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2. Kapitel Steuerliche Grundlagen der Vermögensnachfolge

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2. Kapitel

Steuerliche Grundlagen der Vermgensnachfolge

§ 1 Schenkungsteuer

I. Allgemeine Grundzge

1. Schenkungsteuerpflichtige Vorgnge

38 Schenkungsteuerpflichtig sind u.a. Schenkungen unter Lebenden. Hier- unter fallen insbesondere freigebige Zuwendungen unter Lebenden, so- weit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 ErbStG, R 14 ErbStR). Whrend brgerlich-rechtlich eine Schenkung (§§ 516 ff. GBG) subjektiv eine Einigung der Parteien ber die Unentgeltlichkeit erfordert, gengt schenkungsteuerlich allein schon derBereicherungswilledes Zuwendenden, wozu bereits das Bewusstsein ausreicht, ohne dass es auf eine entsprechende Absicht ankommt. Die Bezeichnung der Zuwendung und die Form des Rechtsgeschftes spielen schenkungsteuerlich keine Rolle. Der Schenkungsgegenstand bestimmt sich nicht nach dem Versprechen der Zuwendung (Schenkungsabrede), sondern nach der Zuwendung selbst1. Auch ein Kaufvertrag kann Ele- mente einer Schenkung enthalten2.

39 Ob der Bedachte bereichert ist, richtet sich nach brgerlich-rechtlichen Grundstzen. Voraussetzung ist eine Vermgensverschiebung in der Wei- se, dass der Zuwendende einen Vermgensbestandteil tatschlich und rechtlich verußert und dadurch der Bedachte eine nicht nur vorber- gehende Vermgensmehrung erlangt3. Entsprechend liegt eine Bereiche- rung nicht vor, wenn jemand die Zuwendung lediglich als Mittelsperson mit der Verpflichtung zur vollen Weitergabe an einen Dritten erhlt4. Ob eine Bereicherung vorliegt, ist anhand dergemeinen Werte(Verkehrswer- te) der Zuwendungsgegenstnde und der ggf. vom Bedachten zu erfllen- denGegenleistung und Auflagenzu beurteilen. Ein Erwerb ist unentgelt- lich, soweit er nicht rechtlich abhngig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung, die sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrags als auch durch Setzen einer Auflage oder Bedingung begrndet

1 BFH v. 9.11.1994 – II R 87/92, BStBl. II 195, 83.

2 BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705.

3 BHF v. 30.3.1994 – II R 7/92, BStBl. II 1994, 580.

4 BFH v. 13.10.1993 – II R 92/91, BStBl. II 1994, 128.

aus: Langenfeld/Günther, Grundstückszuwendungen zur lebzeitigen Vermögensnachfolge 5. Auflage 2005, 379 Seiten Lexikonformat, gbd., ISBN 3-504-40043-9

Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln / Internet: www.otto-schmidt.de

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sein kann. Eine Bereicherung tritt daher nicht ein, soweit der Empfnger das Erhaltene rechtlich beanspruchen konnte.

40 Unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen sind nach der neueren Recht- sprechung des BFH nicht deswegen von der Schenkungsteuer ausgenom- men, weil sie – wegen ihres spezifisch ehebezogenen Charakters – nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung keine Schenkungen i.S. der

§§ 516 ff. BGB sind. Vielmehr ist die Steuerpflicht nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu beurteilen. Die fr eine Steuerpflicht erforderliche objektive Unentgeltlichkeit der Leistung kann nicht allein deswegen verneint werden, weil der unbenannten Zu- wendung besondere ehebezogene Motive zugrunde liegen, z.B. in der Form, dass die Zuwendung dem Ausgleich fr geleistete Mitarbeit des bedachten Ehegatten oder dessen angemessener Beteiligung an den Frchten des ehelichen Zusammenwirkens dienen soll1. Auf die Art des zugewendeten Vermgens und die Angemessenheit der Zuwendung kommt es nicht an (R 15 ErbStR).

Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung an mit der Maß- gabe, dass unbenannte Zuwendungen im Zusammenhang mit dem Er- werb eines Familienwohnheims nicht steuerbar sind, wenn die Zuwen- dung vor dem 31.5.1994 ausgefhrt worden ist2. Der Gesetzgeber hat Zuwendungen zwischen Ehegatten im Zusammenhang mit einem Fami- lienwohnheim steuerfrei gestellt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG) und damit im Prinzip insoweit die alte Rechtslage wiederhergestellt. Die Steuerbe- freiung gilt erstmals fr Erwerbe, fr die die Steuer nach dem 30.5.1994 entstanden ist oder entsteht, und ist rckwirkend anzuwenden.

2. Umfang der Steuerpflicht

41 Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Schenkungsteuer mit dem Zeitpunkt der Ausfhrung(§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Grundbesitz ist mit dem Grundbesitzwert anzusetzen, der auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer festgestellt wird (§ 12 Abs. 3 ErbStG; s. Rn. 49–51).

Die Steuerpflicht des Schenkungsvorgangs setzt voraus, dass entweder die Schenker oder der Bedachte im Zeitpunkt der ZuwendungInlnder ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Steuerschuldner ist sowohl der Erwerber als auch der Schenker (§ 20 Abs. 1 ErbStG). bernimmt dagegen der Schen- ker die Steuer, so wird sie der Schenkung zugerechnet (§ 10 Abs. 2 ErbStG).

2. Kapitel: Steuerliche Grundlagen der Vermgensnachfolge

1 BFH v. 2.3.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, 366.

2 Gleich lautende Lndererlasse v. 26.4.1994, BStBl. I 1994, 297.

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Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Er- werbe sind bei der Besteuerung des jeweils letzten Erwerbs imZehnjah- reszeitraum mit diesem letzten Erwerb zusammenzurechnen (§ 14 ErbStG, R 70 ErbStR). Fr die frheren Erwerbe bleibt deren frherer steuerlicher Wert maßgebend (z.B. bei Erwerb von Grundbesitz vor dem 1.1.1996 der maßgebende Einheitswert). Vorerwerbe mit negativem Steu- erwert sind von der Zusammenrechnung ausgenommen.

Die Steuer fr den Gesamtbetrag ist auf der Grundlage der geltendenTa- rifvorschriften im Zeitpunkt des Letzterwerbszu berechnen. DieSteuer- klasse, die persnlichen Freibetrge und der Steuertarif richten sich nach dem geltenden Recht.

Von der Steuer fr den Gesamtbetrag wird die (fiktive) Steuer abgezogen, welche fr die frheren Erwerbe nach den persnlichen Verhltnissen und auf der Grundlage der Tarifvorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wre. Damit werden steuerliche Vorteile verhindert, die durch nach und nach erfolgende Zuwendungen erreicht wrden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG).

Statt der fiktiven Steuer ist die seinerzeit fr die Vorerwerbe tatschlich zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn sie hher ist (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG).

3. Steuerbefreiungen

42 Das ErbStG enthlt in § 13 eine Vielzahl von Steuerbefreiungen, u.a. fr Grundbesitz, dessen Erhaltung im ffentliche Interesse liegt (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), sowie bei Erwerb von Grundstcken fr Zwecke der Volkswohlfahrt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). In beiden Fllen kann jedoch auf die Steuerbefreiung verzichtet werden (§ 13 Abs. 3 ErbStG). Dies ist vor dem Hintergrund der Regelung in § 10 Abs. 6 ErbStG zu sehen, wo- nach Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammen- hang mit Vermgensgegenstnden stehen, die nicht der Besteuerung un- terliegen, bei der Wertermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht abzugsfhig sind.

4. Freibetrge

43 Nach § 16 ErbStG werden folgende Freibetrge gewhrt:

– dem Ehegatten 307.000 Euro

– den Kindern und Stiefkindern sowie den Kindern verstorbener Kinder oder Stiefkinder 205.000 Euro

– den brigen Personen der Steuerklasse I 51.200 Euro Schenkungsteuer

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– den Personen der Steuerklasse II 10.300 Euro – den Personen der Steuerklasse III 5.200 Euro

Neben den vorgenannten Freibetrgen knnen Ehegatten und Kinder bei Erbvorgngen einen zustzlichen Versorgungsfreibetrag erhalten, der max. 256.000 Euro (Ehegatten) bzw. 52.000 Euro (Kinder) betrgt (§ 17 ErbStG).

5. Betriebsvermgen, land- und forstwirtschaftliches Vermgen und Beteiligungen

44 Werden Betriebsvermgen, land- und forstwirtschaftliches Vermgen oder Anteile an Kapitalgesellschaften im Wege des Erbfalls erworben, so wird ein Freibetrag von 225.000 Euro (bei Erwerben vor dem 1.1.2004:

256.000 Euro) gewhrt. Dies gilt auch bei Erwerb im Wege der vorweg- genommenen Erbfolge, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruf- lich erklrt, dass der Freibetrag fr diese Schenkung in Anspruch genom- men wird. In diesem Fall kann fr weiteres, innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb von derselben Person anfallendes Betriebsvermgen ein Freibetrag weder vom Bedachten noch von anderen Erwerben in An- spruch genommen werden. Werden zum selben Zeitpunkt mehrere Er- werber bedacht, hat der Schenker den fr jeden Bedachten maßgebenden Teilbetrag von 225.000 Euro/256.000 Euro zu bestimmen. Die Gewh- rung des Freibetrags ist allerdings an die gesetzliche Auflage geknpft, dass das Betriebsvermgen oder seine wesentlichen Grundlagen fnf Jah- re im Eigentum des Erwerbers bleiben mssen (§ 13a ErbStG, R 51–69 ErbStR; fr Erwerbe, fr die Steuer vor dem 1.1.1996 entstanden ist, gilt die Vorgngerregelung in § 13 Abs. 2a ErbStG)1.

Bei Kapitalbeteiligungen muss die Beteiligung mehr als 25 % betragen (§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG; bis 31.12.1996: mindestens 25 %).

Die steuerliche Entlastung erfolgt durch Gewhrung eines (ggf. aufzutei- lenden) Freibetrags von 225.000 Euro (bei Erwerben vor dem 1.1.2004:

256.000 Euro) sowohl im Erbfall als auch bei Schenkung (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Zustzlich wird das den Freibetrag bersteigende Vermgen nur mit 65 % (bei Erwerben vor dem 1.1.2004: 60 %) angesetzt (§ 13a Abs. 2 ErbStG).

Die vorstehend genannten Vergnstigungen entfallen rckwirkend, so- weit der Erwerber innerhalb von fnf Jahren nach dem Erwerb den Be- trieb oder Teilbetrieb oder Gesellschaftsanteil verußert oder aufgibt.

Entsprechendes gilt, wenn der Erwerber bis zum Ende des letzten in die Fnfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs Entnahmen ttigt, die die

2. Kapitel: Steuerliche Grundlagen der Vermgensnachfolge

1 Gleich lautende Lndererlasse v. 17.6.1997, BStBl. I 1997, 673.

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Summen seiner Einlagen und der ihm zustehenden Gewinne oder Ge- winnanteile seit dem Erwerb um mehr als 52.000 Euro bersteigen (§ 13a Abs. 5 Erb StG, R 62–67 ErbStR).

45 Erwerber von land- und forstwirtschaftlichem Vermgen und Beteiligun- gen haben die Mglichkeit, auf die vorstehend genannten Mglichkeiten zuverzichten(§ 13a Abs. 6 ErbStG, R 68 ErbStR).

Dies ist vor dem Hintergrund der Regelung des § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG zu sehen, wonach Schulden im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermgen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 ErbStG (land- und forst- wirtschaftliches Vermgen und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften) nur mit dem Betrag abzugsfhig sind, der dem Verhltnis des nach An- wendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Wert vor Anwendung des

§ 13a ErbStG entspricht.

Hinweis:

Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurden der Freibetrag fr Betriebsver- mgen von bisher 256.000 Euro auf 225.000 Euro reduziert, der Bewertungs- abschlag fr Betriebsvermgen von 40 % auf 35 % abgesenkt und die Tarifbelas- tung bei der bertragung von Betriebsvermgen (§ 19a ErbStG, siehe nachfolgend unter Rn. 48) auf 88 v.H. gekrzt. Trotz der anders lautenden Auffassung der Fi- nanzverwaltung1bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen das ordnungs- mßige Zustandekommen des Haushaltsbegleitgesetzes 20042, so dass in ein- schlgigen Fllen die Beschreitung des Rechtsweges erwogen werden sollte.

6. Steuerklassen

46 Das ErbStG unterscheidet zwischendrei Steuerklassen(§ 15 ErbStG):

– Zur Steuerklasse I gehren der Ehegatte, die Kinder und Stiefkinder, die Abkmmlinge der Kinder und Stiefkinder sowie die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen.

– ZurSteuerklasse IIgehren die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehren, die Geschwister, die Abkmmlinge ersten Grades von Geschwistern, die Stiefeltern, die Schwiegerkinder, die Schwiegereltern sowie der geschiedene Ehegatte.

– Zur Steuerklasse III gehren alle brigen Erwerber und die Zweck- zuwendungen.

Schenkungsteuer

1 BMF-Schreiben v. 12.3.2004 – IV 02-50338-13/04.

2 Leisner DStR 2004, 804.

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7. Steuerstze

47 Die in § 19 ErbStG geregelten Steuerstze sind nach Steuerklassen und nach der Hhe des steuerpflichtigen Erwerbs unterteilt.

Wert des steuerpflich- tigen Erwerbs bis

einschließlicht

Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III

52.000t 7 v.H. 12 v.H. 17 v.H.

256.000t 11 v.H. 17 v.H. 23 v.H.

512.000t 15 v.H. 22 v.H. 29 v.H.

5.113.000t 19 v.H. 27 v.H. 35 v.H.

12.783.000t 23 v.H. 32 v.H. 41 v.H.

25.565.000t 27 v.H. 37 v.H. 47 v.H.

25.565.000t 30 v.H. 40 v.H. 50 v.H.

Da in den Grenzbereichen der Tabellenstufen die Steuerbelastung sprunghaft ansteigt, hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 3 ErbStG die Be- rechnung eines Hrteausgleichs vorgesehen. Danach wird der Unter- schied zwischen der Steuer, die sich bei der normalen Berechnung ergibt, und der Steuer, die sich ergeben wrde, wenn der Erwerber die letztvor- hergehende Wertgrenze nicht berstiegen htte, nur teilweise erhoben.

Die sich ergebende Steuerdifferenz wird nur insoweit erhoben, als sie mit der Hlfte des Betrages beglichen werden kann, um den der Wert des Erwerbs die letztvorhergehende Wertgrenze bersteigt. Bei Steuerstzen von mehr als 30 v.H. muss die Steuerdifferenz aus drei Vierteln des ber- steigenden Erwerbs gedeckt werden knnen.

8. Tarifbegrenzung

48 Durch § 19a ErbStG ergibt sich eine weitere Vergnstigung fr Betriebs- vermgen, land- und forstwirtschaftliches Vermgen und Beteiligungen, wonach das nach § 13a ErbStG entlastete Vermgen nach dem Tarif der Steuerklasse I besteuert werden soll. Dies wird erreicht, indem der Er- werb zunchst nach Steuerklasse II oder III besteuert und von der tarifli- chen Steuer ein gesondert zu ermittelnder Entlastungsbetrag abgezogen wird1. Fr Erwerbe ab dem 1.1.2004 ermßigt sich der Entlastungsbetrag auf 88 % (§§ 19a Abs. 4 Satz 3, 37 Abs. 1 ErbStG).

2. Kapitel: Steuerliche Grundlagen der Vermgensnachfolge

1 Gleich lautende Lndererlasse v. 17.6.1997, BStBl. I 1997, 673 sowie R 76–81 ErbStR.

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§ 4 Das Zivilrecht der Pflegeverpflichtung

I. Fallgruppen

386 Die Verpflichtung des bernehmers einer Grundstckszuwendung zur huslichen Pflege des bergebers im Alters- und Krankheitsfall ist tradi- tioneller Bestandteil eines Leibgedings im Hofbergabevertrag. Im Be- reich der Landwirtschaft waren die bergeber bis zur Einfhrung der ge- setzlichen Krankenversicherung auf die Versorgung durch den Hofnachfolger und seine Familie angewiesen. Im notariellen Hofber- gabevertrag wurden die Verpflichtungen zur Pflege und Bekstigung des- halb besonders eingehend und sorgfltig ausgestaltet1. Gewisse altert- melnde Formulierungen, die regional noch heute beurkundet werden, erklren sich aus dieser Entstehungsgeschichte. Die Vertragsgestaltung sollte sich den Abbau und die Versachlichung dieser Formulierungen zum Ziel setzen, soweit sie nicht mehr dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen. Wo sie, wie augenscheinlich etwa im landwirtschaftlichen Bereich Bayerns die Bezeichnung „Wart und Pflege“2, noch allgemein verstanden und mit bestimmten Inhalten verbunden werden, knnen sie beibehalten werden. Im brigen bieten sich als zeitgemßeTerminologie die Bestimmungen des Pflegeversicherungsgesetzes3an.

387 Diese Modernisierung im Ausdruck bei Przisierung der Inhalte ist vor allem in den Fllen erforderlich, wo außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs Pflegeverpflichtungen vereinbart werden. Es sind dies die Flle ehemals landwirtschaftlich strukturierter Gebiete, wo sich die bernah- me der Pflege fr die Eltern noch i.S. eines „Schrumpfungsmodells“ der Hofbergabe erhalten hat, und die immer seltener werdenden Flle der Pflegeverpflichtung im stdtischen Bereich.

388 In allen Fllen ist die Pflegeverpflichtung mit einem Wohnungsrecht i.S. von § 1093 BGB, mindestens mit einem durch Dienstbarkeit abge- sicherten Mitbenutzungsrecht verbunden. Die Verbindung eines Nieß- brauchs mit einer Pflegeverpflichtung ist untypisch. Die Absicherung der Pflegeverpflichtung durch Reallast ist blich und empfehlenswert4.

4. Kapitel: Weitere Vertragstypen der vorweggenommenen Erbfolge

1 Vgl. noch jetzt Kersten/Bhling/Faßbender S. 532 ff.; Schner/Stber Rn. 916.

2 Bauernverband DNotI-Report 1995, 8; Amann DNotI-Report 1995, 62; Waldner/

Ott MittBayNot 1996, 177.

3 Z.B. §§ 36 ff. PflegeVG.

4 Allgemeine Praxis, a.A. Waldner/Ott MittBayNot 1996, 177 mit dem nicht stichhaltigen Hinweis auf die Beleihungsprfung durch Banken; in der Praxis verlangen die Banken den Vorrang vor allen Rechten, die Inhalt eines Leibge- dings sein knnen.

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Die Urkunde hat klarzustellen, ob ein Altenteilsvertrag i.S. von Art. 96 EGBGB vorliegt und damit ergnzend die landesrechtlichen Vorschriften der Ausfhrungsgesetze zum BGB Anwendung finden1, z.B. eine Ersatz- rente verlangt werden kann2.

389 Auch wo im lndlichen Bereich die Pflege vielleicht noch ohne vertragli- che Festlegung tatschlich erbracht wird3, empfiehlt es sich dringend, zur Minderung des unentgeltlichen Bereichs des Sozialhilferegresses nach §§ 528 BGB, 91 BSHG oder der Pflichtteilsergnzung nach § 2325 BGB die Pflegeverpflichtung in dienotarielle Urkundeaufzunehmen4.

II. Der Inhalt der Pflegeverpflichtung

390 AlsLeistungsinhaltekommen in Betracht5

– im Bereich derKrperpflegedas Waschen, Duschen, Baden, die Zahn- pflege, das Kmmen, rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, – im Bereich derErnhrungdas mundgerechte Zubereiten und die Hilfe

bei der Nahrungsaufnahme,

– im Bereich der Mobilitt Hilfe beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,

– im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Ko- chen, Reinigen der Wohnung, Splen, Wechseln und Waschen der W- sche und Kleidung.

Bei der Beurkundung der Pflegeverpflichtung kann man sich dieser oder hnlicher auf den Einzelfall zugeschnittener Formulierungen bedienen oder mehr allgemein formulieren6. Jeweils ist zu bestimmen, ob die Leis- tungennur im Krankheitsfall oder auch in gesunden Tagenzu erbringen sind. blich ist die Beschrnkung auf diehusliche Pflege. Sie verhindert die Inanspruchnahme aus der vertraglichen Pflegeverpflichtung durch die Sozialbehrde, wenn der bergeber in einem Pflegeheim unterge- bracht ist7.

Das Zivilrecht der Pflegeverpflichtung

1 Vgl. Rn. 548.

2 Vgl. etwa § 14 Ba-W AGBGB.

3 J. Mayer, bergabevertrag Rn. 81.

4 Vgl. BGH ZEV 1995, 265 = DNotZ 1996, 640.

5 Vgl. § 14 Abs.4 PflegeVG.

6 So Amann DNotI-Report 1995, 64.

7 Vgl. Rn. 406.

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34 Formulierungsbeispiel

391 Der bernehmer hat dem bergeber auf dessen Lebensdauer bei Gebrech- lichkeit oder Krankheit in den Rumen des bergabeobjekts Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung zu gewhren. Die husliche Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung umfasst alle Verrichtungen des tglichen Lebens, zu denen der Berechtigte selbst nicht mehr in der Lage ist, ins- besondere bei der Krperpflege, Ernhrung, Mobilitt und Reinigung und Pflege von Wohnung, Kleidung und Wsche.

III. Zumutbarkeit als Grenze der Pflegeverpflichtung, Schiedsgutachterklausel

1. Erlschen bei Unvermgen

392 Die vertraglich begrndete Pflegeverpflichtung erlischt nach § 275 BGB, wenn der bergeber infolge schwerer Gebrechlichkeit nur nochin einem Heim von professionellen Krften gepflegt werden kann1. Die beurkun- dete Pflegeverpflichtung sollte den Leistungsumfang begrenzen, wobei auch bei Sicherung durch Reallast auf dieZumutbarkeitabgestellt wer- den kann2.

2. Begrenzung des Umfangs der Pflegeverpflichtung

393 Der Umfang der vertraglichen Pflegeverpflichtung ist zu begrenzen. Die kann geschehen3

– durchzeitliche Begrenzungdes Pflegeaufwandes,

– durch Bezugnahme auf die Pflegestufen des Pflegeversicherungsgeset- zes,

– durch einen Zumutbarkeitsvorbehalt.

a) Zeitliche Begrenzung des Pflegeaufwandes

394 Als primres Begrenzungsinstrument ist die zeitliche Begrenzung un- tauglich. Sie ist zu pauschalierend, nicht am erforderlichen Pflegeauf- wand orientiert und zu sehr vom individuellen Arbeitstempo abhngig4.

4. Kapitel: Weitere Vertragstypen der vorweggenommenen Erbfolge

1 OLG Hamm MittRhNotK 1997, 80 = DNotI-Report 1996, 146.

2 BGH DNotZ 1996, 93; vgl. Rn. 411.

3 J. Mayer, bergabevertrag Rn. 94.

4 J. Mayer, bergabevertrag Rn. 94.

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b) Bezugnahme auf die Pflegestufen des SGB XI

395 Das PflegeVG – SGB XI – normiert in § 15 drei Pflegestufen, wobei die Pflegestufe I einen Zeitaufwand fr nicht als Pflegekraft ausgebildete Personen von mindestens 90 Minuten tglich hinsichtlich erheblich Pflegebedrftiger, die Pflegestufe IIeinen Zeitaufwand von mindestens drei Stunden tglich fr Schwerpflegebedrftige und die Pflegestufe III einen Zeitaufwand von mindestens 5 Stunden tglich fr Schwerstpfle- gebedrftige vorsieht. Bei der Verweisung ist angesichts der wahrschein- lichen Gesetzesnderungen – § 14 SGB XI i.d.F. v. 26.5.94 wurde schon am 14.6.1996 durch Gesetz1wesentlich gendert – nur die statische Ver- weisung seris2. Zur Vermeidung spterer Schwierigkeiten sollte man die maßgebliche Fassung zur frmlichen Urkundenanlage machen.

Formulierungsbeispiel 35

396 Die Pflegeverpflichtung ist umfangmßig begrenzt durch die Verrichtungen, die fr die Einordnung in die Pflegestufe I des Pflegeversicherungsgesetzes nach der heute geltenden Fassung des § 15 SGB XI maßgeblich sind. Hier- zu wird auf die verlesene Anlage dieser Urkunde mit dem Wortlaut der Vor- schrift verwiesen.

c) Zumutbarkeit

397 Der Zumutbarkeitsvorbehalt3wird von J. Mayer4zu Unrecht als abschre- ckendes Beispiel einer zu wenig konkreten Vertragsgestaltung bezeich- net. Die Klausel lautete im Fall des BGH:

„Die Pflegeverpflichtung …… besteht insoweit, als die Pflege den bernehmern unter Bercksichtigung ihrer beruflichen und familiren Verhltnisse, insbeson- dere unter Bercksichtigung der Betreuung von Kindern der bernehmer und nach deren krperlichen Fhigkeiten und ihrem Vermgen zur Pflege nach ihrer Ausbildung und ihren Kenntnissen zumutbar ist.“

Sie ist in Verbindung mit einer Schiedsgutachterklausel und gegebenen- falls auf die besonderen Verhltnisse des Einzelfalls konkretisiert durch- aus brauchbar und auch dem bergeber zumutbar.

Das Zivilrecht der Pflegeverpflichtung

1 BGB I 1996 S. 830.

2 J. Mayer ZEV 1995, 269/273; zustimmend Weyland MittRhNotK 1997, 55/72.

3 Vgl. BGH DNotZ 1996, 93.

4 bergabevertrag Rn. 93.

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3. Schiedsgutachterklausel

398 Streit ber Umfang und Zumutbarkeithuslicher Pflege und Versorgung kann zwischen bergeber und bernehmer, aber auch zwischen dem ber- nehmer und den weichenden Geschwistern entstehen, wenn diese mit der Einweisung des bergebers in ein Pflegeheim nicht einverstanden sind und Regresse der Sozialbehrde befrchten. Hier empfiehlt sich die Einschal- tung eines Schiedsgutachters, etwa des Hausarztes des bergebers.

36 Formulierungsbeispiel

399 ber den Umfang und die Zumutbarkeit der Verpflichtungen des berneh- mers entscheidet im Streitfall der Hausarzt des bergebers als Schiedsgut- achter.

IV. Verhltnis zu den Leistungen nach PflegeVG

400 Ursprngliche Befrchtungen, die Gewhrung von Leistungen nach dem PflegeVG knne durch Pflegevereinbarungen eingeschrnkt werden, sind unbegrndet1. Es handelt sich umsozialversicherungsrechtliche Anspr- che, diebeitragserkauftsind2. Die Leistungen der Pflegeversicherung ste- hen dem Pflegebedrftigen als Versichertem zu. Nach § 28 Abs.1 Nr.1 bis 3 SGB XI gewhrt die Pflegeversicherung ihm insbesondere Pflege- sachleistung, Pflegegeld fr selbst beschaffte Pflegehilfen oder die Kom- bination von beiden, wobei es dem Pflegebedrftigen grundstzlich frei- steht, was er beantragt. Primr erhalten Pflegebedrftige, die in ihrem Haushalt oder einem anderen Haushalt, in den sie aufgenommen sind, gepflegt werden, nach § 36 SGB XI Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung durch Pflegekrfte, die entweder von der Pflegekasse oder einer von dieser herangezogenen Pflegeeinrichtung An- gestellte sind oder mit denen die Pflegekasse als Einzelperson einen An- stellungsvertrag geschlossen hat. Der Anspruch auf husliche Pflegehilfe im Umfang von § 14 SGB XI ist auf einenEuro-Gesamtwert monatlich begrenzt, z.B. Pflegestufe I auf 750,- Euro.

401 Der Pflegebedrftige kann nach § 37 SGB XI anstelle dieser Sachleistung einPflegegeldbeantragen, wenn er mit diesem dessen Umfang entspre-

4. Kapitel: Weitere Vertragstypen der vorweggenommenen Erbfolge

1 J. Mayer ZEV 1995, 269/270; Amann DNotI-Report 1995, 62/63; Rasttter ZEV 1996, 286; Weyland MittRhNotK 1997, 58.

2 J. Mayer, bergabevertrag Rn. 83.

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chend die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine selbst beschaffte Pflegeperson selbst sicherstellt. Das Pflegegeld betrgt z.B. in der Pflegestufe I monatlich 400,- Euro. Nach § 38 SGB XI ist die Kombination von Sachleistung und Geldleistung mglich.

402 Der gegen vertragliche Pflegeverpflichtung bergebende legt auf dieper- snliche Pflegeleistung durch den ihm regelmßig verwandtschaftlich verbundenen bernehmer ohne wertmßige Begrenzung des Umfangs der Pflegeleistungen Wert. Er wird deshalb regelmßig das Pflegegeld nach § 37 SGB XI beantragen. Die Weitergabe dieses Pflegegeldes an den vertraglich Pflegeverpflichteten ist dann fr beide Teile im Regelfall inte- ressengerecht1. Zu regeln ist dies ber ein Ruhen der Pflegeverpflichtun- gen, soweit die Pflegekasse Leistungen gewhrt, die nicht an den ber- nehmer weitergeleitet werden2.

Formulierungsbeispiel 37

403 Die Pflegeverpflichtungen ruhen so lange und insoweit, wie der bergeber Leistungen nach dem SGB XI beanspruchen kann. Beantragt der berge- ber ausschließlich Pflegegeld und gibt dieses dem bernehmer weiter, so hat der bernehmer die vollen vertraglichen Leistungen zu erbringen.

404 Stehen im Einzelfall die Interessen des bergebers im Vordergrund und ist der bernehmer mit dieser Regelung einverstanden, so kann dem bergeber das Pflegegeld belassen werden3.

Formulierungsbeispiel 38

405 Ein etwaiges Pflegegeld verbleibt dem bergeber. Diesem steht frei, statt Sachleistungen ein Pflegegeld nach SGB XI zu beantragen.

Das Zivilrecht der Pflegeverpflichtung

1 So Amann DNotI-Report 1995, 64; Beck’sches Notarhandbuch/Jerschke A V Rn. 205.

2 So Amann DNotI-Report 1995, 64; Beck’sches Notarhandbuch/Jerschke A V Rn. 205.

3 So der Vorschlag von J. Mayer ZEV 1995, 269; ZEV 1997, 176 und bergabever- trag Rn. 118.

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verpflichtung des Erblassers und einem durch die vertragswidrige Ver- fgung bedingten, durch Eigentumsvormerkung gesicherten Erwerbs- recht des Vertragserben, der sich zu Versorgungsleistungen verpflichtet1.

§ 4 Gestufte bergabe an Kinder und Schwiegerkinder („Kettenschenkung“)

I. Fallgruppe, Vertragstypen

715 Gestufte Grundstckszuwendungen in der Weise, dass zunchst die El- tern dem Kind das Grundstck zuwenden, und dieses dann seinem Ehe- gatten einen hlftigen Miteigentumsanteil weitergibt, sind hufig. Sie haben sich in der Kautelarpraxis vorwiegend aus schenkungsteuerlichen Grnden als sog. „Kettenschenkung“ entwickelt. Die direkte Zuwen- dung eines hlftigen Miteigentumsanteils seitens der Eltern an das Schwiegerkind empfiehlt sich schenkungsteuerlich nicht, da dessen Frei- betrag nur 5.200 Euro betrgt2. Die gestufte Zuwendung ermglicht dage- gen die Ausnutzung der Eltern-Kind- und Ehegattenfreibetrge3. Die

„Kettenschenkung“ ist als steuerlich legitime Gestaltungsform aner- kannt4. Die Berechtigung ihrer steuerlichen Anerkennung wird unter- mauert durch die notwendige zivilrechtliche Unterscheidung der beiden Zuwendungsgeschfte. Die Zuwendung von den Eltern an das Kind ist vom Vertragstyp hervorweggenommene Erbfolge oder Ausstattungoder selten Schenkung, die Zuwendung zwischen den Ehegatten ehebedingte unbenannte Zuwendung. Die Unterscheidung ist insbesondere fr die Rckforderungsproblematik wichtig.

II. Vereinbarte Rckforderungsrechte

716 Bei der gestuften Zuwendung ist nicht nur das Rckforderungsinteresse des zuwendenden Ehegatten im Fall derScheidungder Ehe, sondern auch das Rckforderungsinteresse der Eltern des zuwendenden Ehegatten zu bercksichtigen. Diese wollen regelmßig nicht, dass das zugewendete Grundstck auch im Scheidungsfall dinglich im Miteigentum des

Gestufte bergabe an Kinder und Schwiegerkinder („Kettenschenkung“)

1 Vgl. Langenfeld, Testamentsgestaltung, 3. Aufl. 2002, Rn. 458.

2 §§ 16 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 1 ErbStG.

3 § 16 Abs. 1, 2 ErbStG.

4 BFH BStBl. III 1962, 206; Moench StbJb 1982/83 S. 106; Meincke/Michel ErbStG

§ 7 Rn. 34.

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Schwiegerkindes verbleibt. Weiterhin wollen sie nicht, dass ihr Kind im Zugewinnausgleich Anfangsvermgen i.S. von § 1374 Abs. 2 BGB hlftig verliert, nur weil es dem Ehegatten eine ehebedingte Zuwendung ge- macht hat. Beiden Gefahren kann nur durch Vereinbarung von Rckfor- derungsrechten begegnet werden. Lediglich fr die Flle, in denen der bergebene Bauplatz bei Stellung des Scheidungsantrags bereits bebaut ist, kann man statt der dinglichen Rckforderung einen Ausgleich in Geld fr den zugewendeten Grundstckswert vorsehen1.

717 Vorrangige Gestaltungsaufgabe ist das Rckforderungsrecht des ehebe- dingt zuwendenden Ehegatten2. Neben der Begrndung des Rckforde- rungsanspruchs hat es die Verpflichtung zur Rckerstattung verwende- ten Anfangsvermgens an den Rckforderungsgegner zu enthalten3, ferner die Verpflichtung des Rckfordernden zur bernahme von Grund- pfanddarlehen4, und schließlich die Vorsorge fr den Fall, dass der Wert des Rckerwerbs im Vermgen des Rckfordernden durch Negativposten neutralisiert wird5. Denn im gesetzlichen Gterstand findet auf der Grundlage der nach Rckforderung gegebenen Vermgensverteilung der Zugewinnausgleich statt. Das ausgleichspflichtige Vermgen des Rck- fordernden vermehrt sich also um den Wert des Rckforderungsobjekts, sein Zugewinn damit um die Differenz zwischen dem Wert des Objekts bei Erhalt von den Eltern und dem Wert bei Rckforderung. Von dieser ausgleichspflichtigen Wertsteigerung, die etwa durch Verwendungen aus Familieneinkommen herbeigefhrt sein kann, erhlt der Rckforde- rungsverpflichtete also die Hlfte im Zugewinnausgleich in Geld zurck.

Dieser Mechanismus ist gestrt, wenn der Rckerwerb nicht zu einer entsprechenden Vermgensvermehrung beim Rckfordernden fhrt, weil er durch sonstige Negativposten neutralisiert wird. Dies wird durch den Ausschluss des Rckforderungsrechts fr diesen Fall nach II § 2 Abs. 4 des Musters verhindert. Eine andere Lsung ist, dem Rckforde- rungsberechtigten in diesem Fall die Rckforderung nur Zug um Zug ge- gen Zahlung der hlftigen Wertsteigerung zu gestatten6: „Erhlt der Rckforderungsverpflichtete nicht die Hlfte der von den Eheleuten in der Ehezeit durch Verwendungen aus Zugewinn herbeigefhrten Wert- steigerung im Zugewinnausgleich zurck, so ist die Rckforderung nur

9. Kapitel: Sonstige Typen der Grundstckszuwendung

1 Vorschlag von Arend MittRhNotK 1990, 65/74 f.

2 II § 2 des Formulars.

3 Vgl. das Zahlenbeispiel bei Langenfeld, Handbuch der Ehevertrge und Schei- dungsvereinbarung Rn. 884.

4 Vgl. das Zahlenbeispiel bei Langenfeld, Handbuch der Ehevertrge und Schei- dungsvereinbarung Rn. 883.

5 Vgl. Langenfeld, Handbuch der Ehevertrge und Scheidungsvereinbarung Rn. 882.

6 Arend MittRhNotK 1990, 65/74.

(15)

zulssig, wenn ihm der Rckforderungsberechtigte diesen Betrag Zug um Zug gegen Rckbertragung zahlt“.

718 Zustzlich zum Rckforderungsrecht des ehebedingt zuwendenden Ehe- gatten kann auch noch ein Rckforderungsrecht fr den ausstattenden Elternteilvorgesehen werden1. Mit diesem Rckforderungsrecht kann si- chergestellt werden, dass nur die von dem rckfordernden Elternteil zu erstattenden Verwendungen im zugewinnausgleichspflichtigen Ver- mgen des Kindes bleiben. Um dies sicherzustellen, sollte es dabei blei- ben, dass die Eltern nur im Verhltnis zu ihrem Kind und in berein- stimmung mit ihm „in guter Absicht“ zurckfordern knnen, ihr Rckforderungsrecht also die vorherige Ausbung des Rckforderungs- rechts des Kindes voraussetzt. Deshalb sollte auch keine Vormerkung zur Sicherung des Rckforderungsrechts der Eltern eingetragen werden, die dann auch den an das Schwiegerkind weitergegebenen Miteigentums- anteil belasten wrde, sondern lediglich eine Rckauflassungsvormer- kung fr das Kind auf dem Miteigentumsanteil des Ehegatten2.

III. Vertragstext

Verhandelt zu … am … Vor dem Notar … sind erschienen: 56

1. Herr Karl A, Kaufmann …

2. dessen Tochter, Frau Anita B geb. A … 3. deren Ehemann, Herr Fritz B … Die Erschienenen erklren die folgende

Ausstattung und ehebedingte Zuwendung:

A. Ausstattung

§ 1 Vertragsobjekt

Herr A ist Eigentmer des nach Auszug des bisherigen Mieters leer stehen- den, nach dem Grundbuch lastenfreien Einfamilienhauses (Beschrieb).

§ 2 Ausstattung

Herr A bergibt das Vertragsobjekt im Wege der Ausstattung mit Rcksicht auf ihre Verheiratung seiner Tochter Anita B geb. A. Einig ber den Eigen-

Gestufte bergabe an Kinder und Schwiegerkinder („Kettenschenkung“)

1 I § 3 des Formulars.

2 Vgl. auch Langenfeld, Handbuch der Ehevertrge und Scheidungsvereinbarung Rn. 888.

(16)

tumsbergang bewilligen und beantragen die Beteiligten den Vollzug im Grundbuch.

§ 3 Rckforderungsrecht

(1) Herr A kann das Vertragsobjekt zurckfordern, wenn die Ehe seiner Tochter Anita B geschieden wird. Er ist verpflichtet, auf Verlangen der B die von dieser oder ihrem Ehemann gettigten nachgewiesenen Ver- wendungen auf das Vertragsobjekt zu erstatten und etwa noch beste- hende Finanzierungsdarlehen fr Verwendungen zur Alleinschuld zu bernehmen.

(2) Auf Sicherung des Rckforderungsrechts durch Vormerkung wird ver- zichtet.

§ 4 Besitzbergang, Gewhrleistung

Der Besitzbergang erfolgt sofort. Jede Gewhrleistung fr Rechts- und Sachmngel aller Art ist ausgeschlossen.

B. Ehebedingte Zuwendung

§ 1 Zuwendung

Wegen der geplanten gemeinsamen Sanierung des Vertragsobjekts wendet Frau Anita B ihrem Ehemann Fritz B einen Miteigentumsanteil von einhalb an dem Vertragsobjekt ehebedingt zu. Einig ber den Eigentumsbergang bewilligen und beantragen die Beteiligten den Vollzug im Grundbuch.

§ 2 Rckforderungsrecht

(1) Anita B hat das Recht, im Falle der Scheidung der Ehe die Rckforde- rung des heute berlassenen Miteigentumsanteils verlangen zu knnen.

(2) Hat Fritz B aus einem vorehelichen Vermgen oder aus einer whrend der Ehe erworbenen Erbschaft, einem Vermchtnis, einer Schenkung oder Ausstattung Verwendungen auf das Grundstck gemacht, so sind ihm diese Zug um Zug gegen Rckforderung zu erstatten.

(3) Anita B hat Zug um Zug gegen Rckforderung etwaige auf das Grund- stck verwendete Grundpfanddarlehen zur Alleinschuld zu berneh- men, wobei Fritz B von den Glubigern freizustellen ist.

(4) Die Rckforderung ist nur zulssig, wenn der Zugewinn des Zuwenden- den mindestens so hoch ist wie die in der Ehezeit eingetretene Wertstei- gerung des Grundstcks nach Abzug der dem Zuwendungsempfnger gemß obigem Absatz 2 zu erstattenden Verwendungen.

(5) Zum um Zug mit der Rckforderung nach Maßgabe obiger Vereinbarun- gen findet dann auf der Grundlage der nach Rckforderung und Rck- erstattung von Verwendungen bestehenden Vermgenslage der gesetz- liche Zugewinnausgleich statt.

9. Kapitel: Sonstige Typen der Grundstckszuwendung

(17)

(6) Zur Sicherung des Rckforderungsrechts ist fr Frau Anita B eine Rck- auflassungsvormerkung einzutragen, deren Eintragung bewilligt und be- antragt wird.

§ 3 Besitzbergang, Gewhrleistung Der Besitzbergang erfolgt sofort.

Jegliche Gewhrleistung fr Sach- und Rechtsmngel aller Art ist aus- geschlossen.

II. Kosten, Steuern

§ 1 Kosten

Die Kosten dieses Vertrags und seines Vollzugs tragen Eheleute B je hlftig.

§ 2 Steuern

Anfallende Steuern trgt jeder Beteiligte fr seinen Erwerb. Der Notar hat auf mgliche Schenkungsteuer hingewiesen.

(Schlussvermerke, Schlussformel, Unterschriften)

Gestufte bergabe an Kinder und Schwiegerkinder („Kettenschenkung“)

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