[102] Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 26|
2. Juli 2010ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN DER BANKEN
Ungeahnte Rechte und Pflichten
Praxisinhaber sollten grob wissen, was die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihrer Bank so alles regeln.
D
a sie „nach sorgfältiger Prü- fung zu einer ungünstigeren Risikoeinschätzung“ gekommen ist, bittet die Hausbank Dr. Hartmut S.„neben der bereits bestehenden Grundschuld um ein weiteres Grund- pfandrecht zur Absicherung der Pra- xiskredite“. Ob diese Forderung be- rechtigt ist, wird Dr. S. in den kom- menden Wochen in einem Gespräch mit dem für ihn zuständigen Bank- mitarbeiter erst noch hartnäckig ver- handeln. Dazu wird ihm die Bank mitteilen müssen, wie sie zu der von ihr angeführten „ungünstigeren Ri- sikoeinschätzung“ gekommen ist.
Dass sie zu einer solchen Forderung aber berechtigt ist, geht aus den All- gemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hervor, die Dr. S. bei der Kontoeröffnung akzeptiert hat. Vor allem bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse ei- nes Kreditnehmers greifen Banken auf eine solche Sicherheitenverstär- kung zurück. Dr. S. war diese AGB- Klausel bisher nicht bekannt.
Auch das Bankgeheimnis hat seine Grenzen
Tatsächlich können viele Praxis - inhaber auch mit anderen Stichwor- ten wie „Bankauskunft“, „Mitwir- kungspflicht“ oder „AGB-Haftung“
meist nur wenig anfangen. Das kann im Einzelfall erhebliche Nachteile mit sich bringen, weil sich die Banken auch auf ihre AGB beziehen, wenn es Differenzen mit Kunden gibt – etwa bei Kontoab- rechnungen, Kreditverträgen oder bei Verpfändungen von Termin- geldkonten oder Wertpapierdepots.
Die AGB regeln im Wesentlichen alles das, was nicht bereits durch Einzelverträge mit dem Kunden in- dividuell vereinbart worden ist;
sie bilden also das Gerüst der Geschäftsbeziehung zwischen der Bank und den Kunden.
Ein wichtiger Punkt der AGB wird im Abschnitt zum „Bankge- heimnis“ beziehungsweise zur Bank- auskunft behandelt. Hier ist zwar geregelt, dass Banken zur Ver- schwiegenheit über alle kunden - bezogenen Tatsachen verpflichtet sind, gleichzeitig werden aber die Grenzen dieser Zurückhaltung auf- gezeigt: So können gesetzliche Be- stimmungen das Bankgeheimnis vor allem dann aufweichen, wenn es um Anfragen der Finanzbehör- den geht. Darüber hinaus sind Ban- ken berechtigt, Informationen wei- terzugeben, wenn der Kunde seine Einwilligung gegeben hat. Beim Arzt als Privatkunden hält sich die Berechtigung dazu allerdings in Grenzen. Auskünfte werden grund- sätzlich nur erteilt, wenn der jewei- lige Arzt ausdrücklich zugestimmt hat. Bei juristischen und im Han- delsregister eingetragenen Perso- nen können Banken aber auch In- formationen weitergeben, ohne den Kontoinhaber zu benachrichtigen, beispielsweise bei der Anfrage ei- nes Lieferanten.
Auch beim Ableben eines Kunden gibt es in den AGB klare Vorgaben:
Zur Klärung der Verfügungsbe - rechtigung der Erben können Ban- ken die Vorlage eines Erbscheins, ei- nes Testamentvollstreckerzeugnisses oder weiterer dazu notwendiger Unterlagen verlangen. Eventuell ist die Ausfertigung eines Testaments oder eines Erbvertrages zur Legiti- mation erforderlich. Kennen die Er- ben diese Voraussetzungen, werden zeitaufwendige und möglicherwei- se kostspielige Recherchen nach dem Ableben des Kontoinhabers vermieden.
Von großer Bedeutung kann auch die ebenso in den AGB enthaltene Mitwirkungspflicht des Kontoinha- bers sein, beispielsweise Änderun- gen beim Namen, bei der Anschrift
oder bei Kontovollmachten der Bank unverzüglich anzuzeigen. Das gilt auch für die Prüfung von Mit- teilungen der Bank wie Konto - auszügen, Wertpapierabrechnungen oder Zinsbescheinigungen und an- deren Belegen. Bankunterlagen soll- ten also unmittelbar nach Eingang geprüft und mögliche Korrekturen etwa bei Fehlbuchungen sofort schriftlich veranlasst werden.
Sogar eine Verrechnung von Konten ist möglich
Das „AGB-Pfandrecht“ hat mit Krediten zu tun. So kann die Bank unter bestimmten Voraussetzungen beim Zahlungsverzug eines Kun- den mit Verweis auf das AGB- Pfandrecht Geldanlagen (Spar- und Termingeldkonten oder ein Wertpa- pierdepot) zum Kontoausgleich für Kreditverbindlichkeiten des Kun- den verwenden.
Zur Kündigung der Geschäfts - beziehung sind laut AGB sowohl Bank als auch Kunde unter be- stimmten Voraussetzungen auch ohne Einhaltung einer Kündigungs- frist berechtigt. Die Anforderungen dazu sind vor allem für die Bank aber hoch: Ein wesentlicher Grund kann die Angabe falscher Daten des Kunden über seine Vermögenslage sein. Derartige oder ähnliche Fälle können Banken zu einer kurzfristi- gen Kündigung veranlassen. Bei weniger wichtigen Gründen gilt dagegen: Die Bank muss bei einer Kündigung der gesamten oder eines Teils der Geschäftsverbindung (etwa der Kündigung des Scheck- vertrags) auf berechtigte Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Da- bei ist eine angemessene Kündi- gungsfrist üblich. Auf der anderen Seite muss auch der Kunde Kündi- gungsfristen, beispielsweise in Kre- ditverträgen, einhalten. ■ Michael Vetter