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rstmalig hat die Weltgemeinschaft ein konsequentes Verbot dieser hochgiftigen Chemikalien durchge- zogen“, kommentiert Greenpeace-Mit- arbeiter Andreas Bernsstorff die Kon- vention über ein weltweites Verbot von zwölf schwer abbaubaren organischen Schadstoffen (Persistant Organic Pol- lutants, kurz POPs). 110 Staaten, dar- unter Deutschland, unterzeichneten am 23. Mai in Stockholm die Konvention.Auf den Text hatten sich 122 Länder unter der Leitung von UNEP, dem Um-
weltprogramm der Vereinten Nationen, in zweijährigen Verhandlungen geei- nigt. Rechtsverbindlich in Kraft tritt die Konvention jedoch erst, wenn sie von mindestens 50 Teilnehmerstaaten ratifi- ziert worden ist. Damit ist voraussicht- lich in drei bis vier Jahren zu rechnen.
Zu dem als „dreckigen Dutzend“ be- kannten toxischen Chemikalien gehören acht Pestizide (Aldrin, Chlordan, DDT, Dieldrin, Endrin, Heptachlor, Mirex und Toxaphen), zwei Industriechemikalien (Hexachlorbenzol, PCB) sowie Dioxine
und Furane (Tabelle). Den POPs gemein- sam ist ihre Persistenz, das heißt, sie wer- den nicht oder nur sehr langsam abge- baut. Sie sind hoch toxisch, bioakkumu- lierbar und bleiben nicht dort, wo sie in die Umwelt entlassen worden sind.
Durch wiederholtes Verdunsten und Kondensieren wandern die Stoffe mit den Luftströmungen in Richtung der kal- ten Erdpole und reichern sich dort in der Nahrungskette an. Beispielsweise befin- den sich in der Muttermilch der Inuit- Frauen gesundheitsgefährdende Mengen von POPs, obwohl das in der Nordpolar- zone lebende Volk die Stoffe nie produ- ziert oder angewendet hat.
Einige Stoffe gelten als Tumorpromo- toren, sind für Reproduktionsstörungen und Immuntoxizität verantwortlich.
Die Stockholm-Konvention ist vor al- lem für Entwicklungsländer bedeutsam, in denen die Chemikalien häufig noch als Pestizide oder Holzschutzmittel einge- setzt werden. Innerhalb der EU sind die Pestizide unter den POPs bereits seit 20 Jahren verboten; für PCBs und Dioxine gelten hohe Grenzwerte. Allerdings wer- den sie in den Industrieländern produ- ziert und in Entwicklungsländer verkauft.
Auch die Produktion und der Export soll künftig untersagt werden.
Ausnahmeregelungen lässt die Kon- vention zu für das Insektizid DDT, das zur Vektorkontrolle eingesetzt wird. Bislang gibt es keine effektivere und kostengünsti- gere Alternative zum Schutz vor Malaria.
Im Agrarsektor wird der Einsatz jedoch verboten.
Entsorgt werden müssen weltweit rund 500 000 Tonnen Pestizid-Altlasten meist in Ländern der Dritten Welt sowie Mittel- und Osteuropas. Greenpeace for- dert von den Pestizid-Herstellern einen
„Aktionsplan zur zügigen Beseitigung des Problems“. An den Rückholaktionen der Altlasten habe sich die Industrie bis- her finanziell kaum beteiligt. Das müsse sich ändern. Schließlich verdienten sie viel Geld damit: Der jährliche Umsatz be- laufe sich auf rund 30 Milliarden Dollar.
Schwedens Premierminister Göran Persson forderte, das Verbot auf weitere Giftstoffe auszuweiten. Als weitere
„heiße Kandiaten“ gelten nach Informa- tionen des Umweltbundesamtes Lindan, Chlordecon, Hexabrombiphenyl sowie polycyclische aromatische Kohlenwas-
serstoffe. Petra Bühring
P O L I T I K
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A1524 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 23½½½½8. Juni 2001
Umweltschutz
Aus für das „dreckige Dutzend“
110 Staaten unterzeichneten in Stockholm die Konvention zum Verbot persistenter organischer Schadstoffe.
´ TabelleCC´
Verbotene oder regulierte Chemikalien der Stockholm-Konvention
Substanzen Ausnahmeregelung(en) Auslaufdatum bzw.
für Herstellung für Gebrauch Anforderungen
Anhang A: Verbote
Aldrin keine lokales Ektoparasizid: Insektizid zu bestimmen Chlordan gemäß Register lokales Ektoparasizid: Insektizid; zu bestimmen
Termitizid in Gebäuden, Dämmen und Straßen; Additiv in Furnierholz
Dieldrin keine für landwirtschaftliche Zwecke zu bestimmen
Endrin keine keine zu bestimmen
Heptachlor keine Termitizid in Gebäuden und zur zu bestimmen unterirdischen Behandlung von Holz
und in Kabelschächten
Hexachlorbenzol gemäß Register Termitizid zu bestimmen
Mirex gemäß Register Termitizid zu bestimmen
Toxaphen keine keine
Polychlorierte keine Produkte in Gebrauch Bis 2025: Güter und Geräte, die PCBs über
Biphenyle 0,005% und Volumen über 0,05 Litern sol-
len identifiziert, gekennzeichnet und aus- getauscht werden; bis 2028: PCB-haltige Flüssigkeiten und kontaminierte Geräte Anhang B: Beschränkung
DDT Malariabekämpfung gemäß gemäß Evaluation; Registrierungs- WHO-Richtlinien; Zwischenprodukt und Notifizierungspflicht; Erstellung bei der Herstellung von Dicofol von Aktionsplänen zu Alternativen Anhang C: Nebenprodukte
Polychlorierte Dibenzo- ausgenommen je nach Emissionsquelle BAT bzw. BEP*
p-Dioxine und -Furane
Hexachlorbenzol ausgenommen je nach Emissionsquelle BAT bzw. BEP*
Polychlorierte Biphenyle ausgenommen je nach Emissionsquelle BAT bzw. BEP*
* (BAT = best available techniques. BEP = best environmental practices) – Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit