Stein, Philipp
Modellversuche zum lateralen Verhalten geschlagener und vibrierter Monopfähle
Mitteilung des Instituts für Geomechanik und Geotechnik Technische Universität Braunschweig
Verfügbar unter/Available at: https://hdl.handle.net/20.500.11970/110907 Vorgeschlagene Zitierweise/Suggested citation:
Stein, Philipp (2023): Modellversuche zum lateralen Verhalten geschlagener und vibrierter Monopfähle. In: Stahlmann, Joachim (Hg.): Pfahl - Symposium 2023. Fachseminar: 16./17.
Februar 2023. Mitteilung des Instituts für Geomechanik und Geotechnik Technische Universität Braunschweig. Braunschweig: Institut für Grundbau und Bodenmechanik, TU Braunschweig. S. 161-179.
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Modellversuche zum lateralen Verhalten geschlagener und vibrierter Monopfähle
Philipp Stein
Bundesanstalt für Wasserbau, Hamburg 1 Motivation
Monopfahlgründungen stellen derzeit die Vorzugsvariante bei der Gründung von Offshore- Windenergieanlagen in der deutschen Nordsee dar. Diese Stahlrohrpfähle großen Durchmessers tragen die vornehmlich horizontalen Lasten durch laterale Bettung in den Baugrund ab. Die Installation der Pfähle erfolgt üblicherweise mittels Schlagrammung. Die Vibrationsrammung als alternatives Einbringverfahren hat Vorteile hinsichtlich Installationszeit, Stahlermüdung und Umwelteinwirkungen. Die Erfahrungen mit dem Verfahren für Offshore-Gründungspfähle sind jedoch begrenzt. Zudem bestehen Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf das Tragverhalten. Um diese Lücke zu schließen wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens ZykLaMP [STEIN et al. 2020] vergleichende Modellversuche an geschlagenen und vibrierten Rohrpfählen durchgeführt.
2 Modellversuche 2.1 Versuchsstand
Die Modellversuche wurden im Großversuchsstand (s. Abbildung 1) des Instituts für Geomechanik und Geotechnik der Technischen Universität Braunschweig (IGG-TUBS) durchgeführt. Dieser besteht aus zwei zylindrischen Trögen mit je ca. 50 m³ Volumen. Die Tröge können mittels Radlader und Kran beschickt werden. Für Geräte, Werkzeuge und Messtechnik stehen ein Magazin- und ein Bürocontainer zur Verfügung.
Als Modellpfahl wurde ein Edelstahlrohr mit folgenden Eigenschaften verwendet:
- Durchmesser 61 cm - Wandstärke 3 mm - Pfahllänge 3 m - Einbindetiefe 2,4 m
Damit konnte ein Modellmaßstab von ca. 1:13 gegenüber einem aktuellen Offshore- Monopfahl mit ca. 8 m Durchmesser und 32 m Länge erreicht werden.
Abbildung 1: Luftbild des Versuchsstands am IGG-TUBS [STEIN 2023]
2.2 Modellboden
Als Modellsand kam 'Braunschweiger Sand', ein gewaschener Quarzsand der Fa.
Schlingmeier Quarzsand GmbH & Co. KG (Schwülper bei Braunschweig) mit der Bezeichnung 'G 0.1-1.2T' zum Einsatz. Dieser ist nach DIN 18196 als SE und nach DIN EN ISO 14688-1 als mS, gs, fs' einzustufen.
Der Modellsand wurde erdfeucht in Lagen von 20 cm eingebaut und mittels Rüttelplatte verdichtet. Somit konnte eine dichte Lagerung erreicht werden. Bei dieser Lagerungsdichte konnten im Labor innere Reibungswinkel des Bodens von φ' = 36° im Triaxialversuch bzw.
39° im Direkten Scherversuch festgestellt werden. Die Unterschiede sind durchaus als signifikant hinsichtlich der lateralen Bemessung zu bezeichnen [STEIN 2023], decken sich aber mit Beobachtungen von SCHULTZE [1968].
Während des lagenweisen Einbaus des Modellsandes wurden in verschiedenen Tiefen und Ausrichtungen Totalspannungsgeber und Porenwasserdruckgeber im Boden platziert. Nach vollständigem Aufbau des Modellbodens wurde dieser von unten mit Wasser gesättigt.
Anschließend wurden Drucksondierungen (CPT) und mittelschwere Rammsondierungen (DPM) zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit des Sandeinbaus durchgeführt.
Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse der CPT bzw. DPM. Die Abweichungen zwischen den Versuchen können als gering eingestuft werden. Bemerkenswert ist, dass trotz der relativ geringen Überlagerung hohe Spitzenwiderstände von 25 MPa ab der Pfahlfußebene (vgl.
Formel im linken Diagramm) erreicht wurden. Dies hängt vermutlich mit einer Verspannung
des Bodens infolge der Verdichtung zusammen. Dafür sprechen auch die hohen gemessenen Seitendruckverhältnisse von k0 ≈ 1. Ähnliche Verhältnisse liegen auch bei den in der Deutschen Nordsee vorkommenden eiszeitlich vorbelasteten Sanden vor [FORAY et al. 1998].
Abbildung 2: Ergebnisse von Drucksondierungen (links) und mittelschweren Rammsondierungen (rechts) für verschiedene Versuche [STEIN 2023]
3 Pfahlinstallation 3.1 Installationsvarianten
Die Modellpfähle wurden vergleichend mittels Schlag- und Vibrationsrammung installiert.
Zur Schlagrammung kam eine Dieselramme vom Typ Delmag D2 mit einer Rammenergie von bis zu 2,8 kJ pro Schlag zum Einsatz (Abbildung 3, links). Für die Vibrationsrammung wurde ein Rüttler vom Typ APE J&M Model 23 (Abbildung 3, Mitte, rechts) mit einem exzentrischen Moment von Me = 2,33 kg∙m (Standard) bzw. Me = 1,36 kg∙m (modifiziert) verwendet. Durch eine Erhöhung der Frequenz kann bei kleinerem exzentrischem Moment die gleiche Zentrifugalkraft erzeugt werden. Neben dem exzentrischen Moment wurde die Art der Pfahlführung variiert.
Bei der 'freireitenden' Vibrationsrammung (Abbildung 3, Mitte) ist der Vibrator fest mit dem Pfahlkopf verschraubt, hängt aber nicht am Kran. Der Pfahl kann somit abhängig von der
z m
z m
- - qc = ∙Lpen > 25 MPa
Anregung durch den Rüttler in den Boden eindringen. Hierbei ist zu beachten, dass der Pfahl bei geringer Einbindetiefe und hoher Vibrationsfrequenz sehr schnell eindringt. Bei größerer Einbindetiefe und geringer Frequenz gerät der Installationsvorgang ins Stocken.
Die Installation musste also bei geringer Frequenz (ca. 13 Hz) begonnen und dann sukzessive (auf bis zu ca. 30 Hz, je nach exzentrischem Moment) gesteigert werden. Der Eindringfortschritt hing direkt mit der Steigerung der Frequenz zusammen. Resonanzeffekte spielten dabei nur eine untergeordnete Rolle [STEIN 2023].
Im Falle der 'krangeführten' Vibrationsrammung ist der Rüttler über einen Dämpfer und eine Kraftmesslasche mit dem Kranhaken verbunden (Abbildung 3, rechts). Die Vibrationsfrequenz wurde von Beginn an auf ca. 26 Hz bzw. 34 Hz (je nach exzentrischem Moment) eingestellt, dass eine Vibration bis auf Endtiefe möglich war. Der Pfahl wurde zurückgehalten und die Eindringgeschwindigkeit durch die Geschwindigkeit des Krans begrenzt.
Abbildung 3: Pfahlinstallation mittels Schlagrammung (links), freireitender Vibrationsrammung (Mitte) und krangeführter Vibrationsrammung (rechts) [STEIN 2023]
Insgesamt wurden 16 Versuche mit verschiedenen Installationsvarianten und -parametern durchgeführt. Eine Auflistung aller Versuche ist in der Legende zu Abbildung 5 zu finden.
Neben der Schlagrammung (impact) sind die verschiedenen Vibrationsvarianten entsprechend der Kranführung (free, guided), des exzentrisches Moments (high, low) sowie der Frequenzsteuerung (aggressive, moderate, fixed) bezeichnet. Bei allen Installationsvarianten wurden während der Pfahlinstallation die Kräfte und Bewegungen am Pfahlkopf mittels Dehnungs- und Beschleunigungssensoren gemessen. Die Effektivspannungen im Boden konnten aus den gemessenen Totalspannungen und Porenwasserdrücken abgeleitet werden.
3.2 Entwicklung der Radialspannungen im Boden
Von Versuchen mit geschlagenen Pfählen ist bekannt, dass die auf den Pfahlmantel wirkenden Radialspannungen in einer Messebene bei Annäherung des Pfahlfußes ansteigen, ca. bei Erreichen der Messeebene ein Maximum annehmen und anschließend auf einen Residualwert abfallen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung des axialen Pfahlwiderstands, z.B. bei Rammbarkeitsstudien, wird dieses Verhalten als 'friction fatigue' bezeichnet [ALLARD 1990; FISCHER 2021]. Dieser 'Installationseffekt' konnte auch in den hier vorgestellten Versuchen mit geschlagenen Pfählen reproduziert werden.
Abbildung 4: Bodenspannungsentwicklung während der Pfahlinstallation für einen geschlagenen (links) einen freireitend vibrierten (Mitte)
und einen krangeführt vibrierten Pfahl (rechts) [STEIN 2023]
Pfahl
Sensoren
Abbildung 4 zeigt links den Verlauf der effektiven Radialspannungen über die Pfahleinbindetiefe für verschiedene Bodenelemente bei einem geschlagene Pfahl. Die Sensorebene ist jeweils durch eine gleichfarbige horizontale Linie gekennzeichnet. Das gleiche Verhalten konnte auch bei einigen freireitend vibrierten Pfählen beobachtet werden (Abbildung 4, Mitte). Bei den krangeführt vibrierten Pfählen hingegen wurden keine nennenswerten Veränderungen der Bodenspannungen gemessen. (Abbildung 4, rechts).
Nach Ende der Pfahlinstallation verbleiben bei den geschlagenen und bei einigen freireitend vibrierten Pfählen erhöhte Spannungen im Bereich des Pfahlfußes, wie Abbildung 5 zeigt.
Die Farbgebung kennzeichnet die Installationsvarianten.
Abbildung 5: Radialspannungsverläufe über die Tiefe nach Ende der Pfahlinstallation [STEIN 2023]
Der erhöhte Spannungsverlauf infolge des Installationseffekts lässt sich in Analogie zum Pfahllängeneffekt nach FISCHER [2021] durch die Gleichung
σ′rad(z) = σ′rad,PSS(z) ∙ [1 + ( 1
βPSS− 1) ∙ e−αpen∙(Lpen−z)] (1) geschlagen
freireitend vibriert großes Me
freireitend vibriert kleines Me
krangeführt vibriert großes Me
krangeführt vibriert kleines Me
beschreiben. Für die Kurvenparameter können für die Versuche mit Installationseffekt im Mittel αpen = und βPSS = ngenommen werden αpen beschreibt die Krümmung der Kurve und /βPSS die maximale Erhöhung der Überlagerungsspannung am Pfahlfuß.
3.3 Installationsparameter
Zur genaueren Untersuchung des Einflusses des Installationsvorgangs auf die Bodenspannungen wurden die Pfahlkopfbewegungen ausgewertet. Abbildung 6, oben zeigt exemplarische Verschiebungssignale und unten zugehörige Geschwindigkeitssignale für einen geschlagenen Pfahl (links), einen freireitend vibrierten Pfahl (Mitte) und einen krangeführt vibrierten Pfahl (rechts).
Abbildung 6: exemplarische Verschiebungs- (oben) und Geschwindigkeitssignale (unten) für verschiedene Installationsvarianten
Die Signale des geschlagenen und des freireitend vibrierten Pfahls zeigen eine relativ große Setzung je Schlag bzw. Zyklus sset und ein asymmetrisches Geschwindigkeitssignal mit großer nach unten gerichteter Geschwindigkeit vmax und vergleichsweise geringer nach oben gerichteter Geschwindigkeit vmin. Die Signale des krangeführt vibrierten Pfahls zeigen
s mm
t ms
v m/s
t ms
t ms
sset
vmin
vmax
s↓
eine geringe Setzung pro Zyklus infolge des Zurückhaltens des Pfahls durch den Kran sowie ein nahezu harmonisches Geschwindigkeitssignal. Es ist anzumerken, dass ein ähnliches Verhalten auch bei freireitend vibrierten Pfählen beobachtet wurde, wenn die oben beschriebene Erhöhung der Vibrationsfrequenz zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Pfahleindringung weniger aggressiv, sondern eher moderat durchgeführt wurde.
Aus den Bewegungssignalen lassen sich Installationsparameter wie die Setzung pro Zyklus bezogen auf die nach unten gerichtete Verschiebung sset/s↓ oder das Verhältnis der minimalen zur maximalen Geschwindigkeit -vmin/vmax als Maß für die Bewegungssymmetrie ableiten. Diese Parameter wurden der Vergrößerung der radialen Bodenspannungen σ'rad/(γ'∙h) gegenübergestellt. Dazu wurden die ermittelten Installationsparameter sowie die normierten Bodenspannungen bei Passage des Pfahlfußes am betrachteten Bodenelement über 30 cm Pfahleindringtiefe (je 15 cm vor und nach Erreichen des Sensorelements) gemittelt. Bei 16 Versuchen und 6 Sensorebenen je Versuch ergeben sich insgesamt 96 Beobachtungen in Abbildung 7. Dabei sind die Beobachtungen jeweils durch Symbol und Farbe einem Versuch eindeutig zuzuordnen (vgl. Abbildung 5).
geschlagen freireitend vibriert großes Me
freireitend vibriert kleines Me
krangeführt vibriert großes Me
krangeführt vibriert kleines Me
Abbildung 7: Einfluss von Installationsparametern auf die Bodenspannungen am Pfahlfuß [STEIN 2023]
Es zeigt sich eine gute Korrelation der ermittelten Installationsparameter mit den normierten Bodenspannungen. Die geschlagenen Pfähle sowie die krangeführt vibrierten Pfähle gruppieren sich deutlich an den Rändern mit (geschlagen) und ohne Installationseffekt (krangeführt vibriert). Die freireitend vibrierten Pfähle hingegen verteilen sich über die gesamte Bandbreite.
Die Ergebnisse zeigen, dass unter gewissen Randbedingungen auch mittels Vibrationsrammung der gleiche 'Installationseffekt' im Boden hervorgerufen werden kann wie mittels Schlagrammung. Dies scheint durch eine freireitende Vibrationsrammung mit 'aggressiver' Frequenzsteuerung begünstigt zu werden. Entscheidend sind die auftretenden Installationsparameter, welche eine Antwort des Systems Rüttler-Pfahl-Boden auf die Steuergrößen wie Vibrationsfrequenz und exzentrisches Moment darstellen.
4 Quasi-statisch laterales Last-Verformungsverhalten 4.1 Ergebnisse der Modellversuche
Jeweils drei Tage nach der Installation wurden die Pfähle einer zyklisch lateralen Belastung (Schwelllast, 1 .. 15 kN) mit wechselnder Lastangriffsrichtung und 12.000 Zyklen je Richtung unterzogen. An dieser Stelle soll das quasi-statische laterale Tragverhalten anhand des Last-Verformungsverhaltens des ersten Lastzyklus jedes Tests untersucht werden. Aufgrund der weiteren Untersuchung des zyklischen Verhaltens wurden die Pfähle nicht bis zum Versagen belastet. Die Untersuchung des statisch lateralen Verhaltens bleibt also auf den Gebrauchslastbereich beschränkt.
Abbildung 8 zeigt die Pfahlkopfverschiebungen während des ersten Belastungszyklus von Versuchen mit unterschiedlichen Installationsvarianten. Die Versuche Z03, Z07 und Z11 stehen beispielhaft für die Installationsvarianten (vgl. Abbildung 5)
− Schlagrammung (grün),
− freireitende Vibrationsrammung mit großem exzentrischen Moment und 'aggressiver' Frequenzsteuerung (türkis), sowie
− krangeführte Vibrationsrammung mit kleinem exzentrischen Moment (rot).
Die mittels Schlagrammung und freireitender Vibrationsrammung mit großem exzentrischen Moment und 'aggressiver' Frequenzsteuerung eingebrachten Pfähle zeigen eine größere Systemsteifigkeit unter lateraler Belastung als die krangeführt vibrierten Pfähle. Dies wird auf die erhöhten Bodenspannungen infolge des zuvor beschriebenen Installationseffektes zurückgeführt. Im folgenden Abschnitt soll dieser Effekt anhand von Berechnungen mithilfe des p-y-Verfahrens erklärt werden.
Abbildung 8: quasi-statisches Last-Verformungsverhalten bei verschiedenen Installationsvarianten
4.2 Simulation mittels p-y-Verfahren
Das p-y-Verfahren stellt eine vergleichsweise einfache Möglichkeit zur Berechnung lateral beanspruchter Pfähle dar. Es basiert auf einem eindimensionalen gebetteten Balken mit ungekoppelten Federn [WINKLER 1867]. Beim p-y-Verfahren wird die Bettung durch nichtlineare Federkennlinien beschrieben. Abbildung 9 zeigt das Modell eines gebetteten Balkens (links) mit nichtlinearen Federkennlinien (p-y-Kurven, rechts). Die Federkennlinien beschreiben die Bettungsreaktion ppy als Linienlast [kN/m] in Abhängigkeit der lateralen Verschiebung y [m] eines Pfahlelements.
u mm
k
(im t) (free i ggr) (guided o fi )
Abbildung 9: durch nichtlineare Feder (p-y-Kurven) gebetteter Balken [STEIN 2023]
Die p-y-Kurven werden durch eine Grenzbettung ppy,ult und eine Anfangssteifigkeit Epy,ini
charakterisiert. Der Verlauf der Kurven kann z.B. durch einen Hyperbeltangens beschrieben werden [MURCHISON & O'NEILL 1984].
ppy(y) = ppy,ult∙ tanh (Epy,ini
ppy,ult∙ y) (2)
Die Anfangssteifigkeit Epy,ini steigt nach KALLEHAVE et al. [2012] unterlinear mit der Tiefe z an, analog zur Formulierung von OHDE [1939] für die Spannungsabhängigkeit des Steifemoduls des Bodens.
Epy,ini= mh∙ zref∙ ( z
zref)λz, λz< 1 (3) Der Grenzbettung ppy,ult und der Bettungskoeffizient mh sind von der Pfahlgeometrie und den Bodeneigenschaften abhängig. Hierbei ist anzumerken, dass die Angaben zum Bettungskoeffizienten mh im Offshore-Standard API RP 2GEO vom Reibungswinkel des Bodens φ' b ängen und ein Unters ied von Δφ' = 3° (s.o.) erhebliche Auswirkungen auf d s Bere nungsergebnis t Ang ben zur Ermitt ung von φ' finden si in dort jedo nicht. λz beschreibt die Krümmung der nicht-linearen Tiefenabhänggkeit.
Das p-y-Verfahren wurde ursprünglich für die laterale Bemessung eher schlanker Pfähle zur Gründung von Anlagen im Öl- und Gassektor entwickelt. Die o.g. Formulierung von MURCHISON & O'NEILL basiert auf entsprechenden Versuchen von COX et al. [1974]. Bei der Berechnung von Monopfählen mit großem Durchmesser, wie sie im Bereich der Offshore-
E
u t
z
Windenergie vorkommen, zeigen sich dabei einige Unzulänglichkeiten [ACHMUS 2009]. Zur Berücksichtigung der Besonderheiten von Monopfahlgründungen von OWEA wurden daher verschiedene Modifikationen vorgeschlagen [KALLEHAVE et al. 2012; KIRSCH et al. 2014;
THIEKEN et al. 2015; ZHANG & ANDERSEN 2019].
Zur Nachrechnung der hier vorgestellten Versuche wurde der Ansatz von MURCHISON &
O'NEILL [1984] (Formel 2) mit der Modifikation von KALLEHAVE et al. [2012] zur Berücksichtigung der Nichtlinearität des Einflusses der Tiefe auf die Anfangssteifigkeit (Formel (3)) als Grundlage genommen. Eine erhöhte Bettungssteifigkeit bei kleinen Dehnungen wurde in Anlehnung an den Ansatz von KIRSCH et al. [2014] implementiert.
Außerdem wurde eine zusätzliche Feder am untersten Element zur Berücksichtigung des Scherwiderstands am Pfahlfuß ('base shear') angeordnet (s. Abbildung 9). Einzelheiten zu diesen Modifikationen sind in STEIN [2023] beschrieben.
Zur Berücksichtigung des Installationseffektes bei der Berechnung des lateralen Last- Verformungsverhaltens wird die Anfangssteifigkeit der p-y-Kurven Epy,ini modifiziert. Da, wie oben beschrieben, im Rahmen der Versuche die Gebrauchstauglichkeit untersucht wurde, wird die Formulierung der Grenzbettung ppy,ult nicht verändert. Für die Modifikation der Anfangssteifigkeit Epy,ini wird die Tiefe z durch eine äquivalente Tiefe zeq ersetzt. Diese wiederum bere net si us dem S nnungsnive u m betr teten Bodene ement σ'(z) und der Wi te des Bodens γ'
Epy,ini= mh∙ zref∙ (zeq
zref)λz (4)
zeq= σ′(z)/γ′ (5)
Da für die Versuche die Radialspannungen über die Tiefe nach der Pfahlinstallation bekannt sind (s. Abbildung 5 und Formel (1)), kann die Anfangssteifigkeit unter Berücksichtigung des Installationseffekts berechnet werden.
Abbildung 10 zeigt das Ergebnis der Nachrechnung der Modellversuche mit und ohne Berücksichtigung des Installationseffekts. In beiden Fällen wurde wie oben erläutert das p-y- Verfahren nach KALLEHAVE et al. [2012] mit Modifikationen zur Berücksichtigung erhöhter Steifigkeit bei kleinen Dehnungen und einem Scherwiderstand unterhalb des Pfahlfußes Qbase verwendet.
— mit Installationseffekt - - ohne Installationseffekt
Qbase = 14,6 kN Qbase = 4,5 kN Abbildung 10: laterale Berechnung der Modellversuche
Von links nach rechts sind die horizontale Pfahlverschiebung y, die mobilisierte Bettungsreaktion ppy und die zugrunde iegende S nnungsvertei ung im Boden σ'rad
dargestellt. Der mobilisierte Scherwiderstand am Pfahlfuß ('base shear') beträgt Qbase = 14,6 kN (mit Installationseffekt) bzw. 4,5 kN (ohne Installationseffekt). In beiden Fällen ist ein deutlicher 'toe kick', also ein Nulldurchgang der Biegelinie und damit einhergehend die Mobilisierung negativer Bettungsreaktion oberhalb des Pfahlfußes zu erkennen.
Abbildung 11 zeigt links die zugehörigen Last-Verschiebungsdiagramme des Pfahlkopfes und rechts die Entwicklung der Pfahlkopfsteifigkeit. Neben den Berechnungsergebnisse mit und ohne Berücksichtigung des Installationseffekts (schwarz) sind die Versuchsergebnisse für geschlagene und krangeführt vibrierte Pfähle mit kleinem exzentrischen Moment (farbig) dargestellt.
'base shear' 'toe kick'
Berechnung Versuche
— mit Installationseffekt ∙∙∙ geschlagen
- - ohne Installationseffekt ∙∙∙ krangeführt vibriert, kleines Me
Abbildung 11: simuliertes und gemessenes Last-Verformungsverhalten am Pfahlkopf
Das Berechnungsergebnis mit Berücksichtigung erhöhter Spannungen im Pfahlfußbereich passt sehr gut zu den Versuchen mit geschlagenen Pfählen. Die Berechnung ohne Installationseffekt unterschätzt zwar die Pfahlkopfsteifigkeit der krangeführt vibrierten Pfählen leicht, zeigt aber grundsätzlich die richtige Tendenz im Vergleich zu den Pfählen mit Installationseffekt.
4.3 Interpretation der Ergebnisse
Für das steifere laterale Verhalten der Pfähle mit Installationseffekt ist eine Mobilisierung von Widerständen im Bereich der erhöhten Bodenspannungen maßgeblich. Dies betrifft den Bereich nahe des Pfahlfußes und damit einerseits die Scherwiderstände unterhalb des Pfahlfußes selbst ('base shear'), andererseits die negative Bettungsreaktion unterhalb des Nulldurchgangs der Biegelinie (s. Abbildung 10). Ein solcher 'toe kick' tritt bei eher starren Pfählen wie Monopfählen auf. Schlanke Pfähle, die z.B. bei Jacket-Gründungen verwendet werden, verbiegen stärker und mobilisieren im Bereich des Pfahlfußes keine lateralen Widerstände. Das Verhalten beider Pfahltypen ist in Abbildung 12 gegenübergestellt.
Abbildung 12: Verformungsfigur und mobilisierte laterale Widerstände bei schlanken (links) und starren (rechts) Pfählen
5 Schlussfolgerungen und Ausblick
5.1 Übertragbarkeit auf Offshore-Monopfahlgründungen
Die in Abschnitt 4.2 beschriebene Modifikation des p-y-Verfahrens zur Berücksichtigung erhöhter Spannungen im Pfahlfußbereich kann auch auf Offshore-Pfähle angewandt werden. Im Gegensatz zu den Modellversuchen liegen hier jedoch keine Daten zum Verlauf der Radialspannungen über die Tiefe vor. Stattdessen wird auf einen Ansatz zur Berechnung der Entwicklung der Pfahlmantelreibung während der Pfahlrammung zurückgegriffen, wie sie bei Rammsimulationsstudien zum Einsatz kommt. Dieser 'friction fatigue'-Ansatz beschreibt eigentlich die Reduktion der lokalen Pfahlmantelreibung mit fortschreitender Pfahleindringung, kann aber umgekehrt zur Abschätzung des Installationseffekts und damit des Spannungszustands nach Ende der Rammung herangezogen werden.
Bettung
s nker f st rrer f
f fu widerst nd
'toe ki k'
Hierzu werden die Ansätze von FISCHER [2021] sowie ALM & HAMRE [2002] verwendet. Beide lassen sich mathematisch durch Gleichung (1) beschreiben, die Werte des Parameters αpen
unterscheiden sich: Der Ansatz von FISCHER [2021] basiert auf Modellversuchen mit Spannungsmessungen die im gleichen Versuchsstand durchgeführt wurden wie die hier vorgeste ten Versu e er Krümmungs r meter αpen hängt von der Lagerungsdichte des Bodens b ur einen grö eren Krümmungs r meter αpen = 2,8 fallen die erhöhten Radialspannungen am Pfahlfuß deutlich stärker ab. Der Ansatz von ALM & HAMRE [2002]
basiert auf Rückrechnungen von Offshore-Pfahlrammungen. Der Krümmungsparameter αpen ist dabei abhängig vom Verhältnis des Spitzenwiderstands der Drucksonde zur Über gerungss nnung ur einen verg ei sweise geringen Wert von αpen = 0,2 werden über einen relativ großen Bereich erhöhte Radialspannungen angesetzt.
Abbildung 13 zeigt die laterale Berechnung für einen Pfahl mit 5 m Durchmesser und 20 m Einbindetiefe in Sand (keine Schichtung) unter Einwirkung einer Horizontallast am Pfahlkopf von H = 10 MN und eines Moments von M = 400 MNm. Der Aufbau der Diagramme ist analog zu Abbildung 10.
— mit Installationseffekt [ALM & HAMRE 2002]
- - mit Installationseffekt [FISCHER 2021]
∙∙∙ ohne Installationseffekt
Qbase = 16,4 MN Qbase = 16,9 MN Qbase = 3,4 MN Abbildung 13: laterale Berechnung eines Offshore-Pfahls
Rechts sind deutlich die Unterschiede zwischen den beiden 'friction fatigue'-Ansätzen beim Ansatz der Radialspannung zu erkennen. Hinsichtlich der mobilisierten Bettungs- und Pfahlfußwiderstände sind die Unterschiede zwischen den beiden 'friction fatigue'-Ansätzen gering. Beide zeigen ein deutlich steiferes laterales Verhalten mit 81% bis 88% der Pfahlkopfverschiebungen eines Monopfahls ohne Installationseffekt.
5.2 Bedeutung für Offshore-Monopfahlgründungen
Wie in den Modellversuchen gezeigt wurde, können bei der Vibrationsinstallation offener Stahlrohrpfähle die gleichen Effekte im Boden hervorgerufen werden wie bei der Schlagrammung. Dazu ist es notwendig bestimmte Vibrationscharakteristika wie z.B. eine asymmetrisches Geschwindigkeitssignal zu erreichen. Dies kann durch rammbegleitende Messungen überprüft werden.
Werden bei der Pfahlinstallation erhöhte Spannungen im Bereich des Pfahlfußes hervorgerufen, können diese sich positiv auf das laterale Tragverhalten auswirken.
Voraussetzung hierfür ist ein 'toe kick' zur Mobilisierung lateraler Widerstände in den entsprechenden Tiefen. Eine rechnerische Berücksichtigung kann durch den hier vorgestellten Ansatz einer äquivalenten Tiefe bei der Ermittlung der Anfangssteifigkeit der p-y-Kurven erfolgen.
Die beobachteten Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten der Vibrationsrammung hinsichtlich der Bodenspannungsentwicklungen und der Bewegungsmuster lassen vermuten, dass die bei der Installation hervorgerufenen Widerstände sich stark unterscheiden. Dies wäre bei Rammsimulationsstudien zur Vibrierbarkeit der Pfähle zu berücksichtigen (s. FISCHER & STEIN [2022]).
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Autor
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Philipp Stein philipp.stein@baw.de
Bundesanstalt für Wasserbau
Federal Waterways Engineering and Research Institute www.baw.de Abteilung Wasserbau im Küstenbereich, Referat Geotechnik Nord
Wedeler Landstraße 157, 22559 Hamburg