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Den Keimen auf der Spur

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18. Jahrestagung, 09.– 11. Oktober 2017, LWK NRW Haus Riswick

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Den Keimen auf der Spur

Michael Kerger & Christian Natrop Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Der Keimgehalt der Anlieferungsmilch in Nordrhein-Westfalen (NRW) liegt seit mehreren Jahren auf einem konstant guten Niveau. Mehr als 98% der Lieferanten in NRW liefern Milch, die unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes von 100.000 Keimen/ml (Güteklasse I) liegt. Aus der monatlichen Überwachung der Anlieferungsmilch wird aber in den letzten Jah- ren deutlich, dass nur knapp 90% der Lieferanten das „S-Milchkriterium“ unter 50.000 Kei- me/ml erreichen. Da einzelne Molkereiunternehmen für die Erreichung eines Milchgeldzu- schlags das „S-Milchkriterium Keimzahl“ weiter abgesenkt haben (kleiner 30.000 bzw.

15.000 Keime/ml), ist es in den letzten zwei Jahren zu einer erhöhten Beratungsnachfrage gekommen. Zur Unterstützung und neutralen Beratung der Landwirte bei Milchqualitätsprob- lemen gibt es bei der Landwirtschaftskammer NRW den Micherzeugerberatungsdienst. Dieser besteht aus sechs Beratern, die dezentral in NRW angesiedelt sind.

Die Ursachenfindung für einen erhöhten Keimgehalt sollte je nach Anlagengröße und Anla- gentyp systematisch und durch Anwendung verschiedener Untersuchungsmethoden und Messinstrumente erfolgen. Die erste und wichtigste Maßnahme bei der Keimzahlberatung ist die visuelle Kontrolle. Nicht selten fallen bereist bei der systematischen Inaugenscheinnahme der Anlage Mängel auf. Bei diesem Arbeitsschritt sollte die für die Reinigung der Anlage zu- ständige Person anwesend sein. Gemeinsam und Schritt für Schritt werden die oft betriebs- spezifischen Abläufe bei der Reinigung der Melk- und Kühlanlage besprochen bzw. erfragt und protokolliert. Um auch in verwinkelten Rohren und Leitungen einen Einblick zu erhalten, bietet sich der Einsatz eines kostengünstigen Endoskops an. Mit PC oder dem Smartphone lassen sich manchmal in sonst unerreichbaren Stellen der Anlage Ablagerungen per Video oder Bild dokumentieren. Auch über die Abläufe im Bereich der Melkhygiene, beim Melken selbst sowie über die allgemeinen Hygienezustände sowohl im Stall- und Melkbereich sollte sich der Berater einen Überblick verschaffen. Lassen sich durch eine optische Begutachtung der Gegebenheiten keine Mängel erkennen, gilt es, die Keimquellen einzugrenzen. Dies ge- lingt durch die systematische Entnahme von so genannten „Stufenproben“. Dabei werden an verschiedenen und eine Beprobung zugänglichen Stellen des Melk- und Kühlsystems Milch- proben entnommen. Bei der Probenentnahme hat die Sauberkeit höchste Priorität, um mit den Ergebnissen nicht auf eine falsche Fährte zu gelangen. Dabei sollten keine großen Eingriffe in der Anlage vorgenommen werden. Beim Öffnen von Milchleitungen und milchführenden Gummiteilen sollte die Milch, die in dem Proberöhrchen abgefüllt wird, nicht über möglich- erweise verschmutzte Verschraubungen und Dichtungsringe laufen. Schließlich wird hierbei nur eine repräsentative Milchmenge von ca. 30-45 ml entnommen, die auf ihrem Weg in das Proberöhrchen z.B. über einen geöffneten und an den Windungen verschmutzten Schraubver- schluss Kontakt zu unerwünschten Keimen bekommt, die aber nicht aus dem Anlageninneren stammen. Bei der Probenreihenfolge ist es daher auch ratsam, die Proben ausgehend vom Milchtank zur Melkanlage zur entnehmen. Auf diese Weise lassen sich Verschleppungen bei der Probeentnahme vermeiden. Um Fehler bei der Probeentnahme zu erkennen, ist es ratsam,

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37 an den vorgesehenen Entnahmestellen, insbesondere bei automatischen Melksystemen (AMS) Doppelproben zu entnehmen. Weichen die beiden Proben von einer Entnahmestelle stark ab, ist ein Fehler in der Probenahme offensichtlich.

Je mehr Probenstellen an der Anlage möglich sind, desto einfacher und präziser ist die Ein- grenzung der Keimquelle. Auch sollten die Milchproben über den gesamten Zeitraum der Befüllung des Milchtanks bzw. Milchwanne z.B. mit jedem Melkvorgang oder bei automati- schen Melksystemen täglich erfolgen. Von Nachteil hierbei ist, dass von der Probennahme bis zum Ergebnis mehrere Tage verstreichen können.

Ein weiteres Hilfsmittel zum Aufspüren von Ablagerungen ist der Einsatz eines ATP Messge- rätes. Die Nutzung dieses Messinstrumentes hat den Vorteil, dass Berater und Landwirt un- mittelbar mit der Entnahme von Abstrichen an verschiedenen zugänglichen Stellen der Anla- ge auch unmittelbar vor Ort ein Ergebnis erhalten. Der Nachteil dieses Messinstrumentes liegt jedoch darin, dass in komplexen Anlagen, wie z.B. einem AMS nur bestimmte Stellen für Abstriche zugänglich sind und dabei keine Aussagen über den gesamten Hygienezustand der Anlage gemacht werden können.

Lässt sich eine Keimquelle anhand der zuvor beschriebenen Beobachtungen und Maßnahmen zuordnen, stellt sich dann für die Beteiligten die Frage nach der Ursache. Auch hier bieten Messinstrumente sowie weitere Beobachtungen der Verfahrensabläufe, wie z.B. der Spülvor- gang der Melk- oder Kühlanlage Hilfestellungen. Für eine ausreichende Reinigung und Des- infektion der gesamten Anlage spielt die Reinigungstemperatur im Hauptspülgang eine be- sondere Bedeutung. Hierfür ist ein Temperaturmessgerät zwingend erforderlich. In der Bera- tung stehen verschiedene Messinstrumente zu Verfügung. Einfache Temperaturfühler, die während des Reinigungsvorganges in den entsprechenden Anlagenstellen eingeschoben wer- den können, geben hier schnellen Aufschluss über den Sachverhalt. Hilfreich ist auch der Ein- satz eines „Temperaturloggers“, der geschützt, z.B. in einem Edelstahlkäfig über einen pro- grammierten Zeitraum, z. B. jede Minute einen Temperaturwert aufzeichnet. Nach dem Mess- zeitraum können die Daten ausgelesen und tabellarisch bzw. grafisch ausgewertet werden.

Besonders bewährt hat sich sein Einsatz in Milchkühltanks, so dass ohne ständige Anwesen- heit des Beraters während des gesamten Kühl- bzw. Reinigungsprozesses Temperaturauf- zeichnungen über mehrere Tage ausgewertet und dokumentiert werden können.

Erreichen in einer „Verkeimten“ Anlage die Reinigungstemperaturen die geforderten Werte, kann ein Mangel in der Dosierung des R + D-Mittels Ursache für erhöhte Keimzahlen sein.

Das Auslitern der Wassermengen in den einzelnen Spülgängen und die Ermittlung der zuge- führten R + D-Mengen in der jeweiligen Anlage sind erste einfache Schritte zur Überprüfung der Reinigungsmittelkonzentration. Weitere Aufschlüsse bietet die Nutzung eines speziell zusammengestellten Laborkoffers. Das dort verpackte Minilabor ermöglicht die Analyse der Reinigungslösung der Anlage vor Ort. Wichtige Untersuchungsparameter sind hierbei der pH- Wert, der Aktivchlorgehalt und die Alkalität der Spüllösung.

In den Jahren 2015 und 2016 wurde zum Thema „Ursachensuche und Gegenmaßnahmen bei erhöhten Keimgehalten in der Rohmilch landwirtschaftlicher Milchviehbetriebe in NRW“ ein Projekt durch den Milcherzeugerberatungsdienst der LWK NRW für das Umweltministerium NRW bearbeitet. Insgesamt nahmen 132 Betriebe am Projekt teil.

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Verteilung der Melkanlagentypen

Melkanlagentyp Anzahl %-Anteil

Eimermelkanlage 1 0,8

Rohrmelkanlage 38 28,8

Gruppenmelkstände 42 31,8

AMS 51 38,6

Verfahren zur Ursachenerkennung

Verfahren Einsatz in Betrieben

(absolut und in%)

Stufenproben 91 (69%) Datenlogger 53 (40%) ATP-Messung 50 (38%)

Kritische Punkte

Kontrollpunkt Kühlanlage Melkanlage

Lagertemperatur nicht i. O. 17 -

Mischmilchtemperatur zu hoch 16 -

Reinigungstemperatur zu niedrig 40 26

Konzentration R+D Mittel nicht i. O. 16 15

Turbulenz und Zeit nicht i. O. 8 14

Entwässerung nicht i. O. - 10

Ablagerungen gefunden - 39

Insgesamt gefundene Mängel 97 104

Literatur

Abschlussbericht Landesinitiative Micherzeugerberatungsdienst der LWK NRW 2015/2016 Jahresbericht Landeskontrollverband NRW 2016

Referenzen

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