Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen lstituto federale di rlcerche forestali Institut lederal de recherches forestieres Swiss Forest Research Institute
8903 Birmensdorf (Zürich)
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Mai 1970
UBER DAS AUFTRETEN
EINER LARCHENCHLOROSE
DR. THEODOR KELLER
Ueber das Auftreten einer Lärchenchlorose
Theodor Keller
Im vergangenen Jahr ist in der Schweiz eine Lärchenchlorose ziem- lich weitverbreitet aufgetreten, vor allem in Jungbeständen auf kalkreichen Böden. Dieser Bericht bezweckt daher, die Praxis kurz darüber aufzuklären und sie auf diese Erscheinung aufmerksam zu machen.
Symptome (vgl. Farbabbildungen auf der 3. Umschlagseite) Diese Chlorose erscheint hauptsächlich im Hochsommer während des Wachstums der Langtriebe. Die Kurztriebe sind in der Regel normalgrün, ebenso die Basisnadeln der Langtriebe. Die Benade- lung der Langtriebe nimmt jedoch von der Basis zur Spitze hin eine zunehmend gelbliche Färbung an,und in extremen Fällen sind die endständigen Nadeln klein und weiss (vgl. Abb. 1). Sie verdorren rasch wieder, so dass die Triebe bereits im frühen Herbst kahl stehen (Abb. 2) und manchmal absterben, so dass es bei wiederhol- tem Auftreten zu einer Verbuschung kommen kann.
Ursache
Bei dieser Chlorose handelt es sich weder um eine neue Pilzkrank- heit noch um Rauchschäden, wie z. T. befürchtet wurde, sondern um eine Nährstoffmangelerscheinung. Wie der kürzlich erschienenen Dissertation von Dr. W. Zech (Universität München), aus welcher auch die beiden Farbabbildungen stammen, zu entnehmen ist, steckt vermutlich ein Eisen- oder Manganmangel hinter dieser Erscheinung.
Da die Chlorose in Bayern auf kalkfreien Böden nicht beobachtet wurde, nennt Zech sie "Kalkchlorose", umsomehr als noch nicht feststeht, welchem Spurenelement dieser Mangel zuzuschreiben ist.
Nadelanalysen ergaben nämlich, dass sowohl in den grünen wie gelben Nadeln nur geringe Manganmengen vorhanden waren. Der Eisengehalt dagegen nahm mit zunehmendem Chlorosegrad eindeutig ab. Weil jedoch in anderen Fällen (vgl. Literaturhinweise bei Keller und Koch, 1962, S. 284) zufolge einer Inaktivierung des Eisens in der Pflanze chlorotische und grüne Blätter die gleichen Eisengehalte aufwiesen, lässt sich ein Eisenmangel analytisch solange nicht mit Sicherheit feststellen, als man das physiologisch wirksame Eisen in der Pflanze nicht genau bestimmen kann.
Immerhin gelang es Zech, durch das Eintauchen chlorotischer Zweige in eine Eisenchelatlösung die Bildung eines tief grünen Nadelbüschels an der Triebspitze zu induzieren, was auf die Behebung eines Eisen- mangels schliessen lässt. Ein eigener Tastversuch im Sommer 1964, derartige chlorotische Triebe durch eine Besprühung mit Eisenzitrat
oder Eisensulfat zum Ergrünen zu bringen, schlug dagegen fehl.
Andrerseits fand sich in chlorotischen Fichtennadeln von in der Nähe der Lärchen wachsenden Verschulpflanzen Mangangehalte von über 200 ppm, so dass ein Manganmangel ausgeschlossen erscheint.
Es ist auch die Frage aufgeworfen worden, wie eine derartige Mangel- erscheinung in bisher gutwüchsigen Jungwüchsen und Dickungen plötz- lich auftreten könne. Dazu ist zu bemerken, dass die Pflanzen auf
eine kontinuierliche Nachlieferung mit Spurenelementen angewiesen sind, weil sie diese weniger speichern als die Makronährstoffe wie z.B. Stickstoff, Phosphor oder Kali. Besonders Eisen gehört zu den wenig beweglichen Elementen in der Pflanze. Aus diesem Grunde leiden die jüngsten, zuletzt gebildeten Organe am stärksten unter Eisenmangel, denn das in den älteren Blättern oder Nadeln enthaltene Eisen kann nicht remobilisiert und erneut verfügbar gemacht werden.
Daher lassen sich z.B. Eisen- und Stickstoffmangelchlorosen leicht unterscheiden: bei Stickstoffmangel werden die ältesten Blätter gelb, weil der Stickstoff aus jenen herausgeholt und den jüngsten Blättern wieder zur Verfügung gestellt wird; bei Eisenmangel dagegen werden die jüngsten Blätter chlorotisch, während die ältesten Blätter tief- grün sein können. Es genügt somit eine vorübergehende Blockierung des Eisens im Boden durch Trockenheit oder dgl. , um die Chlorose hervorzurufen. Da ein hoher pH-Wert im Boden eine Fixierung von Eisen, Mangan oder anderen Spurenelementen begünstigt, tritt die beschriebene Erscheinung vorwiegend in Böden mit hohem Kalkgehalt auf.
Auswirkungen
Bei starkem oder wiederholtem Auftreten der Chlorose, besonders wenn diese auch den Gipfeltrieb befällt, kann die Stammachse defor- miert werden oder der Baum gar verbuschen, was einer vöÜigen Entwertung der Pflanze für die Wertholzerzeugung gleichkommt.
Gleichzeitig ist die Erscheinung mit einer Zuwachseinbusse verbun- den.
Gegenmassnahmen
Leider besitzen wir noch zuwenig Erfahrung, um der Praxis bereits bewährte Gegenmassnahmen bekanntgeben zu können. Wir möchten aber wenigstens auf folgende Punkte hinweisen:
1. Soweit wir orientiert sind, treten diese Chlorosen vorwiegend auf ausgeprägten Laubwaldstandorten auf, wo z.B. versucht wurde, den Wertholzzuwachs durch eine Lärchenbeimischung zu erhöhen.
In diesen Beständen sollte beobachtet werden, ob auch allenfalls Föhren leicht chlorotisch werden. Auf diesen Standorten sollte inskünftig mit dem Nadelholzanbau zurückgehalten werden.
2. Nach unseren wenig umfangreichen Beobachtungen scheint die Möglichkeit zu bestehen, dass Provenienzunterschiede in der
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Chloroseempfindlichkeit auftreten.
3. Möglicherweise könnte das Ausbringen von Eisenchelaten (z.B.
Sequestren, das zur Bekämpfung der Eisenchlorose von Rosen etc. im Handel ist) Abhilfe schaffen.
Um mehr über Häufigkeit und Ausmass des Auftretens dieser Chlo- rose zu erfahren, wären wir für entsprechende Meldungen von Beob- achtungen (auch z.B. bezüglich Provenienzunterschiede) dankbar.
Zitierte Literatur:
Keller, Th. und Koch, W. 1962. Der Einfluss der Mineralstoffer- nährung auf C02-Gaswechsel und Blattpigmentgehalt der Pappel. II. Eisen. Mitt. Schweiz. Anst. forstl.
Vers.wesen 38(2), 283-318.
Zech, W. 1968. Kalkhaltige Böden als Nährsubstrat für Koniferen.
Diss. Univ. München, 165 pp. 40 Farbabb. (Bezugs- quelle: Dr. Zech, Institut für Bodenkunde, Amalien- str. 52, 8 München 13. Preis ca. Fr. 12. -).
Wir danken Herrn Dr. Zech für die Einwilligung, die beiden Farb- abbildungen aus seiner Dissertation übernehmen zu dürfen,und der Direktion des Internat. Kali-Institutes (Bern) dafür, dass sie uns die Klischees gratis zur Verfügung stellte.
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Abb. 1: Extreme Chlorose an Lärchen- langtrieb. Die jüngsten Nadeln sind nur noch kümmerlich aus- gebildet, sind gelblich-weiss, da kein Chlorophyll gebildet wird, und sterben vorzeitig ab.
Abb. 2: Der vorzeitige Nadelabfall an den chlorotischen Langtrieben führt dazu, dass die Triebe schon im frühen Herbst kahl stehen (Kurztriebe± normal). Wenn die