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BPtK-Hintergrund: Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen

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Academic year: 2022

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BPtK-Hintergrund

Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkran- kungen

22. Juni 2011

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AOK BEK TK BKK DAK GEK Die Bundespsychotherapeutenkammer analysiert jährlich die Daten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Arbeitsunfähigkeit (AU) und fasst sie in eigenen Auswertungen zusammen.

Arbeitsunfähigkeit

Der Trend ist ungebrochen: Deutsche Arbeitnehmer sind immer häufiger aufgrund von psychischen Erkrankungen arbeitsunfähig (Abbildung 1). Nach Angaben der Betriebs- krankenkassen entfielen 1976 noch 46 Tage pro 100 Versicherte auf psychische Erkran- kungen. Aktuell sind es bei allen großen gesetzlichen Krankenkassen bereits mehr als 150 Tage. Mittlerweile gehen rund 12 Prozent aller betrieblichen Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück. Im Vergleich zu den 1970er oder 1980er Jahren werden deutlich weniger Fehltage durch körperliche Krankheiten verursacht. Bei allen großen gesetzli- chen Krankenkassen zeigt sich ein einheitlicher Trend, dass psychische Erkrankungen bei den betrieblichen Fehltagen immer häufiger auftreten.

Abbildung 1: Anteil der AU-Tage durch psychische Erkrankungen

Quelle: BPtK, 2011

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AOK BEK TK BKK DAK GEK Dauer der Arbeitsunfähigkeit

Psychische Erkrankungen führen zu verhältnismäßig langen Krankschreibungen, durch- schnittlich zwischen drei und sechs Wochen (Abbildung 2). Demgegenüber fällt ein Ar- beitnehmer mit einer Atemwegeerkrankung etwa nur eine Woche aus. Deutsche Arbeit- nehmer erkranken am häufigsten an Depressionen, gefolgt von psychischen Erkrankun- gen, die durch belastende oder traumatische Lebensereignisse hervorgerufen werden („Belastungsreaktionen oder Anpassungsstörungen“). Danach folgen somatoforme Stö- rungen, also körperliche Beschwerden, die keine organische Ursache haben, und „un- spezifisch-neurotische Diagnosen“. Depressionen verursachen deutlich längere Krank- schreibungen als Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen. Ein depressiv Kran- ker ist zwischen fünf und acht Wochen nicht arbeitsfähig, manche fallen sogar 13 Wo- chen lang aus. Die Dauer der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich über die Jahre nicht nennenswert verändert.

Abbildung 2: Dauer einer Krankschreibung aufgrund psychischer Erkrankungen in Tagen

Quelle: BPtK, 2011

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Psychische Krankheiten nehmen bei Jung und Alt zu

Psychische Erkrankungen nehmen sowohl bei jungen als auch älteren Arbeitnehmern zu. 2009 entfielen auf 100 Versicherte durchschnittlich 6,4 Arbeitsunfähigkeitsfälle auf- grund psychischer Erkrankungen. Im Vergleich zu 2000 verzeichnet die DAK insbeson- dere einen Anstieg der AU-Tage bei 20- bis 30jährigen, die Techniker Krankenkasse (TK) bei den 30- bis 40jährigen. Wesentlicher ist allerdings, dass die Dauer der Krank- schreibungen mit dem Alter zunimmt. Dies gilt auch für psychische Erkrankungen, die bei 55- bis 60jährigen durchschnittlich mehr als doppelt so lange andauern wie bei 20- bis 25jährigen.

Die Ergebnisse dieser Analyse bestätigen allgemeine Erkenntnisse über die Häufigkeit psychischer Erkrankungen. Abgesehen von einem leichten Anstieg in höheren Alters- gruppen verteilen sich die AU-Fälle durch psychische Erkrankungen relativ gleichmäßig über die Altersgruppen (Abbildung 3). Auch in der Allgemeinbevölkerung erkranken jun- ge und alte Menschen etwa gleich häufig an psychischen Leiden. Frauen sind häufiger psychisch krank als Männer, ältere Frauen aber nicht häufiger als jüngere. Die meisten Angsterkrankungen treten beispielsweise schon vor dem 25. Lebensjahr auf. Depressio- nen können in allen Lebensjahren auftreten. Depressionen werden häufig zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen diagnostiziert. Eine Erklärung dafür ist, dass sich Depressionen oft als Folge von anderen unbehandelten Erkrankungen, vor allem Angst- störungen, entwickeln.

Abbildung 3: AU-Fälle je 100 Versicherungsjahre aufgrund psychischer Erkrankungen nach Altersgruppen

Quelle: BPtK, 2011

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Bewertung der Studienergebnisse

Die ständig steigende Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer aufgrund psychischer Krankheiten arbeitsunfähig sind, belegt die tatsächliche Dimension psychischer Erkran- kungen. Psychische Krankheiten wurden jahrzehntelang übersehen oder nicht richtig diagnostiziert. Die wachsende Zahl von Arbeitnehmern, die aufgrund einer seelischen Störung arbeitsunfähig sind, ist deshalb nicht überraschend. Die Zunahme ist aber auch eine Folge der steigenden psychomentalen Anforderungen in modernen Dienstleis- tungsgesellschaften.

Metaanalysen belegen, dass Erwerbstätige bei der Kombination aus hohen Anforderun- gen (z. B. Zeitdruck, Komplexität der Aufgaben, Verantwortung) und geringem Einfluss auf den Arbeitsprozess überdurchschnittlich häufig psychische Erkrankungen entwickeln.

Weitere Studien zeigen eine Häufung psychosomatischer Beschwerden, wenn ein gra- vierendes Ungleichgewicht zwischen Einsatz im Beruf („Verausgabung“) und Entlohnung sowie Anerkennung (z. B. Gehalt, Wertschätzung der Person, Aufstiegschancen, Ar- beitsplatzsicherheit) besteht. Neue Studien weisen nach, dass eine hohe Arbeitsintensi- tät (Zeitdruck, häufige Störungen des Arbeitsablaufs und wenig Möglichkeiten, Aufgaben an Andere zu delegieren) das Risiko erhöht, an einer Depression zu erkranken.

Die psychische Gesundheit des Menschen ist dann besonders gefährdet, wenn er an seinem Arbeitsplatz zwischen hoch verdichteten Anforderungen und komplexen Abhän- gigkeiten erlebt, dass er mit seinen Entscheidungen und Handlungen wenig oder nichts bewirkt. Ein Stahlarbeiter arbeitet primär unter hohen körperlichen Belastungen, ein Bü- roangestellter muss weniger körperlich, sondern vor allem mental leistungsfähig sein.

Mitarbeiter in Callcentern müssen sich z. B. im Minutentakt mit unzufriedenen Kun- den auseinandersetzen. Das ständige Gefühl, nichts daran ändern zu können, dass man von außen gesetzten Anforderungen nicht gerecht werden kann, macht krank.

Psychisch gesund bleibt eher, wer erlebt, dass er Einfluss auf seine Tätigkeitsabläufe hat, sich wertgeschätzt fühlt und mit seinen beruflichen Möglichkeiten und Anerken- nungen zufrieden ist.

Referenzen

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