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Meilensteine der Landtechnik

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AGRARGESCHICHTE

112

59 LANDTECHNIK 2/2004

Klaus Herrmann, Hohenheim

Meilensteine der Landtechnik

Z

u den neuerungsfreudigsten Bereichen der Wirtschaft gehört die Landwirt- schaft. Innovation folgt auf Innovation, ohne dass davon viel Aufhebens gemacht wird.

Nur so ist es zu erklären, dass die Nation mit ihren Agrar-Innovatoren so bescheiden um- geht. Kein einziger von ihnen hat, nimmt man den Agrarchemiker Justus Liebig aus, den Sprung in die Walhalla geschafft. Auch sonst stehen die Männer und Frauen, die mit ihren Innovationen den Weg aus dem Hunger gewiesen haben, weithin im Schatten. Eher bekommt ein Kirchenchor eine Sonderbrief- marke als ein Pflanzen- oder Tierzüchter, Briefkästen finden sich zumindest bei der Deutschen Post häufiger auf Briefmarken als Sämaschinen oder Mähdrescher.

1754

Vor 250 Jahren besaß die Landwirtschaft ei- nen höheren gesellschaftlichen Stellenwert.

William Shipley beispielsweise erkannte in ihr den entscheidenden Motor für den ge- sellschaftlichen Fortschritt. Zusammen mit illustren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens rief er in London die „Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce“ ins Leben, die mit Preisauslo- bungen über ein halbes Jahrhundert lang landtechnische Fortschritte initiierte.

1804

Aufklärung und Aufbruch bestimmten die Gemütslage der Menschen auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Neue Wege zu wagen, war eine Herausforderung, die auch jener US-Schifffahrtskapitän annahm, der - von China kommend - etliche Säcke mit Soja- bohnen in die USA einführte. Als Nahrungs- reserve für die Überfahrt gedacht, leiteten die Sojabohnen den Aufstieg der amerikani- schen Sojakultur ein, die die Landwirtschaft bis heute in ihrem Bann hält. Kleine Ursa- che, große Wirkung, ist das Geheimnis rich- tiger Innovationen, doch wer vermag diesen Zusammenhang im Voraus zu erkennen? Zu- meist kann nur gehofft werden, dass aus Kleinem Großes wird, wie dies bei Albrecht Thaers Übersiedlung nach Möglin der Fall war. Den Auftrag Staatskanzler Harden- bergs, in Preußen eine landwirtschaftliche

Lehranstalt zu gründen, setzte er erfolgreich um, wovon die Lebensläufe anerkannter Agronomen Zeugnis ablegen. Robert Sal- mon aus dem englischen Woburn war dage- gen weniger anspruchsvoll. Aus der Praxis gewann er Anregungen für seine Neuerun- gen, so den Trommelhäcksler. Generationen von Bauern erleichterte das eiserne Gerät fortan die mühsame Arbeit der Futterberei- tung und effizienter als reine Handarbeit war er auch.

1829

Als Neuerer durch und durch erwies sich vor 175 Jahren der mecklenburgische Arzt Ernst Alban. Bei Sanitz erwarb er das Gut Klein- Wehnendorf, um dort die erste mecklenbur- gische Maschinenfabrik zu gründen. Mit ei- ner Handvoll Handwerker konstruierte und fertigte er fortan Landmaschinen. Von Fut- terschneidern bis Dampfmaschinen reichte sein Angebot, aus dem Breitsämaschinen wegen ihrer Originalität herausragten. Die Dreschtechnik erfuhr vor 175 Jahren gleich- falls wichtige Impulse. Einem Mr. Docker aus dem englischen Findon wurde erstmals in der Geschichte ein Patent auf einen „Vi- brator“ genannten Schüttler zuerkannt, der fortan in kaum einer Dreschmaschine fehlen durfte.

1854

Als „Patent-König“ galt vor 150 Jahren Cy- renus Wheeler aus Cayuga County (New York). Zu seinen Neuerungen gehörte unter anderem eine kombinierte Gras- und Getrei- deerntemaschine mit unterteilter Schneide.

Anpassung an Bodenunebenheiten sollte so erreicht werden. Glaubt man Zeitgenossen, dann wurden in den folgenden 30 Jahren von den verschiedensten Herstellern rund eine Million Landmaschinen auf der Basis Whee- ler’scher Patente produziert. Und Wirkung mit seinen Innovationen hinterließ auch der Schweizer Gutsbesitzer v. Erlach. Ihn trieb vor allem die optimale Befestigung des Zug- hakens am Eggenrahmen um. Seine Unter- suchungen zu leichten Krümel-, mittel- schweren Saat- und schweren Furcheneggen avancierten zu Standardwissen und fanden in die Unterrichtspläne der Lehranstalten in

Wie bereits seit 1987 werden an dieser Stelle landtechnische Inno- vationen vorgestellt, die zu ihrer Zeit die Landwirtschaft verändert, zumindest aber ein gutes Stück vor- angebracht haben. Verfolgt man die Mechanisierung der Landwirt- schaft entlang der Meilensteine der Landtechnik 25, 50, 75 Jahre und länger zurück, dann wird man er- staunt feststellen, dass viele Ideen und Lösungsvorschläge gar nicht so neu sind, wie sie scheinen.

Dr. Klaus Herrmann leitet das Deutsche Landwirt- schaftsmuseum in Hohenheim, Garbenstr. 9 und 9a, 70599 Stuttgart.

Schlüsselwörter

Mechanisierung der Landwirtschaft, bedeutende Erfindungen und Ereignisse

Keywords

Mechanisation of agriculture, important inventions and events

Bild 1: Trommelhäcksler; System Robert Salmon, in der Ausführung von Glogowski & Sohn Fig. 1: Cylinder chopper; system Robert Salmon, in the make by Glogowski & Sohn

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Bonn, Hohenheim und Weihenstephan Ein- gang. Und auch was das Existenzgründen angeht, so setzte die Landtechnik bereits vor 150 Jahren Akzente. Carl August Klinger in Rennersdorf bei Stolpen, Albert und Wil- helm Eberhardt in Ulm oder Franz Komnick in Elbing wagten den Schritt in die Selbst- ständigkeit und gestalteten in der Folge den landtechnischen Fortschritt mit.

1879

Vor 125 Jahren fasste Heinrich Lanz (Mann- heim) den Entschluss, Lokomobilen und Dreschmaschinen in Eigenregie zu produ- zieren. Der Anfang des deutschen Dampf- dreschmaschinenbaus war gemacht. Er ent- wickelte sich so prächtig, dass Importe bald überflüssig wurden. Innovationsgeschicht- lich interessant ist aber auch die Erfindung des Düsseldorfers F. W. Unterilp. Sein Pflanzlochstecher hatte den Vorzug, dass das Einlegen der Kartoffeln in den Acker nur halb so viel Handarbeit erforderte wie das Einlegen mit dem Spaten. Allerdings war der Pflanzlocher von Unterilp zunächst nur als Ergänzung einer neuen Kartoffellegema- schine konzipiert. Während letztere erfolg- los blieb, entwickelte sich der Pflanzlocher zum Markterfolg. Den erzielte selbstredend auch die Milchzentrifuge (Bild 2) des schwe- dischen Ingenieurs Gustav de Laval. Das Geheimnnis seines „Separators“ bestand un- ter anderem in der elastischen Wellenlage- rung, die erstmals Umdrehungszahlen von 5500 min-1und mehr zuließ.

1904

Vor 100 Jahren entwickelte Benjamin Holt in Stockton (Kalifornien) die Ackerraupe.

An die Stelle von vier Fahrrädern traten zwei

endlose, zunächst aus Holz gefertigte Gleis- ketten. Gelenkt wurde die Maschine durch Räder, die vor die Gleisketten montiert wa- ren. Die den Bodendruck reduzierende Zug- maschine erhielt noch im gleichen Jahr den Namen Caterpillar, was soviel wie Raupe be- deutet und bis heute als Qualitätsbegriff gilt.

Und eine zweite bahnbrechende Innovation gelang der Mannschaft um B. Holt. Erstmals versah sie einen gezogenen Mähdrescher mit einem Verbrennungsmotor, der Mähbalken und Dreschorgane antrieb. Mit Sätechnik be- schäftigte sich hingegen Geheimrat Profes- sor Fischer. Im Auftrag der DLG führte er die zweite Hauptprüfung für Sämaschinen durch, die sich nicht nur kritisch mit dem Schubringsystem auseinander setzte, son- dern vor allem das zur exakten Beurteilung der Aussaat aussagekräftige Leimstreifen- verfahren hervorbrachte. Aber nicht nur In- genieure und Techniker bewiesen Kreati- vität. Eine Neuerungswelle erfasste vor 100 Jahren den Wissenschaftsbetrieb. So mutier- te die königliche Akademie Hohenheim zur Landwirtschaftlichen Hochschule, während andererseits die seit 1819 bestehende Acker- gerätefabrik für immer ihre Tore schloss.

1929

Innovationen lassen sich durch Wirtschafts- krisen kaum abschrecken. Der „Schwarze Freitag“ lähmte Banken und Börsen, nicht aber die Landtechnik. So entstand in Bornim bei Potsdam das Schlepper-Prüffeld, dem Persönlichkeiten wie „Schlepper-Meyer“

ihren Stempel aufdrückten. Neu war auch der von Ing. Mirswa konstruierte „Stahl- Lanz“. Ganz aus Eisen gefertigt, erwies sich die Dreschmaschine vor allem im Hocken- drusch den hölzernen Konkurrenten als überlegen. Massey-Harris wiederum stellte den „Pulverator“ vor. Für viele Landwirte war dies das erste Zapfwellengerät zur Bo- denbearbeitung. Die Krümelung des Bodens wurde übrigens unmittelbar im Anschluss an einen Pflug erreicht, dessen Streichbleche verkürzt waren. Massenwirksamer noch wurde allerdings die Normierung der Schneidwerke von Grasmähmaschinen. An die Stelle von 400 verschiedenen Messern trat nun eine einzige Messerklinge, was Re- paraturen und Ersatzteilwirtschaft spürbar erleichterte. Und dann waren da ja noch die Pioniere des Schlepperbaus. Von Hermann Lanz’ (Aulendorf) selbstfahrender Mähma- schine „Samson“ bis hin zum Bulldog HR 5 mit Thermosyphon-Kühlung reichte der Bo- gen der Neuheiten, der zeigte, wie sehr in der Landtechnik vor 75 Jahren die Zeichen auf Aufbruch standen.

1954

Vor 50 Jahren galt die unmittelbare Nach- kriegszeit als überwunden. Vielerorts ließ man die Vergangenheit Revue passieren. Ein Bestand von 300 000 Ackerschleppern er- füllte ebenso mit Stolz wie die Auslieferung des 100 000. Hanomag-Traktors oder des 350 000. Lanz Schleuderradroders. Daneben gab es aber auch Neues zu bestaunen. Der 19 PS Eicher-Kombi Geräteträger mit aufge- bautem Dettmann-Siebkettenroder eröffnete dem Einmann-Betrieb neue Möglichkeiten.

Was die Zapfwellentechnik betraf, so beein- druckte vor allem der Eberhardt’sche Rotor- krümler. Arbeitsqualität und Flächenleistung waren bei herkömmlicher Gespanntechnik nicht zu erreichen. Im Schlepperbau rückten einzelne Baugruppen ins Zentrum des Inter- esses. So stellte MAN den M-Motor vor, bei dem dank kugelförmiger Brennkammer im Kolben ein „weicher“ Verbrennungsvorgang bei reduziertem Kraftstoffverbrauch erreicht wurde. IH wiederum entwickelte das erste zweistufig unter Last schaltbare Zusatzge- triebe „Torque Amplifier“. Verdoppelung der Gänge bei infolge der Lastschaltung ver- besserter Handhabung veranlassten den Wettbewerb zu ähnlichen Entwicklungen.

1979

Vor 25 Jahren rückte der Umweltschutz so sehr ins Blickfeld, dass gelegentlich die Um- weltschutztechnik als Oberbegriff der Agrar- technik gesehen wurde. Den Innovatoren hingegen waren solche Dispute einerlei. Sie brachten leistungsfähige „Pflanzenschutz- Spritzen mit Spezialdüsen und guter Dosier- armatur“ auf den Markt und trugen so mehr zur Reduzierung der Pflanzenschutzmittel- ausbringung bei als alle Wortkünstler. Auch in der DDR wurde dem Umweltgedanken größere Bedeutung beigemessen. Versuche in Bornim ergaben, dass Gummigleisbänder auf dem Fortschritt-Traktor ZT 300 den Bo- dendruck nachhaltig senken würden. Auf der anderen Seite wurden die Vorzüge der Elek- tronik in der Landwirtschaft immer deutli- cher. Den Innovatoren um Herrmann Auern- hammer eröffneten sich Perspektiven, die sie bis heute nicht mehr loslassen sollten.

59 LANDTECHNIK 2/2004

Bild 2: Milchzentrifuge von Gustav de Laval Fig. 2: Cream separator by Gustav de Laval

Bild 3: ZT 300 als Gleiskettenschlepper Fig. 3: ZT 300 as track-laying tractor

Referenzen

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