Nachruf.
Am 29. Juli 1930 starb in Leipzig nach längerem Leiden
der Buchhändler Herr Kael Feanke, der im Hause F. A. Brock¬
haus tätig war und seit Jahrzehnten dort die Geschäfte der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft betreute.
Herr Kael Feanke erfüllte für die Deutsche Morgen¬
ländische Gesellschaft nicht nur die ihm übertragenen Pflichten,
sondern er hat an dem inneren und äußeren Gedeihen der
Gesellschaft den regsten Anteil genommen. Eine Arbeit von
mehr als drei Jahrzehnten hat er der Deutschen Morgen¬
ländischen Gesellschaft gewidmet, und seiner Unermüdlichkeit,
seinem Aufgehen in der Fürsorge für die Gesellschaft verdankt
diese zu einem nicht geringen Teile, daß sie über schwere
Krisenjahre hinwegkam, daß immer wieder ein Ausweg ge¬
funden wurde, wenn die Lage sich gefahrvoll zuspitzte.
Viele Mitglieder der Deutschen Morgenländischen Gesell¬
schaft, die die Deutschen Orientalistentage besuchten, werden
sich des schlichten Mannes erinnern, der in einfachen Worten
den Kassenbericht vortrug; sie ahnten wohl kaum, wieviel
mühevolle Arbeit dahinter steckte, wieviel Briefe geschrieben
werden mußten, um den Ausgleich in der Rechnung herbei¬
zuführen.
Wenn der Vorstand der Deutschen Morgenländischen Ge¬
sellschaft Herrn Feanke in den Mitgliederversammlungen jedes¬
mal besonders herzlich dankte, so war das ein Ausdruck auf¬
richtigen Empfindens und des Bewußtseins, hier einen Helfer
zu haben, der selbstlos in der Sache aufging.
Als todkranker Mann hatte es sich Herr Feankje nicht
nehmen lassen, noch den letzten Orientalistentag in Wien zu
besuchen, um dort seinen Bericht zu erstatten. Mahnend
erhob er seine Stimme, wenn ihm Pläne der Gesellschaft über
die möglichen Grenzen hinauszugehen schienen.
Alle, die mit ihm arbeiteten, werden sein Andenken in
Ehren halten und sich dessen bewußt sein, daß ein treuerer
Diener am Werk nicht gefunden werden kann.
Der Vorstand der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Abessinische und semitische Poesie.^) Von Enno Littmann.
Th. Nöldeke sagt in den Vorbemerkungen zu seinen
Übersetzungen und Erklärungen von fünf altarabischen Helden¬
liedern, die in den Sitzungsberichten der Kais. Akademie der
Wissenschaften in Wien 1899—1901 erschienen*): „Ob der
ästhetische Genuß, den das Studium der altarabischen Poesie
gewährt, die große Mühe lohnt, die zu einem annähernden
Verständnis derselben aufzuwenden ist, erscheint fraglich. Aber
dies Studium ist notwendig schon als ein wichtiges Mittel,
tief in das innere Wesen des arabischen Volkes einzudringen".
Er weist dann auf die ungeheure Bedeutung der arabischen
Nation für die Geschichte der Menschheit hin und fährt fort:
,,Das Leben, Fühlen und Denken dieser Nation unmittelbar
vor dem Entstehen des Islams kennen zu lernen ist also eine
höchst bedeutsame Aufgabe für den Historiker, und dazu dienen
eben, neben den alten Erzählungen, ganz besonders die uns
aus der Heidenzeit und aus der ersten Zeit des Islams er¬
haltenen Gedichte". Von den altnordischen Sagas urteilt Axel
OiiRiK*): ,,Das Wesentliche ist ja auch nicht das in Prozenten
anzugebende Maß historischer Richtigkeit in den Sagas, son¬
dern das geistige Wollen und Können, das sich in ihnen zeigt:
die Fähigkeit, diese Begebenheiten, die oft klein und un-
1) Dieser Vortrag wurde in ungefähr der gleichen Form auf dem
Deutschen Orientalistentag in Wien gehalten. Er wird hiermit auf Wunsch
der Schriftleitung der ZDMG. veröffentlicht. Einige Verweise sind in
den Anmerkungen hinzugefügt.
2) Fünf Mo'allaqät. I, 1899, S. If
3) Nordisches Geistesleben in heidnischer und frühchristlicher Zeit, Heidelberg 1908, S. 134.
Zeitschrift d. D.M.G., Neue FoIrc Bd. IX (Bd. S4). 14