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Auftreten von Paedomorphose beim Feuersalamander Salamandra salamandra

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Übersetzung der Arbeit „DANIELE CANESTRELLI & CLAUDIO BAGNO LI (2007 ): Occurrence of paedomorphosis in the fire salamander Salamandra salamandra. - Salamandra, Rheinbach, 43(4): 249-252".

Auftreten von Paedomorphose beim Feuersalamander Salamandra salamandra

Zusammenfassung: Wir stellen den ersten Nachweis von Paedomorphose beim Feuersalamander Salamandra sala- mandra vor. Das entsprechende Tier wurde in einer hochgelegenen (1300 m ü. d. M.) Quelle inmitten eines Waldge- bietes in Kalabrien, Süd-Italien, gefunden. Es war 104 mm lang, besaß gut ausgebildete Kiemen, Kiemenschlitze, eine Schwanzflosse und zeigte ein für Larven typisches Fressverhalten. Weiterhin wies es eine leuzistische Färbung auf, die ganz offensichtlich durch einen Mangel an Melanin zustande kam, hatte jedoch die normalen gelben Flecken. Das gleichzeitige Auftreten beider Anomalien weist auf eine Anomalie der Hypophyse als kausalen Faktor hin.

Schlagwörter: Amphibia, Caudata, Salamandridae, Salamandra salamandra, Paedomorphose, Leuzismus, Italien.

Paedomorphose ist das Ergebnis eines hetero- chronischen Vorgangs, d. h. einer Veränderung in der zeitlichen Abfolge einer Entwicklung, die dafür sorgt, dass Larvalmerkmale, wie etwa Kiemen und Kiemenschlitze, in das Erwachse- nenstadium übernommen werden (WHITEMAN 1994). Unter Molchen und Salamandern ist die Paedomorphose eine weit verbreitete Erschei- nung. Nach DENOEL et al. (2005) ist sie von Ar- ten aus neun der zehn Urodelenfamilien nach- gewiesen. Während jedoch die Vertreter von vier dieser Familien (Amphiumidae, Crypto- branchidae, Proteidae, Sirenidae) sowie ein paar plethodontide und ambystomatide Salamander obligatorisch paedomorphe Arten sind, beinhal- ten die anderen Familien (Ambystomatidae, Di- camptodontidae, Hynobiidae, Plethodontidae, Salamandridae) nur Arten mit fakultativer Pae- domorphose, also einem Zustand, bei dem ein- zelne Individuen entweder metamorphosieren oder sich paedomorph entwickeln (DuELLMAN

& TRUEB 1994).

In der vorliegenden Mitteilung berichten wir über den erstmaligen Fund eines paedomorphen Individuums des Feuersalamanders Salamandra salamandra (LINNAEUS, 1758). Unseres Wissens ist dies gleichzeitig der erste Nachweis von Pa- edomorphose für die gesamte Gattung Salaman- dra.

Der Feuersalamander ist eine polytypische, in Mittel- und Südeuropa verbreitete Art (GAsc et al. 1997). Er bewohnt überwiegend feuchte und schattige Lebensräume in Laub- oder Mischwäl-

dern, oftmals in der Nähe von Bächen oder Tei- chen, die dann zur Fortpflanzung genutzt wer- den (GRIFFITHS 1996). Das in Rede stehende In- dividuum wurde am 10. Mai 2004 während einer Freilanduntersuchung in Süd-Italien unweit der Stadt Taverna (Kalabrien; 16°33'42"0, 39° 4'39"N, 1300 m ü. d. M.) gefunden und wird somit der Unterart

s.

s. gigliolii E!SELT & LANZA, 1956 zu- geordnet. Es befand sich in einer Quelle, die in einem Waldgebiet liegt, das von Buchen (Fagus sylvatica) beherrscht wird und mit Silberfich- ten (Abies alba) durchsetzt ist. Es zeichnet sich durch ein dichtes hydrographisches Netz aus Flüsschen, Bächen, Quellen und temporären Teichen aus. Das Tier wurde gefangen und über drei Tage in einer Fauna-Box (30 x 40 x 20 cm) gehältert, bevor es wieder am ursprünglichen Fundort ausgesetzt wurde. Entsprechend den Empfehlungen in DoNNELLY et al. (1994) wur- de es in einer 0,02 % Lösung von MS222 vorü- bergehend betäubt, und es wurden die folgenden morphometrischen Daten nach dem Muster von NASCETTI et al. (1988) ermittelt (mit einer Stahl- Schiebelehre [± 0,1 mm]): Gesamtlänge (GL), Schwanzlänge (SL), Breite des Kopfes (über den Maulrändern; KB), Länge des Kopfes (KL), ge- ringster Interorbitalabstand (IO), Länge der Pa- rotiden (PL), Länge des Vorderbeins (LV) und Länge des Hinterbeins (LH).

Das Tier ist auf den Abbildungen ia-e darge- stellt. Es wies die folgenden Abmessungen auf (mm): GL = 104,0; SL = 42,4; KB = 15,6; KL = 18,0; IO = 3,9; PL = 10,8; LV = 17,2; LH = 18,4.

DER SALAMANDER, Rheinbach, 20.11.2007, 3(4): 249-252, ISSN: 1860-6644.

© 2007 Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V. (DGHT) 249

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Wenngleich der Salamander klare Adultmerk- male wie verdickte Gliedmaßen, eine entwickel- te Kloake, hervorstehende Parotiden und überall auf der Körperoberfläche verteilte gelbe Flecken aufwies (vgl. z. B. DUELLMAN & TRUEB 1994, GRIFFITH 1996, DENOEL et al. 2001), so waren Larvenmerkmale in Gestalt von Kiemen, Kie- menschlitzen und einer Schwanzflosse ebenfalls vorhanden.

Bei paedomorphen Molchen sind neben mehreren äußerlichen morphologischen Merk- malen auch die der Futteraufnahme dienenden Körperteile und dadurch ebenfalls das Fressver- halten von der Beibehaltung larvaler Merkmale beeinflusst (z. B. DENOEL et al. 2005). Um fest- zustellen, ob dies auch bei dem vorliegenden In- dividuum der Fall war, boten wir ihm ein mögli- ches Beutetier an (ein etwa 2,5 cm langer Tubifex sp.) und beobachteten sein Futteraufnahmever- halten. Nach Einsaugen des Beutestücks stieß es nach rückwärts Wasser durch die Kiemenschlit- ze aus, was ein Fressverhalten belegt, das voll- ständig mit dem Futteraufnahmeverhalten einer Larve übereinstimmt. Das Auftreten von Larval- merkmalen bei einem Exemplar, das ansonsten eine Adultmorphologie aufweist, klassifiziert das untersuchte Exemplar als paedomorph (z. B.

GRIFFITH 1996).

Neben den zuvor genannten Anomalien wies das untersuchte Stück darüber hinaus auch noch eine leuzistische Färbung auf. Gewöhnlich besit- zen adulte S. salamandra eine schwarze Grund- pigmentierung mit mehr oder weniger groß- flächigen, gelben oder orangefarbenen Flecken (Abb. 1f). Die schwarze Grundfarbe fehlte bei dem vorliegenden Tier, was einen Mangel an Me- lanin in der Haut anzeigt, und dies traf ebenfalls auf die Augen zu. Verstreute Ansammlungen von Melanophoren waren jedoch vorhanden, vor allem auf der Ventralseite (Abb. 1c) und dem Schwanz (Abb. 1e). Es besaß allerdings ebenfalls die normalen gelben Flecken, was auf eine nor- male Entwicklung der epidermalen Xanthopho- ren und dermalen Iridophoren hinweist (PEDER-

ZOLI et al. 2003). Farbanomalien wie Albinismus

oder Leuzismus sind bei Amphibien recht häufig (BECHTEL 1995) und auch von larvalen Feuersa- lamandern bekannt (z.B. THIESMEIER 2004). Es handelt sich dabei um congenitale Mutations- zustände, die allerdings auf verschiedenen Loci vererbt werden und daher verschiedene spezi- fische Hintergründe haben können (BECHTEL

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1995). Solche Erscheinungen sind bereits häufig -wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit Paedomorphose beobachtet worden, was möglicherweise auf Anomalien in der Hypophy- se als kausalen Faktor hinweist (DuELLMAN &

TRUEB 1994, GRIFFITHS, 1996).

Ein ähnlich gelagerter Fall wie der, über den hier berichtet wird, könnte der eines namentlich nicht genannten Autors (in THIESMEIER 2004 zi- tiert) sein, der über Feuersalamanderlarven mit schweren Pigmentstörungen berichtete, die bis zu acht Jahre im Wasser verblieben. Da jedoch keine weiteren Angaben zu deren allgemeiner Morphologie gemacht vrorden, bleibt unklar, ob es sich dabei um neotene Individuen handelte, und weitere Vergleiche mit dem hier dargestell- ten Fall sind nicht möglich.

Im gleichen Fundgebiet und der Umgebung wurden sowohl im gleichen als auch im dar- auf folgenden Jahr weitere Felduntersuchungen durchgeführt. Auch wenn es uns dabei nicht ge- lang, weitere Individuen mit den beschriebenen morphologischen Anomalien aufzuspüren, so fanden wir doch sechs leuzistische Larven. Dies könnte ein Anzeichen dafür sein, dass die dor- tige Feuersalamander-Population einer verstärk- ten Gendrift unterliegt, die es ansonsten selte- nen Allelen ermöglicht, sich verstärkt durchzu- setzen. Da diese Möglichkeit von ernsthafter Re- levanz für Schutzmaßnahmen sein könnte, wird sie gegenwärtig genauer untersucht.

Danksagungen

Wir freuen uns, diesen Aufsatz MARCO PuLEo wid- men zu können, der uns als Erster den Naturschätzen seines wunderschönen Landes näher brachte (Sila Pic- cola-Massiv, Süd-Italien). Ehrlicher Dank gebührt auch PIETRO BAGALA und VERA COSTANTINI für ihre Hilfe bei der Feldarbeit und PAOLA BELLINI und ÜRNELLA DE PIPPO für die technische Unterstützung bei der Abfas- sung des Manuskripts. KURT GROSSENBACHER unterzog den Entwurf freundlicherweise einer Durchsicht und lieferte wertvolle Anmerkungen, und MARK ELTENTON half bei der sprachlichen Überarbeitung des Original- aufsatzes.

Schriften

BECHTEL, B. (1995): Reptile and amphibian variants: co- lors, patterns, and scales. - Malabar: Krieger Pub!.

DENOEL, M., P. JoLY & H.H. WHITEMAN (2005): Evoluti- onary ecology of facultative paedomorphosis in new- ts and salamanders. - Bio!. Rev., So: 663-671.

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Abb. 1 A-E: Paedomorphes und leuzistisches Exemplar von Salamandra salamandra gigliolii aus der Umgebung von Taverna, Süd-Italien; F: ein normal ausgeformtes. und gefärbtes Tier aus der gleichen Gegend.

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DENOEL, M., P. PONCIN & J.-C. RUWET (2001): Sexual compatibility between two heterochronic morphs in the Alpine Newt, Triturus alpestris. - Anim. Behav., 62: 559-566.

DONNELLY, M.A., C. GUYER, J.E. ]UTTERBOCK & R.A.

AL FORD (1994): Techniques for marking amphibians.

-s. 277-284 in: HEYER, W.R., M.A. DoNNELLY, R.W.

McDIARMID, L.C. HAYEK & M.S. FosTER (Hrsg.):

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DuELLMANN, W.E. & L. TRUEB (1994): Biology of amphi- bians. - John Hopkins Univ. Press, Baltimore.

GASC, J.-P., A. CABELA, J. CRNOBRNJA-ISAILOVIC, D.

DOLMEN, K. GROSSENBACHER, P. HAFFNER, J. LES- CURE, H. MARTENS, J.P. MARTINEZ RICA, H. MAU- RIN, M.E. ÜLIVEIRA, T.S. SOFIANIDOU, M. VEITH &

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WHITEMAN, H.H. (1994): Evolution of facultative pae- domorphosis in salamanders. - Quart. Rev. Bio!., 69:

205-221.

Eingangsdatum: 3. Juni 2006 Adressen der Autoren der Originalarbeit: DANIELE CANESTRELLI, Dipartimento di Ecologia e Sviluppo Economico Sostenibile, Universita degli Studi della Tuscia, Via San Giovanni Decollato 1, I-01100 Vi- terbo, Italien; E-Mail: canestrelli@unitus.it; CLAUDIO BAGNOLI, Istituto Superiore di Sanita, Viale Regina Elena 299, I-00161 Rom, Italien.

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