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Bayerisches Är zteblatt 12/2012ne erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit [11].
Diese Entzündungsaktivität führt in Verbin- dung mit der Insulinresistenz zur gesteigerten Thrombozytenaggregation [12] mit erhöhter Thrombogenität [13]. Hierdurch wird die Endo- thelfunktion der Gefäße, unter anderem durch Reduktion der Stickstoffmonoxid-Produktion, beeinträchtigt. Die konsekutive Gefäßkons- triktion begünstigt das Entstehen der arte- riellen Hypertension, die bei etwa 30 Prozent aller übergewichtigen Kinder und Jugendlicher nachgewiesen werden kann.
Risikofaktoren der Arteriosklerose wie erhöhter BMI, Insulinresistenz, chronische Inflammati- on, Dyslipidämie und arterielle Hypertension sind also bereits im Kindes- und Jugendalter tigen Kinder und Jugendlichen nachweisbar [7].
Aufgrund fehlender Symptome werden daher Screening-Untersuchungen auf eine Retino- pathie und eine Mikroalbuminurie bei jungen Adipösen empfohlen [8].
Im Rahmen kindlichen Übergewichts lassen sich in circa 25 Prozent Dyslipidämien als wei- terer kardiovaskulärer Risikofaktor nachweisen [9, 10]. Durch Hypertrophie und Hyperplasie des Fettgewebes entstehen oxidative Stress- und Entzündungsreaktionen, die zur Entwick- lung der Arteriosklerose beitragen. Dies lässt sich im Routinelabor nachweisen: von 2.162 übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen zeigten anlässlich der Aufnahme zur stationären Rehabilitation 36 Prozent ei-
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzin-
farkt und Schlaganfall führen mit 4,3 Millio- nen Todesfällen jährlich die Liste der Todes- ursachen in der europäischen WHO-Region an [1]. Die Zahl jüngerer Menschen, die an den Folgen der Arteriosklerose erkrankt, steigt kontinuierlich.
Seit der Bogalusa Heart Study [2] ist durch au- toptische Studien gesichert, dass bereits Kin- der arteriosklerotische Plaques ihrer Gefäße aufweisen können. Zahlreiche nichtinvasive Studien mittels Ultraschalluntersuchung der kindlichen Arteria carotis und anderer Arte- rien belegen diese Erkenntnis. Hierbei besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Gefäßwand-Dicke als subklinischem Arterio- sklerose-Marker und der Höhe des Body-Mass- Index (BMI) bzw. der Folgen von Übergewicht wie zum Beispiel Diabetes, Dyslipidämie und arterieller Hypertension [3].
Die Epidemie der kindlichen Adipositas ist in diesem Zusammenhang alarmierend: ihre zehnfach höhere Rate gegenüber den Siebzi- gerjahren in der europäischen WHO-Region trägt unmittelbar zur höheren Adipositas- Prävalenz im Erwachsenenalter bei und stellt eine ökonomische Herausforderung für die eu- ropäischen Gesundheitssysteme dar [1]. Derzeit sind in Deutschland 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von drei bis 17 Jahren übergewichtig und 6,3 Prozent adipös [4].
Kindliche Adipositas ist ein kardiovaskulärer Risikofaktor, der häufig ins spätere Erwachse- nenleben mitgenommen wird: circa 60 Prozent der adipösen Kinder werden adipöse Erwach- sene. Auch für die hieraus resultierenden me- tabolischen und kardiovaskulären Folgen ist
„tracking“ ins Erwachsenenalter als Phänomen beschrieben [5], das zum Auftreten klassischer Zivilisationserkrankungen in immer jüngeren Jahren führt.
So beträgt die Lebenszeitprävalenz des kardio- vaskulären Risikofaktors Diabetes mellitus II inzwischen 7,2 Prozent und erfasst zunehmend auch jüngere Menschen unter einem Alter von 40 Jahren [6]. Eine vorausgehende Insulinresis- tenz ist bei etwa 30 Prozent aller übergewich-
Kardiovaskuläre Prävention im Kindes- und Jugendalter
Auszeichnung des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie für das bayernweit einzigartige Angebot „Kids TUMove“
mit dem Siegel „SPORT PRO GESUNDHEIT“ – Qualitätssiegel, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer entwickelt hat. Im Bild: Otto Marchner, Bezirksvorsit- zender des Bayerischen Landessportverbandes und Nicola Reiner, Leiterin der integrativen Sportgruppe für chronisch kranke Kinder am Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie der Technischen Universität München.
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Bayerisches Är zteblatt 12/2012
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präsent. Auf der Basis vierer großer longitu- dinaler Studien wurden daher Empfehlungen zum kardiovaskulären Risikoscreening für Kin- der ab dem neunten Lebensjahr entwickelt [14].
Hierzu zählen Ernährungs- und Bewegungs- anamnese, Bestimmung des BMI und des peri- pheren Ruheblutdruckes sowie die Sonografie der Arteria carotis communis, die eine erhöhte Gefäßwanddicke nachweisen kann [15]. Noch vor dieser morphologischen Veränderung sind jedoch funktionelle Beeinträchtigungen zum Beispiel der vaskulären Dehnbarkeit zu erwar- ten. Diese werden durch eine Endotheldysfunk- tion verursacht und lassen sich nichtinvasiv mittels Pulswellenanalyse bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen nachweisen. Darü- ber hinaus ist eine reduzierte vaskuläre Dehn- barkeit auch mit dem Maß der körperlichen Inaktivität assoziiert [16], einem weiteren un- abhängigen kardiovaskulären Risikoparameter.
Bewegungsmangel ist epidemisch verbreitet und trägt maßgeblich zur Entstehung kardio- vaskulärer Erkrankungen bereits im Kindesalter bei: in Deutschland übt jedes vierte Kind im Al- ter von drei bis zehn Jahren nicht regelmäßig Sport aus, jedes achte Kind nie [17].
Eine Vielzahl kindlicher Erkrankungen außer Übergewicht und Adipositas birgt ein erhöh- tes Risiko späterer Herz-Kreislauf-Erkrankun- gen, und bedarf der Entwicklung entspre-
chender präventiver Maßnahmen. Zu diesen zählen integrative Bewegungsprogramme für chronisch kranke Kinder und Jugendliche (zum Beispiel arterielle Hypertension, famili- äre Fettstoffwechselstörung, Zustand nach onkologischer Erkrankung, Kinder diabeti- scher Mütter, Niereninsuffizienz). Sie können in Bayern auf einem Rezept verordnet wer- den, wenn sie bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Ein derartiges Angebot wurde nun in München am Lehrstuhl für Präventive Pä- diatrie der Technischen Universität zertifiziert (Abbildung); es ist in eine Präventivmedizini- sche Ambulanz für Kinder und Jugendliche in Kooperation mit der Klinik für Kinderkardiolo- gie und angeborene Herzfehler am Deutschen
Professorin Dr. Renate Oberhoffer, Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie der Technischen Universität München, Fakultät für Sport und Gesundheitswissenschaft, Georg-Brauchle-Ring 62, Uptown München, 80992 München,
E-Mail: Praeventive-paediatrie@sp.tum.de, Internet: www.praeventive-paediatrie.sp.tum.de
Herzzentrum München integriert. Bayernweite primärpräventive Projekte zu Bewegungsum- fang und vaskulärer Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fördern die Deutsche Herz- stiftung sowie erstmalig Sternstunden e. V. im Rahmen einer Kooperation beider Münchner Universitäten (Lehrstuhl für Präventive Pädia- trie der Technischen Universität München und Abteilung Kinderkardiologie der Ludwig-Maxi- milians-Universität) – kindliche und jugendli- che Teilnehmer sind herzlich willkommen!
Das Literaturverzeichnis kann bei der Ver- fasserin angefordert oder im Internet unter www.blaek.de (Ärzteblatt/Literaturhinwei- se) abgerufen werden.