationsübergreifend opti- mieren, braucht man unbedingt Standards. Prioritär geht es dabei um die Schaffung von semantischen Standards, sekundär um die Standardisierung der Schnittstellen zu Prozessen und Diensten.

Ein Beispiel für den Erfolg der Standardisierung in der Schweiz ist die Informationsaustauschplattform Sedex, über die mittlerweile zehn Millionen Nachrichten pro Jahr fliessen, Tendenz stark stei- gend.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich an fünf grundlegenden De- signprinzipien zu orientieren: Das Prinzip «Höchstens einmal!»

besagt, dass Bewohner und Unternehmen nur ein Mal der Verwal- tung einen Datensatz über sich abliefern müssen, unabhängig da- von, mit welchen verschiedenen Behörden sie interagieren. Das verlangt ein Datenteilen der Behörden. Die Zielvision ist hier, dass Register desselben Typs harmonisiert werden (weitgehend bereits gelungen in der Schweiz), dass danach die Register untereinander integriert werden, sodass es keine widersprüchlichen Daten mehr gibt und Daten grundsätzlich in hoher Qualität vorhanden sind (angesichts der komplexen Registerlandschaft der Schweiz gibt es hier noch viel zu tun), und dass schliesslich die eID in die Register- landschaft so integriert wird, dass ein voll integriertes eID-Öko- system entsteht (so wie es im Ausland teilweise bereits realisiert wurde).

Das Prinzip «Ich kontrolliere meine digitale Identität!» besagt, dass ich weiss, wer welche Daten über mich hat, dass ich das weit- gehend selber bestimmen kann (ausgenommen eine qualitativ hochwertige und vor unberechtigtem Zugriff geschützte Datenhal- tung im staatlichen eID-Ökosystem) und dass ich Daten sowohl löschen als auch zurückfordern kann. Letzteres bedeutet insbeson- dere, dass die grossen Datensammler, die mit meinen Daten subs- tanzielle Gewinne machen, mir meine Daten so liefern müssen, dass ich sie auch anderen zur Nutzung geben kann, wenn dies in meinem Interesse liegt. Beispielsweise könnte ich so meine Daten bei Goo- gle und Facebook in eine Big-Data-Genossenschaft im Gesundheits- wesen einbringen, wie sie der Schweizer Verein Daten und Gesund- heit plant.

Das Prinzip «Open Life Cycle» besagt, dass die Datenhaltung über den ganzen Lebenszyklus der Daten und sämtliche Anwen- dungen hin optimiert wird, statt dass für jeden Datendienst lokale Geschäftsmodelle entwickelt werden – oder dass Dienste gar nie zustande kommen, weil es trotz volkswirtschaftlich gewaltigem Nutzen kein kommerzielles Geschäftsmodell mit gutem ROI für sie gibt.

Das Prinzip «Qualitätstransparenz» besagt, dass zu allen Ver- waltungsdaten, Informationen darüber bereitgestellt werden, wie hoch ihre Qualität ist. Dies verhindert, dass Daten minderer Zuver- lässigkeit als unbedingt glaubwürdig behandelt werden, wie auch umgekehrt, dass bei Daten von hoher Zuverlässigkeit überflüssige Prüfungen durchgeführt werden. Qualitätstransparenz ist eine notwendige Basis, um wirklich offene Datenökosysteme rund um die Verwaltung zu realisieren.

Das Prinzip «Strategische Steuerung» besagt, dass die Datenver- waltung strategisch gestaltet wird und nicht das Ergebnis von Zu- fälligkeiten ist. Es gibt in der Datenlandschaft viele Abhängigkeiten, die sich je nachdem äusserst schädlich oder sehr nützlich auswirken

können. Um die Komplexität so zu handhaben, dass die Kosten im Rahmen bleiben und der Datennutzungswert maximiert wird, braucht es eine Architektur und eine Strategie. Mit dem Aufkommen von Open Data und Big Data gewinnt die strategische Steuerung weiter an Bedeutung.

Zum Schluss einige böse Gedanken. Erstens: Wer Datenverwal- tung für nebensächlich hält, der schaue nach Grossbritannien (kei- ne Einwohnerregister, dafür viel Geheimdienst und OGD durch in Taxis verlorene CDs). Zweitens: Eine gute Datenverwaltung verlangt, dass man das Verwaltungsgeschäft nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch gut versteht. Inspiriert von den Amerikanern setzen wir deshalb «Embedded Researchers» ein. Drittens ein alter Witz über Gott und Nietzsche in neuem Gewand: Das E-Government und das Government streiten sich. «Bald bist du tot, und es gibt nur mehr mich, weil das ‹E› selbstverständlich ist», sagt das Government triumphierend zum E-Government. Da spaltet sich das «E» ab und meint: «Ihr seid beide so was von gestern ...»

Und der Big-Data-Hype? Big Data steht komplementär zum Ver- fassen eines Editorials: Es interpretiert, was zwischen den Zeilen, Pardon, Daten steht und leitet einen Sinn daraus ab, für den dann der Nutzer die alleinige Verantwortung trägt. Alles Weitere am 5. November bei der Tagung Informatik und Recht zum Thema «Big Data Governance» im Berner Rathaus.

Herzlichst, Ihr Reinhard Riedl

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«eGov Präsenz» 1/15:

Finanzierung und Steuerung im E-Government

Die nächste Ausgabe der «eGov Präsenz» beschäftigt sich mit dem Thema «Finanzierung und Steuerung im E-Government». Wir laden Sie ein, bis zum 19. August 2014 einen Abstract zu diesem Thema einzureichen und bei angenommenem Abstract einen zwei- bis dreiseitigen Artikel zu verfassen. Die Ausgabe 1/15 erscheint im Februar 2015, Redak tionsschluss ist der 21. Oktober 2014.

Als Autorin oder Autor bietet Ihnen die Fachzeitschrift «eGov Präsenz» die Möglichkeit, Ihren Beitrag einem inter- nationalen Publikum von Entscheidungstragenden in Politik, öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft zu präsen- tieren. Ihr Beitrag kann die folgenden, aber auch themenverwandte Aspekte behandeln.

Mögliche Themenfelder:

− Innovative Finanzierungsmodelle für E-Government-Projekte

− Geschäftsmodelle für E-Government-Dienste

− Lösungsentwicklung durch Open Source Communities

− Kostenreduktion durch E-Government in der Verwaltung

− Nutzenbewertung und wertorientierte Priorisierung von E-Government-Vorhaben

− Kooperation zwischen Auftraggebern und Projektleitung

− Führung und Kontrolle von E-Government-Programmen durch die Geschäftsleitung

− Governance-Modelle für die Erbringung von Shared Services

− Interne Kontrollsysteme und Risikomanagement für E-Government

− Einsatz von Steuerungs-Frameworks im E-Government

Annahme der Artikel: Es werden Beiträge in den Kategorien Forschung/Analyse, Praxis Schweiz und Praxis international angenommen. PR-Artikel sind nur in Form eines Inserates zugelassen. Aussagen sollen, wo immer möglich, mit Praxisbeispielen illustriert werden. Weitere Kriterien für die Annahme sind Klarheit, Innovations- grad und Aktualität. Es besteht keine Garantie für die Aufnahme eines Beitrages in die Zeitschrift.

Sprache: Es werden Artikel in deutscher, französischer und englischer Sprache akzeptiert.

Einreichung der Beiträge: Bitte senden Sie Ihre Vorschläge (Abstract, max. 1000 Zeichen) bis am 19. August 2014 an egov-praesenz@bfh.ch

‣ E-Government-Institut

for Papers

Call

Inserat Call for Papers nach CI A5_angepasst_KG.indd 2 05.06.14 15:32

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Inhalt

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Magazinteil

Leitartikel

 1 Die Datenverwaltung ist das Fundament des E-Governments – und in Zukunft des «E»

Reinhard Riedl Zu dieser Ausgabe

 6 Veränderung / Anja Belfort, Berner Fachhochschule Chefredaktorin eGov Präsenz  8 Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe

Interview

12 «Gleiches sollte gemeinsam entwickelt und betrieben werden»

Daniel Gruber

17 «Wir sind in eine Leibeigenschaft reingeschlittert.»

Ernst Hafen

20 «OGD ist der erste Schritt der Öffnung hin zu mehr Partizipation und Kollaboration»

Michael Grüebler, Dr. Both, Brigitte Lutz

24 “Smart technology is essential to improve our ability to foresee developments and address current issues in a high risk society.”

Dr. Seang-Tae Kim

28 «So gesehen ist der mir wichtigste Erfolg eigentlich immer der nächste …»

Horst Hörtner

36 Datenjournalismus – wo bleiben die interessanten Geschichten?

Thomas Gees Kolumne

15 Big Data – schnell erklärt Reinhard Riedl

22 «Die ich rief, die Geister»: (Über-)Leben in der digitalisierten, virtualisierten Welt Markus Fischer

33 More matter, with less art. Shakespeare without love, but with data Prof. Dr. Jürg Römer

36 Datenjournalismus – wo bleiben die interessanten Geschichten?

Thomas Gees Veranstaltung

32 Internationales Rechtsinformatik-Symposion IRIS 2014 Erich Schweighofer, Walter Hötzendorfer

34 Swiss eGovernment Forum 2014 – von Potenzial, Kulturwandel und Toastern Prof. Dr. Ines Heer

35 Ist es mit dem E-Health in der Schweiz zu Ende?

Prof. Dr. Konrad Walser

37 Nachlese zur BPM-Konferenz in der öffentlichen Verwaltung vom 9. April 2014 in Bern Prof. Dr. Konrad Walser

38 Un rendez-vous incontournable des acteurs de la cyberadministration: le eGovernment Symposium romand

Olivier Glassey

39 eGov Fokus – Impressionen / Anja Belfort 40 Big Data: Pulverfass oder Schatzkästchen?

Timur Acemoglu E-Government Schweiz

41 Zukunft E-Government Schweiz: Visionen und Ziele / Anna Faoro

42 Datenstandards von eCH unterstützen die Zusammenarbeit aller Beteiligten im E-Government Andreas Spichiger

44 Die Drehscheibe für Behördeninformationen: eine behördenübergreifende Lösung Nadia Zürcher, Reto Brechbuehl

46 Ausbreitung von E-Government in der Schweiz: eine Übersicht / Anna Faoro

«eGov Präsenz» 2/14

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Inhalt

Fachteil

Forschung / Analyse

47 Information Governance – Informationslandschaften nachhaltig gestalten Fedor Ruckenbrod

49 Open Government ist eine Investition in die Zukunft Brigitte Lutz

52 Open Government Data für barrierefreie Anwendungen am Beispiel einer App für Blinde Prof. Dr. Eduard Klein

54 Strategisches Informatikcontrolling: interne Big Data zur Lenkung der Kräfte nutzen Michèle Mégroz, Alexander Colombi

56 Infrastrukturmanagement als Teil einer integrierten Führungsplattform für Gemeinden Stefan Agosti, Prof. Dr. Urs Sauter, Gian Rossetti, Christoph Schaller

58 Der Rechtsrahmen von Open Government Data in der Schweiz Eine Verortung

RA Dr. Christian Laux Praxis – Schweiz

61 StoryMaps: mit Geodaten Geschichten erzählen Dr. Daniela Brandt

64 Effizientes E-Government dank wiederverwendbaren Basisdiensten Werner Zecchino, Lukas Weibel

66 Daten, Daten ... Dienstleistungen!

Michael Keller, Martin Otzenberger

68 Das Register der Urkundspersonen, Anwendungs bereich für die generische Registerlösung des Bundesamts für Justiz

lic. iur. Adrian Blöchlinger, Dr. Igor Metz

70 Neuer Impuls für eine kundenorientierte Verwaltung Schweiz Dr. Alexandra Collm, Prof. Dr. Kuno Schedler

72 Datenbezug aus zentralen Registern – Chancen und Herausforderungen Viktor Geiger, Nicolina Novara

74 Dateninventar der öffentlichen Verwaltung als Grundlage für die Umsetzung von Open Government Data André Golliez

76 Integrationsplattform zur Bereitstellung ganz heitlicher Informationen:

Praxisbericht ÖREB-Kataster NW Dr. Jürg Lüthy

79 Datendrehscheiben Kanton Basel Christian Probst, Roland Kull

82 Auf dem Weg zu einer einzigartigen, hochintegrierten E-Government-Plattform Enrico Moresi, Erich Laube

Praxis – International

84 Erfolgreiche Zusammenarbeit aller Beteiligten: Bundesrat verabschiedet Open-Government- Data-Strategie Prof. Dr. Alessia C. Neuroni, Juan Pablo Lovato, André Golliez

86 Nationale Open-Data-Infrastruktur Prof. Dr. Jörn von Lucke

88 Digitale Plattform inHealth unterstützt effizient Transaktionen im Gesundheitswesen der Emirate Dr. Jens Piesbergen

91 Datenbereitstellung für Führungsinstrumente im Facility Management (FM) – Vorgehen und Tools Sebastian van Deel, Wolfgang SchneiderMuryel Calmet, Dr. Claudia Rosenbleck

Die Artikel spiegeln die persönliche Meinung des Autors/der Autorin und nicht die Meinung der Berner Fachhochschule wider.

Mitglied der Die Berner Fachhochschule ist Mitglied der European

Foundation for Quality Management, EFQM

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42

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Zu dieser Ausgabe

Veränderung

Liebe Leserin, lieber Leser

Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Davor bleibt auch die «eGov Präsenz» nicht verschont und erscheint mit dieser Ausgabe nicht nur mit einer neuen Chefredaktion, sondern auch in neuem De- sign, angepasst an den frisch konzipierten Markenauft ritt der Berner Fachhochschule.

Ab jetzt fi nden Sie ein kurzes Glossar auf ebendieser Seite und im Magazinteil eine Rubrik «E-Government Schweiz». Diese ist themenunabhängig und gibt einen Über- blick über aktuelle Projekte im Schweizer E-Government. Die Rubrik ist sowohl im Inhaltsverzeichnis wie auch im Magazin selbst farblich gekennzeichnet und damit leicht zu fi nden.

Etwas beständiger erscheint demgegenüber das Leitthema dieser Ausgabe: datenzentriertes E-Government. Auch wenn nicht promi- nent über sie gesprochen wird, sind Daten doch die Basis des E-Go- vernments. Beständig, aber mit dem Potenzial, grosse Veränderun- gen zu bewirken. Durch die innovative Vernetzung von Daten können über Big-Data-Anwendungen neue Erkenntnisse gewonnen und die Gesellschaft nachhaltig beeinfl usst werden. So widmet sich eine Vielzahl der Beiträge in dieser Ausgabe dem Phänomen «Open Data». Hierbei geht es nicht nur um Daten und Dienstleistungen, die für jeden zugänglich sind, sondern ebenso um die Konsequen- zen von transparenten Regierungen, an Entscheidungen proaktiv sich einbringenden Bürgerinnen und Bürgern und von einer da- durch veränderten direkteren Demokratie. Behandelt werden aber auch die Wiedererlangung der Kontrolle über die eigenen Daten sowie die Bemühung, aus E-Government nicht eine Ausnahme, sondern Alltag werden zu lassen. Nicht zu kurz kommen dabei die Themenfelder Register, Datendrehscheibe, Facility- und Access-Ma- nagement, Gemeindecockpit, E-Health sowie Geodaten. Freuen Sie sich also auf eine Ausgabe mit grosser Themenvielfalt.

Haben Sie noch Anregungen, oder möchten Sie selber einen Ar- tikel zum Thema «Finanzierung und Steuerung im E-Government»

schreiben? Kontaktieren Sie uns unter egov-praesenz@bfh .ch.

Nähere Angaben zum Thema der nächsten Ausgabe fi nden Sie auf Seite 3.

Ich wünsche viel Spass beim Lesen.

Die nächste «eGov Präsenz» erscheint im Februar 2015 zum Thema «Finanzierung und Steuerung im E-Govern ment». Möchten Sie diese Ausgabe als Plattform für Ihr Inserat nutzen?

Detaillierte Informationen fi nden Sie unter

egov-praesenz.ch/mediadaten, oder kontaktieren Sie uns:

egov-praesenz@bfh .ch.

Anja Belfort Berner Fachhochschule Chefredaktorin eGov Präsenz anja.belfort@bfh .ch

Glossar

Quadrupel Helix: Bezeichnet die Zusammenarbeit von Verwal- tung, Wirtschaft , Hochschulen und Zivilgesellschaft  – bekannt ist auch die Tripel-Helix, die die Zivilgesellschaft aber nicht mit einschliesst.

Silo: Ein Informationssystem, das nicht digital mit anderen ver- netzt ist.

Kataster: Eine Datensammlung mit Raumbezug, z.B. ein fl ächen- deckendes Register sämtlicher Grundstücke samt Beschreibung.

Register: Eine Aufzählung möglichst aller wichtigen Einheiten einer Gruppe mit Hinweis auf ihre Stellung im Kollektiv.

Cloud: Spezielle Form der Bereitstellung von Informations- und Rechendiensten, die auf Anbieterseite die Economy of Scale nutzt und auf Kundenseite einen bedarfsbezogenen Leistungsbezug ermöglicht.

Identity- und Access-Management (IAM): Identitäts- und Zu- griff sverwaltung in Informationssystemen – IAM ist besonders anspruchsvoll, wenn es organisationsübergreifend funktionieren soll.

Linked Data: Jedes Datenobjekt hat eine Identität, und Beziehun- gen zwischen Datenobjekten werden als RDF-Aussagen dokumen- tiert. Dies unterstützt das Suchen nach verteilter Information ebenso wie das Identifi zieren von Datenlöchern.

Big Data: Implizit in Daten vorhandene Information wird explizit gemacht und kann so für Geschäft szwecke genutzt werden.

Open Data: Bereitstellung von Daten für die Sekundärnutzung.

Linked Open Data stellt nach Tim Berners-Lee die höchste Ent- wicklungsstufe dar (5-Stern-Open-Data).

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Inserat Software AG

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Zu dieser Ausgabe

Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe

Michael Grüebler Leiter Fachbereich

«Services» bei Statistik Stadt Zürich Verantwortlich für die Etablierung von Open Data Zürich

michael.grueebler

@zuerich.ch

Dr. Wolfgang Both Senatsverwaltung für Wirtschaft , Technologie und Forschung, Berlin wolfgang.both@senwtf.

berlin.de

Thomas Gees Berner Fachhochschule Dozent

thomas.gees@bfh .ch

Markus Fischer MF Consulting Unabhängiger Berater, Projektleiter und Coach Mitglied des Wissen- schaft lichen Beirats der SATW

markus.fi scher@satw.ch

Prof. Dr. Ines Heer Berner Fachhochschule, E-Government-Institut Dozentin für Projekt- management, Managerin Praxispartner ines.heer@bfh .ch

Walter Hötzendorfer Forscher

Arbeitsgruppe Rechts- informatik

Universität Wien walter.hoetzendorfer

@univie.ac.at Timur Acemoglu

Verein eJustice.CH Geschäft sstelle timur.acemoglu

@ejustice.ch

Anja Belfort Berner Fachhochschule Chefredaktorin eGov Präsenz anja.belfort@bfh .ch

Olivier Glassey Professeur assistant IDHEAP Université de Lausanne

olivier.glassey.1@unil.ch

Anna Faoro Geschäft sstelle E-Govern ment Schweiz Kommunikations- verantwortliche anna.faoro@isb.admin.ch Reto Brechbuehl

INVERSUM GmbH, Beratung Projektleitung reto.brechbuehl

@inversum.ch

Alexander Colombi lic. oec. inform. HSG, Certifi ed Projects Director IPMA Level A CSP AG Vorsitzender der Geschäft sleitung und Partner

alexander.colombi

@csp-ag.ch Stefan Agosti

BFH TI, Institute for ICT- Based Management ICTM Wissenschaft licher Mitarbeiter stefan.aogsti@bfh .ch

Dr. Daniela Brandt Projektkoordinatorin Geoportale, Bundesamt für Landestopografi e swisstopo daniela.brandt

@swisstopo.ch lic. Iur. Adrian Blöchlinger

Selbstständiger Berater und Projektleiter Konzeption und Projekt- leitung UPReg adi.blo@bluewin.ch

Dr. Alexandra Collm Swisscom (Schweiz) AG Group Strategy & Board Services

alexandra.collm

@swisscom.com

Viktor Geiger Leiter Fachstelle Datenaustausch Kanton Aargau viktor.geiger@ag.ch Muryel Calmet Leitung CAFM-Dokumen- tationsbüro, Bundes- anstalt für Immobilien- aufgaben

muryel.calmet

@bundesimmobilien.de

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Zu dieser Ausgabe

Prof. Dr. Reinhard Riedl Herausgeber

«eGov Präsenz»

Wissenschaft licher Leiter Fachbereich Wirtschaft Berner Fachhochschule reinhard.riedl@bfh .ch Brigitte Lutz

Magistratsdirektion der Stadt Wien

Koordinatorin des Open-Government- Kompetenzzentrums der Stadt Wien Sprecherin der Coopera- tion OGD Österreich brigitte.lutz@wien.gv.at

Prof. Dr. Eduard Klein E-Government-Institut Forschungsfeldleiter Linked and Open Data eduard.klein@bfh .ch

Michèle Mégroz lic.oec. HSG, eidg. dipl.

Informatikerin CSP AG

Beraterin/Projektleiterin und Partnerin michele.megroz

@csp-ag.ch

RA Dr. Christian Laux LL.M.

LAUX LAWYERS Partner christian.laux

@lauxlawyers.ch Michael Keller

Stadt Zürich, Organisation und Informatik

Abteilungsleiter eZürich/eGovernment michael.keller.oiz

@zuerich.ch

Martin Otzenberger Stadt Zürich, Organisation und Informatik

Leiter Kommunikation martin.otzenberger

@zuerich.ch

Dr. Igor Metz Geschäft sführer Glue Soft ware Engineering AG Architekt und technischer Verantwortlicher Entwick- lung UPReg

igor.metz@glue.ch

Nicolina Novara Stv. Leiterin Fachstelle Datenaustausch Kanton Aargau nicolina.novara@ag.ch André Golliez

Dipl. Inf.-Ing. ETH itopia ag – corporate information technology Managing Partner andre.golliez@itopia.ch

Christian Probst Leiter eGov- und Daten- markt-Services Zentrale Informatik- dienste Kanton Basel-Stadt

christian.probst@bs.ch Roland Kull

Leiter Informations- und Datenbewirtschaft ung Zentrale Informatik- dienste Kanton Basel-Stadt roland.kull@bs.ch

Enrico Moresi LUSTAT Statistik Luzern Mitglied der Geschäft s- leitung, Fachverantwort- licher LuReg

enrico.moresi@lustat.ch Erich Laube

ELCA Informatik AG Senior Manager, Projektleiter LuReg erich.laube@elca.ch

Prof. Dr.

Alessia C. Neuroni E-Government-Institut Forschungsfeld- verantwortliche alessia.neuroni@bfh .ch Juan Pablo Lovato E-Government Schweiz Projektleiter «Open Government Data»

juan-pablo.lovato

@isb.admin.ch

Dr. Jens Piesbergen Netcetera

Head Strategic Business Development Middle East

& Space jens.piesbergen

@netcetera.com Dr. Jürg Lüthy

Geocloud AG Stv. Geschäft sführer juerg.luethy@geocloud.ch

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Zu dieser Ausgabe

Prof. Dr. Konrad Walser Dozent/Senior Researcher E-Government Institut Berner Fachhochschule konrad.walser@bfh .ch

Erich Schweighofer Professor

Arbeitsgruppe Rechts- informatik

Universität Wien erich.schweighofer

@univie.ac.at

Nadia Zürcher Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Projektleiterin E-Gov nadia.zuercher

@seco.admin.ch Werner Zecchino

Kanton Zürich, Staats- kanzlei, Stabsstelle E-Government Produktverantwortlicher ZHservices

werner.zecchino@sk.zh.ch Lukas Weibel

Kanton Zürich, Staats- kanzlei, Stabsstelle E-Government Produktverantwortlicher ZHservices

lukas.weibel@sk.zh.ch Prof. Dr. Kuno Schedler

Universität St. Gallen Institut für Systemisches Management und Public Governance

kuno.schedler@unisg.ch

Prof. Dr. Jörn von Lucke Zeppelin Universität The Open Government Institute (TOGI) Professor und Institutsdirektor joern.vonlucke@zu.de Sebastian van Deel

BearingPoint, Manager sebastian.vandeel

@bearingpoint.com Wolfgang Schneider

Gesamtleitung CAFM- Pilot projekt, Bundes- anstalt für Immobilien- aufgaben

schneiwberlin61

@online.de

Prof. Dr. Andreas Spichiger eCHPräsident Experten- ausschuss

andreas.spichiger@bfh .ch

Prof. Dr. Jürg Römer Fachbereichsleiter Wirtschaft

Berner Fachhochschule juerg.roemer@bfh .ch Fedor Ruckenbrod

IT Consultant AdNovum Informatik AG fedor.ruckenbrod

@adnovum.ch

Gian Rossetti BFH TI, Institute for ICT- Based Management ICTM Wissenschaft licher Mitarbeiter gian.rossetti@bfh .ch

Prof. Dr. Urs Sauter BFH TI, Institute for ICT- Based Management ICTM Forschungsgruppenleiter urs.sauter@bfh .ch

Christoph Schaller BFH TI, Institute for ICT- Based Management ICTM Wissenschaft licher Mitarbeiter

christoph.schaller@bfh .ch Dr. Claudia Rosenbleck

BearingPoint, Business Advisor

claudia.rosenbleck

@bearingpoint.com

«… und bei der nächsten Ausgabe vielleicht Sie?»

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‣Wirtschaft

E-Government-Institut

« We turn IT into Public Value ! »

e-government.bfh.ch

Value Public

FBW_Ins_Image_A4_MABA_140204_D.indd 6 04.02.14 KW6 10:16

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Interview

«Gleiches sollte gemeinsam

entwickelt und betrieben werden»

Daniel Gruber spricht über die Modernisierung der Schweizer Verwaltungsregisterlandschaft und die zukünftige Rolle der eID darin. Er möchte Vollzugsaufgaben und Infrastrukturbereit- stellung trennen und mit einer neuen Organisation für die operative Ausführung von E-Govern- ment-Projekten die föderale Zusammenarbeit im E-Government weiterentwickeln.

Interview: Anja Belfort, Reinhard Riedl

Welche Rolle spielen die Register für die Verwaltungsarbeit?

Unter einem Register ist ein Verzeichnis von Personen, Tieren oder Sachen zu verstehen; die Daten sind entweder auf unbestimm- te Dauer oder für eine definierte Zeit gespeichert. Register dienen als «Gedächtnis» oder Referenz und sind daher ein wichtiger Quell für die Verwaltungsarbeit. Die heutige meist elektronische Regis- terführung ermöglicht zunehmend einen elektronischen und, wo gesetzlich erlaubt, einen vollautomatischen Datenaustausch zwi- schen den Registern, zwischen den Registern und den Behörden oder gar zwischen den Registern und Privaten und bietet oft auch Onlineabfragemöglichkeiten für Behörden oder Private.

Wie gut sind die einzelnen Registersilos in der Schweiz miteinander integriert respektive synchronisiert?

Ein wichtiges Prinzip des schweizerischen Staates besagt, dass dort, wo die Bundesverfassung eine Aufgabe nicht ausdrücklich dem Bund zuteilt, der Kanton zuständig ist, und dort, wo die Kantonsver- fassung eine Aufgabe nicht ausdrücklich dem Kanton zuteilt, die Aufgabe von der Gemeinde zu erfüllen ist. Die schweizerische Regis- terlandschaft ist daher und auch aufgrund des historischen Werde- gangs des Staatswesens sowohl horizontal als auch vertikal extrem fragmentiert. Zusätzlich sind diese vertikalen Silos auch in sich selbst fragmentiert. Der elektronische Austausch von Daten unter den Re- gistern der Justiz hat in den letzten Jahren begonnen. In der Regel geschieht dies durch den Austausch von elektronischen Meldungen.

Synchronisationen finden nur in Ausnahmefällen statt. Hier besteht wohl eines der grössten Potenziale für eine Effizienzsteigerung.

Wo stehen die Register im Bereich der Justiz bezüglich der Informatisierung?

Die dem Bereich der Justiz zugeordneten Strafregister, Handels- register, Zivilstandsregister, Betreibungsregister (Ämter) sowie Grundbuchregister haben mittlerweile alle eine erste Phase der Informatisierung abgeschlossen. Ziel war, die traditionellen Papier- register auf Datenbanken abzubilden und dabei in den Registern mit dezentralen Datenbanken die Datenstrukturen der verschiede- nen Lieferanten von Registerlösungen zu harmonisieren. Im Straf- register und bei den Zivilstandsregistern ist es gelungen, zentrale Informatiksysteme beziehungsweise Datenbanken zu schaffen, die aber weiterhin von kantonalen Stellen geführt werden. In den an- deren Bereichen wurden die Daten und die Datenmodelle im jewei- ligen Registerbereich, teilweise auch registerübergreifend, stan-

dardisiert und harmonisiert. In einem zweiten Schritt wurden dann technische Datenaustauschformate vereinbart und oft in Form von technischen Verordnungen oder eCH-Normen für verbindlich er- klärt. Damit sind nun in vielen Bereichen die Voraussetzungen für einen systemübergreifenden elektronischen Austausch von Daten geschaffen, sofern dieser Austausch vom Gesetz vorgesehen ist.

Welche Rolle soll die eID in der Registerlandschaft spielen?

Die eID, ähnlich wie die heutige SuisseID, wird zur Voraussetzung für die elektronische Identifikation einer Person und damit auch für den Zugang zur Registerinformation. Zukünftig wird die eID staatlich herausgegeben, dies im Einklang mit der künftigen EU-Ver- ordnung über die elektronische Identifizierung und Vertrauens- dienste, die eine Staatshaftung vorsieht. Andere Komponenten wie Funktionsnachweis, Authentifizierung oder Accessmanagement können je nach Aufgabe staatlich oder privat gelöst werden.

Die vertikale und horizontale Vernetzung muss weiter vorangetrieben werden.

Wo besteht in der Schweizer Registerlandschaft der grösste Weiterentwicklungsbedarf?

Die vertikale und horizontale Vernetzung muss weiter vorange- trieben werden. Im Gegensatz zur früheren Papierwelt müssen der Ereignisort und der Aufbewahrungsort der Daten nicht mehr über- einstimmen. Eine zentrale Datenführung auf kantonaler oder gar nationaler Ebene würde in der Datenhaltung Skaleneffekte erlauben.

Anpassungen an veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen müs- sen nicht mehr landauf, landab in zig Datenbanken nachvollzogen werden. Damit gewinnt die Umsetzung der Anpassungen an Tempo, da die Entscheide nicht mehr auf kleinräumiger Ebene mit lokalen Budgethoheiten und -restriktionen fallen. Gleichzeitig würden auch die Umstellungs- und die Betriebskosten tiefer ausfallen. Auch in organisatorischer und infrastruktureller Hinsicht ergeben sich Vorteile. Registerkreise können gemäss den föderalen und regiona- len Bedürfnissen eingerichtet werden. Organisatorische Reorgani- sationen können losgelöst von der informatischen Infrastruktur beschlossen und umgesetzt werden. Die erhöhte Mobilität des Bür- gers erlaubt eine zentralere Dienstleistungserbringung, eine Kon- zentration des spezialisierten Fachpersonals und damit auch Mög- lichkeiten bei der Professionalisierung und Spezialisierung der Mitarbeitenden. Von einem besseren Know-how vor Ort profitieren letztendlich auch die Bürger und die Wirtschaft.

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Daniel Gruber

Daniel Gruber ist seit 2003 Mitglied der Geschäftslei- tung und Chef der Zentralen Dienste des Bundesamtes für Justiz. In seinen Verantwortungsbereich fällt die Informatisierung und Vernetzung der Register der Justiz in den Bereichen Handelsregister, Zivilstand, Betreibungs- und Konkurswesen, Strafregister und Grundbuch. Daneben kümmert sich sein Direktions- bereich auch um die Gesetzgebung zu Fragen wie elektronische Unterschrift und elektronische öffent- liche Beurkundung, die eID und die Vernetzung von Gerichten sowie Anwälten und Notaren.

Bilder © Bettina Diel

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Interview

Was sind generell die wichtigsten Baustellen im Schweizer E-Government? Wo liegt das grösste Weiterentwicklungs- potenzial?

Es bestehen sehr viele Ideen und Projekte, die gemeinschaftlich genutzt werden könnten. Es fehlt dafür jedoch ein geeigneter Be- treiber, der sie als Serviceangebot zur Verfügung stellt. Aus unserer Sicht sollten sich Bund und Kantone überlegen, einen gemeinsamen Organisationsträger zu gründen, der im E-Government eine ähnli- che Funktion haben könnte wie die SBB für den öffentlichen Verkehr oder die Post für die Briefzustellung. Wir arbeiten unter dem Titel eOperations an einem solchen Konzept.

Es bestehen sehr viele Ideen und Projekte, die gemeinschaftlich genutzt werden könnten.

Was ist das langfristige Ziel von eOperations?

Eine Organisation aufzubauen, die im öffentlichen Eigentum steht und gemeinschaftliche Projekte von Kantonen oder Bund und Kantonen operativ trägt. Sie würde viele offene Fragen lösen, die heute bei der Zusammenarbeit über territoriale oder föderale Gren- zen auftauchen und in jedem Einzelfall mühsam von Neuem gelöst werden müssen.

Woran würde der einzelne Bürger, Unternehmer oder Gemeindepräsident den Nutzen von eOperations erkennen?

Einerseits könnten Kosten eingespart werden und andererseits könnte sich die Wirtschaft oder der Bürger auf einheitliche Prozes- se einstellen. Das einzelne Gemeinwesen könnte eine Standardleis- tung out of the box beziehen und müsste sich nicht mehr selber um die Bereitstellung kümmern.Wir werden dafür dem Steuerausschuss E-Government Schweiz bis Ende Jahr ein Konzept vorlegen. Würde es umgesetzt, könnte eOperations 2016/17 Realität werden.

Es braucht einen Katalog der gemein- samen Leistungen.

Wo sollte das Schweizer E-Government 2020 stehen, und was sind die wichtigsten strategischen Schritte, um diese Vision zu realisieren?

Idealerweise müsste man einen weiteren Schritt in Richtung stärkerer gegenseitiger Integration der Systeme machen. Gleiches sollte gemeinsam entwickelt und betrieben werden. Die Frage nach der Infrastruktur und ihrer Bereitstellung sollte von der eigentlichen Vollzugsaufgabe getrennt werden. Systeme sollten konsequent mit- einander vernetzt sein. Es braucht dafür einen klaren politischen Willen. Es braucht einen Katalog der gemeinsamen Leistungen. Der fehlt heute, und es gibt keine Instanz, die ihn bestimmen könnte.

Zusätzlich braucht es dann noch den gemeinsamen Leistungser- bringer, der diese Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Wenn dann die öffentliche Hand bereit ist, die entsprechende Initialinvestition zu leisten, ist mittelfristig mit namhaften Einsparungen bei der Entwicklung, der Bereitstellung und dem Betrieb von Informatik- systemen in der Verwaltung zu rechnen.

Unsere traditionelle Abschlussfrage: Wie wird die Schweiz im Jahr 2050 aussehen?

Im Jahr 2050 sollte E-Government kein Thema, sondern Alltag sein.

Herzlichen Dank für das Gespräch

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Kolumne

Big Data – schnell erklärt

Big Data steht für verschiedenste Metho- den, implizit in Daten vorhandene Informa- tionen explizit zu machen. Das ermöglicht unter anderem mehr Personalisierung – von der Politik über den Produktverkauf bis zur Medizin!

In aller Regel wird der Begriff dafür ver- wendet, dass mit mathematischen Instru- menten Informationen, die in Datensätzen implizit vorhanden sind, explizit gemacht werden. Dafür werden typischerweise grosse und nicht selten unterschiedliche Datensätze zuerst zusammengeführt und dann mit Mathematikinstrumenten und Informatikwerkzeugen ausgewertet. Dabei gibt es drei Standardformen:

– «Klassisches» Big Data schätzt den Wert einer Kenngrösse, indem es die Korrelation mit anderen Kenngrössen nutzt – Obama iden- tifi zierte so im Wahlkampf die noch unentschiedenen Wähler, auf die er dann seine Kampagne konzentrierte

– Exploratives Big Data sucht nach bisher unbekannten Mustern, die eventuell Bedeutung haben – z.B. weil sie auf Risiken hinwei- sen oder interessante Gruppen von Kunden identifi zieren – Big Data «auf dem Graphen» nutzt komplexe semantische Zusam-

menhänge – z.B. um das Fehlen von Informationen zu entdecken Neueste Formen von Big Data gehen über diese drei Standard- formen hinaus und experimentieren beispielsweise mit Simula- tionswerkzeugen. Vorstellbar ist auch die Kombination von stati- schen Werkzeugen mit weiteren Modellen der abstrakten Algebra.

Konkrete Beispiele

Was heisst das alles konkret? Nun, das Vorgehen beim klassi- schen Big Data ist eigentlich recht simpel. Es wird erst kompliziert, wenn man es abstrakt zu erklären versucht. Darum einige einfache Beispiele. Angenommen Sie besitzen Daten über das Kaufverhalten von als Person identifi zierten Kunden. Und sie möchten ein neues Produkt lancieren und gezielt bewerben. Dann werden sie zuerst ähnliche, bereits existierende Produkte in ihrem Verkaufsportfolio identifi zieren und dann jene Kunden herausfi ltern, die diese Pro- dukte öft ers gekauft haben. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie sich für das neue Produkt ebenfalls interessieren werden und es macht Sinn, die Marketingkampagne für das neue Produkt auf sie zu konzentrieren. Im Customer Relationship Management vieler Banken wird seit Langem ein ähnliches Verfahren eingesetzt, um neue Finanzprodukte gezielt Kunden zu promoten.

Ein anderes konkretes Beispiel lieferte der letzte Präsidentschaft s- wahlkampfs in den USA. Im amerikanischen Präsidentschaft swahl- kampf geht es darum, in genügend vielen Staaten die meisten Stim- men zu bekommen. In der Schlussphase des Wahlkampfs ist in vielen Staaten klar, wer die Mehrheit haben wird. Dort wird dann kaum mehr Wahlkampf betrieben, weil es eine Ressourcenverschleu- derung wäre. Der Wahlkampf konzentriert sich ganz auf die um- kämpft en Staaten. Aber auch dort macht es wenig Sinn, Wähler anzusprechen, die sich bereits klar entschieden haben, wen sie

wählen werden. Wenn es also dem Team eines Kandidaten gelingt, die Unentschiedenen zu identifi ziert, kann es seine ganze Energie auf deren Überzeugung konzentrieren, während eventuell die Kon- kurrenz einen Grossteil ihrer Energie auf Wähler konzentriert, deren Entscheidung bereits feststeht. Da die verfügbaren Ressourcen be- schränkt sind, bedeutet die Identifi kation der Unentschiedenen einen grossen Vorteil. Und genau dieser Vorteil hatte wesentlichen Anteil daran, dass Obama auch die zweite Wahl gewann. Sein Team konnte mittels Big Data die Unentschiedenen identifi zieren. Sie nutzten dabei die Tatsache, dass in den USA über Personen weit mehr Informationen einfach beschaffb ar sind als in Europa – u.a. Infor- mationen zum Kaufverhalten – und überprüft en und verbesserten die Ergebnisse von Big Data mit gezielten Experimenten.

Ein Beispiel für Big Data auf dem Paragraphen ist das Suchen nach Anhaltspunkte für organisierte Kriminalität, in dem man ver- dächtige Beziehungskonstellationen oder Transaktionsketten iden- tifi ziert, die auf Geldwäscherei hinweisen. Andere Beispiele sind intelligente Suchanwendungen in der Wissenschaft und im Patent- wesen, die von einem scheinbaren Paradoxon profi tieren: Es ist einfacher ein Dokument in einer Menge ähnlicher Dokumente zu fi nden (zwischen denen Querbeziehungen existieren) als in einer Menge sehr unterschiedlicher Dokumente (die zueinander keinen Bezug haben).

Ein typisches Beispiel für exploratives Big Data ist das Suchen nach guten Produktkombinationen. Seit Langem bietet der Verkauf von Extraausstattungen im Autohandel eine lukrative Einnahme- quelle. Eine Zusammenstellung von Extras kann für Kunden da- durch besonders attraktiv gemacht werden, das sie als Paket ver- kauft wird, wobei der Kunde beim Kauf des ganzen Pakets einiges

«spart» (verglichen mit der Summe der Einzelpreise für die Extras).

Um verlockende Pakete zu schnüren, ist es aber notwendig, zu wis- sen, welche Kombinationen von Extras für Kunden besonders at- traktiv sind. Deshalb wird in Daten über Kundenpräferenzen nach Mustern gesucht, die auf attraktive Paketzusammenstellungen hinweisen. Dieses Vorgehen wird freilich nicht nur im Autohandel praktiziert. Ganz ähnlich lassen sich so auch Produkte zusammen- setzen, die am Ende teurer verkauft werden können als ihre Einzel- bestandteile – nicht zuletzt im Lebensmittelhandel.

Die Liste möglicher Beispiele ist lang. Wichtige Anwendungs- bereiche für Big Data sind Marketing und Verkauf, Politikgestaltung (u.a. Stadtentwicklung, Sozial- und Gesundheitspolitik), öff entli- chen Verwaltung (u.a. Verkehrsmanagement, in Zukunft eventuell Umgang mit Randalen), personalisierte Medizin und wissenschaft - liche Forschung ganz generell. Das grosse Versprechen von Big Data ist dabei, dass schwierige und aufwendige Untersuchungen von kausalen Zusammenhängen («aus A folgt zwingend B») durch Kor- relationsanalyse («A und B treten häufi g gemeinsam auf») ersetzt werden können. Wobei insbesondere das klassische Big Data auf das Individuum spielt. Einzelne werden als Ziele für was auch immer ausgesucht, beziehungsweise bekommen sie personalisierte Ange- bote. Im Fall von personalisierten medizinischen Therapien ist der gesellschaft liche Nutzen hoch, mindestens kaum bestritten. Im Fall von personenbezogener manipulativer Werbung steht eine gesell- schaft liche Bewertung von Big Data dagegen noch aus.

Prof. Dr. Reinhard Riedl Herausgeber

«eGov Präsenz»

Wissenschaft licher Leiter Fachbereich Wirtschaft Berner Fachhochschule reinhard.riedl@bfh .ch

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Kolumne

Das menschliche Big Data

Der Medienkünstler Peter Weibel thematisiert die Tatsache, dass wir alle in einer Big-Data-Welt leben. Tatsächlich können wir aus grossen Datenmengen relevante Information herauszufiltern und quasi eine Nadel im Heuhaufen finden – allerdings eine Nadel, an der ein Faden festgebunden ist, der uns das Finden erleichtert.

Das wichtigste Instrument für dieses menschliche Big Data ist die Nutzung von impliziten Hinweisen. Oft ist es die Summe von Details, von denen jedes für sich unbedeutend ist, die uns eine La- gebeurteilung ermöglicht – beispielsweise in der Polizeiarbeit. Wird ein ertappter Einbrecher zur Waffe greifen? Wird der Fanmarsch von Fussballfans in Gewalt ausarten? Die Antwort bestimmt den Fortgang des Geschehens. Sie lässt sich zwar nicht mit Sicherheit aus den verfügbaren Information ableiten, aber trotzdem kann sie von erfahrenen Polizisten ziemlich zuverlässig gegeben werden.

Dabei kann man drei Phänomene beobachten: Erstens hängt die Zuverlässigkeit der Analyseergebnisse davon ab, dass die richtigen Informationen gesammelt werden. Zweitens wird der tatsächliche Ablauf durch Handlungen beeinflusst, die sich aus der Situations- analyse ergeben. Teilweise haben wir es also mit selbsterfüllenden Prophezeiungen zu tun. Drittens lautet die Zielvorgabe deshalb nicht, möglichst präzise Prognosen zu generieren, sondern Ge- schäftsziele zu erreichen – in unserem Beispiel die Minimierung von Gewalt.

All das gilt auch für maschinelles Big Data: 1. Es ist entscheidend, dass man die passenden Informationen besitzt. Je nach verfügbaren Informationen kann ganz Unterschiedliches beim Anwenden der Big-Data-Werkzeuge herauskommen. 2. Big Data findet in einem dynamischen Prozess statt, in dem die Daten sich durch Handeln verändern können. Die Umsetzung beeinflusst die Richtigkeit der Prognose. 3. Big Data ist kein Glasperlenspiel mit dem Zweck von zweckfreien Zukunftsprognosen, sondern ein Mittel zur Nutzenge- nerierung im jeweiligen Geschäftskontext – sei es in der Wirtschaft, privat beim Wetten oder Pokern oder in der öffentlichen Verwaltung.

Denkefhler und verlockende Fiktionen

Eine Übertragung der Echtwelterfahrung auf Big Data ist also durchaus hilfreich. Sie beinhaltet aber auch die Gefahr, dass die Small-Data-Denkfehler aus dem Alltag uns auch bei der Nutzung von maschinellem Big Data in die Quere kommen. Wer den Satz von Bayes nicht verstanden hat, der sollte mit Big Data sehr vorsichtig umgehen. Zudem gibt es mehrere gefährliche Fiktionen, vor denen man sich unbedingt hüten sollte.

Erstens sollte man sich immer bewusst sein, dass Modellannah- men das Ergebnis von Big Data entscheidend beeinflussen, auch dann, wenn wir scheinbar ganz ohne Modelle Daten analysieren.

Denn schon bei der Erzeugung von Daten spielen Modelle eine ent- scheidende Rolle. Es gibt in dieser Hinsicht keine natürlichen Roh- daten (Rohdatenfiktion). Zweitens können auch grossen Datenmen- gen einen klaren Bias haben. Nur weil wir viele Daten sammeln, können wir daraus nicht ableiten, dass unsere Daten in irgendeiner Weise repräsentativ sind (Statistikfiktion). Drittens liefert Big Data nicht einfach so gute Resultate (Simplizitätsfiktion) – es verlangt mindestens mathematische, technische, fachliche und rechtliche Kompetenzen. Viertens können Ergebnisse von Big Data Analysen ohne verständliche Erklärungsmodelle für die zugrunde liegenden Zusammenhänge oft nicht sinnvoll eingesetzt werden (Korrelati- onsfiktion). Stellen sie sich einen Polizeieinsatz von Wasserwerfern

vor, der damit begründet wird, dass Big Data Massenunruhen pro- gnostiziert hat – und im Nachhinein stellt sich heraus, dass eine überdurchschnittlich hohe Zahl roter Halstücher der Auslöser war.

Fünftens schaffen viele Daten noch keine Transparenz (Transpa- renzfiktion). Sechstens ist dauerhafte Anonymisierung schwer zu garantieren (Anonymisierungsfiktion). Siebtens bringen Big Data nicht notwendigerweise Nutzen für alle (Fairnessfiktion). Wer über die Daten von anderen verfügt, kann damit viel Gewinn machen.

Die Masse der Datenlieferanten bekommt zwar meist im Tausch kostenlose Online-Dienste, hat aber keinen Anteil an den Milliar- dengewinnen und gerät im schlimmsten Fall sogar in ein Abhän- gigkeitsverhältnis. Last but not least: Was die Anwendungen von Big Data in der Politik betrifft, so besitzt die Vorstellung einer Welt mit einer computergestützten Demokratie, in der Fakten eine viel grössere Rolle spielen als in unserer heutigen Demokratie, recht viel Alptraumpotenzial – gerade weil dabei komplexe Probleme mit Computern vereinfacht werden. Denn es ist zu Recht sehr umstrit- ten, dass man hohe Komplexität durch Automatisierung kontrollie- ren kann (Automatisierungsfiktion). Darüber hinaus kann der Einsatz von Big Data für Zukunftsprognosen in der Politik zu einer

«Geschichtsbremse» führen. Da Big Data die Zukunft nur aus der Vergangenheit ableiten kann, wird durch eine unreflektierte «gläu- bige» Anwendung der Raum für kreative Innovationen einge- schränkt. Das ist gerade dort, wo die nächste (prognostizierbare) Wahl wichtiger ist als der langfristige (viel weniger prognostizier- bare) Erfolg, eine echte Gefahr.

Schlussfolgerung

Big Data besitzt ein gewaltiges, derzeit nur in Ansätzen abschätz- bares, Nutzenpotential. Es wird die Wirtschaft, unser persönliches Leben und das Staatswesen sehr stark verändern. Ignoriert die öffentliche Verwaltung das Thema, wird sie in Zukunft ihre Aufga- ben nicht mehr zufriedenstellend erfüllen können. Gleichzeitig schafft aber Big Data auch neue, grosse Gefahren für die Gesellschaft, die sich verheerend auswirken könn(t)en. Es ist deshalb Zeit, dass wir uns ernsthaft mit Big Data auseinandersetzen!

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Interview

«Wir sind in eine Leibeigenschaft reingeschlittert.»

Ernst Hafen sieht unsere digitale Identität in den Händen von Google, Facebook und Co. Ein Weg, diese Art von Leibeigenschaft aufzulösen und die Kontrolle über all seine persönlichen Daten, vor allem die Gesund- heitsdaten, zu erhalten, wäre eine genossenschaftlich organisierte Datenbank.

Interview: Reinhard Riedl

Was ist Ihre Vision im Verein Daten und Gesundheit?

Wir haben als Individuen zunehmend auch eine digitale Persön- lichkeit. Damit begeben wir uns in eine Art Leibeigenschaft. Wir akzeptieren mit der Nutzung beispielsweise von Google, Facebook und Twitter, dass diese Dienste Daten über uns sammeln. Das pri- märe Ziel des Vereins ist, die Kontrolle über alle Gesundheitsdaten zu erhalten. Es ist meine Überzeugung, dass die Leute freiwillig mitmachen und einen Beitrag dazu leisten. Habe ich zum Beispiel eine seltene Krankheit, bin ich daran interessiert, möglichst rasch eine Therapie zu finden. Dafür möchte ich mich nicht innerhalb eines Gesundheitssystems, sondern global vernetzen können. Die Individuen könnten dadurch selbstständig Treiberinnen und Trei- ber einer personalisierten Gesundheit werden beziehungsweise dieser persönlichen Datenökonomie, die entsteht.

Können Sie das Ziel einer personalisierten Gesundheit beziehungsweise einer personalisierten Medizin näher umschreiben?

Personalisierte Medizin heisst, dass wir alle unterschiedlich sind. Heute kennt man zunehmend die molekularen Grundlagen, die für diese unterschiedlichen Empfindlichkeiten verantwortlich sind. Sie können das mit einem Buch vergleichen: Wäre jeder tau- sendste Buchstabe ein Druckfehler, würde das den Sinn des Buchs nicht verändern. Aber im Erbgut sind diese kleinen Unterschiede verantwortlich für unser Aussehen und für die Empfindlichkeit für Krankheiten oder für die Reaktionen auf Medikamente. Wir sind am Anfang einer Revolution in der personalisierten Medizin. Wenn wir weiterkommen wollen, müssen wir alle Daten erheben, die wir heute können. Einerseits durch Genomanalysen, auf der anderen Seite aber auch über Mobile Health Apps, die alle möglichen Ge- sundheitsparameter über das ganze Leben aufzeichnen. Um wirk- lich genaue Voraussagen machen zu können, sind die Daten von Millionen von Leuten nötig. Es ist ein Big-Data-Problem, dass man nicht anhand einzelner Gensequenzen analysieren kann, sondern nach Mustern suchen muss, die aus diesen Datensätzen heraus- kommen.

Es gibt die These, dass die sozialen Lebensumstände einen Einfluss auf unsere Krankheitsrisiken haben. Bräuchte man nicht zusätzlich die Daten über das Leben, die digitale Identität?

Da haben Sie recht. Wie viel ich mich bewege, wie viel ich Auto fahre, wo ich lebe, welche Reisen ich mache, all das sind natürlich Sachen, die unsere Gesundheit beeinflussen. Da sind die Daten zentral, die wir zusehends über Mobile-Health-Technologien auf-

Ernst Hafen

ist Professor am Institut für Molekulare Systembiologie und ehe- maliger Präsident der ETH Zürich. Nebst seinen 26 Jahren in der akademischen Forschung, für die er mit mehreren Preisen aus- gezeichnet wurde, setzte er sich aktiv für den Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft und für die Umsetzung wissenschaft- licher Erkenntnis in kommerzielle Produkte ein.

Als gelernter Genetiker hat Ernst Hafen ein starkes Interesse an der Humangenetik und an der personalisierten Medizin. Er pos- tuliert, dass eine individuelle Kontrolle über persönliche Gesund- heitsdaten einen Schlüsselfaktor für eine bessere und effektive Gesundheitsversorgung darstellt. Im Jahr 2012 gründete er den Verein Daten und Gesundheit. Dieser beabsichtigt, die Errichtung einer genossenschaftlich organisierten Gesundheitsdatenbank in der Schweiz zu fördern.

Bilder © Bettina Diel

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Interview

nehmen können. Ich weise auch immer gerne darauf hin, dass Google wahrscheinlich mehr über Ihren Gesundheitszustand weiss als Ihre Ärztin oder Ihr Arzt: welche Websites Sie anschauen, welche Tweets Sie machen, auch welche Telefongespräche Sie führen. Da- mit hat Google viel aggregiertere Information als Ihr Arzt, der bei Ihrer letzten Untersuchung Ihren Gesundheitszustand mit ein paar Notizen festgehalten hat. Deshalb sind all die Informationen, die Google hat, sehr relevant für die Gesundheit.

Heisst das, dass Google, Facebook und Co. mit der inno - va tiven Nutzung unserer Daten Geld verdienen und für die anderen nichts bleibt?

Nein, ich glaube, das geht auch anders, wir haben nur noch nicht gelernt, damit umzugehen. Wir sind in eine Leibeigenschaft rein- geschlittert, weil wir die Services gern nutzen, das Internet faszi- nierend finden und es gratis ist. Aber ich bin überzeugt, dass das nicht so weitergehen kann. Eine genossenschaftlich organisierte

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Interview

Datenbank, wo jeder freiwillig ein Konto eröffnen kann und dort all seine Daten sammeln und vor allem entscheiden kann, was er damit macht, ist im Prinzip die Antwort auf diese digitale Leibeigenschaft.

Google kann weiterhin meine Klicks und meine Querys haben, aber ich möchte Kopien all dieser Events erhalten.

Was sind im Augenblick die grossen Herausforderungen, wenn man eine solche Genossenschaftsidee für die Schweiz realisieren will?

Die Herausforderung ist einerseits, eine Datenbank zu bauen, die so sicher ist, dass die Leute ihr vertrauen. Andererseits muss man den Leuten sagen: «Hört mal, ihr seid in dieser Leibeigenschaft.

Ihr hättet eigentlich viel mehr davon, wenn ihr alle Daten auf einem Konto hättet.» Wenn wir über persönliche Daten und insbesondere Gesundheitsdaten reden, geht es oft darum, dass der Staat entschei- det, was damit gemacht wird. Aber die Wirtschaft zum Beispiel wird stimuliert, weil man mit seinem Geld machen kann, was man will.

Dieses Umdenken ist bei persönlichen Daten noch nicht passiert.

Es ist schwer vorstellbar, wie so grosse Datenmengen, die viele Lebensbereiche betreffen, anonym in einer Datenbank angelegt werden können. Wie kann man mit diesem Problem erfolgreich umgehen?

Wichtig ist, dass die Daten auf den Konten nie herausgegeben werden. Es können lediglich Anfragen oder Querys für Daten ge- macht werden, die Sie freigeben. Ein weiteres Ziel der Genossen- schaft ist, den Bürgerinnen und Bürgern und nicht den Shareholdern zu dienen. Die Genossenschaft schaut, dass keine identifizierbaren Daten rausgegeben werden. Das Identifizieren von Daten kommt erst, wenn man mehrere Silos von Daten hat. Wenn man diese zu- sammenführen würde, könnte man nach und nach die betreffenden Personen identifizieren. Das kann man nie ganz vermeiden, aber man kann es minimieren.

Wie kann man Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammenführen?

Wir sind darauf angewiesen, dass wir mit den Datenprovidern zusammenarbeiten und Apps entwickeln können, die den Import dieser Daten automatisch generieren. Es bleibt eine Tatsache, dass wir eine Riesenmenge von Daten in verschiedenen Qualitäten und mit verschiedenen Standards haben. Alle Initiativen, die auf eine Top-down-Standardisierung ausgerichtet waren, sind weitgehend gescheitert. Aber erstens sind heute die Suchtechnologien so gut, dass man aus vielen strukturierten und unstrukturierten Daten viel Information bekommt. Zweitens glauben wir, dass die Leute selber einen grossen Beitrag zur Kreation ihrer eigenen Daten leisten und uns mitteilen, wenn Daten fehlerhaft sind. Das wird die Qualität erhöhen. Letztlich wird diese Genossenschaft auch über Big- Data- Analytics und Machine Learning damit beginnen können, die Daten bottom up zu standardisieren.

Was ist der Unterschied Ihrer Bestrebungen zu denjenigen von E-Health Schweiz, wie es vom Bundesamt für Gesundheit organisiert wird?

Die beiden Initiativen vom Verein Daten und Gesundheit und vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind komplementär zuein- ander. E-Health Schweiz, wie es vom BAG organisiert wird, hat das absolut gerechtfertigte Bedürfnis, die Schnittstellenproblematik zu verbessern, sodass die Daten im schweizerischen Gesundheitssys- tem besser fliessen. Unsere Motivation ist das primäre Empower- ment der Bürgerinnen und Bürger. E-Health Schweiz geht es um die Patientendaten, uns geht es um alle persönlichen Daten.

Weiter sind wir global und nicht national aufgestellt. Es kann sein, dass es in 20 Jahren keine E-Health-Schweiz-Strategie gibt, aber dass die meisten Bürgerinnen und Bürger bereits ein Konto haben und ihrer Ärztin oder ihrem Arzt Zugang zu diesem Konto geben können.

Wo wird das Gesundheitswesen in 30 Jahren sein?

Eine pessimistische Antwort wäre, dass sich nicht viel ändern wird, weil das ganze Gesundheitssystem sehr träge ist. Ich glaube aber nicht daran. Vor 20 Jahren hat auch noch niemand die Smart- phones vorausgesagt.

Um die Schnittstellenproblematik zu lösen, müssen alle im schweizerischen Gesundheitssystem mitmachen, sonst funktioniert es nicht. Aber das Finden von effektiveren Medikamenten oder das frühzeitige Entdecken von Nebenwirkungen von Medikamenten sind globale Fragen, die nicht immer durch lokale Gesundheitssys- teme gelöst werden können. Ich glaube, dass wir hier in den kom- menden 30 Jahren eine Bürgerzentrierung hinbekommen. Einfach weil es heute durch digitale Daten möglich ist. Jetzt müssen wir nur noch die Awareness schaffen.

Unsere traditionelle Abschlussfrage: Wie soll der Staat der Zukunft aussehen?

Es täte der Schweiz gut, die Demokratie und den Kapitalismus zu hinterfragen. Es braucht gesetzliche Rahmenbedingungen, aber es braucht auch eine grössere Selbstbestimmung des Individuums.

Wenn wir von Datenschutz sprechen, sprechen wir immer davon, dass der Staat Regeln aufstellen muss, um Daten zu schützen. Das ist ein passives Modell. Ein demokratisch aktives Modell ist die digitale Selbstbestimmung. Es sollte nicht eine staatliche Genos- senschaft geben, es sollte mehrere geben, wie es mehrere Banken gibt. Solange die Daten miteinander verlinkt sind, wie sie das im Finanzbereich über SWIFT auch sind, haben wir im Prinzip die Datenökonomie geschaffen. Das gibt der Bezeichnung Demokratie nicht nur ein politisches Gewicht, sondern auch eine ökonomische selbstbestimmte Kraft, die globale Auswirkungen hat. Es täte der Schweiz gut, hier eine Vorreiterrolle zu spielen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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