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Johann Gottlieb Tielke (1731–1787) und der »Unterricht für die Feldingenieurs«.

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Takuma Melber

Tagungsbericht. Kolloquium zur Militärgeschichte für Nachwuchs­

wissenschaftlerinnen und ­wissenschaftler, veranstaltet vom Wissenschaftlichen Beirat zur Verleihung des Werner­Hahlweg­

Preises, dem Deutschen Komitee für die Geschichte des Zweiten Weltkrieges, dem Arbeitskreis Militärgeschichte und dem Arbeitskreis Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 17. bis 19. Mai 2010, Johannes Gutenberg­Universität Mainz

Um sich über ihre militärhistorisch ausgerichteten Arbeiten untereinander und mit ausgewiesenen Experten der Militärgeschichte auszutauschen, tagten vom 17. bis zum 19. Mai 2010 junge Historikerinnen und Historiker im Senatssaal der Johannes Gutenberg­Universität Mainz. Im Rahmen des Nachwuchskolloquiums, organi­

siert und veranstaltet vom Deutschen Komitee für die Geschichte des Zweiten Welt­

krieges, dem Arbeitskreis Militärgeschichte, dem Arbeitskreis Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit und vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, vertreten durch den wissenschaftlichen Beirat zur Verleihung des Werner­Hahlweg­

Preises, wurden diverse Dissertationsprojekte vorgestellt. In den sich auf insgesamt sechs Panels verteilenden Vorträgen wurde dabei ein breites Themenspektrum der Militärgeschichte abgedeckt, nicht nur was die zeitliche und örtliche Fokussierung, sondern auch militär­ und kulturhistorische Ansätze sowie interdisziplinäre Heran­

gehensweisen anbelangt.

Zunächst richtete sich der Blick der Diskutanten im von Rainer F. Schmidt (Würz­

burg) moderierten Panel »Biografische Perspektiven« auf militärhistorisch relevante Akteure. Carmen Winkel (Potsdam) präsentierte einen für die Militärgeschichte überaus innovativen Ansatz der Netzwerkanalyse: Im Gegensatz zur älteren For­

schung, welche die Rolle des preußischen Königs als zentrale Entscheidungsgewalt in der Auswahl seiner Offiziere betont, untersucht Winkel das preußische Offizier­

korps im 18. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Beziehun­

gen (Verwandtschaft, Freundschaft, Patronage, Landsmannschaft) der Akteure. An­

hand von Fallbeispielen, unter anderem der Familien von Holtzendorff und Bondeli, verdeutlichte Winkel, dass als Auswahlkriterien zum Eintritt in den preußischen Offizierstand nicht etwa Leistung oder Eignung, sondern vielmehr verwandtschaftli­

che und familiäre, aber auch wirtschaftliche Interessen preußischer Adeliger die entscheidende Rolle spielten. Bildungen regelrechter preußischer Militärdynastien waren schließlich die Folge. Sie räumte ein, dass die Zugehörigkeit zum Adel ein wesentliches Kriterium der Vorauswahl der Offiziere darstellte. Allerdings wies die Referentin darauf hin, dass die Standesunterschiede bei Weitem nicht so fest verankert waren, wie von der traditionellen Forschung bislang angenommen. Man darf auf die Endergebnisse der sich vor allem auf Briefmaterial stützenden Studie Carmen Winkels gespannt sein, existieren für die Militärgeschichte zwar Gruppen­

biografien, jedoch kaum Netzwerkbetrachtungen, die ganz neue Einblicke in das Sys­

tem Militär gewähren, wie Peter Lieb (Sandhurst) in seinem Kommentar betonte.

Christian Senne (Hamburg) und Niels Weise (Würzburg) zeigten anhand ihrer Beiträge, dass auch die klassische Einzelbiografie neue und durchaus gewinnbrin­

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gende Erkenntnisse zutage fördert und den militärhistorischen Diskurs anregt.

Anhand der Karriere Curt Ernst von Morgens, der als Forschungsreisender in Ka­

merun, als Militärattaché in Konstantinopel und schließlich als General der Infan­

terie tätig war, verwies auch Senne auf die Bedeutung von Netzwerken innerhalb der preußisch­deutschen Armee: Die militärische Laufbahn und der schnelle Auf­

stieg von Morgens waren wesentlich durch die Vernetzung des Generals im militä­

rischen System sowie die Protektion seines Vorgesetzten Eduard von Liebert be­

stimmt. Einem Netzwerk imperial denkender Offiziere im preußischen Heer gelang durch Stellenbesetzungen im eigenen Sinne durchaus die imperial ausgerichtete Politik des nach Weltmacht strebenden Deutschen Kaiserreichs mitzugestalten, wenngleich es im Offizierkorps der Schutztruppen keinen esprit de corps gegeben hat. Ferner setzte Senne mit Blick auf die in der historischen Forschung diskutierte Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Etablierung von Kolonialgebieten im Zuge des Imperialismus und dem Emporkommen totalitärer Regime einen Ge­

genstandpunkt zur These Hannah Arendts1: War und blieb von Morgen auch nach der Auflösung des Kaiserreichs ein bekennender Monarchist sowie ein Revisionist und zeigte eine gewisse Affinität zum völkischen Denken und einer autoritären Herrschaftsform auf, so war er doch der nationalsozialistischen Bewegung nicht zugeneigt.

Niels Weise richtete den Fokus auf die Zeit der nationalsozialistischen »Schutzhaft«

Theoder Eickes im Jahr 1933 und damit auf einen wenig beleuchteten Teilabschnitt des biografischen Werdegangs des SS­Obergruppenführers und Mitbegründers der Waffen­SS, der vor allem als zweiter Kommandant des Konzentrationslagers Dachau und KZ­Inspekteur traurige Berühmtheit erlangte. Unter Heranziehung des in der »Schutzhaftanstalt« der Würzburger Psychiatrie 1933 angelegten Anamne­

seberichts schlug Weise die »Akte Eicke« neu auf und stellte die dabei gewonnenen Erkenntnisse zum Führungsstil Heinrich Himmlers heraus: So wurde der dama­

lige SS­Oberführer auf Anweisung Himmlers und nicht etwa auf die des pfälzi­

schen Gauleiters Josef Bürckel in die psychiatrische Anstalt eingewiesen. Himm­

ler veranlasste die Entlassung Eickes, um eigene Probleme zu lösen, nämlich den lokalen Konflikt zwischen Bürckel und Eicke zu entschärfen, die gerade vakant ge­

wordene Stelle der Leitung des Konzentrationslagers Dachau in der Person Eickes zu besetzen und im neuen Leiter des KZs Dachau, der seine Berufung als »letzte Bewährungschance« verstand, das Gefühl einer gewissen Abhängigkeit sowie eine loyale Haltung hervorzurufen. Auch diese Studie ist somit vor allem im Rahmen des in diesem Panel diskutierten Netzwerkbegriffs einzuordnen.

In der von Rolf-Dieter Müller (Potsdam) geleiteten und von Volker Schmidtchen (Bochum) kommentierten zweiten Sektion wandten sich Frederic Groß (Tübingen) und Jonathan Zimmerli (Bern) der »Schlacht als Analyseinstrument« zu. Groß stellte aus seinem Dissertationsprojekt zur literarischen Verarbeitung von Kriegserfah­

rungen im Siebenjährigen Krieg die am 1. Oktober 1756 zwischen preußischen und österreichischen Truppen ausgefochtene Schlacht bei Lobositz vor. Dabei fragte er nach Existenz und Reichweite soldatischer Tugenden und Normen mit besonde­

rer Fokussierung der einfachen Soldaten im Angesicht militärischer Gefahr. Groß zeigte auf, dass das militärische Tugend­ und Wertesystem den Interaktionsrah­

men der Akteure festlegte, wobei das Prinzip der Funktionalität die oberste Prä­

misse bildete. War der preußische König für ein normgerechtes Verhalten seiner Soldaten zwar von großer Bedeutung, gab es in realiter dennoch eine gewisse Dis­

krepanz zwischen eingeforderten Normen und dem tatsächlichen Verhalten der

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Soldaten. Normverstöße waren dabei letztlich der militärischen Praxis geschuldet.

Des Weiteren setzte Groß in seiner Betrachtung der Schlacht als militärischem Aus­

nahmezustand übergeordnete Motivationsfaktoren zur Schlachtenteilnahme, wie Glaube, Ehre, Treue und Patriotismus, in Relation zu Faktoren individueller Natur, wie Selbsterhaltungstrieb und Angst. Am Fallbeispiel des Schweizer Söldners Brä­

ker zeigte der Referent, dass die Schlacht als Schockerlebnis zum Ausbruch latenter Unzufriedenheit führen konnte, was in diesem Fall schließlich in der Desertion des Akteurs mündete. Letztlich, so das Fazit, muss der militärische Wertekanon als selbstgeneriertes, standesethisches und nicht als ein oktroyiertes Wertesystem auf­

gefasst sowie die Schlachtenteilnehmer einerseits als Träger andererseits als Produ­

zenten von Normen­ und Wertesystemen verstanden werden. Trotz eines klar er­

kennbaren, übergeordneten Systems soldatischer Normen gilt es stets auch individuelle und standestypisch unterschiedliche Systeme zu berücksichtigen.

Die Verbindung der Elemente einer operationsgeschichtlichen Schlachtenana­

lyse mit Aspekten mentalitätsgeschichtlicher Natur leistete Zimmerli anhand der von ihm erörterten Schlacht im Hürtgenwald (1944). Er schritt dabei von der diesbe­

züglich in der amerikanischen Militärgeschichtsschreibung dominierenden personen­

bezogenen Mikro­ auf eine übergeordnete, strukturelle Probleme und Mentalitäten des US­Offizierkorps betrachtende Makroebene. Auf amerikanisches Archivma­

terial gestützt erläuterte Zimmerli überzeugend, dass das Fortsetzen der Schlacht trotz exorbitant ansteigender Verlustzahlen und des bedenkenlosen Opferns ame­

rikanischer Soldaten durch die Kommandierenden der 1. US­Armee dem von der Marktwirtschaft her bekannten »Hire and Fire«­Prinzip geschuldet war. Die Regel darstellende Einmischung von oben, gekoppelt mit der ständigen Angst vor Ent­

lassung, erzeugten eine enorme soziale Drucksituation innerhalb der US­Armee.

Dieser auf den Kommandierenden der Einheiten lastende soziale Druck hatte schließlich eine zu positive Darstellung der eigenen Leistungs­ und Einsatzfähig­

keit in den Tagesberichten der Divisionen und Regimenter zur Folge, sodass auf höchster Kommandoebene eine völlig verzerrte Wahrnehmung der tatsächlichen Kriegslage vorherrschte. Daher rührte letztlich das sture Festhalten der Entschei­

dungsträger an einer amerikanischen Kriegführung in strategisch gesehen zweit­

rangigem Gelände. Der Taylorismus bestimmte die Mentalität der US­Armee im Zweiten Weltkrieg wesentlich, in welcher der einfache GI nichts weiter als ein bloßes und leicht austauschbares Rädchen der amerikanischen Militärmaschine­

rie darstellte.

Sönke Neitzel (Mainz) wies in seinem Abschlusskommentar in dem von Stefan Karner geleiteten Kolloquiumsabschnitt »Militärische Fremdherrschaft« darauf hin, dass es der historischen Forschungslandschaft noch immer sowohl an synchron als auch diachron vergleichenden Besatzungsstudien mangele und eine verglei­

chende Betrachtung von Phänomenen wie Besatzung noch zu wenig gewagt werde.

Diesen Appell stützend, wurde in dieser Sektion einem österreichisch­ungarischen Beispiel aus dem späten 19./frühen 20. Jahrhundert eine deutsche Okkupations­

studie aus dem Zweiten Weltkrieg gegenübergestellt.

Zunächst stellte Tamara Scheer (Budapest) die Militärpräsenz der Donaumonar­

chie im Sandszak Novipazar/Plevlje vor, wobei sie zunächst den zu beachtenden Sonderstatus des Sandszaks ausdrücklich hervorhob: Aufgrund der aufrecht er­

halten gebliebenen osmanischen Verwaltung ist im Fall Novipazar/Plevlje nämlich von einer Militärpräsenz, jedoch nicht von einer Besatzung im militärischen Sinn zu sprechen. Auf einen breiten Quellenfundus gestützt, der in bosnisch­herzego­

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winischen Archiven lagernde administrative Schriften lokaler Ebene, Memoiren und Reiseliteratur sowie Zeitungen umfasst, zielt Scheer darauf, eine umfassende Sicht auf die österreichisch­ungarische Militärpräsenz zu offerieren. Die Histori­

kerin möchte unter anderem zivile und militärische Strukturen sowie politische Intentionen und Ziele der Entsendungsmacht unter Berücksichtigung entsprechen­

der Verträge und Abkommen aufzeigen. Kooperationen und Dialoge, aber auch Konflikte sollen bei der Begutachtung des Sandszakalltags ebenso wie die Kon­

takte zwischen österreichisch­ungarischen und osmanischen Vertretern zur Spra­

che kommen. Neben der Betrachtung nachbarschaftlicher Einflüsse ist es Scheer zudem wichtig, den Einfluss der k.u.k.­Monarchie als dualistischen Einfluss he­

rauszustellen und damit den Fokus auch auf die oftmals vernachlässigte ungari­

sche Sicht, d.h. auf ungarische Politiker als Policy Maker, zu richten. Wie anhand der Projektvorstellung deutlich wurde, wird auch hier einmal mehr die ein Charak­

teristikum der heterogen erscheinenden Donaumonarchie um 1900 darstellende Vielvölkerproblematik ein zentrales Thema der Studie werden.

Um hinter der Folie des Vernichtungskrieges die Heterogenität des deutschen Ostkrieges hervorzuheben, nahm Jürgen Kilian (Passau) die Wahrnehmung deut­

scher Besatzer des russischen Nordwestens in den Kriegsjahren 1941 bis 1944 un­

ter die Lupe. Im Mittelpunkt seiner Analyse stand die Frage nach der propagan­

distischen Thematisierung und schließlich tatsächlichen Verbreitung des Bildes des »slawischen Untermenschen« innerhalb der Wehrmachttruppen. Diesbezüg­

lich erläuterte Kilian, dass sich für die Wehrmachtsoldaten trotz aller existierender, in einer Frühphase des Ostfeldzugs direkt und indirekt stark propagierter, negati­

ver Stereotype kein einheitliches, sondern vielmehr ein vielseitiges und damit hete­

rogen wahrgenommenes Slawenbild konstatieren lässt. Diverse, überwiegend auf das Kriegsgeschehen reagierende Versuche, das Slawenbild sowie das Verhalten der Besatzer zu normieren und die Besatzung damit effizienter und einheitlicher zu gestalten, scheiterten. Situative Elemente und eine gewisse Eigendynamik der Handlungsweisen deutscher Wehrmachtsoldaten gegenüber der Bevölkerung prägten die Zeit der eher kontrastreich als konform erscheinenden deutschen Be­

satzung des russischen Nordwestens. Die diversifizierten und vielschichtigen Wahrnehmungen der Besetzten seitens der Besatzer zogen schließlich eine facetten­

reiche, wenn auch in ihrer Gesamtheit nicht völkerrechtskonforme Okkupations­

zeit nach sich.

In jüngster Zeit beschäftigen sich zum Teil interdisziplinär angelegte Forschungs­

projekte mit dem schier unerschöpflich erscheinenden Themenfeld der »Erfah­

rungen und Deutungen des Krieges«. Der historischen Forschungsaktualität ge­

schuldet, bildeten daher militärische Wahrnehmungs­, Deutungs­, Denk­ und Erfahrungsmuster den Rahmen der letzten drei Panels und damit ein Kernthema des Kolloquiums.

Zunächst stellte Martin Schmitz (Augsburg) sein Dissertationsprojekt vor, das die militärischen Erfahrungen von k.u.k.­Offizieren im Ersten Weltkrieg im Hin­

blick auf »Formen der Kriegführung« zum Forschungsgegenstand hat. Auch ge­

wisse Rahmenbedingungen, wie das Anforderungsprofil an die Offiziere, die Bedeutung linguistischer Beherrschung seitens der Offiziere für das Leistungsver­

mögen der ethnisch heterogenen k.u.k.­Truppen, oder auch mentalitäts­ und kul­

turgeschichtliche Aspekte, wie die Wahrnehmung des soldatischen Selbst­, aber auch Feindbildes, die Deutung der Kriegsniederlage und die Sinnstiftung des Krieges, werden im Rahmen dieser Studie thematisiert. Auf methodische Vorar­

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beiten des Tübinger Sonderforschungsbereichs »Kriegserfahrungen – Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit« gestützt, zielt Schmitz zudem darauf, auch Aussagen über die militärische Sozialisation der Offiziere zu treffen sowie Übereinstim­

mungen als auch Diskrepanzen von Erwartungen an den Krieg und Erfahrungen im Krieg herauszuarbeiten. Die Arbeit von Schmitz fußt auf einem zweigliedrigen Quellenkorpus: zum einen auf zahlreichen Nachlässen, die Reflexions­ und Korres­

pondenzschriften von Offizieren der österreichisch­ungarischen Armee enthalten, zum anderen auf im Wiener Kriegsarchiv lagernden, dienstlichen Überlieferungen.

Die vorgestellte Arbeit lässt gerade dank des profunden Quellenfundus neue Er­

kenntnisse zum Erfahrungs­ und Deutungshorizont der Offiziere und zum Innen­

leben der k.u.k.­Armee erwarten, wie Christian Hartmann (München) in seinem ab­

schließenden Kommentar zu der von Bernhard R. Kroener (Potsdam) geleiteten Sektion hervorhob.

Auf der aus der britischen Intelligencearbeit hervorgegangenen, einzigartigen Quelle der Abhörprotokolle gründet die Dissertation von Tobias Seidl (Mainz), der sich mit den Wahrnehmungs­ und Deutungsmustern deutscher Generäle beschäf­

tigt. Seidl zeigte in seinem Vortrag anhand der Aussagen 17 gefangener Generäle des Afrikakorps für den Zeitraum Mai 1943 bis Mai 1944 auf, dass sich die Auffas­

sungen und Einstellungen dieses Teils der Wehrmachtgeneräle nicht ohne Weiteres verallgemeinern lassen. Stattdessen sind die Vorstellungen und Deutungen der Generalität vielschichtiger Natur. Sie besitzen sowohl homogene als auch hetero­

gene Züge. Teilweise sind sogar Unterschiede in zentraler und in den Personen­

kreisen um die Generäle Crüwell und von Thoma polarisierter Weise zu erkennen, beispielsweise in der Wahrnehmung und Deutung des politischen Geschehens oder der Einschätzung des weiteren Kriegsgeschehens. Entgegen bisher geltender Annahmen müssen das soldatische Selbstverständnis und Handeln von der poli­

tischen Einstellung getrennt betrachtet werden. Traditionelle Erklärungsansätze greifen hier zu kurz und auch Betrachtungen des militärischen Werdegangs und der Auszeichnungen Einzelner können nur unter Vorbehalt als Indikatoren zur Deutung des soldatischen Ethos Wehrmachtangehöriger herangezogen werden.

Die Abhörprotokolle legen somit zumindest teilweise eine Neubewertung der In­

stitution Wehrmacht und ihrer Akteure nahe. Folglich scheinen im Angesicht die­

ser und weiterer Studien des Forschungsprojektes »Referenzrahmen des Krieges«

das bislang vorherrschende Bild der Homogenität der Wahrnehmungs­ und Deu­

tungsmuster der Wehrmachtgeneralität kritisch hinterfragt werden zu müssen.

Den Chair des sich mit der Antike und der Scharnierzeit zwischen Spätantike und Frühem Mittelalter beschäftigenden Sektion hatte Sven Günther (Mainz) inne.

Andrea Schütze (München) stellte hier einen Teilaspekt ihres Projektes »Domitian – Krieg und mediale Krieger in den Medien der Römischen Kaiserzeit« vor, in dem sie sich mit dem medialen Transfer von Krieg in eine zivile Gesellschaft und deren kriegsmediale Einbindung befasst. Im Zuge der grundlegenden Frage nach dem medialen Kriegserfolg Domitians untersuchte die Althistorikerin in ihrem Vortrag

»69 – ein Kriegstrauma mit Folgen?« die mediale Qualität der realhistorischen Ereig­

nisse zwischen dem 18. und 20. Dezember 69 n.Chr. Sie vertrat dabei die These, dieses Ereignis habe – bislang zu wenig beachtet – für das mediale Verständnis Domitians grundlegende Bedeutung, da nach einer Analyse gemäß DSM­IV2 so­

wohl bei Domitian als auch den Flavianern sowie weiten Teilen der römischen Be­

völkerung eine schwere Kriegstraumatisierung stattgefunden haben müsse. Da­

mit sei für eine ganze Generation eine nicht zu unterschätzende kommunikative

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Konsensgrundlage zwischen Kaiser und Volk geschaffen worden. Das »Ereignis 69« sei nicht nur durch ständige Reinszenierung verarbeitet und memoriert wor­

den, sondern spiegele sich gerade in den vom Kaiser selbst geführten Kriegen wider.

Laury Sarti (Hamburg) erklärte in ihrem Vortrag zur Entstehung des merowin­

gischen Kriegsdienstes, dass das spätrömische Militärwesen keinen Bruch zur Zeit der fränkischen Machtübernahme kannte. Vielmehr hatten sich viele Elemente, die für das merowingische Heerwesen von Bedeutung sein sollten, bereits im Laufe des 5. Jahrhunderts entwickelt. Im Zuge dieser Veränderungen wurde der Krieg­

führende wieder Teil der zeitgenössischen Gesellschaft und deren Erlebniswelt, was mit einem Identitätswandel des als »miles« bezeichneten Soldaten verbunden war. Inwiefern sich dieser bis in die zeitgenössische Begrifflichkeit zur Bezeich­

nung des kriegführenden Waffenträgers niederschlug, erörterte Sarti anhand von Beispielen: So zeigte sie, dass der den Soldaten definierende Begriff des »miles«

nach und nach verschwand und die für die Soldaten verwendete Bezeichnung »ho­

mines christi« neu auftauchte. Die Indizien weisen darauf hin, dass dabei die letz­

ten Soldaten des römischen Imperiums mehr mit den merowingischen Kriegern als den Soldaten der römischen Kaiserzeit gemeinsam hatten. Daneben wurde offen­

sichtlich, dass die Beschäftigung mit aufgrund der Quellenlage verhältnismäßig gut fassbaren Gesellschaftsstrukturen, wie dem sich so grundlegend verändernden, spätrömischen Militärwesen nicht zu unterschätzende Möglichkeiten eröffnet, neue Zugänge zu vergleichbaren Wandlungsprozessen zu erhalten. Dadurch scheinen jene Vorgänge, die zum Ende der Antike führten, besser verständlich zu werden.

Oliver Stoll schloss die Sektion mit seinem Kommentar, in dem er den zur Dis­

kussion gestellten Kriegserfahrungen und ­traumata fokussierenden Beitrag Schützes in den Rahmen des Gesamtkonzepts medialer und kommunikativer Ver­

arbeitung Domitians stellte. Mit dem Hinweis, den Wandel der Spätantike als sehr komplexen Prozess zu verstehen, der sich nicht ohne Weiteres mit der Barbarisie­

rung der Römer und einer gleichzeitigen Romanisierung der Germanen erklären ließe, reicherte er den Beitrag Sartis mit Bemerkungen zum System Militär als in­

tegratives Element an.

Das letzte Kolloquiumspanel leitete Horst Carl (Gießen), dem Felix Römer (Mainz) zur Seite stand.

Einen regionalgeschichtlichen Beitrag aus dem Themenfeld der Gewaltkultur lieferte Stefanie Fabian (Magdeburg), die in ihrer Dissertation Wahrnehmungen und Erfahrungen von Gewalt im Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg im Gebiet des heutigen Sachsen­Anhalt analysiert und zueinander in Relation setzt. In bei­

den Kriegen kam es zu verschiedensten Formen militärischer Übergriffe auf die Bevölkerung, die oftmals existenzbedrohende Folgeerscheinungen wie Hunger oder Seuchen nach sich zogen, wie beispielsweise Plünderungen, Truppeneinquar­

tierungen und ­durchzüge oder Raub von Vieh und Getreide. Für den Siebenjäh­

rigen Krieg lassen sich dabei Formen materieller Gewalt, die Heranziehung von Zivilisten zu Schanz­ und Holzarbeiten oder Vorspanndiensten sowie Geiselnah­

men von Amtspersonen zur Lösegelderpressung nachweisen. In beiden unter­

suchten Kriegen hing die soldatische Gewaltausübung gegenüber Zivilisten dabei wesentlich von der persönlichen Haltung, der Autorität und der Interpretation vor­

gegebener Ordnungen und Normen seitens der kommandierenden Offiziere ab.

Fabian wies jedoch ausdrücklich darauf hin, dass der Dreißigjährige Krieg eine von Furcht und Willkürempfinden durchdrungene Atmosphäre aufwies, während übergeordnete Instanzen im Zeitalter der Kabinettskriege nach und nach mehr

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Wert auf die Einhaltung von Disziplin und Ordnung legten und ein stärkeres Be­

wusstsein für im Kriegsgeschehen erlaubte und unerlaubte Handlungen entwi­

ckelten. Im Siebenjährigen Krieg verstand es die militärische Führung schließlich, diese besser in die Praxis umzusetzen: Soldatische Normverstöße gegenüber Zivi­

listen wurden seitens der Obrigkeit nun stärker geahndet, sodass es zu einem ge­

ordneteren Miteinander von Bevölkerung und Militär im Kriegskontext kam.

Kerstin Bischl (Berlin) stellte im Schlussvortrag einen Teilabschnitt ihrer im fou­

caultschen Sinne kulturgeschichtlich angelegten Dissertation vor, in der sie den Kriegsalltag der Roten Armee und damit Wahrnehmungs­ und Handlungsmuster, Gewalterfahrungen, soziale Dynamiken und Geschlechterdiskurse analysiert. Die im Fokus stehenden Vergewaltigungen deutscher und osteuropäischer Frauen durch Rotarmisten sowie deren sexuelle Übergriffe auf Kameradinnen lassen sich laut Bischl mit Blick auf Sinnstiftungsprozesse, Selbstwahrnehmung und vor allem

­darstellung der Sowjetsoldaten erklären. Die Soldaten übernahmen die innerhalb der Roten Armee existierende, stark propagandistisch indoktrinierte Polarisierung zwischen Heldentum auf der einen sowie Feigheit und Verrat auf der anderen Seite gezwungenermaßen als sinnstiftendes Deutungsraster des eigenen Seins und Han­

delns. Die Ausübung von Gewalt spielte dabei eine wichtige Rolle für den Verge­

meinschaftungsprozess, vor allem aber die Fremd­ und Selbstwahrnehmung der Rotarmisten als »Helden«. Die geschlechtsspezifischen Rollen, mit dem wehrhaf­

ten, die Heimat verteidigenden Mann als Soldaten auf der einen und der Frau als Symbol des zu schützenden Vaterlandes auf der anderen Seite, waren klar verteilt.

Wie Bischl anhand von Plakaten in Wort und Bild illustrierte, waren im Deutungs­

horizont der Rotarmisten Alkoholkonsum, Gewaltbereitschaft und heterosexuelle Aktivität als Attribute der Männlichkeit an das entsprechende Rollenmodell ge­

koppelt, was schließlich sexuelle Übergriffe auf Frauen zur Folge hatte. Dank der Einsichtnahme von Egodokumenten gewährt die Studie besondere Einblicke in das Innenleben der Roten Armee, sodass man auf zahlreiche neue, die Studie Cathe­

rine Merridales genderspezifisch ergänzende Erkenntnisse gespannt sein darf3. Das Kolloquium bildete schließlich einen angemessenen Rahmen für die 10. Verlei­

hung des Werner­Hahlweg­Preises für Militärgeschichte und Wehrwissenschaften.

Für ihre Studien wurden Tanja Bührer (Bern), Rüdiger Bergien (Potsdam), Christian Kehrt (Darmstadt), Martin Clauss (Regensburg) und Wencke Meteling (Marburg) aus­

gezeichnet.

Als Fazit bleibt zu konstatieren, dass eine Wiederholung eines solchen Kolloqui­

ums, verstanden als Plattform des wissenschaftlichen Austausches zwischen mili­

tärgeschichtlichen Experten und jungen Militärhistorikerinnen und ­historikern, äußerst zu begrüßen ist, wie anhand der anregenden und teils kontrovers geführten Diskussionen zwischen Referierenden und Auditorium deutlich wurde. Vorgestellte Arbeiten der Nachwuchswissenschaftlerinnen und ­wissenschaftler lassen für die Zukunft nicht nur fachlich spezifische Erkenntnisgewinne, sondern auch erheb­

liche Impulse in Form neuer Ansätze, Blickwinkel und Methoden für die deutsche Militärgeschichte und andere geschichtswissenschaftliche Disziplinen erwarten.

1 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Antisemitismus, Imperialis­

mus, Totalitarismus, 12. Aufl., München [u.a.] 2008.

2 Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Ein statistisches Standardverfahren.

3 Catherine Merridale, Iwans Krieg: die Rote Armee 1939 bis 1945, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2006.

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Marcus von Salisch

Johann Gottlieb Tielke (1731–1787) und der »Unterricht für die Feldingenieurs«.

Anmerkungen zur Edition der Handschrift von 1769

Die Bibliothek des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Potsdam verfügt unter ihren rund 250 000 Bänden und über 200 laufenden Fachzeitschriften über historische Bestände von herausragender bibliophiler Attraktivität. In der Samm­

lung befinden sich auch mindestes 307 Handschriften1, die bislang kaum wissenschaft­

lich bearbeitet wurden. Sie bieten aufgrund ihrer Heterogenität vielfältige Möglichkei­

ten der Nutzung. Die Handschriften erscheinen nicht nur geeignet, das Militär des 18.

und des 19. Jahrhunderts aus ereignis­, operationsgeschichtlicher und militärtechnischer Perspektive zu untersuchen. Im Sinne einer modernen Militärgeschichte (bzw. einer

»Militärgeschichte in der Erweiterung«2), können sie auch als Quellen für sozial­ und kulturgeschichtliche Fragestellungen taugen. Sie verdienen es außerdem, im Spiegel militärischer Biografik analysiert zu werden. Zudem bieten sie zahlreiche Anknüpfungs­

punke für weiterführende Untersuchungen zur Militärpädagogik und ­aufklärung.

Neben den Reprints der mehrbändigen »Uniformkunde« von Richard Knötel3 soll auch die folgende in Vorbereitung befindliche Edition einen Beitrag dazu leis­

ten, den Bekanntheitsgrad dieser Werke zu erhöhen, und den interessierten Leser zum vertieften Studium und zur wissenschaftlichen Auswertung anregen. Es han­

delt sich um die Schrift »Unterricht für die Offiziers die sich zur Feldingenieurs bilden, oder doch den Feldzügen mit Nutzen beywohnen wollen. Durch Beyspiehle aus dem letzten Krieg erläutert und mit nöthigen Plans versehen«4.

Als Verfasser dieses breit rezipierten Werkes5 ist der »Churfürstlich Sächsische Artillerie Hauptmann und der Leipsiger Gesellschafft der freyen Künste Ehren Mittglied« Johann Gottlieb Tielke auszumachen. Obgleich heute kaum noch be­

kannt, gehörte er als Autor zahlreicher militärwissenschaftlicher Werke in der zwei­

ten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu den bestimmenden Protagonisten der militä­

rischen »Gesellschaft der Aufklärer«. Obwohl die Aufklärung in jener Zeit ihre Spuren wohl »überall«6 hinterlassen hat, wurde von der historischen Forschung doch erst in letzter Zeit betont, dass Militär und Krieg auch ein erheblicher Bestand­

teil der aufgeklärten Debatten waren. Tielkes Biografie ist deshalb nicht nur auf­

grund seines facettenreichen und mühsamen Lebensweges von Interesse. Als räso­

nierender Autodidakt und »hochqualifizierter Artillerist niederer Herkunft«7 fand er sich als Lehrer (ähnlich wie sein preußisches »Pendant« Gerhard von Scharn­

horst) lange Zeit in »Nischen« abseits der militärischen Hierarchien wieder – ein­

schließlich der entsprechenden negativen Konsequenzen materieller Art, die durch seine publizistische Betätigung keineswegs gelindert wurden. Vor allem die über­

durchschnittliche Leistung war für ihn eine Chance zum »Ausbruch« aus diesen bescheidenen Verhältnissen. Er suchte in diesem Zusammenhang auch mehr oder weniger bewusst die Nähe zu einflussreichen Kreisen, wobei ihm der zumeist hie­

rarchiefreie Diskurs unter den aufgeklärten Militärs zugutekam.

Im späteren 18. Jahrhundert beschäftigten sich die Militäraufklärer nicht aus­

schließlich mit militärfachlichen Detailproblemen. Die Grenzen zu den das Verhält­

nis von Militär, Gesellschaft und Politik berührenden Fragen waren zunehmend fließend8. Der Siebenjährige Krieg wirkte hierbei als Katalysator9. Wesentliche Im­

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pulse erhielt die Debatte von einer »jüngeren [...] Offiziersgeneration, die in den späten 1770er und immer stärker in den 1780er Jahren mit Denkschriften auf zahl­

reiche Missstände beim Militär hinwiesen«10. Diese Offiziere gehörten häufig der Artillerie und den technischen Truppen an, deren im Durchschnitt höherer Bil­

dungsgrad gewissermaßen die Klammer zur aufgeklärten Öffentlichkeit darstellte.

Ihre Ideen waren nicht selten Grundlage heftiger Kontroversen; ihre Schriften wur­

den daher oft in anonymer Form veröffentlicht11.

Während sich die Untersuchungen zur deutschen Militäraufklärung bislang überwiegend auf das preußische Heer konzentrierten12, darf jedoch nicht überse­

hen werden, dass in Kursachsen als einem Zentrum der Aufklärung auch in Mili­

tärkreisen ebenfalls über notwendige Veränderungen im Stehenden Heer debattiert wurde – wobei dieser Diskurs typischerweise auch zahlreiche Impulse aus dem

»Ausland«, etwa aus dem preußischen Militär, erhielt13. Der Entstehungszeitraum des »Feldingenieurs« fällt somit auch im kursächsischen Heer in eine Phase gestei­

gerter aufklärerischer Tätigkeit in Militärkreisen. Dort verschwammen bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die einst beinahe unverrückbaren Gren­

zen zwischen den Dienstgradgruppen. Als Repräsentanten der von der Forschung bislang wenig beachteten militärischen »Mittelschicht« partizipierten beispiels­

weise auch Feldwebel aktiv an der aufgeklärten Debatte14. Neben den allgemeinen Dienstbedingungen, den sozialen Verhältnissen der Soldaten oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit bezog sich der Diskurs auch ganz wesentlich auf militärthe­

oretische Fragen. Dies war wiederum kennzeichnend für den Wandel von der

»Kriegskunst« zur Kriegswissenschaft. In diesem Zusammenhang ordnete bereits die Militärgeschichtsschreibung der DDR Johann Gottlieb Tielke dem Kreis derje­

nigen Militärs zu, deren Wirken durch ein »Streben nach wissenschaftlicher Unter­

suchung« gekennzeichnet war, also »über die Beschreibung der Schlachten und Feldzüge« hinausging15.

Zu Leben und Werk Tielkes

Johann Gottlieb Tielke (auch Tielcke), 1731 als Sohn eines Amtmannes und Päch­

ters auf Schloss Tautenburg bei Naumburg geboren, schlug nach dem frühen Tod seines Vaters 1751 eine militärische Laufbahn ein16. Von Beginn an machte er durch seine Begabung im Zeichnen militärischer Gegenstände und in der Anfertigung taktischer Pläne, etwa von abgehaltenen Manövern, auf sich aufmerksam. So wurde er im Jahre 1753, als die sächsische Armee unter dem Kommando von Friedrich August Graf von Rutowski bei Übigau ein Exerzierlager abhielt17, mit der Auf­

nahme des Lagers und der Umgebung beauftragt – für ein zeichnerisches Talent keine ungewöhnliche Aufgabe in einer Zeit, in der das Vorhandensein militärisch nutzbarer Karten eher Ausnahmen waren und häufig, wie etwa im friderizia­

nischen Preußen, als »Staatsgeheimnisse« galten18. Der württembergische Offizier und Militärtheoretiker Ferdinand Friedrich von Nicolai (1730–1814) schrieb 1770 über die Bedeutung von guten Fähigkeiten im Zeichnen von Karten und Plänen:

»So kann man doch behaupten, daß sie [die Zeichenkunst] denjenigen, welche die Geschütz­Kunst und die Kriegs­Baukunst zu ihrem besonderen Beruffe er­

wählen, nöthig, und dem Infanterie­Officier sowohl als dem von der Reuterey

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in vielen Fällen sehr nützlich seye [...] Hierzu ist aber vornehmlich nöthig, daß der Officier sich eine Ferttigkeit erwerbe, nach dem bloßen Augenmaaße ohne Zuthun eines Instruments aufzunehmen, und das nach dem Auge aufgenom­

mene aus freyer Hand, nach den Gesetzen der Ähnlichkeit, auf dem Papier auf diejenige Weise und durch diejenigen Bezeichnungen vorzustelen, welche bey militärischen Plans zur allgemeinen angenommenen Mode und Regel worden sind19

Aufgrund seiner Begabung und wissenschaftlichen Interessen erhielt Tielke die Möglichkeit, neben seiner artilleristischen Ausbildung auch an den Unterrich­

tungen der Feldingenieure an ihrer zentralen Bildungseinrichtung, der Ingenieur­

Akademie in Dresden, teilzunehmen20. Bei den Ingenieuren herrschte das »Leis­

tungsprinzip« in viel stärkerem Maße als in der übrigen Armee. So sollten vor allem Talent, Fleiß und umfassende wissenschaftliche Kenntnisse über das »Avancement«

entscheiden. An der Akademie wurde unter anderem Mathematik, Geometrie, Feldbefestigungswesen, Festungskrieg, Geografie, Mechanik und Architektur ge­

lehrt. Über die Leistungen der Ingenieuraspiranten verfassten die (von der For­

schung bislang kaum beachteten21) zivilen Lehrer in regelmäßigen Abständen Be­

richte22. Zu den Aufgaben und Herausforderungen der »Feldingenieurs« schrieb Johann Gottlieb Tielke später selbst:

»In Franckreich heißen dergleichen Officiere Ingenieurs Geographes23. Sie sind von Vestungs Ingenieurs gaentzlich unterschieden [...] In Deutschland werden zu diesen posten gemeiniglich Officiere vom Ingenieur Corps genommen [...]

alsdan ergiebet sich gemeiniglich an solchen Persohnen ein großer Mangel.«

Die Aufgaben des Ingenieurs bestanden, so Tielke weiter, darin

»1. Eine gegend oder feindliche Position zu recognoscieren, und rapport davon zu erstatten.

2. Den Marsch einer Armee anzugeben und zu führen.

3. Wege auszubessern, und gantz neue Wege anzulegen und zu verfertigen und Brücken zu schlagen.

4. Ein Lager oder Stellung zu waehlen, anzugeben und auszustecken.

5. Ein Lager oder einen Posten zu verschanzen. und 6. Gegenden aufzunehmen und im Ris zu bringen24

Der Ingenieurdienst war durch vier wesentliche Merkmale geprägt:

»Erstens die Fixiertheit auf den schriftlichen und bildlichen Bericht, zweitens die unsichtbare Präsenz der Ingenieure im Felde und die daraus resultierenden Kenntnisse bzw. Unkenntnisse und drittens das gemeinsame Agieren mit leich­

ten Truppen [...] Die genannten Aspekte spielen viertens in das professionelle Dienstverständnis dieser Gruppe hinein25

Mit ihren typischen Instrumenten – Messkette, Kompass und Fernrohr – ausgestat­

tet, operierten die Ingenieure zumeist selbstständig im Angesicht des Feindes. Ihre Angaben und Erkundungsergebnisse hatten oft großen Einfluss auf die Entschei­

dungen des Feldherrn. Als »heimliche Stars in den Feldszenarien«, als »Augen«

der Heerführer, entschieden sie damit indirekt über den Erfolg der militärischen Operationen26. Die Militäringenieure bildeten im Heer eine kleine und »exotische«

Gruppe von zum selbstständigen, militärisch und persönlich verantwortungsvollen Handeln befähigten Soldaten, die sich in erster Linie über ihre wissenschaftliche Expertise sowie ihre besonderen militärischen Einsatzgrundsätze definierten. Eng mit dem eigenverantwortlichen, d.h. nicht beaufsichtigten Einsatz ging zwangs­

läufig ein hohes Maß an Loyalität gegenüber dem Dienstherren einher. Angesichts

(11)

dieser umfangreichen Aufgaben und hohen Verantwortung erscheinen auch Tielkes weitere Ausführungen plausibel: »Die Ingenieurs sind weit mehr und eher als alle andere officiers ausgesetzet, Freyheit, Leben, ja wohl gar die ehre zu verliehren. Es ist ihnen dahero Unerschrockenheit und gegenwart des Geistes sehr nöthig.«

Demjenigen, der »die bequemlichkeit mehr als die ehre liebet, oder einen schwachen Körper hat«, rät er »wohlmeynend«, einen solchen Dienst »nicht zu suchen«27.

Als die sächsische Armee zu Beginn des Siebenjährigen Krieges bei Pirna meh­

rere Wochen von den Truppen Friedrichs II. eingeschlossen wurde, befand sich auch Tielke unter den belagerten Soldaten. Jedoch gelang ihm die Flucht aus dem Lager und er entging somit der preußischen Kriegsgefangenschaft, in die ein Groß­

teil der sächsischen Truppen nach der Waffenstreckung am 16. Oktober 1756 ge­

riet28. Tielke floh nach Warschau und verbrachte die nächste Zeit in der Umgebung des dort weilenden sächsischen Hofes. Bekanntheit erlangte er durch Zeichnungen und Pläne zu den bisherigen Ereignissen des Krieges, die er nach den eingehenden Berichten anfertigte. Ein besonderes Exemplar widmete sich der Schlacht bei Ko­

lin, wo am 18. Juni 1757 sächsische Kavallerieregimenter, die der Gefangennahme bei Pirna entgangen waren, an der Seite österreichischer Truppen den ersten be­

deutenden Sieg gegen die preußische Armee errungen und damit deren Nimbus der »Unüberwindbarkeit« in offener Feldschlacht gebrochen hatten. Nicht nur Ma­

ria Theresia sprach vom »Geburtstag der Monarchie«, auch für den gedemütigten sächsischen Hof war dieser Erfolg von enormer Bedeutung29. Aufgrund der Qua­

lität seiner Arbeit wurde Tielke schließlich dem sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. (1696–1763) bekannt30.

Der spätere Herzog von Kurland, Prinz Carl von Sachsen (1733–1796), wohnte 1758 dem Feldzug der russischen Armee bei und berief Tielke als Feldingenieur in sein Gefolge. In dieser neuen Funktion wurde er unter anderem Zeuge der Belagerung von Küstrin, der Schlacht bei Zorndorf und der Belagerung von Kolberg. Am Feldzug des Jahres 1759 nahm Tielke im österreichischen Heer teil. Dort machte er die Bekannt­

schaft mit den sächsischen Prinzen Clemens (1739–1812) und Albert Kasimir (zu­

meist Albrecht genannt, 1738–1822). Auch Feldmarschall Leopold Joseph Graf von Daun wurde auf seine Arbeiten aufmerksam. Im Jahre 1760 befand sich Tielke im Gefolge der beiden sächsischen Prinzen beim österreichischen Heer und wurde während der Schlacht bei Torgau leicht verwundet. In der Zeit der Winterpause er­

nannte ihn Kurfürst Friedrich August II. außer der Reihe zum »Souslieutenant«.

Die »Winterpausen« zwischen den Feldzügen nutzte Tielke zumeist für die Aufbereitung der Studien aus den vergangenen Gefechten und Belagerungen. 1762, im letzten Kriegsjahr, wohnte er noch den Gefechten bei Burkersdorf und Reichen­

bach bei. Wie aus seinen Briefwechseln hervorgeht, hatte er während all dieser Feld­

züge etwa 9600 Kilometer zurückgelegt31!

Offenbar hatte ihn Prinz Albert, der spätere Herzog von Teschen32, während der gemeinsam erlebten Kriegsjahre schätzen gelernt, denn er äußerte sich noch viele Jahre später lobend über Tielke33. Auch Tielke muss große Sympathien für den Prinzen gehegt haben, wie etwa die sentimentale »Zueignungsode« belegt, die dem »Feldingenieur« vorangestellt ist34. Johann Gottlieb Tielke hatte während des Siebenjährigen Krieges in seiner Funktion als Feldingenieur Berührung mit fast al­

len bedeutenden Armeen der anti­preußischen Koalition und deren Befehlsha­

bern35. Er erhielt somit Einblick in die Einsatzgrundsätze, die Führungskultur und das Innenleben anderer Heere. Zwar ergaben sich nur geringe Kontakte zur fran­

zösischen Armee, deren Ingenieurwesen zu dieser Zeit als besonders fortschritt­

(12)

lich galt36. Dennoch verfügte er durch seinen breiten Erfahrungshorizont nun über ein hohes Maß an vergleichenden Perspektiven – eine wichtige Voraussetzung für sein späteres Wirken als Militärschriftsteller.

Nach dem Frieden zu Hubertusburg 1763 wurde das sächsische Heer unter dem Feldmarschall Johann Georg »Chevalier de Saxe« (1704–1774) neu formiert und umfassend reorganisiert37. Johann Gottlieb Tielke leistete als »Premierlieute­

nant« – offenbar ohne festen Status – weiterhin Dienst bei der Artillerie; sein Stand­

ort war fortan Freiberg, wo sich ein Großteil des sächsischen Artilleriekorps be­

fand. Die Stadt hatte sich spätestens mit der Gründung der Bergakademie 1765 und der Bergschule 1775 zum Lehr­ und Wissenschaftsstandort entwickelt38. Sie wurde ihm fortan Garnison und Heimat39. Hier widmete sich Tielke seinen mili­

tärwissenschaftlichen Studien und vermittelte, da es noch keine vereinheitlichte Ausbildung an einer Artillerieschule gab, dem Artilleristennachwuchs die hierbei gewonnenen Kenntnisse. Zudem besuchte er die Leipziger Kunstakademie und wirkte als Mitglied der dortigen »Gesellschaft der freien Künste«.

Als Militärschriftsteller wollte Johann Gottlieb Tielke seine Erkenntnisse nicht nur lehrend vermitteln, sondern auch einem breiteren Publikum zugänglich ma­

chen. Im Vordergrund sollte dabei weniger die theoretische Reflexion über das Kriegswesen, sondern vor allem seine praxisnahe Darstellung stehen. Im Jahre 1769 erschien mit dem »Feldingenieur« das erste Ergebnis seiner militärwissenschaft­

lich­pädagogischen Arbeit. Dass sich der Artillerist Tielke mit dem Metier der In­

genieuroffiziere befasste, erscheint nur auf den ersten Blick ungewöhnlich, waren doch Ingenieur­ und Artilleriewesen in jener Zeit sehr häufig eng verzahnt. Die im Felde eher »unsichtbar« wirkenden »Protagonisten der Nahaufklärung«, die mit Ingenieuraufgaben betrauten Offiziere, waren nach dem Siebenjährigen Krieg durchaus an der kriegswissenschaftlichen Reflexion beteiligt40. Scharnhorst räumte jedoch ein:

»Es ruhet auf ihnen ein Druck, der auch die vorzüglichsten Köpfe erstickt. Wir haben von allen Waffen Officiere, die durch ihre Schriften gezeigt, daß sie daß ganze Gebiet der Krieges­Kunst durchwandert haben [...], aber vergebens sucht man darunter einen Ingenieur, der doch vorzüglich der Gelehrte im Militair sein sollte. Selbst die Fortification, die Berufs­Wißenschaft der Ingenieure, ist sie nicht in unsern Zeiten von Belidor, Montalembert, Gaudi und Tielke [...] be­

arbeitet41

1769, im Erscheinungsjahr des »Feldingenieurs«, wurde Tielke zum »Stabskapi­

tän« befördert. 1775 folgte dann der erste Teil seines umfangreichsten Werkes, der

»Beyträge zur Kriegs­Kunst und Geschichte des Krieges von 1756 bis 1763«. Mit diesen Schriften wurde Tielke vollends zu einem der Protagonisten der »militär­

wissenschaftlichen Öffentlichkeit«, des aufgeklärten militärwissenschaftlichen und grenzüberschreitenden Diskurses42. Anders als etwa Scharnhorst stand Tielke dem preußischen Dienst jedoch auf Dauer ablehnend gegenüber. Friedrich II., der be­

reits durch die erste Ausgabe des »Feldingenieurs« auf ihn aufmerksam geworden war, bemühte sich trotz Versprechungen materieller Art und der Eröffnung glän­

zender Karriereaussichten vergeblich um einen Übertritt des sächsischen Offi­

ziers43. Dies galt auch für die Jahre nach dem Bayerischen Erbfolgekrieg von 1778, in dem Tielke als Kapitän eine sächsische Batterie kommandierte und in der ver­

bündeten preußischen Armee persönlich bekannt wurde. Ohnehin pflegte Tielke in diesen Jahren eine rege Korrespondenz und einen Austausch von Schriften. Zu den Adressaten gehörten neben Scharnhorst und dem sächsischen General Karl

(13)

Friedrich von Froeden (1725–1793) auch weitere Freunde und Gönner: darunter Herzog Karl August von Weimar, zahlreiche preußische sowie englische und fran­

zösische Offiziere. Kaiser Joseph II. verlieh ihm die goldene Medaille seiner Militär­

akademie. Diese Kontakte dienten dem Militärschriftsteller nicht zuletzt zur Beschaf­

fung von Quellen und zur Diskussion seiner Niederschriften. Neben Monarchen und namhaften Militärs korrespondierte Tielke unter anderem auch mit Johann Christoph Gottsched, Friederike Caroline Neuber (der »Neuberin«) sowie dem kurfürstlichen Hofmaler und Leipziger Akademiedirektor Adam Friedrich Oeser, dem Zeichenlehrer Goethes. Auch mit Goethe selbst kam es offenbar in Leipzig zu einer Begegnung44. Tielkes Haus in Freiberg wurde ein »geistiges Zentrum«, eine Anlaufstelle von Militärs und namhaften Persönlichkeiten, wo der Geist galt und nicht der Stand45.

Seine nachlassende Gesundheit setzte Tielkes Schaffen in den letzten Lebens­

jahren engere Grenzen. 1786 konnte er noch den letzten Teil der »Beyträge zur Kriegs­Kunst« fertigstellen. Im Jahre 1787 verstarb Johann Gottlieb Tielke in Frei­

berg im Alter von 56 Jahren an einem Schlaganfall. Er wurde mit militärischen Eh­

ren in Freiberg beigesetzt. In seiner Grabrede hieß es:

»Ein sanftes Herz, eine geprüfte Redlichkeit, eine gelassene Zufriedenheit in unangenehmen Vorfällen, dagegen Verabscheuung aller List und Falschheit, waren die einleuchtenden Züge seines Charakters. Mit einem Worte, von un­

serem erblaßten Freunde kann man mit Wahrheit sagen: Er war ohne Falsch und gewiß ein großer ehrlicher Mann46

Nach dem Tode Tielkes erwarb der sächsische Kurfürst Friedrich August III., der Bruder des verehrten Albrecht, Tielkes Sammlung von Karten und Plänen sowie seine sonstigen Aufzeichnungen47. Auch gewährte er den Hinterbliebenen eine Pension48.

Tielkes schriftstellerisches Wirken wird neben dem »Feldingenieur« vor allem mit den »Beyträgen zur Kriegs­Kunst« in Verbindung gebracht. Er schrieb jedoch auch Gedichte und Lieder49. Zudem verfasste er noch »moralische« Schriften, wozu etwa die Abhandlung über die »Eigenschaften und Pflichten eines Soldaten« von 177350 zählt. Mit seinen Überlegungen zu den zentralen Eigenschaften des Solda­

ten, wie etwa Kühnheit, Geistesgegenwart, Wahrheitsliebe und Standhaftigkeit, greift Tielke ein zentrales Thema der Militäraufklärung des späteren 18. Jahrhun­

derts auf51. Er sah im einfachen Soldaten nicht mehr die durch Drill dressierte »Ma­

schine«, die als anonymes Rädchen im Getriebe des Heeresapparates zu funktio­

nieren hatte52. Im Sinne des mit der unmenschlichen militärischen Praxis zunehmend kontrastierenden aufgeklärten Humanitätsgedankens – sicher spiegelten sich hier auch die Verbindungen zu den Protagonisten der Weimarer Klassik wider – er­

blickte Tielke im Soldaten in erster Linie einen Menschen und gestand ihm etwas zu, was bislang überwiegend dem adeligen Offizier vorbehalten war: Ehre.

Wie erwähnt, verdankte Tielke seinen Ruf als Militärschriftsteller neben dem

»Feldingenieur« vor allem seinem Werk »Beyträge zur Kriegs­Kunst«53. Ähnlich wie der sechs Jahre zuvor erstmals erschienene »Feldingenieur« erregten auch die mit aufwendigen Stichen und Plänen versehenen »Beyträge« hohe Aufmerksam­

keit. Ein preußischer Offizier wurde 1775 von Friedrich II. extra nach Freiberg ge­

sandt, um den ersten Band »Das Treffen bey Maxen, nebst einer Abhandlung von dem Angriff und Vertheidigung unverschanzter Anhöhen und Berge, mit Plans«54 gewissermaßen druckfrisch abzuholen55. Der Historiker Ludwig Mollwo urteilte später über dieses Werk: »Von allen Darstellungen aus dem vorigen Jahrhundert

(14)

über die Kapitulation [des Generals Finck bei Maxen] ist es eine einzige, welche wirklich selbständige und zuverlässige Nachrichten bietet.« Er charakterisierte den Zeitzeugen und Militärschriftsteller Tielke als »sehr ruhigen, objektiven, scharfblickenden und zuverlässigen Menschen«56. Die weiteren Bände der »Bey­

träge« nehmen ebenfalls zentrale Ereignisse des Siebenjährigen Krieges in den Blick57. Die Auswahl des Inhaltes basiert in erster Linie auf den persönlichen Kriegserfahrungen Tielkes. Dabei wollte er nicht auf die Werke anderer Militär­

schriftsteller zurückgreifen und »strengste Unpartheilichkeit« obwalten lassen58. Nebenbei bemerkt gelangte er zu einer der wichtigsten Erkenntnisse der Militär­

geschichte, nämlich dass die meisten Schlachten ungeachtet aller Feldherrenkunst

»durch einen ungefähren Zufall, ja oft eine Kleinigkeit, entschieden worden«59.

»Tielks [sic!] Beyträge zur Krieges­Kunst und Geschichte des Krieges enthalten so­

wohl für die Gefechtslehre und die Anordnung des Geschützes in Treffen, als für die Belagerungskunst und für Feldverschanzungen nützliche Beispiele«60, urteilte Scharnhorst. Die »Beyträge zur Kriegs­Kunst« sind somit mehr als eine Rekon­

struktion der historischen Ereignisse. Sie besitzen Lehrbuchcharakter, indem sie eine militärische Situation ansprechen, sie beurteilen und daraus entsprechende Folgerungen für das militärische Handeln ableiten. Sie dienten somit der Unter­

weisung, der »Selbstaufklärung« der militärischen Führungsschicht, und waren daher nicht zuletzt als eine Ergänzung zum »Unterricht für die Feldingenieurs«

zu verstehen.

Insgesamt zeigt das Wirken Johann Gottlieb Tielkes die Möglichkeiten und Grenzen eines aufgeklärten Militärs bürgerlicher Herkunft im späteren 18. Jahr­

hundert auf. Ein hohes Maß an Fleiß, gepaart mit kompromissloser Gründlichkeit, eine von Dünkeln des Standes freie Professionalität, aber auch Wohlwollen von Gönnern machten Tielke zum gefragten Militärexperten, zum Aufsteiger aus be­

scheidenen Verhältnissen. Seine fachliche Überlegenheit stand in starkem Kontrast zur beruflichen Zurücksetzung: Die militärische Karriere verlief in überschaubaren Dimensionen. Dieser Umstand war aber sicherlich auch seinem relativ frühen Tod geschuldet. Tielke war alles andere als ein »Karrierist«. Er erlebte zudem kein

»1806«, keine einschneidende Zäsur, die zugleich eine enorme Chance für bürgerli­

che Aufsteiger bedeutete. Vielleicht wurde eine umfangreichere Würdigung Tielkes durch die spätere Historiografie jedoch auch durch den Umstand verhindert, dass er in der sächsischen und nicht in der preußischen Armee Dienst geleistet hatte.

Der »Feldingenieur« von 1769

Zum rechten Maß im Wechselspiel zwischen theoretischer und praxisnaher Aus­

bildung der militärischen Führer schrieb bereits Hannß Friedrich von Fleming:

»Man muß ihre Lehr­Sätze [der Wissenschaften] und Regeln erstlich auf dem Pappier lernen, hernach aber sie auch im Felde appliciren können. Es sind viele grosse Mathematici, die ihre Figuren auf dem Pappier treflich aufzureißen wis­

sen, und die weit läuffigsten Demonstrationes ihnen Untergebnen vormachen, wenn sie aber eine Figur auf dem Felde abstecken, oder etwas abmessen sol­

len, sind sie in der größten Unwissenheit, wie sie es angreiffen61

(15)

Ausdruck dieser pragmatischen Orientierung waren zahlreiche Unterrichtswerke und Bücher zum Selbststudium. Die Zielgruppe bildeten zumeist die jungen Offi­

ziere. Tielke wollte mit dem »Feldingenieur« militärischen Führern ein Handbuch präsentieren. Offenbar schwebte ihm vor, den Inhalt der zahlreichen militärwis­

senschaftlichen Werke, die in diesem Zeitraum in verschiedenen Ländern und Sprachen entstanden waren, in einer Art »Kompendium« zusammenzufassen.

Adressaten seines Werkes sind weniger »diejenigen welche durch guten Unterricht und beygewohnten Feldzügen bereits alles [...] so gut oder noch besser wissen«, auch nicht jene Offiziere, die »glauben das ihnen ihr Stand schon Vorzüge genug giebet, und sie nicht dem Vaterlande, sondern selbiges ihnen zu dienen verbun­

den sey«, sondern »diejenigen [...] welche sich zu ihrem Stande ausbilden, und ih­

rem Herren nützlich und rühmlich dienen wollen«. Hinsichtlich seiner Quellen räumte Tielke freimütig und bescheiden ein, dass er »in einer von bereits so vie­

len, besonders Frantzösischen Schriftstellern abgehandelten Wissenschaft [...] frey­

lich wenig neues« anführen könne62.

Tielke setzte es sich zum Ziel, die Zugangsschwellen zu seinem Werk über­

schaubar zu gestalten. Dies bezieht sich sowohl auf den Kostenfaktor sowie auf den vorausgesetzten Bildungsgrad. Um ein möglichst breites Publikum unter den wissbegierigen Offizieren zu erreichen – auch diejenigen, »welche gar nichts von der Mathematick wissen« –, wollte er »als ein Deutscher« bewusst »rein« schrei­

ben, das heißt »fremde Wörter« möglichst vermeiden bzw. sich nur auf den im mi­

litärischen Sprachgebrauch geläufigen Fremdwortschatz beschränken. Indirekt verfolgte Tielkes Schrift hiermit durchaus auch »nationalpädagogische« Zwecke63. Zudem verzichtete Tielke auf arithmetische Formeln und umständliche geome­

trische Betrachtungen. Mathematische Herausforderungen behandelte er aus dem Blickwinkel ihrer praktischen Anwendung.

Hinsichtlich des Inhaltes zerfällt die Schrift in drei Teile sowie einen umfang­

reichen Anhang. Die Teile »Von Maerschen und Laegern«, »Von Feld­Arbeit« und

»Vom Aufnehmen« gliedern sich wiederum in mehrere »Hauptstücke« mit ver­

schiedenen Paragrafen. Da die Handschrift keine Seitenzahlen aufweist (der Ge­

samtumfang beträgt ca. 270 Seiten), werden bibliografische Angaben durch dieses System zumindest erleichtert.

Tielkes Werk eröffnet mit einer allgemeinen Einführung zum zeitgenössischen Feldingenieurwesen, zu den Aufgaben und zum Anforderungsprofil des »Ingeni­

eur­Geographe«. Mit seinen späteren Einlassungen zur Lagerkunst berührte Tielke nach eigenen Worten »eines der aller wichtigsten Stücke der Krieges Kunst« – und ein von der neueren Militärgeschichtsforschung weitgehend vernachlässigtes Kapitel64. Der »Feldingenieur« befasst sich also zum größten Teil mit Betrachtungen über defensive Strategie. Dem geübten Blick für das Gelände, dem »coup d’œil«, wird hierbei eine zentrale Bedeutung beigemessen. Tielke illustrierte seine Aus­

führungen mit mehreren Schaubildern und kriegsgeschichtlichen Beispielen. Im zweiten Teil »Von Feld­Arbeit«, der zugleich der umfangreichste des Werkes ist, formulierte er allgemeingültige Regeln zur Verschanzung eines gewählten Lager­

platzes und ging hinsichtlich der durchzuführenden Befestigungsarbeiten und der Einsatzgrundsätze der Artillerie nun ins Detail. Entsprechend lässt dieser Teil den wohl stärksten Praxisbezug erkennen. Seine Erläuterungen zum Profil der Befesti­

gungswerke, zu den Linien, Winkeln und sonstigen Figuren bilden nicht nur aus geometrischer Sicht einen besonderen Abschnitt des Werkes, sondern sie bieten er­

staunlich praktikable Lösungen an, etwa wenn es darum geht, geometrische Fi­

(16)

guren und bestimmte Winkel mit einfachen Hilfsmitteln in das Gelände zu über­

tragen. Der dritte und letzte Teil des »Feldingenieurs« ist dem »Aufnehmen« und dem Verfertigen kartografischer Werke gewidmet und weist daher deutlich über das rein militärisch Relevante hinaus. Die »Aufnahme« selbst erscheint als eine äu­

ßerst anspruchsvolle Tätigkeit, die neben großem praktischen Können auch das rechte Augenmaß, eine entsprechende Kenntnis der Natur, viel Erfahrung und eine gute körperliche Konstitution erforderte. Im Zentrum steht die Nutzbarkeit für militärische Zwecke; der »Plan« musste dem militärischen Führer oder dem Inge­

nieur eine Geländebeurteilung ermöglichen. Das Erstellen der »Pläne« erscheint hierbei als ein durchaus künstlerisch­schöpferischer Akt. Ergänzt wird der »Feld­

ingenieur« durch zahlreiche Übersichten und Tabellen. Von besonderem Interesse sind sicher auch Tielkes Darlegungen zum Verhältnis zwischen Militär und Zivil­

bevölkerung (Berührungspunkte ergaben sich beispielsweise dort, wo die Truppe auf die Informationen der ortsansässigen Bevölkerung und auf die Unterstützung ziviler Arbeitskräfte angewiesen war) sowie zur Menschenführung im Heer. Die

»denckungs art des gemeinen Soldaten« und seine mentale Verfassung sind nach Tielkes Ansicht bei der militärischen Planung unbedingt zu berücksichtigen65. Auch bei der Auswahl der kriegsgeschichtlichen Beispiele wird wiederum der Anspruch des Verfassers deutlich, insbesondere diejenigen Kampfhandlungen zu analysie­

ren, die ihm zumindest aus näherem eigenen Erleben bekannt waren. Wenn der

»Feldingenieur« aus heutiger Sicht auch einige (wenige) Kuriositäten beinhaltet, präsentierte Tielke mit diesem Werk die Lösung zahlreicher ingenieurtechnischer und artilleristischer Probleme, verbunden mit kompakten und präzisen Anweisun­

gen zum taktisch sinnvollen Handeln. Das Werk verdeutlicht, dass die »Kriegskunst«

im 18. Jahrhundert ungeachtet aller Verkünstelung und Verwissenschaftlichung vielfach auch pragmatische und einfache Lösungen verlangte. Das geometrische Zeitalter konnte mithin auch ganz und gar unmathematisch bzw. ­geometrisch sein, ja zuweilen mutete es fast »unmilitärisch« an, nämlich handwerklich.

Tielkes Darlegungen zeichnen ein Bild von »universalgelehrten« Ingenieurof­

fizieren, das von einer ausgewogenen Synthese aus theoretischem und praktischem Können geprägt ist. Der Ingenieur erscheint an mancher Stelle sogar mehr als Handwerker denn als Soldat. Zum selbstständigen Handeln hochgradig befähigt, meist im Hintergrund agierend und sich nicht über den Stand, sondern über Leis­

tung definierend, verkörperte er das bis heute im Militär vielfach gewünschte Ideal­

bild des »stillen Profis«.

(17)

1 Stand April 2009. Die Entdeckung weiterer Handschriften steht zu erwarten. Zu den Handschriften im Detail: Martin Meier, Die Handschriften der Bibliothek des Militärge­

schichtlichen Forschungsamtes, Potsdam 2007 (= Potsdamer Schriften zur Militärge­

schichte, 4).

2 Zur Debatte um die Fortentwicklung der Militärgeschichte: Wencke Meteling, Perspek­

tiven der Militärgeschichte. Raum, Gewalt und Repräsentation in historischer Forschung und Bildung. Bericht zur Internationalen Tagung für Militärgeschichte in Potsdam, 17.

bis 20. September 2007. In: MGZ, 67 (2008), 1, S. 166–180.

3 Potsdamer Reprints, Serie A: »Uniformenkunde« von Richard Knötel. Reproduziert aus der Sammlung »Hans Bleckwenn«, 3 Bde, Potsdam 2010 (Nachdruck der Originalaus­

gaben 1890, 1891, 1892).

4 MGFA, Sign. B 0100479 (Sammlung Bleckwenn). Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist da­

von auszugehen, dass es sich bei diesem Exemplar um eine Urschrift des Werkes han­

delt (Martin Meier hat dies bereits angedeutet; der endgültige Nachweis konnte jedoch auch in Zusammenarbeit mit dem Hauptstaatsarchiv Dresden nicht erbracht werden).

Gegenüber der gedruckten Erstausgabe des Werkes sind geringfügige Unterschiede in sprachlichen Details auszumachen. Offenbar wurde die Handschrift im Vorbereitung der Drucklegung nochmals lektoriert und um wenige Anmerkungen ergänzt. Meier, Die Handschriften (wie Anm. 1), S. 56.

5 Zunächst erschien das Werk bis 1818 in sechs Auflagen. Im Vorbericht zur zweiten Auf­

lage von 1774 gibt Tielke den großen »Beyfall«, den ihm die Erstveröffentlichung ein­

brachte, als Ursache der neuerlichen Drucklegung an. Die späteren Auflagen sind mit der zweiten inhaltlich weitgehend identisch. Weitere Ausgaben erschienen in englischer und französischer Sprache.

6 Daniel Hohrath, Spätbarocke Kriegspraxis und aufgeklärte Kriegswissenschaften. Neue Forschungen und Perspektiven zu Krieg und Militär im »Zeitalter der Aufklärung«. In:

Die Kriegskunst im Lichte der Vernunft. Militär und Aufklärung im 18. Jahrhundert.

Hrsg. von Daniel Hohrath und Klaus Gerteis, T. 2, Hamburg 2000, S. 6.

7 Michael Sikora, Scharnhorst. Lehrer, Stabsoffizier, Reformer. In: Reform – Reorganisa­

tion – Transformation. Zum Wandel in deutschen Streitkräften von den preußischen Hee­

resreformen bis zur Transformation der Bundeswehr. Im Auftr. des MGFA hrsg. von Karl­Heinz Lutz, Martin Rink und Marcus von Salisch, München 2010, S. 43–64.

8 Ralf Pröve, Militär, Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert, München 2006 (= Enzy­

klopädie deutscher Geschichte, 77), S. 7.

9 Hohrath, Spätbarocke Kriegspraxis (wie Anm. 6), S. 16 f.

10 Pröve, Militär, Staat und Gesellschaft (wie Anm. 8), S. 6 f.

11 Stefan Kroll, Soldaten im 18. Jahrhundert zwischen Friedensalltag und Kriegserfahrung.

Lebenswelten und Kultur in der kursächsischen Armee 1728–1796, Paderborn [u.a.] 2006 (= Krieg in der Geschichte, 26), S. 182; Heinz Stübig, Berenhorst, Bülow und Scharnhorst als Kritiker des preußischen Heeres der nachfriderizianischen Epoche. In: Die preußische Armee zwischen Ancien Régime und Reichsgründung. Hrsg. von Peter Baumgart, Bern­

hard R. Kroener und Heinz Stübig, Paderborn [u.a.] 2008, S. 107–120, hier S. 109, 115.

12 Hohrath, Spätbarocke Kriegspraxis (wie Anm. 6), S. 20, 40 f.; Olaf Jessen, Preußens Na­

poleon? Ernst von Rüchel 1754–1823. Krieg im Zeitalter der Vernunft, Paderborn [u.a.]

2007, S. 6679; Heinz Stübig, Heer und Nation. Die nationalpädagogischen Ideen Her­

mann von Boyens. In: Heinz Stübig, Nationalerziehung. Pädagogische Antworten auf die »deutsche Frage« im 19. Jahrhundert, Schwalbach/Ts. 2006, S. 51

80; Heinz Stübig, Erziehung und Gesellschaft im Denken Gneisenaus bis zum Beginn der preußischen Re­

formen. In: MGZ, 16 (1974), 2, S. 111–129; Stübig, Berenhorst, Bülow und Scharnhorst (wie Anm. 11), S. 107120; Iris Becker, Militär und Aufklärung – Die Rolle von Soldaten­

bibliotheken im militärischen Bildungs­ und Reformprozess des 18. und frühen 19. Jahr­

hunderts. In: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, 6 (2002), 2, S. 148–151.

13 Vgl. Walter Demel, Europäische Geschichte des 18. Jahrhunderts. Ständische Gesellschaft und europäisches Mächtesystem im beschleunigten Wandel 1698/1700–1789/1800, Stutt­

gart 2000, S. 134, 151; Kroll, Soldaten im 18. Jahrhundert (wie Anm. 11), S. 183; Marcus von Salisch, Das Beispiel Sachsen: Militärreformen in deutschen Mittelstaaten. In: Re­

form – Reorganisation – Transformation (wie Anm. 7), S. 89–106, hier S. 9699.

14 Marcus von Salisch, Treue Deserteure. Das kursächsische Militär und der Siebenjährige Krieg, München 2009 (= Militärgeschichtliche Studien, 41), S. 151156, 298; Hohrath, Spätbarocke Kriegspraxis (wie Anm. 6), S. 23.

(18)

15 Kurzer Abriß der Militärgeschichte von den Anfängen der Geschichte des deutschen Vol­

kes bis 1945, Berlin (Ost) 1974, S. 100.

16 Zur Lebensgeschichte Tielkes: Manfred Lawrenz und Erhard Riedel, Johann Gottlieb Tielke (1731–1787). Sein Leben und Werk aus heutiger Sicht. In: Mitteilungen des Frei­

berger Altertumsvereins, 87 (2001), [H. 16, Neue Serie], S. 37–65. Diese einzige neuere Abhandlung zur Biografie Tielkes basiert auf umfangreichen archivalischen Studien un­

ter Einbeziehung mehrer kleinerer Beiträge der lokalen Historiografie und bietet umfas­

sende Informationen zu den Nachkommen Tielkes. Siehe auch Johann Friedrich Ger­

lach, Ueber des Hauptmann Tielke Leben und Schriften, Freyberg [Freiberg] 1797; Moritz Schneider, Aus dem Nachlass des kursächsischen Artilleriehauptmanns Johann Gottlieb Tielke. Ein Beitrag zur Quellenkritik der Geschichte des Siebenjährigen Krieges. In: For­

schungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 3 (1890), S. 165–226 (bei Moritz Schneider handelt es sich um einen Urenkel Tielkes); Stammregister und Chronik der Kur­ und Königlich Sächsischen Armee von 1670 bis zum Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts. Bearb. von Heinrich August Verlohren, hrsg. von Max Barthold und Franz Verlohren, Leipzig 1910, S. 512; Horrer, Der sächsische Artillerie­Hauptmann Johann Gottlieb Tielke. In: Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 4 (1824), S. 107–121; E. Graf Lippe­Weißenfeld, Tielke und Cogniazzo. Biographische Skizze. In: Militär­Wochenblatt, 1886, 27, S. 557–569; Eintrag in der Allgemeinen Deut­

schen Biographie (digital): http://daten.digitale­sammlungen.de/bsb00008396/images/

index.html?seite=288 (vom 29.8.2010). Vereinzelte Hinweise finden sich auch bei Kroll, Soldaten im 18. Jahrhundert (wie Anm. 11), S. 187 f.

17 Oscar Schuster und Friedrich A. Francke, Geschichte der Sächsischen Armee von deren Errichtung bis auf die neueste Zeit, T. 1–3, Leipzig 1885, hier T. 1, S. 6971; Friedrich Wil­

helm Hansch, Geschichte des Königlich Sächsischen Ingenieur­ und Pionier­Korps (Pi­

onier­Bataillons Nr. 12), Dresden 1898, S. 114.

18 Im 19. Jahrhundert erhöhte sich der militärische und strategische Wert von Karten noch weiter. Es entstanden topografische Abteilungen in den staatlichen Verwaltungen und den Generalstäben. Der Begriff der »Kartografie« setzte sich ab 1840 durch. Zur Entwick­

lung der Kartografie siehe exemplarisch: Ute Schneider, Die Macht der Karten. Eine Ge­

schichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute, Darmstadt 2006; H. Buchardi, Der kartographische Standpunkt beim Beginn des Siebenjährigen Krieges 1756 in den be­

theiligten Ländern. In: Militär­Wochenblatt, Beiheft, 1897, S. 101–119; Ewa Anklam, Wis­

sen nach Augenmaß. Militärische Beobachtung und Berichterstattung im Siebenjährigen Krieg, Berlin 2007 (= Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, 10), S. 5866, 98, 127; Daniel Hohrath, Der geometrische Blick des Feldherrn. In: Damals, 1999, 9, S. 60–65, hier S. 6164; Lothar Zögner, Bibliographie zur Geschichte der deutschen Karto­

graphie, München 1984; Max Hanke, Geschichte der amtlichen Kartographie Branden­

burg­Preußens bis zum Ausgang der friderizianischen Zeit. Bearb. von Hermann Deg­

ner, Stuttgart 1935 (= Geographische Abhandlungen, 3. Reihe, 7); Reiner Groß, Geschichte Sachsens, Leipzig 2004, S. 78 f.; Fritz Bönisch, Die erste kursächsische Landesaufnahme, ausgeführt von Matthias Öder und Balthasar Zimmermann von 1586 bis in die Anfangs­

zeit des Dreißigjährigen Krieges, Leipzig, Dresden 2002 (= Atlas zur Geschichte und Lan­

deskunde von Sachsen, Beih. zu den Karten H 4.1 und H 4.2).

19 Zit. nach Hohrath, Der geometrische Blick (wie Anm. 18), S. 60; Anklam, Wissen nach Augenmaß (wie Anm. 18), S. 64.

20 Die Kommandierung nicht zum Ingenieurkorps gehörender »Scholaren« zu den Unter­

richtungen der Ingenieure war ein offenbar übliches Vorgehen. Hansch, Geschichte (wie Anm. 17), S. 98, 132; Bernhard von Poten, Geschichte des Militär­, Erziehungs­ und Bil­

dungswesens in den Landen deutscher Zunge, Bd 5, Berlin 1897, S. 220226.

21 Hohrath, Spätbarocke Kriegspraxis (wie Anm. 6), S. 36.

22 Thomas Wollschläger, »Krieger mit Zirkel und Meßlatte«. Studien zur Entstehung, Ent­

wicklung und Institutionalisierung von Ingenieurkorps und Technischen Truppen in Brandenburg­Preußen und Sachsen zwischen 1648 und 1756, Magisterarb., Marburg 1995, S. 35; Hansch, Geschichte (wie Anm. 17), S. 97104.

23 Als der Beruf des Militäringenieurs noch nicht vollständig etabliert war, waren auch Be­

zeichnungen wie Land­ und Feldmesser, Geometer und Ingenieur üblich. Anklam, Wis­

sen nach Augenmaß (wie Anm. 18), S. 61.

24 Feldingenieur, § 2, 3.

25 Anklam, Wissen nach Augenmaß (wie Anm. 18), S. 112, 121.

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