• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Maria Theresia und ihre Zeit: Eine großartige Ausstellung im Schönbrunner Schloß" (11.09.1980)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Maria Theresia und ihre Zeit: Eine großartige Ausstellung im Schönbrunner Schloß" (11.09.1980)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Aufsätze - Notizen FEUILLETON

W

er im östlichen Österreich sei- ne Urlaubstage verbringt, der kann in Habsburgergeschichte nur so schwelgen, auf Schritt und Tritt von Plakaten verfolgt, die ihn nach Schönbrunn, Halbturn, in die Schal- laburg oder nach Stift Melk einla- den. Eine Einladung, der jeder auch nur halbwegs historisch interessier- te Urlauber Folge leisten sollte.

Die bedeutendste der vier Ausstel- lungen ist fraglos „Maria Theresia und ihre Zeit", eine grandiose Infor- mationsschau im Schönbrunner Schloß, die bis einschließlich 26. Ok- tober geöffnet bleibt. Ein vorzügli- cher Katalog steht zur Verfügung.

Fast die ganze Beletage dieses Prachtschlosses, der Vorzugsresi- denz der Kaiserin (in der sie auch starb) und ihrer großen Familie, so- wie ein Teil des Erdgeschosses mit der Zimmerflucht der Kinder, ist dem Leben und Wirken dieser einzigen Frau gewidmet, die je auf dem Habs- burgerthron saß, die gegen Intrigen und Machenschaften einer ihr feind- lich gesinnten Männerwelt erfolg- reich ankämpfte und dank ihrer klu- gen und instinktsicheren Heirats- politik und Regierung durch zahllo- se Reformen einer neuen Staatsidee zum Durchbruch verhalf.

Vor genau 200 Jahren starb Maria Theresia, die älteste Tochter (ein Bruder starb früh) Kaiser Karls Vl.

von Österreich und Maria Elisabeths von Braunschweig. Sie wurde 1717 in der alten Hofburg geboren. Schon frühzeitig war von ihrem Vater, falls sich kein männlicher Erbe mehr ein- stellen sollte, ihre Thronfolge durch die Pragmatische Sanktion (1713) gesichert worden, jedoch nicht ohne Einbuße von Land, Leuten und Geld.

Das war der Preis, um die Krone beim Haus halten zu können. 1736 fand in der nahe der Hofburg gele- genen Augustinerkirche die Ver- mählung der 19jährigen Erzherzogin mit Franz Stephan, dem Erben des Herzogtums Lothringen, statt, der zwei Jahre lang zuvor am Wiener Hof auf seine künftige Stellung und die damit verbundenen Aufgaben vorbereitet worden war.

Maria Theresia und ihre Zeit

Eine großartige Ausstellung im Schönbrunner Schloß

Dennoch war diese Ehe als eine aus- schließlich auf gegenseitiger Zunei- gung basierende Verbindung anzu- sehen, wie es sie in jener Zeit an den Höfen kaum je einmal gab! Schon die Siebzehnjährige hatte sich für diesen Prinzen entschlossen und ging von ihrem Entschluß—trotz vie- ler ihr nahegelegter bedeutenderer Partien — nicht mehr ab. Entschlüsse zu fassen und auszuführen war eine Spezialität Maria Theresias; sie führ- te alles durch, was sie sich vornahm

— nicht immer zur Freude ihrer Um- gebung, doch stets zum Wohl ihres Volkes, für das zu sorgen sie als höchste Staatsaufgabe betrachtete.

Was die Regentin in den vierzig Jah- ren ihrer Herrschaft geleistet — sie war Königin von Ungarn, Königin von Böhmen, Erzherzogin von Österreich, Gräfin von Tirol (um nur vier der insgesamt 63 Titel zu erwäh- nen), nicht aber Kaiserin von Öster- reich (den Titel trug sie als Gattin Franz Stephans, dem die Krone durch sie zufiel und der als Franz I.

Kaiser des Heiligen Römischen Rei- ches wurde) — geleistet in einem Land, in dem es drunter und drüber ging und die Schranke zwischen Hof und Volk turmhoch war, ist einzigar- tig und wurde wegweisend für ein ganzes Jahrhundert. Sosehr man sie haßte, fürchtete — den Respekt ver- mochten auch ihre Feinde ihr nicht zu versagen. Konnte (und wollte) sie auch die Gepflogenheiten einer ab- solutistischen Herrscherin nicht vollkommen ablegen (sie stand der Aufklärung zeitlebens äußerst skep- tisch gegenüber und hatte mit dem Thronfolger deswegen oft Differen- zen), fand sie doch mit mütterlichem Instinkt den Weg zum Herzen ihres sie verehrenden Volkes.

Ihre Reformen auf wirtschaftlichem Gebiet, die Gründung von Hütten-

und Textilwerken, der Ausbau der Pferdezucht, die Agrarreformen, die Neuordnung des Schul- und Heer- wesens, der Verwaltung und Ge- richtsbarkeit, die grundlegende Re- form der Universität (die zweitälteste im deutschen Raum) und spezielle Förderung der medizinischen und juristischen Fakultät, die Regelung und Modernisierung der Kinder- erziehung und nicht zuletzt die ihr dank der schlechten Hof-Vorbilder am Herzen liegende Hebung von Sit- te und Moral, der sie persönlich mit bestem Beispiel voranging, das alles war bis dahin ohne jedes Vor-Bild, etwas Nie-Dagewesenes!

„... dank Gottes und van Swietens Hilfe"

Wie bitter notwendig die gründliche Durchforstung des gesamten Ge- sundheitswesens war, hatte die Kai- serin nicht nur auf ihren vielen Rei- sen, sondern am eigenen Hof nur zu deutlich erfahren, und der Ent- schluß, den besten Mediziner aufzu- spüren, war schnell gefaßt. Sie fand ihn in dem Leidener Professor der Medizin, Gerard van Swieten, einem wegen seiner Zugehörigkeit zum Ka- tholizismus seines Lehramtes verlu- stig gegangenen sehr fortschrittli- chen Mann, der auch auf den Gebie- ten der Chemie und Pharmazie be- wandert war und viele Heilmittel selbst herzustellen pflegte. 1745 kam van Swieten als erster Leibarzt der Kaiserin an den Wiener Hof, wo es ihm an Arbeit nicht gebrach:

Angefangen von den „ständigen Schwangerschaften" der Fürstin, den üblichen Krankheiten der Kin- der, den kleinen und großen Haus- oder Jagdunfällen bis hin zu den wü- tenden Epidemien, die auch vor dem kaiserlichen Hof nicht haltmachten, hatte er fast 30 Jahre lang Gelegen- heit, seine große ärztliche Kunst un- ter Beweis zu stellen, wenn auch nicht immer von Erfolg gekrönt: Ei- ne Tochter und des Thronfolgers einziges Kind konnten Lungenent- zündungen nicht überleben; drei weitere Töchter, beide Schwieger- töchter und ein Sohn starben an den

Pocken, während die Kaiserin, selbst angesteckt und todkrank da- niederliegend, „dank Gottes und

2208 Heft 37 vom 11. September 1980

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

FRAGMENTE

Neues Museum in Damaskus

Ende Oktober 1979 wurde in Da- maskus ein für das Publikum zu- gängliches Medizingeschichtli- ches Museum eröffnet. Die Schausammlungen sind in ein- zelnen Räumen um einen mauri- schen Innenhof gegliedert; sie zeigen Originale, Nachbildungen und Abbildungen arabischer und europäischer Medizin aus mehre- ren Jahrhunderten. Die kleine Sammlung ist auf einem Grund- stück untergebracht, das wäh- rend der Kreuzfahrerzeit als Hos- pital diente und dann bis zum Umzug in das heute von Dr. Walid Fahham geleitete Duba-Ibusinna- Hospital Geisteskranke beher- bergte. Die Räume, der Innenhof, die wunderschönen geschnitzten Holztore sind renoviert. Mit viel Liebe und mit dem Einsatz nicht unerheblicher Mittel hat die Ge- schichtspflege des syrischen Staates hier einen weiteren inter- essanten Ort geschichtlicher An- schauung und Lehre geschaffen, wohl eingegliedert in die sehr kontinuierlichen Bemühungen, religions-, kunst- und sozialge- schichtlich Wichtiges in Damas- kus zu erhalten, zu pflegen und zu restaurieren. D.

Der Innenhof des jetzigen Medi- zinhistorischen Museums in Damas- kus war in der Zeit der Nutzung als Psychiatrische Anstalt der Hauptauf- enthaltsraum der Patienten; in der arabischen Welt wurden Geisteskran- ke zu keiner Zeit wie Gefangene oder gar in Ketten gehalten, vielmehr wur- de das Maß ihrer Bewegungsfreiheit immer ihrem Krankheitszustand an- gepaßt Bildarchiv des Verfassers Aufsätze • Notizen

Maria Theresia und ihre Zeit

van SWietens Hilfe, wegen ihrer ro- busten Gesundheit und eisernem Willen" noch einmal genas; die ver- krüppelte Älteste, deren Los das Stift wurde, konnte ebensowenig ge- sund gemacht werden wie der im- mer mehr der Lethargie und Fett- sucht verfallende Kaiser oder die aufgrund der vielen Geburten mit al- lerlei Übeln behaftete wassersüchti- ge Kaiserin.

Aber Hilfsmittel, Linderung gab es, unzählige höllische Mixturen, Sal- ben, Tees, Pasten oder Schröpfköp- fe, auf deren Herstellung oder An- wendung sich niemand besser ver- stand als der Leibarzt aus den Nie- derlanden, der völliges Vertrauen genoß. Der Dank ließ nicht lange auf sich warten: Maria Theresia machte ihn bald schon zum ständigen Präsi- denten der medizinischen Fakultät in Wien, zum Vorsteher der Kaiserli- chen Bibliothek, zum Direktor des ganzen Medizinalwesens der Kaiser- lichen Staaten, als deren Reformator er anzusehen ist und als Begründer der „älteren Wiener medizinischen Schule". Gelehrte Gesellschaften in ganz Europa rechneten sich seine Zugehörigkeit zur Ehre an. 1772 ver- starb Doktor van Swieten, in Schön- brunn, wo auch die kaiserliche Großfamilie den größten Teil des Jahres verbrachte, hoch geachtet wegen seiner um die neuere Medizin und Arzneikunde erworbenen Ver- dienste.

Neben seinen Büchern und schriftli- chen Anweisungen, allerlei für die häusliche Krankenpflege benötigten Gerätschaften, neben zahllosen Sti- chen, Zeichnungen, Aquarellen und Ölgemälden, neben den — dem Stil jener Zeit entsprechend — rein aufs Dekorative gerichteten, etwas in- haltslosen Porträts und Familienbil- dern des Hofmalers Martin van Mey- tens, neben Urkunden und Briefen, persönlichen, geschäftlichen und politischen, Bauskizzen und -plänen finden sich in der Schönbrunner Ausstellung eine Fülle persönlicher Dinge der Kaiserin, ihrer Töchter und Söhne, als Leihgaben: Näh- und Schmuckschatullen, Spielkästen, Porzellan- und Figurensammlungen, Handarbeiten, Schmuck, Kleider,

Spitzen, Toilettenartikel und Döjeu- ners sowie Notenblätter und -bü- cher, Rollenbücher und allerlei Schriftliches an Anweisungen für die Theaterabende im Schloß, an de- nen die größeren Kinder oft selbst mit auftraten.

Reizend die mühsam und mit sichtli- cher Unlust vollgekritzelten Schul- hefte der kleinen Maria, die -zigmal

„Kaysserin" üben sollte (sie schrieb übrigens auch als alte Dame kaum besser!), die zärtlichen Briefe an den Bräutigam, die mütterlich-besorgten an die leichtsinnige Amalia mit dem schwachsinnigen Ehegatten, die Putz und Amüsement über alles lie- bende Antoinette, die als Königin von Frankreich so grausam endete, die tapfere kleine Karoline in der ihr aus politischen Gründen aufge- zwungenen italienischen Ehe. Es fehlt auch nicht die handgeschriebe- ne Liste ihres zur Durchführung des Schlesischen Krieges verpfändeten Schmucks, den sie nie wieder einzu- lösen vermochte, fehlen nicht die detaillierten Erziehungsregeln und Tagespläne für den Thronfolger Jo- sef, die Essensanweisungen für die jüngeren Erzherzoginnen, die ge- naue Anordnung von Musik-, Tanz- und Lesestunden als Ergänzung zu dem übervollen Pensum an Lern- stoff, das sie für künftige Königin- nen und regierende Erzherzöge un- erläßlich fand. Nicht weniger faszi- nieren die wenigen Seiten ihres handgeschriebenen Testamentes, in dem sie alles bedachte und den Thronfolger und Mitregenten er- mahnte, diese Anweisungen sorg- sam auszuführen.

Unmöglich, die Fülle des Gebotenen auch nur annähernd zu beschrei- ben! Walter Koschatzky, dem Direk- tor der Albertina und seinen über 80 Mitarbeitern, denen die Zusammen- stellung und Bewältigung dieses chronologisch geordneten Riesen- stoffes in viele Monate währender Kleinarbeit so vortrefflich gelungen ist, gebührt hohe Anerkennung: Die- se Ausstellung gehört in die Reihe der ganz großen, die man keines- wegs versäumen sollte, wenn ein Besuch möglich ist!

Britta Steiner-Rinneberg

2210 Heft 37 vom 11. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Phase in den „unwirksamen“ @uerschnittsteil fällt, in die Höhe H nicht mitgerechnet sei, B die Breite des Balkens, beziehungs- weise eines beliebig breiten Streifens der Platte (z.

Mit diesen Konstruktionen, denen heute im Betoneisenhochbau die größte Rolle zugefallen ist, wollen wir uns ausführlich befassen. Es sei zunächst der Vorgang charakterisiert, wie er

spruchung als Querkonstruktion zwischen den Rippen rechnet und diese Dicke d dann bei der Biegung der Rippe in Rechnuug zieht. die Rippendistanz, oder auch nur 3 der Spannweite

Die mit Hilfe der Bügelfestigkeit angeschlossene Plattenbreite ist abermals begrenzt durch die Schubfestigkeit des Betons: denn wir haben uns nach dem Obigen vorzustellen, daß zu

Das obige Beispiel läßt schon das Ziel erkennen, zu dem diese "Theorie führt: Zwischen Rippe und Platte eine solche Übergangskurve einzuschalten, daß die ganze Rippendistanz

durch die Arbeiten des „Gewölbe-Ausschusses“ seinerzeit so vortreffliche Grundlagen für die statische Berechnung von Gewölben geliefert hat, nicht auch, endlich auf dem Gebiete

[r]

Nur wenn die zulässigen Inanspruchnahmen in einem solchen Verhältnisse stehen, daß 417 <a <?, ist eine Konstruktion mit noch weniger Eisen als ad d) durchführbar (bei