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Rechter Ventrikel bei arterieller Hypertonie

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Schwerpunkt: Der kranke rechte Ventrikel

W. Motz

Herz- und Diabeteszentrum Mecklenburg-Vorpommern,

Herz-Kreislaufforschung Universität Witten-Herdecke, Klinikum Karlsburg

Rechter Ventrikel bei arterieller Hypertonie

Internist 2004 · 45:1108–1116 DOI 10.1007/s00108-004-1273-9 Online publiziert: 4. September 2004

© Springer Medizin Verlag 2004

D

ie chronische arterielle Hypertonie ist eine meist genetisch determinierte Sys- temkrankheit, die insbesondere Herz, Nie- ren, Gefäße und Gehirn schädigt. Die Fra- mingham-Studie zeigte, dass die arterielle Hypertonie vor Etablierung der klinischen Hochdrucktherapie in den 60er- und 70er- Jahren des letzten Jahrhunderts die führen- de Ursache für eine Herzinsuffizienz war.

Heutzutage – nach Einführung und Ver- breitung moderner antihypertensiver und kardioprotektiver Medikamente wie ACE- Hemmer, AT1-Rezeptorenblocker, Kalziu- mantagonisten und moderner Beta-Rezep- torenblocker – tritt die arterielle Hyperto- nie hinter die koronare Herzkrankheit als Hauptursache einer Herzinsuffizienz zu- rück [3, 4, 11, 23].

Unter den kardialen Organmanifesta- tionen der arteriellen Hypertonie ist die linksventrikuläre Hypertrophie die augen- scheinlichste und am meisten bekannte [24, 25, 26, 27]. Bereits vor der Verfügbar- keit der Echokardiographie war bekannt, dass Hypertrophiezeichen im EKG im Sin- ne eines positiven Sokolow-Indexes mit ei- ner erhöhten kardiovaskulären Mortalität einhergehen. Die Funktion des rechten Ventrikels bei der arteriellen Hypertonie erscheint bei oberflächlicher Betrachtung der Pathophysiologie offensichtlich unbe- deutend, da der rechte Ventrikel nicht ge- gen den erhöhten Widerstand im System- kreislauf pumpen muss. Entsprechend fin- det der rechte Ventrikel bei der klinisch- kardiologischen Diagnostik der arteriel- len Hypertonie in der klinischen Routine

in der Regel keine Aufmerksamkeit, so lan- ge keine klinischen Zeichen einer Rechts- herzinsuffizienz vorliegen. Aufgrund des geringen Interesses an der Funktion und Struktur des rechten Ventrikels bei der ar- teriellen Hypertonie gibt es nur wenig pub- lizierte Untersuchungen.

Pulmonalkreislauf und rechtsventrikuläre Funktion bei arterieller Hypertonie

Olivari et al. [16] untersuchten die pul- monale und systemische Hämodynamik bei 16 Hypertonikern mit echokardiogra- phischer Linksherzhypertrophie und bei 17 Hypertonikern mit elektrokardiogra- phischen Hypertrophiezeichen und ver- glichen diese mit 14 Normalpersonen.

Die Autoren wählten die Hypertoniker mit echokardiographischer Linksherzhy- pertrophie als ein Hypertonikerkollek- tiv im Stadium der „frühen kompensier- ten Hypertrophie“ und die Hypertoniker mit elektrokardiographischen Hypertro- phiezeichen als ein Hypertonikerkollek- tiv im „fortgeschrittenen Hypertoniestadi- um“. Sie fanden sowohl bei den Hyperto- nikern mit echokardiographischer Links- herzhypertrophie als auch bei den Hyper- tonikern mit elektrokardiographischen Hypertrophiezeichen einen erhöhten Pul- monalwiderstand. Der Pulmonalwider- stand war bei den Hypertonikern mit elek- trokardiographischen Hypertrophiezei- chen deutlich höher als bei den Hyperto- nikern mit echokardiographischer Links-

herzhypertrophie. Die Zunahme des pul- monalarteriellen Widerstandes korrelier- te nicht mit dem pulmonalen Fluss, dem Pleuradruck, den arteriellen PO2-, PCO2- und pH-Werten und konnte auch nicht komplett mit einem erhöhten linkventri- kulär-enddiastolischen Druck erklärt wer- den. Bei den Hypertonikern mit echokar- diographischer Linksherzhypertrophie wa- ren linke und rechte mittlere systolische Auswurfrate, Schlagindex und mittlere Ge- schwindigkeit der zirkumferenziellen Fa- serverkürzung leichtgradig erhöht, wäh- rend bei den Hypertonikern mit elektro- kardiographischen Hypertrophiezeichen diese Pumpgrößen als Zeichen einer ein- geschränkten Funktion beider Ventrikel herabgesetzt waren. Diese interessanten Befunde zeigen, dass bei der arteriellen Hypertonie auch der Druck in der Pulmo- nalstrombahn und der pulmonalarteriel- le Widerstand erhöht sind, obwohl beide Ventrikel eine normale Pumpfunktion auf- weisen.

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Bei der arteriellen Hypertonie sind der Druck in der Pulmonal- strombahn und der pulmonal- arterielle Widerstand erhöht

Ferlinz [5] konnte zeigen, dass selbst bei asymptomatischen und unkomplizierten Hypertonikern der enddiastolische Fül- lungsdruck im rechten Ventrikel erhöht und die rechtsventrikuläre Auswurffrak- tion erniedrigt ist. Trotz der inhärenten Schwierigkeiten, die rechtsventrikuläre Schwerpunktherausgeber

B. E. Strauer, Düsseldorf K. Werdan, Halle/Saale

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läre Funktion bei Hypertonie beurteilen möchte.

Akkoc et al. [1] untersuchten die dias- tolische Funktion des rechten und linken Ventrikels bei Patienten mit arterieller Hy- pertonie mittels Dopplerechokardiogra- phie und verglichen diese mit normoten- siven Kontrollpersonen. Sie fanden hoch signifikante Veränderungen der diastoli- schen Füllungsparameter des rechten Ven- trikels bei hypertonen Patienten: eine Ver- einem abgelaufenen Hinterwandinfarkt

eine diastolische Dysfunktion des rechten Ventrikels nachgewiesen [6].

Zoghbi et al. [31] untersuchten rechts- ventrikuläre Füllungsparameter bei Ge- sunden mittels Dopplerechokardiogra- phie. Sie fanden eine Abhängigkeit der rechtsventrikulären Funktion von Alter, Herzfrequenz und Atmung, sodass man auch diese Einflussgrößen berücksichti- gen muss, wenn man die rechtsventriku- Funktion echokardiographisch wegen der

Anatomie des rechten Ventrikels zu be- stimmen, ist es heute mittels Dopplerecho- kardiographie möglich, die rechtsventri- kulären Füllungsparameter valide zu mes- sen. Das trikuspide Flussgeschwindigkeits- integral spiegelt die rechtsventrikuläre Fül- lungscharakteristik wider. Mit dieser Me- thodik wurde bei Patienten mit einer hy- pertrophen obstruktiven Kardiomyopa- thie (HOCM) [15] und bei Patienten mit

Abb. 1 8 Die linksventrikuläre Hypertrophie impliziert eine Erhö- hung des enddiastolischen Drucks im linken Ventrikel. Konsekutiv kommt es zu einer Zunahme des Druckes im linken Vorhof. Über die Lunge wird die Druckerhöhung in der A. pulmonalis vermit- telt, die zu einer Druckerhöhung im rechten Ventrikel führt. Kon- sekutiv kommt es zu einer rechtsventrikulären Hypertrophie und

rechtsventrikulären diastolischen Dysfunktion Abb. 2 8 Durch die Entwicklung der linksventrikulären Hypertro- phie kommt es mechanisch zu einer Konfigurationsänderung des rechten Ventrikels. Es resultiert eine Verkleinerung des rechtsven- trikulären Cavums mit Entwicklung einer diastolischen Füllungs- behinderung im rechten Ventrikel

Abb. 3 8 Durch den Vorgang der Linksherzhypertrophie kommt es zu einer Versteilerung der rechtsventrikulären Druck-Volumen- Beziehung. Ursache dafür sind die rechtsventrikuläre Hypertro- phie selbst, die Hypertrophie des gemeinsamen ventrikulären Septums, eine Fibrosierung des Myokards sowie mikroangiopathi- sche Veränderungen im rechten Ventrikel. Bei einem gegebenen enddiastolischen Volumen (A) resultiert bei einer linksventrikulä- ren Hypertrophie somit im rechten Ventrikel eine Erhöhung des rechtsventrikulären Füllungsdruckes (B)

Abb. 4 8 Schematischer Überblick über die Einflussgrößen, die zu Struktur- und Funktionsänderungen des rechten Ventrikels bei der arteriellen Hypertonie führen

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Schwerpunkt: Der kranke rechte Ventrikel

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minderung der frühen Füllungsgeschwin- digkeit und des E-Geschwindigkeits-Zeit- Integrals, eine Zunahme der atrialen Fül- lungsgeschwindigkeit und des A-Ge- schwindigkeits-Zeit-Integrals, eine verlän- gerte Dezelerationszeit, einen verminder- ten A/E-Quotienten und einen vermin- derten Quotienten „E-Geschwindigkeits- Zeit-Integral/A-Geschwindigkeits-Zeit-In- tegral“. Diese Parameter zeigten eine enge Korrelation zu den linksventrikulären Fül- lungsparametern und korrelierten signifi- kant mit der rechtsventrikulären Wanddi- cke und dem linksventrikulären Muskel- massenindex. In 3 weiteren Studien konn- te ebenfalls eine enge Beziehung zwischen links- und rechtsventrikulärer diastoli- scher Dysfunktion bei arterieller Hyperto- nie nachgewiesen werden. Es fanden sich eine enge Korrelation der linksventrikulä- ren Muskelmasse mit der rechtsventrikulä- ren diastolischen Dysfunktion sowie eine enge Korrelation der rechtsventrikulären Wanddicke mit der Dicke des Kammersep- tums [2, 22, 32].

E Zusammenfassend zeigen die bisher publizierten Studien, dass der rechte Ventrikel bei einer systemischen arteriellen Hypertonie beteiligt ist.

Diese Beteiligung des rechten Ventrikels bei der arteriellen Hypertonie impliziert 1. eine Hypertrophie der freien Wand

des rechten Ventrikels,

2. eine Störung der diastolischen Fül- lung des rechten Ventrikels, 3. eine Erhöhung des rechtsventrikulä-

ren Füllungsdruckes,

4. eine Erniedrigung der rechtsventriku- lären Auswurffraktion im fortgeschrit- tenen Stadium der Hypertonieerkran- kung.

Mögliche Ursachen für

rechtsventrikuläre Dysfunktion Linksventrikuläre Hypertrophie Die linksventrikuläre Hypertrophie ist der strukturelle Anpassungsmechanismus des Myokards an die chronische Druckbelas- tung im Verlauf der arteriellen Hyperto- nie. Im Frühstadium der arteriellen Hyper- tonie ist die systolische Wandspannung

Zusammenfassung · Abstract

Internist 2004 · 45:1108–1116 DOI 10.1007/s00108-004-1273-9

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Rechter Ventrikel bei arterieller Hypertonie

Zusammenfassung

Unter den kardialen Organmanifestatio- nen der arteriellen Hypertonie ist die links- ventrikuläre Hypertrophie die augenschein- lichste und am meisten bekannte. Über Struktur und Funktion des rechten Ventri- kels bei der arteriellen Hypertonie gibt es dagegen nur wenige Befunde. Die bisher publizierten Studien zeigen, dass der rech- te Ventrikel bei der systolischen arteriel- len Hypertonie auch beteiligt ist. Diese Be- teiligung des rechten Ventrikels bei der ar- teriellen Hypertonie impliziert eine Hyper- trophie der freien Wand des rechten Ven- trikels, eine Störung der diastolischen Fül- lung des rechten Ventrikels, eine Erhöhung des rechtsventrikulären Füllungsdrucks so- wie eine Erniedrigung der rechtsventrikulä-

ren Auswurffraktion im fortgeschrittenen Stadium der Hypertonie. Ursächlich für die- se strukturellen und funktionellen Verände- rungen des rechten Ventrikels sind wahr- scheinlich die Fortleitung der erhöhten LV- Füllungsdrucke in die Pulmonalstrombahn, die Interaktion von rechtem und linkem Ventrikel und die systemische Zirkulation von Zytokinen und Wachstumshormonen im Rahmen der Hochdruckerkrankung wie Angiotensin II, Aldosteron u. a.

Schlüsselwörter

Hochdruck · Rechter Ventrikel ·

Diastolische Dysfunktion · Linksventrikuläre Hypertrophie · Myokardfibrose

Abstract

Left ventricular hypertrophy is the best known and most evident cardiac organ manifestation of arterial hypertension.

However, only limited findings are avail- able on function and structure of the right ventricle. The published studies show that the right ventricle is also affected in the course of hypertensive heart disease. Par- ticularly hypertrophy of the right ventricu- lar free wall, impaired right ventricular di- astolic filling, elevated right ventricular fill- ing pressure as well as impairment of right ventricular ejection fraction in the late phase of arterial hypertension were report-

ed. Possible causes of these structural and functional changes of the right ventricle are (1) translation of the increased left ven- tricular filling pressure in the pulmonary cir- culation, (2) interaction of the right and left ventricle, and (3) systemic circulation of cy- tokines and growth hormones such as an- giotensin II, aldosterone, and others.

Keywords

Arterial hypertension · Right ventricle · Diastolic dysfunction · Left ventricular hypertrophy · Myocardial fibrosis

Right ventricle in arterial hypertension

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– die linksventrikuläre Nachlast – infolge der systolischen Druckbelastung, die auf der Ventrikelwand lastet, erhöht. Durch die sich entwickelnde Linksherzhyper- trophie kommt es zu einer kompensatori- schen Dickenzunahme der Myokardwän- de und damit zu einer Normalisierung der Wandspannung. In diesem Frühstadi- um der konzentrischen Linksherzhypertro- phie ist der linke Ventrikel in der Lage, ein normales Herzzeitvolumen bei einem nor- malen kardialen Energieverbrauch pro Ge- wichtseinheit Myokard trotz hypertensiver systolischer Blutdruckwerte zu fördern. Be- reits in diesem Stadium besteht aber eine Störung der diastolischen Funktion des lin- ken Ventrikels [10, 24, 25, 26, 27].

Erhöhung des linksventrikulären Füllungsdruckes

Durch die Dickenzunahme der Myokard- wände insbesondere bei gleichzeitiger Zu- nahme der interstitiellen Kollagenkon- zentration resultiert eine Zunahme der myokardialen Steifigkeit mit einer ent- sprechenden Abnahme der diastolischen Dehnbarkeit. Dies führt zu einer Verstei- lerung der Druck-Volumen-Beziehung des linken Ventrikels. Entsprechend re- sultiert bei einem gegebenen enddiastoli- schen Volumen des linken Ventrikels ein erhöhter enddiastolischer Druck. Weiter- hin kommt es wegen der Zunahme der linksventrikulären Wanddicke zu einer vermehrten Vordehnung der Aktin-Myo- sin-Elemente des linksventrikulären Myo- kards im Sinne einer vermehrten Preload- Utilisation. Als Folge resultiert eine Erhö- hung des Druckes im linken Vorhof, da der linke Vorhof in seiner Systole einen größeren Druck entwickeln muss, um den linken Ventrikel in der Diastole zu füllen.

Dies zeigt sich eindrucksvoll in der Abnah- me des E/A-Quotienten im Echokardio- gramm. Normalerweise überwiegt die pas- sive Füllung [=“early (E) filling“] der Vor- hoffüllung [= „atrial (A) filling] in der Di- astole. Bei einer Dehnbarkeitsstörung des linken Ventrikels, die regelhaft bei einer linksventrikulären Hypertrophie auftritt, resultiert eine Zunahme der atrialen Kom- ponente (A) relativ zur frühen passiven Füllung des linken Ventrikels in der Dias- tole (E). Es resultiert eine Abnahme des E/

A-Quotienten, das 1. Zeichen der diastoli- schen Dysfunktion des linken Ventrikels.

Infolge der Erhöhung des Druckes im linken Vorhof kommt es zu einer konseku- tiven Erhöhung des Druckes in den Pul- monalarterien. Entsprechend muss der rechte Ventrikel systolisch einen höheren Druck entwickeln, damit sich die Pulmo- nalklappe öffnen und damit der rechte Ventrikel sein Schlagvolumen in den Pul- monalkreislauf entleeren kann. Bei der Auskultation des Herzens lässt sich dies als fixiert gespaltener 2. Herzton klinisch einfach erfassen. Ähnliche pathophysio- logische Vorgänge finden sich beim Hy- pertrophieprozess im Rahmen einer val- vulären oder subvalvulären Aortensteno- se und bei hypertrophen Kardiomyopathi- en. Strukturell hypertrophiert die Wand des rechten Ventrikels. Im weiteren Ver- lauf resultiert eine Dilatation des rechten Ventrikels mit Entwicklung einer Trikuspi- dalinsuffizienz. Dieses Stadium ist abhän- gig von der Schwere der Trikuspidalklap- peninsuffizienz, klinisch charakterisiert durch Beinödeme, Leberstauung und ge- staute Halsvenen (. Abb. 1).

Interaktion von linkem und rechtem Ventrikel

Der rechte und der linke Ventrikel kommu- nizieren über das gemeinsame Septum in- terventriculare. Im Gefolge der linksventri- kulären Hypertrophie resultiert auch eine Hypertrophie des Septums interventricu- lare. Das Septum ragt mit zunehmender Myokardhypertrophie in den rechten Ven- trikel hinein. Dies führt rein mechanisch zu einer Behinderung der diastolischen Füllung des rechten Ventrikels und damit zu einer Versteilerung und Rechtsverschie- bung der Druck-Volumen-Beziehung des rechten Ventrikels. Für die Versteilerung der Druck-Volumen-Beziehung spielen auch die myokardiale Fibrose und die ko- ronare Mikroangiopathie, die im rechten Ventrikel nachweisbar sind, eine Rolle. Ent- sprechend resultiert bei einem gegebenen enddiastolischen Volumen des rechten Ventrikels eine Zunahme des enddiastoli-

scher Druckes (. Abb. 2, 3).

Systemische Aktivierung von Wachstumsfaktoren

Unabhängig von den über das hypertensi- ve Remodeling des linken Ventrikels ver- mittelten hämodynamischen Auswirkun-

gen auf den rechten Ventrikel spielt auch die systemische neuroendokrine Aktivie- rung eine wichtige Rolle für das hyperten- sive Remodeling des rechten Herzens. Bei der arteriellen Hypertonie besteht in der Regel eine Aktivierung des Sympathikoto- nus und eine Stimulation des Renin-An- giotensin-Aldosteron-Systems (RAAS).

Weiterhin sind Zytokine, Stickoxid (NO) und Vasopressin aktiviert. Der schlagen- de Beweis für diese Annahme ist die Tat- sache, dass sich in transvenös entnomme- nen rechtsventrikulären Myokardbiopsi- en vaskuläre, myokardiale und interstitiel- le zelluläre Umbauvorgänge bei Patienten mit arterieller Hypertonie nachweisen las- sen [7, 8, 9, 12, 13].

Eine chronische Druckbelastung des linken Ventrikels führt zu einer abnormen Aktivierung und Synthese fetaler Wachs- tumsfaktoren, die die Proteinbiosynthese steigern und die Synthese fetaler Muskel- genprodukte induzieren. Angiotensin II, Noradrenalin und andere Wachstums- hormone haben eine wachstumsfördern- de Wirkung auf das Myokard und begüns- tigen unabhängig von der systolischen Druckbelastung die Entwicklung der Myo- kardhypertrophie. Abhängig vom Aus- maß der Wachstumshormone kann unter Umständen eine die Blutdruckerhöhung überkompensierende Myokardhypertro- phie entstehen, die morphologisch einer hypertrophen Kardiomyopathie ähnlich ist [8, 26].

Das Kollagengerüst des Herzens bet- tet Koronargefäße, Nerven und Myozy- ten ein. Im Rahmen der chronischen arte- riellen Hypertonie kommt es insbesonde- re auch durch eine Stimulation des Renin- Angiotensin-Aldosteron-Systems infolge einer Aktivierung interstitieller Fibroblas- ten zu einer quantitativen Vermehrung von Kollagen in beiden Ventrikeln. Die Folge der Zunahme dieses Gerüstkolla- gens ist eine Abnahme der passiven elasti- schen Dehnbarkeit des linken und rechten Ventrikels durch eine Zunahme der myo- kardialen Steifigkeit, da die diastolischen Eigenschaften beider Ventrikel durch die Menge und das Verhältnis von Typ- I- zu - III-Kollagen determiniert ist [28, 29].

Diese Befunde lassen die Schlussfol- gerung zu, dass eine zirkulierende Sub- stanz, die Zutritt zum gemeinsamen Ko- ronarkreislauf beider Ventrikel hat, invol-

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viert ist. Diese Hypothese ist in verschie- denen Tiermodellen untersucht wurden, in denen die Plasmakonzentrationen von Angiotensin II und Aldosteron variierten.

Auf der Grundlage morphometrischer und morphologischer Studien kann man schließen, dass die arterielle Hypertonie in Verbindung mit erhöhten zirkulieren- den Plasmaaldosteronkonzentrationen mit Veränderungen im Fibroblastenkom- partment und einer entsprechenden Hete- rogenität der myokardialen Gewebestruk- tur assoziiert ist [28, 29].

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Der rechte Ventrikel wird durch zirkulierende Substanzen strukturell und funktionell geschädigt

Querejeta et al. [17] gingen der Frage nach, ob das carboxy-terminale Propep- tid von Prokollagen Typ I (PIP) als Mar- ker der Kollagen-Typ-I-Synthese mit der myokardialen Fibrose von hypertensiven Patienten korreliert. Sie untersuchten in rechtsventrikulären Myokardbiopsien die Kollagen-Volumen-Fraktion mittels Siri- us-Rotfärbung. PIP wurde mit einem Ra- dioimmunoassay im Plasma gemessen.

Sie fanden eine direkte Korrelation von Kollagen-Volumen-Fraktion und PIP bei allen Hypertonikern. Dieser Befund unter- stützt die Hypothese, dass der rechte Ven- trikel bei der arteriellen Hypertonie durch eine oder mehrere zirkulierende Substan- zen wie PIP, Aldosteron und Angioten- sin II und andere, welche Zutritt zum ge- meinsamen Koronarkreislauf beider Ven- trikel haben, strukturell und funktionell geschädigt wird.

Koronare Mikroangiopathie

Auch ohne sichtbare arteriosklerotische Läsionen im Koronarangiogramm haben Patienten mit arterieller Hypertonie häu- fig eine Angina-Pectoris-Symptomatik und ein pathologisches Belastungs-EKG [21]. Dies ist Ausdruck einer Myokardisch- ämie als Folge funktioneller und struktu- reller Veränderungen (Mediaverdickung) im Bereich der kleinen intramuralen Wi- derstandsgefäße [19, 20]. Die strukturel- len Umbauvorgänge in der koronaren Mi- krozirkulation umfassen eine Wandver- dickung der arteriellen Gefäßwand (Me-

diahypertrophie) und eine Abnahme der Zahl dar intramyokardialen Gefäße pro myokardialer Querschnittfläche. Diese strukturellen Umbauvorgänge des Koro- nargefäßsystems bei arterieller Hyperto- nie – wie z. B. die Mediahypertrophie – sind vermutlich durch die enge Beziehung von mechanischer Dehnung, d. h. Gefäß- wandspannung, und hormonaler Stimula- tion bedingt [20].

Außer den strukturellen Schäden an Ge- fäßen und Myokard gibt es Störungen der endothelialvermittelten Regulation der koronaren Widerstandsgefäße und Funk- tionsstörungen der epikardialen Leitungs- arterien, die zu einer Einschränkung der koronaren Flussreserve bei Hochdruck führen. Bei arterieller Hypertonie ist ana- log zur Hypercholesterinämie und dem Diabetes mellitus die endothelvermittel- te, stickstoffmonoxidabhängige Vasomoti- on in der koronaren Makro- und Mikro- zirkulation gestört. Als ein weiterer patho- genetischer Mechanismus wird die gestei- gerte Produktion von vasokonstriktiven, endothelialen Faktoren, wie z. B. Endothe- lin, angenommen [9, 13, 18, 30]. Diese Ge- fäßveränderungen, die bereits im Frühsta- dium der arteriellen Hypertonie auch im nicht druckbelasteten rechten Ventrikel nachweisbar sind, prädisponieren zu ei- ner myokardialen Ischämie auch des rech- ten Ventrikels.

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Bei der arteriellen Hypertonie kommt es zu strukturellen Veränderungen des rechten Ventrikels

Eine mehr oder weniger ausgeprägte chro- nische Ischämie des Myokards des rechten Ventrikels führt ebenso zu einer erhöhten myokardialen Steifigkeit und könnte zu der Störung der diastolischen Funktion des rechten Ventrikels bei der arteriellen Hypertonie beitragen [24, 25].

Zusammenfassend kommt es bei der ar- teriellen Hypertonie zu strukturellen Ver- änderungen des rechten Ventrikels, die wahrscheinlich durch die Fortleitung der erhöhten LV-Füllungsdrucke in die Pulmo- nalstrombahn, durch die Interaktion zwi- schen rechtem und linkem Ventrikel und durch die systemische Zirkulation von Zy- tokinen und Wachstumshormonen im Rahmen der Hochdruckerkrankung indu-

ziert sind. Dies zeigt sich durch den Nach- weis einer signifikanten und relevanten Wandverdickung der kleinen Widerstands- gefäße (Mediahypertrophie), die nicht phy- sikalisch mit dem erhöhten Systemdruck erklärt werden kann. Weiterhin kommt es im nicht- druckbelasteten rechten Ven- trikel zu erheblichen Veränderungen im Interstitium im Sinne einer Zunahme des Kollagens. Die Tatsache, dass eine Zunah- me des interstitiellen Kollagens mit einer Zunahme des zirkulierenden carboxy-ter- minalen Propeptids von Prokollagen Typ I (PIP) im Plasma einhergeht, spricht dafür, dass diese Umbauvorgänge – das hyperten- sive Remodeling des rechten Ventrikels – druckneutral durch die systemische Zirku- lation von Wachstumshormonen – unter anderem auch Aldosteron und Angioten- sin II – bedingt sind. Strukturell resultiert eine Hypertrophie und Fibrose der Wand des rechten Ventrikels. Funktionell resul- tiert früh eine Störung der diastolischen Funktion des rechten Ventrikels und im weiteren Verlauf eine Abnahme der rechts- ventrikulären Auswurffraktion sowie eine rechtsventrikuläre Dilatation mit Entwick- lung einer Trikuspidalinsuffizienz.

Diese Befunde stützen auch die Hypo- these, dass die Hochdruckerkrankung we- sentlich mehr impliziert als eine reine Blut- druckerhöhung. Der hohe Blutdruck, der klinisch einfach zu messen ist, könnte nur ein klinisches Zeichen einer bisher nicht klassifizierten Systemerkrankung sein, die charakterisiert ist durch eine Aktivierung von Wachstumshormonen, die letztend- lich Myokardinsuffizienz und koronare Arteriosklerose verursachen (. Abb. 4).

Fazit für die Praxis

Unter den kardialen Organmanifestatio- nen der arteriellen Hypertonie ist die linksventrikuläre Hypertrophie die au- genscheinlichste und am meisten be- kannte. Allerdings kommt es bei der ar- teriellen Hypertonie auch zu strukturel- len Veränderungen des rechten Ventri- kels, die wahrscheinlich durch die Fortlei- tung der erhöhten LV-Füllungsdrucke in die Pulmonalstrombahn, durch die Inter- aktion zwischen dem rechten und linken Ventrikel und durch die systemische Zir- kulation von Zytokinen und Wachstums- hormonen im Rahmen der Hochdrucker-

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krankung verursacht werden. Entspre- chend können klinische Symptome einer rechtsventrikulären Pumpinsuffizienz wie Beinödeme, Halsvenenstauung und Leberstauung sowie auch eine Trikuspida- linsuffizienz als Folge einer rechtsventri- kulären Dilatation kardiale Manifestatio- nen der systemischen arteriellen Hyper- tonie sein.

Korrespondierender Autor

Prof. Dr. W. Motz

Herz- und Diabeteszentrum Mecklenburg- Vorpommern, Herz-Kreislaufforschung Universität Witten-Herdecke, Klinikum Karlsburg, Greifswalderstraße 11, 17495 Karlsburg E-Mail: Wmotz@t-online.de

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel ge- nannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenz- produkt vertreibt, bestehen.

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Der Internist 10 · 2004

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