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PJ114_S301-323_Schäfer_Antiskeptische und substanz-ontologische Aspekte in Descartes’ Egologie

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Antiskeptische und substanz-ontologische Aspekte in Descartes’ Egologie

Rainer SCHFER (Heidelberg)

Einleitung

In der1. Meditatioentfaltet Descartes seine Zweifelsmethode und seinen Skepti- zismus, um gesichertes Wissen zu erreichen. Die zentrale Rolle dieser Skepsis und ihrer berwindung wird im Folgenden nachgezeichnet und kritisch berprft; da- bei wird die These aufgestellt, dass die Konzeption des Ich als einer ontologischen Substanz die Konsequenz der antiskeptischen Strategie Descartes’ ist und sich die Substantialitt des Ich immanent aus der Abwehr der Skepsis ergibt.

Die Skepsis hat fr Descartes nur eine methodische Funktion und ist keine letzte Einsicht – dies ist ein grundstzlicher Unterschied z. B. zur antiken pyrrhonischen Skepsis. Die Zweifelsmethode Descartes’ operiert allerdings mit dem skeptischen Argument, dass von dem Fundament allen Wissens dasjenige auszuschließen ist, an dessen Wahrheitsanspruch Unsicherheiten zu bemerken sind. Dabei vereinfacht und systematisiert Descartes die Methode des Zweifels durch zwei Aspekte radikal:1 Zum einen reicht Descartes als Kriterium fr die Unsicherheit eines Wahrheits- anspruchs bereits ein bloß mglicher, hypothetischer Zweifel. Dies fhrt dazu, dass auch ein bloß konstruierter Zweifelsgrund ausreicht, um einen Wahrheitsanspruch zu verwerfen. Dies ist z. B. bei dem Traumargument und demgenius-malignus-Ar- gument der Fall. Und zum anderen reicht es Descartes bei einem spezifischen Wis- sensbereich jeweils aus, dessen Fundamente und allgemeine Grundbestimmungen zu bezweifeln; damit fallen dann auch die spezifischeren Bestimmungen des jewei- ligen Wissens- bzw. Seinsbereichs dem Zweifel anheim. Somit rationalisiert Des- cartes die Zweifelsmethode dahin gehend, dass er nicht jede spezifische Bestim- mung zu untersuchen und zu bezweifeln braucht. Eine Untersuchung jedes einzelnen auch spezifischen Wahrheitsanspruchs kme nie zu einem positiven Ende des Zweifels, sondern wre – wie bei den antiken pyrrhonischen Skeptikern – eine unendliche und unsystematische Aufgabe der prfenden Suche nach Gewissheit.

Die Prinzipienfunktion desego cogitoist deutlich: Das Ich ist in dem Sinn unhin- tergehbar, als jeder Versuch, es zu tuschen, das Ich bereits voraussetzt. Damit wird ein selbstevidenter, unleugbarer Ausgangspunkt fr alle weiteren Argumentationen

1 Vgl.1. Med.; AT VII, 18/63.

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gewonnen.2 Das Ich muss immer schon gedacht sein, wenn man versucht, es zu bezweifeln. Jedes kognitive Erlebnis des cogito, ergo sumwird daher von einem Evidenzwissen begleitet, d. h. immer, wenn wir das Selbstbewusstsein und dessen Existenz denken, erleben wir zugleich ein Fr-wahr-Halten dieses Akts; das Fr- wahr-Halten begleitet den Gedanken descogito. Wollten wir also dascogito, ergo sumbezweifeln, dann setzte dies voraus, dass wir an dascogitodenken; das Denken an dascogitowird aber bestndig von evidentem Fr-wahr-Halten begleitet; also ist es uns unmglich, dascogitozu bezweifeln.3

An der Unhintergehbarkeit des Ich wird die Notwendigkeit des Prinzips ebenso deutlich wie an dessen Unableitbarkeit aus hheren, vorangehenden Grnden. Die notwendige Selbst-voraus-Setzung, in jedem Zweifel das Ich schon vorausgesetzt zu haben, besttigt die Unableitbarkeit des Prinzips. Es ist das Ich selbst, welches sich immer schon gesetzt und mitgesetzt haben muss, wenn es an sich zweifeln will.

Die Vorgngigkeit des Sich-selbst-gesetzt-haben-mssens ist jedoch nicht, mit einem fehlerhaften Zirkel in der Selbstbezglichkeit des Ich zu verwechseln, viel- mehr handelt es sich um eine bestndig in jedem Gedanken – auch im Gedanken der Selbstbezweiflung – mitzuvollziehende Setzung von jemandem, der diesen Gedan- ken hat und erlebt. Dascogitoimpliziert sich offensichtlich selbst und ist nicht auf externe Grnde zurckverwiesen. Dies gilt sogar dann, wenn das Ich selbst bezwei- felt wird; auch fr den Akt des Zweifels am Ich ist bereits ein Zweifelsakt und ein Akteur des Zweifels vorauszusetzen. Selbst-voraus-Setzung ist bei demcogitoalso

2 Vgl.Discours, 4. Teil; AT VI, 32/63 f.; genauso argumentiert Descartes auch in der2. Med.;AT VII, 25/

79, in denPrincipia, 1. Teil, § 7; AT VIII/1, 6 f., und inRecherche de la vrit;AT X, 515, 525/55, 81. Daran wird deutlich, dass Descartes in seiner reifen Zeit, sptestens seit demDiscoursvon 1637, seine Position bezglich des ersten Prinzips der Philosophie und dessen Auffindung vermittels der methodisch angewen- deten radikalisierten Skepsis nicht mehr gendert hat und diesbezglich nicht von verschiedenen entwick- lungsgeschichtlichen Positionen bei ihm gesprochen werden kann. Kemmerling (1996), 88, 132, bezeich- net die Unbezweifelbarkeit desego cogito,ergo sumals „evidente Wahrheitsautonomie“. Er interpretiert, dass es nach Descartes die Mglichkeit gebe, an der Existenz des Ich zu zweifeln (vgl. ebd., 124 ff.). Er fhrt die Zweifelsmglichkeit an der Existenz des Ich auf eine Stelle am Anfang der3. Med. zurck; dies wrde jedoch bedeuten, dass dascogitokeine absolute, unhintergehbare Gewissheit ist. Gegen Kemmerlings Deutung wendet sich Perler (1996), 294 Anm. Flschlicherweise sieht bereits Schelling (1861), 11 f., das Ich bei Descartes als bezweifelbar. Ebenso wirft Merleau-Ponty (1945), 423–468, Descartes vor, dass das cogitosehr wohl bezweifelbar sei. Dies ist vor dem Hintergrund von Merleau-Pontys eigener Konzeption zu sehen, dass dascogitonur in leiblicher Verfassung auftreten kann und daher wie alle leiblichen Per- zeptionen bezweifelbar ist. Descartes konzipiert jedoch ein unsinnliches, unleiblichescogito. Analog zur

„evidenten Wahrheitsautonomie“ wurde dascogitoauch als „unkorrigierbar“ und „selbstverifizierend“

gedeutet; so z. B. Williams (1981), 60 ff. Williams bezweifelt allerdings (ebd.), dass auch diecogitationes in einem weiteren Sinn unkorrigierbar seien, vielmehr ist es hufig der Fall, dass wir uns bezglich der Richtigkeit eines Gedankens tuschen; daher sei die Unkorrigierbarkeit kein Kennzeichen des Mentalen.

Dagegen ist zu sagen, dass mit Descartes nur die Phnomenalitt eines Gedankens als unbezweifelbar zu gelten hat, also, dass wir ihn vollziehen und dass er sich im Bewusstsein selbst gibt; damit ist aber noch nicht dessen inhaltliche Wahrheit verbrgt. Descartes wrde nicht abstreiten, dass wir uns bei geistigen Urteilen hufig irren, aber dass wir sie vollziehen und sie sich auch im Bewusstsein zeigen, ist unbestreit- bar. Darber hinaus bildet dasego cogito,ergo sumeinen grundstzlichen Sonderfall dercogitationes, denn hier ist nicht nur das Auftreten des Gedankens im Bewusstsein „selbstgebend“ – wie Husserl sagen wr- de –, sondern auch der Inhalt des Gedankens verifiziert sich selbst. Nach Spitzley (2002) ist dascogito,ergo sumein sich selbst verifizierender Gedanke; indem das Ich ihn hat, bewahrheitet er sich.

3 Vgl.Med. 2. Resp. gegen Mersenne; AT VII, 145 f./132.

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durchaus wrtlich zu nehmen, nmlich als eine vom Selbst immer schon mitvoll- zogene, aktive Setzung seiner.

Die Unhintergehbarkeit des Ich enthlt in Descartes’ Darstellung in der 2.Medi- tatiomehrere Motive:

Aber ich habe in mir die Annahme gefestigt, es gebe gar nichts in der Welt, keinen Himmel, keine Erde, keine Geister, keine Krper: also bin doch auch ich nicht da? Nein, ganz gewiss war Ich da, wenn ich mich von etwas berzeugt [in der franz. Ausg. ergnzt Descartes: ‚oder berhaupt etwas gedacht‘] habe. Aber es gibt irgendeinen sehr mchtigen, sehr schlauen Be- trger, der mit Absicht mich immer tuscht. Zweifellos bin also auch Ich, wenn er mich tuscht; mag er mich nun tuschen soviel er kann, so wird er doch nie bewirken, knnen, dass ich nicht sei, solange ich denke, ich sei etwas. Nachdem ich so alles genug und bergenug erwogen habe, muss ich schließlich festhalten, dass der Satz ‚Ich bin, Ich existiere‘, sooft ich ihn ausspreche oder im Geiste auffasse, notwendig wahr sei.4

Die angesprochene Vielfalt von Motiven innerhalb der Unhintergehbarkeit des Ich als der ersten Gewissheit des Prinzips soll nun hinsichtlich ihrer die Skepsis abwehrenden Aspekte differenzierter expliziert werden.

I. Skeptische und antiskeptische Denkwege

Ein erstes Motiv zeigt sich darin, dass die skeptische Methode dazu gefhrt hat, ganz allgemein die reale Existenz der Welt als bezweifelbar zu denken.5Wenn Des- cartes in diesem Kontext auch die Geister – im Plural – als bezweifelbar bezeichnet, dann steht dies nicht im Widerspruch zu seiner Position, dass der Geist bzw. das Ich unbezweifelbar ist; an der soeben zitierten Stelle meint Descartes offensichtlich nur

4 2. Med.; AT VII, 25/79.

5 Zur Zweifelsmethode bei Descartes vgl. Broughton (2002). Broughton stellt heraus, dass prinzipiell jeder ein cartesisch Meditierender ist, d. h., die Zweifelsmethode beansprucht Allgemeingltigkeit (vgl. ebd., 22 ff.). Descartes geht im Verlauf derMeditationesvom „common sense“ aus. Dies betont auch schon Frankfurt (1970), 15 ff. Dass bei Descartes der Zweifel zur Zerstrung aller Vorurteile und zu einer ersten Gewissheit fhrt, geht allerdings nach Broughton ber den „common sense“ hinaus. Broughton betont, dass von der Quellenlage her nicht eindeutig nachgewiesen werden kann, ob und inwieweit sich Descartes mit den antiken Skeptikern, insbesondere Sextus Empiricus beschftigt hat. Descartes selbst weist bereits in denRegulæauf Sokrates hin, den er offensichtlich als antiken Skeptiker deutete, und dass dieser aus seinem Zweifel die Gewissheit htte ziehen knnen, dass er zweifelt (vgl.Regulæ; AT X, 421, 432/91, 109 f.). Broughton weist plausibel nach, dass bereits die Skeptiker sich gegen die verfehlten empiristisch- materialistischen Erkenntnisansprche der Stoiker wandten, und dass dieses Motiv, insbesondere gegen materialistisch-empiristische Erkenntnistheorien zu argumentieren, bei der Zweifelsmethode von Descar- tes wieder auftritt (vgl. ebd., 34 ff.). Descartes selbst weist darauf hin, dass bei den antiken Skeptikern der Zweifel bereits ausgiebig vollzogen wurde und er dies eigentlich nur wiederholt, oder, wie er sich aus- drckt, diesen „Kohl nur mit Widerwillen aufwrmt“ (vgl.Med. 2. Resp. gegen Mersenne; AT VII, 130/118), allerdings ist es notwendig, den Zweifel zu vollziehen, um Gewissheit erlangen zu knnen. Zum Thema auch Popkin (1960). Popkin, der selbst dem gemßigten Skeptizismus nahe steht, deutet, dass es Descartes nicht gelungen sei, den Skeptizismus zu widerlegen (ebd., 216); im Gegenteil, insbesondere dasgenius–

malignus-Argument sei unwiderlegbar und besttige den Skeptizismus (ebd., 182). Descartes bildet, nach Popkin, mit seinem Versuch, den Skeptizismus zu widerlegen, eines der grßten Hindernisse fr die neu- zeitliche Wissenschaft. Zum Thema auch Imlay (1991).

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die vielfltigen, realen, individuellen und konkreten Geister der Menschen, die in der sinnlichen, ußeren Welt existieren. Wenn durch die Skepsis die reale Existenz der Welt fraglich geworden ist, dann sind konsequenterweise auch die in dieser Welt real existierenden, inkorporierten, anderen Geister fragwrdig geworden. Diese Fragwrdigkeit sagt jedoch noch nichts ber den reinen Geist aus, der eben nicht in der realen Außenwelt existiert; daher liegt kein Widerspruch vor.

Hieraus ergibt sich ein weiteres Motiv, welches den Status des unbezweifelbaren Geistes betrifft: Aus dem Ausschluss der vielen realen Geister, die in der Außenwelt existieren, darf nicht gefolgert werden, dass Descartes mit der Unbezweifelbarkeit des reinen Ich einen psychologistisch-individualistischen empirischen Solipsismus, der sich nur um das eigene Ich dreht, konzipiert habe. Das reine Ich bzw. der reine Geist ist ursprnglicher als die vielen, individuellen „Ichs“, die real in der Welt existieren, deren wirkliche Existenz aber in diesem Argumentationsstadium der Meditationesnoch nicht bewiesen ist. Die „vielen Subjekte“ bilden eine Disjunktion in der realen Welt, d. h. sie existieren in der Sinnlichkeit als Vielzahl von inkorpo- rierten Geistern, zu welchen auch das psychologisch real existierende, vereinzelte und inkorporierte Ich gehrt, selbst wenn es sich den anderen Subjekten entgegen- setzen oder sie leugnen sollte. Ein inkorporiertes Ich, das in der Welt existiert, ist in der Systematik von Descartes erst an einem spteren Ort ableitbar, nmlich dann, wenn die Existenz der Welt bewiesen worden ist.

Ein weiteres Motiv der Unhintergehbarkeit des Ich zeigt sich in der radikalsten Form der Skepsis, die durch das „Ich bin, ich existiere“ abgewendet wird: in der Hypothese vomgenius malignus(dieser wird von Descartes auch alsdieu trompeur und malin gniebezeichnet), die offensichtlich eine zentrale Rolle fr die Auffin- dung des Ich als des unbezweifelbaren Prinzips spielt. Den bsen oder tuschenden Genius, der sehr mchtig ist, hatte Descartes gegen Ende der 1. Meditatioeinge- fhrt, um die radikalste Form des Skeptizismus zu erreichen. Mit dieser Hypothese geht Descartes auch ber den klassischen, antiken Skeptizismus hinaus, wie er von Aenesidemus und Agrippa konzipiert und von Sextus Empiricus berliefert wurde.

Einen tuschenden Gott entwirft allerdings bereits Cicero als antiszientistisches, skeptisches Argument. Bei Cicero wird die epistemische Situation zustzlich da- durch verschrft, dass der tuschende Gott(deus)uns glaubhafte Meinungen und Annahmen eingibt, whrend wir in Wirklichkeit schlafen.Geniusist bei Descartes im Sinne von einem mchtigen Dmon zu verstehen.6

Dergenius malignusist ein gedankenexperimentelles, rein hypothetisches Kon-

6 Vgl.1. Med.; AT VII, 21 f./69 f. Entwicklungsgeschichtlich ist interessant, dass dergenius malignusim 4. Teil desDiscoursnoch nicht auftritt. Der tuschende Gott findet sich in CicerosLucullus, vgl. Cicero (1951, 1990), 526 f., 47 ff. Cicero, der selbst probabilistischer Skeptiker war, stellt in dieser Schrift die antike, skeptische Position der Mittleren und Neuen Akademie dar. In diesem Kontext nennt er, neben dem tuschenden Gott, auch das Traumargument und die Bezweifelbarkeit sinnlicher, aber auch intellek- tueller Gegebenheiten, also genau die skeptischen Elemente, die im Rahmen von Descartes’ Zweifels- betrachtung der1. Meditatioauftreten. Allerdings lsst sich nicht verifizieren, ob Descartes dieLucullus- oder dieAcademica-Schriftvon Cicero kannte, denn im Briefwechsel und den verffentlichten Schriften wird sie nicht erwhnt. Zum tuschenden Dmon vgl. auch Oedinger (1958) und Gueroult (1953), 30–49, der deutet, dass sich die Zweifelsmethode in zwei Schritten entwickelt: Ein erster Schritt ergibt sich aus natrlichen Grnden der Vernunft; ein zweiter aus einem metaphysisch gesteigerten Gewissheitsanspruch,

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strukt, das eingesetzt wird, um auch diejenigen Evidenzen bezweifelbar zu machen, die sonst vllig selbstverstndlich als unbezweifelbar hingenommen werden. Die genius-malignus-Hypothese besagt: Es ist denkbar, dass es einen mchtigen Dmon gibt, der in der Lage ist, die Gedanken im Bewusstsein so zu fingieren, dass das Ich sich gerade dann tuscht, wenn es etwas fr evident hlt; als Beispiel dient Descar- tes hierfr insbesondere mathematische Erkenntnis.

Daraus folgt jedoch nicht, dass radikal alle Evidenzen durch dengenius malignus zweifelhaft werden.7Denn zu keiner Zeit nimmt Descartes die Existenz eines sol- chen genius malignustatschlich an. Er ist nur ein hypothetisch-problematisches Konstrukt, das dazu dient, den Zweifel so radikal und extrem zu gestalten, dass auch anscheinend evidenteste Sachverhalte bezweifelbar werden.8Mit der Einfh- rung desgenius malignusgeht es Descartes also darum, scheinbar letzte von wirk- lich letzten Evidenzen zu scheiden. Daher bezeichnet Descartes diesen Zweifel auch als „metaphysisch“ und als „hyperbolisch“,9 d. h. als ins Extrem gesteigert, fast bersteigert. Dadurch wird, wie gesagt, nicht alle Evidenz vernichtet, sondern durch die genius-malignus-Hypothese soll ein Rckgang auf noch fundamentalere Evi- denzen stattfinden. Diese Evidenzen sind offensichtlich graduell strker als die tra- ditionellerweise fr evident gehaltenen Wahrheiten.

letzterer fhrt zur Hypothese vom tuschenden Genius. Dieser Zweifel fhrt auf das Ich als das Subjekt des Akts des Zweifels.

7 Dies ist ein Unterschied zu der Deutung von Rd (1982), 59, nach der durch dengenius malignusvoll- stndig alle Evidenz außer Kraft gesetzt wird. Da dasego cogito,ergo sumjedoch evident sein soll, scheint dies problematisch. Nach Rd hebt Descartes durch diegenius–malignus-Hypothese die Evidenz als Wahr- heitsregel auf, behlt aber die subjektiv-psychologische Gewissheit zurck, um von dieser ausgehend das erste Prinzip aufzustellen. Dieses wre dann bloß subjektiv-psychologisch gewiss, aber nicht wahrheits- mßig evident. Eine solche Unterscheidung von psychologischer Gewissheit und wahrheitsmßiger Evi- denz nimmt Descartes selbst nicht vor. Generell ist Rd (1978), 59, bezglich der Methode des Zweifels zuzustimmen, wenn er drei verschiedene Funktionen des Zweifels herausstellt; er ist a) eliminativ, b) kor- rektiv und c) konstruktiv; dies stellt auch Descartes selbst in derSynopsiszu denMed. heraus, wenn er den Nutzen des Zweifels beschreibt, vgl. AT VII, 12/53: „Er ist gleichwohl sehr groß, insofern er uns nmlich von allen Vorurteilen befreit und uns den Weg ebnet, um ganz leicht den Verstand von den Sinnen ab- zuziehen. Schließlich bewirkt er, dass wir an dem, was wir hernach fr wahr halten, nie wieder zweifeln knnen.“

8 Es ist bereits die These von Gouhier (1949), 154, dass dergenius malignusein knstliches und rein methodisches Konstrukt sei, um den mglichen Zweifel zu vervollstndigen; diesem stimmt Frankfurt (1970), 85 ff., nur bedingt zu; nach ihm ist die Zweifelssituation in der1. Meditatiovor dem Auftreten desgenius malignusso, dass es immer noch mglich ist, dass alle Urteile auch wahr sein knnten; nachdem dergenius malignusallerdings eingefhrt sei, betrachte Descartes alle Urteile tatschlich als falsch und nicht mehr nur als mglicherweise falsch. Dagegen ist zu sagen, dass es nicht radikalerer Skeptizismus ist, alle Urteile tatschlich als falsch anzusehen, denn dies setzt wiederum ein richtiges Wissen von Falschheit voraus, radikaler – und daher sicherlich in Descartes’ Sinne – ist vielmehr der Skeptizismus, der behauptet, dass mglicherweise alle Urteile falsch sein knnten; dieser Skeptizismus enthlt sich letztlich sowohl der Behauptung „Einiges ist falsch“, als auch der Ansicht „Alles ist richtig“; ebenso enthlt sich dieser Skepti- zismus aber auch der Behauptung „Alles ist falsch“. Der radikalste Skeptizismus strebt danach, gar keine dogmatischen, d. h. lehrhaften Behauptungen mehr aufzustellen. Daher fordert Descartes am Ende der 1. Meditatioauch nur, dass man angesichts der Mglichkeit einesgenius malignuseine Urteilsenthaltung vollziehen soll, die allem Falschen/Unsicheren die Zustimmung versagt (vgl. AT VII, 22 f./73). Die gefor- derte Urteilsenthaltung entspricht der Epoch der antiken Skeptiker.

9 Vgl.Med., 7. Resp. gegen Bourdin; AT VII, 460/396.

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Daran wird die rein funktionale Bedeutung desgenius malignusdeutlich, er dient nur der Auffindung eines evident Unbezweifelbaren und der Erweiterung der Sph- re des Bezweifelbaren auch auf den Bereich metaphysischer Entitten, die nicht rumlich-ausgedehnt, sondern rein intelligibel sind.

Dabei ist deutlich, dass es sich bei dieser Skepsis um eine metaphysische Skepsis handelt, denn dergenius malignus, wenn es ihn denn gbe, ist selbst keine physika- lische Entitt. Der Zweifel ist in diesem Stadium meta-physisch. Descartes nennt als Beispiele fr selbstverstndliche Evidenzen, die durch dengenius malignusbezwei- felbar werden, geometrische und arithmetische Wahrheiten und andere, diesen ver- wandte Wahrheiten, die noch einfacher sind.10

Welche weiteren Wahrheiten neben Arithmetik und Geometrie Descartes tatsch- lich meint, ist uneindeutig; es knnte sich um weitere mathematische Entitten handeln, wie z. B. diejenigen der arithmetisierten Geometrie, die Descartes selbst in seinen mathematischen Abhandlungen untersucht hat. Mglich ist auch, dass Des- cartes derartige mathematische Entitten bzw. Axiome vor Augen hat, die sowohl fr die Arithmetik als auch fr die Geometrie gelten, also eine reine Mathematik.

Ein solches Axiom ist z. B.: „Das Ganze ist grßer als ein Teil von ihm.“11 Eine weitere Deutungsmglichkeit knnte aber auch sein, dass Descartes einige der fun- damentalen logischen Wahrheiten meint, was sich zum Teil mit der vorherigen Deutungsmglichkeit berschneidet, da einige mathematische Fundamentalgesetze zugleich logische Grundgesetze sind. Diese Frage muss wohl offen bleiben. Da Des- cartes imDiscourserwhnt, er habe in seiner Jugend in La Flche Logik, geometri- sche Analysis und Algebra studiert,12ist es wohl sehr gut mglich, dass er auch in den spterenMeditationesdiese drei Wissenschaften vor Augen hatte.

Jedenfalls wird es aufgrund dergenius-malignus-Hypothese mglich, rein axio- matische Geltungen zu bezweifeln. Dieser Zweifel geht an Grundstzlichkeit ber die gesamten anderen Formen der Skepsis, die ebenfalls in der1. Meditatioauftre- ten – z. B. das Traumargument –, weit hinaus, da er nicht nur die reale Existenz von etwas außerhalb des denkenden Ich, sondern darber hinaus auch noch die Mg- lichkeit der Richtigkeit und Geltung eines ichimmanenten Gedankens bezweifelbar macht.13Bei mathematischen – und auch logischen – Geltungen wird nicht gefragt, ob diese auch außerhalb des Geistes tatschlich in der Welt existieren, sondern es wird gefragt, ob sie an sich gelten, unabhngig davon, ob sie im Geist oder außer- halb des Geistes auch wirklich sind; es handelt sich um ideale, an sich seiende

10 Vgl.1. Med.; AT VII, 20 f./69. Zu Recht kritisiert Schelling (1861), 7, in diesem Kontext, dass dergenius malignusbezglich der Bezweiflung mathematischer Evidenzen ein ußerlicher Zweifelsgrund ist; die antiken Skeptiker seien konsequenter bzw. konkreter als Descartes, da sie immanent aus den Prinzipien und Axiomen der Mathematik deren Bezweifelbarkeit entwickeln wollten.

11 Fr diese Deutung spricht ein Rckverweis auf die von uns diskutierte Stelle aus der1. Med., den Descartes in der5. Med.; AT VII, 65/165, macht: „Auch vordem, als ich noch vllig am Sinnlichen hing [d. h. vor der Zweifelsbetrachtung, R. S.] hielt ich, wie ich mich erinnere, alle jene Wahrheiten fr die allergewissesten, die ich mit Evidenz erkannte – die Wahrheiten von Figuren und Zahlen oder von anderen Gegenstnden der Arithmetik oder Geometrie, [dann folgt eine Einf., die nur in der franz. Ausgabe steht:]

oder berhaupt der reinen abstrakten Mathematik.“

12 Vgl.Discours, 2. Teil; AT VI, 17/37.

13 Vgl.1. Med.; AT VII, 20/69.

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Geltungen. Ob 3 + 2 = 5 ist, erweist sich nicht als eine Frage der realen Existenz in der Außenwelt, sondern als eine der Geltung. Durch dengenius malignuswerden also auch derartige Geltungen bezweifelbar, die sonst vllig evident scheinen und die unabhngig vom konkret vollziehenden Geist, aber auch unabhngig von der Außenwelt Geltung haben. Die Cartesische Skepsis geht also weit ber einen Zwei- fel an der Außenwelt hinaus und ist damit radikaler als die skeptische Konstruktion einer Situation der Gehirne im Tank, wie sie Putnam entwirft, sofern sie bloß da- nach fragen wrde, ob es beweisbar ist, dass mentalen Ereignissen reale Vorkomm- nisse in der Außenwelt entsprechen. Die Wahrheit der mathematisch-logischen Gel- tung ist darber hinaus auch unabhngig davon, ob sie trumend oder wachend vollzogen wird; in beiden Fllen gilt: 3 + 2 = 5. Diese idealen Geltungen werden allererst durch den genius malignus bezweifelbar, der uns immer dann tuschen knnte, wenn wir 3 + 2 = 5 als evident wahr denken.

Das Ich ist jedoch gegen die Tuschungsversuche des metaphysischen genius malignusimmun, da es, um getuscht werden zu knnen, etwas sein muss. Wrde das Ich gar nicht sein, dann htten die Tuschungsversuche des genius malignus keinen Sinn. Die Tuschungsversuche sind, wenn es sie denn berhaupt gibt, nur dann nicht absurd, wenn es einen Getuschten gibt. Damit erweist sich dies: Wenn es einen tuschenden genius malignusgeben sollte – aber auch unabhngig da- von –, dann muss es auch das Ich als das Getuschte geben, sofern ein Tuschungs- akt vorliegt. Tuschung ohne Getuschten ist absurd. Daher folgt als Gewissheit, dass selbst, wenn aufgrund der Tuschungen desgenius malignusalle Gedanken- inhalte des Ich ungltig wren, es dennoch wahr sein muss, dass das Ich existiert.

Das Gegenargument, es knne doch sein, dass uns der genius malignus genau darin tuscht, dass wir denken mssen, das Ich msse existieren, wenn es getuscht werden kann, setzt wiederum positiv voraus, dass das Ich existieren muss, da der genius malignusauch auf einer solchen zweiten Ebene ein zu tuschendes Ich als existent voraussetzt. Daher ist die Existenz des Ich durch die metaphysischegenius- malignus-Hypothese nicht bezweifelbar. Das Ich ist eine „metaphysische Gewiss- heit“,14denn sie zeigt sich als resistent gegen den metaphysischen Zweifel. Robert Nozick hlt das skeptische Traumargument und das skeptische Argument vom Tu- scherdmon allerdings auch mittels des „Ich bin“ fr unwiderlegbar, denn diese skeptischen Argumente knnen dadurch radikalisiert werden, dass die Mglichkeit besteht, dass das Ich nicht existiert und es sich bei dem Gedanken „Ich existiere“ nur um eine fiktive Aussage in einem fiktiven Stck handelt, das sich ein Knstler oder ein in ein Gedankenspiel vertrumter Dmon ausdenkt. Es knnte sein, dass sich Shakespeare die ußerung „Ich existiere“ nur als Satz ausdenkt, den Hamlet in der Tragdie aussagt und dass dieser deswegen noch nicht wirklich existieren muss:

„Descartes fragte, wie er denn wissen knne, dass er nicht trume; er htte auch fragen sollen, wie er wissen knne, dass er nicht getrumt werde.“15Dieser radika- lisierte Skeptizismus ist tatschlich nicht mit Descartes’ Selbstgewissheit aus- gerumt.

14 Med., 5. Resp. gegen Gassendi; AT VII, 352/324.

15 Nozick (1997), 332–349, dort 347.

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II. Unhintergehbarkeit und Substantialitt des Ich

Ein weiteres Motiv der Unhintergehbarkeit des Ich zeigt sich in den folgenden berlegungen: Auch unabhngig vom genius-malignus-Argument muss dem Ich Existenz zukommen, wenn es denkt; dies wird insbesondere durch Descartes’ oben zitierte Ergnzung der franzsischen Ausgabe derMeditationesdeutlich:

Nein, ganz gewiss war Ich da, wenn ich mich von etwas berzeugt [in der franz. Ausg.

ergnzt Descartes: „oder berhaupt etwas gedacht“] habe.

Das Ich muss es geben, wenn Gedankenakte vorliegen. Also auch dann, wenn das Ich nicht von einem anderen getuscht wird, sondern wenn es sich selbst tuscht, muss es existieren.16 Fr wahr gehaltene Gedanken und berzeugungen sind nur dann sinnvoll, wenn es einen Denkenden bzw. berzeugten gibt, der diese kogniti- ven Einstellungen hat. Das Vorliegen des Ich ist ein prinzipiell unbezweifelbares Faktum. Es ist prinzipiell unbezweifelbar, da es auch gegen die denkbar strkste Form des frei konstruierenden, metaphysischen Skeptizismus resistent ist. Es ist deutlich geworden, dass Descartes die erste Gewissheit vllig unabhngig von Gott aufstellt. Auch in diesem Sinne sagt Descartes in der 2.Meditationach der Aufstel- lung des ersten Prinzips ber dascogito:

Ganz sicher ist die Kenntnis dieses so genau erfassten Sachverhalts nicht abhngig von Dingen, deren Existenz mir noch nicht bekannt ist.17

Spekulativ theologische Erwgungen spielen fr die Aufstellung der ersten Ge- wissheit im Rahmen der methodisch-systematischen Gedankenordnung derMedi- tationeskeine Rolle. Das in der gedanklichen Ordnung Frhere darf das spter Fol- gende nicht voraussetzen, sonst wrde ein Fehler in der Beweisfhrung vorliegen.

Man darf hinsichtlich der Methode derMeditationesalso nicht argumentieren, dass nach Descartes einerseits eine Ordnung an sich bestehe, die die ontologische Ebene darstelle, nach der Gott das uneingeschrnkt Fundamentalste sei, von dem alles andere abhnge, und dass es andererseits eine Ordnung fr uns gebe, die le- diglich eine epistemologisch-subjektive Reihenfolge bilde, in der das Ich die fun- damentalste Bestimmung sei, und dass berdies beide Ordnungen voneinander ab- weichen knnten, ja sogar eine genau umgekehrte Reihenfolge der darzustellenden Themen htten. Die Unterscheidung von Ordnung an sich und Ordnung fr uns trifft Descartes selbst zwar auch, aber mit der Intention, dass die Ordnung fr uns die Ordnung an sich spiegelt. Dies entspricht Descartes’ rationalistischer Grund- position, nach der dasjenige, was sich fr uns im reinen Denken zeigt, sich auch an sich so verhlt.18Allein die kritische Auseinandersetzung mit dem Skeptizismus,

16 Treffend formuliert Fischer (1912), 306: „Wenn ich von meiner Selbsttuschung die Tuschung abziehe, so bleibt mein Selbst; ist jene mglich, so ist dieses notwendig. Ohne Selbst keine Selbsttuschung, kein Zweifel.“

17 2. Med.; AT VII, 27 f./85.

18 Ausdrcklich sagt dies DescartesMed., 2. Resp. gegen Mersenne; AT VII, 155/140 und auchMed., 4.

Resp. gegen Arnauld; AT VII, 226/206.

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die imgenius malignus-Argument als strkster Form des Zweifels gipfelt, fhrt zur Unhintergehbarkeit des Ich als des ersten Prinzips.

Ein entscheidendes Motiv der Unhintergehbarkeit des Ich in dem bereits zitierten Text der 2.Meditatiobesteht darin, dass das Ich ein Etwas sein muss, wenn es denkt:

„[…] mag er [dergenius malignus;Einf. R. S.] mich nun tuschen soviel er kann, so wird er doch nie bewirken knnen, dass ich nicht sei, solange ich denke, ich sei etwas“. Das Ich muss, solange es denkt, auch ein Etwas sein; ein Nichts knnte nicht denken. Dies ist nun zu erlutern:

Aus der Unhintergehbarkeit und unbezweifelbaren Gegebenheit descogito, das dadurch erstes Prinzip ist, folgt zunchst, dass es ein Etwas sein muss, und daraus folgt weiter, dass das Ich eine Substanz sein muss. Dies bildet den bergang vom cogito, ergo sumzu demsum, ergo sum res/substantia cogitans. Damit wird im wei- teren Fortgang der 2.Meditatiodie Frage geklrt, was das als Gewissheit aufgefun- dene Ich ist. Dabei ist die Explikation dessen, was das Ich ist, nicht knstlich davon abzutrennen, dass das Ich existiert. Die Aufstellung der ersten Gewissheit ist nicht von der Explikation dessen zu trennen, was diese erste Gewissheit inhaltlich bedeu- tet. In Descartes’ Darstellung dieses Zusammenhangs in der 2.Meditatiofolgt dann auch unmittelbar nach Auffindung des Ich als erster Gewissheit die Frage, was denn dieses Ich nun sei.19Und Descartes’ Antwort lautet: Das Ich istres cogitans.

Der Gedanke der Substantialitt bzw. des Dinges(res)ist nicht einfach etwas, was Descartes bloß aus der vorgefundenen Tradition aufnimmt und ontologisch voraus- setzt, sondern es handelt sich um eine Bestimmung, die immanent aus dem Gedan- ken des cogito zu folgern ist.20 Dabei hat man sich streng daran zu halten, dass immanent aus demcogitoals erstem Prinzip alle weiteren Wahrheiten zergliedernd ab- und herzuleiten sind, wodurch der Status des Ich als Prinzip und die Systema- tizitt der Gedankenabfolge gewahrt bleiben. Die Konsequenzen der Substantialitt desegosind nmlich solche, die unmittelbar in dem Denkakt descogitomitenthal- ten sind; wer also die unbezweifelbare Gegebenheit descogitozugesteht, muss auch diese Substantialittsfolgerungen zugestehen:21 Aus der unbezweifelbaren Gege- benheit des Denkaktes ist zu folgern, dass dieser Akt eine Eigenschaft ist, die sich in wechselnden Zustnden realisiert, weil es unbezweifelbarerweise eine Vielzahl von Gedankenerlebnissen gibt, was z. B. der Prozess des sich radikalisierenden Zweifels beweist. Eigenschaften sind in dem Sinne Akzidenzien, als sie unselbstn- dig sind, d. h. sie setzen ein Etwas voraus, an dem sie sind oder dem sie inhrieren.

19 Vgl.2. Med.; AT VII, 25 ff./79 ff.

20 Diese immanente Folgerung der Bestimmung der Substanz bzw. des Dinges und der Substanz-Akzi- dens-Relation ergibt sich zumindest aus dem Argumentationsgang in denMeditationes;anders sieht es im 1. Teil derPrincipiaaus, dort stellt Descartes mit definitorischer Krze den Substanzbegriff (§ 51) getrennt von dercogito-Problematik (§§ 7 ff.) auf. Allerdings mag diese Trennung in dem ohnehin eher summari- schen, lehrbuchhaften Charakter derPrincipiabegrndet sein; jedenfalls zeigt sich auch hier die systema- tische Reihenfolge, nach der zuerst dascogitound dann die Substanzbestimmung darzustellen ist. Aller- dings wird in der neueren Forschung im Allgemeinen eher die Ansicht vertreten, dass sich der Substanzgedanke nicht aus demcogitofolgern lasse; als Beispiel fr diese Ansicht vgl. Brands (1982), 139, der die Substanzkonzeption als unbewiesene Voraussetzung sieht. Vgl. zum Thema auch Carney (1962).

21 Vgl. zum Folgenden:2. Med.; AT VII, 27 ff./83 ff. und auch3. Med.; AT VII, 36/103; vgl. auchPrincipia, 1. Teil, §§ 7, 11; AT VIII/1, 6 ff.

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Anderenfalls mssten Eigenschaften in anderen Eigenschaften begrndet sein, was in einen unendlichen Regress der Eigenschaften mnden wrde. Da Eigenschaften nicht ohne ein zugrundeliegendes Etwas vorkommen, dem sie in einem sehr weiten Sinn inhrieren oder zukommen, ist weiterhin impliziert, dass diese Eigenschaft des Denkens eine Eigenschaft an Etwas ist. Ein Nichts kann keine Eigenschaften haben.

Wre das der Eigenschaft des Denkaktes Zugrundeliegende nicht Etwas, dann htte ein Nichts eine Eigenschaft. Hieraus folgt wiederum, dass dem Etwas eine gewisse Selbstndigkeit zukommen muss, denn wenn es nicht selbstndig wre, wrde dies bedeuten, dass dieses Etwas an einem anderen oder durch ein anderes Etwas exis- tierte. Das lsst zwei Alternativen zu: entweder knnte es einen unendlichen Re- gress geben, bei dem jedes Etwas ein anderes Etwas voraussetzte, an dem oder durch das es existiert – ein solcher unendlicher Regress ist aufgrund seiner letztlichen Unbegrndetheit und Haltlosigkeit kein sinnvoller Gedanke –, oder es wrde be- deuten, dass das Etwas bloß eine Eigenschaft desjenigen wre, an dem oder durch das es existierte. Mit dieser letzten Alternative wre aber wiederum die Substanz- Akzidens-Relation positiv vorausgesetzt.

Fr diese Folgerungen gelten die ontologisch-logischen Grundbestimmungen, dass einerseits „das Nichts kein Etwas ist“ und andererseits, dass „aus Nichts nichts werden kann“ und dass „dem Nichts keine Eigenschaften zukommen“. Diese ontolo- gisch-logischen Bestimmungen gelten notwendig, weil sonst fr unser Denken un- begreifliche Widersprche nicht vermeidbar wren: Der erste Widerspruch bestnde darin, dass ein Eigenschaften Zugrundeliegendes ein Nichts wre, und der zweite Widerspruch bestnde darin, dass dieses Nichts selbst Eigenschaften htte. Der lo- gisch-ontologische Grundsatzex nihilo nihil fitwre außer Kraft gesetzt. Daher ist im Denkakt des Selbstbewusstseins impliziert, dass es Etwas und nicht Nichts sein muss.

Dasjenige Etwas, dem Eigenschaften inhrieren, ist in einem sehr weiten und noch unspezifischen Sinn eine Substanz bzw. ein Ding(res). Descartes identifiziert Substanz undresmiteinander wie folgt:

Was dagegen das anlangt, was wir als Ding oder als dessen Zustand ansehen, so ist es der Mhe wert, es einzeln fr sich zu betrachten. Unter Substanz knnen wir nur ein Ding ver- stehen, das so existiert, dass es zu seiner Existenz keines anderen Dinges bedarf […]. Dagegen kann man die krperliche Substanz und den Geist oder die denkende Substanz, als geschaf- fen, unter einem gemeinsamen Begriff fassen, weil sie Dinge sind, die bloß Gottes Beistand zu ihrem Dasein bedrfen. Indes kann die Substanz nicht gleich daraus allein erkannt werden, dass sie ein daseiendes Ding ist, weil dieses allein fr sich uns nicht affiziert; aber wir erken- nen sie leicht aus jedem beliebigen ihrer Attribute zufolge jenes Grundbegriffs, dass das Nichts keine Attribute, keine Beschaffenheiten und keine Eigenschaften hat. Denn daraus, dass wir die Gegenwart eines Attributs wahrnehmen, schließen wir, dass irgend ein existie- rendes Ding oder eine Substanz, der jenes zugeteilt werden kann, notwendig da sein muss.22

Wenn Descartes hier sagt, dass die Substanz nicht als daseiendes Ding erkannt werden kann ohne Bezug auf die Akzidenzien, dann ist damit kein Unterschied zwischen Substanz und Ding gemeint, sondern es ist gemeint, dass die Substanz

22 Principia, 1. Teil, §§ 51–52; AT VIII/1, 24. Vgl. zur Identifikation von Substanz und DingMed.,Rationes zu den2. Resp.gegen Mersenne; AT VII, 161/146.

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bzw. das Ding nur bezglich seiner spezifizierenden Eigenschaften erkennbar ist;

ein bloßes Dasein ist uns nicht gegeben, sondern jeweils eine Wasbestimmtheit, die auf ein Daseiendes zurckverweist. Die Substanz bzw.resist im Kontext der2. Me- ditatio zunchst als eine unsinnliche, rein denkende und daher prinzipiell nicht- physikalische Entitt zu bestimmen, weil alle krperlichen und sinnlichen Eigen- schaften durch den hyperbolisch-metaphysischen Skeptizismus der1. Meditatiobei ihr auszuschließen sind.

Der Widerspruch, dass ein Nichts Eigenschaften hat, ist also zu vermeiden, weil er fr das Subjekt undenkbar ist. Widerspruchsfrei ist vielmehr der Gedanke, dass Eigenschaften ein Ding zugrunde liegt. Daran wird deutlich: Weil das Subjekt be- stimmten Denkbarkeiten unterworfen ist, die von seinen bestimmten Fhigkeiten abhngen, muss sich das Subjekt als Etwas begreifen, genauer als ein Etwas, das Eigenschaften zugrunde liegt. Damit muss sich das Subjekt als Substanz konzi- pieren.

Auf diese Weise ist nach Descartes die Substanz ausschließlich durch die Akzi- denzien zu erkennen.23 Zwar besteht zwischen Substanz und Akzidens eine dis- tinctio realis, d. h. ein asymmetrisches Abhngigkeitsverhltnis, da die Akzidenzien einseitig abhngig sind und nicht ohne die Substanz gedacht werden knnen;

gleichwohl ist die Substanz in ihrem Wassein fr uns nur vermittels der Akziden- zien erkennbar, d. h., was die Substanz ber ihr bloßes Zugrundeliegen hinaus ist, knnen wir nur durch das ihr wesentliche Attribut erkennen. Allerdings ist das Attribut unmittelbar der Substanz zuzuschreiben, denn es ist keine selbstndige Entitt. Demzufolge ist unmittelbar in der Erkenntnis des Akzidens’ die Erkenntnis der Substanz mitenthalten. Das Akzidens des Ich ist das Denken: Das Ich ist nicht sinnvoll vom Denken abtrennbar, da es dann berhaupt kein bestimmtes Was-Sein mehr htte. Es wird zugleich deutlich, dass wir in dieser Hinsicht vom Ich als Sub- stanz nur in vermittelter Weise wissen; einen direkt-unmittelbaren Zugang haben wir zu dem bestimmten, substantiellen Was-Sein des Ich nicht, sondern nur durch das Denken, das dem Ich als akzidentelle Eigenschaft zukommt, wissen wir, dass das Ich geistige Substanz ist.

Descartes entwickelt in den 4. Responsionesgegen Arnauld, was er unter einer real distinktenresbzw. Substanz versteht:

Auf das erste antworte ich, dass ich unter einem vollstndigen Dinge nichts anderes ver- stehe, als eine Substanz, die mit den Formen und Attributen versehen ist, die gengen, damit ich aus ihnen erkenne, dass es eine Substanz ist. Denn, wie bereits an anderer Stelle bemerkt, wir erkennen die Substanzen nicht unmittelbar [in der franz. bers. fgt Descartes ein: ‚aus sich selbst‘], sondern nur dadurch, dass wir bestimmte Formen oder Attribute auffassen. Da diese nun, um zu existieren, irgendeinem Etwas einwohnen mssen, so nennen wir dieses Etwas, dem sie einwohnen, die Substanz.24

Dabei ist zu bercksichtigen, dass die Akzidenzien ontologisch von der Substanz abhngen und sie voraussetzen. Ohne die Substanz gbe es keine Akzidenzien. Alle

23 Vgl.Med., 3. Resp. gegen Hobbes; AT VII, 175 f./159.

24 Med., 4. Resp. gegen Arnauld; AT VII, 222/202. Vgl. zu der Erkenntnis der Substanz nur vermittels der Akzidenzien auchMed., 5. Resp. gegen Gassendi; AT VII, 360/331.

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Realitt, d. h. Sachhaltigkeit, die die Akzidenzien enthalten, haben sie von der Sub- stanz und nur in der Form einer Beziehung. Nur vermittels der Substanz und in Relation zu ihr kommt auch den Akzidenzien Sachhaltigkeit zu. Daher haben die Akzidenzien, so auch das Denken als akzidentelle Eigenschaft des Ich, nur eine modale Realitt, d. h., sie existieren als Realisierungsweise der Substanz. Die Grund- bestimmung der Substanz ist die Selbstndigkeit bzw. die unabhngige Existenz.

Das Akzidens ist dagegen wesentlich abhngig.25

Der Akzidens- oder Eigenschaftscharakter des Denkens erweist sich dadurch, dass das Denken auf verschiedene modale Zustnde bezogen ist. Das Akzidens

„Denken“ realisiert sich in verschiedenen Modi, d. h. in den verschiedenen, wech- selndencogitationes. So wechseln sich z. B. Akte der Wahrnehmung, der Erinnerung und des Zweifels ab, und es ist jeweils widersinnig, zu bestreiten, dass diese Akte phnomenal als modale Zustnde, d. h. sich im Bewusstsein zeigend, vorliegen und als solche wiederum auf die ihnen gemeinsame Akzidenseigenschaft des Denkens generell verweisen.

Der Akzidenscharakter dercogitationesist also eine phnomenale Gegebenheit, die keine knstliche Konstruktion oder komplexe Voraussetzung bildet. Die wech- selnden Denkakte werden jeweils derselbenreszugeschrieben. Gbe es diese blei- bende Durchgngigkeit nicht, dann wre der Wechsel dercogitationesgar nicht zu konstatieren. Daher folgt aus dem phnomenalen Gegebensein der Denkakte und aus deren Wechsel, dass es eine durchgngige und in diesem Sinne eine den Akten zugrunde liegende Substanz geben muss.

Dabei ist festzuhalten, dass fr Descartes Modi wechselnde Zustnde an Akziden- zien bzw. an wesentlichen Eigenschaften sind; so sind z. B. die vielen verschiedenen Arten von cogitationes wie Wahrnehmen, Zweifeln, Erinnern modale Zustnde;

Akzidenzien bzw. Attribute sind dagegen die einheitlichen und konstanten Eigen- schaften von Etwas, die sich als durchgngig erweisen; beimegoist dies das Denken in einem weiten Sinn, der alle Denkmodi umfasst; die Substanz ist dann dasjenige, welches den Eigenschaften einheitlich zugrunde liegt und insofern nicht von ande- rem abhngig existiert.26Substanz, Akzidens und Modi bilden nach Descartes also ein ganzheitliches Strukturgefge, indem sie einander wechselseitig implizieren.

25 Vgl.Med., 5. Resp. gegen Gassendi; AT VII, 364/335.

26 Vgl.Principia, 1. Teil, § 51; AT VIII/1, 24. Allerdings folgert Descartes hier sehr konsequent aus der Selbstndigkeit und Unbedrftigkeit der Substanz, dass es dann eigentlich nur eine Substanz geben kann, nmlich Gott. Alles Geschaffene, also sowohl die ausgedehnte Krper-Substanz als auch die denkende Ich-Substanz, ist von Gott abhngig; im strengen Sinne sind Ich und Krper fr Descartes also nur unei- gentlich Substanzen. Mit dieser Konzeption von nur einer eigentlichen Substanz weist Descartes bereits auf die Konzeption Spinozas, von Gott als der einen und einzigen Substanz, voraus. Dass Geist und Krper nach Descartes dennoch als Substanzen bezeichnet werden drfen, ist dadurch begrndet, dass beide nur der Assistenz Gottes bedrfen, um existieren zu knnen, sonst aber unabhngig sind (vgl. Principia, 1. Teil, § 60). Des Weiteren ist nach Descartes klar und deutlich zu erkennen, dass weder der Krper des Geistes, noch der Geist des Krpers bedarf, um zu existieren (letzteres zeigt ein Rckblick auf die Zweifels- betrachtung der1. Meditatio;dort wird deutlich, dass alles Krperliche in seiner Existenz durch den Geist bezweifelbar ist), also sind beide voneinander unabhngig und in dieser Hinsicht selbstndige Substanzen.

Dies gilt allerdings nur dann als Beweis fr die Substantialitt von Krper und Geist, wenn prinzipiell ausgeschlossen werden kann, dass es nicht mehr als nur genau nur diese beiden Arten von Entitten geben kann. Das, was ist, wird von Descartes als Substanz bestimmt. Das Problem der Interpretation des Seins als

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Den Gedankengang zusammenfassend, kann also gesagt werden: Die Substanz ist wesentlich als selbstndig und unbedrftig zu bestimmen. Die Akzidenzien be- drfen dagegen zu ihrer Existenz der Substanz, ebenso wie wiederum die Modi der Akzidenzien bedrfen. Die Substanz spezifiziert sich allererst durch die Attribute, d. h., das, was die Substanz eigentlich ist, wird allererst durch die Attribute erkenn- bar. Ohne sie wre die Substanz lediglich Zugrundeliegendes und Unbedrftiges.

Die Substanz ist daher auch nicht direkt, sondern nur indirekt, vermittelt durch die Attribute, zu erkennen.27 Allerdings sind die Attribute unmittelbar einer Substanz zuzuschreiben, da sie nicht selbstndig existieren knnen. Selbstndige Existenz kommt nur Substanzen zu. Es gibt Wesensattribute, die fr die Substanz definitiv sind. Und so ist dasegonur als Denkendes zu erkennen.28

Vor diesem Hintergrund ist auch die Kritik Pascals an Descartes’ Ich als Substanz zu relativieren: Pascal kritisiert, dass die Eigenschaften – auch die krperlichen – dem Ich wesentlich sind und nicht die abstrakte Substantialitt. Wenn auch die Eigenschaften des Ich wechseln und im Unterschied zur Substanz nicht beharrlich gleich bleiben, so sind sie dennoch das Bestimmende fr das Ich.29Descartes wrde dieser Argumentation durchaus zustimmen und ebenfalls sagen, dass die Ich-Sub- stanz in ihrem Was-Sein nur durch die Eigenschaften zu erkennen ist und dass die Eigenschaften sich wiederum in den Modi spezifizieren; allerdings wrde er auch die konditionale Abhngigkeit der Eigenschaften von der gleichbleibenden Sub- stanz betonen und hervorheben, dass das Ding selbst nicht mit seinen Eigenschaf- ten verwechselt werden darf.

Pascal hlt weiterhin die Trennung von Krper und Geist bei dem konkreten Men- schen fr unzulssig und sieht gerade auch die krperlichen Eigenschaften fr den Menschen als wesentlich an. Auch letzterem wrde Descartes zustimmen; allerdings nur dann, wenn zwischen der Bestimmung des konkreten Menschen und der des reinen Ich als Prinzip der Philosophie differenziert wird. Diese Differenzierung un-

Substanz bei Descartes verschrft sich noch dadurch, weil er einerseits konzipiert, dass zwischen Gott und Geschaffenem,ens creatum, ein unendlicher Unterschied besteht, aber andererseits beide als Substanzen bezeichnet werden; der Substanzbegriff gilt daher in zumindest hnlicher Weise fr Entitten, die unend- lich voneinander unterschieden sind, was die Einheit der Bedeutung des Begriffs Substanz aufhebt.

27 Heidegger (1993), 24, schreibt inSein und Zeit:„Mit dem,cogito sum‘beansprucht Descartes, der Philosophie einen neuen und sicheren Boden beizustellen. Was er aber bei diesem ,radikalen Anfang‘

unbestimmt lßt, ist die Seinsart derres cogitans, genauer der Seinssinn des ,sum‘.“ Bei dieser Kritik Heideggers scheint durch, dass er auch – eventuell sogar vor allem – seinen Lehrer Husserl als Adressaten der Kritik vor Augen hat. Descartes kann Heidegger entgegnen, dass der Seinssinn des„sum“die Sub- stantialitt und das Denken ist.

28 Vgl.Principia, 1. Teil, §§ 51–54; AT VIII/1, 24 ff.; danach kommt jeder Substanz sogar nur genau ein Wesensattribut zu; vgl. auchEntretien avec Burman;AT V, 156/37. Rska-Hardy (2000), 259–285, vertritt bezglich des argumentativen bergangs, den Descartes vomego sum,ego existozumsum res cogitans vollzieht, die Position, dass die Substantialitt nicht aus demcogitofolge; ein solcher bergang sei nicht mglich, da der fortschreitende Zweifel alle sinnvollen syntaktischen und semantischen Beziehungen auf- hebe und daher der sprachliche Ich-Gebrauch seine Grundlage entzogen bekomme (vgl. ebd., 282 f.); dann wre ein universaler Skeptizismus die Konsequenz der Zweifelmethode Descartes’. Rska-Hardys Deutung, dass die Verwendung des Ausdrucksegobei Descartes eine „urheberindizierende Funktion“ (ebd., 260) hat, ist zuzustimmen.

29 Vgl. Pascal (1997), 382 f.

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terscheidet die philosophischen Positionen von Descartes und Pascal grundstzlich.

Das reine Ich als Prinzip muss ohne die krperlichen Eigenschaften analysiert wer- den, da sie bezweifelbar sind; fr den konkreten Menschen sind dagegen – auch nach Descartes – sowohl die krperlichen als auch die geistigen Eigenschaften we- sentlich. Im Rahmen der metaphysischen Grundlegung des Rationalismus geht es Descartes um das reine Ich, nicht um den konkreten Menschen; ihm ist von daher zumindest in dieser Hinsicht kein Anthropozentrismus vorzuwerfen.

Das Ich als Zugrundeliegendes hat nach Descartes dadurch den Status der Selb- stndigkeit, dass es gedanklich mglich ist, das Ich vllig vom Krper zu trennen.

Diese Trennung vom Krper wurde in der 1.Meditatiovermittels der stetig radika- lisierten Skepsis erreicht, bis zuletzt nur diejenige unbezweifelbare Eigenschaft des Ich brig blieb, die nicht von ihm abtrennbar ist: das Denken. Daher folgert Descar- tes, das denkende Ich muss zumindest eine relative Selbstndigkeit haben, weil es unabhngig vom Krper existieren kann und ihm daher Substantialitt zukommen muss. In dem Gedanken der Unkrperlichkeit des Ich ist enthalten, dass es nicht in rumliche Teile zerlegt werden kann: Was kein Krper ist, kann auch keine rumli- chen Teile haben.

Mit dem Gedanken der Unhintergehbarkeit des Ich – der Resistenz gegen den metaphysischen Skeptizismus und der Substantialitt des Ich – ist allerdings noch nichts bezglich der Unsterblichkeit des Ich bewiesen, denn aus der bloßen Unkr- perlichkeit des Ich lsst sich nur folgern, dass es nicht wie ein Krperding vergehen kann, aber noch nicht, dass es berhaupt nicht vergehen kann. Reine Geistigkeit impliziert noch nicht per se Unvernichtbarkeit. Auch die Annahme der Ewigkeit der Seele, bzw. des Ich, lsst sich nach Descartes aus der Unkrperlichkeit und damit aus der Unteilbarkeit und Einfachheit der Seele nicht folgern. Die krperliche Un- teilbarkeit impliziert nicht, dass eine solche Entitt vllig ungeschaffen und also von Ewigkeit her sein und in Ewigkeit weiter existieren muss, denn es ist in dem Prdikat der Unkrperlichkeit nicht impliziert, dass eine derartige Entitt nicht auf- gehoben werden knnte, etwa durch die Allmacht Gottes.30Die Unsterblichkeit der Seele ist philosophisch nicht beweisbar, es gibt sie nur fr denjenigen, der an die Gnade und Gte Gottes glaubt.

Hier wird deutlich, dass Descartes als Konsequenzen aus demego cogito,ergo sum nur streng logisch-ontologische Implikationen gelten lsst; alle nicht eindeutigen Spekulationen weist er ab.31Darin besteht die analytische Methode in ihrer Anwen-

30 Vgl.Brief an Mersenne vom 24. Dezember 1640(?); AT III, 265 f./223. Es wre allerdings eine metaphy- sische Katastrophe, wenn Gott die Seele nach dem leiblichen Tod des Menschen zerstren wrde.

31 Wobei Descartes im Titel der ersten Auflage derMeditationes(1641) noch in Anspruch genommen hat, nicht nur die Existenz Gottes bewiesen zu haben, sondern auch die Unsterblichkeit der Seele:Meditationes de Prima Philosophia,In qua Dei existentia et animæ immortalitas demonstrantur. In der zweiten Auflage (1642) nimmt Descartes dies Versprechen – wohl aufgrund der Kritik von Mersenne (vgl. Descartes’ Ant- wortbrief vom24. Dezember 1640;AT III, 265 f./223 f.) – zurck und formuliert bescheidener nur Gottes Existenz und die reale Distinktion von Krper und Geist bewiesen zu haben:Meditationes de Prima Phi- losophia,In quibus Dei existentia,et animæ humanæ corpore distinctio,demonstrantur. Vgl. hierzu auch Descartes’ ußerungen in derSynopsiszu denMeditationes(AT VII, 13 f./53 f.), wo er deutlich sagt, dass die Unsterblichkeit selbst nicht streng wissenschaftlich, methodisch beweisbar ist. Die Unbeweisbarkeit ist letztlich in der Unerkennbarkeit der Gnade Gottes begrndet, von der abhngt, ob unsere Seele auch nach

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dung auf die Erste Philosophie: Alle Prmissen fr Schlussfolgerungen sind offen darzulegen und nach ihrer unmittelbaren Plausibilitt und sachlichen Bezogenheit zu gliedern. Fr die Unhintergehbarkeit des Ich als des ersten Prinzips der Philoso- phie ist es nach Descartes nicht notwendig, dass das Ich ewig ist; daran wird deut- lich, dass das Ich nicht als ein absolutes oder unendliches zu verstehen ist.

Descartes deutet das Ich alsres cogitans, d. h., fr das Ich ist definitiv, dass ihm berhaupt der allgemeine Charakter des Denkens in genereller Weise zukommt; er versteht das Ich als erste Gewissheit, somit nicht primr von seinen wechselnden modalen und phnomenal offenbaren Zustnden und den singulren Akten her, sondern im Ausgang von seinem allgemeinen Denkcharakter. Treffend beschreibt Heidegger dieses allgemeine Verstndnis von Denken mit der Terminologie der Ph- nomenologie als „intentionales Erlebnis“.32 Dabei gilt, dass Descartes ausdrcklich auch Zweifeln, Einsehen, Bejahen, Verneinen, Wollen, Nicht-Wollen, Imaginieren (d. i. bildliches Vorstellen) und Empfinden zur Natur des Ich hinzuzhlt, sofern die- ses res cogitansist.33 Allerdings sind damit natrlich nicht krperliche oder sinn- liche Vollzge gemeint, sondern alle diese mannigfaltigen Vollzge gehren nur insofern zur res cogitans, als es mglich ist, sie als vom Ich vollzogene, d. h. als bewusste, zu bestimmen. Nicht die Empfindung der Farbe Rot als solche gehrt zurres cogitans, sondern nur, sofern es mglich ist, den Gedanken: „Ich empfinde die Farbe Rot“ zu haben, kann eine Empfindung als zurres cogitansgehrend ver- standen werden. Das Icherlebnis macht derartige Gedankenvorkommnisse zum Be- sitz derres cogitans. Indem das Ich es ist, welches diese kognitiven Einstellungen ttigt, wird ihnen der Evidenzgrad verliehen, welcher sie als Erlebnisse derres co- gitans qualifiziert und sie sind dadurch keine anonymen Geschehnisse.34 Auch durch diese spezifischen kognitiven Erlebnisse – Zweifeln, Imaginieren, Empfinden etc. – verdeutlicht sich die Endlichkeit des cogito als Prinzip bei gleichermaßen apodiktischer Unhintergehbarkeit.

III. Kritische Einwnde unter besonderer Bercksichtigung von Husserl und Kant Hier stellt sich nun die Frage, ob Descartes mit den Folgerungen der Substantia- litt des egonicht in eine – wie Husserl kritisiert – dinglich-objektivierende Per- spektive auf das Selbstbewusstsein zurckfllt, nachdem er das Ich als das allen dinglich-objektivierenden Gedanken Zugrundeliegende erkannt hat. Wegen der Voraussetzung des Ich als existierende Substanz bezeichnet Husserl die Position von Descartes als „widersinnigen transzendentalen Realismus“; einerseits ist die Position von Descartes nach Husserl transzendental, weil sie von der Sphre der

dem leiblichen Tod weiter existiert. Descartes’ Bezugnahme auf die Kritik von Mersenne und von befreun- deten Theologen wird deutlich in Mersennes Einwnden gegen Descartes inMed., 2. Objectiones; AT VII, 127 f./116 und in Descartes’ Antwort daraufMed., 2. Resp.; AT VII, 153 f./138 f. Zum Thema der Titelnde- rung derMeditationesvgl. Ebert (1992).

32 Vgl. Heidegger (1994), 132.

33 Vgl.2. Med.; AT VII, 28/87.

34 Vgl. ebd., 29/87 f.

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Bewusstseinsimmanenz ausgeht, und andererseits ist nach Husserl die Position von Descartes realistisch, weil er das bewusstseinsimmanente ego sogleich wieder als existierenderes, also als Ding, und damit als einen Teil der vorhandenen Welt deu- te; Descartes importiere also trotz der Bewusstseinsimmanenz zugleich einen Rest der dinglichen Welt in das – eigentlich nur in transzendentaler Perspektive zu ver- stehende – Subjekt.35

Dieser Deutung ist aus Descartes’ Sicht jedoch zu widersprechen: Zwar ist dasego eineres, aber dies bedeutet nicht, dass es sich dabei um ein weltlich vorhandenes Ding handelt, sondern fr Descartes istresgleichbedeutend mitsubstantia, und dies besagt zunchst lediglich, dass es sich um eine zugrunde liegende Entitt handelt, die sich vermittels des Denkens als ihres Akzidens’ vollzieht. Zugrundeliegendes der Denkeigenschaft zu sein, ist aber keine weltliche Verdinglichung, wie Husserl dies kritisiert. Das Verhltnis Substanz-Akzidens bzw. das Verhltnis Ding-Eigenschaft entlehnt Descartes gerade nicht der dinglichen Welt und bertrgt es auf dascogito.

Genau umgekehrt ist der ursprngliche, paradigmatische Ort, wo das Substanz-Ak- zidens-Verhltnis erlebt wird, dasegomit seinen Gedanken, und allererst von hier aus wird diese Relation auch auf die krperlich ausgedehnte Welt angewendet.

Eine andere Kritik an Descartes knnte dahin gehend lauten, er mache fr die Bestimmung des Ich als Substanz unabgeleitete logisch-ontologische Vorausset- zungen, wie z. B.: „Das Nichts hat keine Eigenschaften“, und „Ein Eigenschaften zugrunde liegendes Etwas ist eine Substanz“, und berdies gelte als Voraussetzung der Satz vom zu vermeidenden Widerspruch. Diese Voraussetzungen wrden die radikale Innenperspektive auf dascogitoberschreiten, weil eine vomcogitounab- hngige logische Geltungsebene vorauszusetzen wre.

Descartes wrde sich gegen diesen Vorwurf zu Recht mit dem Argument zur Wehr setzen, dass all diese logischen Axiome nur Implikationen im Gedanken des cogito sind, ohne die es das kognitive Erlebnis des Selbstbewusstseins nicht gibt, welche es aber auch umgekehrt ohne das selbstbezgliche Wissen des Subjekts nicht gbe. Denn es handelt sich um Gedanken, die es ohne Denkendes, d. h. ohne das Ich als conditio sine qua non nicht gbe. Dies ist der Sinn, wenn Descartes darauf hinweist, dass „Substanz“, „Denken“, „Existenz“ etc. angeborene Ideen sind.

Angeboren heißt in diesem Kontext nmlich, dass sich das Denken, also auch das cogito, prinzipiell nicht ohne diese Begriffe bzw. Ideen erleben kann. Wenn gedacht wird, dann immer mittels dieser Ideen; unmittelbar oder vermittelt sind diese Ideen in jedem Gedanken mitprsent, ohne sie findet kein Denkakt statt.

Die Ideen „Substanz“, „Akzidens“, „Denken“, „Existenz“ sind ursprnglich im Selbstbewusstsein enthalten; dies gilt gleichfalls fr die grundlegenden logischen Axiome. Speziell diese Ideen und logischen Axiome sind mit dem Selbstbewusstsein gleichursprnglich. In dieser Gleichursprnglichkeit mit dem Selbstbewusstsein be- steht der Innatismus, die Angeborenheit von Ideen. Es handelt sich also nicht da- rum, dass diese Bestimmungen „frher“ oder ursprnglicher als das Selbstbewusst-

35 Vgl. Husserl (1973), § 10. Diese kritische Deutung Husserls bernimmt Schulz (1994), 32 f., 114. Das berhmte Wort Husserls aus denCartesianischen Meditationenaufnehmend, sieht auch Schulz dascogito als „ein kleines Endchen der Welt“, sofern es als Ding, Substanz undresgedeutet wird.

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sein sind, sie sind vielmehr im Selbstbewusstsein descogito-Akts ursprnglich mit- gegeben. D. h., dascogitokann gar nicht anders gedacht werden als z. B. mittels des immer schon fr es geltenden Satzes vom zu vermeidenden Widerspruch und mit- tels der Substantialittskategorie. Daher gehrt die Kategorie der Substanz grund- legend und unabtrennbar zum Bestehen descogito.

Es ist die Natur des cogito, sich nur mittels der fundamentalen Bestimmungen selbst denken zu knnen, denn alles Denken impliziert diese Bestimmungen, ohne sie wre das Denken nicht Denken. Also gehrt z. B. die Substantialitt zu den un- hintergehbaren Bestimmungen, die imcogitoenthalten sind, und hat daher einen prinzipiellen Status. Die Implikationsnotwendigkeit angeborener Ideen gilt auch, wenn diese Grundbestimmungen erst nach dem konkreten kognitiven Erlebnis des cogito, ergo sum, z. B. im Rahmen der philosophischen Analyse, fr uns deutlicher hervortreten.

Die Bestimmung der „Angeborenheit“ ist also in einem rationalistischen Sinne gemeint, der sich der kognitionsbiologischen Sphre vllig entzieht. Daher ist der Innatismus auch nicht durch biologistische Positionen reduktiv zu ersetzen oder zu widerlegen, da diese unter Angeborenheit etwas vllig anderes verstehen; z. B. „ein Wissen, das im Laufe der Evolution erworben und in den Genen gespeichert wur- de“.36 Nach Descartes setzt derartiges biologisches Wissen als Wissen die Grund- begriffe immer schon voraus und kann nur aus ihnen folgen. So ist z. B. der Begriff der Substanz die Voraussetzung, um eine biologische Entitt berhaupt als ein Et- was bestimmen zu knnen. Wenn Descartes also konzipiert, dass Ideen und Axiome dem Ich angeboren sind, dann bezeichnet dies die intelligible Struktur der sich als Substanz der Gedanken erlebenden Subjektivitt. Diese Substanz bildet kein opakes Jenseits, sondern sie differenziert sich selbst bestimmend in ihren Akzidenzien, d. h., in den Gedanken erkennt sich das Ich selbst.

Descartes konzipiert im Rahmen der Ersten Philosophie bzw. der Metaphysik das Ich als unhintergehbares Prinzip, weil es gegen den Skeptizismus resistent ist. Da- mit stellt er einen Maßstab fr die Philosophie insgesamt auf, hinter den sie nicht mehr zurckfallen darf: Sie muss sich, will sie systematisch und prinzipienorien- tiert argumentieren, mit dem Skeptizismus auseinandersetzen und ihn zu berwin- den trachten. Der Skeptizismus hat damit eine wesentliche und positive Rolle fr die Systematik der Philosophie; er erweist sich als Weg des Aufstiegs zum ersten Prin- zip. Durch die Einfhrung desgenius malignusradikalisiert Descartes den Zweifel zu einem metaphysischen, umfassenden Skeptizismus. Gegen einen metaphysi- schen Skeptizismus kann ein empirisches Prinzip nicht bestehen; woraus folgt, dass auch das Ich des „Ich denke, also bin ich“ ein metaphysisches Prinzip ist.

Dieses Ich wird mit grßter Evidenz vollzogen; es ist daher nach Descartes unhin- tergehbar, d. h., es ist unbezweifelbar, wegen des Arguments, dass jeder Zweifelsakt bereits ein zweifelndes Ich voraussetzt. Zweifeln wird dabei als ein Modus des Den- kens interpretiert. Es ist also nur denkend mglich, das denkende Ich zu bezweifeln, und damit wird das Ich immer schon notwendigerweise in jedem Zweifel zirkulr und positiv vorausgesetzt.

36 Singer (2002), 67.

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Aus der Denkttigkeit des Ich folgt seine Substantialitt, also seine Selbstndig- keit. Der Denkakt erweist sich als unselbstndig und bildet somit ein Akzidens.

Diese Unselbstndigkeit setzt aber, um berhaupt vollzogen werden zu knnen, etwas Selbstndiges, von dem sie abhngt, voraus. Die Eigenschaft des Denkens wird so erst durch einen selbstndigen Trger/Akteur ermglicht, denn ohne sub- stantiellen Trger wre ein Akzidens ein Widerspruch in sich. Eine Substanz ist demzufolge in der grundlegendsten Bestimmung – die immanent aus der Zweifels- betrachtung und der Analyse der Unselbstndigkeit des Denkakts folgt – ein Etwas bzw. ein Ding, das als selbstndiger Trger/Akteur von unselbstndigen Eigen- schaften/Akzidenzien fungiert.

Umgekehrt zu der ontologischen Relation von Substanz und Akzidens ist aller- dings die epistemologische Relation beider, denn die Substanz wird vermittels der Akzidenzien erkannt: Die Substanz ist nur durch die Akzidenzien zu erkennen, weil sie als bloßer zugrunde liegender Trger/Akteur ohne Akzidenzien keine sie nher qualifizierenden Spezifika aufweisen wrde. Die Akzidenzien realisieren sich wie- derum in verschiedenen Modi. Substanz, Akzidens und Modus bilden also eine Strukturganzheit, in der sie aufeinander verweisen. Diese Strukturganzheit von Substanz, Akzidens und Modus ist in sich ontologisch hierarchisch gegliedert. Ne- ben der Skepsisresistenz begrndet die Substantialitt als Unabhngigkeit den Prin- zipienstatus der Subjektivitt.

Problematisch ist an Descartes’ Substanzmodell der Subjektivitt, dass zwischen Substanz und Akzidens insofern ein Unterschied besteht, als die zugrunde liegen- de Substanz nicht mit ihren Akzidenzien identisch ist; woraus das Erkenntnispro- blem resultiert, was die Ich-Substanz als Geist, im Unterschied zu den Gedanken als ihren Eigenschaften, ist, sofern sie nicht mit ihren Akzidenzien identisch ist.

Diese Frage bleibt bei Descartes unbeantwortet. In dieser Hinsicht verhindert das Substanzmodell der Subjektivitt die Identifikation des Ich mit seinen Ttigkeiten, den Gedankenvollzgen. Die Gedanken inhrieren der Ich-Substanz zwar, sind aber als ihr anhngende nicht mit ihr identisch; die Eigenschaften erlauben in dieser Hinsicht also keine vollstndige Erkenntnis des Ich als der zugrunde liegen- den Substanz.

Diese Unbestimmtheit ist einer der Grnde, weshalb in der nachfolgenden Phi- losophie, ausgehend von Leibniz, gegenber Descartes’ Substanzmodell mehr und mehr das Apperzeptionsmodell der Subjektivitt an Gewicht gewinnt. Bei Kant wandelt sich dieses dann in ein Vehikelmodell der Subjektivitt; wonach das Ich der Mglichkeit nach alle Gedanken begleitet und ihnen nicht als opake Substanz zugrunde liegt, sondern reine Form und Einheit des Bewusstseins ist, die selbst auch gedanklich erfasst werden kann. Nach Kant ist das reine Ich nicht von seinen Ge- danken, den Synthesisleistungen, abstrakt zu trennen, sondern bildet eine apper- zeptive Einheit mit diesen.

Kant kritisiert in derKritik der reinen Vernunftmittels der kritischen Theorie der

„Paralogismen“ bekanntlich in entscheidender Weise die Annahme einer Substan- tialitt desEgo, die aus reiner Denkgewissheit folgen soll.37Bei der Kritik der ratio-

37 Zu Kants Paralogismus-Kapitel aus derKritik der reinen Vernunft(im FolgendenKrVmit Seitenangabe

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