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Archiv "Probleme der Organtransplantation: Bundeseinheitliches Gesetz gefordert" (25.11.1994)

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THEMEN DER ZEIT

W

enn Horst Seehofer Ge- sundheitsminister bleibt, sollte er auch so bald wie möglich Nägel mit Köp- fen machen", forderte Prof. Dr.

med. Friedrich-Wilhelm Eigler, Vorsitzender der Arbeitsgemein- schaft der deutschen Transplantati- onszentren. Ein bundeseinheitli- ches Transplantationsgesetz hält er für unumgänglich.

Der Bundesgesundheitsmini- ster hatte sich vor kurzem gemein- sam mit Eigler und dem Präsiden- ten der Bundesärztekammer, Dr.

med. Karsten Vilmar, für eine Infor- mationslösung ausgesprochen. Da- nach soll der Eingriff zulässig sein, wenn der Tod festgestellt ist und der Verstorbene zu Lebzeiten der Organspende zugestimmt hat. Liegt keine Erklärung vor, ist die Entnah- me zulässig, wenn ein Arzt die nächsten Angehörigen über die ge- plante Entnahme informiert hat und diese nicht innerhalb einer „an- gemessenen Frist" widersprechen (dazu Deutsches Ärzteblatt, Heft 36/1994). „Die Auswahl der Organ- empfänger ist ausschließlich nach medizinischen Gesichtspunkten zu treffen", heißt es dazu jetzt in der Koalitionsvereinbarung.

Prof. Dr. med. Rudolf Pichl- mayr, Leiter der Klinik für Abdomi- nal- und Transplantationschirurgie (Medizinische Hochschule Hanno- ver), nannte in St. Augustin die we- sentlichen ethischen Grundlagen für eine Organentnahme. Wichtig seien die optimale Behandlung ei- nes potentiellen Organspenders, die zweifelsfreie Feststellung des To- des, die Respektierung der Ent- scheidung des Verstorbenen bezie- hungsweise der Angehörigen sowie die Wahrung der Würde des Ver- storbenen. Kommerzieller Organ- handel müsse auf jeden Fall abge- lehnt werden.

Der Kritik am Hirntod als Kri- terium für den Tod eines Menschen trat Prof. Dr. jur. Hans-Ludwig Schreiber, Präsident der Universität Göttingen, entgegen. Der Hirntod sei der vollständige und irreversible Ausfall aller Hirnfunktionen. Er sei eine viel weitergehende Zäsur als der klinische Tod. Zitiert wurde von mehreren Diskussionsteilnehmern

BERICHTE

die von vier wissenschaftlichen Ge- sellschaften in Fachzeitschriften und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" abgegebene Stellung- nahme zur Frage des Hirntodes. Bei den Gesellschaften handelt es sich um die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedi- zin, die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie, die Deutsche Ge- sellschaft für Neurologie und die Deutsche Physiologische Gesell- schaft.

Hirntod

In ihrer gemeinsamen Er- klärung heißt es: „Der Entwurf ei- nes Transplantationsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ent- hält die ärztlich ohnehin selbstver- ständliche Berechtigung von An- gehörigen, in die ärztlichen Unter- lagen der Todesfeststellung Einsicht zu nehmen. Von den beiden Ärzten, die den völligen und endgültigen Hirnausfall feststellen, muß wenig- stens einer eine mehrjährige inten- sivmedizinische Erfahrung haben."

Es gab allerdings auch kritische Stimmen. So sagte der Theologe und Philosoph Johannes Hoff, Tü- bingen: „Der Hirntod ist eine Be- dingung des Todes, aber nicht der Eintritt des Todes." Prof. Dr. phil.

Ludger Honnefelder von der Philo- sophischen Fakultät der Universität Bonn zeigte Verständnis für die Motive derjenigen, die den Hirntod als Todeskriterium anzweifeln. Die Sorge vor einer Instrumentalisie- rung des Menschen sei durchaus eh- renwert, dennoch seien die Argu-

mente nicht überzeugend. Einig wa- ren sich die Diskussionsteilnehmer darin, daß sich ohne eine verbesser- te Aufklärung der Bevölkerung an der nachlassenden Bereitschaft zur Organspende kaum etwas ändern wird. Außerdem müsse auf jeden Fall behutsam mit den Angehörigen umgegangen werden. „Der richtige Umgang mit den Menschen ersetzt viele theoretische Erörterungen", sagte auch Prof. Dr. med. Heinz Angstwurm von der Neurologi- schen Klinik (Klinikum Großha- dem) in München.

Auf die geplante Bioethik- Konvention des Europarates ging am Rande der Veranstaltung Rich- ter a. D. Ulrich Vultejus, Hannover, ein. Der Konventionsentwurf ist von der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates vor al- lem wegen seiner Bestimmungen zu nicht-therapeutischen Eingriffen an geschäftsunfähigen Personen abge- lehnt worden (Artikel 6). Danach dürften unter anderem Eingriffe vorgenommen werden „im Fall der Entnahme von regenerierbaren Ge- weben zum Zweck der Transplanta- tion zwischen Personen, die sich persönlich oder verwandtschaftlich nahestehen, wenn es einen voll ge- schäftsfähigen Spender oder eine gleichermaßen wirksame alternati- ve Methode nicht gibt". Vultejus hält dies für unbedenklich, wenn ei- ne Gefährdung ausgeschlossen er- scheint: „Ich darf in bösem Ernst fragen, welcher Mensch mit eini- gem Anstand sich in dieser Lage seinen Angehörigen verweigern würde." Gisela Klinkhammer

Probleme der Organtransplantation

Bundeseinheitliches Gesetz gefordert

Die Koalitionsfraktionen haben in ihrer Vereinbarung erklärt, sie wollten in der Bevölkerung die Bereitschaft für Organspenden stärken. Geplant ist ein bundesein- heitliches Transplantationsgesetz. Bei einem Expertengespräch der Konrad-Ade- nauer-Stiftung in St. Augustin diskutierten im Vorfeld der Gesetzgebung Ärzte, Ju- risten, Philosophen und Theologen über „Probleme der Organtransplantation".

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 47, 25. November 1994 (35) A-3259

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