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FFE. Rundbrief 1/2008 Ausgabe März FORUM FRIEDENSETHIK in der Evangelischen Landeskirche in Baden. Editorial von Albert Schäfer

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FFE Rundbrief 1/2008

Ausgabe März 2008

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ORUM

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RIEDENS

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THIK

in der Evangelischen Landeskirche in Baden

Leitungskreis: Dietrich Becker-Hinrichs, Hans-Georg Dittrich, Dr. Dirk-M. Harmsen, Bettina Ott, Dr. Wilhelm Wille

Editorial

von Albert Schäfer Sehr geehrte Damen und Herren,

nun ist Anlass zum Denken genug – sie ist da, die lange erwartete und in vielen Vorabdiskussionen erwünschte Denkschrift. Entspricht sie den Erwartungen? Die zahl- reichen Reaktionen, denen sich auch der FFE-Rundbrief widmet, stellen einen Spannbogen dar zwischen positi- ven und negativen Wertungen. Und das ist gut so! Denn es ist eben diese Funktion, die erfüllt werden soll. Wir sollen uns daran abarbeiten, die eigenen Positionen ü- berprüfen und qualifizieren. Und es wäre zu billig, ein- fach festzustellen: Endlich ist sie da! Denn sie soll ja nicht das Ende des Ringens um eine Friedensethik sein;

dafür auch ist sie natürlich ein Kompromiss-Papier aus einer Kammer und nicht das absolute Wort. Und doch dürfen wir feststellen: sie geht deutlich weiter als ihre Vorgänger-Schriften. Sie wertet an manchen Stellen mit einer Deutlichkeit, die ich für eine um Gemeinsamkei- ten ringende Kammer beachtlich finde. Prophetische Schärfe ist vielleicht nur die Sache der Einzelperson, die mutig sich in die Öffentlichkeit wagen kann und riskiert, auf ebenso mutige Kritik zu stoßen. Diese Denkschrift soll aber diejenigen gewinnen, die noch nicht so weit in ihren Wertungen gekommen sind. Des- wegen sind Denkschriften immer diplomatische Texte.

Wir haben also die Aufgabe, den Text zu würdigen da, wo er von uns verlangt, seine Urteile in die Öffentlich- keit von Kirche und Gesellschaft zu tragen. Wir sind es, die den Gemeinden helfen, die Buchdeckel zu öffnen und ihnen nahezulegen, aus der biblischen Grundlegung heraus z.B. den militärischen Kampfhandlungen die Legitimation zu verweigern; oder – zusammen mit der

„Gemeinsamen Konferenz für Kirche und Entwick- lung“ (GKKE) – den nach wie vor skandalösen Um- gang mit Rüstungsexporten bewusst zu machen; oder bei den internationalen Konflikten um Atomwaffen- Verbreitung nicht nur deprimiert zu verzagen, sondern

– mit der Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Porto Alegre – politisch anzumahnen, dass die A- Waffen-Staaten ihre eigenen Verpflichtungen zu ver- wirklichen und dann einzuhalten haben. So bietet der neue Text einiges, was der Umsetzung in wählbare Po- litik bedarf, weil Menschen auch über den Kirch- Horizont hinaus zur Meinungsbildung beitragen.

Die Spannung zwischen Zustimmung und Kritik … Die Kritik kann nicht vernichtend sein! Gerade auch die schonungslose nicht. So jedenfalls lese ich den Beitrag von Ulrich Duchrow. Es braucht die Schärfe der Analy- se, mit der wir alle aus der Lethargie der involvierten Anpassung gerissen werden. Mit einer Denkschrift dür- fen wir uns nicht begnügen. Auch danach gibt es in der (kirchlichen) Gesellschaft weit gespannte Positionen.

Wenn uns am Fortschreiten der Friedensbemühung ge- legen ist, dann müssen die Hintergründe von Bewertun- gen aufgedeckt werden, weil solche sich allzu oft mit Tarnkappen versehen; dann müssen in kompromisshaf- ten Formulierungen die Spannungen freigelegt werden, damit wir selbst den Kompromiss teilen oder eben auch verwerfen können. Und dies alles, solange nicht endgül- tig Friede ist – also immer; das jedenfalls folgt aus dem biblischen Menschenbild. Aber solches „immer“ führt nicht in depressive Hoffnungslosigkeit. Denn die Ver- heißung des Reiches Gottes bedeutet, dass wir auf ei- nem langen Weg ein Ziel haben, auch wenn dies erst nach ‚meiner’ Lebenszeit erreicht sein wird.

In dem Arbeitskreis Friedensethik, den ich hier in Hamburg habe, – ich schreibe ja als Korrespondent aus der Ferne meiner neuen und heimgekehrt alten Heimat – eröffnen wir unsere Sitzungen mit einer Stichwort- Sammlung, wo uns in den jeweils letzten vier Wochen das Thema Frieden und Gerechtigkeit begegnete. So wird im Protokoll sichtbar, wie zum Verzweifeln viele Orte des gewalttätigen Geschehens es gibt. Da kann

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sich der Einzelne oder die Gruppe nur spezialisierend herauswinden aus niederdrückendem Verzagen. Da wird uns klar: wir dürfen nicht den einen Konflikt ge- gen andere ausspielen und aus der Wahrnehmung weg- drängen. Sondern brauchen die Vernetzung im Vertrau- en darauf, dass kein Leid und keine Gewalt vergessen werden. Und da ist die Hoffnung, „dass Friede und Ge-

rechtigkeit sich küssen“ – welch anmutiges Bild! Die Arbeit für den Frieden darf (Vor-)Freude machen. Wir hier jedenfalls schließen unsere Sitzungen mit dem Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich …“

Das wünscht sich und uns Ihr und Euer Albert Schäfer.

Inhalt

Editorialvon Albert Schäfer...1

Inhalt ...2

Studientag 2008 zusammen mit der Evang. Akademie Baden...3

„Friede auf Erden …“ – Das Friedenspotential von Religion in politischen Gewaltkonflikten...3

Literatur zum Thema des Studientages 2008 ...3

Reaktionen auf die Friedensdenkschrift der EKD ...4

„Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“Pressemitteilung der EKD...4

Statement in der Pressekonferenz zur Vorstellung der Friedensdenkschrift des Rates der EKD „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ in Berlinvon Wolfgang Huber...5

EKD sieht Auslandseinsätze der Bundeswehr mit Skepsisvon epd...6

Wer nennt systemische Ursachen und zieht die prophetischen Konsequenzen? – Kritik der EKD- Friedensdenkschrift 2007von Ulrich Duchrow...7

Kommentar zur EKD-Friedensdenkschrift 2007von Joachim Garstecki...13

Israel ... 14

In the Name of God, end the siege over Gaza ...14

Alarming humanitarian situation in Gazavon Rev. Dr Samuel Kobia...14

Letter of FFE for Javier Solana about the Situation in Gaza...15

Remarks on the Situation in Gaza during his trip to Cairo by Javier SOLANA, EU High Representative for the CFSP...15

Verschiedenes...16

Was aus dem Kosovo wurde und werden sollvon Wilhelm Wille...16

Resolution der 28. Friedenskonsultation vom 28.-30.01.2008 in Bremen...19

Prophetische Kirchevon Dietrich Zeilinger...20

Der Weg der Badischen Landeskirche im Ökumenischen Konziliaren Prozess ...24

Briefwechsel mit der Militärseelsorge(Fortsetzung)... 25

Schärfung und Schutz des Gewissens als Aufgabe und Herausforderung für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehrvon Dr. Dirck Ackermann...25

Impressum... 28

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Studientag 2008 zusammen mit der Evang. Akademie Baden

„Friede auf Erden …“ –

Das Friedenspotential von Religion in politischen Gewaltkonflikten

Einladung zum FFE-Studientag 2008

als gemeinsame Tagung mit der Evangelischen Akademie Baden

An vielen Orten der Welt sind Religionsgemeinschaften für den Frieden tätig. Sie leisten – oft unbemerkt – eine er- folgreiche Friedensarbeit, und schaffen es, ohne militärische Gewalt in gewaltförmigen Konflikten Frieden zu stif- ten. Die Tagung geht anhand konkreter Fallstudien dem Friedenspotential von Religionen nach.

Termin: Samstag, der 12. April 2008

Ort: Albert-Schweitzer-Saal an der Christuskirche Reinhold-Frank-Str. 48, 76133 Karlsruhe

am Mühlburger Tor, vom Hauptbahnhof mit den Linien 6, S1, S11 Tagungsbeitrag: 8,00 EUR für Mittagessen und Getränke (für FFE-Mitglieder)

40,00 EUR für alle anderen

Anmeldung: möglichst bald, spätestens bis 6. April 2008 22:00 Uhrbei Hans-Georg Dittrich, Siegfriedstr. 27, 69502 Hemsbach,

Tel.: 06201-71993, Fax:03222-1194922, eMail: Hans-Georg.Dittrich@arcor.de Programm:

10.30 Begrüßung und Einführung in die Tagung 10.40 – 11.35 Wie Religion Frieden macht (Arbeitstitel)

Dr. Markus A. Weingardt, Politologe,

Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), Heidelberg 11.35 – 11.50 Kaffeepause

11.50 – 12.45 Der Friedensbeitrag von Religionen am konkreten Ort – zum Beispiel:

„Frieden gestalten – Zukunft gewinnen“ – eine internationale Kampagne Und:

„Fischen versöhnt“ – ein Projekt der evangelischen christlichen Kirche in Halmahera / Indo- nesien

Monika Lude, Referentin des Evangelischen Missionswerks in Südwestdeutschland (EMS), Stuttgart

12.45 – 13.45 Mittagessen

13.45 – 15.15 ausführliche Diskussion mit den Referenten 15.15 Ende der Tagung der Ev. Akademie Baden 15.15 – 15.45 FFE-Mitgliederversammlung

Leitung: Kirchenrat Helmut Strack, Dr. Wilhelm Wille

Literatur zum Thema des Studientages 2008

Markus Weingardt, „Religion macht Frieden“, Kohlhammer 2007

Michael Henderson, „Die Macht der Vergebung“, PublikForum Verlag 2006

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Reaktionen auf die Friedensdenkschrift der EKD

„Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ Pressemitteilung der EKD Rat der EKD veröffentlicht neue Friedensdenkschrift, 24. Oktober 2007

Für die EKD bildet das Thema „Frieden“ seit ihren An- fängen eine herausragende Herausforderung öffentli- cher Verantwortung. Die Erschütterung über die Ver- wüstungen des Zweiten Weltkriegs, Beginn und Verlauf des Ost-West-Konflikts, die Auseinandersetzungen über Wiederbewaffnung und allgemeine Wehrpflicht, die wechselseitige Abschreckung mit atomaren Waffen und die wachsende Aufmerksamkeit für den Nord-Süd- Konflikt – all das waren in den 60 Jahren EKD-Ge- schichte wichtige Themen kirchlicher Urteilsbildung.

Nun hat der Rat der EKD zum zweiten Mal nach 1981 eine Friedensdenkschrift veröffentlicht: „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“.

Die Diskussionen und Auseinandersetzungen um das Thema „Frieden“ hat die Einheit der evangelischen Kir- che manches Mal auf harte Proben gestellt, wie insbe- sondere die Debatte über die Atomwaffen in den ausge- henden fünfziger Jahren und dann noch einmal in den frühen achtziger Jahren zeigte. Aber die Arbeit an die- sen Themen führte zu kirchlichen Friedensbeiträgen von bleibender Bedeutung; aus ihnen ragt nach wie vor die „Ost-Denkschrift“ der EKD von 1965 mit ihrer Er- mutigung zu Schritten der Versöhnung heraus. Die auf diesem Weg gewonnenen Einsichten wurden 1981 in der Denkschrift „Frieden wahren, fördern und erneu- ern“ zusammenfassend festgehalten.

Seit den 80er Jahren hat sich die weltpolitische Situati- on grundlegend gewandelt. Nach dem Ende des Kalten Krieges, der Überwindung der europäischen Teilung und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten in den Jahren 1989/1990 stellten sich zahlreiche neue frie- densethische und friedenspolitische Herausforderungen.

Die Hoffnung, aus der Überwindung des globalen Kon- flikts zwischen den USA und der Sowjetunion ergebe sich eine „friedenspolitische Dividende“, erfüllte sich nicht. Gewaltsame Auseinandersetzungen auf dem Bal- kan, der Zerfall staatlicher Autorität in verschiedenen Regionen Afrikas und Asiens sowie die Privatisierung der Gewalt in Händen von Warlords und Bürgerkriegs- parteien stellten mit neuer Dringlichkeit die Aufgabe vor Augen, die Gewalt der Herrschaft des Rechts zu un- terwerfen. Zu den großen Friedensgefährdungen unse- rer Zeit zählt insbesondere auch der moderne internati- onale Terrorismus. Die Frage ist, wie dieser und ande- ren akuten Gefahren für den Weltfrieden auf rechtsför- mige, wirksame und nachhaltige Weise begegnet wer- den kann.

Die EKD hat auf die neuen friedensethischen Heraus- forderungen nach der Wende von 1989/90 mit Orientie-

rungshilfen reagiert, deren vorläufiger Charakter beab- sichtigt war. „Schritte auf dem Weg des Friedens“ war der für eine Orientierungshilfe aus dem Jahr 1994 mit Absicht gewählte Titel. Als „Zwischenbilanz“ wurde ein sich daran anschließender Text „Friedensethik in der Bewährung“ aus dem Jahr 2001 bezeichnet. Ihn verabschiedete der Rat der Evangelischen Kirche weni- ge Tage vor den Terroranschlägen des 11. September.

An Beispielen aus Afrika wurde 2002 das Verhältnis von gewaltsamen Konflikten und ziviler Intervention erörtert. „Richte unsere Füße auf den Weg des Frie- dens“ hieß der Titel dieser von der Kammer der EKD für Entwicklung und Umwelt verantworteten Studie.

Nach dem 11. September 2001 mehrten sich in der kirchlichen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit die Stimmen, die von der EKD einen neuen grundlegenden Beitrag zur friedensethischen und friedenspolitischen Orientierung erwarteten. Daher beauftragte der Rat der EKD im Jahr 2004 die Kammer für Öffentliche Ver- antwortung, eine solche neue Friedensschrift zu entwer- fen. In Denkschriften soll nach Möglichkeit ein auf christlicher Verantwortung beruhender, sorgfältig ge- prüfter und stellvertretend für die ganze Gesellschaft formulierter Konsens zum Ausdruck kommen. Es ist daher von großer Tragweite, dass die Kammer der EKD für Öffentliche Verantwortung den Entwurf des vorlie- genden Textes einstimmig verabschieden konnte und dass auch der Rat der EKD ihn einstimmig bejaht hat.

Eigens hervorzuheben ist, dass in ihm – abweichend von den Heidelberger Thesen des Jahres 1959 – die Auffassung vertreten wird, die Drohung mit dem Ein- satz nuklearer Waffen sei in der Gegenwart friedens- ethisch nicht mehr zu rechtfertigen.

Übereinstimmend werden in der neuen Denkschrift Grundsätze und Maximen vertreten, die ebenso einfach wie überzeugend sind: Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Wer aus dem Frieden Gottes lebt, tritt für den Frieden in der Welt ein. Gerechter Friede in der globalisierten Welt setzt den Ausbau der internatio- nalen Rechtsordnung voraus. Staatliche Sicherheits- und Friedenspolitik muss von den Konzepten der

„Menschlichen Sicherheit“ und der „Menschlichen Entwicklung“ her gedacht werden. Diese klaren Leitge- danken verbinden sich mit konkreten und spezifischen Handlungsoptionen. So ist etwa mit der geforderten Rechtsförmigkeit einer internationalen Friedensordnung der Anspruch verknüpft, dass diese Rechtsordnung dem Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung verpflichtet ist und die Anwendung von Zwangsmitteln an strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien bindet. Auch die Heraus-

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forderung durch den modernen internationalen Terro- rismus rechtfertigt deshalb keine Wiederbelebung der Lehre vom „gerechten Krieg“. Vielmehr bewährt sich gerade in einer solchen Situation die Ausrichtung aller friedenspolitischen Überlegungen an der Leitidee des

„gerechten Friedens“.

Durchgängig wird in der Denkschrift die Notwendigkeit der Prävention hervorgehoben; gewaltfreien Methoden der Konfliktbearbeitung wird der Vorrang zuerkannt;

den zivilen Friedens- und Entwicklungsdiensten wird für die Wiederherstellung, Bewahrung und Förderung

eines nachhaltigen Friedens eine wichtige Rolle zuge- schrieben. Mit dieser Grundorientierung bringt die E- vangelische Kirche in Deutschland ihre Stimme in die politische wie in die ökumenische Diskussion ein. Sie versteht diese Denkschrift auch als einen Beitrag zu der vom Ökumenischen Rat der Kirchen ausgerufenen De- kade zur Überwindung von Gewalt (2001-2010).

Die Friedensdenkschrift als Taschenbuch, Bro- schiert, 128 Seiten, Gütersloher Verlagshaus (No- vember 2007), ISBN-10: 357902387X ISBN-13: 978- 3579023878, Preis 5,95€

Statement in der Pressekonferenz zur Vorstellung der Friedensdenkschrift des Rates der EKD „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ in Berlin

von Wolfgang Huber

Die globalisierte und multikulturelle Welt, in der wir seit dem Ende des Kalten Krieges leben, bedarf einer neuen, zeitgemäßen Friedensethik aus christlicher Ver- antwortung. Deshalb hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Beginn der jetzigen Amtsperiode die Kammer für Öffentliche Verantwor- tung damit beauftragt, eine neue, umfassende und grundsätzliche Ausarbeitung zum Thema „Frieden“

vorzubereiten. Im Hintergrund dieses Auftrags standen Erfahrungen, die in den Neunzigerjahren etwa in Afrika (Ruanda) oder auf dem Balkan gemacht wurden – aber auch der 11. September 2001 mit seinen Hintergründen und politischen Folgen.

Der Rat hatte dabei eine klare, dem Evangelium gemä- ße und verantwortliches Handeln ermöglichende frie- densethische Orientierung im Sinn, die keineswegs auf die Fragen militärischgestützter Friedenssicherung und militärischer Interventionen beschränkt ist, die sich aber auch auf Beispiele wie den Kosovokrieg 1999, die Af- ghanistanintervention 2001 oder den Irakkrieg 2003 anwenden lässt. Zu den großen Friedensgefährdungen unserer Zeit zählt insbesondere auch der moderne inter- nationale Terrorismus. Die Frage ist, wie dieser und an- deren akuten Gefahren für den Weltfrieden auf rechts- förmige, wirksame und nachhaltige Weise begegnet werden kann.

Solchen Fragen hat sich die Kammer der EKD für Öf- fentliche Verantwortung mit großem Engagement, mit Sorgfalt und mit Sachkunde zugewandt. Dabei entstand ein Text, den sich der Rat der EKD in seiner nüchternen Analyse, seiner fundierten biblisch-theologischen Ar- gumentation und seinem durchgängigen Bezug auf den Leitgedanken des gerechten Friedens gern zu Eigen gemacht hat. Ich danke den Mitgliedern der Kammer für Öffentliche Verantwortung, allen voran ihrem Vor- sitzenden, Prof. Dr. Wilfried Härle, und ihrer stellver- tretenden Vorsitzenden, Prof. Dr. Eva Senghaas- Knobloch, sehr herzlich für die geleistete Arbeit.

Die Denkschrift vertritt einfache und klare Grundsätze und Maximen. Die folgenden hebe ich ausdrücklich hervor: Wer aus dem Frieden Gottes lebt, tritt für den Frieden in der Welt ein. Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Friede ist nur dann nachhaltig, wenn er mit Recht und Gerechtigkeit verbunden ist. Ge- rechter Friede setzt in der globalisierten Welt den Aus- bau der internationalen Rechtsordnung voraus. Staatli- che Sicherheits- und Friedenspolitik muss von den Konzepten der „Menschlichen Sicherheit“ und der

„Menschlichen Entwicklung“ her gedacht werden.

Diese einfachen Leitgedanken verbinden sich mit kon- kreten Handlungsoptionen. So ist etwa mit der gefor- derten Rechtsförmigkeit einer internationalen Friedens- ordnung der Anspruch verknüpft, dass diese Rechtsord- nung dem Vorrang ziviler Konfliktbearbeitung ver- pflichtet ist und die Anwendung von Zwangsmitteln an strenge ethische und völkerrechtliche Kriterien bindet.

Auch die Herausforderung durch den modernen interna- tionalen Terrorismus rechtfertigt deshalb keine Wieder- belebung der Lehre vom „gerechten Krieg“. Vielmehr bewährt sich gerade in einer solchen Situation die Aus- richtung aller friedenspolitischen Überlegungen an der Leitidee des „gerechten Friedens“.

Durchgängig wird in der Denkschrift die Notwendigkeit der Prävention hervorgehoben; gewaltfreien Methoden der Konfliktbearbeitung wird der Vorrang zuerkannt;

den zivilen Friedens- und Entwicklungsdiensten wird für die Wiederherstellung, Bewahrung und Förderung eines nachhaltigen Friedens eine wichtige Rolle zuge- schrieben. Mit dieser Grundorientierung bringt die E- vangelische Kirche in Deutschland ihre Stimme in die politische wie in die ökumenische Diskussion ein. Sie versteht diese Denkschrift deshalb auch als einen Bei- trag zu der vom Ökumenischen Rat der Kirchen ausge- rufenen Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001 – 2010).

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In Denkschriften soll, wenn dies möglich ist, ein auf christlicher Verantwortung beruhender, sorgfältig ge- prüfter und stellvertretend für die ganze Gesellschaft formulierter Konsens zum Ausdruck kommen. Es ist daher von großer Tragweite, dass die Kammer der EKD für Öffentliche Verantwortung den Entwurf des vorlie- genden Textes einstimmig verabschieden konnte und dass auch der Rat der EKD ihn einstimmig bejaht hat.

Besonders hervorheben möchte ich, dass in ihm – ab- weichend von den sog. „Heidelberger Thesen“ des Jah- res 1959, an denen unter anderem der in diesem Jahr verstorbene Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker mitgearbeitet hat – die Auffassung vertreten wird, die Drohung mit dem Einsatz nuklearer Waffen sei in der Gegenwart friedensethisch nicht mehr zu rechtfertigen. Über die friedenspolitischen Folgerungen aus dieser Aussage konnte die Kammer für Öffentliche Verantwortung keine letzte Übereinstimmung erzielen.

Doch dass ein ethischer Konsens unterschiedliche Ab- wägungen hinsichtlich seiner politischen Konsequenzen zulässt, ist nicht ungewöhnlich.

Mit dem Leitgedanken des gerechten Friedens, der die Schrift wie ein roter Faden durchzieht und die einzelnen Themenbereiche miteinander verbindet, greift die Denkschrift eine wichtige theologische Tradition auf und führt sie weiter. Man kann in der Sache an den Re- formator Martin Luther anknüpfen und an dessen Inter- vention anlässlich der Fehde um das kleine Städtchen Wurzen im Jahr 1542 denken. Als eine gewaltsame Auseinandersetzung drohte, erinnerte Luther die beiden betroffenen Fürsten an ihre vorrangige Pflicht, sich für

den Frieden einzusetzen. Er schlug den Weg der Ver- handlung vor, ebenso ein Schiedsgericht, also eine un- abhängige, rechtsförmige Instanz der Vermittlung. Soll- te eine gütliche Einigung nicht zu Stande kommen, so hielt er auch Gehorsamsverweigerung für denkbar, um den Frieden zu erhalten. Luthers Äußerungen zeigen, dass er dem Frieden den Vorrang zuerkannte und für seine Bewahrung auf Prävention, Verhandlungen und rechtsförmige Lösungen setzte. Sein Vermittlungsver- such war übrigens erfolgreich. Die Beteiligten konnten im April 1542 ein friedliches Osterfest feiern.

Auch bei nüchterner Betrachtung der Realität nach Chancen des Friedens Ausschau zu halten – das ist auch der Geist dieser neuen Friedensdenkschrift. Sie führt die Tradition friedensethischer Urteilsbildung in unserer Kirche unter neuen Bedingungen weiter. Diese Traditi- on hat in den Zeiten der deutschen Teilung in der Ost- denkschrift von 1965 und der Friedensdenkschrift von 1982 besonderen Ausdruck gefunden; in den Kirchen der DDR hat sie sich besonders in der Friedensdekade, in der großen Wirksamkeit des Zeichens „Schwerter zu Pflugscharen“ und in der beherzten Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung Ausdruck ver- schafft. Heute entwickeln wir eine Friedensethik, die unterschiedliche Strömungen unter dem Leitbegriff des gerechten Friedens zusammenführt. Die EKD will da- mit ihren Beitrag zur friedensethischen Urteilsbildung wie zu praktischen Friedensbemühungen unter den Be- dingungen des 21. Jahrhunderts leisten.

Berlin, 24. Oktober 2007

EKD sieht Auslandseinsätze der Bundeswehr mit Skepsis von epd Neue Friedensdenkschrift vorgelegt (epd, 24.10.07)

Berlin(epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich skeptisch zu weiteren Auslandseinsätzen der Bundeswehr geäußert. In ihrer am 24. Oktober 2007 in Berlin veröffentlichten Friedensdenkschrift heißt es, die Ausrichtung der Bundeswehr auf eine Armee im Einsatz werfe ernste Fragen auf. So sei es fraglich, ob dieselben Truppen für militärische Intervention und für Stabilisierungsaufgaben geeignet seien. »Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten«, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber bei der Vorstellung. Jeder militärische Einsatz markiere im Grunde das Scheitern ziviler Bemühungen zur Konfliktlösung.

Wirksame Friedenspolitik beruhe auf dem Abbau von Gewalt, der Fortentwicklung der internationalen Rechtsordnung und einer gerechten Weltwirtschaft, heißt es in der Denkschrift. Militärisches Eingreifen ist der EKD zufolge als äußerstes Mittel nicht vollständig auszuschließen, erfordert aber einen klaren völkerrecht- lichen Auftrag. Diese Bedingungen müssten auch gel- ten, wenn es um die Verhinderung von Genozid oder Menschheitsverbrechen gehe. CDU, SPD und Links- fraktion begrüßten die Friedensdenkschrift. Auch das Verteidigungsministerium reagierte positiv.

»Friede erschöpft sich nicht in der Abwesenheit von Gewalt, sondern hat ein Zusammenleben in Gerechtig- keit zum Ziel«, erläutern die Autoren das Leitbild des

gerechten Friedens. Deshalb müssten sich Friedenspro- zesse auf Gewaltvermeidung, Förderung von Freiheit und kultureller Vielfalt sowie Abbau von Not richten.

Mit der Denkschrift »Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen« präsentiert die EKD erstmals seit mehr als 25 Jahren wieder ein Grundsatzpapier zur Friedensethik. Darin reagiert sie auf neue globale Frie- densgefährdungen seit 1989. Zu diesen Bedrohungen gehören aus Sicht der EKD der Zerfall staatlicher Auto- rität, der internationale Terrorismus sowie weltweite sozioökonomische Probleme wie Armut, Hunger und Umweltzerstörung.

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Als vorrangige Friedensaufgaben nennt die EKD in ih- rer Denkschrift die Stärkung der Autorität der Vereinten Nationen und eine wirksamere Rolle der EU als „Frie- densmacht“ durch Nutzung ihrer diplomatischen Chan- cen und zivilen Fähigkeiten. Zudem wird ein Abbau von Waffenpotenzialen durch Rüstungskontrolle und ein Ausbau ziviler Konfliktbearbeitung befürwortet.

Dabei komme Friedens-, Freiwilligen- und Entwick- lungsdiensten eine besondere Bedeutung zu.

Die SPD-Kirchenbeauftragte Kerstin Griese sieht in der Denkschrift eine wichtige Hilfestellung für die Abge- ordneten. Die Gewalt der Herrschaft des Rechts zu un- terwerfen, sei eine zentrale Aufgabe, so die Bundes- tagsabgeordnete. Verlässliche friedensethische Orien- tierung sei in einer von Krieg, Terror und Gewalt ge- prägten Welt mehr denn je nötig, erklärte der Bundes- vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/

CSU, Thomas Rachel. Er gehört der mit Theologen, Rechts- und Politikwissenschaftlern sowie Politikern besetzten Kammer für öffentliche Verantwortung an, die die Denkschrift erarbeitet hat. Für die Linke erklärte der Fraktionsvize Bodo Ramelow, er teile die friedens- politischen Einschätzungen der EKD. Zum Gebot der Nächstenliebe gehöre auch die »Feindesliebe«.

Das Leitbild des gerechten Friedens setze den Ausbau der internationalen Rechtsordnung und starke internati- onale Organisationen voraus, so der EKD-Ratsvorsit- zende Huber. Einer Wiederbelebung der „Lehre vom gerechten Krieg“ erteilte der Berliner Bischof eine Ab- sage. Er kündigte an, vor Weihnachten wolle er mit dem evangelischen Militärbischof Peter Krug ins Koso- vo reisen, um deutsche Soldaten zu besuchen.

Der Vorsitzende der EKD-Kammer für öffentliche Ver- antwortung, Wilfried Härle, sagte, die begonnenen Ein- sätze müssten zu einem guten Ende geführt werden.

Aber Deutschland solle sich aus EKD-Sicht nicht in immer mehr Konflikte hineinbegeben.

Eine Abkehr vollzieht das neue EKD-Dokument im Hinblick auf die Heidelberger Thesen, mit denen die EKD im Kalten krieg auf das atomare Wettrüsten rea- giert hatte. »Aus Sicht evangelischer Friedensethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet wer- den« heißt es in der Schrift. Friedensethische Aufgaben für die Kirche sieht die EKD in Bildung und Erziehung zum Frieden, Schärfung und Schutz des Gewissens so- wie Förderung von Versöhnung und Vergangenheits- aufbereitung.

Wer nennt systemische Ursachen und zieht die prophetischen Konsequenzen? – Kritik der EKD-Friedensdenkschrift 2007von Ulrich Duchrow

Es ist bekannt, dass kirchliche Denkschriften Konsens- papiere sind, die verschiedene – auch politische – Inte- ressengruppen unter einen Hut bringen müssen. Darum finden sich in ihnen oft Kompromissformulierungen, die einen Klartext verhindern. Hinzu kommt, dass die AutorInnen wie in unserem Fall nur aus einem Land kommen, was häufig zur Konsequenz hat, dass in erster Linie die Binnenwahrnehmung den Ton angibt und die an sich unabdingbare Berücksichtigung anderer Per- spektiven – vor allem die der weltweiten Ökumene – zu kurz kommt. Beides trifft trotz einiger wichtiger Ein- sichten weitgehend auch auf die Denkschrift „Aus Got- tes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ zu.

Sie hat vier Teile: 1. einen beschreibenden, 2. einen theologischen, 3. einen rechtlichen und schließlich 4.

einen politischen, der die Friedensaufgaben formulieren soll. Die Frage bleibt dabei allerdings offen, wer in un- serer Kirche dafür verantwortlich ist, aus diesen Grundsatzerwägungen heraus eine klare, orientierende, prophetisch adressierte Stellungnahme zu formulieren und einen strukturierten Prozess zu entwerfen, in dem alle Gliederungen der Kirche zu entsprechenden Ent- scheidungen und Handlungskonsequenzen befähigt werden. Eine solche Stellungnahme und ekklesiologi- sche Folgerung kann m.E. nach biblischen Kriterien nur aus der Perspektive der leidenden und kämpfenden Op- fer – und damit in Gemeinschaft mit der weltweiten

Ökumene – erfolgen. Das fordert allein schon der er- freulicherweise als Leitbegriff aus der Bibel ausgewähl- te Begriff „gerechter Friede“. Unter dieser Perspektive möchte ich aus den vier Abschnitten der Denkschrift einige zentrale Fragen kritisch untersuchen und zuspit- zen, um damit zu einer öffentlichen Debatte über diese lebenswichtigen Fragen beizutragen und den Rat der EKD herauszufordern, kirchenpraktische und politische Konsequenzen aus den Einsichten und Defiziten der Denkschrift zu ziehen.

1. Friedensgefährdungen

Zunächst stellt sie für die Zeit nach dem Ende des Ost- West-Konflikts m.R. fest: „Eher ist von neuer ‚WeltUn- ordnung’ zu sprechen“ (9) – hierzu werden 1. globale sozioökonomische Probleme benannt (10). Dann folgt der Satz: „An den positiven Auswirkungen der Globali- sierung haben die ärmsten Länder und ihre Bevölkerung viel zu geringen Anteil“ (11). Daraus muss man schlie- ßen, dass die Kammer wie der Rat der EKD die Globa- lisierung grundsätzlich positiv finden, diese positiven Effekte aber leider noch nicht bis zu den ärmsten Län- dern vorgedrungen sind. Halten es die deutschen Kir- chen nicht für nötig, auch nur zu erwähnen, was Luthe- rischer Weltbund (LWB), Reformierter Weltbund (RWB) und Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) über Jahre hin erarbeitet und in ihren Vollversammlungen –

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auch unter Mitwirkung deutscher Delegierter – an kriti- schen Positionen zur ökonomischen Globalisierung be- schlossen haben?1 Wenn man mit diesen schon nicht einverstanden ist, müsste man sie nicht wenigstens nen- nen? Und sind nicht gerade auf Grund der zunehmend verheerenderen Bezüge und Wechselwirkungen zwi- schen ökonomischen Interessen einerseits und geopoli- tisch-militärischen Interessen andererseits diese Befun- de bei der Behandlung der Friedensfrage zentral zu be- rücksichtigen?

Die ökumenischen Dokumente und Beschlüsse arbeiten mit der Unterscheidung Globalisierung als Prozess (er- weiterte Kommunikation usw.), der auch positive Sei- ten hat, und Globalisierung als herrschendes neoliberal- kapitalistischesProjekt, das vor allem für die Mehrzahl der Menschen in den Ländern des Südens, für eine wachsende Zahl der Verlierer auch im Norden, für die Schöpfung insgesamt und damit letztlich auf für den Weltfrieden vornehmlich negative Effekte hat. Damit ist die Frage nach einer kritischen Auseinandersetzung mit unserer derzeitigen ökonomischen ‚WeltUnord- nung‘ gestellt. Diese wird von der Denkschrift nur be- nannt, ohne aber deren Folgen einer systematischen Ur- sachenanalyse zu unterziehen. Dadurch ist sie nicht in der Lage zu interpretieren, wie die verschiedenen, auch von ihr beklagten negativen Symptome und Entwick- lungen zusammenhängen. Alles Leben der Logik der Kapitalakkumulation zu unterwerfen, ist nach ökumeni- scher Einsicht der Kern des neoliberalen Projekts, das z.Zt. alle gegenläufigen Tendenzen, Institutionen und Bewegungen zunehmend auszuhebeln in der Lage ist.

Die Denkschrift kommt sogar zu solch verharmlosen- den und irreführenden Aussagen wie dieser: „Mit dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen, der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds, der Welthandelsorganisation usw. verfügt unsere Welt über ein Institutionengeflecht, das heute in die Lage versetzt werden sollte, die Globalisierung einem menschenwür- digen Leben aller Erdenbewohner dienstbar zu machen“

(15). Ist dem Rat und der Kammer nicht bekannt, dass allen voran IWF, Weltbank und WTO mit ihrer einsei- tig die Interessen der größten Transnationalen Konzerne und der reichen Länder begünstigenden neoliberalen Politikrezeptur eher zentraler Bestandteil der gegenwär- tigen Probleme als Helfer zu deren Lösung sind und sie

1 Die Dokumente sind veröffentlicht in:Kairos Europa (Hg.), 2005a, Kirchen im ökumenischen Prozess für ge- rechte Globalisierung - Von Winnipeg 2003 über Accra 2004 nach Porto Alegre 2006, Heidelberg. (Heft 2);

2005b, Alternative Globalisierung im Dienst von Men- schen und Erde. AGAPE-Hintergrunddokument zur 9.

Vollversammlung des ÖRK in Porto Alegre 2006 (Heft 3); 2006, Wie geht es weiter nach den ökumenischen Vollversammlungen, Kairos Europa, Heidelberg. (Heft 4).

zudem die relevanten Abteilungen und zahlreiche gute Initiativen der UNO (etwa des UNDP) zunehmend schwächen und unterlaufen? Da reicht es nicht festzu- stellen, dass Liberalisierung und Deregulierung „häu- fig“ die Probleme verstärken. Diese Politik ist gewollt und systemisch. Sorgfältig werden die Begriffe Neoli- beralismus und Kapitalismus vermieden und durch Ver- schleierungen wie „westliche Wirtschaftsformen“ er- setzt. Damit verabschiedet man sich von jeder ernsthaf- ten politisch-ökonomischen Analyse – die man übrigens nicht nur im Süden hätte finden können, sondern auch in den USA und Europa.

2. wird Staatsversagen und der Zerfall politischer Ge- meinschaften ins Auge gefasst. Ersteres wird offenbar nur bei anderen gesucht, die die Segnungen des Wes- tens noch nicht ergriffen haben: „Erfahrungen in Bos- nien, im Kosovo, in Afghanistan und insbesondere zur- zeit im Irak zeigen, dass gutes Regieren (good gover- nance) oder gar westliche Demokratie nicht einfach »ü- bergestülpt« und auch nicht mit Gewalt eingeführt wer- den können“ (16).

3. geht es um Bedrohungen durch Waffengewalt. Zur Aufrüstung der USA u.a. statt der im „Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen“ eingegange- nen Verpflichtung zur Abrüstung heißt es immerhin:

„Außerdem halten die etablierten Kernwaffenstaaten ihre im internationalen Nichtverbreitungsregelwerk (NPT) eingegangenen Verpflichtungen nur unzurei- chend ein“ (23). Auch wird das „Risiko radiologischer Waffen“ erwähnt, aber die Akteure im Westen nicht benannt oder gar scharf kritisiert. Waren nicht auch deutsche Truppen im Rahmen der NATO an den Über- fällen auf Jugoslawien und Afghanistan beteiligt, bei denen diese Waffen verwendet wurden und werden?

Zum Krieg gegen den Terror lesen wir: „Doch hat der nach dem September 2001 durch die US-Regierung ausgerufene »Krieg gegen den Terrorismus« die Gefahr (nur die Gefahr?, UD) mit sich gebracht, dass auch de- mokratische Staaten und ihre Organe im Kampf gegen Gruppen, die Gesetze nicht achten, rechtsstaatliche Prinzipien verletzen“ (25). Auch Guantánamo usw.

wird erwähnt. Nicht in den Blick kommt aber die Frage, wie unter dem Stichwort „Terrorismus“ in vielen Län- dern die sozialen Bewegungen und auch die für gerech- ten Frieden engagierten Kirchenleute liquidiert werden wie z.B. in Kolumbien und den Philippinen – z.T. in di- rekter Komplizenschaft nicht nur mit US-Militär, son- dern auch mit westlichen Konzernen. Hier rächt sich, dass die Denkschrift auch Begriffe wie etwa „Terroris- mus“ einfach unkritisch benutzt, wie sie die westliche Sprachregelung vorgibt.

Ebenso heißt es verharmlosend: „Auch die zunehmende Entschlossenheit einiger westlicher Länder, eigene Inte- ressen mit Gewalt durchzusetzen, führt zu einer Be-

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schädigung des westlichen Ansehens“ (27). Das wird immerhin durch eine Beschreibung der Verflechtung von Weltwirtschaft und Militär ergänzt, und es wird auch vor „Eingreifoptionen“ gewarnt (28). Aber weiß die Kammer nicht, dass die USA bereits 2001 725 Mili- tärbasen rund um den Erdball installiert hatte (was sie inzwischen mit dem Krieg gegen den Terrorismus rechtfertigt)?2 Und was bedeutet es, dass die damalige Bundesregierung – trotz ihrer wahlkampfbegründeten Ablehnung des letzten Irakkrieges – den US-Amerika- nern erlaubte, ihre Militärbasen in Deutschland als Ausgangspunkt für eben diesen Irakkrieg zu nutzen?

Gilt das Grundgesetz nicht mehr, nach dem von deut- schem Boden nie mehr Krieg ausgehen darf? Wie, wenn dies alles System hätte?

Hier rächt sich wieder das Ausblenden der ökumeni- schen Debatten zu den angeschnittenen Fragen. Schon die Generalversammlung des RWB in Accra hatte fest- gestellt: „Als Wahrheits- und Gerechtigkeitssuchende, die sich die Sichtweise der Machtlosen und Leidenden zueigen machen, sehen wir, dass die gegenwärtige WeltUnOrdnung auf einem außerordentlich komplexen und unmoralischen Wirtschaftssystem beruht, das von (einem) Imperium verteidigt wird (11).“3 Sie führte weiter auf differenzierte Weise aus, wie sich die Vertei- digung der Kapitalinteressen durch den klassischen Im- perialismus der europäischen Nationalstaaten unter den heutigen Bedingungen des globalisierten Kapitals zu einem ebenfalls globalisierten imperialistischen poli- tisch-institutionellen-militärischen System unter Füh- rung der USA transformiert hat. Der LWB hatte in sei- ner Vollversammlung (2003) zum Widerstand gegen die neoliberale Globalisierung aufgerufen, weil diese mit ihrer Verabsolutierung des Eigentums Götzendienst ist und u.a. dazu führt „dass die, die kein Eigentum be- sitzen, systematisch ausgeschlossen werden“.4 Ende 2007 veröffentlicht er als Weiterführung ein Buch mit dem Titel: „Being the Church in the Midst of Empire“.

Der AGAPE-Aufruf der ÖRK-Vollversammlung (2006) enthält die Selbstverpflichtung: „Wir verpflichten uns erneut, uns aus biblischer und theologischer Sicht über die Frage von Macht und Imperium Gedanken zu ma- chen und aus unserem Glauben heraus gegen hegemo- niale Mächte standhaft Stellung zu beziehen.“ Inzwi- schen wird die systematisch-analytische Frage Imperi- um/Imperialismus im Zusammenhang der jetzigen Pha- se des neoliberalen Kapitalismus weltweit, vor allem

2 Vgl. u.a.Johnson, Chalmers, 2004, The Sorrows of Em- pire: Militarism, Secrecy, and the End of the Republic, Henry Holt & Co., New York, S. 4.

3 S.Kairos Europa (Hg.), 2005a, S. 19.

4 Ebd. 15f.

auch in den USA selbst5, auf breiter Ebene diskutiert.

Schon das zeigt, dass die Meinungsunterschiede nicht einfach auf Nord versus Süd zu verteilen sind. Was also motiviert Kammer und Rat, sogar die Fragestellung zu vermeiden – ganz abgesehen davon, eine ernsthafte ana- lytische Arbeit zu leisten, die ja auch die Voraussetzung für eine realistische Strategie wäre?

4. wird unter kulturell-religiösen Gefährdungsfaktoren auch das Problem Religion und Gewalt angesprochen, das im nächsten theologischen Kapitel zu behandeln ist.

Positiv ist 5. das Eintreten für den Multilateralismus und die Kritik des Unilateralismus zu bewerten, was sogar implizit zu einer Verurteilung des US-Krieges gegen den Irak als völkerrechtswidrig führt (35). Aber durch das Ausblenden der Imperialismusfrage wird der systemische Charakter dieses Krieges verschwiegen.

Eine Zusammenfassung der Fragen, die eine kirchliche Friedensdenkschrift behandeln sollte, von denen mehre- re in der Denkschrift fehlen, finden sich in den Elf Prüf- steinen für amtskirchliche Friedensverlautbarungen von Peter Bürger.6

2. Theologische Begründung

Methodisch werden die biblischen Texte (37ff.) kon- textlos zitiert – es fehlt jeder Hinweis auf die konkrete Auseinandersetzung der Propheten, der Tora, der apo- kalyptischen Texte des frühen Judentums, der Jesusbe- wegung und der Urchristenheit mit der Akkumulati- onswirtschaft seit dem 8.Jh. v.Chr.7 und den Imperien von Ägypten bis zum Römischen Reich.8 Dies ent- spricht dem Verzicht auf politisch-ökonomische Analy- se im 1. Teil.

Es wird auch nicht erwähnt und in seiner Bedeutung re- flektiert, dass die frühe Kirche der ersten drei Jahrhun- derte klar auf Jesu Gewaltfreiheit verpflichtet war. Zum Thema Religion und Gewalt wird zwar auch auf die Verbreitung des Christentums mit Gewalt hingewiesen – aber nur als Missgriff (41), nicht als Strukturproblem der jahrhundertealten Anpassung der Kirche an das Im-

5 Vgl.Radford-Ruether, Rosemary, 2007, America, Ame- rikkka, Elect Nation and Imperial Violence, a historical and theological treatment of US empire, Equinox press, London.

6 http://www.ikvu.de/html/archiv/jubilaeum-buerger.html

7 Vgl.Duchrow, Ulrich/Hinkelammert, Franz, (2002) 2005 2. Aufl., Leben ist mehr als Kapital. Alternativen zur globalen Diktatur des Eigentums, PublikForum, Oberursel, Kap. 1.

8 Vgl. z.B.Horsley, Richard A., 2003, Jesus and Empire:

The Kingdom of God and the New World Disorder, For- tress Press, Minneapolis.

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perium.9 Erfreulicherweise wird sogar ein Schuldbe- kenntnis im Blick auf den Gebrauch von Gewalt in der Christentumsgeschichte ausgesprochen (45), aber es fehlt jegliche Reflexion über den Missbrauch der Reli- gion für imperiale Gewalt heute. Was nehmen die Men- schen heute weltweit von der jüdisch-christlichen Tra- dition wahr? Sie sehen Präsident Bush, gestützt von der religiösen Rechten in den USA, wie er sich für direkt von Gott berufen erklärt und wie er seine imperialen Kriege mit dem Namen Kreuzzug tauft. Säkularisiert heißt das in Europa: westliche Werte verteidigen und weltweit durchsetzen („Demokratie“ und „freie“ Markt- wirtschaft). Wären wir 2003 „christlich“-demokratisch regiert gewesen, hätte unser Land am völkerrechtswid- rigen Irak-Krieg teilgenommen. Und die Menschen se- hen den Staat Israel, wie er – vom „christlichen“ Wes- ten gestützt – keinerlei UNO-Resolutionen einhält, die Menschenrechte mit Füßen tritt, den palästinensischen Männern, Frauen und Kindern unfassbares menschli- ches Leid und unmenschliche Erniedrigungen zufügt und Palästina in ein Apartheidsystem verwandelt – schlimmer als das im ehemaligen Südafrika.

Müsste unsere Kirche nicht den Namen Gottes heiligen, indem sie diese Verkehrungen offen ausspricht? Bi- schof Tutu hat in den USA Israel als Apartheidsystem kritisiert und wurde deshalb von einer US-Universität wieder ausgeladen (auf großen Druck von unten dann aber erneut eingeladen). Auch innerhalb der jüdischen Gemeinde in den USA gibt es eine angefochtene Mino- rität, die sich um die von Rabbi Michael Lerner ins Le- ben gerufenen Zeitschrift „Tikkun“ sammelt. Sie setzt sich um des wahren Israels willen für die Friedensbe- wegung in Israel ein und bekämpft die „Israel-Lobby“

in den USA, deren Machenschaften in einem neuen Buch aufgedeckt und angeprangert werden.10 Müsste sich nicht die EKD mit diesen Kräften auf biblischer Grundlage verbünden und so an der Seite der für Recht und Frieden Kämpfenden öffentlich Stellung beziehen, ja überhaupt erst einmal die Probleme wahrnehmen, die heute mit dem Missbrauch der Bibel für Krieg und Un- terdrückung verbunden sind?

Sehr zu begrüßen ist das klare Bekenntnis zum Leitbe- griff des gerechten Friedens (73ff.). Auch deutet die Denkschrift den möglichen Missbrauch des Friedens- begriffes an: „Das biblische Friedensverständnis enthält durch seinen unauflöslichen Bezug zur Gerechtigkeit einen Gesichtspunkt zur Unterscheidung von »wahrem«

und »faulem« Frieden, der schon von den Propheten des

9 Vgl.Rieger, Joerg, 2007, Christ and Empire: From Paul to Postcolonial Times, Fortress, Minneapolis.

10 Mearsheimer, John J./Walt, Stephen M., 2007, The Israel Lobby and US Foreign Policy, Farrar, Straus and Giroux, New York.

Alten Testaments geltend gemacht wurde“ (Jer 6,13f.) (76), aber es findet sich keine systematische Analyse der strukturellen Perversion des Friedensbegriffs in der Pax Romana, der heute in den USA mit der Pax Ameri- cana bewusst wiederbelebt wird, obwohl nahezu alle neutestamentlichen Schriften gerade auf die Kritik des römischen Unterdrückungsfriedens abzielen.

3. Das Recht

Voll zu unterstützen ist die Forderung einer globalen Friedensordnung als Rechtsordnung. Es werden auch soziale Teilhaberechte angemahnt, ohne aber wiederum die Strukturfrage des nur zur Reichtumsvermehrung der Eigentümer eingesetzten Eigentums im Kapitalismus überhaupt zu erwähnen. Im Gegenteil, die politischen Rechte werden undifferenziert liberal als Schutzrechte für die private Freiheit eingeklagt: „politische Teilnah- merechte begründen den Anspruch auf gleiche Partizi- pation an der politischen Willensbildung, die ihrerseits der Erhaltung und Gestaltung der privaten Freiheiten dient.“ (88)11Auch wird mit Recht die Aufgabe formu- liert, „mächtige Wirtschaftsinteressen einer wirksamen internationalen Kontrolle zu unterwerfen, bzw. transna- tionale Wirtschaftsaktivitäten transparent und rechen- schaftspflichtig zu machen“(90), aber es findet sich keine Analyse, wieso und mit welchen Mechanismen die wirtschaftlichen Mächte in der gegenwärtigen Phase des Kapitalismus ihre Macht ausüben und welche alter- nativen Rechtsmaßnahmen erkämpft werden müssten.

Sehr gut ist m.E. der Abschnitt über „Rechtserhaltende Gewalt“ statt „gerechter Krieg“ gelungen (98ff.). Die daraus folgenden Grenzen rechtserhaltenden militäri- schen Gewaltgebrauchs (104) erlauben sogar eine klare Kritik der US-Verteidigungsstrategie. Reicht das aber aus angesichts der imperialistischen Konzeption der US

„National Security Strategy“, deren Klartext in dem Grundsatzpapier des „Project for the New American Century“ beschrieben wird? Sie zielt auf umfassende Hegemonie unter Einschluss von „space and cyber- space“ und wird dort ausdrücklich als Instrument der Pax Americana bezeichnet.12

Auch wird immerhin gesagt: „Gegenüber einer nicht durch den UN-Sicherheitsrat mandatierten, sondern ext- ralegal als Nothilfe gerechtfertigten Intervention durch einzelne Staaten oder Staatenbündnisse bestehen stärks- te Bedenken“ (114). Aber hier wird wieder nicht kon- kret festgestellt, dass die NATO-Strategie offiziell Selbstmandatierung vorsieht. Warum scheuen Kammer und Rat den Konflikt, diese Strategie aufgrund der

11 Zur Tradition dieser liberalen Eigentumsphilosophie vgl.

Duchrow/Hinkelammert, a.a.O.

12 Vgl.

www.newamericancentury.org/statementofprinciples.htm.

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selbst aufgestellten Kriterien zu verwerfen und zum Widerstand dagegen aufzurufen? Auch bei den „Gren- zen internationaler bewaffneter Friedensmissionen“

(117 ff.), wird weder der Begriff problematisiert, noch werden Ross und Reiter genannt.

4. Politische Friedensaufgaben

Sicher ist zu begrüßen, dass die Denkschrift das vom UNDP eingeführte Konzept der „menschlichen Sicher- heit“ in den Mittelpunkt rückt (124 u.184ff.) und nicht nur die Bedeutung der UNO stärken, sondern auch die parlamentarische Verantwortung und zivilgesellschaft- liche Beteiligung stärker in die Entscheidungsabläufe einbauen will (125ff.). Skandalös realitätsfern ist sie al- lerdings bei der Beurteilung der „EU als Friedens- macht“ (142ff.). Offenbar haben die AutorInnen der Denkschrift die Fakten nicht zur Kenntnis genommen, wie sie z.B. in erschreckender Weise von der Tübinger

„Informationsstelle Militarisierung“ belegt und analy- siert werden.13In geradezu euphorischer Weise behaup- tet sie: „Durch die Aufnahme mittel- und osteuropäi- scher Staaten kommt sie – im Zusammenwirken mit der NATO und deren Konzept des Stabilitätstransfers durch Erweiterung und Friedenspartnerschaften – einem frei- en Gesamteuropa immer näher. Dem entspricht ein durch den konventionellen Rüstungskontrollvertrag und das Wiener Dokument über vertrauensbildende Maß- nahmen entstandener Raum von nie da gewesener Transparenz und Vertrauensbildung in militärischen Angelegenheiten“ (142). Zur Europäischen Sicherheits- strategie stellt sie dann fast im Widerspruch zum Vo- rangegangenen fest: „Bisher vollzieht sich aber der Pro- zess der steigenden Verantwortung der EU in der Welt sowohl in militärischer als auch in ziviler Hinsicht we- nig transparent für Bürger und unter geringen Mitspra- cherechten der Parlamente. Vorwürfen einer Militarisie- rung ihrer Politik (z. B. durch die Einrichtung von Batt- le Groups) muss die EU durch transparente, glaubwür- dige Darlegung ihrer Lagebeurteilung und ihrer frie- denspolitisch relevanten Strategien entgegenwirken“

(144). Aber auch mit dieser einschränkenden Bemer- kung zeigt die Denkschrift nur, dass sie die EU- Militarisierung nicht grundsätzlich in Frage stellt, son- dern – im Gegenteil – sie nur besser verkauft sehen möchte.

Wenn nun aber die fehlende Transparenz gewollt wäre?

Taktvoll vermeidet die Denkschrift, auf denEU-Verfas- sungsvertrag einzugehen. Er sollte unser friedensorien- tiertes Grundgesetz ersetzen, nun tritt er nach der Ab- lehnung der Verfassung durch die französischen und niederländischen BürgerInnen nur als sog. Reformver-

13 Vgl.Pflüger, Tobias/Wagner, Jürgen, 2006, Welt-Macht EUropa: Auf dem Weg in weltweite Kriege, VSA, Ham- burg.

trag in Kraft, bei dem die Zustimmung der Bevölkerung – außer in Irland – umgangen werden wird. Haben die Mitglieder der Kammer nicht gelesen, was in dem Ver- fassungsvertrag stand und was jetzt unter anderem Na- men europäisches Recht werden soll? Hier einige Bei- spiele:

„Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militäri- schen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird eine Agentur für die Bereiche Entwicklung der Vertei- digungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüs- tung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermit- teln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der indus- triellen und technologischen Grundlage des Verteidi- gungssektors beizutragen“ (Art. I.41). Es ist nicht unin- teressant zu sehen, dass in einem früheren Entwurf der Verfassung Klartext stand: „Europäisches Amt für Rüs- tung, Forschung und militärische Fähigkeiten“. Weil das denn wohl zu deutlich klang, wurde der Begriff durch die obige blumenreiche Verschleierungsformulie- rung ersetzt, an der die EKD-Denkschrift dann auch keinen Anstoß nahm, obwohl der Sinn deutlich sein sollte.

Weiter heißt es im Abschnitt über die Gemeinsame Si- cherheits- und Verteidigungspolitik in Art. III-309:

„Die in Art. I-41 Absatz 1 vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militäri- sche Mittel zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Ret- tungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabili- sierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus bei- getragen werden, unter anderem auch durch die Unter- stützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terro- rismus …“

Es werden also zwar Abrüstungsmaßnahmen genannt, aber im Kern soll die EU per Vertrag in eine weltweit operierende militärische Interventionsmacht umgewan- delt werden, genauer: dieser Vorgang ist längst im Gang – auch ohne die noch zu beschließende rechtliche Grundlage. Was das bedeutet, kann man unschwer an den Strategieentwicklungen und faktischen Kriegen seit 1990 ablesen. Die NATO hat sich, wie gesagt, bereits das Recht der Selbstmandatierung genommen. Auch Angriffskriege wie gegen das ehemalige Jugoslawien und Afghanistan sind nun in Europa vertragsmäßig legi- timiert. So wird man sich wahrscheinlich auch bald der Präventivkriegsstrategie der USA anschließen. Der französische Präsident hat sich ja bereits in dieser Rich-

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tung im Fall Irans geäußert. Und die Think Tanks der deutschen Politik, das „Centrum für angewandte Poli- tikforschung“ (CAP) und die Bertelsmann Stiftung ha- ben bereits in ihrem Strategiepapier „Eine Europäische Verteidigungsstrategie“ (EVS) vorgesehen: „… welt- weite Präventivmissionen, um terroristische Angriffe, möglicherweise mit Massenvernichtungswaffen, in Eu- ropa oder auf europäische Interessen abzuwehren“.14 Auch wird in dem EU-Vertrag das Recht unseres Par- laments und des Bundesrats abgeschafft, die letzte Ent- scheidung über militärische Einsätze (durch EU- Truppen) zu fällen. Das Europäische Parlament wird zu den Entscheidungen des Europäischen Rates, also der Exekutive, nur angehört. Damit wird das deutsche Grundgesetz ausgehebelt und die Demokratie schwer gefährdet.

Das Verschweigen dieser theologisch und verfassungs- mäßig höchstgefährlichen europäischen Entwicklungen in der Denkschrift ist für kirchliche Verhaltensweisen in diesem Zusammenhang freilich nicht ungewöhnlich, wenn man auf das Problem der Bundeswehr schaut (vgl. auch 148ff.). In Deutschland geschah die Abkehr vom Grundgesetz in dieser Frage zum ersten Mal 1992.

Nach der entsprechenden Änderung der NATO-Stra- tegie legte der damalige Verteidigungsminister Rühe dem Verteidigungsausschuss ein Grundlagenpapier zur

„Neugestaltung der Bundeswehr“ vor. Danach gehören zu den deutschen Sicherheitsinteressen u.a.:

„Förderung und Absicherung weltweiter politischer, wirtschaftlicher, militärischer und ökologischer Sta- bilität

Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des Zugangs zu strategischen Rohstoffen.“

Diese grundgesetzwidrige Wende von der Verteidi- gungsarmee zur imperialen Schutzmacht für Wirt- schaftsinteressen hat die deutsche Bevölkerung und Kirche seither verschlafen. Damals protestierte nur Pax Christi mit der Erklärung „Die Bundeswehr wird zum Sicherheitsrisiko“. Auch die Denkschrift nimmt diese Wende einfach als Faktum an, ohne sie prinzipiell zu hinterfragen – und dies, obwohl die Bundesrepublik nachweislich die treibende Kraft hinter der Militarisie- rung der EU ist, offensichtlich um die eigenen Expansi- onsinteressen mit Hilfe des parlamentarisch nicht kon- trollierten Raums besser durchsetzen zu können.15 Bei Bundeskanzlerin Merkel klingt das so: „Die Fähigkeit, deutsche Interessen durchzusetzen, auch militärische Kapazitäten aufzubauen, hängt ganz wesentlich von un- serer Wirtschaftskraft ab. Deshalb muss deutsche Poli- tik den Prozess der wirtschaftlichen Reformen ent-

14 Vgl. ebd. 139f.

15 Vgl. Pflüger u.a., aaO., S. 131ff.

schieden fortsetzen, weil daraus auch die Kraft für au- ßen- und sicherheitspolitischen Gestaltungsraum er- wächst.“16Dabei wird nebenbei auch deutlich, wie sehr der Sozialabbau in Deutschland direkt mit der Koppe- lung von neoliberaler Wirtschaftspolitik und imperialer Aufrüstung zusammenhängt – ganz zu schweigen von den über 1 Billion US$ Militärausgaben weltweit pro Jahr, von denen ein Bruchteil alle sozialen Probleme der Welt lösen und so Frieden stiften könnte. Warum redet die Denkschrift angesichts so gravierender Her- ausforderungen so angepasst?

In der gegenwärtigen Situation imperialer Kriege des Westens um wirtschaftlicher Interessen willen müsste die Position der Kirche – nach ihren eigenen theologi- schen Kriterien und grundgesetzlich begründet – hei- ßen: Für Christen besteht bei diesem Stand der Dinge – ganz abgesehen von den verschiedenen Positionen ei- nerseits der prinzipiellen Pazifisten und andererseits der unter klaren Kriterien zum Kriegsdienst Bereiten – die Pflicht zur Kriegsdienstverweigerung.

Wenigstens einen konkreten Schritt tut die Denkschrift über bisherige deutsche kirchliche Positionen hinaus, wenn sie feststellt: „Aus der Sicht evangelischer Frie- densethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung be- trachtet werden“ (162). Sie fügt aber gleich hinzu: „Es bleibt allerdings umstritten, welche politischen und stra- tegischen Folgerungen aus dieser gemeinsam getrage- nen friedensethischen Einsicht zu ziehen sind“ – womit wir wieder bei der gewohnten Ausgewogenheit wären.

Nicht einmal die nukleare Teilhabe unseres Landes wird thematisiert. Und wo bleibt der Aufschrei gegen- über den „Mini-Nukes“ und atomaren Bunkerbomben, die die USA entwickeln, um auch Atomkriege „führ- bar“ zu machen?

Erfreulich ist, dass die Denkschrift deutlich dafür ein- tritt, die zivile Konfliktbearbeitungauszubauen (170ff.).

Es fehlt aber bei der Behandlung der Rolle Deutsch- lands und der EU im Zusammenhang der Umsetzung dieses Ziels der Vergleich zwischen den Ausgaben für Militär und Kriegführung einerseits und den Mitteln für zivile Konfliktbearbeitung andererseits. Die lächerlich winzigen Mittel für zivilen Friedensdienst zeigen näm- lich die eigentliche Tendenz per negationem: Ausbau der EU zu einem Sub-Imperium in teilweiser Konkur- renz und teilweiser Kooperation mit den USA. Der Satz

„Noch kann nicht davon die Rede sein, dass sich die po- litische Gesamtausrichtung von der Perspektive der zi- vilen Konfliktbearbeitung leiten lässt“ (177) ist eine reine Beschönigung. Hier müssten die Kirchen in öku- menischer Gemeinschaft prophetisch die Wahrheit sa-

16 Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2005, vgl. ebd.

S. 133.

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gen und die imperialistische Politik des Westens klar beim Namen nennen.

Und selbst der folgende Satz hängt in der Luft, weil die Ursachenanalyse als Basis für realistische Gegenstrate- gien im Bündnis mit den sozialen Bewegungen fehlt und darum keine Akteure genannt werden: „Die gewalt- trächtige Situation skandalös großer und immer weiter wachsender Unterschiede in den Lebensbedingungen der Menschen im Norden und Süden muss entschlossen überwunden werden“ (184). Geradezu den Bock zum Gärtner macht die Denkschrift, wenn sie meint: „Die vorhandene Nachfragemacht der Industrieländer nach seltenen Rohstoffen sollte friedenspolitisch so genutzt werden, dass Gewaltspiralen unterbrochen werden und verantwortliche Staatsführung Unterstützung findet“

(191). Wer hat denn seit den 1950er Jahren durch Ge- heimdienste und Kollaborateure zahlreiche Militärdik- taturen eingesetzt, um Märkte und Rohstoffe zu sichern, und wer hat direkt militärisch interveniert bis hin zum Irakkrieg, wenn nicht der Westen?

Das hätte die Denkschrift umso mehr thematisieren müssen, als gegenwärtig das Damoklesschwert eines Kriegs gegen den Iran über dem Nahen und Mittleren Osten hängt. Die USA, zusätzlich gedrängt von der Is- rael Lobby, bereiten offensichtlich einen solchen Krieg vor. Dabei wird die Verantwortung der USA für die Si- tuation im Iran vollständig verschwiegen. Der CIA hat- te bekanntlich 1953 den demokratisch gewählten Mos- sadegh gestürzt, weil dieser das Öl nationalisieren, d.h.

seiner Bevölkerung die Ressourcen des Landes zugute kommen lassen wollte. Die USA setzten den Schah als Diktator ein, dessen Schreckensherrschaft erst den Bo- den für die Revolution der Mullahs bereitete. Sodann haben die USA mit Hilfe Saddam Husseins den Krieg gegen den Iran gefördert, der Millionen von Menschen das Leben kostete. Und nun wird die Lügenmaschinerie wieder in Gang gesetzt, um einen weiteren Krieg zu be- ginnen. Und Deutschland und die EU beteiligen sich an dem Kesseltreiben, die großen Medien sind schon gleichgeschaltet. Wer erwähnt noch, dass die iranische Regierung 2003 über den Schweizer Botschafter in Te- heran (der dort die diplomatischen US-Interessen ver- tritt) den USA umfassende Verhandlungen über alle bi- lateralen Probleme angeboten hatte? Die USA haben dies und den Schweizer Botschafter brüsk zurückge- wiesen, obwohl dieser sich strikt an die diplomatische Etikette gehalten hatte. Wo bleibt angesichts der Pla- nungen für einen mutwillig herbeizuführenden Iran- krieg und angesichts seiner unausdenkbaren Folgen das klare Nein und der Aufruf zum Widerstand?

Wenn dieser Kritik entgegengehalten werden sollte, von einer Denkschrift seien nur Analyse und allgemeine Kriterien für das Handeln, nicht aber prophetische Ak- tualisierung zu erwarten, dann wäre zu antworten:

1. Situationsbeschreibungen sind noch keine Analyse und 2., dann sollte der Rat der EKD (vielleicht zusam- men mit den katholischen Bischöfen) unter Aufnahme der Analysen aus der weltweiten Ökumene und den in der Denkschrift erarbeiteten, zum großen Teil guten Handlungsrichtlinien ein klares Wort zur Orientierung der Gemeinden und zur Kritik am neoliberal-imperialen westlichen System und der daraus folgenden Politik und Wirtschaft Deutschlands und der EU sprechen. Nicht nur das Leben zahlloser Menschen und der von Gott ge- schenkten Erde, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Kirche stehen heute auf dem Spiel.

Kommentar zur EKD-Friedensdenkschrift 2007 von Joachim Garstecki

Joachim Garstecki war viele Jahre Friedensreferent beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR undist jetztGeneralsekretär von Pax Christi

Die Positionen unserer Kirchen zu Fragen der Ge- rechtigkeit und des Friedens haben sich in den letz- ten 30 Jahren in einer Weise aufeinander zu be- wegt, die ich nicht für möglich gehalten hätte, als ich 1971 beim Bund der Evangelischen Kirchen zu arbeiten begann.

Vor kurzem hat die EKD ihre neue Friedensdenk- schrift veröffentlicht unter dem Thema „Aus Got- tes Frieden leben –für gerechten Frieden sorgen“.

Ihre Argumentationslinien gleichen bis in die Wortwahl hinein jenen gewalt-kritischen Positio- nen, die auch das Hirtenwort „Gerechter Friede“

der katholischen deutschen Bischofskonferenz vom Herbst 2000 bestimmen:

 Beide Texte prägt die „Skepsis hinsichtlich der Möglichkeiten, mit militärischen Mitteln Frieden zu schaffen“ (EKD),

 beide fordern den Ausbau ziviler Friedensdienste durch die Politik.

 Die beiden Kirchen lassen die klassische Lehre vom

„gerechten Krieg“ hinter sich

 und binden „bewaffnete Friedensmissionen“ als al- lerletztes Mittel streng in ein friedenspolitisches Ge- samtkonzept ein, ohne über ihr eigenes Unbehagen an dieser Option irgendeinen Zweifel zu lassen.

 Gewalt muss immer der Herrschaft des Rechts un- terworfen sein.

 Prävention hat immer den Vorrang vor Intervention.

 Damit unterliegen auch die gegenwärtigen Ausland- seinsätze der Bundeswehr einer grundsätzlichen Kri- tik.

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„Gerechten Frieden“ kann man nicht mit militäri- schen Mitteln erzwingen wollen, im Zeitalter des in- ternationalen Terrorismus schon gar nicht.

Das sind deutliche Annoncen an die Politik, aber sie könnten auch eine neue ökumenische Dynamik in den Kirchen selbst erzeugen.Die im Paradigma

„gerechter Frieden“ aufscheinende ökumeni- sche Gemeinschaft unserer Kirchen im Frie- denszeugnis könnte ein Lichtblick, eine Ermuti- gung, ein Anstoß, eine Geh-Hilfe, ein Lockvogel für das Ziel der Einheit der Christen sein.

Israel

In the Name of God, end the siege over Gaza One and a half million people imprisoned and without proper food or medicine. 800,000 without electricity supply; this is illegal collective punishment, an immoral act in violation of the basic human and natural laws as well as International Law. It cannot be tolerated any- more. The siege over Gaza should end now.

Voices from our people there say "We feel the threat of being exterminated by this siege".

In the Name of God, we, the Heads of Churches in Je- rusalem and the Holy Land urge the International Community, President Bush and the leaders of Israel, to put an end to this suffering and call upon Israel to acti- vate Prime Minister Salam Fayyad's initiative for Pales- tinian responsibility control of the boarders thus ensur- ing sufficient normal flow of medicine, food, fuel and goods to Gaza.

We urge the International Community and the European Union to act according to their recent pleas. There is no time to waste when Human life is endangered.

We urge the Palestinian Leadership to unite in ending their differences for the sake of their people in Gaza.

Put the differences aside and deal with this crisis for the good of all human beings demonstrating that you care for your brothers and sisters who have suffered enough already. We would say to all concerned parties; while ever you persist in firing rockets into Israel you encour- age public opinion outside this Land to feel there is a justification for this siege.

We urge Israel to act responsibly and to immediately end this inhuman siege. To deny children and civilians their necessary basic commodities are not the ways to security but rather throw the region into further and more dangerous deteriorations. This siege will not guarantee the end to rocket firing, but will only increase the bitterness and suffering and invite more revenge, while the innocents keep dying. True Peace building is the only way to bring the desired security.

We pray for the day when the people of Gaza will be free from Occupation, from political differences, from violence and from despair. We pray for the Israelis and Palestinians to respect human life and God's love for every human life, and to take all possible measures to end this suffering. Only bold steps towards just Peace and ending the violence will protect the Human life and dignity of both People.

With the Prophet we keep praying and hoping:

"A bruised reed he will not break, and a smoldering wick he will not snuff out.

In faithfulness he will bring forth justice;

he will not falter or be discouraged till he establishes justice on earth.

In his law the islands will put their hope"

(Isaiah 42:3-4)

Heads of Churches in Jerusalem and the Holy Land

Alarming humanitarian situation in Gazavon Rev. Dr Samuel Kobia Geneva, 22 January 2008

Dear Sisters and Brothers,

Greetings to you in Christ and as fellow disciples of the Prince of Peace. Like many of you, we are receiving alarming reports from Gaza, where people have been suffering for a long time from isolation, siege and col- lective punishment by the government of Israel.

An alarming new appeal by the heads of churches in Je- rusalem notes that:

"…one and a half million people are imprisoned and without proper food or medicine. 800,000 without elec- tricity supply; this is illegal collective punishment, an immoral act in violation of International Law. This cannot be tolerated any further. The siege over Gaza should end now."

Mr. Constantine Dabbagh, the executive director of the Near East Council of Churches based in Gaza, reports that bakeries that used to distribute bread regularly are now unable to do so because of fuel shortages, with long queues of people hoping to get their daily staple.

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With electricity shortages, the much-needed refrigera- tors used in the three primary health clinics of the Gaza Strip are in jeopardy. This also applies to hospitals and other health facilities across Gaza.

Dr. Bernard Sabella, the executive secretary of the Middle East Council of Churches' Department of Ser- vice to Palestinian Refugees writes that political talks between Palestinians and Israel over the Gaza Strip situation have become an urgent necessity and are de- manded by all Palestinians.

For so long, we have heard from many churches and ecumenical partners that they feel helpless when con- fronted with the situation in Gaza. But we should al- ways remember that in Amman, last June, we promised the churches in the Middle East, and particularly in Is- rael/Palestine, that together "we will act and pray and speak and work and risk reputations and lives to build with them bridges for an enduring peace among the peoples of this tortured and beautiful place".

In response to the many calls for help, I urge you to:

Pray for an end of the suffering in Gaza.

Speak out for the people of Gaza calling for an end to the siege, an end to their collective punishments and a negotiated ceasefire. Address your parishes, the public, your governments and the embassies of governments most directly involved in the Middle East – the United States, Israel, the European Union and Russia. Attached you will find a model letter that

could be used by individual people of faith to address their representatives in parliaments and governments.

Help and manifest your solidarity with the churches in Palestine. Gaza lives under collective punishment, incursions and siege. Churches and related agencies are serving some of the needs. They need our support, and Action by Churches Together is co-ordinating appeals for humanitarian aid.

Local churches in Jerusalem will feel strengthened and less abandoned when they see help coming from churches abroad. They will also greatly appreciate mes- sages of support coming from sister churches from all over the world. I strongly encourage you to manifest your solidarity by writing directly to them (the list of heads of churches in Jerusalem is attached).

The World Council of Churches has always held that justice among the states and peoples of the Middle East must be based on the international rule of law and on rigorous implementation of United Nations Security Council resolutions pertaining to the conflicts. May we continue to stand together, praying for peace with jus- tice to embrace all concerned. As we pray, so may we believe. And so, too, be moved to action.

Yours in Christ, Rev. Dr Samuel Kobia,

General Secretary of the World council of Churches

Letter of FFE for Javier Solana about the Situation in Gaza Dear Mr Solana,

I write to you in the name of the governing body of the Forum FriedensEthik within the Evangelical Church in Baden, Germany, and from the context of my faith with regard to the tragic situation we see before us in the news regarding the situation in Gaza. I stand in solidar- ity with those who are suffering, and join them in their cries for justice.

With this letter, I ask that you use the weight of your office as a public official to be in contact with public officials of the state of Israel. Ask that they put an end to the siege of Gaza and to the repetitive collective pun- ishments of its people. Ask them to negotiate a cease- fire for Gaza as an essential step forward in the current negotiations on Israeli-Palestinian peace.

In 1948, many nations around the world signed the United Nations Declaration on Human Rights agreeing to avoid such non-humanitarian treatment of others. It is particularly the innocent who are suffering. The siege has increased violent attacks against civilians on both sides. It has cut the people of Gaza off from adequate supplies of food, medicine, electricity and fuel, and crippled essential health and sanitation services in one of the most densely populated places on earth.

I ask that you advocate for the lifting of the siege of Gaza, an end to collective punishment and the negotia- tion of a ceasefire for the sake of the people of Gaza and their neighbours.

Karlsruhe, 27.01.2008: In Faith, Dr. Dirk-Michael Harmsen Remarks on the Situation in Gaza during his trip to Cairo

by Javier SOLANA, EU High Representative for the CFSP Javier SOLANA, European Union High Representative

for the Common Foreign and Security Policy (CFSP), visited Cairo on Saturday, 2 February and Sunday, 3 February 2008. He met President Hosni MUBARAK, Foreign Minister Abul GHEIT and the Secretary-

General of the Arab League, Amr MOUSSA. The dis- cussions focussed on the difficult Situation at the border crossing between Egypt and Gaza and on what could be done to solve that crisis and alleviate the suffering of the Palestinian people. The following is an edited sum-

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