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Klimaschutzteilkonzept Anpassung an den Klimawandel für die Stadt Paderborn

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Academic year: 2022

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Klimaschutzteilkonzept

„Anpassung an den Klimawandel“

für die Stadt Paderborn

(2)

Impressum

Auftraggeber:

Stadt Paderborn

Amt für Umweltschutz und Grünflächen Pontanusstraße 55

33102 Paderborn

Tel.: +49 (0)5251-88-11865, Fax: +49 (0)5251-88-12067 e-Mail: t.strohdiek@paderborn.de

https://www.paderborn.de/

Projektleitung: Torsten Strohdiek Auftragnehmer:

ThINK – Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz GmbH Leutragraben 1

07743 Jena

Tel.: +49 (0)3641-639 88 70, Fax: +49 (0)3641-639 88 66 e-Mail: info@think-jena.de

http://www.think-jena.de Projektleitung: Dr. Matthias Mann Mitarbeiter:

Jakob Maercker Dr. Julia Massier Daniel Knopf

Förderung

Eine Vorbemerkung zum Sprachgebrauch

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im vorliegenden Bericht bei Personenbezeich- nungen in der Regel die maskuline Form verwendet. Diese schließt jedoch gleichermaßen die feminine Form mit ein. Die Leserinnen und Leser werden dafür um Verständnis gebeten.

(3)

Inhaltsverzeichnis

1. Rahmenbedingungen ... 7

1.1 Anthropogener Klimawandel ...7

1.1.1 Vorbemerkungen ... 7

1.1.2 Verwendung von Klimamodellen ... 8

1.1.3 Anpassung an den Klimawandel ... 9

1.1.4 Vorgehen bei der Erstellung des Konzeptes ... 9

1.2 Ausgangslage im Untersuchungsgebiet ... 10

1.2.1 Ausstattung ... 10

1.2.2 Lokalklimatische Situation ... 14

1.2.3 Bestehende Datengrundlagen ... 16

1.3 Methodik der Untersuchung ... 18

2. Auswirkungen des Klimawandels ... 19

2.1 Veränderung des Klimas ... 19

2.1.1 Temperatur ... 19

2.1.2 Niederschlag ... 23

2.1.3 Wind ... 24

2.1.4 Klimatische Wasserbilanz (KWB) ... 25

2.2 Auswirkungen auf die kommunalen Handlungsfelder ... 27

2.2.1 Menschliche Gesundheit ... 27

2.2.2 Landwirtschaft ... 28

2.2.3 Wald und Forstwirtschaft ... 29

2.2.4 Wasserwirtschaft ... 31

2.2.5 Naturschutz ... 32

2.2.6 Verkehrswesen ... 33

2.2.7 Tourismus ... 34

2.2.8 Bauwesen ... 35

2.2.9 Katastrophenschutz ... 35

2.2.10 Energiewirtschaft ... 36

2.3 Detailanalyse priorisierter Schwerpunktthemen ... 38

2.3.1 Grundsätzliche Vorgehensweise ... 38

2.3.2 Wärmebelastung der Bevölkerung ... 41

2.3.3 Trockenstress bei Stadtbäumen ... 44

2.3.4 Unwetterereignisse (Starkregen und Stürme) ... 49

2.3.5 Wasserknappheit auf landwirtschaftlichen Flächen ... 52

2.3.6 Trockenheit auf Waldflächen und Naturschutzflächen ... 53

2.4 Anpassungserfordernisse durch den Klimawandel ... 57

(4)

3. Kommunale Anpassungsstrategie ...58

3.1 Gesamtstrategie für den Anpassungsprozess ... 58

3.2 Zieldefinition und Erfolgsindikatoren ... 58

3.3 Maßnahmenentwicklung und Maßnahmenkatalog ... 59

3.4 Berücksichtigung des Klimaschutzes ... 63

3.5 Verortung der Maßnahmen ... 65

3.6 Zeitliche Prioritäten ... 66

3.7 Klimawandelangepasste Planung ... 66

4. Controlling- und Verstetigungskonzept ...69

4.1 Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie ... 69

4.2 Empfehlungen für Indikatoren ... 70

5. Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit ...73

5.1 Ziele und Zielgruppen ... 73

5.2 Gute Beispiele anderer Kommunen ... 74

5.3 Status quo der Öffentlichkeitsarbeit und Empfehlungen für die Stadt Paderborn ... 75

5.3.1 Internet ... 75

5.3.2 Informationsstände und Beratungsstellen ... 77

5.3.3 Vorträge und Workshops ... 78

5.3.4 Flyer, Plakate etc. ... 78

5.3.5 Klimalehrpfad ... 78

5.3.6 Ausstellung Klimaanpassung ... 79

5.3.7 Seniorentreff – Aufklärung der älteren Bevölkerung... 80

5.3.8 Einbeziehung der lokalen Medien ... 80

5.3.9 „Klima-Stadtführungen“... 81

5.3.10 Beteiligung von Bürgern ... 81

5.3.11 Einbindung von Schulen ... 82

5.4 Fazit ... 83

6. Zusammenfassung und Schlussbemerkungen ...85

Quellen ...87

Anhänge ...91

o Maßnahmensteckbriefe ... 91

o Steckbriefe der einzelnen Teilräume der Stadt Paderborn ... 91

(5)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Treibhausgas-Emissionspfade 2000 – 2100 für verschiedene Repräsentative

Konzentrationspfade (RCP) ... 8

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Paderborn (in Prozent) ... 11

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Paderborn nach Altersgruppen ... 12

Abbildung 4: Landnutzungsarten im Stadtgebiet Paderborn (in Prozent) ... 13

Abbildung 5: Veränderung der Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Stadt Paderborn (in Prozent) ... 13

Abbildung 6: Schematische Darstellung einer städtischen Wärmeinsel ... 14

Abbildung 7: Schematische Darstellung der Kaltluftströmung ... 15

Abbildung 8: Ausschnitt aus der Klimaanalysekarte ... 16

Abbildung 9: Entwicklung der Jahresmitteltemperatur an der DWD-Station Bad Lippspringe seit 1951 mit gleitender Mittelwertbildung und langfristigem linearem Trend ... 19

Abbildung 10: Veränderung der Jahresmitteltemperatur zwischen den Klimaperioden 1971-2000 und 1981-2010 ... 20

Abbildung 11: Änderung der Jahresmitteltemperatur gemäß Klimaprojektion für 2021- 2050 bzw. 2071-2100 jeweils bezogen auf 1971-2000 für Modellensembles für Szenario RCP 8.5 ... 21

Abbildung 12: Kenntage an der DWD-Station Bad Lippspringe ermittelt für beobachtete Perioden, das Jahr 2018 und projizierte Werte bezogen auf das Klimamodell WETTREG2010 A1B ... 22

Abbildung 13: Veränderung der Jahresniederschlagssumme zwischen den Klimaperioden 1971-2000 und 1981-2010 ... 24

Abbildung 14: Änderung der Jahresniederschlagssumme gemäß Klimaprojektion für 2021- 2050 bzw. 2071-2100 jeweils bezogen auf 1971-2000 für Modellensembles für Szenario RCP 8.5 ... 25

Abbildung 15: Klimatische Wasserbilanz Paderborn für die Sommerhalbjahre der Periode 1981-2010) (Datenquelle: LANUV, eigene Darstellung) ... 26

Abbildung 16: Klimatische Wasserbilanz an der DWD-Station Bad Lippspringe ermittelt für beobachtete Perioden und projizierte Werte bezogen auf Klimamodell WETTREG2010 A1B ... 26

Abbildung 17: Warntafeln bzgl. des Eichenprozessionsspinners ... 28

Abbildung 18: Bodenerosion durch Wasser ... 29

Abbildung 19: Ehemaliger Fichtenbestand im Dunetal . ... 30

Abbildung 20: Vom Sturm Friederike geworfene Bäume auf die Meinolfus Kapelle im Wilhelmsberg . ... 30

Abbildung 21: Weitgehend trockengefallene Fischteiche an der Dubelohstraße ... 32

Abbildung 22: Drüsiges Springkraut ... 32

Abbildung 23: Unterspülte Straße ... 33

Abbildung 24: Lippesee – Klimawandel als Chance für eine verlängerte Tourismussaison bzw. den Ganzjahrestourismus ... 34

Abbildung 25: Gebäudekühlung und –klimatisierung ... 35

Abbildung 26: Katastropheneinsatz ... 36

Abbildung 27: Anfällig für Extremereignisse – oberirdische Energietrassen ... 37

Abbildung 28: Vorgehensweise bei der Analyse der Betroffenheit und der anschließenden Entwicklung von Maßnahmen ... 38

Abbildung 29: Für die Klimafolgenanalyse verwendete Kartenelemente und schematische Darstellung der Vorgehensweise ... 39

Abbildung 30: Übersichtskarte der Untergliederung der Stadt Paderborn in Teilräume im Rahmen des Klimaanpassungskonzeptes ... 40

Abbildung 31: Analysekarte zur Wärmebelastung der Bevölkerung ... 42

Abbildung 32: Betroffenheitskarte zur Wärmebelastung der Bevölkerung ... 43

Abbildung 33: Ansatz zu einer Analysekarte zum Trockenstress bei Stadtbäumen ... 45

Abbildung 34: Trockenstress bei Stadtbäumen: Darstellung der Trockenstresstoleranz der erfassten Stadt- und Straßenbäume in einzelnen Teilräumen der Stadt Paderborn ... 46

Abbildung 35: Analysekarte zu Unwetterereignissen (Starkregen und Stürme) ... 50

Abbildung 36: Betroffenheitskarte zu Unwetterereignissen (Starkregen und Stürme) ... 51

(6)

Abbildung 37: Analysekarte zu Trockenheit auf Ackerflächen ... 54

Abbildung 38: Betroffenheitskarte zu Trockenheit auf Ackerflächen ... 55

Abbildung 39: Analysekarte zu Trockenheit auf Waldflächen und Naturschutzflächen ... 56

Abbildung 40: Solarpark auf Kaltluftproduktionsfläche ... 64

Abbildung 41: Perspektivwechsel beim "Climate proofing“ im Vergleich zur Umweltverträglichkeitsprüfung ... 67

Abbildung 42: Controlling der Klimaanpassungsstrategie durch einen PDCA-Zyklus ... 69

Abbildung 43: CO2-Spiel im Rahmen der "klima ist heimspiel"-Kampagne. ... 74

Abbildung 44: weiterführende Informationen zur Klimaanpassung ... 77

Abbildung 45: Tafel des Klimalehrpfades Jena ... 79

Abbildung 46: Internetplattform in der Stadt Pfaffenhofen ... 82

Abbildung 47: Lehrmaterial zur Umweltbildung für Grundschüler. ... 83

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Baumarten mit hoher Trockenstresstoleranz und hoher Frosthärte gemäß KLima-Arten-Matrix (KLAM) ... 47

Tabelle 2: Anpassungserfordernis aufgrund des Klimawandels bezogen auf die einzelnen Teilräume in den betrachteten Schwerpunktthemen ... 57

Tabelle 3: Übersicht über mögliche Zielstellungen in den einzelnen Schwerpunktthemen ... 59

Tabelle 4: Maßnahmenkatalog – Übersicht über die Maßnahmen zur Klimaanpassung in Paderborn ... 61

Tabelle 5: Beispiel eines Maßnahmensteckbriefs ... 62

Tabelle 6: Beispielhafter Stadtteilsteckbrief mit empfohlenen Anpassungsmaßnahmen ... 66

Tabelle 7: Klimawandelindikatoren gemäß LANUV 2016 ... 71

Tabelle 8: Übersicht möglicher Öffentlichkeitsmaßnahmen ... 83

(7)

1. Rahmenbedingungen

1.1 Anthropogener Klimawandel 1.1.1 Vorbemerkungen

Die Konsequenzen, die sich bereits heute und erst recht zukünftig durch den Klimawan- del ergeben werden, lassen sich noch nicht alle übersehen. Neben den bisher nur schwer einschätzbaren Rückkopplungseffekten des Klimasystems hat eine Vielzahl weite- rer Faktoren Einfluss darauf, wie groß das Ausmaß der Klimaveränderungen in Zukunft sein wird. Fest steht, dass die Intensität des sich vollziehenden Klimawandels stark davon abhängt, inwieweit es gelingt, die durch anthropogene Prozesse hervorgerufenen Treib- hausgasemissionen zu reduzieren. Dennoch ist es heute wissenschaftlicher Konsens, dass selbst trotz der großen Bemühungen im Klimaschutz die Folgen der globalen Erwärmung auch für die nächsten Generationen spürbar sein werden.

Seit mittlerweile über 25 Jahren widmet sich der Weltklimarat der Vereinten Nationen (Intergovernmental Panel on Climate Change - IPCC) den Fragen im Zusammenhang mit dem natürlichen und menschlich verursachten Klimawandel. Dieses Gremium, bestehend aus vielen hundert Wissenschaftlern aus aller Welt, sammelt die neuesten Erkenntnisse und veröffentlicht diese im Konsensverfahren etwa alle sechs Jahre in einem Sachstands- bericht. In den Jahren 2013/2014 wurde der 5. Sachstandsberichts veröffentlicht, wel- cher inzwischen durch drei Sonderberichte ergänzt wurden. Demnach hat sich die welt- weite Durchschnittstemperatur zwischen 1901 und 2012 um etwa 0,9 °C erhöht wäh- rend sich der Meeresspiegel im selben Zeitraum um ungefähr 19 cm gehoben hat (IPCC 2013/2014). Die letzten drei Jahrzehnte waren jeweils die wärmsten seit Beginn der globalen Messungen. Diese Änderungen sind nach wissenschaftlichem Konsens ganz überwiegend auf die anthropogenen CO2-Emissionen zurückzuführen. Es wird wärmer, die Niederschlagsverteilung ändert sich und Extremwetterereignisse treten regional häu- figer auf. Bedeutend im Vergleich zu vorangegangenen, natürlichen Klimaänderungen ist die Schnelligkeit, mit welcher der Klimawandel heute auftritt.

Das Klima muss insgesamt als ein komplexes System verstanden werden, welches als Bestandteil des globalen Ökosystems alle anderen Umweltfaktoren sowie Systemelemen- te beeinflusst. Es ist daher von entscheidender Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des globalen Naturhaushaltes im Ganzen. Die Beeinflussung wesentlicher physikalischer Parameter wie z. B. der Temperatur und elementarer Landschaftsfaktoren wie dem Was- serhaushalt führt dabei zu signifikanten Veränderungen der Lebensprozesse auf der Erde.

Die schnelle Veränderung des Klimas hat somit weitreichende und teils schwer kalkulier- bare Konsequenzen für Mensch und Umwelt. Dabei sind die regionalen Unterschiede in den Auswirkungen des globalen Klimawandels enorm. Vor allem die hohen polaren Brei- ten sind gegenwärtig und werden auch zukünftig von einer massiven Erwärmung betrof- fen sein, aber die Auswirkungen in bzw. auf Mitteleuropa dürfen nicht unterschätzt wer- den.

Im Rahmen politischer Diskussionen um den Klimawandel wird häufig das 2-Grad- bzw.

in letzter Zeit das 1,5-Grad-Ziel thematisiert, also eine nötige Begrenzung des durch- schnittlichen globalen Temperaturanstiegs auf maximal 2 °C bzw. sogar nur 1,5° C bis 2100 im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Eine Überschreitung des Wertes von 2° C gilt nicht nur als kritisch für Ökosysteme, sondern könnte unkontrollierbare Rück- kopplungen hervorrufen.

(8)

Seit Dezember 2015 besteht zwischen 195 Staaten eine Einigung (internationale Klima- schutz-Vereinbarung von Paris), die Erwärmung auf 1,5 bis 2,0 °C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu beschränken. Nach aktuellem Kenntnisstand werden die ge- troffenen Absichtsbekundungen allerdings nicht in der Lage sein, die Temperaturerhö- hung auf maximal 2,0 °C zu begrenzen, da bereits 0,85 °C globaler Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau eingetreten ist.

Welche gravierenden Reduktionen der globalen Treibhausgas-Emissionen zur Einhaltung des 1,5- bzw. 2-Grad-Zieles und eine Reduktionspfades, der dem RCP 2.6-Szenario entspricht, erforderlich wären, lässt sich aus der Abbildung 1ersehen.

Abbildung 1: Treibhausgas-Emissionspfade 2000 – 2100 für verschiedene Repräsentative Kon- zentrationspfade (RCP) (Quelle: IPCC 2013/14, S. WG III-10)

1.1.2 Verwendung von Klimamodellen

Im Gegensatz zu gemessenen Klimadaten beruhen Aussagen für das zukünftige Klima auf Globalen Klimamodellen. Dabei nutzen die Klimamodelle bekannte physikalische Gesetze und beruhen auf Kenntnissen der Klimabeobachtung.

Diese Klimamodelle sind in der Lage, das gegenwärtige und zurückliegende Klima in seinem mittleren Zustand zu reproduzieren und gelten damit auch für Aussagen des zu- künftigen Klimas als belastbar. Dies gilt allerdings nur für den mittleren Zustand einer Klimaperiode (30 Jahre und mehr) und nicht für einzelne Zeitpunkte in der Zukunft. Das in dieser Betrachtung verwendete Szenario RCP 8.5 für die Klimaprojektionen steht für ho- he bis sehr hohe Treibhausgasemissionen und unterstellt noch keine Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen. Insofern ist dieses Szenario als worst-case- Szenario einzustufen, wobei nicht verschwiegen werden darf, dass die Entwicklung der globalen Treibhausgasemissionen der letzten Jahre noch über dem RCP 8.5-Szenario liegt.

(9)

1.1.3 Anpassung an den Klimawandel

Der globale Klimawandel findet statt und ist nur noch begrenzbar, aber nicht mehr ab- zuwenden. Zu den gravierendsten globalen Folgen zählen u. a. die Zunahme der Ext- remwetterereignisse, die Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur, der Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels durch das kontinuierliche Abschmelzen des Festland- eises sowie das Auftauen riesiger Permafrostgebiete und die damit verbundene Freiset- zung großer Mengen des Treibhausgases Methan. Daher ist es mehr denn je von Be- deutung, dass politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entscheidungsträger ge- meinsam auf unterschiedlichen Ebenen (global, national, regional und eben auch lokal) Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel entwickeln und umsetzen.

Es geht darum, sich bestmöglich auf die bereits eingetretenen und die bevorstehenden, weitreichenden klimatischen Änderungen für Mensch und Umwelt einzustellen und gleich- zeitig die Treibhausgasemissionen deutlich zu verringern.

Die Grundlage auf nationaler Ebene für die Klimaanpassung bildet die „Deutsche An- passungsstrategie an den Klimawandel“ (DAS). Die Bundesregierung gibt dabei die Ein- haltung des langfristigen 2-Grad-Ziels vor, bei dem davon ausgegangen wird, dass dank weitreichender Anpassungsstrategien schwere Folgen vermieden werden können (BBD 2008).

Die Ziele der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) wurden im „Aktionsplan Anpassung der Deutschen Anpassungsstrategie“ zusammengefasst und im August 2011 vom Bun- deskabinett beschlossen. Konkret soll die Anfälligkeit natürlicher, sozialer und wirtschaft- licher Systeme gegenüber Klimafolgen abgemildert und dabei deren Anpassungsfähig- keit sowie die Ausnutzung möglicher Chancen erhöht werden (BBD 2011).

1.1.4 Vorgehen bei der Erstellung des Konzeptes

Eine ganzheitlich ausgerichtete Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawan- dels nimmt zur Kenntnis, dass eine Vielzahl negativer Folgen nicht mehr verhindert wer- den kann und dass es notwendig ist, sich auf die zu erwartenden Veränderungen vorzu- bereiten. Trotzdem können und dürfen die Anstrengungen zur Anpassung an die proji- zierten Auswirkungen des Klimawandels (Adaption) nicht losgelöst vom Klimaschutz (Mit- igation) erfolgen. Eine nachhaltige Abmilderung der zu erwartenden Konsequenzen ist nur durch erfolgreich umgesetzte Maßnahmen im Klimaschutz möglich. Klimaschutz muss folglich einen festen Platz in der Stadt- und Regionalplanung einnehmen; Klimaschutzak- tivitäten müssen unterstützt und klimaschädliche Entwicklungen vermieden werden (SSB 2011). Dazu zählen Maßnahmen, die auf eine Reduktion von Treibhausgasemissionen (Steigerung der Energieeffizienz, Vermeidung energieintensiver Aktivitäten, Etablierung erneuerbarer Energiequellen), aber auch auf den Schutz bzw. die Entwicklung von Treibhausgassenken wie Wälder abzielen (Kompensation).

Von großer Bedeutung bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ist es, die Synergien und Konflikte zwischen den jeweiligen Maßnahmen zu beachten (vgl. Kap. 3.4). Klimaschutz und Klimawandelanpassung müssen gesamt- heitlich angegangen werden; positive Synergien müssen aufgezeigt und zugänglich ge- macht, Entscheidungsträger frühzeitig für Konfliktpotenziale sensibilisiert werden.

(10)

1.2 Ausgangslage im Untersuchungsgebiet 1.2.1 Ausstattung

Geografische Lage, Naturräume und Schutzgebiete

Die Stadt Paderborn liegt im westlichen Teil von Ostwestfalen und damit im östlichen Teil des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Die Stadt befindet sich im unmittelbaren Über- gangsbereich von der Westfälischen Tieflandsbucht (nordwestlicher Teil des Stadtgebie- tes) zur Paderborner Hochfläche, einer südöstlich der Stadt zunächst leicht ansteigenden Hochfläche, die im Untergrund aus karbonatischen Gesteinen der Kreide aufgebaut und im stärkeren Maße verkarstet ist. Östlich der Stadt Paderborn erstreckt sich das annä- hernd Nord-Süd verlaufende Eggegebirge, das zum Naturpark Teutoburger Wald/ Eg- gegebirge gehört und lokalklimatisch durchaus von Bedeutung ist. Höhenmäßig erstreckt sich Paderborn zwischen 94 m über NN (Sande) und 347 m über NN im Stadtteil Neuenbeken.

Die Stadt Paderborn entstand um das Gebiet der Paderquellen herum, die sich heute im unmittelbaren Stadtzentrum befinden. Bei der Pader handelt es sich um den kürzesten Fluss Deutschlands, da sie nach nur ca. 4 km im Ortsteil Schloss Neuhaus in die Lippe mündet. Im Stadtgebiet finden sich neben den Fließgewässern (Lippe, Pader, Alme) auch eine Vielzahl überwiegend künstlicher (Sand- und Kiesabbau) Seen unterschiedlicher Ausdehnung. Der flächenmäßig größte dieser Seen ist der Lippesee bei Sande.

Das auch landschaftlich reizvolle Stadtgebiet Paderborns beherbergt einige schützens- werte Biotope, wie z. B. naturnahe Bachläufe mit Auwäldern und Frischwiesen, Bruch- wälder und Sümpfe bis hin zu verschiedenen See- und Teichbiotopen. Andererseits exis- tieren an südexponierten Hängen auch trockene bzw. halbtrockene Rasen-, Strauch- und Waldbiotope. Das Stadtgebiet umfasst insgesamt 16 Naturschutzgebiete mit einer Ge- samtfläche von 912 ha, was einem Anteil von etwa 5,0 % des Stadtgebietes entspricht.

Verwaltungs- und Siedlungsstruktur

Paderborn ist eine kreisangehörige Großstadt mit inzwischen über 150.000 Einwohnern im Kreis Paderborn im Regierungsbezirk Detmold. Als die mit Abstand größte Kommune im gleichnamigen Landkreis, dessen Verwaltungssitz sich ebenfalls in der Stadt befindet, und wichtiger Industrie- und Universitätsstandort und stellt sie ein bedeutendes Oberzent- rum in der Region dar.

Demografie

In Paderborn lebten zum 31.12.2018 insgesamt 150.580 Menschen, davon 74.978 Einwohner männlichen und 75.602 Einwohner weiblichen Geschlechts (Statistisches Landesamt NRW, Stand: 31.12.2018). Dabei war in den letzten Jahren fast durchgän- gig eine zunehmende Bevölkerungszahl zu verzeichnen.

Dabei hat die Stadt Paderborn eine rasante Bevölkerungsentwicklung hinter sich: Im Zeit- raum 1985 bis 2015, also in einem Zeitraum von nur 30 Jahren, ist die Bevölkerung um 35 % gewachsen, wobei sich die Zuwachsraten sukzessive reduziert haben (vgl. Abbil- dung 2).

(11)

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Paderborn (in Prozent) (Quelle: LDB 2017)

Während 1985 die Einwohnerzahl bei 109.615 Einwohnern lag, lebten 2015 bereits 148.126 Menschen in Paderborn. Wie bereits erwähnt, wurde 2018 die Einwohner- zahl von 150.000 überschritten und es ist von einem weiteren Wachstum der Einwoh- nerzahl auszugehen.

Die Gemeindemodellrechnungen (Basis = Bevölkerungsvorausberechnungen) gehen für 2025 von 154.868 Einwohnern und für 2040 von 161.976 Einwohnern aus (Abruf am 13.02.2020 über https://www.landesdatenbank.nrw.de jeweils für 01.01. des Jahres). Das Basisszenario einer aktuellen Wohnraumbedarfsprognose für die Stadt Pa- derborn geht von einer wohnungsmarktrelevanten Bevölkerung von 160.800 Einwoh- nern im Jahr 2040 aus.

Hinsichtlich der Alterszusammensetzung ist auch in Paderborn zu beobachten, dass der Anteil älterer Menschen zunimmt und in den jüngeren Altersgruppen der Bevölkerungsan- teil eher sinkt (Abbildung 3). Für Paderborn trifft dies allerdings nicht für die Altersgruppe der 20 bis unter 30-Jährigen zu, was sich durch steigende Studierendenzahlen erklären lassen dürfte.

Diese Entwicklung ist für die Fragen Klimaanpassung insofern von Bedeutung, als das neben kleinen Kindern vor allem ältere Menschen gesundheitlich von den Folgen des Klimawandels (Hitzebelastungen) betroffen sind bzw. betroffen sein können.

(12)

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung in der Stadt Paderborn nach Altersgruppen (Quelle: LDB 2017)

Landnutzung

Das Stadtgebiet Paderborn ist durch einen für den Gemeindetyp: Kleine Großstadt rela- tiv hohen Anteil an Freiflächen gekennzeichnet. Dabei nehmen die landwirtschaftlichen Flächen mit fast 45 % den größten Anteil an der Stadtfläche ein und sind eher untypisch für Kleine Großstädte. Der Waldanteil ist mit 16,4 % ziemlich niedrig und liegt auch deutlich unter dem für das Bundesland Nordrhein-Westfalen durchschnittlichen Waldan- teil (26,0 %). Der Anteil der Erholungsflächen (4,4 %) und der Wasserflächen (2,8 %) ist als relativ hoch einzustufen.

Gebäude- und Freiflächen, Betriebs- und Verkehrsflächen machen insgesamt 30,6 % der Stadtfläche aus und dieser Anteil liegt damit etwa 10 %-Punkte unter dem für Kleine Großstädte typischen Anteil dieser Flächen (Abbildung 4).

Der Anteil der militärisch (bzw. ehemals militärisch) genutzten Flächen ist aus den vorlie- genden statistischen Daten nicht zweifelsfrei ableitbar.

Dabei muss in Ansatz gebracht werden, dass für den Zeitraum 2004 bis 2015 ein überdurchschnittlicher Flächenverbrauch zu Gunsten der Siedlungs- und Verkehrsflächen zu verzeichnen war. In diesem Zeitraum hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche von 5.998 ha auf 6.296 ha und damit auf 106,7 % vergrößert. Vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung (siehe oben) ist davon auszugehen, dass dieser Trend anhält (Abbildung 5). Diese Entwicklung zu immer mehr Siedlungs- und Verkehrsflächen kann wegen der damit einhergehenden zunehmenden Flächenversiegelung unter dem Ge- sichtspunkt der Stadtklimatologie problematisch sein.

(13)

Abbildung 4: Landnutzungsarten im Stadtgebiet Paderborn (in Prozent) (Quelle: LDB 2017)

Abbildung 5: Veränderung der Siedlungs- und Verkehrsflächen in der Stadt Paderborn (in Prozent) (Quelle: LDB 2017)

(14)

1.2.2 Lokalklimatische Situation

Die lokalklimatische Situation Paderborns muss zunächst unabhängig vom Klimawandel betrachtet werden. Der Einfluss des Klimawandels zeigt sich durch ein häufigeres Auftre- ten von Wetterlagen, welche zu lokalklimatischen Situationen mit hoher Wärmebelas- tung im Stadtgebiet von Paderborn führen.

Die folgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf der von der Stadt Paderborn in Auftrag gegebenen Stadtklimaanalyse Paderborn (Bangert 1990).

Bereiche der Paderborner Innenstadt besitzen aufgrund hoher baulicher Dichten, schlech- ter Durchlüftung und geringem Anteil an unversiegelten Flächen ein deutliches Überwär- mungspontenzial (siehe hierzu auch die Thermalkarte in Bangert 1990). Die Folge sind hohe bioklimatische Belastungen durch Überwärmung, sowohl tagsüber und auch nachts. Für die überwärmten städtischen Bereiche ist eine Belüftung durch kühle Frischluft (Kaltluft) aus dem Umland besonders elementar, um zumindest nachts für eine Abkühlung zu sorgen.

Abbildung 6: Schematische Darstellung einer städtischen Wärmeinsel (Quelle: www.plasticpavement.org/Bild_02.jpg)

Kaltluft entsteht durch den Entzug von Wärme der bodennahen Luftschicht mittels Ver- dunstung. Besonders bei Strahlungswetterlagen (keine bis kaum Bewölkung, kaum Wind) produzieren Felder, Brachland und Gartenland mit niedriger Vegetationsdecke aufgrund ihrer nächtlichen Auskühlung besonders stark Kaltluft. Mit Einschränkungen gilt dies auch für Waldflächen. Bei einem gewissen Relief wie es in Paderborn vor allem im Osten und Südosten des Stadtgebietes existiert, fließt die schwere Kaltluft gravitativ bedingt von den umliegenden Hängen und Hochflächen hinab (Abbildung 7). Hindernisse wie Bebau- ung, Querverbauungen durch Dämme für Fahrwege oder Hochwasserschutzdämme, aber auch Bäume behindern dabei das ungestörte Fließen der Kaltluft in den Siedlungs- körper. In Paderborn ist das Eindringen der Kaltluft in den innerstädtischen Bereich aller- dings nur schwer möglich, da das Gefälle zum Stadtzentrum hin abnimmt (Verringerung Fließgeschwindigkeit der Kaltluftströme) und die Bebauung und andere Hindernisse die Kaltluftbewegung beeinträchtigen.

(15)

Abbildung 7: Schematische Darstellung der Kaltluftströmung (eigene Darstellung)

Die Stadt Paderborn sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass durch die Stadtentwick- lung im gesamten letzten Jahrhundert sowohl wichtige Kaltluftentstehungsgebiete als auch Kaltluftbahnen sukzessive bebaut wurden. Kaltluft entsteht heute deutlich weiter entfernt von der Stadtmitte und kann viel schlechter in Richtung Stadtmitte strömen. Da auch der Krumme Grund durch ein Hochwasserschutzbauwerk als Abflussbahn für Kaltluft nur noch sehr bedingt zur Verfügung steht, fungieren praktisch nur noch breitere Straßenzüge (ein- geschränkt) als Kaltluftbahnen (z. B. Warburger Straße, Borchener Straße, Driburger Straße).

Neben den Kaltluftbahnen existieren weitere Ventilationsbahnen. Ventilationsbahnen sind mehr oder weniger geradlinige Straßenzüge oder Schneisen mit geringer Rauigkeit, welche besonders durch nicht vorhandene bzw. wenige Strömungshindernisse gekenn- zeichnet sind und von Luftmassen (annähernd) ungebremst durchströmt werden können.

Im Gegensatz zu ausschließlichen Kaltluftbahnen findet dort eine Luftmassenbewegung auch bei stärkeren übergeordneten Windgeschwindigkeiten statt. Begünstigt sind Ventila- tionsbahnen, die sich in Hauptwindrichtung befinden (für Paderborn: West bis Südwest, untergeordnet Ost bis Südost, vgl. Bangert 1990, S 43ff).

In den Fällen, in denen Kaltluftbahnen bzw. Ventilationsbahnen mit stark befahrenen Straßenzügen zusammenfallen, sind diese verständlicherweise oftmals lufthygienisch be- lastet. Fehlen für ein Stadtgebiet Kaltluftbahnen bzw. Ventilationsbahnen in Form von Flussauen oder anderen Grünzügen, dann gelangt zwar kühlere Luft aus dem Umland in den Stadtkörper und dämpft dort die innerstädtische Erwärmung, aber diese Luftmassen tragen nur eingeschränkt zur Verbesserung der Luftqualität in den verdichteten Innen- stadtbereichen bei.

(16)

Abbildung 8: Ausschnitt aus der Klimaanalysekarte (Quelle: Bangert 1990)11)

Bedeutende Kaltluftentstehungsgebiete und Kaltluftströme im Stadtgebiet Paderborn wur- den der Klimaanalyse der Stadt Paderborn von 1990 (Bangert 1990) entnommen und sollten bei der weiteren Stadtplanung Berücksichtigung finden. In diesem Sinne wird in der Maßnahme WB 01 auch die Überarbeitung bzw. Fortschreibung der Stadtklimaan- alyse empfohlen.

1.2.3 Bestehende Datengrundlagen

Bei der Klimafolgenanalyse ist zwischen unterschiedlichen Datensätzen zu unterscheiden, die entweder ein Klimasignal (Exposition) beschreiben oder die Menschen oder Objekte (Bebauung, Infrastrukturen etc.), auf die es einwirkt (Sensitivität) (vgl. Kapitel 1.3). Dane- ben wird die Veränderung des Klimas (vgl. Kapitel 2.1) anhand von Mess- und Modell- daten bewertet.

Klimabeobachtungs- und Klimamodelldaten DWD-Klimastation Bad Lippspringe

Sämtliche Beobachtungsdaten, die in die Auswertung der klimatischen Entwicklung der DWD-Klimastation Bad Lippspringe eingeflossen sind, beruhen auf den Messdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Zur Beurteilung der zukünftigen Ausprägung der Tem- peraturen (Kenntage) und der klimatischen Wasserbilanz wurden für die DWD-Klima- station Bad Lippspringe über das Webportal www.rekis.org die Modelldaten für die Zukunftszeiträume 2021-2050 und 2071-2100 abgefragt.

1 Dargestellt sind die einzelnen Klimatope (farbige Flächen), die geneigten Freiflächen mit starker nächt- licher Kaltluftentstehung und Kaltluftabfluss (horizontale Schraffur), stagnierende Kaltluftentstehung (schräge Schraffur) sowie Kaltluftabflüsse und Kaltluftbarrieren

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Für das Klimaanpassungskonzept der Stadt Paderborn wurden folgende vier Betrach- tungszeiträume (Klimaperioden) für die DWD-Klimastation Bad Lippspringe aufbereitet:

 Referenzzeitraum (1961-1990) – Messdaten DWD

 Gegenwartszeitraum (1986-2015) – Messdaten DWD

 Kurzfristiges Szenario (2021-2050) – Modelldaten WETTREG2010, Sze- nario A1B (entspricht weitgehend dem Szenario RCP 8.5)

 Langfristiges Szenario (2071-2100) – Modelldaten WETTREG2010, Sze- nario A1B (entspricht weitgehend dem Szenario RCP 8.5)

Klimabeobachtungs- und Klimamodelldaten flächenhafte Rasterdaten

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt über das Webportal www.klimaatlas.nrw.de flä- chenhafte Klimainformationen zur Verfügung.

Für die Zeiträume 1971-2000 und 1981-2010 werden die regionalisierten Messdaten des Deutschen Wetterdienstes in einem 1x1 km Raster dargestellt und für die Darstellung der möglichen zukünftigen Entwicklung (Klimaprojektion) verschiedener Parameter in Nordrhein-Westfalen wurde in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst ein soge- nanntes Ensemble aus verschiedenen Klimamodellen ausgewertet (für das RCP8.5- Szenario bestand das Modellensemble aus 13 Modellen). Die Daten stammen aus dem EURO-CORDEX-Projekt und liegen in einer Auflösung von 0,11 (~ 12, 5 km) Grad vor.

Die Ergebnisdarstellung erfolgt als Änderungsdarstellung (delta-change-Methode) im Mittel 30-jähriger Zeiträume: der nahen (2021-2050) und fernen (2071-2100) Zukunft bezogen auf den Referenzzeitraum 1971-2000.

Die Rasterdaten der Klimatischen Wasserbilanz in einer Auflösung von 1x1 km für die Klimaperiode von 1981-2010 wurden direkt durch das LANUV für das Anpassungskon- zept der Stadt Paderborn zur Verfügung gestellt.

Fachdaten

Die Fachdaten, die in der Stadtverwaltung Paderborn, aber auch den verschiedenen Landeseinrichtungen vorliegen, werden verwendet, um die Sensitivitäten bzgl. des Kli- mawandels in der Stadt Paderborn zu beschreiben. Sie werden in den Klimaanalysekar- ten dargestellt und für drei Schwerpunktthemen zur Berechnung der Betroffenheiten z.T.

mit Klimadaten räumlich verschnitten. Demzufolge wurden hier verschiedene Datensätze genutzt. Dabei handelt es sich sowohl um gemeindebezogene Daten, die mit demogra- phischen Aspekten Verbindung stehen, aber auch Daten, die naturräumliche Bezüge ermöglichen, z. B. Naturschutzgebiete oder ein Digitales Geländemodell. Die Daten- grundlage umfasste z. B.:

 Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW:

 Klimadaten, Klimatope (thermische Eigenschaft Flächen)

 Geologischer Dienst NRW: Bodenkarte (Informationssystem BK 50)

 Geobasis NRW: Digitales Geländemodell (DGM10), Digitales Basis- Landschaftsmodell (ATKIS)

 Stadt Paderborn: Demographische Daten, Baum- und Grünflächenkataster, Feuerwehreinsatzdaten, räumliche Gliederung der Stadt Paderborn

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1.3 Methodik der Untersuchung

Das methodische Vorgehen im vorliegenden Klimaanpassungskonzept unterteilt sich in die folgenden Arbeitsschritte:

 Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels (vgl. Kapitel 2),

 Ableitung der Anpassungserfordernisse (vgl. Kapitel 2.4),

 Entwicklung der kommunalen Anpassungsstrategie (vgl. Kapitel 3),

 Erarbeitung eines Controlling-Konzeptes (vgl. Kapitel 4),

 Empfehlungen für die Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Kapitel 5).

Auswirkungen des Klimawandels

Zuerst wird die Entwicklung der wichtigsten Klimaelemente (Temperatur, Niederschlag, Wind, klimatische Wasserbilanz) textlich und kartographisch beschrieben (vgl. Kapitel 2.1). Für diese und alle anderen klimatischen Parameter wurde eine Einschätzung zur Stärke der Klimaveränderung zwischen dem Referenzzeitraum (1961-1990) bzw.

1971-2000, der Gegenwart (1986-2015) sowie dem kurz- und langfristigen Szenario (2021-2050 bzw. 2071-2100) getroffen.

Für die kommunalen Handlungsfelder erfolgt jeweils ein kurzer Überblick über die zu erwartenden Klimawandelfolgen. Die Wahl der Handlungsfelder (z. B. Menschliche Gesundheit, Wasserwirtschaft) folgt der Deutschen Anpassungsstrategie, wie sie auch von vielen Landes- und Kommunalstrategien aufgegriffen wird. Als nächster Schritt erfolgt die Ermittlung der Klimafolgen (Betroffenheit) für die priorisierten Schwerpunktthemen in den Handlungsfeldern.

Kommunale Anpassungsstrategie

Die Erarbeitung der eigentlichen Anpassungsstrategie besteht aus einer Vielzahl von Ein- zelschritten. Wichtig hierbei ist die Einbindung der städtischen Akteure, die die spezifi- schen Problemlagen ihrer Handlungsfelder kennen und die späteren Anpassungsmaß- nahmen unterstützen bzw. umsetzen sollen. Hier sind vor allem die zwei durchgeführten Akteursworkshops („Klimatische“) zu nennen. Im Ergebnis des ersten Klimatisches folgt die eigentliche Maßnahmenentwicklung zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels wiederum in Rückkopplung mit den Akteuren (zweiter Klimatisch). All diese mündet in einem Maßnahmenkatalog. In einem weiteren Schritt werden die ermittelten Betroffenhei- ten der Stadtteile mit den Maßnahmenempfehlungen verschnitten, sodass für jeden der 23 Teilräume Anpassungsoptionen entsprechend der individuellen Belastungssituation vorliegen. Hinweise zur Berücksichtigung des Klimaschutzes bei der Klimaanpassung runden die kommunale Anpassungsstrategie ab.

Controlling- und Verstetigungskonzept

Innerhalb des Controlling-Konzeptes werden für die Stadt Paderborn geeignete Indikato- ren zum Monitoring bestimmt. Diese sollen für das Controlling der klimatisch bedingten Problemlagen und priorisierten Schwerpunktthemen, sowie zur Überprüfung der vorge- schlagenen Klimaanpassungsmaßnahmen genutzt werden können. Daneben werden Empfehlungen zur zukünftigen Fortschreibung des Klimaanpassungskonzeptes für die Stadt Paderborn gegeben.

Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit

Das Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit dient der Vermittlung der Projektergebnisse nach Abschluss der Bearbeitung an Öffentlichkeit und Akteure. Dementsprechend steht am

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Anfang eine Zielgruppenanalyse. Dem folgen die Abschätzung der Möglichkeiten der Stadt Paderborn und die Recherche von Best-practice-Beispielen anderer Kommunen.

Schlussendlich werden für die verschiedenen Zielgruppen Vorschläge zur erfolgverspre- chenden Vermittlung der Ergebnisse der Anpassungsstrategie unterbreitet.

2. Auswirkungen des Klimawandels

2.1 Veränderung des Klimas 2.1.1 Temperatur

Die Zunahme der Jahresmitteltemperatur ist ein geeigneter Indikator, um die bereits durch den Klimawandel eingetretenen klimatischen Veränderungen ins Verhältnis zu den zu erwartenden Veränderungen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu setzen.

In der Periode 1971-2000 lag die Jahresmitteltemperatur im Stadtgebiet Paderborn bei

> 9 bis 10 °C und bereits für die Periode 1981-2010 sind Temperaturveränderungen nachweisbar (Abbildung 10).

Die bereits durch Messungen belegbaren Veränderungen der Jahresmitteltemperatur las- sen sich aber noch besser an den langjährigen Beobachtungen der DWD-Station Bad Lippspringe verdeutlichen. Die hier gemessenen Jahresmitteltemperaturen seit 1951 sind in Abbildung 9 dargestellt und bei allen jährlichen Schwankungen sind die längerfristi- gen Trends deutlich erkennbar und zweifellos auch für die Stadt Paderborn repräsentativ.

Abbildung 9: Entwicklung der Jahresmitteltemperatur an der DWD-Station Bad Lippspringe seit 1951 mit gleitender Mittelwertbildung (schwarze Kurve) und langfristigem linearem Trend (gelbe Linie) (Datenquelle: DWD)

Für die Messstation Bad Lippspringe lässt sich somit seit 1951 eine Erhöhung der lang- fristigen Werte für die Jahresmitteltemperatur von 8,5 bis > 9 °C auf > 10,0 °C und damit innerhalb von ca. 70 Jahren eine Erhöhung um > 1 °C nachweisen. Diese Aussa- ge ist auf das Stadtgebiet von Paderborn übertragbar.

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Abbildung 10: Veränderung der Jahresmitteltemperatur zwischen den Klimaperioden 1971-2000 und 1981-2010 (Quelle: https://www.klimaatlas.nrw.de/karte-klimaatlas)

Die Ensembleberechnungen für die weitere Temperaturentwicklung ergeben für die nahe Zukunft (2021-2050) flächendeckend für das Stadtgebiet eine weitere Temperaturerhö- hung von 1,2 K. Für die ferne Zukunft (2071-2100) ergeben vergleichbare Berechnun- gen einen Temperaturanstieg von 3,4 K (Abbildung 11).

An dieser Stelle muss noch einmal darauf verwiesen werden, dass das diesen Klimapro- jektionen zugrundeliegende Szenario das RCP 8.5-Szenario ist. Dieses Szenario schreibt die aktuelle Entwicklung fort (vgl. Kapitel 1.1.1 und 1.1.2) und ist eher als konservativ anzusehen.

Weiterhin soll darauf hingewiesen werden, dass diese Werte höher liegen als das pro- jizierte globale Mittel der Erwärmung der Jahresmitteltemperatur, was die regional unter- schiedlichen Auswirkungen des Klimawandels unterstreicht.

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Abbildung 11: Änderung der Jahresmitteltemperatur gemäß Klimaprojektion für 2021- 2050 bzw.

2071-2100 jeweils bezogen auf 1971-2000 für Modellensembles für Szenario RCP 8.5 (Quelle: https://www.klimaatlas.nrw.de/karte-klimaatlas)

Zur Beschreibung von Temperaturveränderungen eignen sich auch sogenannte Kenntage bzw. Ereignisstage, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen, um den abstrakten Wert der Jahresmitteltemperatur nachvollziehbarer darzustellen.

Sommertage sind Tage, an denen die Temperatur zumindest zeitweise 25 °C erreicht oder überschreitet (Tmax≥ 25 °C), heiße Tage, an denen die Temperatur zumindest zeit- weise 30 °C erreicht oder überschreitet (Tmax ≥ 30 °C).

Ähnliche Kenntage können auch für das Winterhalbjahr definiert werden. Frosttage sind Tage, an denen die tiefste Tagestemperatur unter 0 °C liegt (Tmin < 0 °C) bzw. Tage, an denen ganztägig Frost herrscht (Tmax< 0 °C) werden als Eistage bezeichnet.

In Abbildung 12 sind diese Kenntage für die DWD-Station Bad Lippspringe dargestellt.

Deutlich erkennbar ist, dass die Zahl der Sommertage und der Heißen Tage in der Peri- ode 1986-2015 („Gegenwart“) gegenüber der Referenzperiode (1961-1990) bereits erkennbar zugenommen hat, während die Zahl der Frosttage und Eistage zurückgegan- gen ist.

Die Modellrechnungen für die nahe Zukunft (2021-2050) und die ferne Zukunft (2071- 2100) stützen die Annahme, dass sich diese Trends fortsetzen werden.

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In der Abbildung 12 sind zusätzlich die entsprechenden Werte für alle Kenntage des Jahres 2018 dargestellt. Anhand dieser Darstellung wird deutlich, dass das Jahr 2018 aus dem langfristigen Trend „herausgefallen“ ist. Während sich die Zahl der Frosttage und Eistage noch in die langfristigen Trends einordnen, ist dies bei der Zahl der Som- mertage und der Heißen Tage nicht der Fall. Mit 83 Sommertagen und 22 Heißen Ta- gen war das Sommerhalbjahr des Jahres 2018 außergewöhnlich warm und sogar deut- lich wärmer, als die Sommerhalbjahre der nahen Zukunft (2021-2050) im Durchschnitt sein werden und lag in der Größenordnung der Sommerhalbjahre der fernen Zukunft (2071-2100). Man kann diese Ergebnisse aber auch anders interpretieren: der Sommer des Jahres 2018 entsprach annähernd den Verhältnissen wie sie in der zweiten Hälfte diese Jahrhunderts durchschnittlich zu erwarten sind: Dies bedeutet, dass zukünftig etwa die Hälfte der Sommerhalbjahre noch heißer sein werden als der Sommer 2018 und nur die Hälfte möglicherweise etwas kühler als 2018.

Weiterhin sei anhand dieser Graphik darauf verwiesen, dass erhöhte Jahresmitteltempe- raturen nicht zwingend für ein durchgängig wärmeres Jahr sprechen müssen, sondern dass eine höhere Jahresmitteltemperatur auch Ausdruck für einen „normalen“ Winter und einen sehr heißen Sommer sein kann.

Abbildung 12: Kenntage an der DWD-Station Bad Lippspringe ermittelt für beobachtete Perioden, das Jahr 2018 und projizierte Werte bezogen auf das Klimamodell WETTREG2010 A1B (Datenquelle: DWD, www.regis.org, eigene Darstellung)

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2.1.2 Niederschlag

Die Analyse der Niederschlagsentwicklung für Paderborn zeigt in den auf Messdaten beruhenden Zeiträumen noch deutlicher als bei den Temperaturen einen gut erkennbaren West-Ost-Trend. In Westen des Stadtgebietes lag die Jahresniederschlagssumme in der Periode 1971-2000 bei > 780 bis 1050 mm, während im östlichen Stadtgebiet unter dem Einfluss von Teutoburger Wald und Eggegebirge Niederschlagssummen von > 810 bis 1.120 mm erreicht wurden. Dieses Muster war auch für die Periode 1981-2010 erkennbar, wobei hier insgesamt geringfügig höhere Niederschlagsmengen (Jahresnie- derschlagssumme) zu verzeichnen waren (Abbildung 13). Dass sich diese Tendenz of- fenbar in der Zukunft fortsetzen wird, lässt sich aus den Klimaprojektionen für die nahe Zukunft (2021-2050) und die ferne Zukunft (2071-2100) entnehmen (Abbildung 14).

Für beide Perioden werden geringfügig steigende Jahresniederschlagssummen prognos- tiziert.

Aussagen zur zukünftigen Niederschlagsentwicklung sind mit großen Unsicherheiten be- haftet. Ausgewählte Klimamodelle (wie das in Nordrhein-Westfalen verwendete Regio- nalmodell WETTREG2010) zeigen zwar einen Trend der (ganzjährigen) Niederschlags- zunahme, betrachtet man aber eine Vielzahl von Klimamodellen ( Ensemble), dann lässt sich für die Jahreszeiten, die Jahressumme sowie für die Intensität von einzelnen Nieder- schlagsereignissen nicht immer ein eindeutiger Trend der zukünftigen Niederschlagsent- wicklung ableiten.

Wenn mehrere Klimamodelle benutzt und miteinander verglichen werden, um die Bandbreite möglicher zukünftiger Klimaänderungen abzubilden, spricht man von einer Ensemble-Betrachtung. Sind die Projektionen eines Ensembles sehr ähnlich, ist ihr Eintreten sehr wahrscheinlich.

Diese Ergebnisse einer geringfügigen Erhöhung der Jahresniederschlagssumme lassen in erster Annäherung fälschlicherweise vermuten, dass die Stadt Paderborn auch künftig keine Probleme mit Trockenheit haben wird. Tatsächlich ist zunächst durch die relativ weit westliche Lage Paderborns innerhalb Deutschlands der maritime Einfluss größer und damit sind die Niederschlagsmengen tendenziell höher als in der Mitte oder gar im Os- ten Deutschlands. Von noch größerer Bedeutung für die Beurteilung des Themas Tro- ckenheit ist jedoch die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. Auch bei gleich- bleibender oder sogar leicht steigenden Jahresniederschlagsmengen ist davon auszuge- hen, dass es zu Veränderungen der jahreszeitlichen Verteilung der Niederschläge kom- men kann. In vielen Teilen Deutschlands sind bereits heute Verschiebungen zu tendenziell höheren Niederschlagsmengen im Winterhalbjahr bei abnehmenden Niederschlags- mengen im Sommerhalbjahr zu verzeichnen. Eine derartige Entwicklung wirkt sich positiv auf die Grundwasserneubildung aus, stellt jedoch die Land- und Forstwirtschaft vor Prob- leme, wenn während der Vegetationsperiode bei einer temperaturbedingt höheren Ver- dunstung nur geringere Niederschlagsmengen zur Verfügung stehen. Diese Effekte wer- den durch den Kennwert der klimatischen Wasserbilanz zusammengefasst und im Kapi- tel 2.1.4 behandelt.

Weitere mit der Angabe zur Jahresniederschlagssumme nicht abbildbare Effekte betref- fen die Dauer und Intensität der einzelnen Niederschlagsereignisse. Niederschlagsereig- nisse mit hoher Intensität besitzen auch bei einem nur kurzen zeitlichen Andauern eine hohe Wirkung. In der Folge können z. B. erhöhte Erosion und lokale Sturzfluten auftre- ten. Diese hohen Intensitäten entstehen vorrangig bei konvektiven Starkniederschlager- eignissen im Sommerhalbjahr, können aber auch zu anderen Jahreszeiten bei lang an- haltenden und weniger starken Niederschlagsereignissen als Tagessumme auftreten.

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Abbildung 13: Veränderung der Jahresniederschlagssumme zwischen den Klimaperioden 1971- 2000 und 1981-2010

Ganz besonders für Aussagen zur zukünftigen Entwicklung von Extremereignissen wie Starkniederschlägen gilt eine hohe Unsicherheit bzgl. der zukünftigen Entwicklung.

Klimamodelle sind geeignet, mittlere klimatische Zustände über 30 Jahre zu projizieren und nur sehr bedingt in der Lage, Aussagen für einzelne intensive Starkniederschlagser- eignisse zu treffen. Zur zukünftigen Entwicklung der Intensität und der Häufigkeit von Starkniederschlägen kann jedoch allgemein angenommen werden, dass das Potenzial für solche Ereignisse zunehmen wird. Die Atmosphäre ist aufgrund höherer Temperaturen in der Lage mehr Feuchtigkeit aufzunehmen und in Form von konvektiven Starknieder- schlägen abzugeben. Quantitative Aussagen für die zukünftige Entwicklung für das Stadtgebiet von Paderborn sind nicht belastbar und verfügbar. Für die Problematik der zukünftigen (Stark)-Niederschlagsentwicklung besteht noch erheblicher grundsätzlicher Forschungsbedarf, nicht nur in bzw. für Paderborn.

2.1.3 Wind

Mittlere Windgeschwindigkeiten wurden in der Anpassungsstrategie nicht betrachtet, da diese für kein Schwerpunktthema Relevanz besitzen. Zudem gelten Aussagen zur zukünf- tigen Entwicklung der mittleren Windgeschwindigkeiten und insbesondere für die Häu- figkeit und Intensität von Sturmereignissen als kaum belastbar. Es gilt die gleiche Aussa- ge wie für die zukünftige Entwicklung von Starkniederschlägen.

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Abbildung 14: Änderung der Jahresniederschlagssumme gemäß Klimaprojektion für 2021- 2050 bzw. 2071-2100 jeweils bezogen auf 1971-2000 für Modellensembles für Szena- rio RCP 8.5 (Quelle: https://www.klimaatlas.nrw.de/karte-klimaatlas)

2.1.4 Klimatische Wasserbilanz (KWB)

Eine komplexe Klimagröße mit hoher Relevanz für eine Vielzahl von Handlungsfeldern ist die klimatische Wasserbilanz (KWB). Diese ergibt sich aus der Differenz des Nieder- schlags und der potenziellen Verdunstung und beeinflusst maßgeblich die Wasserver- fügbarkeit und damit die Vegetationsentwicklung und Vitalität.

Die klimatische Wasserbilanz für das Stadtgebiet Paderborn ist bereits heute stark diffe- renziert. Während im Westen eine negative klimatische Wasserbilanz für das Sommer- halbjahr zu konstatieren ist, verbessern sich die Verhältnisse in östliche Richtung signifi- kant und liegen deutlich über Null (Abbildung 15).

Die Entwicklung der klimatischen Wasserbilanz auf Monatsbasis lässt sich gut an den Messwerten und Projektionen für den Standort der DWD-Station Bad Lippspringe verdeut- lichen (Abbildung 16). In den für das Pflanzenwachstum entscheidenden Monaten von April bis September (II. und III. Jahresquartal) ist bereits ein Rückgang der KWB zu ver- zeichnen. Im Referenzzeitraum (1961-1990) war die klimatische Wasserbilanz in die- sem Zeitraum noch einigermaßen ausgeglichen, während bereits in der Periode 1986- 2015 am Standort Bad Lippspringe von April bis Juli negative Werte für die klimatische

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Wasserbilanz ermittelt wurden, die potenzielle Verdunstung also größer als die Nieder- schlagsmenge war. Durch die projizierte Temperaturzunahme in den Sommermonaten bei gleichzeitigem Rückgang der Niederschlagssummen im Sommer verstärkt sich diese negative Entwicklung zusätzlich. Allein der als recht sicher angenommene Temperaturan- stieg verstärkt die Verdunstung maßgeblich und reduziert somit die Wasserverfügbarkeit.

Die extreme Trockenheit in den Sommern 2018 und 2019 war ein Vorbote der zukünf- tigen Entwicklung.

Abbildung 15: Klimatische Wasserbilanz Paderborn für die Sommerhalbjahre der Periode 1981- 2010) (Datenquelle: LANUV, eigene Darstellung)

Abbildung 16: Klimatische Wasserbilanz an der DWD-Station Bad Lippspringe ermittelt für beo- bachtete Perioden und projizierte Werte bezogen auf Klimamodell WETTREG2010 A1B (Datenquelle: DWD, www.rekis.org, eigene Darstellung)

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Für die zukünftige klimatische Wasserbilanz wird im kurzfristigen (2021-2050) und lang- fristigen Szenario (2071-2100) ein erhebliches und zunehmendes Defizit projiziert (Abbildung 16). In der Zukunft wird voraussichtlich durchgängig von April bis August in jedem Monat mit erheblichen Defiziten von bis zu < – 30 mm und in der fernen Zukunft mit Defiziten von < – 60 mm zu rechnen sein. Diese Werte betreffen zwar genauge- nommen nur die Station Lippspringe, aber aus allem bisher Gesagten sollte deutlich ge- worden sein, dass diese Aussagen auf das gesamte Stadtgebiet Paderborns extrapoliert werden kann. Die tatsächlichen Auswirkungen sind aber im hohen Maß von den lokalen Standorteigenschaften wie Bodenart und Grundwasseranschluss abhängig. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Standorte, an denen heute noch eine positive klimatische Wasserbilanz konstatiert werden kann, zukünftig auch unter einem Defizit leiden wer- den.

2.2 Auswirkungen auf die kommunalen Handlungsfelder

Im Folgenden werden die zu erwarteten Auswirkungen des projizierten Klimawandels auf die kommunalen Handlungsfelder kurz beschrieben. Dabei wird sich auf einschlägi- ge Veröffentlichungen, besonders auf den Monitoringberichte zur Deutschen Anpas- sungsstrategie an den Klimawandel (UBA 2015, 2019) bezogen. Die Wahl der Hand- lungsfelder (z. B. Menschliche Gesundheit, Wasserwirtschaft) orientiert sich an der Deut- schen Anpassungsstrategie (BBD 2008, BBD 2015).

2.2.1 Menschliche Gesundheit

Die Gesundheit der Bevölkerung ist auf unterschiedliche Weise vom Klimawandel betrof- fen. Die Klimafolge, die die meisten Menschen treffen wird, sind Extremereignisse in Form von Hitzewellen. Die Auswirkungen von Hitzewellen sind spätestens seit dem Sommer 2018 im Bewusstsein verankert. Langanhaltender Hitzestress führt verstärkt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einer erhöhten Mortalität. Gefährdet sind vor allem Risi- kogruppen wie Senioren bzw. alleinstehende ältere und pflegebedürftige Menschen, Säuglinge und Kleinkinder oder chronisch Kranke. Aber auch für gesunde Erwachsene hat die Hitze negative Auswirkungen in Form von geminderter Leistungsfähigkeit und herabgesetztem Wohlbefinden. Gleichzeitig ist der Hitzestress in städtischen Umgebun- gen stärker, da durch die versiegelten und insbesondere überbauten Flächen mehr Ener- gie in Form von Wärme aufgenommen und gespeichert wird und während die Durchlüf- tung herabgesetzt ist.

Als Klimafolge kann auch das erhöhte Sonnenbrand- und Hautkrebsrisiko gelten, das durch die stärkere Sonneneinstrahlung bzw. die enthaltenen kurzwelligen UV-Anteile ver- ursacht wird. Für Asthmatiker und Allergiker wird sich die Beschwerdezeit verlängern, da die Pollensaison aufgrund der steigenden Jahresdurchschnittstemperatur früher beginnen und länger andauern wird. Auch ist die Ausbreitung allergieauslösender Pflanzen und Tiere in den letzten Jahren vermehrt zu beobachten, z. B. der Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) oder des Eichen-Prozessionsspinners (Thaumetopoea processionea) (Abbildung 17).

Ebenfalls eine Folge der steigenden Temperaturen sind neue Lebensräume, die sich Krankheitsüberträger (Vektoren) wie Stechmücken, Wanzen oder Zecken erschließen können. Mildere Winter bewirken zudem längere jährliche Aktivitätsperioden von die- sen. Als von den Vektoren transportierte Krankheitserreger sind z. B. Borrelien sowie

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Hanta- und FSME-Viren zu nennen. Zunehmende Verkehrs- und Warenströme fördern das Vordringen nicht-heimischer Erreger.

Abbildung 17: Warntafeln bzgl. des Eichenprozessionsspinners (© Jetti Kuhlemann / PIXELIO)

Extremereignisse wie Stürme, Starkniederschläge, Hagel oder Hochwasser bergen zu- sätzliche Gefahren für Leib und Leben in direkter Form, z. B. durch Verletzungen oder indirekt durch psychische Belastung in Folge des Ereignisses (z. B. bei Verlust oder Be- schädigung von Eigentum).

2.2.2 Landwirtschaft

Das Handlungsfeld Landwirtschaft ist durch die Folgen des Klimawandels sehr vielseitig betroffen, sowohl in Bezug auf Risiken als auch auf Chancen.

Die Erhöhung der Jahresmitteltemperatur hat unterschiedliche Auswirkungen für die Land- wirtschaft. Sie bewirkt als Chance die Verlängerung der ackerbaulichen Vegetationspe- riode und somit eine mögliche Erhöhung der Erträge bestehender Sorten, sofern genü- gend Wasser für das Pflanzenwachstum zur Verfügung steht. Fehlt dieses und kommt es aufgrund der stärkeren Verdunstung zu Trockenheit auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, verkehrt sich diese Chance sofort in ein erhebliches Risiko. Andererseits besteht wiede- rum die Möglichkeit neue Sorten zu etablieren und Sonderkulturen wie z.B. Wein oder Obstsorten verstärkt anzubauen. Gleichzeitig wird es zu einer Abnahme von Spätfrösten kommen, was als Chance für die bessere Entwicklung von Winterungen im Frühjahr oder auch für frühere Saattermine von Sommerungen gesehen werden kann.

Neben dem Einfluss auf Höhe und Stabilität von Ernteerträgen, kann sich der Klimawan- del auch bei der Qualität der Ernteprodukte bemerkbar machen. Veränderte Nieder- schlagsmuster und Temperaturverläufe können Einfluss auf den Gehalt und die Zusam- mensetzung von Inhaltsstoffen nehmen, die wichtige Qualitätsparameter darstellen (z. B.

bei Obst oder Wein).

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Abbildung 18: Bodenerosion durch Wasser (Quelle:

SLULG 2016)

Höhere Temperaturen und mildere Winter führen auch zur weiteren Verbreitung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen. Für die Nutztierhaltung sind höhere Temperaturen, besonders Hitzewellen, als Risiko zu sehen, da sie zusätzlichen Hitzestress für die Tiere und erhöhte Aufwendungen für die Stallklimatisierung bzw. Um- und Neubauten erfor- dern. Zudem sorgen auch hier zunehmende oder neue vektorübertragene Krankheiten, z. B. Blauzungenkrankheit und Schmallenberg-Virus, für eine höhere Gefährdung.

Steigende Temperaturen führen zu einer verstärkten Verdunstung, welche die klimatische Wasserbilanz verschlechtert und Veränderungen des Bodenwasser- und des Grundwas- serhaushaltes hervorruft. Unsicherheiten herrschen in Aussagen über die zukünftige saiso- nale Niederschlagsentwicklung, somit besteht die Annahme dass selbst bei zukünftig gleichbleibenden Niederschlagssummen während der Vegetationsperiode die Zunahme der Verdunstung zu einer Verschlechterung der Wasserverfügbarkeit für die Landwirt- schaft führt.

Zeitgleich kann es jedoch häufiger zu einem kurzfristigen Überangebot an Wasser kommen, da Starkniederschläge wahrscheinlich an Intensität und Häufigkeit zunehmen.

Dies führt über Erosion nicht nur zum Verlust wertvollen Oberbodens (Abbildung 18), sondern auch zu erosiven Sturzfluten, die zusätzlich Ortslagen und Infrastrukturen über- spülen und schädigen können. Übermäßige Feuchte durch Starkniederschläge sowie Hagel und Stürme verursachen zudem erhebliche Ertragsausfälle.

2.2.3 Wald und Forstwirtschaft

Die Forstwirtschaft ist ebenso wie die Landwirtschaft ein sehr naturbezogenes Handlungs- feld und seit langem mit sich ändernden Klimabedingungen vertraut. Im Gegensatz zur Landwirtschaft sind deren angebaute Arten – also Bäume – sehr viel langlebiger und machen eine langfristigere Planung notwendig. Wichtige Größen für das Handlungsfeld sind Niederschlag und Temperatur. Für den Niederschlag ist künftig mit einer Verschie- bung vom Sommer hin zum Winter zu rechnen. Eine Veränderung des Bodenwasser- haushaltes wäre die Folge, die z. B. zu langanhaltenden Nassphasen im Winter führen kann. Hohe Feuchtegehalte begünstigen zudem die Entstehung und Verbreitung von Schadorganismen wie Pilzen.

Die erhöhte Jahresdurchschnittstemperatur führt als Chance zu einer Verlängerung der forstlichen Vegetationsperiode. Die Nutzung dieses Potenzials hängt jedoch stark von

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der Wasserverfügbarkeit in der Vegetationsperiode ab. Die klimatische Wasserbilanz jedoch dürfte sich unter dem Einfluss des Klimawandels spürbar gegenüber der Gegen- wart verschlechtern. Die veränderten Standortbedingungen schränken die Verbreitung bzw. den Anbau gering hitze- und trockenheitstoleranter Arten ein. Vor allem die Ge- meine Fichte (Picea abies) ist unter den veränderten Bedingungen nicht angepasst, was dazu geführt hat, dass im Stadtwald von Paderborn inzwischen sämtliche Fichtenbestän- de (165 ha) abgestorben sind.

In Verbindung mit höheren Durchschnittstemperaturen, die auch bessere Überdauerungs- und Ausbreitungsbedingungen für Schadinsekten wie Borkenkäfer, Eichen-Prozes- sionsspinner, Nonnenspinner oder Maikäfer ermöglichen, können Trockenperioden zu massiven Schädigungen von Waldbeständen führen, wie dies infolge der trockenen Jahre 2018 und 2019 fast überall in Deutschland und damit auch in Paderborn zu be- obachten war (Abbildung 19).

Abbildung 19: Ehemaliger Fichtenbestand im Dunetal (Quelle: Stadt Paderborn).

Abbildung 20: Vom Sturm Friederike geworfene Bäume auf die Meinolfus Kapelle im Wilhelmsberg (Quelle: Stadt Paderborn).

Gleichzeitig ist mit Risiken durch häufigere Dürre- und Hitzeperioden zu rechnen, die Waldbrände begünstigen. Waldbrände entstehen zwar meist durch das Fehlverhalten

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von Menschen und seltener durch Selbstentzündungen, bestimmte klimatische Verhältnis- se erhöhen aber die Gefahr von flächenhaften Waldbränden.

Ebenso sorgen die höheren Durchschnittstemperaturen für weniger Bodenfrost, was die Anzahl der Tage, an denen die Wege auch mit schwerem Forstgerät befahrbar sind, reduziert und damit die Möglichkeiten der Bewirtschaftung einschränkt.

Extreme Wettereignisse sind neben Dürre- und Hitzeperioden auch Starkregen und Stür- me. Die großen Stürme der letzten Jahre (Kyrill – 2007, Emma – 2008, Xynthia – 2010, Sturmtief Norina – 2010, Fredericke 2018) haben auch in Nordrhein-Westfalen beachtliche Schäden in Form von Windbruch (Baumkronen oder Äste brechen ab) oder Windwurf (der Baum wird entwurzelt) hinterlassen (Abbildung 20). Ob und wie sich die Häufigkeit und Intensität von Sturmereignissen mit dem Klimawandel ändert, kann bisher nicht verlässlich vorhergesagt werden.

2.2.4 Wasserwirtschaft

Der projizierte Klimawandel hat auch für das Handlungsfeld Wasserwirtschaft weitrei- chende Auswirkungen. Im Sommer werden die Niederschläge wahrscheinlich abneh- men, dafür im Winter zunehmen. Insgesamt dürfte die jährliche Niederschlagsmenge jedoch etwa gleich bleiben bzw. nur geringfügig zunehmen (ca. + 10 mm, vgl. Abbil- dung 14). Der abnehmende Niederschlag im Sommer verringert die Grundwasserneu- bildung, vor allem in Bereichen mit wenig durchlässigen Böden und geringer Wasser- speicherkapazität. Dies kann auf lange Sicht auch tiefere Grundwasservorräte betreffen, die oft der Trinkwassergewinnung dienen.

Eine geringere Wasserverfügbarkeit im Sommer führt neben Problemen in Land- und Forstwirtschaft auch zu Risiken für feuchteliebende Biotope. Gleichzeitig kann es in nie- derschlagsarmen Sommern zu häufigeren und längeren Perioden mit Niedrigwasser in Still- und Fließgewässern kommen (Abbildung 21).

Die steigenden Temperaturen im Jahresverlauf und speziell im Sommer sorgen für eine stärkere Erwärmung der oberen Wasserschichten von Gewässern. Eine Verringerung des Sauerstoffgehaltes des Wassers ist die Folge. Bei gleichzeitiger Wasserverminderung in Trockenperioden kann es zur Anreicherung von Nährstoffen (Eutrophierung) mit negativen Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht kommen.

Geringere Niederschlagsmengen können dazu führen, dass Abwassersyteme trockenfal- len und sich bei geringen Durchflüssen zusetzen, was weitergehende hygienische Prob- leme mit sich bringt. Niedrigwasser ist auch ein Problem für die Betreiber von Wasser- kraftanlagen und Gewerben, die Brauchwasser zu Kühlzwecken oder als Rohstoff ent- nehmen. Weiterhin beeinflusst es neben der Schifffahrt auch den Wassersport und Bade- tourismus, was zu wirtschaftlichen Einbußen im Tourismussektor führen kann.

Hohe Niederschlagsmengen dagegen bergen Risiken in diesem Handlungsfeld. Da Niederschlag auch im Winter häufiger als Regen fallen wird, wird dieser, im Gegensatz zum Schnee, stärker bzw. kurzfristiger zum Abfluss beitragen. Eine höhere Wahrschein- lichkeit von Winter-Hochwassern könnte die Folge sein.

Durch den Klimawandel werden auch verstärkt Extremereignisse wie Starkregen hervor- gerufen. Es wird damit gerechnet, dass es künftig zu intensiveren und wahrscheinlich auch häufigeren Starkniederschlägen kommen wird. Zu den Folgen zählen lokale Über-

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Abbildung 22: Drüsiges Springkraut (© Günther Schad / PIXELIO)

schwemmungen infolge überlasteter Kanalisation, Beiträge zu Flusshochwassern sowie erosive Sturzfluten auf Ackerflächen, die auch angrenzende Ortslagen betreffen können.

Abbildung 21: Weitgehend trockengefallene Fischteiche an der Dubelohstraße (Aufnahme ThINK im Spätsommer 2019)

2.2.5 Naturschutz

Eine Vielzahl sozioökonomischer Einflussgrößen (z. B. Flächenbedarf für Siedlungs- und Verkehrsflächen, intensive Landnutzung) führen bereits heute direkt oder indirekt zu Beein- trächtigungen der Tier- und Pflanzenwelt (z. B. durch Zerschneidung der Landschaft oder Eutrophierung). Die Folgen des Klimawandels bergen jetzt ein zusätzliches Gefahrenpo- tenzial für die Diversität auf Art- und Ökosystemebene.

Diese klimawandelbedingten Veränderungen lassen sich seit einiger Zeit bereits be- obachten: Der Wuchs- und Blühbeginn der Vegetation verschiebt sich im Jahresverlauf

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Abbildung 23: Unterspülte Straße (© Julian Nitzsche/PIXELIO) nach vorn, Ankunfts- und Wegzugszeiten von Vögeln verschieben sich, Arealgrenzen verschiedener Tier- und Pflanzenarten verlagern sich, wärmeliebende, z. T. invasive Ne- ophyten und Neozoen breiten sich aus und können einheimische Arten verdrängen (z. B.

Drüsiges Springkraut [Impatiens glandulifera], Abbildung 22). Derartige Entwicklungen werden sich zukünftig sehr wahrscheinlich fortsetzen und intensivieren (IPCC 2014; Essl

& Rabitsch 2013), sodass das Risiko, bestimmte naturschutzfachliche Zielstellungen nicht erreichen zu können, tendenziell steigt. Hierbei dürften in Paderborn weniger die natur- schutzfachlich hochwertigen trockenen und halbtrockenen Standorte betroffen sein. Die Feuchtstandorte dagegen stehen bereits heute unter erheblichem Stress und bei der Auf- einanderfolge mehrerer trockener Jahre (wie z.B. 2018/2019) besteht die Gefahr der massiven Schädigung entsprechender Biotope und der in ihnen vorkommenden Arten. Zu wenig Niederschlag führt z. B. zum Trockenfallen kleiner Teiche; Moore und anmooriger Flächen.

Starkregenereignisse können die Tier- und Pflanzenwelt nachhaltig schädigen, indem Biotope kurz- oder längerfristig überflutet und evtl. sogar zerstört werden.

2.2.6 Verkehrswesen

Das Handlungsfeld Verkehrswesen wird sowohl von temperatur-, als auch niederschlags- getriebenen Klimafolgen beeinflusst. Starkregenereignisse können zu unterspülten Straßen sowie Aquaplaning und Überschwemmungen in Straßensenken führen (Abbildung 23).

Letztere können auch durch erosive Sturzfluten begründet sein, bei denen Schlammlawi- nen von benachbarten Äckern die Verkehrsinfrastruktur überschwemmen können.

Wenig intensive, aber langanhaltende Regenereignisse können die Stabilität von Bö- schungen beeinträchtigen und zu Hangrutschungen führen. Gleichzeitig sind Frost-Tau- Wechsel mittels Frostsprengung für Straßenschäden verantwortlich. Auch wenn Schnee und Eis künftig tendenziell weniger werden, sind Extremereignissen wie plötzliche Kälte-

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einbrüche oder heftige Schneefälle nicht ausgeschlossen. Auch hohe Temperaturen wir- ken sich auf Straßen und Schienen aus und führen zu Material- und Strukturschäden (z. B. Spurrillen, Blow-ups). Hohe sommerliche Temperaturen wirken sich bei nicht klima- tisierten Fahrzeugen negativ auf Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit der Insassen und damit auf die Verkehrssicherheit aus. Aus diesem Grund wurden zunächst Fahrstände bei der Bahn oder im ÖPNV klimatisiert – heute sind es immer häufiger die gesamten Fahr- zeuge.

Andere Extremereignisse mit Auswirkungen auf den Verkehr sind Stürme. Diese können durch Windwurf Behinderungen im Verkehrsfluss und Schäden an Fahrzeugen, Verkehrs- leitsystemen und Oberleitungen verursachen.

2.2.7 Tourismus

Der Klimawandel wirkt sich auf das Handlungsfeld Tourismus je nach Saison unterschied- lich aus. Steigende Durchschnitts- und Sommertemperaturen führen als Chance zu einer Verlängerung der Badesaison sowie generell der Zeit im Jahr, die für Ganzjahrestouris- mus (Wandern, Städtetouren, Camping, Reiten etc.; Abbildung 24) bevorzugt wird.

Parallel steigt jedoch das Risiko der Hitzebelastung im Hochsommer, besonders für städ- tische Touristen. Auch können Trockenperioden zu niedrigeren Wasserständen in natürli- chen Badegewässern führen, was evtl. auch Einfluss auf die Badewasserqualität hat.

Das Gast- und Freizeitgewerbe dürfte jedoch trotzdem wirtschaftlich vom zunehmenden Ganzjahres- bzw. Sommertourismus profitieren können.

Abbildung 24: Lippesee – Klimawandel als Chance für eine verlängerte Tourismussaison bzw. den Ganzjahrestourismus (Quelle: www.paderborn.de)

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