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Anwendbarkeit von Risikoanalysemethoden für Unternehmen der chemischen Industrie

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Academic year: 2022

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Anwendbarkeit von Risikoanalysemethoden für Unternehmen der chemischen Industrie

Applicability of risk analysis methods for companies in the chemical industry

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science

der Fachhochschule FH Campus Wien Masterstudiengang: Technisches Management

Vorgelegt von:

Cosima Jank, MSc

Personenkennzeichen:

c1710536032

ErstbetreuerIn / ErstbegutachterIn:

Dipl. Ing. Jürgen Schulik

Eingereicht am:

11. 12. 2019

(2)
(3)

Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: ... Unterschrift: ...

(4)

Kurzfassung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Gefahr, der Chemiekonzerne durch Brand, Explosion oder Stofffreisetzung, aber auch durch menschliches Fehlverhalten ausgesetzt sind. Dazu werden drei ausgewählte Unfälle, wie beispielsweise der Unfall von Seveso, beschrieben, um die Risikoquellen und Unfallursachen in der chemischen Industrie zu veranschaulichen. Weiters werden behördlichen Vorgaben, wie beispielsweise die Seveso-Richtlinie oder die VEXAT-Verordnung vorgestellt, welche bei adäquater Durchführung ein Mindestmaß an Sicherheit bieten. Ergänzend dazu werden verschiedene Schutzmaßnahmen zur Umsetzung der behördlichen Vorgaben beschrieben, indem ein Überblick gegeben wird, wo die Gefahrenquellen liegen und welche spezifischen Maßnahmen daraufhin gesetzt werden können.

Um die behördlichen Vorgaben umzusetzen, müssen das Gefahrenpotential und das damit verbundene Risiko innerhalb eines Betriebes analysiert werden. Dazu ist die Implementierung eines Risikomanagements nötig, welche zum Ziel hat, die Risiken zu identifizieren, zu bewerten und anschließend durch Umsetzung von Maßnahmen zu steuern. Dazu werden in dieser Arbeit sechs verschiede Risikoidentifizierungs-, Risikobewertungs- sowie Risikoanalysemethoden vorgestellt. Die Checkliste, die KJ- Methode, die Risikomatrix, die HAZOP-Methode, die Fehlerbaumanalyse und die LOPA- Methode werden anhand mehrerer Eignungskriterien kritisch gegenübergestellt und bewertet. Anhand einer Methoden-Matrix werden die verschiedenen Verfahren einerseits auf ihre Eignung im theoretischen Risikomanagement und andererseits anhand der Unfallbeispiele analysiert und kategorisiert und in ein Benotungssystem überführt. Die Notenvergabe erfolgt durch Bewertung der einzelnen Charakterisierungsmerkmale und anschließender statistischer Auswertung. Der berechnete Notendurchschnitt jeder Methode soll die allgemeine Anwendbarkeit darlegen.

(5)

v

Abstract

The following thesis examines the dangers which chemical companies are exposed such as fire, explosions or human error. The three selected accidents, such as the Seveso accident, are described to illustrate sources of risk as well as the cause of accidents in the chemical industry. Furthermore, regulatory requirements, such as the Seveso- Directive or the VEXAT-Regulation are presented, though only providing a minimal level of security if adequately implemented. In addition, various protective measures for the implementation of the regulatory requirements are described by providing an overview where the sources of danger lie, along with specific measures that can be taken.

In order to implement the regulatory requirements, the risk potential and the associated risk within an enterprise must be analysed. This requires the implementation of risk management, with the goal of identifying and evaluating the risks. Thus, subsequently controlling them by implementing measures. Therefore, six different risk identification, risk assessment and risk analysis methods are presented in this paper. The following methods are critically compared and evaluated on the basis of several suitable criteria:

The Checklist, KJ-Method, Risk Matrix, HAZOP-Method, Fault Tree Analysis and the LPA-Method. Using a matrix of methods, the various methods are analysed and categorized according to their suitability in theoretical risk management as well as based on the accident examples. They are then transferred to a grading system. The grading is represented by tables and graphics. Finally, a grade point average is calculated for each method to demonstrate its general applicability across all criteria.

(6)

Abkürzungsverzeichnis

APLV Areosolpackungslagerungsverordnung ASchG ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

ATEX Atmosphère Explosible

AUVA Allgemeine Unfallversicherungsanstalt

BGBl Bundesgesetzblatt

DGPLV Druckgaspackungslagerungsverordnung ESAW Europäische Statistik über Arbeitsunfälle ExSD Explosionsschutzdokument

FGV Flüssiggas-Verordnung

FMEA Failure Mode and Effects Analysis

FTA Fehlerbaumanalyse (Fault Tree Analysis)

GKV Grenzwerteverordnung

HAZOP Hazard Operability Study

ICMESA Industrie Chimiche Meda Societa

ISSA Interdisciplinary Study + Service Society Austria KennV Kennzeichnungsverordnung

LOPA Layer of Protection Analyse

MAK Werte Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen-Werte PAAG Prognose, Auffinden, Abschätzen, Gegenmaßnahmen PSA-V Verordnung Persönliche Schutzausrüstung

TCDD Tetrachlordibenzo-p-Dioxin

TCP Trichlorphenol

VbA Verordnung biologische Arbeitsstoffe VbF Verordnung über brennbare Flüssigkeiten VEXAT Verordnung explosionsfähige Atmosphären VGÜ Verordnung über die Gesundheitsüberwachung

ZEMA Zentrale Melde- und Auswertestelle für Störfälle und Störungen

(7)

vii

Schlüsselbegriffe

Behörde Betrieb Biogasanlage Checkliste Chemieunfälle Chemische Industrie Explosionen

Failure Mode and Effects Analysis Fehlerbaumanalyse

Gefahrenvermeidung Gefährliche Arbeitsstoffe Hazard Operability Study HAZOP-Methode

KJ-Methode

Layer of Protection Analyse Methoden

Near-Miss Unfälle Notfall

Richtlinien Risikoanalyse Risikoidentifizierung Risikomanagement Risikomatrix

Schutzmaßnahmen Seveso

Sicherheit

Sicherungskonzepte Störfälle

Unfälle Unfallursache Verordnungen Zündquellen

(8)

Inhaltsverzeichnis

1. E

INLEITUNG

... 1

1.1. Chemieindustrie ... 2

1.2. Forschungsfragen ... 7

1.3. Zielsetzung der Arbeit ... 7

1.4. Forschungsstand ... 8

2. T

HEORETISCHER

T

EIL

... 9

2.1. Begriffsdefinition ... 9

2.2. Unfall-Historie ... 12

2.2.1. Seveso-Unglück ... 12

2.2.2. Schwefelwasserstoff-Freisetzung in einer Biogasanlage ... 17

2.2.3. Brand und Explosion beim Chemiekonzern BASF ... 19

2.3. Behördliche Vorgaben ... 20

2.3.1. Seveso Richtlinie ... 20

2.3.2. ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ... 22

2.3.3. VEXAT - Verordnung explosionsfähige Atmosphären ... 25

2.3.4. Explosionsschutzverordnung ... 26

2.3.5. Norm 31000 ... 26

3. A

NWENDUNG

... 29

3.1. Schutzmaßnahmen ... 29

3.1.1. Primärer Explosionsschutz ... 29

3.1.2. Sekundärer Explosionsschutz ... 30

3.1.3. Konstruktiver Explosionsschutz ... 31

3.1.4. Organisatorische Maßnahmen ... 31

3.2. Anwendungsbeispiel Explosionsschutzdokument ... 33

3.3. Überblick möglicher Risiken ... 34

4. M

ETHODEN ZUR

R

ISIKOIDENTIFIZIERUNG UND

R

ISIKOMINIMIERUNG

... 35

4.1. Checklisten ... 36

4.2. KJ-Methode ... 38

4.3. Risikomatrix ... 39

4.4. HAZOP ... 40

4.5. Fehlerbaumanalyse ... 41

4.6. LOPA ... 43

(9)

ix

5. E

RGEBNISSE

... 45

5.1. Eignung der Methoden im theoretischen Risikomanagement ... 45

5.1.1. Bewertung der Methoden anhand der Methoden-Matrix ... 45

5.1.2. Benotung der Methoden anhand der Methoden-Matrix ... 49

5.2. Eignung der Methoden anhand der Unfall-Beispiele ... 52

5.2.1. Bewertung der Methoden anhand der Unfallbeispiele ... 52

5.2.2. Eignung der Methoden am Beispiel des Unfalls in Seveso ... 54

5.2.3. Eignung der Methoden am Beispiel des Unfalls in der Biogasanlage ... 56

5.2.4. Eignung der Methoden am Beispiel des Unfalls in der Chemiefabrik ... 58

5.2.5. Benotung der Methoden anhand der Unfallbeispiele ... 61

5.3. Vergleich und resultierender Mittelwert der Benotungen ... 62

6. C

ONCLUSIO

... 65

6.1. Fazit ... 65

6.2. Kritische Reflexion ... 67

6.3. Ausblick und Forschungsbedarf... 67

L

ITERATURVERZEICHNIS

... 68

A

BBILDUNGSVERZEICHNIS

... 72

T

ABELLENVERZEICHNIS

... 73

(10)

1. Einleitung

In der chemischen Industrie und bei der Verwendung chemischer Erzeugnisse kommt es trotz gesetzlicher Sicherheitsstandards durch Richtlinien immer wieder zu schweren Unfällen durch Explosionen oder Stofffreisetzungen. Ihre Folgen sind neben wirtschaftlichen Verlusten auch mit Menschenleben verbunden. Der Schutz vor Explosionen oder Feuer ist für Unternehmen, in denen brennbare Stoffe, wie Chemikalien oder Gase gelagert werden deshalb von größter Bedeutung. Um die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Unfalles zu senken, sind behördliche und innerbetriebliche Vorgaben einzuhalten. Diese Vielzahl an Normen, Gesetzen, Vorschriften sind für den Arbeitgeber verpflichtend umzusetzen und fordern das Festlegen und Einhalten von Sicherheitszielen. Die Vorgaben gewährleisten aber nur einen Mindeststandard an Sicherheit, denn jedes Unternehmen muss darüber hinaus seine speziellen betriebsspezifische Gefahren-Exponierung durch Risikoidentifizierung kennen und weiters durch Risikoanalysemethoden beurteilen. Es muss klar definiert werden, welches Risiko von einem System ausgeht und wie diesem entgegengewirkt werden kann. Die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Auswirkung jedes potenziellen Risikos müssen durch Anwendung möglichst wirksamen Risikomanagement-Methoden analysiert werden und durch vorbeugende Maßnahmen minimiert werden. Ziel ist es also, die betriebsinternen Störpotenziale und Schadensursachen zu erkennen und zu erfassen und darauf basierend die entsprechenden vorbeugenden Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen zu setzen. Die Implementierung der Schutzmaßnahmen soll in erster Linie die Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Schäden und das Unternehmen vor teuren Sachschäden schützen. Welche der verschiedenen Methoden am besten geeignet ist, soll in dieser Arbeit evaluiert werden.

Als Einleitung soll Kapitel 1 einen Überblick über die Branchen der Chemieindustrie sowie deren möglichen Unfallursachen geben. Im Theoretischen Teil wird in Abschnitt 2.1 auf die verschiedenen Begriffsdefinition eingegangen, welche für den weiteren Verlauf wichtig sind. Abschnitt 2.2 gibt einen Überblick über bereits eingetretene Unfälle, wie beispielsweise das Seveso-Unglück in Italien. Dadurch sollen die Problematik und Risikoquellen der chemischen Industrie anhand von Beispielen veranschaulicht werden.

Im darauffolgenden Abschnitt 2.3 werden die behördlichen Vorgaben beschrieben, welche verpflichtend von den Unternehmen einzuhalten sind. Kapitel 3 beschäftigt sich mit Schutzmaßnahmen und Anwendungsbeispielen, mit welchen bei Umsetzung das Risiko innerhalb eines Betriebes verringert werden kann. Kapitel 4 beschreibt die verschiedenen Methoden, mit welchen Unternehmen ihre Risiken identifizieren und analysieren können. In Abschnitt 5.1 bis 5.3 werden die verschiedenen Methoden hinsichtlich ihrer Eignung im Risikomanagement und hinsichtlich ihrer Eignung anhand der beschriebenen Unfälle analysiert, bewertet und kritisch gegenübergestellt. Kapitel 6 bietet eine Conclusio der Masterarbeit und zeigt zukünftigen Forschungsbedarf auf.

(11)

2

1.1. Chemieindustrie

In dieser Arbeit wird auf Unfälle innerhalb der chemischen Industrie sowie gesetzliche Vorgaben und Richtlinien für die chemische Industrie eingegangen. Diese Einleitung soll einen generellen Überblick verschaffen, mit was sich die chemische Industrie beschäftig, welche meldepflichtigen Ereignisse auftreten können und was die häufigsten Unfallursachen sind. In dieser Arbeit wird auch auf Ereignisse und Quellenangaben aus Deutschland eingegangen, da in Österreich viele Statistiken oder Daten über Unfälle nicht öffentlich zugänglich sind.

Die Chemieindustrie beschäftigt sich mit der Herstellung und Weiterverarbeitung chemischer Produkte, welche unter anderem für andere Industriezweige benötigt werden.

Man findet die Produkte in Pharmazeutika, Düngemittel oder auch in der Automobilindustrie wieder. Die verschiedenen Branchen zur Herstellung chemischer Erzeugnisse sind (FCIO 2018)

• Bauchemie,

• Biokraftstoffe,

• Bitumenemulsionsindustrie,

• Düngemittel,

• Faserindustrie,

• Kautschukwaren,

• Kunststoffe,

• Lack- und Druckfarbenindustrie,

• Pflanzenschutz,

• Pharmazeutische Industrie,

• Technische Gase und

• Waschmittel | Kosmetik | Aerosole.

In Österreich sind zum Stand 2018 in der chemischen Industrie 45.596 Personen in über 240 Betrieben beschäftigt. Die größte Branche stellt die Kunststoffwarenindustrie dar, wie in Abbildung 1 ersichtlich ist (vgl. FCIO 2018).

Die Rohölverarbeitung in Raffinerien ist eng mit der chemischen Industrie verbunden.

Neben der Kraftstoffproduktion produzieren sie auch Rohstoffe, welche später in der chemischen Industrie verwendet werden, wie etwa Ethylen oder Propylen (vgl. Baerns et al., 2013, S. 515).

(12)

Abbildung 1: Die Branchen der chemischen Industrie, Stand 2019 Quelle: Statistik Austria; FCIO 2018

Die "Zentralen Melde- und Auswertestelle für Störfälle und Störungen in verfahrenstechnischen Anlagen" (ZEMA) erfasst alle meldepflichtigen Ereignisse gemäß der Störfallverordnung in Deutschland und wertet diese aus. Von 1980 bis 2018 wurden laut ZEMA 771 Ereignisse registriert. Eine statistische Auswertung liegt für den Zeitraum von 1993 bis 2014 vor. Untenstehende Graphik Abbildung 2 unterteilt alle 771 Ereignisse nach Anlagenart. Ein abnehmender Trend der Bereiche „Chemie/Mineralölraffination“ ist ersichtlich. Trotzdem stellt dieser Anteil augenscheinlich den größten Beitrag aller Ereignisse dar (vgl. Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S. 22ff.). Im weiteren Verlauf der Arbeit wird deswegen vermehrt auf Unfälle mit chemischen Erzeugnissen eingegangen.

Abbildung 2: Meldepflichtige Ereignisse zwischen 1994 bis 2014 je nach Anlagenart Quelle: Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S.22

(13)

4 Genauere statistische Auswertungen liegen für den Zeitraum 2012 bis 2014 vor. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Ereignisarten und die zugehörige Anzahl der Ereignisse.

Die Hälfte der gemeldeten Ereignisse ist durch Stofffreisetzungen bedingt. Die vorherrschende Ereignisart aller restlichen Meldungen ist durch Brände mit oder ohne Explosionen verursacht. Diese sind vor allem der chemischen Industrie zuzuordnen (vgl.

Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S.13f.). Ereignisse durch Brände mit oder ohne Explosionen sind in Tabelle 1 orange unterlegt. Diese stellen in Summe 48 Prozent aller Ereignisse dar. Prozentangaben werden auf eine Kommastelle gerundet.

Tabelle 1: Meldepflichtige Ereignisse je nach Ereignisart im Zeitraum 2012-2014 Quelle: Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S.13f.

Meldepflichtige Ereignisse 2012-2014

Ereignisart Anzahl der

Ereignisse

Prozentanzahl der Ereignisse

Stofffreisetzung (Luft/Boden/Wasser) 28 50,0

Stofffreisetzung und Brand 9 16,0

Brand 6 10,7

Explosion, Brand und Stofffreisetzung 4 7,1

Explosion und Brand 0 0,0

Explosion und Stofffreisetzung 4 7,1

Explosion 4 7,1

Unbekannt 2 3,6

Summe 56 100

In den Unternehmen der chemischen Industrie traten 34 Prozent aller 56 gemeldeten Ereignisse auf. Eine Übersicht der Ursachen und der zugehörigen Anzahl der gemeldeten Ereignisse der chemischen Industrie in den Jahren 2012 bis 2014 kann Tabelle 2 entnommen werden. Der Faktor Mensch war mit 36,2 Prozent die häufigste Unfallursache. In Tabelle 2 sind diese orange unterlegt. Zu den Management- und Auslegungsfehler zählen unter anderen auch menschlichen Fehler, wie Implementierung eines falschen Sicherheitsmanagement, organisatorische Fehler und Fehler in der Konzeptionierung und Auslegung. Zu den menschlichen Fehlern (Bedienfehler) zählen Bedienfehler gegen die Vorschrift und das Setzen falscher oder unterlassener Maßnahmen (vgl. Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S.16ff.).

(14)

Tabelle 2: Ursachen und Anzahl der gemeldeten Ereignisse in der chemischen Industrie im Zeitraum 2012 bis 2014

Quelle: Umweltbundesamt und ZEMA 2016, S.16f

Unfallursache und Anzahl der gemeldeten Ereignisse 2012-2014

Ursache der Ereignisse Anzahl der

Ereignisse

Prozentanzahl der Ereignisse

Technischer Fehler (Apparate/Armaturen) 1 5,2

Technischer Fehler (Behälter/Flansch) 1 5,2

Korrosion 3 15,8

Menschlicher Fehler (Bedienfehler) 2 10,5

Menschlicher Fehler (Reparaturarbeiten) 2 10,5

System- / Auslegung- / Managementfehler 3 15,2

Chemische Reaktion 3 15,2

Ursachensuche wird fortgeführt 3 15,2

Ursache nicht aufklärbar 1 5,2

Summe 19 100

Menschliches Versagen kann mehrere Ursachen haben. Diese wurden im Forschungsbericht über Einfluss menschlicher Faktoren auf Unfälle in der Industrie vom TÜVNORD in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt grundsätzlich in drei Kategorien eingeteilt (vgl. Fahlbruch et. al - TÜVNORD, 2007, S.29):

1. Unbeabsichtigter Fehler

Diese können durch Vergessen wichtiger Prozessabläufe oder der persönlichen Schutzausrüstung oder durch Unachtsamkeit verursacht werden, oder aber wenn dem Arbeitnehmer durch mangelnde Unterweisung sein Arbeitsprozedere nicht klar ist.

2. Irrtümer

Die Art von menschlichem Versagen beschreibt eine Fehleinschätzung oder Fehlkalkulationen der Abläufe.

3. Absichtliche Fehler, Verstöße

Fehler werden absichtlich begangen, um beispielsweise eine Verkürzung des Arbeitsprozesses durch Nichtbefolgen von Prozeduren zu erzielen.

(15)

6 Letztendlich ist doch das Zusammenspiel aus organisatorischen und individuellen sowie technischen Faktoren der Verursacher der Störmeldungen. Gründe sind beispielsweise (vgl. Fahlbruch et. al - TÜVNORD, 2007, S.17f.)

• Unangemessenes Sicherheitsmanagement,

• Fehlende Schulungen,

• Mangelhafte Unterweisung der Arbeitnehmer,

• Fehlende oder ungenügende Instandhaltung oder

• Fahrlässiges Handeln entgegen der Vorschriften oder durch vergessen der persönlichen Schutzausrüstung.

Im Zuge der Arbeit werden in Kapitel 2.2 drei Unfallbeispiele analysiert. Diese wurden so gewählt, dass die Ereignisarten Stofffreisetzung, Brand und Explosion als auch technische Fehler sowie menschliche Fehler als Unfallursache behandelt werden. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird im Abschnitt 3.1 tiefergehend auf die Wichtigkeit von organisatorischen Maßnahmen eingegangen, um somit das Risiko von menschlichem Versagen zu minimieren.

(16)

1.2. Forschungsfragen

Für diese Arbeit wurde folgende Hypothese aufgestellt:

Zurzeit gibt es noch keine kritische Bewertung, Benotung und Gegenüberstellung von Methoden anhand des theoretischen und praxisbezogenen Risikomanagements.

Zur Zielerreichung der Arbeit wurden vier Forschungsfragen formuliert, um diese im Laufe der Arbeit zu beantworten und analysieren. Die für diese Masterarbeit formulierten Forschungsfragen lauten:

1. Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es, um ein Mindeststandart an Sicherheit zu gewährleisten?

2. Sichert die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben Risikofreiheit?

3. Sind die Methoden im theoretischen Risikomanagement gleich gut geeignet wie bei der Anwendung von Praxisbeispielen?

4. Kann durch Anwendung von nur einer Methode jede Art von Unfall verhindert oder dessen Auswirkungen verringert werden?

1.3. Zielsetzung der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, durch Analyse der bestehenden Richtlinien die Sicherheitsstandards zu beschreiben. Ein kurzer Abriss über bereits eingetretene Unfälle, soll das Gefahrenpotenzial innerhalb chemischer Betriebe verdeutlichen. Behördliche Vorgaben für Betriebe sind klar definiert, doch stellen diese oftmals nur einen Mindeststandard an Sicherheit dar. Unternehmen sind dazu angehalten auch andere Methoden zur Risikoidentifizierung- sowie Minimierung anzuwenden. Es werden sechs ausgewählte Methoden zur Risikoidentifizierung und Risikoanalyse vorgestellt. Zur Visualisierung und Charakterisierung werden vereinfachte graphische Darstellungen der Methoden entworfen. Ein weiteres Ziel der Arbeit ist, mit den bisher ermittelten Methoden eine Methoden-Matrix zu erstellen, welche die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Methoden analysiert, gegenüberstellt und kritisch bewertet. Aufbauend auf die Historie bereits eingetretener Unfälle wird untersucht, ob diese durch Anwendung der verschiedenen Methoden vermieden oder deren Auswirkungen begrenzt hätte werden können und ob ein Mindeststandard an Sicherheit durch Umsetzung der Richtlinien gegeben war. Ziel der Arbeit ist es auch, die Bewertung der Methoden in ein Notensystem zu überführen, um die Eignung der Methoden kritisch gegenüberzustellen.

Während der Masterarbeit soll immer wieder die Wichtigkeit von organisatorischen Schutzmaßnahmen hervorgehoben werden, da diese vermeintlich die größte Gefahrenquelle im Unternehmen darstellt.

Nicht-Ziel dieser Arbeit ist es auf alle rechtlichen Vorgaben einzugehen und alle Methoden der Risikoidentifikation aufzuzählen.

(17)

8

1.4. Forschungsstand

Das Thema Schutzmaßnahmen wie der Explosionsschutz ist stark beforscht (siehe Kapitel 3.1) und wurde bereits in mehreren Richtlinien und behördlichen Vorgaben als Mindeststandard zur Sicherheit in Betrieben beschrieben. Behördliche Vorgaben für Betriebe sind klar definiert. Doch stellen diese oftmals nur einen Mindeststandard an Sicherheit dar. Derzeit ist keine Zusammenfassung für Richtlinien oder Risikotools speziell für die chemische Industrie vorhanden, nur einzelne Beschreibungen der Richtlinien und deren Anwendung.

Unternehmen sind weiters dazu angehalten, auch andere Methoden zur Risikominimierung anzuwenden. Sie können aus einer Vielzahl an Methoden auszuwählen, um ihre betriebsinternen Risiken zu evaluieren. Eine Auflistung verschiedenen Methoden gibt es bereits, eine kritische Gegenüberstellung der Methoden bezüglich ihrer Anwendbarkeit im theoretischen Risikomanagement sowie ihrer Eignung anhand bereits eingetretener Unfälle gibt es bis jetzt allerdings noch nicht. In dieser Arbeit sollen die Methoden erstmals auch mittels Schulnotensystem benotet werden, um ihre Eignung zu verdeutlichen.

(18)

2. Theoretischer Teil

In Abschnitt 2.1 werden die wichtigsten Fachbegriffe vorgestellt. Der darauffolgende Abschnitt soll einen Überblick über die Gefahren, Auslöser und Auswirkungen in der Chemieindustrie anhand von drei ausgewählten Beispielen bieten. Abschnitt 2.3 beschäftigt sich mit den verschieden gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien, welche darauf abzielen, Unternehmen vor Unfällen zu schützen und einen Mindeststandard an Sicherheit in einem Betrieb zu erreichen. Im Kapitel 3 sollen darauf aufbauend die verschiedenen Möglichkeiten der Umsetzung der Vorgaben in Form von Schutzmaßnahmen und anhand eines Anwendungsbeispiels beschrieben werden.

2.1. Begriffsdefinition

Im Kapitel 2.1 werden verschiedene Fachbegriffe erklärt, die für den weiteren Verlauf der Arbeit wichtig sind. Diese werden alphabetisch geordnet vorgestellt.

Alarmplan

Ein Alarmplan stellt eine dokumentierte Handlungsanleitung im Notfall dar. Durch diesen sollen Arbeitnehmer informiert werden, um in Notfallsituationen schnell handeln zu können. Des Weiteren soll die Informationsweitergabe an die Feuerwehr oder den Rettungsdienst klar definiert sein (vgl. Pfeiffer und Sauer, 2013, S.20).

Arbeitsunfall

Der Begriff „Arbeitsunfall“ wird in der ESAW-Methodik (Europäische Statistik über Arbeitsunfälle) als „Ein während der Arbeit (in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oder in der bei der Arbeit verbrachten Zeitspanne) eintretendes, deutlich abzugrenzendes Ereignis, das zu einem physischen oder psychischen Schaden führt“ definiert (nach Eurostat - Europäische Union, 2012, S.5f.).

Explosionsfähige Stoffe

Voraussetzung für eine Explosion ist das Vorhandensein einer brennbaren Substanz, einer explosionsfähigen Atmosphäre und einer Zündquelle. Zu den brennbaren und explosionsgefährlichen Stoffen zählen beispielsweise

• Gase und Gasgemische wie Flüssiggase, Erdgase oder Verbrennungsgase,

• Flüssigkeiten wie Öle, Lacke oder Treibstoffe und

• Stäube wie von Holz, Kohle, Metalle, Mehl (vgl. AUVA, 2015, S 2ff.).

(19)

10 Explosionsfähige Atmosphären

Eine explosionsfähige Atmosphäre beschreibt ein Gemisch aus Luft und brennbaren Stäube, Dämpfe, Nebel oder Gase (explosionsgefährlichen Stoffe), auf welche sich nach Entzündung der Verbrennungsvorgang überträgt. Für die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre sind folgende drei Kriterien zu beachten:

1) Sauerstoffgehalt der Luft

2) Verteilungsgrad des brennbaren Stoffes

3) Mischungsverhältnis von Luft zu brennbaren Stoffen (Konzentration des brennbaren Stoffes) (vgl. Pfeiffer und Sauer, 2013, S.243f.).

§ 3 der Verordnung explosionsfähige Atmosphären definiert den Bereich und schreibt Sicherungsmaßnahmen vor (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, § 3).

Gefährliche Arbeitsstoffe

Zu Arbeitsstoffe zählen alle Stoffe, Gemische und Agenzien, die bei der Arbeit verwendet werden. Diese können unter anderem zugekaufte Produkte, Zwischen- oder Endprodukte, Reaktionsprodukte, Hilfsstoffe, Abfälle sein (vgl. Arbeitsinspektorat, 2016, S 2ff.).

Unter dem Begriff gefährliche Arbeitsstoffe versteht man gemäß § 40 ASchG alle Stoffe, welche zumindest eine der folgenden vier Eigenschaften aufweisen:

• Explosionsgefährlich (§ 40 Abschnitt 2 ASchG)

• Brandgefährlich (§ 40 Abschnitt 3 ASchG)

• Gesundheitsgefährdend (§ 40 Absschnitt 4, 4a, 4b und 7 ASchG)

• Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppen 2 bis 4.

Einhalten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz sorgt für den richtigen Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen, um Arbeitsunfälle zu verhüten und Gesundheitsgefahren auszuschließen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2016, S.2ff.).

Near-Miss Unfälle

Unter Near-Miss oder Beinaheunfällen versteht man eine Situation bei der Arbeit, bei welchem es beinahe zu einem Unfall oder Personenschaden gekommen wäre. Kleinere Sachschäden können allerdings dabei entstanden sein. Beinaheunfälle sind ein wichtiger Indikator für Prozesse oder Verhalten, die in ihrer Durchführung verbessert werden müssen. Sie stellen einen Teil der meldepflichtigen Dokumentation laut des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes dar (vgl. Pfeiffer und Sauer, 2013, S.124).

Risiko

Der Begriff Risiko beschreibt die Kombination der Häufigkeit oder Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt und der Auswirkung durch einen feststellbaren Schaden nach Eintreten eines Ereignisses (vgl. Proske, 2004, S.31).

(20)

Zündquellen

Eine Zündquelle beschreibt jede Art von Energie, welche Stoffe oder explosionsfähige Atmosphären entzünden kann (vgl. Pfeiffer und Sauer, 2013, S.794). § 14 der Verordnung explosionsfähige Atmosphären beschreibt als Beispiele für Zündquellen

• Heißen Oberflächen, Flammen und heiße Gase,

• Mechanisch erzeugte Funken, elektrische Anlagen, Blitzschlag,

• Statische Elektrizität, kathodischen Korrosionsschutz,

• Elektrische Ausgleichsströme,

• Ultraschall, nichtionisierende und ionisierende Strahlung,

• Chemische Reaktionen oder

• Adiabatische Kompression, Stoßwellen (nach BGBl. II Nr. 309/2004, § 14).

(21)

12

2.2. Unfall-Historie

Um die Gefahr aufzuzeigen, welche von Industrieunternehmen ausgeht, enthält dieser Abschnitt einen kurzen Abriss über bereits eingetretene, tödliche Unfälle. Weiters wird beschrieben, was die Auslöser und Auswirkungen der Unfälle waren und welche Maßnahmen daraus abgeleitet werden konnten. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird in Kapitel 5.2 die Eignung verschiedenen Risikomanagement-Methoden anhand der behandelten Unfallbeispiele vorgestellt.

Im Zuge dieser Masterarbeit wurden drei Unfallbeispiele genauer analysiert. Das erste Beispiel behandelt den Unfall in einer Chemiefabrik in Seveso, Italien, welcher sich im Jahr 1976 ereignete. Das Ereignis zählt heute als Paradebeispiel der Chemieunfälle und Meilenstein postkatastrophalen Lernens. Der Vorfall gab Anlass, um die Seveso- Richtlinie zu Verhütung schwerer Betriebsunfälle mit gefährlichen Stoffen und Begrenzung der Unfallfolgen in Kraft zu setzten (vgl. Grün und Schenker-Wicki, 2014, S.133 ff.). Auf die Umsetzung der Seveso-Richtlinie wird im Abschnitt 2.3.1 genauer eingegangen. Dieses Beispiel wurde auch dahingehend gewählt, da zu diesem Zeitpunkt die gesetzlich verpflichtenden Sicherheitsmaßnahmen noch nicht ausgereift waren. Der Unfall basiert auf technischem Versagen mit anschließender Stofffreisetzung. Das nächste gewählte Beispiel beschreibt den Unfall in einer Biogasanlage in Deutschland im Jahr 2005, bei der es zu einer Freisetzung Schwefelwasserstoff kam. Unfallursache war technisches Versagen und menschliche Fehleinschätzung. Das letzte Beispiel behandelt den Unfall aus dem Jahr 2016 in dem Chemiekonzern BASF, Ludwigshafen, bei welchem es zu einem Brand mit anschließender Explosion kam. Dieses Beispiel wurde gewählt, da es trotz korrekter Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen aufgrund menschlicher Fehler zu dem Unfall kam.

Die drei Beispiele unterscheiden sich dahingehend, dass sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten passiert sind und unterschiedlichen Unfallursachen zugrunde liegen. In allen drei Beispielen kam es zu Todesopfern. Keines der Beispiele behandelt einen Unfall in Österreich. Dies ist darauf zurück zu führen, dass die Daten und Informationen zu Unfällen in Österreich nicht ausreichend zugänglich sind oder die Verhandlungen von Unfällen zum Zeitpunkt des Verfassens der Arbeit noch nicht abgeschlossen waren, wie beispielsweise die Explosion in der Gasstation von Baumgarten. Vergleichbare Unternehmen sind auch in Österreich zu finden und hätten daher auch in Österreich stattfinden können.

2.2.1. Seveso-Unglück

Bei dem Unfall in einer Chemiefabrik, der sich im Jahr 1976 nördlich von Mailand ereignete, wurde das giftige Gas Dioxin freigesetzt, an dessen Folgen Menschen und Umwelt zu Schade kamen.

Die ICMESA-Fabrik (Industrie Chimiche Meda Societa S.p.A) in Meda, in der Lombardei wurde 1971 in Betrieb genommen und beschäftigte 170 Mitarbeiter. Das Unternehmen

(22)

war eine Tochterfirma der schweizerischen Givaudan SA, dem weltweit größten Hersteller von Duftstoffen und Aromen, welche wiederum ein Tochterunternehmen der Hoffmann-La Roche AG ist, dem größten Pharmazieunternehmen der Welt. An dem italienischen Standort wurde hauptsächlich Trichlorphenol (TCP) hergestellt, isomere Verbindungen aus der Gruppe der Chlorphenole, bei welchem drei Wasserstoffatome durch Chloratome ersetzt werden. TCP wurde dort als Vorprodukt für die Herstellung für das Desinfektionsmittel Hexachlorophen verwendet. Schon im Jahr 1972 starben 35 Kinder, nachdem ein Babypuder der Firma Givaudan 6 Prozent statt 3 Promille Hexachlorphen beinhaltete. Bis 1974 stellten viele andere Firmen die Herstellung von TCP ein, woraufhin die ICMESA-Fabrik zur wichtigsten Produktionsstäte von TPC der Givaudan-Gruppe wurde (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2002, S.202 ff.).

Hergestellt wurde dies durch ein Niedrigtemperaturverfahren, bei welchem als Nebenprodukt das toxische 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin (2,3,7,8-TCDD - auch

„Dioxin“ genannt) entsteht. Jährlich wurden 350 Tonnen TCP produziert. TCDD ist eine geruchs- geschmacks- und farblose Verbindung, welche ab einer Menge von 10 Mikrogramm für den Menschen tödlich ist. Bei Einnahme oder Körperkontakt unterhalb der akuten Toxizität erhöht die chemische Verbindung das Risiko für Erkrankungen, wie beispielsweise Chlorakne, eine schmerzhafte Akne-ähnliche Hautläsionen, Darmblutungen, Sehschwäche sowie Missbildungen bei ungeborenen Kindern, außerdem wird von einer krebserregenden Wirkung ausgegangen. Schon seit 1953 waren die gesundheitsschädlichen Folgen der TCDD-Verbindung bekannt, nachdem es bei BASF in Ludwigshafen, Deutschland durch eine Explosion zum Austritt des Giftes kam und 42 Arbeiter zum Teil an Spätfolgen der Krankheiten starben (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.202 ff.).

Am 10.07.1976 wurden in der ICMESA-Fabrik zwischen einem und fünf Kilogramm Dioxin freigesetzt, als es aufgrund einer Betriebsstörung zu einer Explosion kam. Da sonntags der Produktionszyklus unterbrochen wird, wurde nach der letzten Nachtschicht am Samstag um 02:30 das Rührwerk abgeschaltet. Aufgrund fehlender Umschichtung des Kesselinhaltes kam es zum Wärmestau, welcher nicht bemerkt worden ist. Gegen 12:30 kam durch rasanten Druck- und Temperaturanstieg zu einer chemischen Reaktion, welche in einer explosionsartigen Reaktionsbeschleunigung innerhalb des Kessels resultierte. Aufgrund des einzigen Überdrucks-Sicherheitsventils, in Form einer Berstscheibe wurde eine Explosion des gesamten Reaktors verhindert. Das Sicherheitsventil löste sich dadurch und Dioxin und andere polychlorierte Verbindungen emittierten eine Stunde lang direkt in die Atmosphäre und wurden vom Wind in Richtung Südwesten verteilt. Erst um 13:45 konnten die Emissionen durch manuelles Herunterfahren des Reaktors auf eine unkritische Temperatur gestoppt werden, als die ersten Mitarbeiten über den Vorfall aufmerksam wurden. Der Produktionsleiter Clemente Barni konnte ansonsten keine offensichtlichen Schäden feststellen, schloss aber die Halle B, in der sich das Unglück ereignet hatte. Die Produktion am übrigen Standort wurde nicht eingestellt. Eine Kontaktaufnahme zum Gesundheitsamt scheiterte, die örtliche Polizei wurde informiert. Am darauffolgenden Montag riet der Produktionsleiter den Anrainern keine Früchte und kein Gemüse aus der umliegenden Gegend zu essen und sammelte Bodenproben für eine Analyse. Innerhalb der nächsten Tage häufte sich das Tiersterben von Kleintieren in näherer Umgebung zum Werk und Ärzte verzeichneten

(23)

14 verstärktes Aufkommen an Hautausschlägen und Kopfschmerzen bei den Anwohnern.

Am Donnerstag erließ der Bürgermeister die Verordnung Nummer 43, in welcher der Verzehr von Lebensmittel aus der Umgebung untersagt wurde und erklärte das Betriebsgelände als kontaminierte Zone. Das Werk wurde teilweise eingezäunt, die Produktion wurde weiter aufrechterhalten. Am Freitag, vier Tage nach dem Unfall beschloss der Betriebsrat die Produktion einzustellen. Das Krankenhaus berichtete von 14 Kindern mit starken Hautverätzungen. Am darauffolgenden Samstag wurde das Schlachten von Nutztieren im Ort Seveso und das Vernichten von angebauten Lebensmitteln verordnet. Der Direktor des Labors für Hygiene und Vorsorge der Lombardei besichtigte das Betriebsgelände und sprach erstmals von einer Dioxinfreisetzung. Zusammen mit den Bürgermeistern von Seveso und Meda wurde die Schließung der ICMESA-Fabrik angeordnet. Ein selbsternanntes Komitee aus Technikern, Ärzten und Bewohnern der Umgebung wurde gegründet, um eine Stellungnahme der Betreiber und Behörden zu bezwecken, wodurch der Unfall Medienaufmerksamkeit erreichte. Erst am 20 Juli, zehn Tage nach dem Unfall wurden die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden Meda, Seveso, Desio, Cesano Maderno, Barlassina und Bovisio Masciago über die Analyseergebnisse informiert, welche die erste offizielle Pressemitteilung herausgaben, sowie ein Haftbefehlt gegen den Direktor und den Produktionsleiter der Fabrik erließen. Im September befand das Amtsgericht diese für schuldig und verhängte Freiheitsstrafen von bis zu fünfeinhalb Jahren, welche aber wieder aufgehoben wurden. Hoffmann-La Roche wurde zu Schadensersatz von 46 Millionen Pfund an die Behörden und 11 Millionen an die Bevölkerung verpflichtet.

Finanzielle Nothilfen von 500 Millionen Lire wurden der Gemeinde vom Staat zur Verfügung gestellt (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.202 ff.).

Unfallursachen und Auswirkungen

Die Firma ICMESA entschied bei der Herstellung von TCP aufgrund der hohen Effektivität und kostengünstigen Produktion für ein Niedrigtemperaturverfahren. Trotz anderen bekannten Verfahren und industrieinternen Warnungen bevorzugte ICMESA das risikoreiche Verfahren, bei dem bewusst war, dass es zu Explosionen durch unkontrollierte exotherme Reaktionen kommen kann (Uekötter und Kirchhelle, 2012, S.319). Anlagensicherheit war in den siebziger Jahren meist interne Aufgabe der Betriebe selbst, nur das Gefahrenpotential von einzelnen Funktionseinheiten, wie beispielsweise der Betrieb von Druckkessel war durch bereits eingetretene Unfälle bekannt. In der chemischen Industrie zählte die Produktion zum alleinigen Aufgabenbereich des Unternehmens, das keine Außenrechtfertigung bedarf (vgl. Hofmann, 2008, S.230 ff.).

Nach Abstellen des Rührwerks wurde der Abkühlvorgang nicht durch technische Temperaturmessung begleitet, sondern nur mit Wasser abgelöscht. Die Abkühlung wurde lediglich haptisch festgestellt, wodurch die explosionsartige Überhitzung des Kessels unbemerkt blieb (Hofmann, 2008, S.232 ff.).

Die richtige Lagerung gefährlicher Arbeitsstoffe, wie es heute beispielsweise die AUVA vorschreibt, wurde nicht ebenso erfüllt. Einzig ein Überdrucks-Sicherheitsventils, in Form einer Berstscheibe wurde im Kessel installiert, welches die gänzliche Explosion des Reaktors verhinderte. Es wurden keine Emissionsfilter oder andere

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Sicherungsmechanismen zum Abfangen der Nebenprodukte angebracht. Nach der Reaktionsbeschleunigung lockerte sich das Ventil, wodurch das Dioxin ungehindert in die Atmosphäre entweichen konnte. Erst nach einer Stunde konnte die Emission manuell durch einen Mitarbeiter gestoppt werden. Es gab keine automatisierte Vorrichtung oder Alarmmeldeanlage, wodurch der Austritt früher beendet wurden hätte können (vgl.

Hofmann, 2008, S.205 ff.).

Die Mitarbeiter besaßen nur wenig Hintergrundwissen über die Produktionsprozesse und die damit verbundenen Risiken. Schutzausrüstung, wie heute durch die Verordnung Persönliche Schutzausrüstung (PSA-V) vorgeschrieben, gab es nicht. Die Mitarbeiter wurden nach dem Unfall auch nicht über mögliche Gefährdung durch Betreten der Produktionshalle aufgeklärt. Die Halle B, in welcher sich der Unfall ereignete, wurde zwar am Unfalltag noch geschlossen, die Produktion am übrigen Standort wurde noch weitere fünf Tage aufrechterhalten. Das Gelände wurde nur teilweise eingezäunt und vereinzelt mit Warnschildern versehen. Sicherungsmaßnahmen gab es keine, außer die Aufforderung von ICMESA an ihre Mitarbeiter, die Kleidung zu verbrennen und die Aufforderung des Bürgermeisters von Seveso, welcher vom Verzehr örtliche produzierter Lebensmittel abriet. Die Auskunft, dass Dioxin ausgetreten ist, wurde vom Mutterkonzern Hoffmann-La Roche bestätigt, verhängte aber eine Informationssperre gegenüber der Presse und informierte weder die noch tätigen Mitarbeiter oder die Bevölkerung. ICMESA versprühte Calciumhydrat in den verseuchten Gebieten, da man sich erhoffte, dass dadurch das TCDD schneller zersetzt werden könnte. Diese erste Gegenmaßnahme wurde allerdings wieder abgebrochen. Erst zehn Tage nach dem Unfall wurden die örtlichen Bürgermeister über die Analyseergebnisse informiert (vgl. Hofmann, 2008, S.232 ff.).

Zehn Tage nach dem Unfall kam es zu den ersten Sicherheitsmaßnahmen; Seveso wurde anhand des Konzentrationsgehaltes in drei Zonen unterteilt (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.202 ff.):

• Zone A: bis zu 5400 µg/m²

• Zone B: bis zu 50 µg/m²

• Zone R: mehr als 5 µg/m² oder ein Nachweis in Tierorganismen

Evakuiert wurde nur die Zone A, ab Oktober 1977 konnten die ersten Anwohner ihre Häuser wieder beziehen. Der Boden der Zone A wurde abgetragen, in der Zone B und R nur umgepflügt. Insgesamt wurden 280.000 m³ verseuchtes Material kontaminiert. Die Leerung des Kessels in Spezialfässer begann im Jahr 1982 unter strengen Sicherheitsvorkehrungen (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.202 ff.).

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16 Abbildung 3: Aufteilung in Zonen rund um die ICMESA-Fabrik

Quelle: Rossi M., Montagna di Lombardia

Ein weiterer schwerer Umweltverstoß ereignete sich, als beim Abtransport die Endlagerstätte verheimlicht wurde. Erst zwei Jahre später konnten die Fässer ungesichert und ohne sonstige Sicherheitsvorkehrungen in einem leeren Schlachthaus in Nordfrankreich lokalisiert werden. Im Mai 1985 wurden die Fässer in einer Spezialanlage in Basel ordnungsgemäß verbrannt (vgl. Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.202 ff.).

Kritik Gesundheitliche Schäden

Die toxische Wirkung von Dioxin und speziell die von TCDD war in den siebziger Jahren bekannt. Die Wirkungsweise im niedrig dosierten oder verdünnten Bereich sowie die langfristige gesundheitliche Auswirkung war nur bedingt bekannt. Belastungsgrenzwerte für Menschen sowie Messverfahren für Versuchungsgrade gab es keine (vgl. Hofmann, 2008, S.223).

Entsprechen schleppend verlief die Festlegung der Kontaminierungszonen. Die Grenzen der betroffenen Gebiete wurden unzählige Male verändert, meist auf politischen oder wirtschaftlichen Überlegungen fundiert, nicht auf dem Wohl der ansässigen Menschen.

Trotz 477 Fällen von Hautschäden allein innerhalb der ersten Monate, wurden die gesundheitlichen Schäden durch den TCDD-Austritt als gering erklärt. Der Report des

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internationalen Steuerungskomitees aus dem Jahr 1984 gab an, dass keine feststellbaren Gesundheitsschäden neben Chlorakne und keine signifikante Zunahme von Krebsfällen im Gebiet rund um die ICMESA-Fabrik auf den Austritt von TCDD zurückzuführen sind (vgl. Hofmann, 2008, S.226ff.).

Im Jahr 1993 wurde bei einem Untersuchungsausschuss versucht zu klären, wieviel Dioxin wirklich freigesetzt wurde, und welcher Schaden verursacht wurde, was zu keinem eindeutigen Ergebnis führte. Genaue Schäden an Umwelt und gesundheitliche langzeitfolgen sind noch immer umstritten. 80.000 notgeschlachtetes Nutzvieh, 80.000 getötete Haustiere und 800 Patienten mit Hautschäden konnten evaluiert werden (vgl.

Böschen, 2000, S.217 ff.; Hofmann, 2008, S.226 ff.).

2.2.2. Schwefelwasserstoff-Freisetzung in einer Biogasanlage

Im November 2005 kam es in einer Biogasanlage im niedersächsischen Rhadereistedt, Deutschland zu einer Freisetzung von 5000 ppm Schwefelwasserstoff. An den Folgen des hochtoxischen Konzentrates kamen vier Personen ums Leben, mehrere Mitarbeiter wurden verletzt (AS-ER - Bam-Nr.: 151, 2019).

Das Unternehmen verfügt über eine Grube für die Anlieferung fester und flüssiger Stoffe in das Rührwerk für das Betreiben der Biogasanlage. Bei der Anlieferung fester Stoffe ist die 4 Quadratmeter große Klappe geöffnet, die Anlieferung flüssiger Stoffe erfolgt bei geschlossenem Deckel über einen Rohrstutzen. Am Vortag des Unfalls versagte der Motor für die Deckelöffnung- und Schließung, die Klappe wurde daraufhin offengehalten.

Als am nächsten Tag eine Lieferung chemisch behandelten Schweinedarmschleim aus einem Pharmaziebetrieb ankam, wurde dieser durch einen Schlauch in die offene Grube gepumpt. Schwefelwasserstoff bildet sich durch den biochemischen Abbau des Schweinedarmschleims, welcher während des Entladevorgangs entwich. Nach 20 Minuten wurde der Betriebsleiter neben der Grube leblos am Boden gefunden. Beim Rettungsversuch starb der Fahrer des LKWs und zwei Mitarbeiter. Auch mehrere Rettungskräfte wurden durch das Einatmen von Schwefelwasserstoff leicht verletzt (AS- ER - Bam-Nr.: 151, 2019).

Gefördert wurde die Bildung von Schwefelwasserstoff durch die hohen Temperaturen in der Grube, Restabfälle aus Tiergewerbe von vorherigen Anlieferungen und den offenen Grubendeckel. Die Grube verfügt über einen Absauge-Mechanismus für die gebildeten gefährlichen Gase, ist aber primär für die Geruchsminderung zuständig. Ein Gaswarngerät war nicht installiert (vgl. AS-ER - Bam-Nr.: 151, 2019).

Die Behörde sprach technische Maßnahmen aus. Das Rührwerk darf nur bei geschlossenem Deckel benutz werden. Die flüssigen Stoffe werden nun über zwei neue Anschlüsse ohne Umwege über die Grube direkt ins Rührwerk führen. Die Lüftungsanlage wurde ausgebaut und ein Gaswarngerät installiert. Auf die Verwendung von Darmschleim wird gänzlich verzichtet. Die Behörde ordnete zudem Schulungen für

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18 die Mitarbeiter der Biogasanlage und das Erstellen von Merkblättern an. Die Ursachen des Unfalls wurden wie folgt deklariert:

• Fehlende Identifizierung von Gefahrenpotenzial,

• Unzureichende sicherheitstechnische Auslegung,

• Komponentenversagen und

• Unerwartetes Stoffverhalten (vgl. AS-ER - Bam-Nr.: 151, 2019).

Gemäß Leitfaden der „NÖ Umweltanwaltschaft“ sind die konzentrationsabhängigen Vergiftungserscheinungen für Menschen in Tabelle 3 dargestellt (vgl. NÖ Umweltanwaltschaft 2009, S.2):

Tabelle 3: Konzentrationsabhängigen Vergiftungserscheinungen bei Schwefelwasserstoff für Menschen

Quelle: NÖ Umweltanwaltschaft 2009, S.2

Schwefelwasserstoff

Konzentration Zeitdauer Vergiftungserscheinung

< 100 ppm Nach mehreren Stunden

> 100 ppm Weniger als eine Stunde (Entwicklung eines Lungenödems)

ca. 500 ppm Lebensgefährlich in 30 Minuten (kurzfristige Steigerung der Atemrate, gefolgt von Atemstillstand)

ca. 1000 ppm Lebensgefährlich in wenigen Minuten

> 1000 ppm Bewusstlosigkeit, Atemstörungen, Krämpfe, die innerhalb weniger Minuten zum Tod führen.

ca. 5000 ppm Tödlich in wenigen Sekunden

Das Umweltbundesamt Deutschland veröffentlichte 2019 in ihrer Erhebung zu Biogasanlagen, dass in den letzten Jahren im Mittel nur 50 von rund 1000 Biogasanlagen geprüft werden. Diese Prüfungen haben im Durchschnitt bei 70 % bis 85 % der geprüften Biogasanlagen erhebliche sicherheitstechnische Mängel festgestellt. Dieser Anteil war fast doppelt so hoch wie bei alle anderen Anlagenarten (Umweltbundesamt 2019, S.3).

Die großen Mengen an zündbaren und giftigen Gasen verlangen eine sicherheitstechnische Ausstattung auf dem aktuellen Stand der Sicherheitstechnik.

Sachverständiger stellten zwar die erheblichen Mängel innerhalb der Betriebsanlagen fest, aufgrund fehlender verpflichtender Regelungen wurden diese aber nicht behoben (Umweltbundesamt 2019, S.6).

Diese erheblichen Mängel verursachten seit 2005 über 400 erfasste Unfälle, ausgelöst durch Explosionen, Brände oder Freisetzungen von toxischen Gasen oder Gärresten. Die häufigste Unfallart stellen Brand und Stofffreisetzungen dar. Insgesamt wurden in den 13 Jahren 17 Mitarbeiter getötet und 74 Personen verletzt (Umweltbundesamt 2019, S.4).

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2.2.3. Brand und Explosion beim Chemiekonzern BASF

Am 17.10.2016 kam es am Betriebsgelände des Chemiekonzern BASF in Ludwighafen, Deutschland zu einem Brand mit anschließender Explosion. Fünf Menschen starben, mehrere wurden verletzt.

Eine externe Firma wurde beauftragt, Arbeiten an Propylen-Leitungen durchzuführen.

Mehrere Rohrleitungsteile sollten ersetzt werden. Vor Beginn wurden die Leitungen mit Stickstoff freigespült und durch 13 Blindscheiben abgeblindet. Die Wirksamkeit der Spülung und des Abblinden wurde durch Messgeräte überprüft. Ein Arbeitsfreigabeschein wurden adäquat ausgefüllt und der Messwarte übergeben. Vor Beginn der Trenn- und Schweißarbeiten wurde durch drei Millimeter große Bohrungen in den Leitungen nochmals sichergestellt, dass diese sicher freigestellt sind und keine explosionsfähigen Atmosphären vorhanden sind. Mehrere Leitungsstücke wurden daraufhin aus der Leitung entfernt. Trotz der Sicherheitsvorkehrungen kam es zu einem Brand mit einer stark rußenden Flamme. Späteren Ermittlungen zufolge wurde der Trennschnitt nicht an der Propylen-Leitung, sondern an der nebenliegenden Flüssig- Gasgemisch-Leitung durchgeführt. Das unter Druck stehende Gas trat sofort aus und entzündete sich an den Funken der Trennarbeiten (ZEMA 2019).

Die Feuerwehr wurde sofort alarmiert. In der Zwischenzeit versuchte der Brandsicherungsposten durch Handfeuerlöscher, das Feuer zu bekämpfen. Kurz nach Eintreffen der Feuerwehr kam es zu einer Explosion durch Totalversagen der Leitungen.

Ein dreißig Meter langes Teilstück der Rohrleitung wurde aus der Verankerung geschleudert, wodurch das Feuer auf weitere Rohrleitungen sowie ein Schiff am Hafen überging. Durch die große Hitzeeinwirkung und die mechanische Beschädigung durch die Explosion kam es zum Austritt weitere Stoffe aus angrenzenden Leitungen, welche sich entzündeten. Nach elf Stunden konnte das Feuer durch die Feuerwehr gelöscht werden.

Durch die Explosion kamen drei Anwesende ums Leben, mehrere Schwer- und Leichtverletzte wurden ins Krankenhaus gebracht. Zwei weitere Mitarbeiter erlagen später den Folgen ihrer Verletzung (ZEMA 2019).

Die BASF reagierte sofort durch Sirenenwarnungen, großräumige Absperrung und durch Abstellen der Produktströme im Gefahrenbereich und kontinuierlichen Messungen der Druckverhältnisse. Der BASF konnten keine Versäumnisse und ursächliche Mängel für den Unfall nachgesagt werden. Auch die externe Firma arbeitete gemäß den Anweisungen wie das Ausfüllen der Arbeitsfreigabescheine. Letztlich war menschliches Versagen durch Verwechslung der Rohrleitungen Schuld am Unfall (ZEMA 2019).

(29)

20 Technische und organisatorische Verbesserungsmaßnahmen wurden für den Betrieb der BASF ausgesprochen, welche umgehend umgesetzt wurden (ZEMA 2019):

• Optimierung der Kennzeichnungsmethode, um das Verwechslungsrisiko zu senken.

• Einsatz Funkenarmer Werkzeuge.

• Installation und Optimierung automatischer Druckentlastungssysteme an den Leitungen.

• Installation einer vollautomatischen Früherkennung von Hitzeeinwirkungen zur schnelleren Alarmierung der Betriebsfeuerwehr.

• Fernbedienbare manuelle Abtrennung aller Rohre.

2.3. Behördliche Vorgaben

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den verschieden gesetzlichen Vorgaben, Richtlinien und Standards sowie unterschiedlichen betriebsinternen Sicherheitskonzepten speziell für Unternehmen der Chemieindustrie. Dies haben zum Ziel, das Gefahrenpotenzial so gering wie möglich zu halten, um vor potenziellen Unfällen zu schützen. Die Gesetze stellen nur einen ausgewählten Teil aller behördlichen Vorgaben da, welche einen Überblick geben sollen, wie sich die Sicherheitsstandards über die Jahre entwickelt haben und welche Vorgaben für Betreiber chemischer Unternehmen verpflichtend sind.

Die korrekte Umsetzung der angeführten Vorgaben gewährleistet nur einen Mindeststandard an Sicherheit innerhalb eines Betriebes. Abschnitt 3.1 beschäftigt sich daher tiefergehend mit den Schutzmaßnahmen, aufbauend auf den gesetzlichen Vorgaben. Weiters ist jeder Betrieb ist dazu angehalten, neben den gesetzlich verpflichtenden Vorgaben auch betriebsinternes Risikomanagement umzusetzen, um Arbeitnehmer zu schützen. Aufbauend darauf beschäftigt sich Kapitel 4 tiefergehend auf die Anwendung der verschiedenen Methoden zur Risikoidentifizierung und Risikoanalyse.

2.3.1. Seveso Richtlinie

Nach dem Großunfall in Seveso im Jahr 1976 (siehe Abschnitt 2.2.1) ist die Richtlinie 82/501/EWG des Rates über die Gefahren schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten (kurz Seveso-Richtlinie) im Jahr 1982 in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist es, Unfälle in Industriebetrieben zu vermeiden und die Folgen für Mensch und Umwelt zu verringern. Da es in den darauffolgenden Jahren aber trotzdem zu Unglücken in Industriebetrieben gekommen ist, wurde im Jahr 1996 die verschärfte Seveso II Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen eingeführt. Die Richtlinie ist ausgerichtet auf Betriebe, in welchen gefährliche Stoffe über einer vorgeschriebenen Menge vorhanden sind. Anhang I der Richtlinie sind geltende Mengenschwellwerte und Eigenschaften gefährlicher Stoffe zu entnehmen (vgl. Pichler 2011, S.1ff.).

Bis 2015 wurde die Neuerung der EU-Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen („Seveso III-Richtlinie“) ins nationale

(30)

Recht umgesetzt. Dies erfolgte beispielsweise innerhalb der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) im Abschnitt 8a durch die „Seveso III-Novelle“ oder innerhalb der Industrieunfallverordnung 2015 (IUV 2015) „Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen in Betrieben“ (nach BGBl. II Nr. 229/2015). Diese gilt für gewerbliche Betriebsanlagen, welche der Gewerbeordnung betreffend Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen unterliegen (vgl. Bundesministerium 2017, S.4f; BGBl. I Nr. 81/2015).

Folgend werden die wichtigsten Pflichten für die Betreiber eines Seveso-Betriebes genauer erklärt (vgl. Pichler 2011, S.11ff.):

Allgemeine Betreiberpflicht

Der Betreiber ist verpflichtet, alle Vorkehrungen zu treffen, welche Großunfälle vermeidet und diese bei Kontrollen und Inspektionen durch die Behörde nachzuweisen.

Mitteilungspflicht

Der Betreiber ist verpflichtet, der zuständigen Behörde eine schriftliche Mitteilung über die Art und Menge der vorhandenen gefährlichen Stoffe zu geben und über die Tätigkeiten im Betrieb zu informieren.

Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle

Der Betreiber ist verpflichtet ein Sicherheitskonzept zur Verhütung schwerer Unfälle für ein hohes Schutzniveau für Arbeitnehmer und Umwelt zu erarbeiten.

Sicherheitsbericht

Wenn in einem Seveso-Betrieb gefährliche Stoffe über dem oberen Grenzwert vorhanden sind, muss zusätzlich zum Sicherheitskonzept ein Sicherheitsmanagement vorhanden sein. Ein Nachweis über Ausreichende Sicherheit in Form eines Sicherheitsberichte ist zu erstellen. Der Bericht muss eine Beschreibung der Anlagen, eine Analyse über mögliche Unfälle und die umgesetzten Schutzmaßnahmen beinhalten. Diese sind seitens der Behörde durch Amtssachverständiger alle fünf Jahre auf ihre Übereinstimmung der Bestimmungen zu überprüfen und gegeben Falls zu erneuern (vgl.

Bundesministerium 2017, S.4f.).

Berücksichtigung aller Domino-Effekte

Wenn ein erhöhtes Risiko für Unfälle aufgrund der Nähe zu anderen Betrieben herrscht, ist der Betreiber eines Seveso-Betriebes verpflichtet diese Information in ihren Sicherheitsbericht miteinzubeziehen und in den Notfallplänen zu berücksichtigen.

Anlagenänderung

Wenn es durch Anlagenänderung zu einer Änderung der Gefahren kommt, muss das Sicherheitskonzept erneuert werden.

Notfallpläne

Der Betreiber ist bei Vorhandensein gefährliche Stoffe über dem oberen Grenzwert verpflichtet, einen internen Notfallplan zu erstellen und dieser der Behörde für die Erstellung eines externen Notfallplanes zu übermitteln.

(31)

22

Informationspflicht

Wenn in einem Seveso-Betrieb ein Unfall eintritt, verpflichtet die Seveso-Richtlinie die zuständige Behörde über die Umstände des Unfalls, über die beteiligten gefährlichen Stoffe und über die eingeleiteten Maßnahmen zu informieren.

Neben den Pflichten der Betreiber schreibt die Seveso-Richtlinie auch Pflichten für die zuständigen Behörden vor. Diese sind die Sicherheitsberichte zu überprüfen, einen externen Notfallplan zu erstellen und Inspektionen durchzuführen. Nach Eintreten schwerer Unfälle gemäß Art 9 Abschnitt 6 lit a Seveso-Richtlinie ist der Europäischen Kommission alle Informationen über den Unfall zu übermitteln. Die Kommission hat zur Aufgabe, alle Unfälle zu analysieren und daraus abgeleitete behördliche Empfehlungen an die Mitgliedsstaaten zu übermitteln (vgl. Pichler 2011, S.17ff.).

2.3.2. ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) stellt eine Grundlage für die Arbeitssicherheit für Arbeitnehmer in Österreich dar, um die Unfallgefahr und arbeitsbedingt Erkrankungen zu vermeiden (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.4f.).

Die europäische Arbeitnehmerschutz-Rahmenrichtlinie (89/391/EWG) wurde durch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und die dazu erlassenen Verordnungen ins österreichische Recht umgesetzt und trat in ihrer ursprünglichen Form im Jahre 1995 in Kraft (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.1).

Grundsätzlich beschreibt das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zwei Anwendungsbereiche:

1) Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Dieser Bereich beschreibt alle technischen und arbeitshygienischen Schutzvorschriften.

2) Arbeitszeit- und Verwendungsschutz

Hier werden Arbeitszeit- und Arbeitsruheregelungen sowie Schutzbestimmungen für schutzwürdige Gruppen, wie etwa Jugendliche oder werdende Mütter zusammengefasst (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.1).

Im Zuge dieser Masterarbeit wird der erste Anwendungsbereich genauer beschrieben.

Laut § 4 (Festlegung von Maßnahmen/Arbeitsplatzevaluierung) ist der Arbeitgeber verpflichtet alle gesundheitlichen Gefährdungen und Belastungen am Arbeitsplatz zu ermitteln und zu beurteilen. Eine Evaluierung ist unter anderem erforderlich:

• Nach Unfällen,

• Nach Auftreten von arbeitsbedingten Erkrankungen,

• Nach Einführung neuer Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren oder Arbeitsstoffe oder

• Wenn Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit besteht.

(32)

Auf Basis der ermittelten Gefährdung sind geeignete Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festzulegen und Vorkehrungen für Not und Rettungsmaßnahmen sowie Betriebsstörungen zu treffen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.6; BGBl. Nr. 450/1994, § 4).

Laut § 7 des ASchG müssen Arbeitgeber bei Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsvorgängen sowie bei der Wahl von Arbeitsmittel folgende neun Grundsätze der Gefahrenverhütung umsetzen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.5; BGBl. Nr.450/1994, § 7):

1. Vermeidung von Risiken,

2. Abschätzung nicht vermeidbarer Risiken, 3. Gefahrenbekämpfung an der Quelle,

4. Berücksichtigung des Faktors „Mensch“ bei der Arbeit, 5. Berücksichtigung des Standes der Technik,

6. Ausschaltung oder Verringerung von Gefahrenmomenten, 7. Planung der Gefahrenverhütung,

8. Vorrang des allgemeinen Gefahrenschutzes vor dem Gefahrenschutz für die Einzelnen und

9. Erteilung geeigneter Anweisungen an die Arbeitnehmer.

Zur Gefahrenreduktion eines Brandes oder einer Explosion müssen Bekämpfungsmaßnahmen getroffen werden, wie beispielsweise durch Feuerlöscheinrichtungen, Brandmeldeanlagen oder einer Brandschutzwarte (vgl.

Arbeitsinspektorat, 2015, S.12). Weiters ist der Arbeitgeber laut § 12 dazu verpflichtet, die Arbeitnehmer ausreichend über die Gefahren für Sicherheit und Gesundheit sowie über die Gefahrenverhütungsmaßnahmen zu unterrichten (vgl. BGBl. Nr. 450/1994, § 12).

Arbeitsmittel müssen regelmäßig durch fachkundiges Personal gewartet und geprüft werden (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.16).

Gefährliche Arbeitsstoffe müssen evaluiert und laut den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) entsprechend dem

• Chemikaliengesetz 1996,

• Pflanzenschutzmittelgesetz 2011,

• Abfallwirtschaftsgesetz 2002 oder

• Biozid-Produkte-Gesetz gekennzeichnet werden (vgl. BGBl. Nr. 450/1994, § 40).

Krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende und biologische Arbeitsstoffe müssen, wenn ein gleichwertiges Arbeitsergebnis erreicht werden kann, durch einen weniger gefährlichen Stoff ersetzt werden (vgl. BGBl. Nr. 450/1994, § 42).

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz schreibt die ordnungsgemäße Lagerung gefährlicher Arbeitsstoffe laut § 44 Abschnitt 3 ASchG vor. Grenzwerte, wie die MAK-

(33)

24 Werte (Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen) müssen eingehalten werden. Bei Grenzwertüberschreitungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, die vorgeschriebenen Maßnahmen laut § 45 ASchG zu setzen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2015, S.18ff.).

Eine den Arbeitstätigkeit und Einsatz geeignete Arbeitskleidung oder persönliche Schutzausrüstung (PSA) muss vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden (vgl.

Arbeitsinspektorat, 2015, S.31).

Ein tödlicher oder beinahe tödlicher Arbeitsunfall ist unverzüglich durch den Arbeitgeber an das zuständige Arbeitsinspektorat und gegebenenfalls an die Polizei und den Versicherer zu melden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtetet jeden Unfall oder jedes Ereignis, welches beinahe zu einem Unfall geführt hätte, an den Vorgesetzten zu melden.

Aufzeichnungen darüber sind zu führen und müssen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Bei der Verwendung von krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdeten oder biologischen Arbeitsstoffen müssen auch kleinere Zwischenfälle gemeldet werden. Nach dem Unfall sind eine Gefährdungsevaluierung und eine Unterweisung der Arbeitnehmer durchzuführen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2017).

Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes wird durch die Arbeitsinspektion überprüft. Kontrollen können unangekündigt bei Verdacht auf Gefahr für Leben oder Gesundheit erfolgen (vgl. Arbeitsinspektorat, 2018).

Auf Grundlage des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes gelten auch folgende Verordnungen für den Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen:

• Grenzwerteverordnung 2011 (GKV),

• Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV),

• Verordnung biologische Arbeitsstoffe (VbA),

• Verordnung explosionsfähige Atmosphären (VEXAT),

• Verordnung über die Gesundheitsüberwachung (VGÜ),

• Kennzeichnungsverordnung (KennV, CLP-Verordnung),

• Verordnung Persönliche Schutzausrüstung (PSA-V),

• Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF),

• Areosolpackungslagerungsverordnung APLV (frühere Druckgaspackungslagerungsverordnung (DGPLV) und

• Flüssiggas-Verordnung (FGV) (vgl. Arbeitsinspektorat, 2016, S 2ff.).

Auf die oben genannten Verordnung VEXAT wird im nächsten Abschnitt noch genauer eingegangen.

(34)

2.3.3. VEXAT - Verordnung explosionsfähige Atmosphären

Die europäischen Richtlinien 2014/34/EU (Herstellerrichtlinie) und 1999/92/EG (Verwenderrichtlinie) wurde in Österreich durch die Verordnung über den Schutz der ArbeitnehmerInnen vor explosionsfähigen Atmosphären (VEXAT) sowie die Explosionsschutzverordnung (ExSV 2015) umgesetzt. Informationen über die Explosionsschutzverordnung sind dem anschließenden Kapitel zu entnehmen (vgl.

AUVA, 2017, S.6).

Im Jahr 2004 trat in Österreich die Verordnung über den Umgang mit explosionsfähigen Stoffen am Arbeitsplatz in Kraft, welche vor allem auf § 25 Abschnitt 6 des ASchG (Verpflichtung des Arbeitgebers dafür Sorge zu tragen, dass Explosionen verhindert und die Folgen einer Explosion vermindert werden) aufbaut (vgl. Wurm, 2018).

Laut § 4 sind Arbeitgeber verpflichtet, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von explosionsfähigen Atmosphären und deren damit verbundenen spezifischen Gefahren sowie die Eigenschaften der Arbeitsstoffe zu analysieren und zu beurteilen. Dabei werden normale Betriebsbedingungen, In- und Außerbetriebnahme und vorhersehbare Störungen, sowie Instandhaltung, Reinigung, Prüfung und Störungsbehebung berücksichtigt (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, § 4).

Wenn durch die Analyse das Auftreten von explosionsfähigen Atmosphären festgestellt werden konnte, ist der Arbeitgeber laut § 5 verpflichtet, ein Explosionsschutzdokument zu erstellen (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, § 5). Dieses wird in Abschnitt 3.2 als Anwendungsbeispiel eigens vorgestellt.

Laut § 6 sind Arbeitnehmer über die Gefahren und Auswirkungen, welche von den explosionsfähigen Atmosphären ausgehen zu unterrichten und für das richtige Verhalten bei der Durchführung von Arbeiten und im Ausnahmefall zu unterweisen. Ein Arbeitsfreigabesystem ist festzulegen (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, § 6). Durch eine Gefahrenanalyse, wie in § 9 beschrieben, sollen Arbeitsmittel, Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung geprüft werden (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, § 9).

Nach der Gefahrenanalyse und Bestimmen der verschiedenen Zonen müssen Maßnahmen zum Explosionsschutz für die verschiedenen Bereiche definiert werden. Die Maßnahmen werden in primärer, sekundärer und tertiärer (konstruktiver) Explosionsschutz eingeteilt (vgl. BGBl. II Nr. 309/2004, 2. Abschnitt, § 10). Eine genauere Beschreibung der Maßnahmen ist Kapitel 3.1 Schutzmaßnahmen zu entnehmen

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