35. Bonner Jägertag – Leitthema Monitoring im Wald, 13.09.2012
Zum Einfluss des Schalenwildes auf die Walddynamik – Methodische Grundlagen der Naturwaldforschung
P. Meyer, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
Inhalt
Überblick
Naturwaldreservate in Deutschland
Einfluss des Schalenwildes auf die Walddynamik Monitoring von Naturwaldreservaten
Ergebnisse aus Naturwaldreservaten Zielsetzung und Konzept
Methoden
Schlussfolgerungen
Jagd in Naturwaldreservaten
Was sind Naturwaldreservate?
Wälder, …
Foto: O. Willenbrock
… in denen eine durch menschliche Eingriffe möglichst ungestörte Entwicklung abläuft,
… die beobachtet werden!
Warum Naturwaldreservate?
Förster, die Stützen der Bäume?
oder
Welche Rolle spielen wir wirklich?
05/2012:
742 NWR 33.867 ha
Ø Flächengröße: 46 ha 0,3 % der Waldfläche
Details s. www.naturwaelder.de
Naturwaldreservate in Deutschland
Jagd in Naturwaldreservaten
Keine Verpachtung; keine Jagderlaubnisse Jagdverpachtung
Keine Anlage von Fütterungen, Kirrungen, Salzlecken, Äsungsflächen und Schussschneisen;
Hochsitze und Leitern freistehend Jagdeinrichtungen
Vor allem Drückjagden mit weiträumiger Abstellung;
kein Befahren der Bestände zur Wildbergung Jagdausübung
NWR sind keine Schongebiete für Schalenwild; alle Schalenwildarten werden bejagt
Jagd allgemein
Regelung
Thema
Jagd in Naturwaldreservaten
Was beobachten, mit welcher Zielsetzung?
(aus: Ellenberg 1973)
Einfaches Modell eines Waldökosystems = Lebensgemeinschaft + physikalische Umwelt
Überlegungen zum Monitoring
Was beobachten, mit welcher Zielsetzung?
Zeit Zustandsgröße
Zeit Zustandsgröße
Zielorientierungsproblem bei langfristig orientiertem Monitoring
Überlegungen zum Monitoring
Naturwaldforschung
Ergänzung: bewirtschaftete Vergleichsflächen
aus: Ammer & Schubert 1999, verändert
Grundlegender Ansatz: Dauerbeobachtung, echte Zeitreihe
Alternative: Naturnähegradient
Schematische Entwicklung eines Naturwaldreservates nach der Nutzungsaufgabe
∞ Zeit 0
Kennzeichen des Wirtschafts-
waldes
Kennzeichen des Natur-
/Urwaldes
Gemeinsame Kennzeichen von Natur-und Wirtschafts-
wäldern
% 100
0 t1 t2 t3
Monitoring von Naturwaldreservaten
Foto: O.
Willenbrock
In Naturwaldreservaten läuft ein Transformationsprozess vom
Wirtschaftswald zu einem Naturwald (Urwald?) ab, der stark
von den Ausgangsbedingungen bestimmt wird.
Lösungsansatz für das Monitoring der Waldstruktur in Naturwaldreservaten:
räumlich explizite Beobachtung grundlegender populationsbiologischer Prozesse
= Verjüngung, Einwuchs, Mortalität, Zuwachs auf Einzelbaumebene Aufnahmekompartimente
Lebende Verjüngung
Stehender Derbholzbestand
lebend tot Liegender Bestand
lebend tot
Durchmesser in Brusthöhe / am stärkeren Ende
7 cm 1,3 m
Höhe
20 cm
Monitoring von Naturwaldreservaten
Rasternetz und Kernflächen
Aufnahmeflächen Gehölzverjüngung < 1,5 m Höhe (25 m2) Aufnahmefläche Gehölzverjüngung ≥1,5 m Höhe und Vegetationsaufnahme (250 m2)
17,84 m
12,50 m N
W
S
O 2 m
Aufbau des Probekreises
Monitoring von Naturwaldreservaten
Arbeitsschritte
Naturwaldforschung
Einfluss des Schalenwildes
Populationsbiologische Prozesse
Etablierung Jungpflanzen Samenfall
Aufwachsen Gehölzverjüngung Wachstum der Baumschicht Alterung
Mortalität Zerfall
Schalenwild
Fraß und Verbreitung von Samen Bodenve
rwundung Verbiss
Schäle
Schäle
Mittelfristige Entwicklung: Kiefern-NWR
Ehrhoner Dünen, Kernfläche 2, 1973 – 2009, gezäunt
Mittelfristige Entwicklung: Fichten-NWR
Bruchberg, Kernfläche 2, 1971 – 2008, ohne Zaun
Wildeinfluss auf die Gehölzverjüngung 1997
0 500 1000 1500 2000 2500 3000
<0,5 m 0,5-2 ,0 m >2 ,0 m <0 ,5 m 0 ,5-2 ,0 m >2 ,0 m
Höhenklassen
Anzahl pro Hektar
Weide Fichte Eberesche
Kernfläche mit V erhau Ker nfläche ohne V erhau
Naturwaldforschungsfläche Bruchberg
Mittelfristige Entwicklung: Buchen-NWR
Limker Strang, Kernfläche 2, 1973 – 2003, gezäunt (bodensaurer Buchenwald)
Mittelfristige Entwicklung: Buchen-NWR
Haringer Berg, Kernfläche 1, 1973 – 2012, gezäunt
(Kalk-Buchenwald)
Mittelfristige Entwicklung: Buchen-NWR
0 5000 10000 15000 20000 25000 30000
<0,5 m 0,5–1,5 m >1,5 m <0,5 m 0,5–1,5 m > 1,5 m
im Zaun außerhalb Zaun
Anzahl [N/ha]
Spitzahorn Sonstige Esche Buche Bergulme Bergahorn
Fakto r x10
Fakt or x10
mittlere Grundflächenhaltung:
30,1 m2je ha im Zaun 22,3 m2je ha außerhalb Zaun
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Untersuchungsansatz
Vergleich der Verjüngungsinventuren in gezäunten Kernflächen mit ungezäunten Kernflächen und Probekreisen
Vergleichbarkeit im Hinblick auf Standort (Trophie, Wasserversorgung), Alter (nur Altbestände > 100 Jahr), Bestockungstyp und Oberstandsdichte
Zaunschutz > 20 Jahren Parameter:
• Anzahl Jungpflanzen je m2
• Summe der Trieblängen der Jungpflanzen [m je m2]
• Artenzahl < 1,5 m Höhe je 100 m2
• Artenzahl ≥1,5 m Höhe je 100 m2
Fragestellung
Einfluss des Schalenwildes auf das Verjüngungspotenzial naturnaher Wälder unter Ausschluss von forstwirtschaftlichen Maßnahmen
Untersuchungskollektiv Niedersachsen
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Eiche mäßig
Eichen reich Kiefer
arm Buche arm
Buche mäßig
Buche reich
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Eiche mäßig
Eichen reich Kiefer
arm
Buche arm
Buche mäßig
Buche reich
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Eiche mäßig
Eichen reich
Kiefer arm
Buche arm
Buche mäßig
Buche reich
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Eiche mäßig
Eichen reich Kiefer
arm
Buche arm
Buche mäßig
Buche reich
Zaun/Nicht-Zaun-Versuche in NWR
Schlussfolgerungen
Das Schalenwild hat einen vielfältigen und im Hinblick auf die Gehölzverjüngung häufig dominanten Einfluss auf die Walddynamik
Der Erfolg der Gehölzverjüngung hängt neben dem Verbiss von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Vor allem die Konkurrenzwirkung der dominierenden Baumschicht(en) ist von entscheidender Bedeutung.
Hoher Verbissdruck führt weitgehend unabhängig vom Standort zu einem verzögertem Aufwachsen und zur Entmischung der Gehölzverjüngung.
Insbesondere in Kiefern- und Fichtenwäldern können bedeutsame Mischbaumarten (Eiche, Eberesche) verbissbedingt nahezu vollständig ausfallen. In reichen Buchenwäldern trifft dies für den Spitzahorn zu.
In mäßig nährstoffversorgten und armen Buchenwäldern können sich die wenigen Mischbaumarten aufgrund der starken Konkurrenzwirkung des Oberstandes vermutlich auch unter Ausschluss von Verbiss nur kurzzeitig halten.