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Mannsbilder

Predigt beim Diözesantag der Katholischen Männerbewegung in Oberösterreich 29. Oktober 2016, Bildungshaus Schloss Puchberg, Wels

In einer scharfen Polemik lässt sich der oberösterreichische Schriftsteller Franzobel in der

„Welt der Frau“ über die Verunsicherung im Rollenfindungsprozess des Mannes aus: Dem Mann werden „ständig Befehle ins Hirn gejagt, die mit dem eigentlichen männlichen Selbst wenig bis nichts zu tun haben. Plötzlich müssen wir mitfühlen, ‚gendern‘, die Dinge auch aus der Frauenperspektive betrachten, im Haushalt helfen, bei Geburten dabei sein, auf Frauen- quoten achten, stricken, kochen, abwaschen, Babys wickeln, mit den Kindern zum Arzt gehen, im Sitzen pinkeln, Schnarchmasken tragen, vegetarisch essen, Kleidung zusammenlegen … Das Leben als Mann ist kompliziert geworden“1. Und weiter: „Der Mann wird abgeschafft. Das Rollenbild ist diffizil und praktisch unerfüllbar. Wir sollen aussehen wie George Clooney, aber kochen können wie Jamie Oliver. Einfühlsam wie Sigmund Freud müssen wir sein, höflich wie Peter Alexander und sollen tanzen wie der junge Thomas Schäfer-Elmayer.“2 Er stellt eine rhetorische Frage, die er gleich selbst beantwortet: „Aber ist in dieser regenbogenbunten Welt noch Platz für den stinknormalen Hetero-Mann, der nicht zumindest ein schweres seelisches Trauma verarbeiten muss oder irgendeiner Minderheit angehört? Nein.“3

„Sei ein Mann!“ So wird manchmal zu wehleidigen Söhnen, aber auch zu zögernden, abwä- genden Männern gesagt. Diese Phrase ist heutzutage sicherlich weniger gebräuchlich – sie ist aber irgendwie noch in unseren Köpfen verankert: Zu einem Mann gehören Verhaltensmus- ter, Ideale, Bilder und Klischees, ein Mann verkörpert Entschlossenheit, Tatkraft und Durch- setzungsvermögen. „Sei ein Mann“ – damit wird auch ausgedrückt, dass es nicht ausreicht, als Mann geboren zu sein, man muss auch durch sein Verhalten diese unausgesprochen ge- bliebenen Erwartungen erst erfüllen, um als Mann im Vollsinn gelten zu können. Das wirft bei Licht besehen natürlich Fragen auf. Denn augenscheinlich können diese Ideale der Realität nicht standhalten und sie halten auch mit der Entwicklung eines zeitgemäßen Männerbildes nicht Schritt. Die Suche nach dem richtigen Verständnis des Mannseins spiegelt sich aber nicht nur in archaisch anmutenden Männlichkeitsstereotypien wider. So skizziert mit einer ge- hörigen Portion Süffisanz ein Psychologe die Anforderungen an den modernen in Beziehung lebenden Mann folgendermaßen: „Die meisten Frauen wünschen sich von ihren Partnern … einen Mann, der zu eigenen Ängsten und Schwächen stehen und über diese sprechen kann, der Verständnis und Empathie beweist, der fürsorglich und zugewandt ist … Es sollte am liebs- ten ein fürsorglicher, emotionaler und sensibler Mann sein, mit dem männlichen Charisma ei- nes George Clooney. Ein ganzer Mann im wahrsten Sinn des Wortes. (…) Ein Fels in der Brandung, eine Schulter zum Anlehnen sein – aber auch weich und anlehnungsbedürftig. Ei- ner, der das Holzhacken mit nacktem Oberkörper gern unterbricht, wenn die Frau aus dem Büro kommt, um bei einem Latte macchiato über ihren Arbeitstag zu sprechen. Wobei seine Einfühlsamkeit gefragt ist: Er soll die Gefühle und Bedürfnisse seiner Partnerin nicht nur ver-

1 Franzobel, Die Selbstfindung der Männer, in: Welt der Frau 09/2016, 13-18. Hier: 14

2 Franzobel, Die Selbstfindung der Männer, 14ff.

3 Franzobel, Die Selbstfindung der Männer, 14.

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stehen, sondern von sich aus erkennen. Vor allem soll der Mann nicht nur zärtlich, aufge- schlossen und kommunikativ sein. Nein, er soll so sein wollen. Diese Doppelanforderung an Männer ist bereits ein fester Bestandteil unserer heutigen Kultur.“4

Ob wir es wollen oder nicht, als Mann ist man versucht, Rollen gerecht zu werden, die einen bisweilen fordern und überfordern. Die Frage, wie ich als Mann meiner Bestimmung gerecht werde, lässt sich vielleicht mit Blick auf das Evangelium beleuchten. Johannes der Täufer, dieser unbeirrbare Rufer in der Wüste mit seiner kompromisslosen Botschaft, fragt nach der Bestimmung Jesu. Wie kann er sich sicher sein, dass Jesus, den er – der Vorläufer – als Messias angekündigt hat tatsächlich jener Hoffnungsträger ist? Jesus lässt als Antwort seine Taten sprechen. Er reagiert nicht mit wortreichen Bestätigungen, himmlischen Offenbarungen oder Vorwürfen der Kleingläubigkeit. Nein, er weist Johannes daraufhin, was er tut und bewirkt:

Blinde sehen wieder, Lahme gehen, Aussätzige werden rein; Taube hören Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet.

Was ist unsere Bestimmung? So sehr es hilfreich für die eigene Orientierung ist, sich über die eigene Rolle als Mann im Klaren zu sein, so sehr muss uns auch bewusst bleiben, dass bei aller wortreicher Erörterung dieser Frage eine letzte Zurückgeworfenheit auf uns selbst beste- hen bleibt. Das Gebet, das Vertrauen auf die Geborgenheit in Gott kann befreiende Wirkung haben. Vor Gott gelte ich nicht als Mann mit gesellschaftlichen und beziehungsrelevanten Funktionen, sondern als die Person, die ich bin, gleichsam nackt, ungeschützt und verletzlich – aber angesehen mit dem liebenden Blick des guten Urgrundes. Vor Gott muss ich nichts beweisen, vor Gott muss ich keine Rolle spielen. Diese Glaubenserfahrung kann Auswirkun- gen auf das ganze Leben haben. Dieses Leben macht – so wie die Taten Jesu – mein Mann- sein, besser: mein Menschsein aus. Der Philosoph Clemens Sedmak zählt sechs Grundeigen- schaften des Lebens auf5:

Leben ist unbegonnen: Es weist über sich hinaus, wir können unser Leben nicht selber begin- nen, es wird uns geschenkt.

Leben ist einzigartig: Die Merkmale eines jeden Menschen sind unverwechselbar, aber auch das, wie jede und jeder Beziehungen, sein Umfeld, ja die Welt gestaltet sind unvergleichlich.

Die Welt würde sich ohne jeden einzelnen Menschen anders gestalten, als sie es tut.

Leben ist undurchmessbar: So viel hat in einem einzigen Leben Platz, vieles gelingt, vieles misslingt, jedes Leben entzieht sich aber genauen Maßstäben und endgültigen Beurteilungen durch andere Menschen.

Leben ist bluterfüllt: So sehr Leben das Blut in freudiger Erregung in Wallung bringen kann und so sehr es Leidenschaft bereithält, so sehr muss es auch Blutleere und Verwundbarkeit aushalten. Leben bringt Liebe aber auch Verlust und Tod mit sich.

Leben ist prägend: Indem wir unser Leben so und nicht anders leben, prägen wir auch das Leben anderer Menschen. So gilt natürlich auch, dass unser Leben durch die anderen geprägt wird. Wir müssen das Bewusstsein haben, dass wir Spuren hinterlassen in den Biographien anderer.

4 Björn Sufke, Die männliche Angst vor den Gefühlen, in: Psychologie heute 03/2008, 30-33. hier: 33.

5Vgl. Clemens Sedmak, Das Gute leben. Von der Freundschaft mit sich selbst, Innsbruck 42016. 25-47.

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Leben ist offen: Leben wirkt über sich hinaus, nicht alles kann in einem Leben abgeschlossen werden. Die Fragen nach dem Woher und Wohin müssen schließlich offen bleiben. Hier bleibt die Hoffnung und der Glaube an ein Gehalten-Werden durch Gott.

„Dieses Leben versuchen wir zu leben: unbegonnen, einzigartig, undurchmessbar, bluterfüllt, prägend, offen. Das ergibt eine Weite und eine Tiefe, die sich nicht in Listen oder Rezepten abbilden lässt. Die Suche nach dem Guten im Leben ist deswegen auch nicht über Abkürzun- gen zu erledigen; die Suche nach einem guten Leben ist eine Lebensaufgabe – und schwer, richtig schwer. Man kann beim guten Leben ebenso wenig wie beim Reich Gottes sagen:

„Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es!“ (Lk 17,21) Man kann nicht darauf zeigen; die Suche ist und bleibt uns aufgegeben und kann nie selbstgefällig abgeschlossen werden.“6

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Statement beim Diözesantag der Katholischen Männerbewegung in Oberösterreich 29. Oktober 2016, Bildungshaus Schloss Puchberg

Die KMB formuliert in ihren Erklärungen sechs Werkzeuge, um sachgerecht und kompetent auf die Anforderungen der Gesellschaft reagieren zu können.

a) Perlen des Lebens, b) Hoffnung, c) Verwalter, d) Gelassenheit, e) Menschenwürde, f) Verantwortung

a) männliche Stärken: nicht nur Härte, Stärke, Dominanz und Durchsetzungsfähigkeit, sondern auch Empathie, Kooperation, Gemeinschaft, Fürsorge -> wichtig für Rollenfindung Partner/

Vater

b) gegen das Schüren von Ängsten; Einsatz für lebenswerte Zukunft für alle Menschen c) behutsamer Umgang mit materiellen Gütern

d) wertschätzender Umgang, Weg des toleranten Miteinanders

e) Menschen am Rand der Gesellschaft werden in den Blick genommen; auch die Ungerech- tigkeiten zwischen den Geschlechtern bzw. SEI SO FREI für die Menschen im Süden

f) für nachhaltige Gestaltung der Lebensräume

Die Katholische Männerbewegung – ausgestattet mit einer Werkzeugkiste – ist, um im Bild zu bleiben, eine Handwerkszunft der Kirche, die sich um die Herstellung eines guten Lebens für alle bemüht. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal, das tun gottseidank auch andere Zünfte der Kirche. Aber die Handwerkszunft KMB erreicht zum einen eine weite Zielgruppe. Eine Ziel- gruppe, der kein adäquates Werkzeug zur Verfügung gestellt wird oder die aufgrund äußerer nicht kontrollierbarer Einflüsse auf handwerklich geschultes Personal ständig angewiesen sein muss. Und zum anderen erreicht die KMB Lebenswelten, die andere nicht in dieser Weise im Blick haben. Sie agiert dort, wo andere nicht agieren können.

6 Clemens Sedmak, Das Gute leben, 47.

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In ihren Erklärungen hat die Katholische Männerbewegung die für sie maßgeblichen Werk- zeuge benannt. Für die vorgestellten Werkzeuge musste nicht neu um Patent angesucht wer- den. Es sind altbekannte, vertraute Werkzeuge, vielleicht mit moderneren Griffen. Sie sind in ihrer Funktionsweise erprobt und zielführend. Es sind keine Werkzeuge, die sich nicht auch in anderen Werkzeugkisten finden. Aber es sind Werkzeuge, die man auch erst einmal in dieser Kombination in einen Koffer packen und mit denen man so auf Montage gehen muss.

Es ist freilich eine Kunst, das richtige Werkzeug auszuwählen und es auch sinngemäß anzu- wenden. Mit Bedacht ist abzuwägen, welche Situation welches Hilfsmittel erfordert. Aber: Das für Jesus spezifische Männlichkeitsideal - so die Erkenntnis jüngerer neutestamentlicher For- schung - beruht „radikal … auf der Verpflichtung zu Initiative und aktivem Handeln“7. Was nichts anderes heißt als: Das Werkzeug muss verwendet werden. Man darf nicht im Zögern verharren.

Wichtig scheint mir noch anzumerken, sich immer auch die Frage zu stellen, wer ist mein Auftraggeber? Wer ruft mich dazu auf, mich mit dem mitgegebenen Werkzeug auf die Welt- wahrnehmung und -gestaltung einzulassen? Mit wem muss ich mein eigenes Anliegen immer wieder abgleichen und von wem muss ich mich auch hinterfragen lassen? Es muss klar sein:

Auftraggeberin ist das Evangelium. Mit dem Ziel, das gute Leben für die Menschen zu ermög- lichen.

Ein Ziel, das die KMB auch in ihrem Jahresthema „LEBENSWERT“ aufgreift.

„Wenn wir ein gutes Leben leben wollen, richten wir uns nach dem Guten aus; Güter … sind wertvoll, kostbar, teuer. Sie werden dadurch zu einem Gut, dass sie zum Guten beitragen oder etwas Gutes verkörpern. Das Gute ist das, was wir leben wollen, aber auch das, worauf wir hinleben sollen. Es gibt dem Leben nicht nur Halt, sondern auch Richtung. Das Gute ist das, was um seiner selbst willen angestrebt werden kann; das Gute ist das, was „mit ganzem Her- zen“ verfolgt werden kann, also das, was mich mit starker Sorge erfüllt; das Gute ist das, was gute Frucht bringt, wie Jesus betont (Mt 7,16). Das Gute ist das, was ein ‚Mehr‘ an Leben und Liebe schafft und ermöglicht. Das Gute ist das, was Blühen ermöglicht und die Erfahrung: ‚Es blüht hinter uns her.‘“8

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

7 Hans-Ulrich Weidemann, Mannsbilder und Männlichkeitsdiskurse, in: Herder-Korrespondenz 10/2016, 41-44.

Hier: 43.

8 Clemens Sedmak, Das Gute leben. Von der Freundschaft mit sich selbst, Innsbruck 42016, 79.

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