• Keine Ergebnisse gefunden

Gottes Geschichte mit den Geschwistern

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Gottes Geschichte mit den Geschwistern"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gottes Geschichte mit den Geschwistern

Predigt zu 1. Mose 4,1-16 am 13. Sonntag nach Trinitatis, 29.08.21 in der Peterskirche

1Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe des Herrn. 2Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann. 3Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem Herrn Opfer brachte von den Früchten des Feldes. 4Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der Herr sah gnädig an Abel und sein Opfer, 5aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.

6Da sprach der Herr zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick? 7Ist’s nicht also? Wenn Du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.

8Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen. Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.

9Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht. Soll ich meines Bruders Hüter sein? 10Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde. 11Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. 12Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden. 13Kain aber sprach zu dem Herrn: Meine Strafe ist zu schwer, als das ich sie tragen könnte. 14Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir’s gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet. 15Aber der Herr sprach zu ihm:

Nein, sondern wer Kain totschlägt, der soll siebenfältig gerächt werden. Und der Herr machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände. 16So ging Kain hinweg von dem Angesicht des Herrn und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.

Liebe Gemeinde,

die Erzählung von Kain und Abel steht auf den ersten Seiten der Bibel. Sie gehört zur „Urgeschichte“.

Die Urgeschichte im ersten Buch Mose berichtet zuerst davon, wie das Leben auf der Erde ganz in Gottes Sinne ist. Die Schöpfung ist „gut“. So hat Gott das Leben gewollt, so hat er es auf den Weg gebracht: dass „alles … sehr gut“ ist. Auch in der Erzählung von Adam und Eva geht es darum, wie wir Menschen von Gott gemeint sind. Die ganze Urgeschichte versteht sich als eine Grundgeschichte, die jede und jeden etwas angeht. Sie erzählt nicht etwas Uraltes, was einmal war und längst vorbei ist, sondern sie zeigt uns Urtypisches, etwas, was zeitlos wahr ist. Auch Kain und Abel sind nicht nur füreinander Brüder - leibliche Brüder. Viel spricht dafür, dass auch Sie und ich auf eine bestimmte Art und Weise die Geschwister von Abel und Kain sind – die Menschheit als die Schwestern und Brüder Kains und Abels. Das ist Urgeschichte. Wie geht sie, diese Geschwister-Urgeschichte? Welche Erfahrungen sind darin abgespeichert, die uns unser Leben verstehen helfen?

(2)

(I) Eine erste Urerfahrung dieser biblischen Menschheits- und Familiengeschichte will ich so formulieren: Die Brüder könnten gar nicht gegensätzlicher sein. Wie die Erzählung läuft, ist man sogar versucht zu sagen: Diese Geschwister, Kain und Abel, stehen nicht nur im krassen Gegensatz zueinander, sondern der Eine schließt die Existenz des Anderen geradezu aus. Gegensätzlich und geradezu ausschließlich stehen die Brüder zueinander.

Doch der Reihe nach: Zuerst werden die Knaben geboren. Sie bekommen einen Namen. Schon die Geburt und die Namensgebung könnten nicht gegensätzlicher sein. Eva, so wird erzählt, bejubelt die Geburt Kains. „ … und sie gebar den Kain und sprach: ‘Ich habe einen Mann gewonnen mit Hilfe des Herrn‘“. Einen Buben bringt Eva zur Welt und ruft aus „Einen Mann habe ich da!“ Nichts anderes bedeutet der hebräische Name Kain – „einen Mann gewonnen“, ein rechter Mann, ein Mannsbild, ein Starker. Das ist Kain. Der Name ist Programm. Der Mutter entfährt bei der Geburt ein stolzer Jubelschrei über ihren Sohn und den zu erwartenden Mustermann.

Was Eva von Abel gedacht hat, erfahren wir nicht. Mir scheint das Schweigen an dieser Stelle vielsagend, gerade durch den Gegensatz zu dem herzlich begrüßten Kain. Da steht einfach: „Danach gebar sie Abel, seinen Bruder.“ Punkt. Kein Dank, keine Freude, kein Jubel bei dieser zweiten Geburt.

Auch der Name schmeichelt dem Zweitgeborenen nicht. Das hebräische Wort „Abel“ bedeutet:

„Hauch“, „Lüftchen“, „Nichts“.

Das also sind die beiden Brüder von Geburt an und dem Namen nach. Sie könnten nicht gegensätzlicher sein: Kain – der Kerl, Abel – die Luftnummer. Bei Abel musste ich an den Geburtstagsbesuch denken bei einem älteren Herrn im Kreise seiner Kinder und seiner Enkelkinder.

Der Reihe nach stellte er mir seine Familie vor, zum Schluss deutete er auf den augenscheinlich etwas zurückgebliebenen vierjährigen Enkel, er flüsterte mir nach einem Seufzer des Bedauerns zu: „… und eigentlich war er gar nicht mehr vorgesehen.“ – Jetzt wissen Sie, was „Abel“ heißt. Jetzt wissen Sie, wem in manchen Familien dieser Name verpasst wird, sei es von einem unverständigen Großvater, sei es von einer gefühlskalten Nachbarin.

Und Kain? Er wird wahrscheinlich mit dem erhebenden Gefühl heranwachsen, konkurrenzlos der Starke zu sein. Er ist so in die Welt hineingeboren worden, dass es ein Oben und ein Unten gibt. Er ist oben. Auch wir sind so in die Welt hineingeboren mit einem Oben und Unten, hineingeboren in ein Nord-Südgefälle des Wohlstands auf der Erdkugel, hineingeboren und darin getrimmt durch ständiges Zensieren, Benoten und Bewerten, dass es die Siegerplätze und die Verliererposten gibt. Wie gut, mag Kain gedacht haben, ich bin oben. Wie gut, hat vielleicht der Eine oder die Andere von uns schon gedacht, ich lebe in Mitteleuropa und nicht im Libanon, nicht im Jemen, nicht in Syrien.

Gegensätzlicher könnten Brüder nicht sein. In den wenigsten Fällen werden Sie und ich einen so krassen Gegensatz empfinden zu unseren familiären Geschwistern, wie er zwischen Kain und Abel

(3)

besteht. Aber unter uns Menschheitsgeschwistern sind solche Gegensätze sehr wohl da. Es gibt sehr wohl die Namen, die Sprachen, die Herkunft, die Abstammung, die quasi „Programm“ sind. Wie programmiert scheint das Leben der Mittel- und Nordeuropäer auf Wohlstand, das der Menschen im Niger, im Jemen, in Syrien auf Not und Armut. Wie programmiert scheint das Leben der gut situierten Geschwister auf Bildung, Beruf, Besitz und Verdienst, und das Leben der Kinder von Geflüchteten und gesellschaftlichen Verlierern auf prekäre Arbeit und Überlebenskampf. Das ist Urgeschichte.

Kain wird groß, wird Ackerbauer und besitzt das Land. Abel wird Hirte, hat ein paar Tiere und darf mal hier und mal dort den Landbesitzer fragen, ob die Tiere weiden dürfen. Kain – der Besitzer, Abel – der Bittsteller. Die Geschwister könnten gegensätzlicher gar nicht sein, die Menschheit könnte gespaltener nicht sein.

(II) Doch noch eine zweite Urerfahrung spricht aus der Geschichte von Kain und Abel. Sie lautet: Gott könnte gar nicht gerechter sein. Auch wenn sonst niemand nach Abel fragt, einer fragt nach ihm. Die Geschichte geht weiter. Es gibt in unserer Geschichte einen, der sich Abels annimmt. In der Bibel heißt es: „Und der Herr sah auf Abel und seine Gaben, an Kain und seinem Opfer sah er vorbei.“ Gott ergreift also Partei. Gott interessiert sich für Abel, ihm wendet er sich zu. Gott würdigt Abel des anerkennenden Blickes, der ihm wohl von Mutter, Vater und Bruder versagt worden ist. Gott stellt sich auf die Seite des Gedemütigten.

In vielen Geschichten erzählt die Bibel so von Gott, so von Jesus. Die Urgeschichte stellt uns Gott ebenso vor Augen: Gott hat den Schwachen im Blick. Die Parteinahme Gottes für die Bedürftigen, für die geistlich Armen, für die Vergessenen – ist sie ungerecht? Ist es ungerecht, dass Gott das Opfer Abels würdigt und auf Kains Altardienst nicht antwortet?

Mir ist aufgefallen, dass Gott den Kain nicht aus den Augen verliert, auch wenn er dessen Opfer keines Blickes würdigt. Gott fängt sofort an, mit Kain zu reden, als die Lage bedrohlich wird: „Warum ergrimmst du, Kain, und senkst deinen Blick?“ Und zum ersten Mal in der Bibel fällt dann das Wort, das so bedeutungsschwer ist: „Die Sünde lauert vor deiner Tür und hat nach dir verlangen. Du aber herrsche über sie“! Mit anderen Worten: Kain, pass auf dich auf!

Aber Kain gibt keine Antwort. Gott kriegt keine Antwort, die Antwort „kriegt“ Abel. Kain redet nicht mit Gott. Er klagt nicht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Er ist mit Gott fertig.

Es ist für ihn unerträglich mitzuerleben, dass ausgerechnet sein Bruder, dieser Abel, bei Gott Geltung haben soll. Es ist für ihn ein schreiendes Unrecht, dass Gott nicht sein - Kains - Opfer in gleicher segensreicher Weise würdigt.

An dieser Stelle der Geschichte habe ich mich früher oft gestört. Warum ist Gott nicht gut auf Kains Opfer zu sprechen? Warum löst Gott die Wut Kains aus? Und damit den Mord? So habe ich gefragt.

(4)

Bis ich mir die Frage stellte: Gehe ich mit dieser Frage – ähnlich dem Kain – der Sünde auf den Leim?

Es ist ganz im Sinne Kains zu fragen: Warum antwortet Gott auf meine Gabe nicht so, wie ich es mir von ihm vorstelle? Es ist ganz im Sinne des sündigen Menschen, dass er sich zum Richter über Gott macht und dass er der Meinung ist, dass Gott ebenso wie der Dreschflegel auf der Tenne oder das Investmentpaket auf der Bank gefälligst zu funktionieren hat. So wie er als Mensch sich das gedacht hat.

In der Tat: Kain opfert auch, wie Abel ein Opfer bringt. Kain sagt nicht Nein zu Gott, er gehört nicht zu den Leuten, die sagen: Gott gibt’s nicht, ich glaub nicht. Kain sagt Ja, er opfert, er feiert Gottesdienst. Aber es ist ein verlogenes Ja. Er sagt Ja zur Gottesbeziehung und zum Glauben, aber er formt sich dabei Gott nach seinem Bilde. Gott soll der Erfüllungshilfe seiner Wünsche sein, Gott soll auch sein Opfer gnädig annehmen und segensreich und ertragssteigernd wirken. Wehe, wenn Gott nicht diesen Vorstellungen und Planungen des Kain entspricht. Dann wird Gott auf die Anklagebank gesetzt.

Verdient ein solcher Handel, wie ihn Kain sich bei seinem verlogenen Ja zu Gott dachte, den Name

„Beziehung“? Der Verlauf der biblischen Urgeschichte zeigt: Kain will Gott offensichtlich zu einem Teil seiner Pläne machen. Bin ich ihm darin nicht verwandt, wenn ich mich über Gottes mangelnde Anerkennung von Kains Opfer empöre? Als ob es einen Anspruch auf Segen und gelingendes Leben gäbe? Als ob Gott sich dienstbar und planbar machen ließe?

Gott könnte gar nicht gerechter sein! Denn er tritt zu beiden Brüdern in Beziehung. Gewiss, Gott ergreift Partei für den, der ihn braucht. Gott ist, wie der Arzt, für die Kranken da. Gottes Blick richtet sich auf die, die ihm von Herzen danken, die von Herzen seiner bedürfen, die von Herzen ihn um Hilfe bitten. Und dennoch: Gott tritt auch in Beziehung zu Kain. Er spricht ihn an, als dieser Gott braucht, auch wenn er es nicht merken will. Kain merkt nicht, dass die Sünde den Fuß längst in der Tür hat. Er will von Gott nichts wissen. Er sieht nicht, dass das Verhältnis zwischen ihm und Gott nicht stimmt.

Kain ist in sich gefangen und antwortet Gott nicht. Er wendet sich von Gott ab. In diesem Augenblick stößt die Sünde die Tür zu Mord- und Todschlag vollends auf:

Kain sagt zu Abel: „Lass uns aufs Feld gehen!“ Eine raffinierte Einladung – als ginge es darum, die nächste Weide in Betracht zu ziehen oder dem Abel einen Blick in die Welt des Ackerbauern Kain zu gewähren. Und das Entsetzliche geschieht. Kain ermordet seinen Bruder Abel. Den eigenen Bruder.

Wie oft wiederholt sich die Geschichte als Mord, als Krieg, als Verbrechen unter Brüdern und Schwestern in der Menschheitsgeschichte, in der Völkergeschichte, in der Weltgeschichte, in der Kirchengeschichte! Kain und Abel – das ist Urgeschichte.

Kains Mord ist kein Krimi, das ist keine Reportage über ein Ereignis, das sich vor ein paar tausend Jahren so abgespielt hat. Sondern hier spielt sich Urgeschichte ab. Die Bibel erzählt von Kain und

(5)

Abel auch an dieser Stelle so, dass dies alles Gegenwart ist und nicht Vergangenheit. Das lässt erschrecken: Der Mensch, der Gottes Anrede ausschlägt, wird immer wieder zum Unmenschen. Der Mensch ist – zumindest auch – als Mörder zu Hause in der Lebens- und Menschheitsgeschichte.

Abel ist tot. Sein Blut schreit zum Himmel. Gott erhört den Schrei. So spricht Gott zum zweiten Mal mit Kain. Gott gibt Kain nicht verloren. Er könnte nicht gerechter sein. Er fragt ihn: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Gott baut dem Kain eine Brücke, er bietet ihm den Weg zur Wahrheit an. Kain könnte jetzt seine Schuld zugeben, er könnte das Beziehungsangebot Gottes annehmen. Aber das ist das Erschütternde: Der bevorzugte „Mann“ antwortet mit einem frechen Witz. Ich weiß nicht, sagt er, „soll ich denn der Hüter meines Hüters sein?“ Das also ist Kain: Er lässt die Frage Gottes und nach der Verantwortung für seinen Bruder hinter sich. Er wirft es wie Müll hinter sich und dreht sich nicht mehr um. Die Frage nach der Schuld und dem Mord – Kain fegt sie mit Schlagfertigkeit beiseite. Es ist, als ob Kain der Frage Gottes nach dem Mord an Abel ein forsch freches „Alles Fake“ entgegenrotzt.

Kain ist mit Gott fertig, Gott aber nicht mit ihm. Mag die Leiche Abels auch verscharrt sein, die blutgetränkte Erde spricht eine Sprache, die Gott hört. Und das hat Folgen. Die Erde, auf der Kain steht, spricht gegen ihn. Deshalb bekommt Kain zu hören: Hier kannst Du nicht bleiben. Auf diesem Land, über das du den Tod gebracht hast, ist kein Leben für Dich. „Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.“

Im Grund ist das weniger ein strafender Richterspruch, sondern schlicht die Konsequenz aus Kains Handeln, die hier ausgesprochen wird. Gott könnte gar nicht gerechter sein. Er geht Kain nach, er hat ihn im Auge, er sucht das Gespräch mit ihm, er warnt ihn, er gibt ihm Raum zur Reue. Mir scheint das die zweite Urerfahrung der Brüdergeschichte von Kain und Abel zu sein; dass Gott uns Schwestern und Brüder der Menschheit im Blick hat, dass Gott uns immer wieder neu in den Sinn kommt, dass es immer den Faden des Gesprächs zwischen ihm und mir gibt. Gott reißt den Gesprächsfaden zu mir nicht ab, sondern er kommt mir immer wieder zu Bewusstsein. Er schickt mir wie Kain den warnenden Gedanken, wenn die Sünde den Fuß in der Tür meines Lebens hat. Er schafft mir Raum zur Reue wie Kain, wenn Unrecht von mir ausgegangen ist. Er schenkt mir den Moment der Umkehr, des neuen Anfangs. Ist das nicht fair? Ist das nicht gerecht?

(III) Nachdem das Alles Kain nicht berührt und nicht zu einer Sinnesänderung bewegt, macht uns die Urgeschichte zu Zeugen einer dritten Urerfahrung. Sie lautet: Gott könnte gar nicht gnädiger sein.

Die Erzählung von Kain und Abel endet nicht mit einer Verurteilung oder Verstoßung des Täters.

Sondern Gott hilft dem Kain zurecht in den Umständen, in die er sich hineinmanövriert hat.

Ausgerechnet diesem Kain – dem Mörder Abels und dem Bemitleider seiner selbst – hilft Gott. Noch jetzt verliert Kain ja keinen Gedanken an Abel, sondern denkt an sich. Noch jetzt zeigt Kain nicht

(6)

einen Funken Reue wegen des Mordes, sondern ergeht sich im Mitleid mit sich selbst wegen der Strafe.

Noch jetzt ist Kain in sich gefangen. Dass Gott mit ihm im Gespräch bleibt, dass Gott ihn hält und ihn schützt – gnädiger könnte Gott gar nicht sein. Er legt das Kainsmal in sein Gesicht – etwas, was in diesem Gesicht die ganze Geschichte Gottes mit der Menschen Geschwister widerspiegelt. Gott gibt Kain ins Antlitz, dass auch er Gottes schützenswertes Geschöpf bleibt. Das sog. „Kainsmal“ ist kein Schandmal, sondern ein Schutzzeichen. Bei allem, was Kain als Geschichte mit sich trägt, zeigt sich in ihm auch die Urerfahrung, dass Gott uns nicht den Folgen der Sünde und unserer unsäglichen Fehlleistungen und Verbohrtheit überlässt. Nachwievor signalisiert Gott sich durch das Gesicht des Kain als Schöpfer und Bewahrer des Menschen.

Das ist Urgeschichte. So ist Gott – Kain, der „Mann“ und Mörder kann leben! Brüder und Schwestern, Sie und ich können leben! Leibliche Geschwister können leben, Menschheitsgeschwister können und sollen leben.

Leise spreche ich, liebe Gemeinde: Lieber Gott – danke für Deine Güte! Dass Du den Kain nicht fallen lsst. Und auch mich nicht fallen lässt. – Aber, lieber Gott, was ist mit Abel? Er ist ja nicht wieder lebendig geworden! Und was ist mit den Kindern und den Frauen und Männern, die in Kabul nicht mehr ins letzte Flugzeug gelangen, das dort morgen abhebt? Es ändert ja nichts am Oben und Unten auf dieser Welt. Mord- und Totschlag bleiben, die Menschen sind mal die Täter, mal sind sie die Opfer.

Urgeschichte eben. Es sei denn … Es sei denn, es gäbe eine neue Geschichte! Eine frohe Botschaft!

Gute Nachricht! Ein neues Lied …

Such, wer da will, ein ander Ziel, / die Seligkeit zu finden; / mein Herz allein bedacht soll sein, / auf Christus sich zu gründen. /

Sein Wort sind wahr, sein Werk sind klar, / sein heilger Mund hat Kraft und Grund, / all Feind zu überwinden.

Such, wer da will, Nothelfer viel, / die uns doch nichts erworben; / hier ist der Mann, der helfen kann, / bei dem nie was verdorben. / Uns wird das Heild durch ihn zuteil, / uns macht gerecht der treue Knecht, /

der für uns ist gestorben.

Ach sucht doch den, lasst alles stehn, / die ihr das Heil begehret; / er ist der Herr, und keiner mehr, / der euch das Heil gewähret. /

Sucht ihn all Stund von Herzensgrund, / sucht ihn allein; denn wohl wird sein / dem, der ihn herzlich ehret.

(EG 346,1-3)

Pfarrer Matthias Hennig / 29.08.21

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

dran ist", wirken mütterlich, behä- big zwar, doch auch schön in ihrer Ruhe. Lieselotte Strauss wurde am 7. Mai 1913 als Tochter eines Brom- berger Bankdirektors in

Zwei Jahre später werden die "Academy Awards" ins Leben gerufen, um diesem Auftrag auch eine öffentlichkeitswirksame Plattform zu geben.. Bei der ersten Preisverleihung

Gerhardt: Geschichte an Stationen Spezial: Imperialismus und Erster Weltkrieg r Verlag Aufarbeitung u FolgenFrieden oder Straffrieden?.

Zielangabe: Die Schüler sind neu sensibilisiert für die Schönheit und die Gaben der Schöpfung. Die Themen „Staunen“ und „Ein Beobachtungsrundgang: Gottes Schöpfung unter

Ich wusste- Jetzt ich mich, dass Gott will, dass ich Pastor werde?» Ich muss ich mich entscheiden!» In diesem Augenblick redete mit Jacqueline, meinen Schwiegereltern und fragte

Die Legenden von den Heiligen Drei Königen Als im Jahr 1158 die Gebeine der Heiligen Drei Könige in einer kleinen Kirche bei Mailand gefunden wurden, war der Weg geebnet für

Wir kommen nicht ohne sie aus, auch wenn sie nicht immer geliebt, häufig unterschätzt, und in der Praxis oft mit „das bringt nichts“ abgetan werden.. Immerhin wird die Modellierung

Diese Form bezeichnet die teilweise oder gänzliche Entfernung der weiblichen Klitoris im Zusammenhang mit einer teilweisen oder gänzlichen Entfernung