Pulvermaterial- und Prozessentwicklung für die additive Herstellung von porösen silikatischen Formkörpern
Anne-Marie Schwager | Ernst-Abbe-Hochschule Jena1 Jan Dellith | Leibniz-Institut für Photonische Technologien2 Edda Rädlein | Technische Universität Ilmenau
Jens Bliedtner1, Armin Bruder1, Patricia Lasch1, Volker Reichel2, Hardy Baierl2
Selektives Lasersintern (SLS)
• Herstellung individueller Bauteile, komplexe Geometrien, Prototyping
• Etablierte SLS-Materialien bisher v.a. Polymere, Metalle, Keramiken
SLS Glas?
• Wenig wiss. Literatur; bislang nur für niedrigschmelzende Glassysteme;
meist ohne Ansprüche an “optische Qualität”
• Quarzglas: hohe technologische Herausforderung (notwendige Temperaturen)
Quarzglas:
• Einsatz von “Quarzglaspulvern” könnte neue Möglichkeiten eröffnen – z.B. für die Herstellung komplexer Bauteile für optische
Anwendungen
Beispiel:
Preformen für optische Spezialfasern mit neuen Geometrien, deren Herstellung mit etablierten Ver- fahren nur schwer möglich ist
Materialentwicklung
& Anpassung Hardwareentwicklung
3D- Drucksystem Bauteilverglasung &
Nachbearbeitung
Perspektive
Verwendung als optische Bauteile;
z.B. Preformen
Auf SLS-Prozess zuge- schnittene SiO2-Pulver
Formkörper unterschiedlichster Geometrie
2
Schichtherstellung, Rakelverhalten
Lasereinkopplung,
“Energietransfer”
Sinter- & Ver- glasungsverhalten
• Teilchengröße
• Größenverteilung
• Teilchenform
• Teilchengröße
• Dichte
• Morphologie
• Trocknungsgrad (OH)
• Reinheit (Kontamination v.a. mit 3d-Elementen)
Rohmaterial: synthetischer SiO2-Soot
Nebenprodukt der industriellen Quarzglasproduktion via Gasphasenprozess
SiO2 – Nanopartikelbildung via FHD HR-SEM Abbildung: primäre Soot-Partikel 𝐅𝐅𝐅𝐅𝐅𝐅 𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟𝐟 𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐟𝐟𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡 𝐡𝐡𝐟𝐟𝐝𝐝𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐡𝐝𝐝𝐡𝐡𝐡𝐡𝐝𝐝 :
𝐒𝐒𝐡𝐡𝐒𝐒𝐟𝐟𝟒𝟒+𝟐𝟐𝐅𝐅𝟐𝟐+𝐎𝐎𝟐𝟐 → 𝐒𝐒𝐡𝐡𝐎𝐎𝟐𝟐+𝟒𝟒𝐅𝐅𝐒𝐒𝐟𝐟
Abblildung: Heraeus-Quarzglas; Germany
In großen Mengen verfügbar (häufig Abfallprodukt, nur wenige Anwendungen)
z.T. höchste Reinheit
Eigenschaften des Sootmaterials:
• Partikelgröße: 5…100 nm
• Spezifische Oberfläche: 30…400 m²/g
• Schüttdichte: 10…20 g/l
• Stampfdichte: 50…100 g/l
• Höchste Reinheit: Fe im ppb-Bereich
• Tendenz zur Oberflächenkontamination (Adsorption)
• Schwieriges Handling (geringe Schüttdichte)
• Material „nicht“ pressbar
• Ungeeignet für Rakelprozess & Laserexposition
→ Keine unmittelbare Nutzung für SLS
→ Überführung der Nanopartikel in größere Einheiten
1. Präparation stabiler Suspensionen
• Verschlickern (40% Feststoffgehalt)
• Sieben (200 µm) zur Entfernung von Klümpchen
• Anpassung Feststoffgehalt (bi-destill. H2O)
• Stabilisierung NH3 Lösung (bis zu pH 10)
• Homogenisierung
Wirbelschichtgranulation Rotationsverdampfer Sprühtrocknung
Abb.:Glatt GmbH
2. Erzeugung von Granulaten
Erzeugte Granulate: Unterschiedliche Partikelform- und -größe und entsprechend unterschiedliche Eigenschaften & Eignung für SLS
Rotationsverdampfer Sprühtrockner Wirbelschicht
Nachbearbeitung:
• Fraktionierung
• Reinigung und Trocknung
• Vorsintern/Vorverdichtung
• Plasmasphärodisierung & Verglasung
Testprozedur
• Präparation von Presslingen
• Vorsinterung & Verglasung
• Nachbearbeitung
• Faserziehen
Pulverreinigung & Trocknung: thermochemische Behandlung (Heißchlorierung) wesentlich für weiterer Verarbeitung (Blasenbildung) und optische Eigenschaften
Pressling
Verglaste Preform für Faserziehen
400 600 800 1000 1200 1400 1600
0 500 1000 1500 2000 2500
Fe2+
OH OH
OH
OH GS224
wavelength [nm]
attenuation [dB/km] GS216
OH
acrylate bands
Vergleich Dämpfungsspektren: Grunddämpfung @ 1100 nm im unbehandelten Material deutlich erhöht
• Tempern @ 950°C / 9 Stunden in O2/He Atmosphäre
• Tempern @ 950°C / 5 Stunden in Cl2/He Atmosphäre (Chlorierung)
• Tempern @ 950°C / 20 Stunden in O2/He Atmosphäre (Dechlorierung)
Reduzierung des OH Gehaltes (Trocknung; HCl ↑) und von Kontaminationen (Übergangsmetalle, v.a. Eisen; FeCl3↑ )
Preform
Vorsinterung/Verdichtung:
• Abbau der inneren Oberfläche unter Erhalt der Rieselfähigkeit
geringere Pulverreaktivität, geringere Abdampfrate durch Laserbestrahlung
Abbau der spezifischen Oberfläche mit steigender Temperatur
Ausgangszustand; T ≤ 1000°C
T ≈ 1100°C
T ≥ 1200°C
900 1000 1100 1200 1300
0 10 20 30 40 50 60
specific surface area [m²*g-1 ]
annealing temperature [°C]
Sphärodisierung und Verglasung mittels Hochtemperatur – Plasmabehandlung:
Verwendung eines Kleinleistungs – Sauerstoff - Mikrowellenplasmas
(Experimental-/Laboraufbau; angepasst für Pulverprozessierung)
• Prozessgas: O2 (Gegenstrom)
• Generatorleistung: 3.5 kW
• Plasmatemperatur: 3000…4000°C
• Output ca. 500g/h
Unregelmäßig geformte Ausgangspartikel
Sphärische Glaspartikel
Ergebnisse
Alternative Ausgangsmaterialien: natürliche, kristalline Quarzsande
Vor der Plasmabehandlung:
Quarzmodifikation
Nach einmaliger Plasmabehandlung: : deutlich erhöhter amorpher Anteil; nach 2. Be- handlung nahezu vollständig röntgenamorph
Synthetisches SiO2- Sootmaterial
Natürliche, kristalline Ausgangsmaterialien
Suspensionen, Granulation, Reinigung
Hochreine Granulate mit variabler Teilchenform/ -größe
Vorgesinterte, hochreine Granulate
Glassphären via Plasmabehandlung
Glassphären via Plasmabehandlung Fraktionierung,
Reinigung
Direkte Nutzung
Anwendung im HT - SLS - Verfahren
• Selektives Lasersintern (SLS)
• Generierung von Geometriedaten durch Segmentierung des Volumenmodells (CAD-Datei) in Schichtenfolge und Anzahl der Schichten
1. pulverförmiger Werkstoff im Materialbehälter definierte Verteilung auf Bauplattform durch Pulvertransportsystem Rakel oder Walze
2. scannende Laserstrahlung selektives An- oder Aufschmelzen des Pulvers
3. Abkühlung und Erstarrung zu fester Schicht
4. Absenken der Bauplattform um den Betrag der Schichtdicke
• Wiederholung der Schritte bis zur Fertigstellung des
Stand der Technik
• FDM ® basierter 3D-Druck
• Extrusionsverfahren kommerziell etabliert für Polymere
• Klein et al. Verwendung von Schmelzofen und beheizbarer Prozesskammer
• Luo et al. Zylindrischer Quarzstab als Filament
Entwicklung einer neuen Anlagentechnik
• Strahlführung und -formung für CO2-Laserstrahlung ZnSe Einkoppelfenster, Scansystem und Umlenkspiegel (R ≥ 99 %)
• Temperatur der Arbeitskammer T = 1000 °C
• keine metallischen Baustoffe Minimierung von Kontaminationen im Pulver
2-Kammer-System zur Realisierung
Prozessentwicklung
• Pulverpräparation
• Sphärodisiertes SiO2 Pulver d = 38...78 μm d (50) = 55 µm
• Pulverbett ebene und homogene Pulverschichten h = 70...500 μm
Prozessentwicklung
• Schichtverbund
• Untersuchung der Schichtdicke 150...500 μm Charakterisierung der Struktur mittels REM
• Erhöhung der Dichte durch verminderte Schichthöhe Schichtdicke ist konstant
Schichtdicke 150 µm 300 µm 500 µm
Dichte 1,45 g∙cm-3 1,24 g∙cm-3 0,88 g∙cm-3
Relative Dichte 66 % 56 % 40 %
Prozessentwicklung
• Biegefestigkeit
• Angelehnt an DIN EN 843-1
• Einfluss des Energieeintrags
• Maximum σ = 13.4 MPa
• Mikrostrukturanalyse mittels Röntgendiffraktometrie keine weiteren Kristallisationen nach HT- SLS
EV = P
h∙vS ∙LD [J∙mm−3]
Pulverherstellung und -verarbeitung
• Mikrowellenplasmabehandlung ermöglicht die Herstellung von sphärischen Pulverpartikeln
• Sphärodisiertes SiO2 Pulver mit d = 38...78 μm homogene Pulverschichten
HT-SLS
• ρR = 65% mit Schichthöhen von h = 150 μm
• Biegefestigkeit von σ = 13.4 MPa
• Amorphe Pulverstruktur bleibt erhalten
Perspektivische Verglasung
• Trocknung, Reinigung und Verdichtung sind notwendig für eine blasenfreie Verglasung und optische Eigenschaften mit geringer Dämpfung
Selektives Lasersintern unter hohen Temperaturen
• Verwendung von spratzigen Pulvermaterial d = 30...114 μm d (50) = 65 µm
Hybridglas SLA
• Entwicklung einer neuen und innovativen additiven Technologie zur Herstellung
komplexer optischer Bauteile aus Quarzglas
• Technologische Grundlagen
• Patent EAH-Jena/BURMS: DE102014111559 A1
• Zweistufiger SLA- Schichtprozess
1. Homogener Glaspasten- Schichtauftrag
2. Dosiersystem realisiert das Hinzufügen einer zweiten Komponente
3D strukturiertes Bauteil mit variabler Geometrie und Zusammensetzung
• Thermische Entbinderung & Verglasung unter Aktivgasatmosphäre
Verglastes Bauteil (Preform) Faserzug = strukturierten optische Fasern
Förderkennzeichen: 13FH003IA6, VP2156321WO4
Besonderer Dank gilt der Firma , für die Bereitstellung des Pulvermaterials!