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Hemmung der Verjährung

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(1)

Fachtagung ARGE Transport- und Speditionsrecht am 14./15.4.2016

in Hamburg

Verjährung Verfristung

Hemmung der Verjährung

u.A.: Fallen, Kniffe und ( fiese )Tricks und einige Klarstellungen

(2)

Nicht alle Fallen schnappen zu. Aber es ist wichtig, sie zu kennen!

„Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!“

( Militärweisheit )

(3)

Zunächst alles ganz einfach!

§ 204 BGB: Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen ( Anspruch ) unterliegt der Verjährung. Weiß jeder!

§ 195 BGB: Regelmäßige Frist: 3 Jahre ( weiß auch jeder )!

Die V. ist eine Einrede. Sie muß ausdrücklich erhoben werden. Wird bisweilen übersehen. Anders Einwendungen. Wie z.B.

Erlöschenstatbestände; ( z.B. Zweijahresfrist gem. Art. 29 WA ). Nichts Neues also.

(4)

§ 439 HGB

bzw. Art. 32 CMR

Immer noch einfach:

Ebenfalls frachtrechtliche Verjährung bei

Sachverhalten mit transportrechtlichem Bezug oder Zusammenhang ( Grund: Rechtsklarheit ). Achtung:

Lediglich Verträge, die dem „Umfeld der

Beförderung“ zuzurechnen sind, genügen nicht.

(BGH v. 21.09.2006 in TranspR 06, 451, 453 ). Also Vorsicht: Abgrenzungsprobleme!

Trotzdem im Zweifel immer: Kurze Frist der §§ 439

ff. HGB bzw. Art. 32 CMR.

(5)

BGH v. 10.1.08 in TranspR 08, 84 ff.

Anwendungsbereich des § 439 HGB

Zum Beispiel:

LS: Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Transportguts in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Ablieferung des Guts verjähren auch dann nach § 439 I HGB, wenn der Ablieferungsvorgang im Zeitpunkt der Schadenshandlung bereits abgeschlossen war.

BGH v. 10.01.08 in TranspR 08, 84 ff.

SV: Bekl. Fahrer F eines Ff. war beauftragt, eine Bäckereimaschine die Kl. Für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt hatte, zu ihm

zurückzubefördern. Bei Anlieferung hatte F die Ladebordwand geöffnet, die Sicherungen des Guts gelöst und die Maschine an der Ladefläche abgestellt. Aus ungeklärten Gründen fuhr er – der Fahrer - nochmals vor.

Die Maschine fiel darauf auf die Straße. Schaden: € 24.542,01

Kl. hatte zunächst Ff. erfolglos in Anspruch genommen. Verjährung. LG und OLG hatten der folgenden Klage gegen den Fahrer aus § 823 BGB zunächst stattgegeben. Revision hat Erfolg. „Es kann dahinstehen, ob die Maschine zum Schadenszeitpunkt bereits abgeliefert war.“ Ein

Zusammenhang mit der Beförderung ist gegeben. Also § 439 HGB.

Sachlicher Grund für diese Rechtsprechung?

(6)

§ 439 IV HGB durch

Seehandelsrechtsrechtsreformgesetz vom 20.4.2013 neu gefasst:

….. was sich geändert hat und daher gern übersehen wird…( Gesetz zur Reform des

Seehandelsrechts ) Abs. 4: Die Verjährung „von

Schadensersatzansprüchen wegen Verlusts oder Beschädigung des Gutes oder wegen

Überschreitung der Lieferfrist“ kann nur durch

Vereinbarung, die im Einzelnen ausgehandelt ist, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen

Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen ist, erleichtert oder erschwert werden.

Also immer Einzeln aushandeln bzw. einzeln ausgehandelte Rahmenverträge!

§ 439 IV HGB gilt natürlich nicht für Vereinbarungen nach Schadenseintritt.

Aber Einschränkung: Ansprüche aus § 280 BGB

sind also nicht davon erfasst.

(7)

Trotz transportrechtlichem Bezug: BGH v.

8.5.14 in TranspR 14, 331 ff. : Kein § 439 HGB!

LS: Die Anwendung der speziellen frachtrechtlichen Verjährungsvorschrift des § 439 I HGB setzt wirksamen Beförderungsvertrag voraus, was dann nicht der Fall ist, wenn Frachtvertrag wegen einer Schmiergeldabrede

unwirksam ist ( BGH v. 08.05.2014; TranspR 2014, 331ff. ).

Klín, ein Möbelhandelsunternehmen, beauftragte Bekl. Spedition S in den Jahren 1994 bis 2000 mit der Beförderung von Möbeln von Asien nach Europa. Ein

Mitarbeiter der Klín vereinbarte mit S eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtraten um einen Aufschlag, der an ihn gegen Erteilung weiterer Aufträge zu zahlen war. – Anlässlich einer 2002 bei der Bekl. ( ? ) durchgeführten Revision stellte die Bekl. fest, dass die Bekl. der Klín € 1.9 Mio. zu Unrecht in Rechnung gestellt habe. Die folgende Klage wurde zweimal ( ! ) wg. Verjährung gem. § 439 I u. II HGB abgewiesen ( ist also alles nicht selbstverständlich ).

BGH hebt auf und verweist zurück. Kein § 439 HGB bei wegen Schmiergeldabrede nichtigem Vertrag.

Keine Verjährung gem. § 199 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BGB. Der Lauf der 10- jährigen Frist fing wegen Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB erst am 1.1.2002 an zu laufen. - ( Einzelheiten viel zu kompliziert ).

(8)

... und jetzt:

Hemmung durch Verhandlungen ( § 203 BGB ) und Hemmung durch Reklamation( § 439 III HGB )

Parallele Geltung?

…und dazu die sich daran anknüpfende Frage:

Während der Verhandlungen über einen Schadensersatzanspruch läuft ein von dem

Anspruchsgegner abgegebener Verjährungsverzicht ab. Verjährung? Was geht nun vor? Ablauf wegen vereinbartem Fristablauf? Hemmung wegen

Verhandlungen? ( Die Antwort sollte man wissen,

sonst hat man immer ein unsicheres Gefühl ).

(9)

BGH vom 13.03.2008; VersR 08, 1669 ff.: Parallele Geltung der §§ 439 III HGB und 203 BGB

„Die Verjährungsvorschrift des § 439 Abs. 3 HGB ist im Verhältnis zur allgemeinen Hemmungsregelung des § 203 BGB nicht Lex specialis. Beide Vorschriften gelten nebeneinander. - BGH v. 13.03.08

in TranspR 08, 467 ff..

SV: Kl nimmt Bekl. wg. Verlusts von 4 Paketen in Anspruch. In die Revision

gelangte Klage nur wg. Verlusts von einem Paket über € 500.-. – Vier am 13.12.03 aufgegebene Pakete kamen bei den Empfängern nicht an. Nachforschungsauftrag am 17.12. Haftungsablehnung am 22.1.04. Anwaltsschreiben am 10.9.04. Schreiben der Bekl. am 21.9.04 mit Anforderung von Unterlagen. Zwischenbescheid des Kl. am 24.9. Endgültige Ablehnung der Bekl. am 15.10.04. Schadensersatzklage des Kl. am 02.02.05

Begründung: Keine Verjährung! Weitere Korrespondenz nach

Haftungsablehnung hemmt nicht. Weitere Reaktion der Bekl. auf Schreiben vom 10.9.04, mit dem Unterlagen angefordert wurden, löst Hemmung aus.

Ende am 15. 11. durch „Einschlafenlassen“ nach Ablehnung am 15.10. - 8 Mon.

und 24 Tage waren somit von Frist verstrichen. Frist wäre am 22.2.05

abgelaufen ( also 1 Jahr nach Haftungsablehnung ). Klage vom 02.02.05 war rechtzeitig.

Beide Hemmungstatbestände kollidieren: Beide Tatbestände sind aber

unterschiedlich: § 203 BGB setzt Verhandlungen – also Mitwirkung – voraus.

Anders § 439 III HGB. Hemmung nach § 203 BGB kann selbst dann noch eintreten, wenn andere Hemmungstatbestände zwar eröffnet waren, deren Voraussetzungen aber nicht mehr vorliegen.

Also Beispiel: Schadensreklamation wird umgehend zurückgewiesen.

Hemmung beendet. Dann Verhandlungen. Neue Hemmung.

(10)

Zusammenfassung: BGH vom 13.3.2008 a.a.O. Nochmal also:

Reklamation hemmt.

Haftungsablehnung beendet Hemmung Erneute Korrespondenz über gleichen Schaden hemmt nicht iSd § 439 III HGB.

MaW: Bei zwei Reklamationen und

Zurückweisung nach der ersten bleibt die zweite unbeachtet.

Die erneute Korrespondenz erfüllt aber den

Hemmungstatbestand des § 203 BGB.

(11)

Rahmenvertrag - § 280 BGB und Verjährung:

BGH v. 15.1.2009 in TranspR 09, 132 ff.

Vorgängerentscheidung zu BGH v.

22.4.10 zur 3-jährigen Verjährungsfrist bei Primärleistungsansprüchen.

Leitsatz:

1.Ein Rahmenvertrag mit konkreten frachtvertraglichen Abreden unterliegt § 407 ff. HGB.

2. Darauf gestützte Schadensersatzansprüche aus § 280 BGB verjähren gem. § 439 I HGB.

Dabei geht es immer um Nichteinhaltung von

rahmenvertraglichen Frachtumsatz- oder Auftragszusagen.

(12)

BGH vom 22.4.2010 in TranspR 10, 225 ff.

zur dreijährigen Verjährungsfrist bei Primärleistungsansprüchen

LS: Die dreijährige Verjährungsfrist des § 439 I S. 2 HGB ist auch auf Primärleistungsansprüche und Aufwendungsersatzansprüche aus Frachtverträgen anzuwenden.

SV: Kl.ín nimmt Bekl. wg. Nichterfüllung einer Vereinbarung über den Einsatz von Transportfahrzeugen im Februar 2004 auf Zahlung von Schadensersatz in

Anspruch. Bekl. kündigt zum 31.4.2004. Kl. meint, daß das Verhältnis erst zum 29.2.04 beendet sei. Sie klagt folglich am 9.6.2004 Umsatzverluste von € 52.077.- für den Monat Februar ein. Bekl. wendet u.a. Verjährung ein und beruft sich auf die einjährige Frist des § 439 I S.1 HGB.

Begr.: Anspruchsgrundlage ist §§ 280 I S.1 iVm 241 II BGB. Da die aus den Rahmenverträgen resultierenden Einzelansprüche noch nicht feststehen, kommt nur ein Schadensersatzanspruch aus PVV in Betracht. Das Verschulden der Bekl.

wird gem. § 280 I S.2 BGB vermutet und ist daher von ihr zu widerlegen.

Verschuldeter Rechtsirrtum oder sogar Vorsatz bei vorzeitiger Kündigung denkbar. § 195 BGB gilt nicht. Vielmehr gilt § 439 I HGB.

Schadensersatzanspruch beruht darauf, daß Bekl. die Klín nicht trotz bestehender Vertragsbeziehungen mit Transporten beauftragt hat. § 439 I S.2 HGB gilt. –

Sekundärer Erfüllungsanspruch wird geltend gemacht. Er verjährt wie der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.

LG und OLG geben der Klage im Wesentlichen statt. Revision der Klín ist erfolglos.

(13)

Also klarer:

Es geht also gar nicht um

Erfüllungsansprüche, sondern um

Schadensersatzansprüche ( = sekundärer Erfüllungsanspruch ).

Nichts Neues somit!

(14)

Brauchbarer praktischer Anwendungsfall hierzu: OLG Düsseldorf vom 20.3.13 in TranspR 13,196 ff.

„Eine unter Verstoß gegen das Aufrechnungsverbot der Ziff. 19 ADSp vorgenommene Aufrechnung

gegen Frachtforderungen stellt ein qualifiziertes Verschulden iS des § 439 I S.3 HGB dar, weshalb sich die auf die Frachtforderung anwendbare

Verjährungsfrist um 3 Jahre verlängert“ ( außerhalb von Rahmenverträgen übrigens ).

…. und wieder klarer: Verstoß gegen

Aufrechnungsverbot stellt einen qualifiziert

verschuldeten Schadensersatztatbestand dar. So

kann man es wohl sehen.

(15)

Kurze Verjährungsfristen aber nur zwischen den

am Frachtvertrag rechtlich

Beteiligten!

OLG Frankfurt v. 1.10.10 in TranspR 11, 28 ff.

Sehr komplizierter SV. Daher hier nur der Leitsatz.

Eigentlich klar, oder? Der Nichtbeteiligte gehört ja nur zum „Umfeld der Beförderung“ ( vgl. vorausgegangene Folie ).

(16)

Problem des § 439 II S. 2 HGB:

Beginn der Verjährung beim Rückgriff

... oder auch: „Grammatische gegen historische Auslegung.“

S. 2: „Abweichend von den Sätzen 1 und 2 beginnt die Verjährung von Rückgriffsansprüchen mit dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Urteils gegen den

Rückgriffsgläubiger oder, wenn kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, mit dem Tag, an dem der Rückgriffsgläubiger den Anspruch befriedigt hat, es sei denn ...“

Erfasst werden ausschließlich Regreßansprüche von Frachtführern gegen andere Frachtführer ( so Koller,

Transportrecht, Anm. 24 zu § 439 HGB; AG Bonn, TranspR 2000, 466, 467 unter unkommentiertem Verweis auf die

Begründung zum Regierungsentwurf des TRG, BT Drucksache 13/8445, S. 78 ) und nach dieser Auffassung nicht

Regressansprüche von Versicherern aus übergegangenem Recht.

So war´s angeblich ursprünglich gemeint. Aber ist das wirklich richtig? Gibt das der Wortlaut der Vorschrift her?

(17)

„ ….. es sei denn“: Tückisch!

§ 439 III S. 2 HGB : „ …es sei denn, der Rückgriffsschuldner wurde nicht innerhalb von 3 Monaten, nachdem der

Rückgriffsgläubiger Kenntnis von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners erlangt hat, über diesen Schaden unterrichtet.

Falle: Man kann davon ausgehen, daß bei längeren Frachtführerketten der Schadenstifter jedenfalls bei

verdeckten Schäden selten über den Schaden unterrichtet wird.

Gilt natürlich nur im nationalen Strassengüterverkehr!

(18)

... also nur Rückgriff in der Kette!

Wirklich nur da? Steht nicht so im

Gesetz.

(19)

Eben!

Daher klarstellend: Hanseatisches OLG v.

12.7.11 in TranspR 11, 366 ff.

LS: „Für eine Verschiebung des Verjährungsbeginns gem. § 439 II S.3 HGB ist es nicht erforderlich, dass der Rückgriffsgläubiger

seinerseits im Primärrechtsverhältnis seinem Gläubiger gegenüber als Frachtführer haftet.“

Kl´in war VHVersicherer einer Fa. Ha., die ihrerseits von einer Spedition mit dem Transport von 3 Dieselgeneratoren mit der Seebeförderung von Finnland zum Hafen Hamburg beauftragt war. Ha. beauftragte die

Beklagte mit dem Umschlag im Hafen Hamburg. Dabei kam es in deren Gewahrsam zum Schaden. Klín nimmt nach Zahlung Rückgriff.

Aus den Gründen: S. 368 re. Spalte: “ ... Das AG Bonn hat dort nur klargestellt, dass die Sonderregelung des § 439 II S.3 HGB nicht für Ansprüche von Frachtführern gegen sonstige Hilfspersonen oder für sonstige Hilfspersonen gegen Frachtführer gelte, sondern in

Abgrenzung hierzu nur für Regreßansprüche von Frachtführern gegen andere Frachtführer. Die hier interessierende Frage, ob auch der

Regreßgläubiger ein Frachtführer sein muss, ist nicht Gegenstand des Urteils. ...“

(20)

Unterscheide: Hemmung und Neubeginn der Verjährung

Hemmung ( § 209 BGB ) : Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährung nicht

eingerechnet ( heute Normalfall ).

Neubeginn ( § 212 BGB ): Die Verjährung beginnt erneut, wenn

- der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise ( Aufrechnung ! ) anerkennt.

Die transportrechtliche Hemmungsvorschrift steht in dem ( neugefassten ) § 439 III S. 1 HGB: Die Verjährung eines

Anspruchs gegen den Frachtführer wird

auch

durch eine Erklärung ...“ ( es folgt dann die bekannte „Textform“- Änderung )

(21)

Hemmungstatbestände außerhalb des

Transportrechts:

(22)

§ 203 BGB: Hemmung

der Verjährung bei Verhandlungen

S.1: „Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder über die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen

verweigert.“ – S. 2: „Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.“

Zur Auslegung: „Verhandlung“: Begriff weit auslegen! Der Gl. muß klarstellen, daß er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn im Kern stützen will. Anschließend genügt jeder

Meinungsaustausch über den Anspruch, wenn nicht sofort erkennbar die Verhandlung abgelehnt wird. Es genügen

Erklärungen, die den Gl. zur Annahme „berechtigen“ ( !!! ), der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein. - Damit genügt wohl auch einfacher

Zwischenbescheid.

(23)

Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen iSd § 203 BGB

Erforderlich ist idR ein doppeltes „Nein“: Kein

Anspruch, keine weiteren Verhandlungen ( Palandt, BGB, Anm. 4 zu § 203 BGB mwN ).

Wichtig somit: Alleinige Ablehnung des Anspruchs dürfte nicht genügen ( eine Ablehnung ist ja keine Seltenheit und erfolgt aus guten Gründen. Trotzdem wird im Anschluß daran

weiterverhandelt ). Es fehlt ein Zusatz wie: „Wir sehen die Sache als ausgeschrieben an.“ – „Für eine Klage sind wir

zustellungsbevollmächtigt“ o.ä.

(24)

HansOLG Bremen vom 16.08. 07 in

TranspR 08,167 ff. „Einschlafenlassen“

von Verhandlungen ( § 203 BGB )

LS: Ein Abbruch von Verhandlungen durch „Einschlafenlassen“ ist anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit

verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen.

„Einschlafenlassen“ = Verhandlungen nicht mehr weiter betreiben.

„Jedenfalls( ! )“ nach Ablauf von 6

Monaten durfte die Bekl. davon ausgehen, daß die Klín die Verhandlungen als

beendet ansehe .

Begründung: „...dabei endet die Hemmung nach der

Rechtsprechung in dem Zeitpunkt, in dem nach Treu und Glauben der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre.“

Die Antwort auf diese Frage bleibt aber offen und wird wohl immer offen bleiben.

(25)

§ 203 BGB:

Verhandlungen

Ganz wichtig:

Nach „Verhandlungen“

haben Sie immer noch 3 Monate Zeit !

Unter Zeitdruck stehender Gläubiger sollte also immer Verhandlungen herbeiführen bzw. der Akte

Verhandlungstatbestände ( wohl auch

Zwischenbescheid !! ) entnehmen.

(26)

Achtung!

Ungeeignete Hemmungsmaßnahmen bei Hemmung durch Rechtsverfolgung

( § 204 BGB )

... oder auch u. A.: Vom Sinn des Bestreitens der

Aktivlegitimation

(27)

§ 204 BGB: Hemmung durch

Rechtsverfolgung; hier: Mahnbescheid

§ 204 Abs. 1: Die Verjährung wird gehemmt durch ...

S. 3: die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren

Achtung: Der Mahnbescheid muß den geltend gemachten

Anspruch bezeichnen. Eine Substantiierung ist nicht erforderlich.

Schuldner muß aber erkennen können, um welche Forderung es sich handelt.

Hinweis für den Anspruchsgegner: Immer den Mahnbescheid genau durchlesen. Er enthält Fallen für den Anspruchsteller.

Hinweis für den Anspruchsteller: Klage ist sicherer als MB ( wichtig! )

(28)

Individualisierung der

Forderung im Mahnbescheidsantrag

Nochmal: Der Schuldner muß erkennen können, welcher Anspruch geltend gemacht wird. Der MB-Antrag muß also den geltend

gemachten Anspruch bezeichnen.

„Anspruch aus Werkvertrag“ genügt, wenn zwischen den Parteien keine weiteren Rechtsbeziehungen bestehen.

Wird eine Mehrheit von Forderungen geltend gemacht, müssen alle individualisiert werden ( BGH NJW 93, 862 und allg. Palandt, BGB, Anm. 18 zu § 204 ). Vorsicht also bei Geltendmachung von

Forderungen aus OP-Listen! Verweis auf konkrete OP-Liste dürfte aber genügen.

Sonst: Keine Hemmung!

VB kann natürlich immer beantragt werden.

(29)

So lautet dann die ( hausgemachte ) Entscheidung zur

Individualisierung im MB-Antrag: LG Landshut vom 7.10.09;

Az: 55 O 3352/08; ( rechtskräftig )

Das Landgericht hatte eine Frachteneinzugsklage wg. Verjährung abgewiesen. Aus den Gründen ( S. 5 ff. ):

„ ... Der MB vom 12.8.08 war nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Hierfür wäre unbedingt ( ! ) erforderlich gewesen, daß in dem MB eine

Individualisierung der streitgegenständlichen Ansprüche stattgefunden hätte.

Im vorliegenden Falle wurde in dem MB angegeben, daß sich die Hauptforderung ergebe aus Warenlieferungen gem. den Rechnungen Nr. 10736 ff. vom 30.11. 06 bis 20.12.07. Hier wurde also lediglich der Zeitraum angegeben, in welchem die Rechnungen gestellt wurden und es wurde eine Vielzahl von Rechnungen

aufgeführt, aus welchen sich die Klageforderung ergeben sollte. ...

Dies allein wäre noch nicht schädlich, wenn sich zumindestens aus dem ( auch außergerichtlichen ) Schriftverkehr bzw. aus dem gesamten Kontext der

Vertragsbeziehungen ohne weiteres ergeben würde, welche Forderungen mit dem MB nun von Klägerseite geltend gemacht werden.

Davon kann jedoch keine Rede sein. In der Klagebegründung ist vielmehr eine komplizierte Berechnung aufgeführt dahingehend, wie letztendlich der Klagebetrag zustande kommt. Insoweit wurden Rechnungsbeträge aus 20 verschiedenen

Rechnungen aufgeführt, weiterhin Provisionsleistungen, Verrechnungen von Gutschriften ...

Aus den vorgelegten Unterlagen ist nicht ersichtlich, daß für die Beklagtenseite erkennbar gewesen wäre ... ( darauf kommt es an! )“.

(30)

Nur eine Hemmungsmaßnahme des Berechtigten hemmt die Verjährung.

Aber die Berechtigung muss auch aufgedeckt werden. Die Hemmung tritt erst im Augenblick der Aufdeckung ( die auch außergerichtlich

erfolgen kann ) ein.

Dann kann es zu spät sein!

(31)

Noch Individualisierung:

Transportversicherer ...

Anstragsteller: „ A-Vers.Gesellschaft aus übergegangenem Recht der B-VN...“

Wird ein Anspruch im MB-Antrag aus

übergegangenem Recht geltend gemacht, muß dies kenntlich gemacht also offengelegt werden.

Wann ist diese Offenlegung im MB nicht nötig?

Wenn sie nötig ist, aber versehentlich vergessen

wird: Heilung möglich? Ganz einfach, aber bitte

schnell!

(32)

…und jetzt: Breaking News!

BGH v. 23.06.15 ( XI ZR 536/14 ):

Gegenleistung erbracht oder nicht erbracht. Das ist die Frage!

„Wer den Erlaß eines MB beantragt, muß … erklären, daß der Anspruch nicht von einer Gegenleitung abhängt oder daß die Gegenleistung erbracht ist. Gibt der ASt im Mahnverfahren in

Kenntnis der Rechtslage bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung ab, weil er `großen Schadensersatz` nur Zug um Zug gegen einen im Zusammenhang mit der Schädigung erlangten Vorteil … erlangen kann, im Antrag aber behauptet, der Anspruch sei von einer

Gegenleistung aber nicht abhängig, wird die Verjährung zwar nach § 204 I Nr. 3 BGB gehemmt. Die Geltendmachung des großen

Schadensersatzes stellt in diesem Fall aber einen Mißbrauch des Mahnverfahrens dar. Dieser Mißbrauch verwehrt es dem ASt

grundsätzlich, sich auf die Hemmung …. zu berufen…..“

Achtung: Unterscheide: Hemmung einerseits und Berufung auf Hemmung andererseits.

(33)

Kleiner und großer Schadensersatz?

Vom kleinen Schadensersatz spricht man, wenn der Gläubiger gem. § 281 I BGB die mangelhafte Sache behält und den

Wertunterschied zu einer mangelfreien Sache als Schaden geltend macht.

Von großem Schadensersatz spricht man, wenn der Gläubiger gem. § 281 I BGB die mangelhafte Sache zurückgibt und

Schadensersatz für die Nichterfüllung des ganzen Vertrages verlangt.

(34)

Es geht auch einfacher….

BGH v. 21.12.2011 ( VIII ZR 157/11 ): Ein Kläger kann sich nicht auf die Hemmung der Verjährung berufen, wenn er im Mahnverfahren bewusst falsche Angaben gemacht hat. Dies ist dann der Fall, wenn er entweder im Hinblick auf § 688 II Nr. 2 ZPO die (falsche )

Aussage, die Gegenleistung sei bereits erbracht oder die ebenfalls falsche Aussage, die Schadensersatzleistung hänge nicht von einer Gegenleistung ab, getätigt hat.

Wer macht diesen Fehler nicht?

(35)

Im Zweifel also keinen MB.

Und wenn: dann richtig

ausgefüllten MB. Nicht durch Azubis!

Wenn möglich also

immer Klage!

(36)

... und jetzt etwas für Winkeladvokaten:

(37)

...wenn für den gerichtlich in Anspruch genommenen Schuldner gar nichts mehr hilft – ist Rettung nah:

Bei Wechsel des Streitgegenstands entfällt die ursprüngliche Hemmung; vgl. BGH v. 4.5. 2005 in NJW 2005, 2004 ff. ( = S.

2005 rechte Spalte unten ).

BGH: „.... In der Klageschrift hat er den Anspruch zunächst ( und damit zu Unrecht ) ... aus eigenem Recht ...geltend

gemacht.“ Dann hatte er ihn aus abgetretenem Recht ( zu Recht ) geltend gemacht. „Damit hatte die Klage einen anderen Streitgegenstand. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus

abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenem Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung vor.“ –

Durch die Erhebung der Klage ist daher keine Hemmung des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs eingetreten.

Frage: Wie hilft man sich da bei der Formulierung der

Schriftsätze?

(38)

Was bedeutet das für Regreßklagen aus

übergegangenem Recht im Transportrecht ?

(39)

Ebenso BGH v. 17.11.05 in NJW-RR 06, 275 zur Individualisierung von Ansprüchen im Mahnbescheid ( Geltendmachung aus

eigenem und abgetretenem Recht )

Der Sachverhalt ist sehr kompliziert. Daher nur...

aus den Gründen ( S. 277 ): ... Die Geltendmachung von Ansprüchen aus eigenem Recht einerseits sowie aus abgetretenem Recht

andererseits betrifft auch bei einheitlichem Klageziel zwei verschiedene Streitgegenstände, weil der Antrag auf

unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt wird ( das dort

folgende RSpr.-Zitat auf BGH NJW 91, 1683 ist unzutreffend ). Ein derartiges prozessuales Vorgehen ist zwar auch im MB-Verfahren nicht ausgeschlossen, muß aber im Antrag deutlich zum Ausdruck kommen, um dem Gegner die Beurteilung zu erlauben, ob er

Widerspruch einlegen soll. Für die Bekl. war vorliegend nicht

erkennbar, welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden sollten. Eine Verjährungsunterbrechung ist deshalb auf Grund des nicht ordnungsgemäßen Mahnbescheids nicht eingetreten.

Kumulative ( ! ) und gleichberechtigte Geltendmachung aus beider Rechte ist also um eine Hemmung der Verjährung zu erreichen nicht möglich. Geltendmachung nur aus abgetretenem Recht und hilfsweise aus eigenem Recht oder umgekehrt möglich.

(40)

Führungsklausel; Offenlegung der Prozeßstandschaft; Hemmung durch Klage ( § 204 I Ziff. 1 BGB );

BGH v. 7.06.2001 in TranspR 01, 479 ( 481 )

„Die verjährungsunterbrechende Wirkung tritt im Falle einer gewillkürten Prozeßstandschaft erst in dem Augenblick ein, in dem diese prozessual offengelegt wird oder „offensichtlich ( ! )“

ist ( steht nicht so im Leitsatz ).“

SV: Klín ist gemeinsam mit anderen Versicherern

Transportversicherer der S. AG. S beauftragte Spediteur W mit innerdeutschem Transport von 9 Paketen. W wiederum die Bekl. 3 Pakete gingen bei Beklagter verloren. TV zahlt und nimmt Bekl. aus abgetretenem Recht über DM 63.246.- in Rückgriff.

Wirksame Führungsklausel. Aktivlegitimation kein Problem. Bekl.

wendet u.a. Verjährung ein. Klín hatte erstmals im SS vom 31.08.98 offengelegt, daß sie nicht alleiniger TV der S AG ist.

BGH verweist zurück u.a. zur Klärung der Frage, ob am 31.08.98 bereits Verjährung eingetreten war.

(41)

Verjährungshemmende Klage des Assekuradeurs

( vgl. LG Aachen v. 28.11.06 in TranspR 07, 40 ff. )

Sind diese Grundsätze auf den Assekuradeur anzuwenden?

Wohl ja! Prozeßstandschafter muß zum Ausdruck bringen, wessen Recht er gelten macht ( vgl. BGH v. 30.5.72 in NJW 72, 1580 ). Assekuradeur muß also aufdecken, welche Rechte welchen

Versicherers er geltend macht.

Streng von der Aktivlegitimation des Assekuradeurs

zu unterscheiden!!!

(42)

LG Aachen vom 28.11. 06 in TranspR 07,40

Leitsatz: Der Umstand, daß ein Assekuradeur in Prozeßstandschaft klagen kann und dies auch

regelmäßig zu tun pflegt, entbindet diesen nicht von der Verpflichtung zur Offenlegung der

Prozeßstandschaft. Die Formulierung, der A. klage aus abgetretenem und übergegangenem Recht,

genügt nicht zur Offenlegung der Prozeßstandschaft.

Das hier Gesagte gilt wohl auch für die Berechtigung

zur Drittschadensliquidation ( vgl. Thume, Neue

Rechtsprechung zur Verjährung im Transportrecht,

TranspR 09, 232 ff. )

(43)

Entsprechende Probleme bei Klage

Unterscheide also streng:

Aktivlegitimation (diese kann im Rechtsstreit bekanntlich immer noch nachträglich dargelegt und bewiesen werden )

und

verjährungshemmende Wirkung der Klage bzw.

des MB

(44)

... und weiter: Unwirksame

Streitverkündung und Verjährung

BGH v. 6.12.07 in NJW 08, 519 ff.: „Die Verjährung wird nur durch eine zulässige Streitverkündung

gehemmt.“

Was heißt das?: StV muß wegen eines für die Klägerin

ungünstigen Ausgang des Rechtsstreits erfolgen. Ist idR zum Zweck eines Rückgriffs der Fall. – Im fraglichen Fall ging es darum, ob im Prozeß gegen den subsidiär haftenden Notar die Streitverkündung gegen einen vorrangig haftenden Schädiger unzulässig ist ( … ist sie; vgl. die folgende erläuternde Folie ).

StV muß auch u.a. den Grund der Streitverkündung enthalten ( wird sehr gern verschlafen ). War im fraglichen Fall auch

übersehen worden. StV-Empfänger muß entscheiden können, ob es für ihn sinnvoll ist, dem Rechtstreit beizutreten.

StV-Empfänger muß auch über den Streitstand unterrichtet werden ( war nicht Gegenstand dieses BGH-Urteils ).

(45)

Nochmal BGH vom 6.12.2007 a.a.O

LS 2:“Im Prozeß gegen den vorrangig haftenden Notar ist die StV gegen einen vorrangig haftenden Schädiger

unzulässig.“

Komplizierter SV. Nur soviel: Klín verklagt WiPrG wegen Falschbeurkundung anlässlich der Beurkundung eines

Ergebnisübernahmevertrages gem. § 291 AktG. FAmt versagte Anerkennung, weil erforderliche Eintragung ins HReg unterblieb.

Kl´in hatte zunächst aber den beurkundenden Notar in Anspruch genommen und WiPrG den Streit verkündet. Klage wurde

abgewiesen, weil gegen WPrG ein vorrangiger Ersatzanspruch bestand ( § 19 I BNotO ). – Klage gegen WPrG wurde dann wg.

Verjährung abgewiesen. StV im Vorprozeß war unzulässig und hatte die Verjährung nicht gehemmt.

(46)

Weiter: BGH vom 6.12.07 a.a.O.

Grund: StV entsprach nicht Anforderungen des § 72 I2 ZPO. Sie ist nur zulässig, , wenn Partei für den Fall ( ! ) des für sie

ungünstigen Ausgang des Vorprozesses einen

Rückgriffsanspruch zu haben glaubt. Unzulässig ist daher die StV auch wegen solcher Ansprüche, die nach Lage der Dinge sowohl gegen Bekl. des Vorprozesses als auch gegenüber

jetziger Bekl. geltend gemacht werden können ( also alternative Ansprüche ).

MaW: „Die verjährungsunterbrechende Wirkung der StV tritt nicht ein, wenn und soweit ….. der der StV zugrunde liegende vermeintliche Anspruch durch den Ausgang des Rechtsstreits nicht berührt werden kann.“

Ergebnis: Anspruch gegen WPrG konnte nicht durch das

Ergebnis des RStreits gegen den Notar berührt werden. StV war unzulässig.

(47)

Streitverkündung und Hemmung der Verjährung bei Ausschlussfristen

Relevant bei den Ausschlußfristen der Art. 29 WA und 35 MÜ

BGH vom 6.10.05 in TranspR 06, 33: „Auf den Lauf der zweijährigen Klagefrist gem. Art.

29 Abs. 1 S. 1 WA 1955 ist eine Streitverkündung ohne Einfluß.“

Begründung: Verjährungs- und

Ausschlußfristen sind wesensverschieden.

Achtung: Streitverkündung gegen LFF bei

Luftfrachtstreitigkeiten erfolgt reflexhaft!

(48)

Streitverkündung und Auslandsbezug

Die Streitverkündung muss bei Rückgriffen in dem Staat, in dem der Rückgriffsprozess geführt wird, auch verjährungshemmende Wirkung haben.

Achtung bei Österreich!

Beispiel: Deutscher Spediteur S wird mit Transport von TK-Lachs von Norwegen nach Österreich beauftragt. S beauftragt mit dem Transport wiederum einen österreichischen Frachtführer F. In dessen Gewahrsam kommt es zu einem Auftauschaden. – Im mehrere Jahre dauernden Haftungsprozess in Deutschland wird dem österreichischen Frachtführer der Streit verkündet. Der

deutsche Spediteur unterliegt teilweise. Für den Rückgriff ist ein deutscher Gerichtsstand nicht gegeben. In Österreich hat die Streitverkündung keine verjährungshemmende Wirkung. In Österreich beruft sich F erfolgreich auf die Einrede der

Verjährung.

Anm.: Die anderen Wirkungen der Streitverkündung treten in Österreich natürlich ein.

(49)

Schriftform ( § 126 I BGB ) oder

Textform ( § 126 b BGB )

... das ist hier die Frage, die nicht mehr beantwortet werden muss, weil sich etwas

geändert hat.

(50)

OLG München vom 23.7.08 in TranspR 08, 321 ff.: „EMail und Schriftform iSd § 439 III HGB.“

LS: „Nach § 439 III S.1 HGB wird die Verjährung durch schriftliche

Erklärung des Absenders oder Empfängers gehemmt. Eine Erklärung in Textform, hier: EMail genügt den Formerfordernissen nicht und vermag eine Verjährungshemmung nicht zu bewirken.“

SV.: Die 1-jährige Verjährungsfrist war bei Klageeinreichung bereits abgelaufen. Durch eine Email vom 8.1.07 wurde ein Sachschaden reklamiert. Eine die Frist wahrende Hemmung durch diese Email war jedoch nicht erfolgt.

Begründung: § 439 III HGB verlangt für die verjährungshemmende Erklärung die Schriftform. Für eine Auslegung dahingehend, daß die Norm entgegen ihrem Wortlaut eine Erklärung in Textform

ausreichend sein lässt, ist kein Raum. Textform soll in den Fällen ausreichen, in denen das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift unangemessen und verkehrserschwerend wäre. Dies ist bei

Vorgängen ohne erhebliche Beweiswirkung ( etwa Schadensanzeige gem. § 438 IV HGB ) der Fall. An eine Haftbarmachung werden höhere Anforderungen gestellt. Sie muss sich auf ein bestimmtes

Schadensereignis beziehen, die Person des Anspruchstellers

unzweideutig ausweisen und dem Ff. klarmachen, er müsse für den Schaden einstehen.

(51)

Dazu der BGH vom 20.9.2012 in TranspR 13,156 ff.

„Die Erklärung der Haftbarhaltung bedarf zu Ihrer Wirksamkeit der Schriftform

gem. § 126 I BGB.“

(52)

„Drei berichtigende Worte des

Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zur Makulatur.“

Kirchmann „Über die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft.“

(53)

Gesetz zur Änderung des Seehandelsrechts vom 24.04.2013

§ 439 III S.2 HGB: Die Erhebung der Ansprüche sowie die Ablehnung

bedürfen der Textform. – S. 3:

Eine weitere Erklärung, die denselben Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, hemmt die Verjährung nicht erneut.

(54)

Zum Abschluss: Verjährung bei aufeinanderfolgenden Frachtführern

Art. 39 Ziff. 4 CMR: „Die Bestimmungen des Art. 32 ( Verjährung ) gelten auch für Rückgriffsansprüche

zwischen Frachtführern. Die Verjährung beginnt jedoch entweder mit dem Tage des Eintritts der Rechtskraft eines Urteils über die nach den

Bestimmungen dieses Übereinkommens zu zahlende Entschädigung oder, wenn ein solches rechtskräftiges Urteil nicht vorliegt, mit dem Tag der tatsächlichen

Zahlung.“

Vgl. hierzu § 439 II S.2 HGB: Nur der „es sei denn…“ -

Passus in § 439 HGB fehlt bei Art. 39 Ziff.4 CMR.

(55)

BGH v. 19.4.07 in TranspR 07, 416 ff. ( 417) zum aufeinanderfolgenden Frachtführer

Der LS betrifft eine Zuständigkeitsregelung bei aufeinanderfolgenden Frachtführern

BGH a.a.O. S. 417: „Eine bloße Aufeinanderfolge von

Unterfrachtführern im Zusammenhang mit der Beförderung ein und desselben Transportguts reicht dafür nicht aus.

Aufeinanderfolgender Frachtführer iSv Art. 34 CMR ist vielmehr nur derjenige Unterfrachtführer, der durch Annahme von Gut und Frachtbrief als sog. Samtfrachtführer gesamtschuldnerisch neben dem ihn beauftragenden Haupt- oder Unterfrachtführer Vertragspartei des Absenders wird.

Weiter folgende Folie.

(56)

Weiter BGH vom 19.4.07 in TranspR 07, 416 ff. ( 417 ) zum aufeinanderfolgenden Frachtführer.

Im Streitfall fehlte es an einem durchgehenden Frachtbrief, weshalb der BGH weiter ausführte ( S.417 ):

„Frachtbrief iSd Art. 34 CMR ist der über den Frachtvertrag

zwischen dem Absender und dem Hauptfrachtführer ausgestellte durchgehende, auf die gesamte Beförderungsstrecke lautende und dem Hauptfrachtführer vom Absender ausgehändigte

Frachtbrief. Wenn ein solcher Frachtbrief nicht ausgestellt oder vom Unterfrachtführer nicht angenommen oder an diesen nicht weitergegeben worden ist, ist der Unterfrachtführer kein

aufeinanderfolgender Frachtführer iSd Art. 34 CMR. ……. Der über die gesamte Strecke ausgestellte Frachtbrief muß vom Absender und vom Hauptfrachtführer unterzeichnet sein.

Eigene Anm.: Ist wohl alles sehr selten!

(57)

OLG München ( 23 U 5062/11 ) zum Problem des sog.

„spätentstehenden“ Anspruchs.

SV: Zu Fixkosten befördernder Frachtführer F macht gegen

Spediteur/Absender Standgeldansprüche als Schadensersatz geltend, weil ein Sammelladungstransport an der russisch/ukrainischen Grenze

aufgehalten wurde, weil nach nat. Recht erforderliche Genehmigungen für deren Einholung der S verantwortlich war, für die Durchreise des LKW fehlte. Das LG hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen.

Begr.: 1. Auch wenn die Einholung der Genehmigungen eine speditionelle Dienstleistung ist, gilt Art. 32 CMR und nicht § 439 HGB. Grund: Der

Fixkostenspediteur ist „Carrier“ iSd Art. 1 CMR ( Koller, TRecht; Rdnr. 2 zu Art. 1 CMR ). Fristbeginn also 3 Monate nach Abschluß des Beförderungsvertrags und nicht nach Ablieferung. Das ist die Besonderheit dieses Falles!

Bei langdauernden Transporten kann damit ein Anspruch bereits vor Ablieferung verjährt sein.

2. Daran ändert es nichts, wenn Ansprüche der Klägerin erst geraume Zeit nach Vertragsschluß, nämlich erst mit dem Festhalten des Transports durch den Zoll entstanden sein können ( vgl. hierzu BGH v. 11.12.81 in VersR 82, 649 ). Ff.

hätte Feststellungsklage erheben können. Hinzu kommt, dass dem Gläubiger die einjährige Frist erhalten blieb, da das Festhalten durch den Zoll noch vor Ablauf der 3-Monatsfrist erfolgte.

3. Anhaltspunkte für ein qual. Verschulden des S sind nicht vorgetragen.

(58)

Danke für´s Zuhören!

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