baua: Fakten BIBB/BAuA 2012
Berufliche Computernutzung:
Chancen und Risiken für Erwerbstätige
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Die politische und gesellschaftliche Diskussion über unse- re Arbeitswelt wird aktuell durch Begriffe wie „Digitalisie- rung“ und „Arbeit 4.0“ geprägt. Unter anderem geht es um die Frage, wie neue Informations- und Kommunikations- technologien die Arbeitswelt verändern. In diesem Fakten- blatt wird dargestellt, inwieweit verschiedene Berufs- und Beschäftigtengruppen beruflich einen Computer nutzen.
Es wird außerdem beschrieben, ob sich psychische Anfor- derungen an die Erwerbstätigen sowie deren Zufriedenheit und Wohlbefinden nach Ausmaß der Computernutzung unterscheiden. Auswertungen auf Basis der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2012 zeigen, dass die berufli- che Computernutzung in Deutschland weit verbreitet ist.
Es wurden 19.647 Beschäftigte im Alter zwischen 15 und 65 Jahren befragt. Vier von fünf Befragten geben an, häufig (66 %) oder manchmal (16 %) mit Computern zu arbeiten.
Durchschnittlich nimmt die Computernutzung knapp 50 % ihrer Arbeitszeit in Anspruch. Im Vergleich zu 2006 ist die berufliche Computernutzung leicht angestiegen.
Merkmale von beruflichen Computernutzern
Die berufliche Computernutzung unterscheidet sich kaum nach Alter und Geschlecht der Befragten. Jedoch nimmt sie mit der Höhe des Bildungsniveaus zu. Während 87 % der Hochgebildeten häufig mit Computern arbeiten, trifft dies nur auf 46 % der Erwerbstätigen mit einem niedrigen Bildungsabschluss zu. Deutliche Unterschiede zeigen sich erwartungsgemäß auch zwischen den verschiedenen Be- rufsgruppen (Abb. 1). Häufige Computernutzung ist be- sonders verbreitet in kaufmännischen und Verwaltungsbe- rufen sowie in technischen Berufen. Hier arbeiten mehr als 90 % der Erwerbstätigen häufig mit Computern. Deutlich geringer ist dieser Anteil in Bauberufen (20 %) oder Beru- fen in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft sowie im Garten- bau (33 %). In allen untersuchten Berufsgruppen hat die
Computernutzung gehört in vielen Berufen zum Alltag. Oft bietet die Arbeit mit dem Computer den Erwerbstätigen einen erweiterten Handlungsspielraum, um ihre Arbeit eigenständig zu organisie- ren. Jedoch geht die berufliche Computernutzung auch häufig mit einem erhöhten Arbeitsdruck einher. Die Ergebnisse der BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2012 legen nahe, dass bestimmte psychosomatische Beschwerden, wie Augenbeschwerden oder emotionale Erschöpfung, in der di- gitalen Arbeitswelt an Bedeutung gewinnen.
Computernutzung 2012 gegenüber der vorangegangenen Befragung im Jahr 2006 zugenommen. Der höchste An- stieg an häufiger beruflicher Computernutzung betrifft die Berufe in der Land-, Tier und Forstwirtschaft sowie im Gar- tenbau (2012: 33 %, 2006: 21 %).
Abb. 1 Häufigkeit der Computernutzug nach Berufsgruppen.
Arbeitsbedingungen bei Tätigkeiten mit häufiger Computernutzung
Erwerbstätige mit häufiger Computerarbeit gehen deutlich seltener monotonen Tätigkeiten nach und haben insge- samt einen höheren Handlungsspielraum beim Ausfüh- ren ihrer Tätigkeit als Erwerbstätige ohne Computerarbeit (Abb. 2). So berichten beispielsweise 77 % der Personen, deren Arbeitsalltag durch häufige Computerarbeit gekenn- zeichnet ist, ihre Arbeit häufig selbst einteilen zu können, während dies nur auf 48 % der Personen ohne Computer- arbeit zutrifft. Jedoch sind Erwerbstätige, die häufig einen Computer nutzen, auch einem erhöhten Arbeitsdruck 100 %
80 % 60 % 40 % 20 % 0 %
Verwaltungs-, Büroberufe Technische Berufe Sonstige Arbeitskräfte Kaufleute Dienstleistungs- berufe Fertigungsberufe, Bergleute, Mineral- gewinner Verkehrsberufe Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft, im Gartenbau Bauberufe
Häufig Manchmal Nie
33 20 45 38
75 61 92 83
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baua: Fakten Berufliche Computernutzung: Chancen und Risiken für Erwerbstätige 2
Impressum | Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Friedrich-Henkel-Weg 1–25, 44149 Dortmund, Telefon: 0231 9071-2071, E-Mail: info-zentrum@baua.bund.de, Internet: www.baua.de |
Autorinnen: Dr. S.-C. Meyer, Dr. L. Hünefeld, Redaktion: D. Siegmund, Dr. G. Meilicke, Gestaltung: R. Grahl | doi:10.21934/baua:fakten20180711 | Juli 2018
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Zufriedenheit der Erwerbstätigen
Unabhängig von der Häufigkeit der Computernutzung sind ca. 90 % der Erwerbstätigen mit ihrer Arbeit insgesamt sehr zufrieden. Die Einkommenszufriedenheit ist höher bei Er- werbstätigen, die mit Computern arbeiten (75 %) als bei Erwerbstätigen, die ohne Computer arbeiten (63 %). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Einkommenszufrie- denheit in einem direkten Zusammenhang mit der Höhe des Einkommens steht. Erwerbstätige, die häufig mit Com- putern arbeiten, sind überwiegend in Berufen tätig, die ein höheres Einkommen aufweisen. Zu nennen sind hier bei- spielsweise technische Berufe und Verwaltungs- bzw. Büro- berufe. In diesen Berufen weisen sogar 80 % der Erwerbstä- tigen eine hohe Einkommenszufriedenheit auf.
Weiterführende Analysen zeigen auch hier, dass sich die Zusammenhänge zwischen psychosomatischen Beschwer- den bzw. der Arbeitszufriedenheit und der Computernut- zung nicht vollständig auf Unterschiede zwischen Bil- dungs- oder Berufsgruppen zurückführen lassen.
Fazit
In welchem Umfang Erwerbstätige bei der Arbeit einen Computer nutzen, unterscheidet sich stark nach Berufs- gruppen. Die digitale Arbeitswelt bietet den Erwerbstä- tigen häufig die Chance eines erweiterten Handlungs- spielraums. Allerdings birgt sie gleichzeitig das Risiko steigender Anforderungen. Diese Ergebnisse der BIBB/
BAuA Erwerbstätigenbefragung stehen im Einklang mit bestehenden wissenschaftlichen Studien1. In der Praxis gilt es, betriebliche und politische Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Erwerbstätigen vor den Risiken der beruflichen Computernutzung bestmöglich zu schützen2. Seitens der Wissenschaft sollten Indikatoren entwickelt werden, um den digitalen Wandel der Arbeitswelt genauer zu untersuchen und weitergehende Handlungsempfeh- lungen ableiten zu können.
ausgesetzt. 57 % von ihnen müssen oft unter starkem Termin- oder Leistungsdruck arbeiten. Erwerbstätige, die ohne Computer arbeiten, betrifft der erhöhte Arbeitsdruck hingegen nur in 39 % der Fälle. Weiterführende Analysen zeigen, dass diese Unterschiede in den Anforderungen und Ressourcen nach Computernutzung unabhängig vom Bildungsniveau und der Berufsgruppe bestehen.
Abb. 2 Arbeitsbedingungen nach Häufigkeit der Computernutzung.
Psychosomatische Beschwerden
Wer häufig am Computer arbeitet, ist öfter von psycho- somatischen Beschwerden betroffen (Abb. 3). Von den Erwerbstätigen, die bei der Arbeit häufig einen Computer nutzen, berichten beispielsweise 22 % von arbeitsbezo- genen Augenbeschwerden. Erwerbstätige, die nur selten oder nie einen Computer nutzen, haben nur in 15 % der Fälle solche Augenbeschwerden. Auch ist die emotionale Erschöpfung bei Erwerbstätigen, die häufig mit Compu- tern arbeiten, stärker verbreitet (27 %), als dies bei Er- werbstätigen ohne Computernutzung der Fall ist (19 %).
Abb. 3 Psychosomatische Beschwerden, die während der Arbeit oder nach einem Arbeitstag auftreten, nach Häufigkeit der Com- puternutzung.
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Weiterführende Informationen
1 Bundesministerium für Gesundheit und Soziales (BMAS), Hrsg., 2016. Monitor – Digitalisierung am Arbeitsplatz. Aktuelle Ergebnisse einer Be- triebs- und Beschäftigtenbefragung. Berlin: BMAS.
Verfügbar unter: www.bmas.de/DE/Service/Medi- en/Publikationen/a875-monitor-digitalisierung-am- arbeitsplatz.html
2 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedi- zin (BAuA), Hrsg., 2011. Technologien im Büro – Chancen und Risiken im Umgang mit PC, E-Mail &
Co. 2. Auflage. Dortmund: BAuA. Verfügbar unter:
www.baua.de/dok/8658022 Monotonie Autonomie Arbeitsintensität
Häufig Manchmal Nie
Stückzahl, Leistung oder Zeit vorgegeben Ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge Einfluss auf die Arbeitsmenge Eigene Arbeit selbst planen und einteilen 2834 34
43 52
64
77
59 48
39 37 40 57
46 3734 39
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Sehr schnell arbeiten Starker Termin- oder Leistungs- druck 0%
20% 40% 60% 80%
0 % 10 % 20 % 30 % 40 % Emotionale
Erschöpfung
Nervosität oder Reizbarkeit
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Manchmal Nie
Häufig
19 2729 25 Augen: Brennen,
Schmerzen, Rötung, Jucken, Tränen Kopfschmerzen
22 1515
33 36 28