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Archiv "Der Fetus als Patient" (10.09.1986)

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Seit den ersten Berichten über er- folgreiche intrauterine Behandlun- gen durch Shuntanlagen bei ob- struktiven fetalen Erkrankungen Anfang der 80er Jahre hat sich her- ausgestellt, daß hierbei das größte ungelöste Problem die Auswahl ge- eigneter Feten ohne Begleitfehlbil- dungen und mit hinreichend erhal- tener Organfunktion ist. Das gilt vor allem für den angeborenen Hydro- zephalus, während die pränatale

Beurteilung der Nierenfunktion bei obstruktiven Uropathien durch ei- ne Punktion der fetalen Blase und Urinanalyse möglich geworden ist.

geborener Krankheiten es vielen mit einem erhöhten Risiko bela- steten Familien ermöglicht, eine Schwangerschaft sorgenfrei. aus- zutragen oder überhaupt erst zu wagen, da bei Nachweis einer an- geborenen Erkrankung ein Schwangerschaftsabbruch erwo- gen werden kann. Darüber hinaus ist eine verläßliche Diagnosestel- lung und gleichzeitig die gute Kenntnis der normalen Variations- breite eine wichtige Vorausset- zung für jede fetale Therapie.

Überlegungen

vor einer fetalen Therapie Das Ziel jeder fetalen Therapie ist, durch eine Behandlung in utero einen normalerweise bis zur Le- bensfähigkeit außerhalb des Mut- terleibes fortschreitenden fetalen Krankheitsprozeß so weit aufzu- halten oder zu beheben, daß die Entbindung eines nicht irreversi- bel geschädigten Kindes ohne Ri- siko eines schweren kindlichen Atemnotsyndroms möglich ist.

Auf der ersten internationalen Ta- gung der auf dem Gebiet der feta- len Therapie aktiven Arbeitsgrup- pen einigte man sich auf folgende Richtlinien (3): Es sollte sich beim behandelten Feten um einen Ein- ling handeln. Assoziierte Anoma-

Der Fetus als Patient

Wolfgang Holzgreve, Günther-Heinrich Willital, Gerhard Jorch, Peter Miny und Dirk-Barthold von Bassewitz

Aus der Frauenklinik

(Direktor: Professor Dr. med. Fritz Karl Beller), der Klinik für Kinder- und Neugeborenenchirurgie (Direktor: Professor Dr. med. Günther-Heinrich Willital), der Kinderklinik

(Direktor: Professor Dr. med. Klaus Ditmar Bachmann), dem Institut für Humangenetik

(Direktor: Professor Dr. med. Jürgen Horst) und dem Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie (Direktor: Professor Dr. med. Ekkehard Grundmann) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Tabelle 1: Beispiele fetaler Anomalien, die trotz frühzeitiger prä- nataler Diagnosestellung am besten nach einer Entbindung am Termin behandelt werden

Ösophagus- oder Gastrointestinalatresien Meconium-Ileus bei Mukoviszidose kleine Omphalozelen

kleine (Myelo-)Meningozelen

einseitige multizystische Nierendysplasie sakro-kokzygeale Teratome Typ 1/11/1V

W

ahrend der letzten 15 Jahre sind auf dem Gebiet der prä- natalen Diagnostik große Fort- schritte erzielt worden. Durch die Entwicklung der zytogenetischen, biochemischen und gentechnolo- gischen Methoden können inzwi- schen weit mehr als hundert schwere Erbleiden des Feten vor der Geburt erfaßt werden. Die Ge- winnung von Gewebsproben in utero ist insbesondere durch die ständig verbesserte Ultraschall- Bildqualität erleichtert worden, so daß jetzt im zweiten Schwanger- schaftstrimenon neben der Am- nionflüssigkeit auch fetale Blut-, Haut- und Lebergewebs-Proben entnommen werden können, wäh- rend im ersten Trimenon die Cho- rionzotten-Aspiration eine rasante Entwicklung als Alternative zur Amniozentese erlebt (1).

Letztlich muß das Ziel jeder präna- talen Diagnostik aber die rechtzei- tige Heilung der diagnostizierten fetalen Erkrankung sein.

Sir William Liley, der bereits An- fang der sechziger Jahre die er- sten intrauterinen Transfusionen bei nachgewiesener Rhesus-In- kompatibilität durchführte und da- mit zum Pionier der fetalen Thera- pie wurde, bezeichnete kurz vor seinem Tod die bisherige vorge- burtliche Diagnostik als eine

„search and destroy"-Mission, ei- ne bedrückende Begrenzung, die die pränatale Medizin bald über- winden müsse (2).

Hierbei darf jedoch nicht verges- sen werden, daß die pränatale Dia- gnostik durch den Ausschluß schwerer, bisher unheilbarer an-

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Abbildung 1: Sonographischer Längs- schnitt läßt typisches „Schlüsselloch"- Bild bei fetalem Urethralklappen-Syn- drom erkennen. Der Pfeil markiert die Obstruktionsstelle. B = dilatierte Blase mit dünn ausgezogener Wand U = dila- tierter proximaler Urethralabschnitt

thason zur Verhinderung der Mas- kulinisierung weiblicher Feten mit 21-Hydroxylase-Defizienz wurde berichtet.

lien müssen durch eine Amniozen- tese mit anschließender Untersu- chung der Chromosomen und des Alpha-Fetoprotein-Spiegels sowie durch Viruskulturen und speziali- sierte Ultraschalluntersuchungen ausgeschlossen werden. Die El- tern sind über den Nutzen und die Risiken der geplanten fetalen The- rapie vollständig aufzuklären und müssen bereit sein, in der Regel langdauernde Kontrolluntersu- chungen auf sich zu nehmen.

Bei Schwangerschaften nach der 32. SSW ist eine Therapie außer- halb des Mutterleibes wegen des geringeren Risikos der extra-uteri- nen Behandlung vorzuziehen. In- novative fetale Therapien sollten nur in solchen Zentren angeboten werden, wo ein Team erfahrener Pränataldiagnostiker, Neonatolo- gen, Genetiker und Kinderchirur- gen zur Verfügung stehen. Zusätz- lich kann die Mitarbeit eines in der pränatalen Diagnostik erfahrenen Pathologen bei der epikritischen Bewertung der eingesetzten The- rapien nützlich sein.

Nach der pränatalen Diagnose ei- ner schweren fetalen Anomalie müssen heute jeweils neben den Möglichkeiten des tatenlosen Ab- wartens mit eventuellem Korrek- turversuch nach der Geburt oder des möglichen Schwangerschafts- abbruchs auch die Optionen einer vorzeitigen Entbindung (eventuell per sectionem) beziehungsweise einer intrauterinen Direktbehand- lung im Expertenteam und mit den betroffenen Eltern erörtert wer- den.

In Anlehnung an die von Harrison und Mitarbeitern (3) aufgestellten Kriterien sind in den Tabellen 1 bis 5 typische Beispiele für die ge- nannten therapeutischen Alterna- tiven nach pränataler Diagnostik aufgeführt.

Medikamentöse Behandlung Bei der medikamentösen Behand- lung des Feten haben sich insbe- sondere die Glukokortikosteroid-

gaben zur Anregung der Lungen- reife, die pharmakologischen Vit- amingaben bei vitaminabhängi- gen Stoffwechselleiden sowie die maternale Applikation von Antiar- rhythmika bei fetalen Tachykar- dien bewährt. Auch über die er- folgreiche Therapie mit Dexame-

Die intraamniale Gabe von Schild- drüsenhormonen bei kongenita- lem Hypothyreoidismus sowie von Nährstoffen bei intrauteriner Wachstumsretardierung sind al- lerdings noch als experimentell anzusehen.

Operative Behandlung Fetale Harnwegsobstruktionen Diese Fehlbildungen des Urogeni- taltrakts werden heute schon sehr früh in der Schwangerschaft er- faßt, da die proximal der Obstruk-

Abbildung 2: Urogenital-Organe eines Feten mit pränatal nachgewiesener irre- versibler Nierenschädigung und Mega- urethra (U) bei totaler Urethrastenose (Pfeil) unmittelbar proximal der Fossa navicularis sowie hinterer Urethralklap- penfalte (Doppelpfeil). Extrem dilatierte Harnblase (B). Zystische Nierendysplasie entsprechend Potter Typ IV (N)

Tabelle 2: Beispiele fetaler Anomalien, bei denen ein primärer Kaiserschnitt indiziert sein kann

siamesische Zwillinge

übergroße Omphalozele oder Gastroschisis

ausgeprägter Hydrozephalus mit signifikanter Erweiterung der kindlichen Kopfgröße

großes Sakralteratom Typ I rupturierte Meningomyelozele

großer Kropf, Lymphhämangiom oder Teratome im Halsbereich

(3)

Tabelle 4: Beispiele fetaler Anomalien, bei denen in der Regel ein Schwangerschaftsabbruch aus kindlicher Indikation durch- geführt wird

Anenzephalie, Holoprosenzephalie, Enzephalozele

schwere Anomalien im Zusammenhang mit Chromosomenstörung (z. B. Trisomie 13, Trisomie 18, Triploidie)

Nierenagenesie oder beidseitige polyzystische Nierenfehlbildun- gen

schwere, unheilbare Stoffwechselleiden (z. B. Mukopolysacchari- dose I und II, OTC-Defizienz)

schwere, unheilbare fetale Hauterkrankungen (z. B. Epidermolysis bullosa dystrophica)

schwere, unheilbare Hämoglobinopathien (z. B. Alpha-Thalass- ämie)

Abbildung 3: Hydrozephalus im Ultraschallbild. (a) Obstruktiver Hydrozephalus. Ne- ben den Seitenventrikeln (S) ist der dritte Ventrikel (Pfeil) erkennbar. (b) Lobäre Ho- loprosenzephalie. Ein sonographisches Mittelecho ist nicht erkennbar. Höckerige Struktur an der Schädelbasis (Pfeil)

Tabelle 3: Beispiele fetaler Anomalien, bei denen eine vorzeitige Entbindung und frühe Behandlung extrauterin indiziert sein kann Gastroschisis oder rupturierte Omphalozele

idiopathischer nicht-immunologischer Hydrops fetalis intrauterine Wachstumsretardierung

progrediente obstruktive beidseitige Hydronephrose oder ob- struktiver Hydrozephalus nach der 32. SSW

tion dilatierten ableitenden Harn- wege sowie das aus der mangeln- den fetalen Urinausscheidung ent- stehende Oligohydramnion so- nographisch auffallen. Während der letzten Jahre haben wir als charakteristisches Bild beim Ure- thralklappen-Syndrom im Ultra-

schall die sogenannte „Schlüssel- loch-förmige" fetale Harnblase er- kannt, die durch eine starke Dila- tation des Blasenhohlkörpers cha- rakterisiert ist, der sich kontinuier- lich in die ebenfalls stark erweiter- te, aber insgesamt kleinere proxi- male Urethra fortsetzt (Abbildung

1). Da etwa 23 Prozent aller Feten mit obstruktiver Uropathie zytoge- netische Anomalien aufweisen (4), sollte in jedem Fall eine Chromo- somenanalyse aus dem Frucht- wasser durchgeführt werden, wenn dies möglich ist. Wir konn- ten bei Feten mit Oligohydram- nion erfolgreich und schnell den Karyotyp nach direkter intrauteri- ner Blasenpunktion aus dem Urin bestimmen.

Erfahrungsgemäß haben Kinder mit einseitiger Hydronephrose postnatal eine gute Prognose, auch wenn nach der Geburt gele- gentlich Operationen der betroffe- nen Nieren beziehungsweise Nephrektomien erforderlich wer- den. Auch bei beidseitiger Hydro- nephrose mit ausreichender Fruchtwassermenge ist eine ab- wartende Haltung bis zur Entbin- dung gerechtfertigt.

Eine intrauterine Behandlung ei- ner Harnwegsobstruktion ist nur indiziert, wenn eine beidseitige progrediente Hydronephrose kombiniert mit Oligohydramnie vorliegt. Golbus und Mitarbeiter (5) bewiesen als erste, daß durch die rechtzeitige Shunt-Anlage zwi- schen fetaler Harnblase und

Fruchtwasserraum eine Entla- stung des Rückstaus in die fetalen Nieren und dadurch eine Verhin- derung weiterer renaler Zerstö- rung möglich ist. Gleichzeitig soll durch den intrauterinen Eingriff die Schaffung eines ausreichen- den Fruchtwasservolumens und dadurch die Verhinderung einer ir- reversiblen Lungenhypoplasie er- reicht werden. Da aber die verwen- deten doppelten „pigtail"-Kathe- ter häufig in utero verstopfen und gelegentlich auch dislozieren, wurde von derselben Arbeitsgrup- pe in San Francisco in zwei Fällen auch eine offene Marsupialisation der fetalen Blase beziehungsweise beidseitige fetale Ureteroneosto- mien nach Hysterotomie und Ex- position des Feten durchgeführt, wobei sich in beiden Fällen die Schwangerschaft nach Verschluß des Uterus über mehrere Wochen weiter entwickelte.

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Trotz dieses technischen Durch- bruchs einer ersten „intrauterinen Chirurgie" stellte sich heraus, daß eine Entlastungsmaßnahme bei obstruktiver Uropathie häufig zu spät kommt, wenn die Nierendys- plasie bereits irreversibel fortge- schritten ist.

Die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche intrauterine Behandlung der fetalen Harn- wegsobstruktion ist also die Se- lektion derjenigen Fälle, bei denen die Restfunktion der Niere noch hinreichend erhalten ist. Die so- nographische Beurteilung allein reicht für diesen Zweck leider nicht aus, da zwar der Nachweis einer starken Echogenitätssteige- rung der Nieren mit Zystenbildung in der Rinde immer eine schwere Nierendysplasie anzeigt, das Feh- len dieser Merkmale im Ultra- schallbild aber eine irreversible Nierenstörung des Feten nicht ausschließt.

Durch intensive tierexperimentelle Forschung konnte jedoch kürzlich ein Test entwickelt werden, der bisher weder bei uns in Münster

noch in einem der anderen Zen- tren in den USA, England und Dä- nemark falsch-positive oder falsch-negative Ergebnisse er- bracht hat. Unter Ultraschallsicht wird die fetale Harnblase punktiert und aus dem aspirierten Urin die Elektrolyt-Konzentration und die Osmolarität bestimmt. Wenn der Fetus einen Urin mit normaler Os- molarität produziert, kann von ei- ner guten Nierenfunktion ausge- gangen werden, nicht aber wenn die Elektrolytmessungen im Urin einen Salzverlust anzeigen. Auch die Konzentrationsmessungen von bestimmten Aminosäuren im fetalen Urin kann die pränatale Funktionsdiagnostik ergänzen.

Die Abbildung 2 zeigt den Situs ei- nes Feten mit obstruktiver Uropa- thie, bei dem sich bei der Obduk- tion post partum die nach Blasen- punktion in utero gewonnene Dia- gnose einer irreversiblen Nieren- dysplasie mit klein-zystischer Rin- dendegeneration bestätigte.

Bei Anwendung der pränatalen Funktionsteste stellt sich heraus, daß bei der Mehrheit aller fetalen Harnwegsobstruktionen mit Oligo-

hydramnie die Nierenschädigung bereits irreversibel ist, so daß in diesen Fällen zum Beispiel eine Sectio caesarea aus kindlicher In- dikation unterbleiben kann. Die wenigen Fälle mit noch erhaltener Restfunktion und Progredienz der Hydronephrose ohne Begleitfehl- bildungen können dagegen von einer intrauterinen Entlastungs- operation profitieren.

Angeborener Hydrozephalus Auch beim sonographisch in utero nachgewiesenen Hydrozephalus muß sorgfältig nach Begleitfehlbil- dungen beziehungsweise Chro- mosomenstörungen gesucht wer- den, bevor Entscheidungen über das weitere Vorgehen im Schwan- gerschaftsverlauf gefällt werden können. So wurden in einer Studie an 50 pränatal diagnostizierten unselektionierten Fällen von Hy- drozephalus bei 84 Prozent der Feten assoziierte Anomalien ge- funden (6).

Eine intrauterine Shuntanlage, die international bisher in 44 Fällen durchgeführt wurde, kann darüber hinaus nur bei obstruktivem Hydro- zephalus (Abbildung 3a) erfolg- reich sein, nicht aber zum Beispiel bei einer anderen Form von Hydro- zephalie oder zum Beispiel Ho- loprosenzephalie (Abbildung 3b).

Doch selbst bei den progredienten obstruktiven Hydrozephalus-Fäl- len konnte aufgrund der neurolo- gischen Ergebnisse bisher keine Prognoseverbesserung für die be- reits intrauterin behandelten Kin- der beobachtet werden, so daß die Internationale Gesellschaft für Fe- tale Therapie kürzlich nach Analy- se der vorliegenden Daten zu dem Schluß gekommen ist, daß die in- trauterine Shunt-Anlage bei feta- lem Hydrozephalus zur Zeit noch als experimenteller Eingriff ange- sehen werden muß, der nur be- stimmten Zentren vorbehalten bleiben sollte, da er bisher keine klinisch bewiesenen Vorteile ge- genüber der Therapie post partum bringt (7).

Tabelle 5: Beispiele fetaler Anomalien, bei denen eine intrauteri- ne Behandlung erforderlich sein kann

nicht-anatomische Defekte

Lungenunreife (Kortikosteroidgabe)

Rhesus-Inkompatibilität (intrauterine Transfusion)

Hypothyreoidismus und Kropf (intraamniale Gabe von Schilddrü- senhormonen)

13 12-abhängige Methylmalonsäureacidämie (Gabe von Vitamin B 12) Biotin-abhängiger multipler Carboxylasemangel (Gabe von Biotin) B 12-abhängige Methylcobalamin-Defizienz (Gabe von Vitamin B 12) Tachyarrhythmien (transplazentare medikamentöse Kardiover- sion)

anatomische Anomalien, die eine normale fetale Entwicklung be- einträchtigen

beidseitige obstruktive Uropathien Zwerchfellhernien

progredienter obstruktiver Hydrozephalus

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Zwerchfellhernien

Die mit Enterothorax geborenen Kinder sind insbesondere durch die Komplikationen der Lungenhy- poplasie gefährdet (8). An der Uni- versity of California wurde daher

intensiv nach Möglichkeiten einer bereits intrauterinen chirurgi- schen Revision des pränatal dia- gnostizierbaren Zwerchfelldefek- tes gesucht.

Obwohl in sorgfältigen Experi- menten mit Schafen gezeigt wer- den konnte, daß eine rechtzeitige Behebung der diaphragmatischen Hernie durch offene fetale Opera- tion und eine Verhinderung der sonst entstehenden Lungenhy- poplasie bei den Lämmern mög- lich war, wurden entsprechende Eingriffe in menschlichen Schwangerschaften, bei denen unter anderem die Risiken der Frühgeburtlichkeit höher sind, bisher nicht durchgeführt (9).

Ethische Probleme

Obwohl die Betrachtung des Fe- ten als Patienten nach einem an- fänglichen Überschwang unmittel- bar im Anschluß an die ersten er- folgreichen Operationen in utero Anfang der achtziger Jahre und der nachfolgenden Ernüchterung wegen der schwierigen Auswahl des geeigneten Patienten inzwi- schen echte Fortschritte in der Diagnostik und Therapie obstruk- tiver Harnwegserkrankungen des Feten gebracht hat, bleiben viele Fragen zur Risiko-Nutzen-Bewer- tung einer Behandlung sowie die ethische Abwägung gegenüber ei- nem möglichen Schwanger- schaftsabbruch noch ungelöst.

Als ein Hauptproblem der Fetal- therapie wurde der „Normenkon- flikt zwischen dem Wohl des Feten und der Autonomie und dem Recht auf körperliche Unversehrt- heit auf seiten der Mutter" (10) be- zeichnet. Nur eine sorgfältige Pla- nung intrauteriner Eingriffe und eine fachübergreifende und selbstkritische Diskussion der Er-

gebnisse, wie bisher bereits ge- schehen, kann uns weitere Fort- schritte bringen auf dem Weg von der pränatalen Diagnostik zur The- rapie des Feten.

Literatur

(1) Holzgreve, W.; Miny, P.; Beller, F. K.; Paw- lowitzki, 1. H.: Aktueller Stand der pränatalen Diagnostik. Diagnostik 19 (1985) 25-30 — (2) Li- ley, W.; Foreword: In: The Unborn Patient.

Hrsg.: M. R. Harrison, M. S. Golbus und R. A.

Filly, Grune & Stratton, Orlando, Florida 1984 (3) Harrison, M. R.; Golbus, M. S.; Filly, R. A.:

Management of the fetus with a correctable congenital defect. JAMA 246 (1981) 774 — (4) Nicolaides, K. H.; Rodeck, C. H.; Gosden, C.

M.: Rapid karyotyping in non-lethal fetal mal- formations. Lancet i (1986) 283-287 — (5) Gol- bus, M. S.; Filly, R. A.; Callen, P. W.; et al.: Fetal urinary tract obstruction: Management and se- lection for treatment. Seminars in Perinatol- ogy 9 (1985) 91-97 — (6) Chervenak, F. A.; Dun-

Genetik und Evolution durch weibliche Wahl

Die Theorie von Fisher über die se- xuelle Selektion durch Wahl der Weibchen geht entscheidend von der Voraussetzung aus, daß die Präferenz der Weibchen, sich mit Männchen eines spezifischen Ge- notyps zu paaren, bereits an sich als genetisch gesteuert zu be- trachten ist.

Bei dem polymorphischen Marien- käfer Adalia bipunctata wurde ei- ne genetisch bestimmte, nicht as- sortierte weibliche Präferenz für melane Männchen nachgewiesen.

Evolutionsmodelle hinsichtlich dieser weiblichen Wahl zeigen, daß die Evolutionsrate und das Er- gebnis dieser Selektion entschei- dend vom exakten Modus des Erb- gutes hinsichtlich sowohl des be- vorzugten Charakters als auch der Präferenz abhängt.

Die Autoren referieren über ihre Experimente, in denen innerhalb von 14 Generationen das Präfe- renzniveau durch artifizielle Selek- tion angehoben wurde. Die hier- aus resultierenden Regeln der Vererbbarkeit stimmten mit den Modellen überein, in denen ein

can, C.; Ment, L. R.; et al.: Outcome of fetal ventriculome9aly. Lancet ii (1984) 179-181 — (7) Rodeck, C. H.: Intrauterine shunting for ventriculomegaly. Lancet i (1986) 92— (8) Willi- tal, G. H.: Atlas der Kinderchirurgie. Indikatio- nen und Operationstechniken, Schattauer, Stuttgart 1981 — (9) Harrison, M. R.; Adzick, N.

S.; Nakayama, D. K.; DeLorimier, A.: Fetal diaphragmatic hernia: Fatal but fixable. Semi- nars in Perinatology 9 (1985) 103-112 — (10) Piechowiak, H.: Die Fetaltherapie. Ethische Probleme im Gefolge der Pränataldiagnostik.

Geburtsh. Frauenheilk. 45 (1985) 67-72.

Anschrift für die Verfasser:

Privatdozent

Dr. med. Wolfgang Holzgreve Frauenklinik der

Westfälischen

Wilhelms-Universität Münster Albert-Schweitzer-Straße 33 4400 Münster

Gen oder eine geringe Anzahl von Genen die Präferenz steuert. Die Analyse der Präferenzniveaus bei gleichen weiblichen Linien, abge- leitet von dem hohen Präferenz- stamm, wiesen eine quadrimodale Verteilung in der Präferenz auf.

Diese Ergebnisse stimmen voll- kommen mit der Schlußfolgerung überein, daß ein einzelnes domi- nantes Gen die weibliche Wahl steuert.

Die Autoren kommen somit zu der Ansicht, daß diese komplexe Ver- haltensstrategie auf einer einfa- chen Genetik beruht. Darüber hin- aus bedeutet der Nachweis der einfachen genetischen Basis einer weiblichen Paarungspräferenz des A. bipunctata, daß die sexuel- le Selektion durch weibliche Wahl nicht nur bei der Evolution der se- kundären männlichen Ge- schlechtsmerkmale dieser ge- schlechtlich dimorphischen Spe- zies eine wichtige Rolle spielt, sondern ebenfalls Polymorphien enthalten kann, die nicht ge- schlechtslimitiert sind. Lng

Majerus, M. E.N.; O'Donald, P.; Kearns, P. W. E.; Ireland, H.: Genetics and Evolution of Female Choice, Nature 321 (1986) 164-167.

Department of Genetics, University of Cam- bridge, Downing Street, Cambridge CB2 3EH, Großbritannien.

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