• Keine Ergebnisse gefunden

MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER"

Copied!
9
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

CM\829329DE.doc PE440.035v02-00

DE

In Vielfalt geeint

DE

EUROPÄISCHES PARLAMENT 2009 - 2014

Petitionsausschuss

25.3.2010

MITTEILUNG AN DIE MITGLIEDER

Betrifft: Petition 1402/2009, eingereicht von Vasilios Katsioulis, griechischer

Staatsangehörigkeit, zur fehlenden Unterstützung für Schüler mit physischen oder psychischen Behinderungen an den Europäischen Schulen

1. Zusammenfassung der Petition

Der Petent ist Vater eines autistischen Sohns, der von der Teilnahme am Unterricht an einer Europäischen Schule in Brüssel ausgeschlossen wurde. Er verweist auf die ernsten Probleme, mit denen bei der EU angestellte Eltern mit behinderten Kindern konfrontiert sind, weil die Europäischen Schulen keine Maßnahmen ergreifen, um die Integration und vollständige Teilnahme behinderter Schüler am Unterrichtsverlauf zu sichern. Er hebt ferner hervor, dass die Europäischen Schulen jenen Kindern keine alternativen Lösungen anbieten, die nicht in die normalen Klassen aufgenommen werden können, sondern sich darauf beschränken vorzuschlagen, dass die betreffenden Kinder in die Bildungsstrukturen des Heimatlandes integriert werden sollen, was indirekt bedeutet, dass die betroffenen Bediensteten entweder ihre Tätigkeit in den Institutionen der EU aufgeben müssen oder von jenem Teil der Familie getrennt leben müssen, der gezwungen ist, seinen Aufenthalt im Heimatland zu nehmen. Der Petent ersucht deshalb das Europäische Parlament, sich mit dieser unaufschiebbaren Frage zu befassen und zu gewährleisten, dass die Europäischen Schulen mit ausreichend

spezialisiertem Personal und einer Infrastruktur ausgestattet werden, die erforderlich ist, um behinderten Kindern mit besonderen Bildungsbedürfnissen einen Unterricht auf hohem Niveau zu bieten

2. Zulässigkeit

Für zulässig erklärt am 12. Januar 2010. Die Kommission wurde um Auskünfte gebeten

(2)

PE440.035v02-00 2/9 CM\829329DE.doc

DE

(Artikel 202 Absatz 6 der Geschäftsordnung).

3. Antwort der Kommission, eingegangen am 25. März 2010

 „Der neunjährige Sohn des Petenten wurde am 19.1.2009 in die deutsche Abteilung der ersten Grundschulklasse der Europäischen Schule von Woluwé eingeschult, die 12 Schüler umfasst. Das Kind, das erhebliche Verhaltensauffälligkeiten aufweist, besuchte zuvor eine Sonderschuleinrichtung in Hamburg.

 Im Oktober 2008 hatten Eltern und Schule eine SEN-Vereinbarung (Special Education Needs) für eine Probephase unterzeichnet, in der die Modalitäten für die Schulaufnahme des Kindes festgelegt worden waren.

 Die Einschulung fand erst zum Januar 2009 statt, da in der Zwischenzeit die entsprechenden Maßnahmen für die Aufnahme des Kindes getroffen werden mussten:

Einstellung zweier spezialisierter deutschsprachiger Kräfte und Umgestaltung eines Bereichs des Klassenzimmers, damit sich das Kind bei Bedarf zurückziehen kann.

 Das Kind ist drei Jahre älter als seine Klassenkameraden, während die Schulordnung für die Europäischen Schulen normalerweise nur einen Altersunterschied von höchstens zwei Jahren zulässt.

 Die mit den Eltern unterzeichnete SEN-Vereinbarung sah den regelmäßigen Schulbesuch des Kindes mit einem auf drei Unterrichtsstunden/Tag festgelegten Unterrichtsprogramm vor. In der Praxis ergaben sich hohe Fehlzeiten des Kindes.

 Auf ihrer Bilanzsitzung am 30. April 2009 kam die SEN-Beratungsgruppe der Schule von Woluwé zu dem Schluss, dass die Schule nicht in der Lage ist, das Kind zu beschulen, und äußerte sich zu der Notwendigkeit, eine Alternativlösung zu suchen1. Der Schulleiter übermittelte den Eltern seine Entscheidung, das Kind auszuschließen.

 Der Petent legte bei der Beschwerdekammer der Europäischen Schulen Widerspruch ein. Die Beschwerdekammer wies die Forderung am 31.8.2009 zurück und erkannte die Argumente einschließlich des Arguments der Diskriminierung nicht an.2

BEMERKUNGEN DER KOMMISSION ZU DER PETITION

- Die Integration von Kindern mit spezifischen Bedürfnissen in die Europäischen Schulen Die Kommission widmet der Integration von Kindern mit spezifischen Bedürfnissen in die Europäischen Schulen große Aufmerksamkeit. Dies wird insbesondere in dem externen Evaluierungsbericht3 zum SEN-Programm unterstrichen, der dem Obersten Rat der Europäischen Schulen im April 2009 als Ergebnis einer vom Obersten Rat beschlossenen und vom Europäischen Parlament finanzierten Studie vorgelegt worden war:

…. „In den Verwaltungsräten legt die Kommission beispielsweise darauf Wert, dass die SEN- Mittel jeder Europäischen Schule nicht nach oben begrenzt werden. Die Kommission achtet darauf, dass jedes Budget, das die betreffende Schule für die Gewährleistung jeder von ihr für

1 In der SEN-Regelung vorgesehenes Verfahren, Dokument des Generalsekretariats der Europäischen Schulen, 2009-D-4710-fr-6.

2 Widerspruch vom 09/14 vom 31.8.2009.

3 Dokument des Generalsekretariats der Europäischen Schulen 2009-D-343-fr-1.

(3)

CM\829329DE.doc 3/9 PE440.035v02-00

DE

notwendig erachteten SEN-Unterrichtsperioden anfordert, dieser Schule zur Verfügung gestellt wird, damit sie den Bedürfnissen der SEN-Schüler Rechnung tragen kann.“

Im Rahmen der Studie konnten mehrere Europäische Schulen besichtigt werden, so auch die Schule von Woluwé, wo schwedische Experten die Aufnahme von SEN-Kindern bewerteten.

Wie die Kommission unterstreicht, impliziert die Integration der Schüler, dass sie gemeinsam mit den anderen Kindern an den Aktivitäten der Klasse teilhaben. In dem Evaluierungsbericht heißt es dazu:

„Das Hauptziel des SEN-Programms der Europäischen Schulen besteht darin, den SEN- Schülern entsprechend ihren Fähigkeit und mit der geeigneten Unterstützung eine weitestgehende aktive Teilnahme am normalen Unterricht und den gemeinsamen Aktivitäten der Klasse zu ermöglichen. Das schließt ein, dass der Schüler in einem garantierten Mindestumfang an den gemeinsamen kognitiven Aktivitäten teilnimmt.

...vorrangiges Prinzip ist und bleibt die Integration in die Regelklasse. Diese Integration muss unbedingt im Interesse der kognitiven und psychosozialen Entwicklung der betroffenen Schüler stattfinden und die Perspektive einer späteren Entwicklung bieten.“

Dieser Begriff der Integration und Teilhabe der Schüler findet sich auch in der Ordnung zur Integration von SEN-Schülern in die Europäischen Schulen, in der festgelegt ist, dass:

„.. jede Europäische Schule in der Lage sein muss, ihnen eine angemessene pädagogische und soziale Integration anbieten zu können. Ist dies nicht der Fall, hat die Schule das Recht, sich für nicht kompetent zu erklären und den Eltern zu empfehlen, eine andere Schule zu suchen, die den spezifischen Bedürfnissen ihrer Kinder besser gerecht wird. Dazu gewährt die Schule den Eltern die bestmögliche Unterstützung.“

- Die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer

Hinsichtlich des Beschlusses der Schule von Woluwé, das Kind des Petenten nicht weiter zu beschulen, wurde in den Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer eindeutig unterstrichen, dass die Europäischen Schulen nicht imstande sind, alle sich auf einen behinderten Schüler beziehenden Situationen zu meistern, was die nachstehenden Auszüge belegen:

„Die Luxemburger Vereinbarung vom 21. Juni 1994 über die Europäischen Schulen wurde für die gemeinsame Beschulung der Kinder des Personals der Europäischen Gemeinschaften im Interesse der reibungslosen Tätigkeit der Gemeinschaftsinstitutionen getroffen... Der Beschwerdeführer leitete daraus das Vorliegen eines subjektiven Rechts ab, wonach die Kinder der Beamten in die Schulen aufzunehmen sind und die Schulen die notwendigen Maßnahmen für deren Erziehung auf der Grundlage der Bedürfnisse der Schule zu treffen haben. Diesen Schluss lassen indes weder der Wortlaut der Vereinbarung noch der Wortlaut der vom Obersten Rat veröffentlichen Allgemeinen Schulordnung ... noch die normativen Entwicklungen der Regelung zu, die in dem Dokument über die Integration von Schülern mit spezifischen Bedürfnissen in die Europäischen Schulen dargelegt sind…

… Anders als in den nationalen Systemen, die alle Kinder im schulpflichtigen Alter aufnehmen und integrieren müssen, um ihrem Grundrecht auf Bildung zu entsprechen, ist der Schulbesuch hier ein Angebot, eine Möglichkeit und keine Verpflichtung; demzufolge ist das

(4)

PE440.035v02-00 4/9 CM\829329DE.doc

DE

Personal der Gemeinschaften nicht verpflichtet, seine Kinder in eine Europäischen Schule einzuschulen, und diese ist nicht verpflichtet, alle Möglichkeiten anzubieten, über die ein nationales System verfügt, das darauf achten muss, kein schulpflichtiges Kind vom Bildungssystem auszuschließen...

… Ein zu großer Teil des individuellen Unterrichts stellt wiederum einen Ausschluss dar, wodurch diese Schüler gebrandmarkt werden (SEN-Regelung).

… die Integration hängt von der Schwere des Falls und den verfügbaren Möglichkeiten der Schule ab, die sich für außerstande erklären kann, um nicht eine Verantwortung übernehmen zu müssen, der sie nicht gerecht werden könnte.“

... Zu den Befugnissen der ,SEN-Beratungsgruppe‘ gehört die Möglichkeit, eine Unterbrechung der Beschulung in der Europäischen Schule vorzuschlagen, wenn das Fehlen von Fortschritten offenkundig ist bzw. der Schüler nicht in der Lage ist, sich in das Schulleben zu integrieren, und die Suche nach einer Alternative zum Schulbesuch empfohlen wurde …“

- Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und das System der Europäischen Schulen

Der Petent bezieht sich auf Artikel 24 der Konvention, die die Bildung betrifft und besagt:

„Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung.

Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen … Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden.“

Die Kommission unterstreicht, dass das Inkrafttreten dieser UN-Konvention nicht bedeutet, dass jede Schule jedes Kind ungeachtet seiner behinderungsbedingten spezifischen Bedürfnisse aufnehmen muss, sondern dass die allgemeinen Bildungssysteme der Staaten für alle diese Fälle ein Schulangebot vorsehen müssen.

Nun sind die Europäischen Schulen kein vollständiges allgemeines Bildungssystem, vergleichbar einem allgemeinen nationalen Bildungssystem, dessen Pflicht es ist, allen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Die Europäischen Schulen sind (nicht spezialisierte) Regelschulen und bieten den klassischen Schulunterricht an, der auf die Ablegung des europäischen Abiturs ausgerichtet ist, das wiederum zum Besuch einer Hochschule berechtigt. Daher erteilen die Europäischen Schulen beispielsweise weder einen berufsbildenden oder technischen Unterricht noch einen zu anderen Sekundarabschlüssen führenden Unterricht, keinen Sportunterricht auf hohem Niveau usw. …

- Sonderfall des Kindes des Petenten

Was den Fall des Kindes des Petenten anbelangt, so hat die Kommission dem ebenfalls alle Aufmerksamkeit gewidmet, und es fanden ein umfangreicher Schriftwechsel und ein Treffen zwischen dem Petenten und der Kommission statt.

(5)

CM\829329DE.doc 5/9 PE440.035v02-00

DE

Als die Schule zu dem Schluss kam, dass sie dem Kind nicht länger den Schulbesuch ermöglichen kann, haben die Dienststellen der Kommission und der soziale Dienst des Europäischen Parlaments ihre Anstrengungen koordiniert, um der Familie zu helfen, eine Alternativlösung zu finden.

Eine Schwierigkeit im Zusammenhang mit dem Schulbesuch des Kindes in Belgien in einer spezialisierten Einrichtung, die in der Lage wäre, die aus seiner medizinischen Situation resultierenden Bedürfnisse zu bewältigen, liegt darin, dass Deutsch die Hauptsprache des Kindes ist. Daher haben die Dienststellen sich mit dem belgischen Netzwerk für deutschsprachigen Unterricht in Verbindung gesetzt, und es konnte eine Spezialschule für autistische Kinder gefunden werden, die sich in Eupen, in den östlichen Kantonen in der deutschen Sprachgemeinde Belgiens befindet.

Diese Schule, die unter anderem die von den Eltern gewünschte ABA-Methode1 anwendet, kann den Sohn aufnehmen, und es besteht auch die Möglichkeit der Internatsunterbringung.

Der Petent hat die Kontaktangaben erhalten.2 Es ist im größten Interesse des Kindes, in eine schulische Einrichtung aufgenommen zu werden, die seinen Bedürfnissen am besten Rechnung trägt.

Schlussfolgerungen

Entgegen den Behauptungen des Petenten zeigen die steigende Zahl der SEN-Schüler (457 im Schuljahr 2008/2009 gegenüber 274 im Jahr 2004/2005, d. h. 2,11 % der Gesamtschülerzahl) wie auch der Anstieg der Fälle mit sehr hohem Betreuungsbedarf (24 Fälle im Jahr 2008/2009 gegenüber nur 10 im Jahr 2004/2005), dass die Schulen zunehmend Möglichkeiten finden, um Kinder mit schwereren Störungen zu integrieren. Die Kommission achtet darauf, dass diesen Schulen alle erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Die Europäischen Schulen treffen alle vertretbaren Maßnahmen, um Kinder, die infolge einer Behinderung spezifische Bedürfnisse haben, zu integrieren, aber sie können nicht jeder Situation gerecht werden. Daher können sich die Europäischen Schulen in besonderen Fällen für außerstande erklären, wie dies trotz der tatsächlich unternommenen Anstrengungen der Schule zur Integration des Kindes auch bei dem Sohn des Petenten der Fall war.

Im Übrigen wurde es der Familie durch die sozialen Dienste des Europäischen Parlaments in Zusammenwirken mit den Diensten der Kommission ermöglicht, eine geeignete Schule zu finden, ferner hat der Arbeitgeber Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung getroffen.

4. Antwort der Kommission, eingegangen am 2. September 2010

1 ABA ist eine Behandlungsmethode, die darauf gerichtet ist, das Verhalten von autistischen Kindern so zu beeinflussen, dass ihre Sozialisierung möglich ist. Diese Methode ruft sehr gegensätzliche Reaktionen hervor, die einen sind enthusiastisch, andere sehen sie kritisch, da sie Drill und keine Therapie darstellt und das Kind einem Druck aussetzt, der fast die Form von Gewalt annimmt. Die Methode muss täglich in einem Umfang von 30 bis 40 Wochenstunden angewendet werden, um wirksam zu sein.

2 IDS, Monschauerstrasse 10, B-4700 Eupen, Tel. 087/32 93 30, idgsdirektion@swing.be, www.autisme-exodus.org/fr/01_historique.htm

(6)

PE440.035v02-00 6/9 CM\829329DE.doc

DE

In seiner Sitzung vom 26. April 2010 ersuchte der Petitionsausschuss die Kommission um Auskunft zu dem Programm der Europäischen Schulen für Kinder mit besonderen schulischen Bedürfnissen.

Europäische Schulen und Kinder mit besonderen schulischen Bedürfnissen (SEN)

Die Europäischen Schulen beschulen im Wesentlichen die Kinder der Bediensteten der Europäischen Institutionen in ihrer Muttersprache. Sie bieten nur einen allgemeinen Bildungstyp an, der auf den Erwerb des europäischen Abiturs am Ende der Sekundarstufe ausgerichtet ist.

Die Politik zur Integration der Schüler mit besonderen schulischen Bedürfnissen in den Europäischen Schulen wird in dem Dokument 2009-D-619-fr-31dargelegt, das vom Obersten Rat der der Europäischen Schulen im Dezember 2009 genehmigt wurde.

Um Schülern mit Lernschwierigkeiten zu helfen, haben die Europäischen Schulen mit dem Ziel ihrer Integration in ihrer Sprachsektion und ihrer Altersstufe zwei Arten von Hilfen eingeführt: Lernhilfe (LS) und Hilfe für Schüler mit besonderen schulischen Bedürfnissen (SEN).

Die Lernhilfe (LS) erlaubt den Schülern mit Schwierigkeiten in bestimmten Aspekten des Lernens zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Schulzeit ihre Lernschwierigkeiten durch Wiederholungskurse, die in Kleingruppen angeboten werden, zu überwinden.

„Die Integration der Schüler mit Lernbehinderungen ist schwieriger, insofern unterschiedliche Behinderungen bestehen, nämlich körperliche und geistige Behinderungen, Verhaltensstörungen, usw. Seit 1995 wurde der Begriff „behinderter Schüler“ durch die Bezeichnung Schüler mit spezifischen Bedürfnissen (special educational needs = SEN) ersetzt.“ Diese Schüler werden nach Unterschrift unter eine Vereinbarung zwischen den Eltern und der Schule auf der Grundlage einer detaillierten Diagnose und gegebenenfalls eines medizinisch-psychologisch-pädagogischen Gutachtens integriert. Die genannte Vereinbarung enthält einerseits die pädagogischen Maßnahmen, didaktischen Materialien und Finanzmittel, die von der Schule eingesetzt werden und andererseits die Maßnahmen, die seitens der Eltern ergriffen werden, wie beispielsweise die therapeutischen Maßnahmen. Die Maßnahmen und der erreichte Fortschritt werden regelmäßig bilanziert, um die ergriffenen Maßnahmen wenn nötig anzupassen und gegebenenfalls die SEN-Vereinbarung von Jahr zu Jahr zu erneuern.

Grundsätze und Ziele der Integration der SEN-Schüler

„Die Integration in die normale Klasse ist das wichtigste Prinzip und muss es auch bleiben.

Sie muss unbedingt im Interesse der kognitiven und psychosozialen Entwicklung der betroffenen Schüler stehen, um eine spätere Ausbildung zu ermöglichen. Daher ist es die Aufgabe der Europäischen Schule, eine angemessene Betreuung zu gewährleisten. Kann sie dies nicht, muss eine alternative Lösung gesucht werden. … Zur effektiven Integration muss

1 Die nachfolgenden Textstellen in Kursiv sind Teile dieses Dokuments. (Anmerkung des Übersetzers: Die zugrundeliegende deutschsprachige Fassung dieses Dokuments trägt das Aktenzeichen 2009-D-619-de-3).

(7)

CM\829329DE.doc 7/9 PE440.035v02-00

DE

eine aktive Mindestbeteiligung des SEN-Schülers an den kognitiven und schulischen Tätigkeiten gesichert sein. Die Anwesenheit auf dem Schulgelände allein kann in der Tat nicht als Integration bewertet werden.“

Ein anderes Ziel „betrifft die Leistungsbeurteilung, zumindest in den Fächern, in denen sie gemäß den normalen Kriterien folgen können. Für die anderen Fächer gelten Beurteilungskriterien, die ihren Fähigkeiten angepasst sind.“

Die pädagogische Lernhilfe für die SEN-Schüler ist individuell unterschiedlich und in der SEN-Vereinbarung festgehalten. Sie kann von einer oder mehreren individuellen Förderstunden pro Woche bis zu kontinuierlicher klasseninterner Unterstützung reichen. Es sei ferner darauf hingewiesen, dass der Oberste Rat im Dezember 2009 entschied, eine Reihe von Sondervorkehrungen für SEN-Schüler im Rahmen der Abiturprüfungen1 vorzunehmen.

Einige Zahlenangaben

Zur Integration der SEN-Schüler in den Europäischen Schulen wird auf der Grundlage der von den Schulen übermittelten Daten ein Jahresbericht veröffentlicht2.

Demnach steigt die Zahl der SEN-Schüler in den Europäischen Schulen von Jahr zu Jahr. So ist die Zahl von 274 Schülern im Schuljahr 2004/2005 auf 574 im Schuljahr 2009/2010 gestiegen. Im Moment sind das 2,57 % aller Schüler in den Europäischen Schulen.

Die den SEN zugeteilten Finanzmittel stiegen von 2 045 499 € im Jahr 2004 auf 4 805 413 € im Jahr 2009. Die Kommission sorgt für die Bereitstellung der erforderlichen Gelder, um den Ausgaben im Zusammenhang mit den SEN-Maßnahmen Rechnung zu tragen.

56 % der Kinder, die unter eine SEN-Vereinbarung fallen, benötigen weniger als drei Wochenstunden Unterstützung, während 37 % von ihnen eine halbkontinuierliche Begleitung, d. h. mehr als zehn Stunden in der Woche, benötigen. Die Bewertung der Schüler mit SEN-Vereinbarung zeigt, dass von den 574 geförderten Kindern nur 20 keine Fortschritte zeigten.

Die häufigsten Diagnosen in absteigender Reihenfolge sind: spezifische Lernschwierigkeiten und psychomotorische Beeinträchtigungen (Dyslexie, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Legasthenie, Dyskalkulie usw.), kognitive, sensorische, psychologische, motorische Störungen, Hirnlähmung und Sprachstörungen.

Im Übrigen ist ein Anstieg der Fälle festzustellen, in denen eine Betreuung sehr wichtig ist:

24 Fälle im Schuljahr 2008/2009 im Vergleich zu zehn Fällen im Jahr davor. Das zeigt die qualitative Entwicklung des SEN-Programms und die gewonnene Erfahrung der Schulen bei der Beschulung der Kinder mit den größten Schwierigkeiten.3

Im Schuljahr 2008/2009 haben 18 Schüler das SEN-Programm verlassen, fünf von ihnen auf Anraten der Beratungsgruppe. Im Schuljahr 2009/2010 gab es 132 Beendigungen der Vereinbarungen, 43 von ihnen auf Anraten der Beratungsgruppe. Die anderen Beendigungen hängen mit Entscheidungen der Eltern oder dem Umzug der Familien zusammen.

Die externe Bewertung des SEN-Programms

(8)

PE440.035v02-00 8/9 CM\829329DE.doc

DE

Im Rahmen einer von drei schwedischen Experten durchgeführten externen Bewertungsstudie des SEN-Programms, die durch das Europäische Parlament im Jahr 2009 finanziert wurde4, wurden sechs Schulen besucht, 27 SEN-Schüler beobachtet und Gespräche mit den unterschiedlichen Beteiligten (Direktoren, SEN-Koordinatoren und SEN-Lehrer, Eltern und Vertreter der Elternorganisationen) geführt.

Dieser Bericht führt Folgendes aus: „Obwohl das System der Europäischen Schulen nicht von sich behaupten kann, ein System zu sein, an dem alle teilhaben können – was voraussetzen würde, dass es absolut alle Schüler beschulen kann –, kann es sich auf einen integrativen Ansatz stützen, der auf einer Politik der Integration beruht.“ „Die Absichten der Europäischen Schulen stehen im Einklang mit den Schwerpunkten dieser Arbeiten [der Europäischen Agentur für Entwicklungen in der sonderpädagogischen Förderung]. Das Team möchte unterstreichen, dass die Arbeit der Integration und Inklusion in die richtige Richtung geht.“ 5

Die Gutachter haben in den folgenden Bereichen Verbesserungen vorgeschlagen:

o berufliche Weiterbildung der Lehrer,

o Abordnung erfahrener Lehrer, die mit den neuesten Techniken bei der Betreuung von SEN-Schülern vertraut sind, durch die Mitgliedstaaten,

o erweiterter Aufgabenbereich der SEN-Koordinatoren innerhalb der Schulen, o Austausch bewährter Praktiken zwischen den Schulen.

Die Zukunft des SEN-Programms

Gemäß der Aufgabe, die der SEN-Policy Group6 durch den Obersten Rat im Dezember 2009 übertragen wurde, analysiert diese die Empfehlungen des Berichts der schwedischen Experten, definiert die Aufgabe des SEN-Inspektors neu und hat Weiterbildungslehrgänge für die SEN-Koordinatoren und SEN-Lehrer geschaffen. Sie arbeitet auch an der Entwicklung eines Mehrjahresplans (2011-2013) zur Umsetzung der Politik und der Praxis im Bereich der besonderen schulischen Bedürfnisse und an der Überarbeitung des Dokuments zur SEN-Politik. Die Kommission hat insbesondere verlangt, eine detaillierte Analyse der Gründe der Beendigung von SEN-Vereinbarungen durchzuführen, um eine Verbesserung der ergriffenen Maßnahmen zu ermöglichen.

Der Oberste Rat hat sich im April 2010 bei der Genehmigung des Vorentwurfs des Haushaltsplans der Europäischen Schulen verpflichtet, über Mechanismen nachzudenken, die es erlauben, bestimmte hohe Kosten zu reduzieren, wobei zu den angesprochenen Einzelpunkten auch die Kosten der SEN-Schüler gehören. Die SEN-Policy Group arbeitet gegenwärtig an Vorschlägen, die dem Obersten Rat im Dezember 2010 vorgelegt werden.

Anlagen: Referenzdokumente

1 2009-D-559-de-3 – Sondervorkehrungen für SEN-Schüler im Rahmen der Abiturprüfungen http://www.eursc.eu/fichiers/contenu_fichiers3/1394/2009-D-559-de-3.pdf.

2 Doc 2010-D-431-fr-2 – Statistischer SEN-Bericht

(9)

CM\829329DE.doc 9/9 PE440.035v02-00

DE

3 Doc 2009-D-391-fr-3 – Statistischer SEN-Bericht (2008-2009)

4 Doc 2009-D-343-fr-1 – Evaluation der SEN-Politik und -Praxis an den Europäischen Schulen (März 2009)

5 www.european-agency.org

6 Die SEN Policy Group setzt sich aus dem stellvertretende Generalsekretär der Europäischen Schulen, dem SEN-Inspektor (Primär und Sekundär) und einem Vertreter der Direktoren, der Eltern und des Lehrkörpers zusammen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dazu braucht es gelassene Eltern, die ihrem Kind zutrauen, dass es etwas alleine meistern kann und auch Kraft genug hat, mit Rückschlägen, Enttäuschungen und Ungerechtigkeiten

Was die Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (in der Folge als

Allerdings kann die Kommission die Gemeinschaften, die Regional- oder Minderheitensprachen sprechen, durch Erasmus+, das EU-Programm für allgemeine und berufliche

Wenn Sie glauben, dass Ihr Kind kurzsichtig sein könnte, fragen Sie Ihren Augenoptiker oder Augenarzt nach Möglichkeiten, um das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit bei Ihrem Kind

Fragen Sie außerdem in der Schule nach, ob Sie sich – eventuell auch gemeinsam mit Ihrem Kind – den Unterricht an- schauen können, denn hier können Sie den eigentlichen

der Kommission ergriffenen Schutzmaßnahmen gegen den Kleinen Bienenstockkäfer (Aethina tumida) nicht mit einer durch die EU-Bestimmungen für den Handel mit Bienenköniginnen in

→ Termine für Infoabende sowie Anmeldung bei der jeweiligen Schule über Zeitung, Homepage der aufnehmenden Schule oder auch

Juni 2018 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der Belgien aufgefordert wurde, jegliche Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um für die vollständige Umsetzung