SVEN BÖLTE
Karolinska Institutet Center of
Neurodevelopmental Disorders (>KIND<) Dept Women’s & Children’s Health
CAP Stockholm, Center for Psychiatry Research Region Stockholm
www.ki.se/kind; sven.bolte@ki.se
@bolte_sven
ICF bei Autismus –
Bedeutung für die Praxis
@kindkarolinskainstitutet
Schlussfolgerungen („Take home message“)
▪ Die klinisch-diagnostische Praxis bei Autismus bedarf (dringend) der ICF Perspektive!
▪ Die ICF leitet einen Paradigmenwechsel bei Diagnostik und Intervention ein: Von Diagnose/Symptomatologie zu Förderung, Funktion und Lebensqualität.
▪ Die ICF stellt einen systemischen Ansatz zur Verfügung, der u.a. die Verantwortung der Umwelt und ganzen Gesellschaft bei Autismus betont.
▪ Die ICF macht sowohl individuelle Schwächen als auch Stärken UND fördernde und hindernde Umweltfaktoren sichtbar.
▪ Die ICF ist nicht nur für die Bedarfsermittlung und Ermittlung von Eingliederungshilfe geeignet, sondern in vielen Ländern gesetzlich vorgeschrieben
▪ ICF Core Sets und eine neue Online Plattform können das Arbeiten mit der ICF bedeutsam erleichtern.
ICF
Internationale Klassifikation der
Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit
Interaktives bio-psycho-soziales Modell
Kontext- faktoren
Komponenten und Kapitel der ICF
Unterkapitel
Kodierungen (Bsp. Umweltfaktoren/Einstellungen)
ICF WHO
http://www.who.int/classifications/icf/en/
ICF auf deutsch (DIMDI)
Ganzheitlich / holistischer Ansatz?
Individualisiert?
Autismus Heterogenität
Lombardo et al. 2019, Mol Autism
Funktion Lebensqualität Sichtweisen
auf Autismus
Was ist Funktion(-stüchtigkeit)?
Stärken & Schwächen, Hindernisse & Möglichkeiten, die sich aus dem Zusammenspiel eines Individuums und
seiner/ihrer spezifischen Umwelt ergeben
“Ein Mensch in seiner/ihrer Welt„
Leistung und Leistungsvermögen
Funktion und Autismus (Bsp.)
Exekutive Funktionen, Selbstregulation Inklusion in der Schule, Arbeitsmarkt Soziale Kognition
Funktion, Autismus und Lebensqualität (Bsp.)
Schlaf,
Selbstregulation
Interventionsziele von Autisten und Eltern
Funktion/Lebensqualität in der Interventionsforschung
▪ (Diagnostisches Kriterium)
▪ Weniger stigmatisierend
▪ Wichtiger / aussagekräftiger als Psychopathologie im Alltag
▪ Beschreibt besser die Herausforderungen/Schwierigkeiten im (wirklichen) Leben
▪ Informativer für Interventionsplanung; Priorisierung von Behandlungszielen
▪ Erleichtert genauere Kostenberechnung
▪ Vereinfacht Kommunikation zwischen Experten, Patienten, Familie, Umwelt
▪ Weniger umstritten als Diagnose / Symptome
▪ Spiegelt die Auswirkungen des vollständigen Phänotyps wieder (Diagnose(n)/Symptome kombiniert)
▪ Gut für den Ruf der Psychiatrie / Versorgung
Warum mehr Gewicht auf Funktion (Lebensqualität)?
Pluralistisches Verstehen von autischen Menschen
> Erfassung eines spezifischen Individuums in einem spezifischen Kontext
Effektive Dokumentation und Kommunikation durch
Verschlüsselung funktionaler Information (s, b, d, e, p)
Integration von Neuro- diversitäts- und
biomedizinischem Modell
▪ Wenn/weil das Individuum sich nicht anpassen kann
▪ Weil das gut für alle ist (Universelles Design)
▪ Moralisch richtig (vergl. physisches Handicap)
▪ Einfacher und erfolgreicher (weil…….)
▪ Ökonomisch nachhaltig (Problem nur 1x lösen)
▪ Forderungen auf erreichbarem Niveau stellen!
▪ Es bleibt immer genug Anpassung für Individuum übrig („Mainstream“)
Betonung vom Umwelt-
Verantwortung und Optionen für
Verbesserung/Anpassung
Organisation/Qualität der Versorgung
& Inklusion
Bsp. Physische Umwelt
Gründe für Schulverweigerung
[Neuropsychiatry Society Attention &
Autism & Asperger Society Stockholm, 2016]
Schechtes Schul/-Lernmilieu Mobbing
Mangelndes Verständnis/Entgegenkommen von Lehrern
Komplizierter Schulweg
Mittagessen/Kantine
Bsp. Physische Umwelt
Architektur neuer Schulen
[Neuropsychiatry Society Attention &
Autism & Asperger Society Stockholm, 2016]
Autismus
Detailaufmerksamkeit Ehrlichkeit
Expertise und Spezialwissen Mathematische Fertigkeiten Kreativität
Musische Fertigkeiten
Potenzielle Stärken bei Autismus
ICF: Gebrauch & Akzeptanz (in der Versorgung)?
Gemeinsame Sprache?
Offenheit für Anwendung?
Akzeptanz als führende Klassifikation?
Komplexität!
Umfang! Anwendbarkeit!
Diagnosen(an)passung?
Bickenbach J, Cieza A, Rauch A, Stucki G, ed. ICF Core Sets:
Manual for Clinical Practice: Hogrefe, Göttingen; 2012
www.icf-research-branch.org
s110 s120 s130 s140 s210 s230
… b110 b114 b117 b122 b126 b140 b144 b147 ...
d110 d115 d120 d129 d130 d160 d166
… e110 e115 e120 e125 e130 e150
…
s410 s430 s710 b110 b130 b134 b152 d240 d410 d415 d420 e110 e115 e120
ICF (CY)
1685 Kategorien
Empirisch begründete Standardauswahl
(übersichtlich, wichtigste Kodierungen)
Ankylosing spondylitis
Breast cancer
Chronic ischemic heart disease
Chronic widespread pain
Depression
Diabetes
Hand conditions
Head and neck cancer
Low back pain
Multiple sclerosis
Obesity
Obstructive pulmonary diseases
Osteoarthritis
Osteoporosis
Rheumatoid arthritis
Schlafstörungen
Development of ICF Core Sets
Spinal cord injury
Stroke
Traumatic brain injury
Bipolare Störungen
Inflammatory bowel diseases
Vocational rehabilitation
Cardiopulmonary, muskuloskeletal and neurological conditions in acute and early post-acute setting including for geriatrics
Acute inflammatory arthritis
Hearing Loss
Vertigo
Cerebral Palsy in children/youth
Schizophrenie
Jüngste Entwicklungen
Autismus ADHS
Verfügbare ICF Core Sets
Entwicklung von
Core Sets für
Autismus
ICF Core Sets für Autismus
46 bis 111 ICF Kategorien vor allem Aktivität/Partizipation & Umwelt
12
48
41
18
53
28
1 26
42
27
0 6 10 20 30 40 50 60
b d e s
ADHD, % ASD, % CP, %
Core-set
Validität?
Mehr Validierung
• ICF Core Sets für Autismus decken mehr als 90% relevanter Inhalte für Jobsuche/ Berufstätigkeit/
Bewerbung etc ab.
In vielen Ländern zur
Bedarfsermittlung und Ermittlung von Eingliederungshilfe gesetzlich vorgeschrieben oder Teil von
nationalen Plänen / Richtlinien
Implementierung der ICF core sets
Umbau, nicht
Anbau, in der
Diagnostik
icfcoresets.se
Resultatübersicht: Stärken und Schwächen
Unterschiedliche Informanten
Resultatübersicht: Förderfaktoren und Barrieren
Unterschiedliche Informanten
Mehr ICF denken, handeln, fordern!
Mehr über ICF und Core Sets bei Autismus
Publikationen:
https://link.springer.com/arti cle/10.1007/s00787-018-
1119-y
https://journals.sagepub.co
m/doi/pdf/10.1177/136236131
8755522
Danke!
Swedish Science Council Vinnova
FORMAS, FORTE Promobilia
Clas Groschinsky Minnesfond Trygg Hansa
Steering Committee
Elles de Schipper, Soheil Mahdi, Aiko Lundequist, Anna Löfgren,
Eric Zander, Elina Wessman Alle Teilnehmer &
Forscher