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Archiv "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Keine Gesetze gegen Stress" (22.02.2013)

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A 310 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 8

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22. Februar 2013

PSYCHISCHE GESUNDHEIT IN DER ARBEITSWELT

Keine Gesetze gegen Stress

Die Bundesarbeitsministerin macht den Schutz der psychischen Gesundheit zu einem Schwerpunktthema. Zunehmende Fehlzeiten und Milliardenausfälle für die Wirtschaft lassen Unternehmen aktiv werden.

D

en Schutz der psychischen Gesundheit in der Arbeits- welt will Bundesarbeitsministerin Dr. med. Ursula von der Leyen (CDU) zu einem Schwerpunktthema ihrer Arbeit machen. Auf einer Fach- tagung ihres Ministeriums zu dem Thema Ende Januar in Berlin forder- te sie: „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz müssen aus der Tabuzo- ne heraus.“ Wenn es um den Schutz vor körperlichen Gefahren gehe, sei- en deutsche Unternehmen „spitze, leider machen sich aber noch viel zu wenige Betriebe Gedanken, wie sie ihre Mitarbeiter vor Stress und Burn - out schützen können“.

Das Arbeitsprogramm „Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Be - lastung“ soll im Fokus der zwei- ten Amtsperiode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) stehen, einer konzertierten Aktion von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern (www.

gda-portal.de).

Dafür sei es nun „höchste Zeit“, denn 2011 seien bundesweit 59,2 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankun- gen registriert worden. Das sei ein Anstieg um mehr als 80 Prozent in den vergangenen 15 Jahren. Dies habe zu einem Ausfall an Brutto- wertschöpfung von 10,3 Milliarden Euro geführt. Psychische Erkran- kungen gelten als Hauptgrund für Frühverrentungen.

Stress am Arbeitsplatz ist in Deutschland nach wie vor weit ver- breitet. Das zeigt der „Stressreport 2012“, den die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zur Fachtagung vorgelegt hat. Da- nach beklagen 43 Prozent der Ar- beitnehmer, dass Stress und Leis- tungsdruck für sie in den vergange- nen zwei Jahren zugenommen hätten.

Konkret sehen sich die Beschäftig- ten häufig Multitasking und star- kem Termin- und Leistungsdruck ausgesetzt. 44 Prozent erleben wäh- rend ihrer Arbeit oftmals Störungen.

Immer häufiger lassen Arbeitneh- mer Pausen ausfallen. 17 Prozent der Befragten fühlten sich in den letzten zwölf Monaten während der Arbeit oft körperlich und emotional erschöpft.

Der Präsident der Bundesverei- nigung der Deutschen Arbeitgeber- verbände (BDA), Prof. Dr. Dieter Hundt, wies darauf hin, dass Arbeit auch einen positiven Effekt auf die Gesundheit habe und Arbeitnehmer im Schnitt gesünder seien als Ar- beitslose. Dennoch: „Wir Arbeitge- ber stehen zu unserer Verantwor- tung.“ Aber auch jeder Einzelne müsse etwas für seine psychische Gesundheit tun. Hundt teilt die For- derung der Ministerin, das Thema aus der Tabuzone herausholen zu müssen. Doch noch sei man nicht so weit: „Nur 16 Prozent der Berufs- tätigen informieren den Arbeitgeber über psychische Belastungen.“

Kritik an langen Wartezeiten in der Psychotherapie

Es sei jedoch nicht hinzunehmen, dass sich Arbeitgeber schnelle Hilfe für ihre Angestellten bei privaten Anbietern „teuer erkaufen müssen“, kritisierte Hundt. „Wie kann es sein, dass psychisch Kranke drei Monate allein auf ein erstes Ge- spräch beim Therapeuten warten?“

Der Arbeitgeberpräsident sieht hier die ärztliche Selbstverwaltung in der Pflicht, für Veränderung zu sor- gen. Auch der Vorstand des GKV- Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, findet „den Zustand mit extrem lan- gen Wartezeiten in der Psychothe- rapie unzumutbar“, verwies aber darauf, dass mit der Reform der Be-

darfsplanung 1 350 neue Praxissit- ze für Psychotherapeuten geschaf- fen wurden. Kiefer bedauerte, dass die Kassen vor allem die klein- und mittelständigen Betriebe mit den Prä- ventionsangeboten nicht erreichten.

„Beauftragter für psychische Gesundheit“ gefordert

Der Präsident der Deutschen Gesell- schaft für Psychiatrie, Psychothera- pie und Nervenheilkunde (DGPPN), Prof. Dr. med. Wolfgang Maier, wies darauf hin, dass „das Zusammen- spiel von psychischer Gesundheit und Arbeit sehr individuell ist“. Sei- ner Ansicht nach sollte jeder Betrieb einen „Beauftragten für psychische Gesundheit“ haben. Die DGPPN kritisiert, dass die Gemeinsame Deut- sche Arbeitsschutzstrategie lediglich vorsieht, die bestehenden Strukturen zu stärken. Verpflichtende Regelun- gen zur Reduktion von psychosozia- lem Stress am Arbeitsplatz, wie in anderen Ländern der Europäischen Union üblich, seien nicht vorgesehen.

An der Fachtagung nahmen ne- ben dem BDA auch Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) teil. Eine geplante gemeinsa- me Erklärung zur psychischen Ge- sundheit bei der Arbeit kam aber nicht zustande. DGB-Vorstandsmit- glied Annelie Buntenbach sprach von einer „Arbeit geber-Blockade“.

„Notwendig sind klare Regeln durch eine Antistressverordnung, mehr Mit- bestimmung und Sanktionen ge- gen Unternehmen, die das Arbeits - schutzgesetz nicht einhalten“, be - tonte sie. Die Arbeitgeber lehnten die Forderungen der Gewerkschaf- ten ab. „Wir brauchen keine neuen Rechtsvorschriften, sondern eine verbesserte Umsetzung der erforder- lichen Maßnahmen“, sagte der BDA-Präsident Hundt.

Petra Bühring

P O L I T I K

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