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OPUS 4 | Theatermagazin 17

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Academic year: 2022

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Magazin#17

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Theaterkasse Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 10-14 Uhr außer an Feiertagen Telefon (0331) 98 11- 8 Fax (0331) 98 11-900

e-Mail kasse@hansottotheater.de

Die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.

Abonnementbüro Mo / Do 10-12 Uhr und 16-18 Uhr Telefon (0331) 98 11-950 Fax (0331) 98 11-980 e-Mail abo@hansottotheater.de

Öffentlichkeitsarbeit / Marketing Telefon (0331) 98 11-120 Fax (0331) 98 11-128 e-Mail m.schoenfeld@hansottotheater.de herausgeber Hans Otto Theater GmbH Potsdam | Schiffbauergasse 11 | 14467

Potsdam intendant Tobias Wellemeyer geschäftsführender direktor Volkmar Raback Kuratoriumsvorsitzende Dr. Iris Jana Magdowski | Amts- gericht Potsdam, HRB 7741 Redaktion Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit Layout Thomas Matauschek fotografie HL Böhme, Göran Gnaudschun (Außer Kontrolle, Wildwuchs, Porträt Remsi Al Khalisi), Robert Krug (Porträt Anja Engel) Druck Brandenburgische Unversitätsdruckerei und Verlagsgesell- schaft Potsdam mbH

Ein Unternehmen der Landeshauptstadt Potsdam, gefördert mit Mitteln der Lan- deshauptstadt Potsdam und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.

2 intro

Januar-Februar 2013 www.hansottotheater.de

3 im spielplan

Liebe Besucher des Hans Otto Theaters,

im Namen des Ensembles und in meinem eigenen Namen wün- sche ich Ihnen ein glückliches 2013! Wir haben uns gleich für die ersten Wochen viel vorgenommen und starten mit drei Premieren in den Januar! Den Anfang macht ein großer Shakespeare-Abend: »Das Wintermärchen«, für viele das schönste unter Shakespeares unsterblichen Stücken. Ein König verliert das Glück durch sein eigenes Tun, doch ehe es zurückkehren kann, muß zuerst ein Wunder geschehen … Premiere hat das Stück in meiner Regie am 11. Januar auf der großen Bühne.

»Außer Kontrolle« ist die erfolgreichste Komödie von Star-Autor Ray Cooney. Ein Politiker verabredet sich im Hotel zum Ehebruch, doch im Zimmer liegt eine Leiche. Ein Skandal droht – und die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Andreas Rehschuh führt Regie, Premiere ist am 31. Januar, ebenfalls im großen Haus.

John Steinbeck (»Früchte des Zorns«) erwies seine erzählerische Kraft auch in der Geschichte »Von Mäusen und Menschen«:

Lennie und George sind ein ungleiches Freundespaar. Sie wandern als Tagelöhner über Land und träumen von einem ei- genen Stück Land. Lennie ist ein Simpel mit starken Händen, doch seine Hände machen auch kaputt. Als die junge Frau des Hofbesitzers sich ihm zu nähern beginnt, gelangen Lennie und sein Freund an einen Wendepunkt. Premiere ist am 18.

Januar in der Reithalle, Regie führt Niklas Ritter. Es wirken erstmals auch zwei Studierende der Universität der Künste Berlin mit, der größten Kunst-Universität der Republik, mit der wir künftig eng zusammenarbeiten möchten. Ein erstes Gemeinschaftsprojekt ist unser neues Werkstattfestival »Wildwuchs. Junge Texte fürs Theater«. Die erste Ausgabe erwartet Sie am 16. Februar. Erleben Sie eine aufregende Lange Nacht mit crashkursartigen Kurzinszenierungen junger UdK-Texte, dazu Gespräche, Poetry Slam und Party open end – ein unterhaltsamer Abend für Theaterfreunde und Freigeister. Besonders freuen wir uns auch auf das neue Theaterprojekt des Förderkreises Hans Otto Theater e. V. Es setzt sich unter dem Titel »Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen« mit dem rassistischen und rechtsextremen Alltag in Deutschland auseinander. Dazu kommt das künstlerische Team von »Staats-Sicherheiten« aufs neue zusammen: Idee und Konzept stammen von Lea Rosh und Renate Kreibich-Fischer; Regie führt Clemens Bechtel.

Bitte besuchen Sie uns auch zu unserer neuen Matinee-Reihe »Sonntag um 11« am 20. Januar:

Andreas Rehschuh, unsere Schauspieler und ich stellen Ihnen unsere Premieren vor!

IhrTobias Wellemeyer, Intendant

»Eine packende Studie über bröckelnden Humanismus, ein Glanzpunkt dieser Schauspielsaison.«

Märkische Allgemeine Zeitung

»Eine packende Inszenierung.«

Berliner Morgenpost

» … wuchtig-intensiv, an vielen Stellen berührend.«

Potsdamer Neueste Nachrichten

»Das dringt durch – auch durch unsere eigenen Verhärtungen.« rbb online

#17

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4-5 premiere

William Shakespeare Das Wintermärchen

Regie Tobias Wellemeyer Bühne Matthias Müller Kostüme Ines Burisch Musik Gundolf Nandico choreografie Marita Erxleben

Mit Eva Bay, Patrizia Carlucci, Juliane Götz, Marianna Linden, Sabine Scholze; Marc Eisenschink, Alexander Finkenwirth, Dennis Herrmann, Christoph Hohmann, Marcus Kaloff, Roland Kuchenbuch, Raphael Rubino, Michael Schrodt, Wolfgang Vogler

Premiere 11. Januar 2013

Vorstellungen Januar: 19. / 20. / 24.

Februar 15. / 19. / 23. / 24.

Spielort Neues Theater Vor allem zwei Sätze von William Shakespeare in seinem späten

Stück »Das Wintermärchen« sind berühmt, zwei Regieanweisun- gen: »Er geht ab, verfolgt von einem Bären« und die Beschreibung

»Böhmen. Eine unbewohnte Küste.« Die erste Regieanweisung entlässt das Publikum im dritten Akt mit befreiendem Geläch- ter aus den tragischen Verwicklungen eines Eifersuchtsdramas und öffnet den Horizont für das folgende komödiantische Schä- ferspiel, in das die Handlung des zweiten Teils (zunächst) führt.

Dass Shakespeare mit der zweiten Regieanweisung ein inner- kontinentales Böhmen ans Meer verlegt hat, entspricht nicht nur dem Selbstverständnis des Theatermachers, der die Dinge poe- tisch so zusammenführt, wie sie für das Geschehen nötig sind, sondern lässt darüber hinaus vermuten, dass das Stück Gegensät- ze zusammenführt, Widersprüche und Gegenwelten zueinander stellt, um daraus etwas Neues, Drittes entstehen zu lassen.

Der erste Teil erzählt die Geschichte des Königs Leontes von Si- zilien, eines Mannes, der in der Mitte seines Lebens alles erreicht zu haben scheint: Macht, Reichtum, einen Sohn, eine schöne Frau (schwanger mit einem weiteren Kind), und der dennoch plötzlich, ohne ersichtlichen Grund von maßloser Eifersucht er- griffen wird und in eine Lebenskrise stürzt, an deren Tiefpunkt er sein neugeborenes Baby regelrecht wegwirft. Ausgerechnet seinen Jugendfreund (seinen Milchbruder), den böhmischen König Polixenes, beschuldigt er des Ehebruchs mit seiner Frau Hermione. Polixenes beschwört die gemeinsame Kindheit der beiden Männer als eine Zeit paradiesischer Unschuld herauf, in der sie »wie Zwillingslämmer« herumtollten. Polixenes’ Satz:

»Wir waren unschuldig.« ist vielleicht Mahnung an den Freund, er möge doch an das Verbindende gemeinsamer Vergangenheit denken, und zugleich Hinweis auf des Menschen Schicksal, das für jeden im Verlauf der Zeit den Verlust der Unschuld bedeutet.

Es gelingt Polixenes nicht, den Riss des Misstrauens in Leontes, seine Eifersucht zu heilen. Die Eifersucht war für Augustinus eine uralte Spur des Sündenfalls, die schon bei Säuglingen hef- tig zutage tritt, wenn sie den »Milchbruder« beim Säugen sehen, und sie ist spätestens seit Kain und Abel als Böses in der Welt.

Die Wurzel des Bösen aber ist die »Enge der Zeit.«

Leontes lebt in einer modernen Welt, die ihm keine Grenzen des Möglichen vorzuzeichnen scheint, die vom Überangebot geprägt ist und in der Folge von Verlust- und Versagensängsten. Es gibt nichts, was er nicht hat. Mit fortschreitendem Alter bleibt dem König für immer mehr Möglichkeiten als einzige Begrenzung – immer weniger Zeit. Es ist diese paradoxe Bedingtheit des Menschen, der mit »endlicher Lebenszeit unendliche Wünsche«

(Hans Blumenberg) hat, die sich im Moment der tiefen Melan- cholie und Depression als Panik offenbart. Leontes’ Krise kann als »Entsetzen darüber« gelesen werden, »dass die Zeit in einer Weise abläuft, dass an ihrem Ende nichts geschehen sein wird.«

(Sloterdijk) Dunkle Planeten künden Hermione von den Seelen- verwüstungen ihres Mannes, und sie opfert sich in bedingungs- loser Liebe dieser ruinösen Beziehung. Auch die Hofdame Pauli- na weiß die schwarzen Planeten der Melancholie zu deuten und

versucht, im Direktkontakt mit der Ewigkeit den König zur Ver- nunft zu bringen. Paradoxerweise sorgt Leontes nicht dafür, sei- ne Zeitperspektive über diesen panischen Punkt hinaus wieder zu erweitern, sondern kappt, im Gegenteil, die Verbindungen in die Zukunft. Er nimmt sich jede Möglichkeit, durch Nachkom- men die eigene Lebenszeit zu übersteigen, indem er seine Frau und seinen Sohn in den Tod treibt und die neugeborene Tochter in der Wildnis aussetzen lässt. Die Tochter wird, so will es das Wintermärchen, ausgerechnet an der Küste Böhmens ausgesetzt und »Perdita«, die Verlorene, genannt.

Erst 16 Jahre später, »wenn das Verlorene wiedergefunden wird«, so verkündet das Orakel von Delphi, kann sich das Unheil wie- der zu blühendem Leben wandeln. Shakespeares Böhmen ist eine antithetische Gegenwelt zum düsteren Reichtum von Leon- tes’ sizilianischem Paranoia-Raum. Mit jenem schon erwähnten, berühmten Bären gelangt der Zuschauer von der Kultur in die raue Natur, aus dem Kulturraum Sizilien in ein quasibarbarisches Böhmen der Unschuld, arm aber lebensprall, spielerisch und ko- mödiantisch, in dem die Utopie des Neuanfangs trotz existenti- eller Härten möglich scheint. Diese Utopie ist die Liebe zwischen der unerkannten Perdita und dem böhmischen Prinzen Florizel, die sich auf ihrem ausgelassenen Schafschurfest trotz eines ver- meintlichen Standesunterschieds über alle Begrenzungen durch Macht, Geld, Karriere mit jugendlicher Entschlossenheit hin- wegsetzen. Bis ihr Traumspiel jäh zerstört wird – von Polixenes, der inzwischen deutliche Züge von Leontes’ Hartherzigkeit zeigt.

Mit dem Liebespaar macht sich der Zuschauer schließlich auf, die pastorale Märchenwelt zu verlassen. Good morning, Paler- mo! Wir kehren nicht ins »alte« Sizilien zurück, sondern betreten eine Welt der Kunst, in der »das Verlorene wiedergefunden« wird und das Wunder geschehen kann. Hier können sich die gegen- sätzlichen Erfahrungen zu Neuem zusammenfügen. Hier erzäh- len sich die Wiedervereinigten ihre Geschichten, hier wird Ver- einzelung überwunden. Es ist der Wunderraum der Paulina, die 16 Jahre eine Statue der Hermione aufbewahrt hat, es ist der Ort, an dem Shakespeares vielleicht schönstes Theaterwunder statt- finden kann: die Erweckung von Hermiones Statue zum Leben.

Das Rätsel, ob Hermione 16 Jahre bei Paulina überdauert hat oder Stein zum Leben erweckt wird, bleibt im Kern unlösbar. Die Auf- erstehung der Hermione ist sicher auch eine Theatermetapher, und Shakespeare zeigt uns mit dieser Auferstehung das Thea- ter als den Ort des Wunders schlechthin, als den Ort, an dem jederzeit das Leben aus dem Tod zurückkehren kann, wenn die Schauspieltruppe dafür sorgt. Und so wie Märchen benutzt werden, um Kindern die Härten des Wirklichen zu erleichtern, obwohl das Kind sie ahnt, so ist die Erweckung von Hermiones Statue sowohl Trost über den Gedanken der Endlichkeit, als auch Spiel, in das der Zuschauer eingeweiht ist, und ein kurzer Mo- ment, der aus der Zeit herausragt, bis die Truppe sich verbeugt.

Remsi Al Khalisi

GOOD MORNING, PALERMO!

Tobias Wellemeyer inszeniert »Das Wintermärchen« von William Shakespeare.

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6-7 premiere

John Steinbeck Von Mäusen und Menschen

Regie Niklas Ritter Bühne Bernd Schneider Kostüme Karoline Bierner musik Tilman Ritter

Mit Elzemarieke de Vos, Jan Breustedt, Eddie Irle, Peter Pagel, Florian Schmidtke, Axel Sichrovsky, Anton Weil

Premiere 18. Januar 2013

Vorstellungen Januar: 20. / 25. / 27.

Februar: (1. in Frankfurt/Oder) / 3. /9.

Spielort Reithalle

Zu stark für die Welt

Ein Gespräch mit dem Regisseur Niklas Ritter zu John Steinbecks »Von Mäusen und Menschen«.

Was interessiert dich an dem 1937 erschienen Roman von John Steinbeck?

Als mir Tobias Wellemeyer im vergangenen Jahr die Inszenierung

»Von Mäusen und Menschen« angeboten hat, habe ich mich sehr gefreut, denn ich bin ein großer Steinbeck-Fan. Ich habe 2010 am Maxim Gorki Theater an der Inszenierung des Romans »Früch- te des Zorns« mitgearbeitet, zudem ist sein Epos »Jenseits von Eden« eine meiner Lieblingsgeschichten. Steinbeck ist für mich ein großer Autor, der vielleicht etwas in Vergessenheit geraten ist, aber dessen Geschichten es unbedingt verdienen, auf der Bühne erzählt zu werden. »Von Mäusen und Menschen« ist eine große Menschheitserzählung: Es geht um Freundschaft, Verrat, Macht, Armut und das Alter, und nicht zuletzt werden die Geschichten von Menschen erzählt, die in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt werden. Zudem verhandelt Steinbeck in der Figur der Verlobten von Curley die Position der Frauen in den Südstaaten der USA in den 30er Jahren, denn sie muss als einzige Frau in der Männerwelt der Farm bestehen.

Doch Steinbeck erzählt im Roman nicht einfach eine geradli- nige Geschichte …

Er erzählt die Geschichte aus der Sicht seiner Hauptfigur, Len- nie. Lennie reagiert als Mensch mit Behinderung ganz anders auf seine Umwelt und kann diese auch unvoreingenommen und viel wahrhaftiger aufnehmen. Steinbeck erzählt immer wieder von Lennies Traum, der in einer eigenen Farm mit Kaninchenzucht besteht. Die Kaninchen symbolisieren darin den Traum sozialer Absicherung und Geborgenheit, und nach psychoanalytischen Traumdeutungen können sie auch für den unschuldigen Teil der Natur stehen. Eine Unschuld, die Lennie auch selbst ver- körpert. So zeigen wir in unserer Inszenierung keinen Filmre- alismus, sondern tauchen in die Welt von Lennie Small, dessen

»andere« Erfahrungswelt wir szenisch und bildnerisch erfahr- bar machen wollen. Denn Lennies »naiver« Blick auf die Welt ermöglicht auch einen unverstellten Blick auf die Gesellschaft.

Steinbeck beschreibt, wo die Ursprünge des »American Dream«

liegen, also des amerikanischen Traumes, der verspricht, dass ein jeder durch harte Arbeit und Willenskraft sein Leben ver- bessern kann. Er hinterfragt so kritisch das große Versprechen des »Amerikanischen Traumes«, indem es dem Leser nur den unerfüllten Traum eines Paradieses zeigt. Steinbeck führt aber erbarmungslos vor, wie dieser Traum an der Realität der »Great Depression«, der amerikanischen Wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre, zerbricht.

Doch im Zentrum steht die Freundschaft der beiden Wander- arbeiter, George und Lennie.

In ihrer Freundschaft, allen Widrigkeiten zum Trotz und gegen alle Wahrscheinlichkeit, stehen sie auch für das menschliche Grundbedürfnis nach Liebe und Nähe. Sie stehen auch stellver- tretend für die anderen Figuren und ihre Träume. Obwohl sie an der Welt scheitern müssen, bedeutet Lennies Tod auch das Ende ihrer Träume.

Du hast auch die Spielfassung selbst verfasst, war der Roman in dieser Hinsicht eine Herausforderung?

Der Roman eignet sich sehr für eine Dramatisierung. Ursprüng- lich hatte Steinbeck »Von Mäusen und Menschen« sogar als Dra- ma konzipiert, und diesen Ursprung merkt man dem Roman auch an, z. B. ist er reich an Dialogen. Zudem etabliert Steinbeck sehr genaue Orts- und Charakterbeschreibungen, die eine fast filmische Situation schaffen und auf deren Grundlage man ei- gene Akzente in der Bearbeitung setzen kann. Auch sämtliche Liedtexte des Abends haben wir dem Seinbeckschen Original entnommen. Auf den Proben merken wir sehr schnell, dass eine Hauptaufgabe des Probenprozesses darin besteht, einen Schlüs- sel für Steinbecks Sprache in ihrem poetischen Realismus zu finden. Seine Sprache erfordert sehr viel Genauigkeit und Expe- rimentierfreude, damit nicht nur das Western-Cowboy-Klischee bedient wird, sondern ein Umgang mit der Geschichte gefunden wird, der die festgelegten Sprachmuster übersteigt und eine Aus- sage ermöglicht, die auch uns hier und heute direkt erreicht.

Zu dieser Form, die du auf den Proben finden möchtest, gibt auch die Bühne einen Rahmen vor.

Ja, und hier mag es fast paradox anmuten, dass unsere Bühne mit Western- und Südstaatenzitaten spielt. Wir möchten damit aller- dings keinen Naturalismus bedienen, sondern auch die Bühne ist der Idee entsprungen, dass die Umwelt von Lennies Fantasie geprägt wird. Ursprünglich gab es die Überlegung, Bausteinele- mente als Ausgangspunkt für die Bühne zu benutzen, also eine Welt zu schaffen, die dem kindlichen Blick Lennies auf die Welt entspricht. Doch so »naiv«-verspielt die Fassade auch erscheinen mag, mit dem tragischen Tod von Curleys Verlobter wird der Traum von der eigenen Farm endgültig zum Alptraum. So steht am Ende, ganz ähnlich wie in der biblischen Geschichte von Kain und Abel, der »Brudermord«. Lennie ist zu stark für diese Welt, um nicht von ihr zerdrückt zu werden. Lennie wird zu der Maus, die er selbst zu Beginn der Geschichte »aus Liebe« zerquetscht hat.

Das Gespräch führte Helge Hübner.

Re giss eur N ik las R itt er

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8-9 premiere

Regisseur Peter Zimmermann Ray Cooney ist einer der meist gespielten britischen Komödien-

autoren und beging 2012 seinen 80. Geburtstag. Zu seinem Er- folgsgeheimnis gehört, dass er nicht einfach nur Komödien schrieb, sondern sich der besonderen Gattung der Farce widme- te, die die gleichen Intentionen hat wie die Komödie – der Be- trachter soll lachen und seinen Spaß haben.

Die Farce ist extremer als die Komödie. Sie geht bis an die Gren- zen des Erträglichen und auch darüber hinaus. Sie kennt kein Erbarmen mit ihren Charakteren. Obwohl körperliche Gewalt in einer Farce ein wesentlicher Bestandteil ist, hat sie selten fatale Folgen, denn die Figuren der Farce sind unzerstörbar. Extrem hohes Tempo dient in der Farce dazu, den schon angeschlagenen Akteur weiter zu verunsichern. Er hat keine Zeit, sich auf eine be- stimmte Situation einzustellen, weil sie sich dauernd verändert.

Farce ist das Genre der schnellen Auftritte und Abgänge. Überra- schende Wendungen, Situationen, die durch eine plötzliche Klei- nigkeit in ihr Gegenteil verwandelt werden, Personen und Din- ge, die auftauchen und verschwinden, wenn sie dies nicht sollen oder man am wenigsten damit rechnet – all dies führt zu immer größerer Konfusion bei den Agierenden und zum Würdeverlust.

Die Mittel der Entwürdigungen sind vielfältig. Denn die Perso- nen der Farce sind nicht witzig, sie leiden! (Ausführlicher bei An- neliese Nowak: »Die amerikanische Filmfarce«, München 1991.) Auf die Frage, wie Ray Cooney eine Farce charakterisieren würde, spitzt er noch zu: »Meiner Meinung nach sind die bes- ten Farcen grundsätzlich Tragödien. Die Stückanlage muss auf eine krasse Tragödie übertragbar sein. Tragik ist das Wesen der Farce, und sogar die Dialoge einer Farce sollten mit denen einer Tragödie austauschbar sein. Die meisten Tragödien basieren auf dem Kampf des Individuums gegen überwältigende Mächte und seinen Anstrengungen, sich einer auftürmenden, gegen ihn rol- lenden Flut zu erwehren. Zusätzlich wird das Individuum noch gequält von seinen eigenen Charakterschwächen und der Unfä- higkeit, sie bei äußerem Druck unter Kontrolle zu halten. Und diese Beschreibung passt auf die meisten meiner Farcen!«

Im Mittelpunkt von »Außer Kontrolle« steht Richard Willey, ein von sich überzeugter, machtbewusster und selbstsicherer Politi- ker. Er hintergeht seine Frau, aber zugleich auch das Parlament, in welchem er als Staatsminister seinen Job tun müsste. Statt in der nächtlichen Parlamentsdebatte zu sitzen, will er die Zeit mit seiner Geliebten verbringen und trifft sich mit der Sekretärin des Oppositionsführers, Jane Worthington, in einer Hotelsuite. Als ein außergewöhnlicher Gast das Tête à tête stört, setzt Richard Willey alle Hebel in Bewegung, um einen Skandal zu verhin- dern, der seiner Karriere ein Ende machen würde. Moralische Bedenken stehen außer Frage. Nichts darf an die Öffentlichkeit gelangen. Vertuschung unter allen Umständen ist angesagt. Denn das Schlimmste, was ihm passieren könnte, wäre die Schlagzei- le »Staatsminister bei Sex-Orgie mit Sekretärin und Leiche er- wischt« – ein Alptraum! Skrupellos missbraucht Richard Willey seine Position, erkauft sich die Dienste des Zimmerkellners und benutzt seinen Sekretär George Pigden, der die zunehmend kri- minellen wie absurden Forderungen Willeys erfüllen muss.

»Außer Kontrolle« hält neben drei Paaren, dem Hotelmanager und dem Zimmerkellner noch zwei weitere Figuren bereit, die Objektcharakter haben. In der Farce erhalten Objekte den Sta- tus handelnder Personen, Objekte, die ein bösartiges Eigenleben entwickeln, die z. B. verschwinden oder auftauchen, wenn sie nicht sollen, und deren »falsches« Verhalten katastrophale Fol- gen haben kann. Man kann im wahrsten Sinne des Wortes von der »Tücke des Objekts« sprechen. Ray Cooney weist in seinem Stück zwei solchen »Objekten« wesentliche Rollen zu:

Erstens, einem nach oben zu öffnenden bzw. nach unten zu schließenden Schiebefenster. Nach einer schwer durchschauba- ren Dramaturgie setzt sich dieses Schiebefenster mit der fatalen Wirkung eines mörderischen Fallbeils, einer Guillotine, eigen- ständig agierend in Bewegung. Wie durch Geisterhand aktiviert, saust es auf diverse Personen hinab, um ihnen – beinahe – das Genick zu brechen.

Zweitens, einer Leiche. Die genaue Objektbezeichnung ist »Kör- per«. Aber nicht ein toter Mensch als solcher steht im Zentrum, weder die Frage, wer er ist, noch, warum er »zu Tode« kam, son- dern der störende Gegenstand, der umgehend und möglichst un- auffällig entsorgt werden muss, weil »er« sonst den Hauptakteur, den Staatsminister, kompromittieren würde. Ray Cooney treibt das Spiel immer weiter. Alles gerät »Außer Kontrolle«.

Eine Farce hört meist abnormal auf, weil alle Beteiligten, ein- schließlich der Zuschauer, erschöpft sind und nicht mehr wei- termachen können. Im Dienst der Komödie erfindet Cooney ein Happy End für George Pigden, denn er schafft es, durch die Ex- tremsituationen über sich hinauszuwachsen und enthemmt sei- ne Gefühle auszuleben. Dabei erkennt er die Frau fürs Leben.

Aber für Richard Willey kann es nur ein abruptes Ende geben.

Carola Gerbert

Eine Farce und die

Tücke des Objekts Ray Cooney

Außer Kontrolle

Regie Andreas Rehschuh Bühne Jan Steigert Kostüme Grit Walther Musik Gundolf Nandico

Mit Meike Finck, Melanie Straub, Andrea Thelemann;

Friedemann Eckert, Maximilian Klas, Jon-Kaare Koppe, Philipp Mauritz, Dirk Schoedon, René Schwittay Premiere 31. Januar 2013

Vorstellungen Februar: 3. / 10. / 11. / 20.

(23./24.2. in FF/O) Spielort Neues Theater

(6)

Die Regisseurin

Barbara Bürk

ist für ihre Inszenierung »Alice im Wunderland« mit dem Deutschen Theaterpreis

»FAUST« 2012 in der Kategorie »Beste Regie im Kinder- und Jugendtheater« geehrt worden. Wir gratulieren! Die Aufführung ent- stand am Jungen Schauspielhaus Hamburg. »Es ist eine schöne Anerkennung für uns alle. Die Sachen, die man gemacht hat, sind dadurch etwas weniger vergänglich.«, sagte sie in ihrer Dankesrede. Die Jugendsparte des Hamburger Schauspielhauses hat unter ihrem Künstlerischen Leiter Klaus Schumacher in den letzten Jahren mit einem reichen und ambitionierten Theaterangebot für Kinder und Jugendliche bundesweit eine Vorreiterrolle in der Theaterarbeit für junge Zuschauer eingenommen. Der »FAUST« wird vom Deutschen Bühnenverein, den Bundesländern, der Kulturstiftung der Länder und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste getragen. Barbara Bürk (»Eine Familie«) bringt mit der Uraufführung »Wellen« nach dem Roman von Eduard von Keyserling im März ihre zweite Potsdamer Inszenierung heraus.

Unser Schauspieler

Alexander Finkenwirth

wurde im November 2012 im Fachmagazin »Theater der Zeit« in einem ausführlichen Porträt vorgestellt. »Ein Schauspieler, immer auf der Suche nach Haltung – und zu klug, um sich für Schwarz oder Weiß zu entscheiden.« heißt es darin. Alexander Finkenwirth, der zur Zeit seine Ausbildung an der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« abschließt, ist in den Aufführungen »Der Eisvogel«, »Waisen« und – demnächst – »Das Wintermärchen« zu erleben.

11 festival

Am 16. 02. 2013 ab 18:00 Uhr in der Reithalle und

im »nachtboulevard«. Open End.

Für eine Lange Nacht tun wir uns zusammen mit der Univer- sität der Künste Berlin und präsentieren in crashkursartigen Kurzinszenierungen junge Texte fürs Theater von Studieren- den des Studiengangs Szenisches Schreiben. Das Hans Otto Theater knüpft damit in neuer Form an seine erfolgreiche Tradition der »Potsdamer Werkstatt-Tage« an. Auf der Büh- ne stehen Schauspielstudierende der UdK und Schauspieler unseres Ensembles. Eine Podiumsdiskussion bietet die Mög- lichkeit, die jungen Autoren im Gespräch mit dem Dramati- ker John von Düffel kennenzulernen.

Als Special Feature ist erstmalig die Potsdamer Poetry-Slam- Lesung »PotShow« zu Gast im «nachtboulevard«. Und im Anschluss Party mit DJ. Open end.

18:00 Uhr

DER SELBSTMORD DES MR. SCARLETT JOHANSSON von Thomas Köck

Szenen urbaner Ausnahmezustände und die ungeheure Begegnung zweier Selbstmörder, bei der Dick und Doof Pate gestanden haben könnten.

Regie Jessica Steinke Es spielen Laura Jastram; Johannes Aue, Jochen Weichenthal

18:30 Uhr

DER HIMMELBLAUE HERR von Fanny Sorgo

Eine poetisch-berührende Verdichtung seelischer Gefähr- dungen, die schicksalhaft durch drei Generationen einer Familie weitergereicht werden.

Regie Fabian Gerhardt Es spielen Lisa Hrdina, Hannah Müller, Karla Sengteller

Festivalprojekt des Hans O tto Theaters und der

19:00 Uhr

JENNY JANNOWITZ von Michel Decar

»Und täglich grüßt das Murmeltier« – aber verkehrt her- um: die Zeit scheint für einen jungen Mann in Schwarzen Löchern zu verschwinden.

Regie Jessica Steinke Es spielen Carolin Schupa;

Fabian Raabe, Pirmin Sedlmeir sowie Marie Hacke, Charlotte Mednansky, Monika Oschek

Außerdem jeweils:

PROLOGE von Köck / Sorgo / Decar

Regie Fabian Gerhardt Conférence Lisa Heinrici, Leon Stiehl

20:00 Uhr

PODIUMSGESPRÄCH mit den Autoren Michel Decar, Thomas Köck, Konstantin Küspert und Fanny Sorgo Moderation John von Düffel

20:30 Uhr

MENSCH MASCHINE von Konstantin Küspert

Ein Science-Fiction-Comic, in dem der Versuch, Künstliche Intelligenz zu vermarkten, auf die grotesk-»splatterartige«

Spitze getrieben wird.

Regie Tobias Wellemeyer 22:00 Uhr

POTSHOW

Poetry Slam mit Daniel Hoth, Sebastian Lehmann und Maik Martschinkowsky.

ab 23:00 Uhr

PARTY mit DJ. Open End.

Preis (inkl. Poetry Slam und Party) 15 €/erm. 10 € Poetry Slam 4 €/erm. 3 €

10 für junge zuschauer

Sonntag um 11

Am 20. Januar laden wir zur zweiten Folge unserer neuen Sonntagsreihe: In entspannter Vormittagsatmosphäre stellen wir Ihnen unsere neuesten Premieren vor: »Das Wintermärchen« von Shakespeare und die Komödie »Außer Kontrolle« von Ray Cooney. Im Gespräch mit den Regisseuren Tobias Wellemeyer und Andreas Rehschuh sowie den Schauspielern erfahren Sie Wissenswertes und Spannendes zu den Stücken. Wir freuen uns auf Sie! Termin 20. Januar 2013 Spielort Glasfoyer im Neuen Theater. Eintritt frei!

mit fr stücks-üh- angeb

ot

Junge Texte fürs Theater

nachrichten

RuDolf HeRfuRtneR

Der König hinter dem Spiegel

(6+) Uraufführung Regie Marita Erxleben

Bühne+Kostüme Alexandra Hahn Musik Andreas Lange video Yeni Harkanyi

Mit Alexandra Saldow, Friederike Walke; Bardo Böhlefeld, Bastian von Bömches

Premiere 14. Februar 2013 Vorstellungen 15. / 18. Februar Spielort Reithalle

KRiSto ŠAgoR

Werther.

Sprache der Liebe

(14+)

Regie Jens Heuwinkel

Bühne+Kostüme Agnes Treplin Live-Musik Rita Herzog, Matthias Warneke

Mit Juliane Götz; Florian Kroop, Florian Schmidtke

Premiere 28. Februar 2013 Spielort Reithalle

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Die Frage »Was macht eigentlich ein Dramaturg?« ist dir be- stimmt schon oft gestellt worden – was antwortest du darauf?

Ein Dramaturg ist Berater in allen inhaltlichen Fragen eines Theaters – in den Fragen der konzeptionellen Ausrichtung des Hauses, der Spielplangestaltung und beim Entstehen einer Thea- teraufführung. Dafür liest das Dramaturgen-Team das ganze Jahr über sehr viele Theaterstücke, um dem Intendanten Vorschläge für den Spielplan der folgenden Saison machen zu können. Auch die inhaltliche Vermittlung der Theaterarbeit nach außen, gegen- über dem Publikum, ist ein wichtiger Aspekt – so kommen alle Texte, die im Spielplan, im Jahresheft oder in der Theaterzeit- schrift zu lesen sind, aus der Dramaturgie. Außerdem arbeitet der Dramaturg stets eng mit dem Regisseur einer Theaterpro- duktion zusammen. Weit vor Probenbeginn beginnen die Re- cherchen und die gemeinsamen konzeptionellen Überlegungen, d. h. wie und warum möchte man das ausgewählte Stück gerade heute erzählen, welche gesellschaftsrelevanten Aspekte kann man in dem Stück entdecken, für welche Lesart entscheidet man sich sinnvollerweise. Der Dramaturg stellt Material zum historischen Kontext, zur Entstehung des Stückes, zum Autor und assoziatives Material zu den im Stück aufgeworfenen Fragen zusammen, er entwickelt gemeinsam mit dem Regisseur die Spielfassung und berät ihn bei Fragen der Besetzung und der Ausstattung. Auf den Proben ist der Dramaturg dann der erste Zuschauer und gibt re- gelmäßig Feedback in Form von Beschreibungen und Anregun- gen zu dem, was im Entstehen begriffen ist. Natürlich ist er auch verantwortlich für die Redaktion des Programmheftes. Nach der Premiere sind Einführungen und Publikumsgespräche für den Dramaturgen eine weitere, wichtige Möglichkeit, die Inhalte der Theaterarbeit nach außen zu vermitteln.

Welche Fähigkeiten sollte ein Dramaturg unbedingt mitbrin- gen? Ein Dramaturg muss gerne lesen, das ist ein Hauptbestand- teil des Berufes; er muss fundierte Kenntnisse der Weltliteratur aufweisen – von der Antike bis heute. Außerdem ist es für eine zeitgenössische Theaterarbeit wichtig, sich mit gesellschaftlich relevanten Fragen zu beschäftigen, sich über die öffentlichen Diskurse sowie über das Theatergeschehen auf dem Laufenden zu halten. Als Vermittler zwischen vielen Fronten, z. B. zwischen den Bedürfnissen der Gastkünstler und den Interessen des Hau-

ses, sollte ein Dramaturg über Einfühlungsvermögen, kommu- nikative und diplomatische Fähigkeiten verfügen. Die Fähigkeit, vermittelnde, vertiefende Texte zu schreiben, braucht man na- türlich auch.

Wie bist du zu diesem Beruf gekommen? Als Schüler habe ich an der Berliner Schaubühne die Inszenierung von Tschechows

»Drei Schwestern« in der Regie von Peter Stein gesehen und war tief berührt. Da ich kein Schauspieler werden wollte, habe ich damals überlegt, wie man da dennoch mittun könnte. Ich begann nach einem Beruf am Theater zu suchen, der mit meiner Neigung zur Literatur zu tun hat. Ich habe dann Theaterwissenschaft und Romanistik studiert und während des Studiums gemeinsam mit Gesine Danckwart das »Theaterdock« in Berlin Moabit gegrün- det. Nach der Uni war ich Dramaturgieassistent an der Schau- bühne unter Andrea Breth, dann habe ich eine Spielzeit lang in- szeniert – am Züricher Neumarkt Theater, am FFT Düsseldorf und am Jungen Theater Göttingen, ging danach als Dramaturg ans Maxim Gorki Theater unter Volker Hesse, daraufhin für zwei Spielzeiten ans Theater Magdeburg und bin dann gemeinsam mit Tobias Wellemeyer ans Hans Otto Theater gewechselt.

Was macht dir an deinem Beruf am meisten Spaß? Das Lesen, das Reden, das Begleiten der Proben.

Jede Produktion verläuft anders, immer wieder scheint es »um Leben und Tod« zu gehen, und trotz aller Erfahrung ist jede Premiere für alle Beteiligten immer wieder ein Ereignis – was ist dir nach all den Berufsjahren am stärksten in Erinnerung geblieben? Mein wirklich schlimmstes Erlebnis war der Büh- nenunfall von Patrizia Carlucci während der »Fritz!«-Premiere – und während der einstündigen Unterbrechung die Ungewissheit über das gesundheitliche Befinden der Schauspielerin. Meine schönste Erinnerung ist die an meine allererste Probe an einem Theater, da war ich Hospitant am Schauspielhaus Hamburg. Ich war fasziniert von diesen Wesen, die sich wie selbstverständlich vor, hinter und in den Kulissen bewegten. Das Geschehen hinter der Bühne hatte für mich den größten Zauber.

Das Gespräch führte Nadja Hess.

13 hinter den kulissen

Remsi Al Khalisi

Dramaturg

12 potsdamer porträt

Anja Engel

Medienwissenschaftlerin, Festivallei- tung LOCALIZE, Projektkoordinatorin, Sängerin u. v. m.

Welcher ist Ihr Lieblingsort in Potsdam? Ich bin gerne an eini- gen Stellen am Wasser entlang der Havel und an hoch gelegenen Plätzen im Park Babelsberg.

Was ist Ihre erste persönliche Theatererinnerung? Im Kinder- garten war ich bei einer Sommeraufführung ein brünettes Dorn- röschen.

Welcher Stoff, welches Werk oder welche Aufführung hat Sie in letzter Zeit besonders angesprochen? Michel Houellebecqs

»Karte und Gebiet«.

Welche Musik soll Sie auf eine einsame Insel begleiten? Ich nehme meine eigene Gitarre und so ein Repertoire aus Lieblings- liedern und eigenen mit.

Welches Buch würden Sie niemals weggeben? »Der Knacks«

von Roger Willemsen sowie einiges von Zeruya Shalev.

Wenn Ihr Lebensweg Sie ans Theater geführt hätte – als was würden Sie heute dort arbeiten wollen? Als Theatermusiker vielleicht.

Wenn Ihr Lebensweg Sie in ein Orchester geführt hätte – was wäre Ihr Instrument? Cello.

Mit welchem Künstler – historisch oder zeitgenössisch – wür- den Sie gern einmal zu Abend essen? Es gibt ohne Frage zahllo- se faszinierende und bewundernswerte KünstlerInnen, aber ich treffe lieber Freunde.

MP3, CD oder Schallplatte – was ist Ihre Vorliebe? Da bestimmt der Ort des Hörens den favorisierten Tonträger – die Platte zu Hause, die CD im Auto, die MP3 dazwischen und am Rechner.

Wann fühlen Sie sich am lebendigsten? Lebendig fühle ich mich in einem fließenden Gespräch mit neuen Gedanken und Erkenntnissen, wenn ein eigener Song entsteht mit Text, Melo- die, wenn Ideen aufkommen und gesponnen werden können.

Woran glauben Sie? Wenn man an eine Vision und deren Re- alisierung glaubt, sich »committet«, sich bekennt zu Menschen, Zielen, Vorhaben und Einstellungen, entsteht Kraft.

Worüber haben Sie sich zuletzt gefreut? Ich freue mich immer wieder über umwerfende Wort- und Sinnkonstruktionen mei- ner Tochter und kürzlich vor allem darüber, dass wir, fOSBURY fLOP, unser Album »Okrilla« veröffentlicht haben.

Was war Ihr größter Erfolg? Es gibt nie meinen Erfolg, es sind gemeinsame, und groß oder sogar am größten bleiben die mir nie in Erinnerung, weil gleich das nächste Vorhaben folgt.

Potsdam in 10 Jahren – was ist Ihr Traum? Es fällt mir schwer, eine traumhafte Version von Potsdam in 10 Jahren auszumalen.

Ich glaube nicht, dass gewisse Prozesse aufzuhalten, geschweige denn ein Stück zurückzudrehen sind. Falls wir dann noch hier wohnen, wünsche ich meiner dann in den Anfängen der Puber- tät steckenden Tochter, dass sie als Jugendliche die vielfältigen Kreise und Orte findet, die ihr Inspiration geben und Raum für ganz eigene Versuche und Entwicklungen.

Anatevka

(Fiddler on the Roof) Basierend auf den Geschichten von Sholem Aleichem Buch von Joseph Stein // Musik von Jerry Bock //

Gesangstexte von Sheldon Harnick

»Wenn ich einmal reich wär’« ist das bekannteste Lied dieses Broadway-Musicals, das längst Kultstatus hat durch seine spannende Mischung aus Tradition und Neuanfang, Existenzkampf und Lebenslust, jiddischem Humor und Tragik.

Termine 8. 3. um 19:30 / 9. 3. um 18:00 Musikalische Leitung Marc Niemann Regie + Choreografie Giorgio Madia

zu gast aus cottbus

(8)

15 14 förderkreis

»Mit tötungsdelikten ist

zu rechnen« Über rassistischen und rechtsextremen Alltag in Deutschland

Theaterprojekt des Förderkreises Hans Otto Theater e. V.

O R LA N D O

Nach der Erschütterung im Jahr 2012 über die NSU-Morde wird das Ansteigen rechter Gewalt in Deutschland zuneh- mend als Bedrohung wahrgenommen. Das Theaterprojekt »Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen« zeigt differenziert die Strukturen und die dichter werdende organisierte Vernetzung der Rechten Szene auf und fordert gleichzeitig zum Nachdenken über das Verhalten der Gesellschaft und jedes Einzelnen auf.

Die Akteure:

- Eine Frau wird immer wieder rassistisch bedroht

- Ein Aussteiger berichtet über seine Erlebnisse in der Szene und die Motivation zum Aussteigen. Ein Freund, der ihm dabei hilft, erlebt das Anwachsen rechter Aktivitäten in den neuen Bundesländern

- Eine Frau kämpft mutig gegen Schmierereien und rechte Aufkleber - Ein Akteur dokumentiert Aktionen im rechten Milieu

- Eine Politikerin berichtet über den NSU-Untersuchungsausschuß

Drei Schauspieler werden an der szenischen Darstellung der Erlebnisse der Akteure beteiligt sein.

Das dokumentarische Theaterstück versucht u. a., die Ursachen dieser Entwicklung, die Ästhetik und Ideologie rassis- tischer und rechter Gewalt, die Rolle der »schweigenden Mehrheit« und die Schwierigkeiten bei den Ermittlungen zu beleuchten.

19. 1. 21:30 live »PETULA« Hinter »Petula« verbirgt sich der musikalische Tausendsassa Sebastian Cleemann, Teil von »Kate Mosh« und Mitbegründer des legendären Sinnbus-Labels. In seinem Soloprojekt lässt er Gitarre, Loops und Rhythmusgeräusche zu Liedern werden. Zwischen LoFi-Kitsch und freundlicher Zerstörungswut lässt er sie nach Zielen suchen.

24. 1. 18:00 spezial »POTSDAM SCIENCE SHOW – SLAM AND MORE«

25. 1. 22:00 chambre privée mit FRANZISKA MELZER und BERND GEILING.

27. 1. 19:30 friends »GESPRÄCHE MIT ASTRONAUTEN« von FELICIA ZELLER.

Gastspiel der Schauspielschule Charlottenburg.

30. 1. 20:30 late show »DEAD OR ALIVE POETRY SLAM POTSDAM« Berlins erste Poetry-Slam-Garde, Sarah Bosetti, Frank Klötgen, Till Reiners & Ken Yamamoto, tritt mit neuen Texten an gegen Klassiker der Weltliteratur, präsentiert durch unsere Schau- spieler Patrizia Carlucci, Raphael Rubino, Eddie Irle & Florian Schmidtke. Ihr entscheidet, ob die lebenden Poeten oder die aufer- standenen Dichter den Wettstreit um den besten Text gewinnen. Moderation: Sebastian Lehmann und Maik Martschinkowsky von PotShow.

1. und 3. 2., jeweils 19:30 »ORLANDO« nach VIRGINIA WOOLF Der glanzvolle Held Orlando in Virginia Woolfs Meisterwerk begibt sich auf eine schillernde Reise durch die Jahrhunderte und die Länder, von Liebesabenteuer zu Liebesabenteuer. Im Wechsel von Übermut und Schwermut versucht er, seinen unbändigen Lebenshunger zu stillen. Er ist erst Mann und dann Frau, und sein Schicksal ist ewige Jugend … Es spielt Franziska Melzer. Künstlerische Leitung: Jana Findeklee, Franziska Melzer, Joki Tewes. Musik:

Marc Eisenschink

9. 2. 22:00 late show »CELEBRATION Charles Dickens 200. Geburtstag.

10. 2. 19:00 open house »QUIZ & BIER & ROCK'N'ROLL« Der Eintritt ist frei!

Konzept und Dramaturgie Lea Rosh und Renate Kreibich-Fischer Regie Clemens Bechtel Bühne und Kostüme Till Kuhnert

premiere 23. Februar 2013 Vorstellungen 1. und 5. März Spielort Reithalle

KEIMZEIT AKUSTIK QUINTETT

2013 ist MIDTSOMMER – jedenfalls beim KEIMZEIT AKUSTIK QUINTETT. Das gleichnamige Album der Band um Norbert Leisegang wurde im vergangenen Sommer in Norwegen aufgenommen. Das Repertoire umfasst Interpretationen aus dem Fundus von Keimzeit, internationale Filmmusiken, wie z. B. »Vicky Cristina Barcelona« oder »In the Mood for Love«, eine Prise Franzö- sisches sowie Instrumentalstücke aus eigener Feder. termin 26. Januar 2013, 19:30 Spielort Reithalle

Karten Vorverkauf 25 € / Abendkasse 30 €

HIGHLIGHTS

gastspiel

(9)

Januar 16 spielplan februar

highlights märz

Di 1. 17:00 My Fair Lady

Do 3. 19:30 Jugend ohne Gott Mit Einführung Fr 4. 19:30 Frau Müller muss weg

Sa 5. 19:30 Ein Volksfeind Mit Einführung So 6. 15:00 Die Schatzinsel (9+)

17:00 Ein Volksfeind

18:00 nb open house QUIZ & BIER UND ROCK’N’ROLL Fr 11. 19:30 Premiere Das Wintermärchen

Sa 12. 19:30 Endstation Sehnsucht letztmalig 19.30 Draußen vor der Tür Mit Einführung So 13. 18:00 Draußen vor der Tür Mit Einführung

19:30 Ein Volksfeind Mit Einführung Mo 14. 19:30 Der Eisvogel UA

Di 15. 19:30 Drei Mal Leben Do 17. 19:30 Der nackte Wahnsinn

Fr 18. 19:30 Premiere Von Mäusen und Menschen 19:30 Das Käthchen von Heilbronn Mit Einführung 21:00 nb club PREMIERENFEIER

Sa 19. 19:30 Das Wintermärchen 21:30 nb live PETULA So 20. 11:00 Sonntag um 11

17:00 Das Wintermärchen Mit Einführung 17:00 Von Mäusen und Menschen Mo 21. 14:00 Marnie fliegt (6+) DSE Di 22. 18:00 Tschick

MI 23. 19:30 Waisen

Do 24. 18:00 nb spezial SCIENCE SLAM

19:30 Das Wintermärchen Mit Einführung Fr 25. 10:00 Der Wunschpunsch (8+)

19:30 Drei Mal Leben

19:30 Von Mäusen und Menschen

22:00 nb chambre privée FRANZISKA MELZER und BERND GEILING

Sa 26. 14:00 Öffentliche Theaterführung 19:30 Der Eisvogel UA

19:30 KEIMZEIT AKUSTIK QUINTETT Gastspiel So 27. 17:00 Von Mäusen und Menschen

19:30 Schach von Wuthenow UA Mit Einführung 19:30 nb friends GESPRÄCHE MIT ASTRONAUTEN Mo 28. 10:00 Die Schatzinsel (9+)

Di 29. 10+14 Die Schatzinsel (9+) Mi 30. 10+18 Die Schatzinsel (9+)

20:30 nb late show POETRY SLAM Do 31. 10:00 Die Schatzinsel (9+)

19:30 Premiere Außer Kontrolle

Fr 1. 19:30 Das Käthchen von Heilbronn letztmalig Mit Einf.

19:30 nb ORLANDO Sa 2. 19:30 Der Eisvogel UA

19:30 Tschick

So 3. 15:00 Außer Kontrolle

17:00 Von Mäusen und Menschen 19:30 nb ORLANDO

Di 5. 19:30 My Fair Lady

Mi 6. 19:30 Der Turm Mit Einführung Fr 8. 19:30 Krebsstation UA Mit Einführung Sa 9. 19:30 Drei Mal Leben

19:30 Von Mäusen und Menschen

19:30 nb late show CELEBRATION Charles Dickens So 10. 15:00 Außer Kontrolle

19:00 nb late show OPEN HOUSE Mo 11. 10+14 Der Wunschpunsch (8+)

19.30 Außer Kontrolle Di 12. 19:30 Der nackte Wahnsinn Fr 13. 19:30 Der Eisvogel UA

Do 14. 10:00 Premiere Der König hinter dem Spiegel (6+) UA 18:00 Draußen vor der Tür

19:30 Schach von Wuthenow UA Mit Einführung Fr 15. 10:00 Der König hinter dem Spiegel (6+) UA

19.30 Das Wintermärchen Mit Einführung Sa 16. 19.30 Drei Mal Leben

18:00 Wildwuchs Junge Texte fürs Theater So 17. 17:00 Drei Mal Leben

17:00 Jugend ohne Gott Mit Einführung Mo 18. 10+14 Der König hinter dem Spiegel (6+) UA Di 19. 19:30 Das Wintermärchen

Mi 20. 19:30 Außer Kontrolle

Do 21. 19:30 Ein Volksfeind Mit Einführung Fr 22. 19:30 Der Eisvogel UA

Sa 23. 14:00 Öffentliche Theaterführung 19:30 Das Wintermärchen

19:30 Premiere Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen Theaterprojekt des Förderkreises Hans Otto Theater e. V.

So 24. 17:00 Das Wintermärchen Di 26. 10:00 Die Schatzinsel (9+) Mi 27. 10:00 Die Schatzinsel (9+) 19:30 Frau Müller muss weg

Do 28. 18:00 Premiere Werther, Sprache der Liebe (14+) 19:30 Don Carlos letztmalig Mit Einführung

Preise

Neues Theater regulär 31,00 € / 20,00 € / 11,00 €; ermäßigt 21,50 € / 14,00 € / 7,50 € Musiktheater regulär 40,00 € / 27,00 € / 17,00 €, ermäßigt 28,00 € / 19,00 € / 12,00 €

Reithalle regulär 20,00 €; ermäßigt 14,00 € Studenten und Schüler 7,50 € / Vorstellungen Jugendclub 4,00 €

theaterstücke für junge zuschauer neues theater+

reithalleKinder/Schüler 5,50 € / Gruppe Kinder/Schüler (ab 10 Personen) 5,00 € pro Person, Erwachsene 11,00 €, Erwachse- ne ermäßigt 7,50 €

Wildwuchs. Junge Texte fürs Theater (inkl. Poetry Slam und Party) 15 €/erm. 10 €, Poetry Slam 4 €/erm. 3 €

Fr 1. Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen

Theaterprojekt des Förderkreises Hans Otto Theater e. V.

Krebsstation UA letztmalig in Potsdam Di 5. Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen

Theaterprojekt des Förderkreises Hans Otto Theater e. V.

Fr 8. Anatevka Musicalgastspiel Sa 9. Anatevka Musicalgastspiel

Das Schlangenei DSE letztmalig So 10. Waisen letztmalig

Mi 13. Premiere spielemacher Theaterjugendclub Fr 22. Premiere Wellen UA

Sa 23. Premiere Torquato Tasso Schloßtheater

Referenzen

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