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Alternative KEF-Bekämpfung bei Kirschen

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Academic year: 2022

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8 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR OBST- UND WEINBAU 24/17

P F L A N Z E N S C H U T Z

Alternative KEF-Bekämpfung bei Kirschen

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Kirschessigfl iege Drosophila suzukii (KEF) grosses Schadpotenzial für verschiedene Obstkulturen hat. Die Schäden sind von Jahr zu Jahr unterschiedlich und schwierig vorherzusagen. Das Auftreten der Fliege ist in der Landschaft heterogen verteilt. Insbesondere Hochstammbäume oder nicht eingenetzte Parzellen stellen die Produzenten im Steinobstanbau vor grosse Herausforderungen.

Hier bieten sich allenfalls alternative Bekämpfungsmethoden wie Kaolin oder Löschkalk an, um Schäden zu minimieren. Untersuchungen von Agroscope zu diesen beiden Massnahmen in einer Kirschenanlage werden beschrieben und mit weiteren Schweizer Praxisversuchen in einen Gesamtkontext gestellt.

Nicola Stäheli und Gianna Wullschleger, Agroscope, Wädenswil

nicola.staeheli@agroscope.admin.ch

Die aktuelle Strategie gegen die KEF im Steinobst sieht neben den im Vordergrund stehenden vorbeugenden Massnahmen (Hygiene, Überwachung, Erntemanage- ment etc.) und der Einnetzung auch den Einsatz von

Insektiziden vor (Arbeitsgruppe Kirschessigfl iege 2017). Bei konsequenter Umsetzung erlaubt dieses Massnahmenpaket eine Produktion von Früchten mit hoher Qualität.

Eine weitere Möglichkeit, Kulturen vor Befall zu schützen, stellt der Einsatz von Kaolin und Löschkalk (Dorsaz und Fischer 2017) dar (siehe Kasten). Diese al- ternativen Methoden töten die Insekten nicht ab, son-

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dern machen die behandelten Früchte und Bäume für die KEF unattraktiv und reduzieren somit Eiablagen und Schäden.

Kaolin erzeugt eine physikalische Schutzschicht auf den Kirschen (Abb. links), die die Fliege an der Ei- ablage hindert. Beim Löschkalk ist die Spritzbrühe stark alkalisch (> pH 12), was eine abstossende und maskierende Wirkung hat. Die Früchte sind somit weniger attraktiv für Eiablagen. Zudem konnte auf Beeren eine ovizide Wirkung nachgewiesen werden (Dorsaz und Fischer 2017).

Praxisversuche in den letzten zwei Jahren gaben Hinweise, dass mit diesen beiden Mitteln eine Schutz- wirkung erreicht werden kann, die mit jener von Insek- tiziden vergleichbar ist.

Versuch gibt Auskunft

Im Frühsommer 2017 wurden in einer Kirschenanlage in Horgen ZH (Abb. 1) Kaolin und Löschkalk eingesetzt.

Neben der Schutzwirkung (Reduktion von Eiablagen) der beiden Verfahren wurden die Auswirkungen auf Raubmilben und die Fruchtfestigkeit untersucht. Die Versuchsparzelle umfasst 10 Aren mit je einer Reihe zu 21 Bäumen der drei Sorten Regina, Kordia und Star.

Die Parzelle wurde 1996 gepfl anzt und ist von einer Apfelanlage, einer Hecke mit anschliessenden Schre- bergärten und einem Waldstreifen umgeben. Die zwei Verfahren wurden ab Farbumschlag bis kurz vor der Ernte je vier Mal mit Kaolin bzw. mit Löschkalk be- handelt. Eine Kontrolle blieb über die Versuchsperiode unbehandelt.

Flugüberwachung

Um die Flugstärke der KEF zu überwachen, wurde in den beiden Versuchsverfahren und in der unbehandel- ten Kontrolle ab KW 21 je eine Profatec-Falle mit RIGA Gasser-Mix Lockstoff aufgehängt und wöchentlich ausgezählt. Zusätzlich wurde eine Falle an einem nahe- gelegenen, mit Efeu bewachsenen Zaun positioniert, um das Aufkommen der KEF ausserhalb der Parzelle abzuschätzen. Die wöchentlichen Fallenfänge beweg- ten sich bis zur Ernte der drei Sorten (Kordia und Star:

KW 26, Regina: KW 27) im zweistelligen Bereich. Nach Erntereife der Früchte stiegen die Fänge stark an, mit

teilweise bis zu 1200 KEF pro Woche und Falle. Der extreme Anstieg dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Früchte aus versuchstechnischen Gründen nicht vollständig abgeerntet wurden. Die Fallenfänge waren homogen über die Parzelle verteilt. Ausserhalb der Parzelle wurden bis zur Ernte zirka fünfmal weni- ger Individuen pro Woche gefangen als innerhalb.

Befallsbonitur auf Eiablagen

Zwei Wochen vor dem geplanten Erntetermin wurde mit Fruchtbonituren begonnen. Jeweils 50 Früchte wurden pro Sorte und Woche unter dem Binokular auf Eiablagen untersucht. Der Befall stieg in allen Verfah- ren stetig an, in der Kontrolle aber am stärksten. Zur Ernte wurden jeweils 100 Früchte bonitiert.

In den Kontrollparzellen wurde bei der Ernte auf allen drei Sorten starker Befall (Abb. 2) festgestellt:

knapp 50% bei den fast gleichzeitig erntereifen Sorten Kordia und Star und 100% bei der später reifenden Regina.

Kaolin

Kaolin ist ein Gesteinsmehl, das aus einem Gemisch von Tonmineralien besteht. Es wird vorwiegend als Pigment und Füllstoff verwendet. In der Schweiz ist Kaolin (Handels- name: Surround) per Allgemeinverfügung 2017 für den Ein- satz im Brennobst zugelassen (IP und BIO).

Löschkalk

Löschkalk besteht aus Calciumhydroxid und wird vorwie- gend zur Herstellung von Mörtel verwendet. In der Schweiz ist Löschkalk (Handelsname: Nekagard 2) per Allgemein- verfügung 2017 für den Einsatz im Brennobst und Steinobst (geringere Konzentration) zugelassen (IP und BIO).

Weitere Informationen zur Anwendung und zu den zugelas- senen Pfl anzenschutzmittel: Agroscope Merkblätter Nr. 54, 57 und 58.

Abb. 1: Versuchsparzelle in Horgen ZH mit eingezeichneten Verfahren und Aufwandmengen.

Abb. 2: Prozentualer Anteil der Früchte mit Eiablagen bei der Kontrolle Abb. 2: Prozentualer Anteil der Früchte mit Eiablagen bei der Kontrolle und den Verfahren Kaolin und Löschkalk zum Erntezeitpunkt.

Kordia Star Regina

Kaolin Kontrolle Löschkalk 100

90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Befallene Früchte, Erntebonitur (%)

47% 45%

100%

25% 20%

86%

15%

6%

43%

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Bei den Verfahren zeigen Kordia und Star ein ähnli- ches Bild: Mit Löschkalk konnte der Schaden um rund die Hälfte reduziert werden, deutlich mehr mit Kaolin.

Bei Regina war der Befallsdruck bereits so gross, dass der Löschkalk den Befall nur geringfügig mindern konnte. Kaolin zeigte dagegen bei einem Befall von 43% noch einen Wirkungsgrad (nach Abbott) von 57%.

Fruchtfestigkeit

Nach der Bonitur der Kirschen auf Eiablagen wurde die Fruchtfestigkeit mittels Penetrationskraft in centi- Newton gemessen. Pro Verfahren und Sorte wurden

25 entstielte Kirschen je dreimal (oben, in der Mitte und unten) gemessen (Abb. 3) und daraus der Durch- schnitt ermittelt. Abbildung 4 zeigt, dass die mit Kaolin und Löschkalk behandelten Kirschen bei Erntereife eine festere Fruchthaut aufwiesen. Inwiefern sich die höhere Fruchtfestigkeit auf Eiablagen der KEF aus- wirkt, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Die Tatsache, dass Regina mit der durchschnittlich höchs- ten Fruchtfestigkeit den höchsten Befall der drei Sor- ten aufwies, deutet darauf hin, dass Faktoren wie der Reifezeitpunkt stärkeren Einfl uss haben.

Raubmilben

Raubmilben sind wichtige Nützlinge in einer Kirschen- anlage. Bei gutem Besatz können sie Spinnmilben auf natürliche Weise in Schach halten. Deshalb sollten ein- gesetzte Pfl anzenschutzmittel möglichst raubmilben- schonend sein. Auf der Versuchsparzelle wurden die Verfahren je viermal gespritzt. Die Anzahl Raubmilben wurde jeweils mittels Auswaschmethode bei 100 Blät- tern pro Verfahren ausgezählt. Die Probennahmen er- folgten zweimal vor dem ersten Spritz termin, zweimal während des Behandlungszeitraums und einmal nach der letzten Spritzung. Abbildung 5 zeigt anfangs einen tiefen Besatz in allen Verfahren. Der Besatz steigt über die Reifeperiode der Kirschen in allen Verfahren an, während der Behandlungszeit jedoch am stärksten in der Kontrolle. Etwas mehr als einen Monat nach der letzten Behandlung hat sich die Population weiter aufgebaut. Die Behandlungsverfahren lagen auf ähn- lichem Niveau wie die Kontrolle. Spinnmilben und deren Befalls-Symptome konnten während der Ver- suchsperiode kaum festgestellt werden.

Bereits 2016 wurde beim Einsatz von Kaolin ein ähnlicher Trend beobachtet; allerdings hatten sich die Raubmilben nach Abschluss der Behandlungen weniger gut erholt als in diesem Jahr. Weitere Versuche zur Wirkung dieser Mittel auf die Nützlings- und Schädlingsfauna sind nötig.

Bestätigung in der Praxis

In Zusammenarbeit mit verschiedenen Kantonen wur- den bereits 2016 insgesamt 28 praxisnahe Versuche in Kirschenparzellen durchgeführt. Es wurden Insek- tizide (Betriebsstrategie; Verwendung zugelassener Mittel per Allgemeinverfügung 2017), Netze, Kaolin und Löschkalk getestet. Die Resultate (Abb. 6) zeigen:

Je höher der Befallsdruck in der Parzelle, desto tiefer ist der Wirkungsgrad der eingesetzten Bekämpfungs- strategie. Bei starkem Befall bieten Netze den sichers- ten Schutz.

Behandlungen mit Kaolin und Löschkalk zeigten aber auch bei starkem Befall eine mit Insektiziden ver- gleichbare Wirkung.

Fazit

Der diesjährige Feldversuch und die Praxisversuche 2016 zeigen, dass mit dem Einsatz von Kaolin und Löschkalk eine gute Schutzwirkung gegen die Kirschessig fl iege erzielt wird, die mit dem Einsatz von P F L A N Z E N S C H U T Z

Abb. 3: Bei einer mit Kaolin behandelten Kirsche wird der Penetrations- widerstand gemessen.

Abb. 4: Durchschnittliche Penetrationskraft der drei Sorten in Abhängig- keit von den unterschiedlichen Verfahren. Die Fehlerbalken repräsen- tieren den Standardfehler. Pro Verfahren und Sorte wurden 25 Früchte gemessen.

Kordia Star Regina

80 70 60 50 40 30 20 10 0

Penetrationswiderstand (g)

Kaolin Kontrolle Löschkalk

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Insektiziden vergleichbar ist. Die Resultate aus den Untersuchungen zu Raubmilben und Fruchtfestigkeit zeigten jedoch, dass die Auswirkungen auf die Nütz- lingsfauna und die Fruchtqualität (Gewicht, Zuckerge- halt) noch genauer abgeklärt werden sollten.

Das Einsatzgebiet von Kaolin und Löschkalk bei Kirschen ist eingeschränkt, da sich insbesondere bei Kaolin ein auffälliger Spritzbelag auf den Früchten bil- det. Für die Produktion von Brennobst sind beide Mit- tel gut geeignet; sie zeigen in der Brennerei keine Aus- wirkungen auf das Destillat (Heiri et al. 2016). In der Produktion von Industriekirschen ist aktuell nur der Löschkalk mit 2.0 bis 5.0 kg/ha per Allgemeinverfü- gung 2017 zugelassen.

Tafelkirschenanlagen werden heutzutage meist durch engmaschige Insektennetze geschützt. Dies hat sich in den letzten Jahren in Verbindung mit konse- quenter Umsetzung vorbeugender Massnahmen als bester Schutz herausgestellt. Hier wäre allenfalls der Einsatz von Löschkalk in der Konzentration 1.8 bis 2.0 kg/ha als Unterstützung anderer Massnahmen denkbar, jedoch nicht der Einsatz von Kaolin (Spritz- belag).

Dank

Wir danken den Produzenten und kantonalen Fach- stellen für die Bereitstellung und Betreuung der Versuchsfl ächen sowie Reinhard Eder, Stefan Kuske, Matthias Schmid, Elisabeth Razavi und weiteren Agroscope-Mitarbeitenden für Planung, Durchfüh- rung und Bonituren von Versuchen.

Moyens alternatifs de lutte contre R É S U M É

la mouche du vinaigre

Dans la culture des cerises, le kaolin et la chaux offrent une option à la place des insecticides pour di- minuer la ponte d’œufs et les dégâts imputables à la mouche drosophile. Avec les deux méthodes, un bon effet protecteur, comparable à celui des insecticides, a pu être démontré lors de différents essais expéri- mentaux.

Le kaolin et la chaux sont prévus pour la protec- tion de sujets à tige haute et les cultures sans fi let et

conviennent bien pour la production de fruits desti- nés à la distillerie. En faibles concentrations, la chaux peut aussi être utilisée sur les fruits de table, mais non le kaolin à cause des dépôts de pulvérisa- tion. Il faudra encore approfondir les observations pour mieux comprendre l’infl uence sur les auxi- liaires et la qualité des fruits.

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Literatur

Arbeitsgruppe Kirschessigfl iege (Begleitgruppe Steinobst), Bekämpfungsstrategie gegen Drosophila suzukii in Steinobst-Drosophila suzukii in Steinobst-Drosophila suzukii kulturen, Agroscope Merkblatt 57/2017.

Dorsaz M. und Fischer S.: Alternativen zur chemischen KEF- Bekämpfung: zum Beispiel Kalk. Schweizer Z. Obst-Weinbau 14, 14−15, 2017.

Heiri M., Perrino M., Petignat-Keller S. und Kuske S.:

Kirschessigfl iege – erste Erfahrungen in der Brennerei.

Schweizer Z. Obst-Weinbau 11, 8−11, 2016.

Abb. 5: Anzahl Raubmilben pro Blatt. Die roten Pfeile stellen die vier Behandlungen mit Kaolin bzw. Löschkalk dar. Die Behandlungen fanden zwischen dem 08. 06. und 30. 06. 2017 statt.

Abb. 6: Wirkungsgrade (nach Abbott) der Verfahren. Die Versuche wurden in drei Kategorien eingeteilt: wenig, mittlerer und starker Befall in der unbehandelten Kontrolle. n = Anzahl Versuche.

1–2% = wenig 4–16% = mittel 18–96% = stark

Fruchtbefall Kontrolle 0.7

0.6

0.5

0.4

0.3

0.2

0.1

0

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Raubmilben pro BlattWirkungsgrad (%)

Kaolin Kontrolle Löschkalk Löschkalk Behandlungen

KW 21 KW 22 KW 23 KW 26 KW 32

Insektizid Netz Kaolin Löschkalk n = 2

n = 7 n = 1

n = 3

n = 3 n = 4

n = 2 n = 1

n = 5

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