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Liebe Leserin, lieber Leser

Lehrmittel üben eine grosse Anziehungskraft aus: Mehr als 20 000 Lehrkräfte reisten im Oktober an die WorldDidac nach Basel, um in der Fülle von Neuerschei- nungen und bewährten Titeln ein Zaubermittel zu finden, das neuen Glanz in ihren Unterricht bringen soll. Dem fertigen Produkt geht oft ein langer Prozess voraus, denn die Entwicklung und Produktion von Lehrmitteln fand schon immer im Spannungsfeld zwischen Schule und Gesellschaft statt. Die ersten drei Beiträge unseres Schwerpunkts zu Lehrmitteln weisen auf solche Spannungs- felder hin. Ein weiterer Beitrag ist dem Thema «Schulfernsehen» gewidmet, und eine Lehrmittelautorin gibt im Gespräch Auskunft über ihre Arbeit.

Dass die Zahl der Studierenden an der Pädagogischen Hochschule Zürich um eini- ges höher liegt als erwartet, war in der Presse verschiedentlich zu lesen. Beim grossen Zulauf von angehenden Lehrpersonen bilden die Männer aber eine klare Minderheit. Was hält junge Männer davon ab, den Lehrberuf zu wählen? Dieser Frage sind Anna-Verena Fries und Christa Hanetseder in einem Gespräch mit Maturanden nachgegangen. Sie formulieren in ihrem Beitrag plausible Antwor- ten.

Ist die Geschichte vom Wilhelm Tell eine Sage oder ein Mythos, und was verbin- det Schillers Drama zum Beispiel mit dem Globi-Band Globi und Wilhelm Tell?

Antworten auf diese und andere Fragen hält Bruno Weder bereit.

Etwas Urschweizerisches haftet auch den Schweizerschulen im Ausland an, zum Beispiel die Rösti auf der Menükarte des Schweizerclub-Lokals auf dem Schulge- lände im westafrikanischen Ghana. Susan Gürber hat die kleine Schweizerschule in Accra besucht und ihre Eindrücke und Gespräche fürph akzentefestgehalten.

Abschliessend kommentiert Daniel Ammann im «mediensplitter» mit dem gewohnten Augenzwinkern die neuesten Trends in der deutschen Rechtschrei- bung. Bringen Sie sich up to date!

Thomas Hermann

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Der langjährigen Forderung rechts- bürgerlicher Kreise, die Märchen der beiden Ausländer Gebrüder Grimm durch solche aus der Schweizer- geschichte zu ersetzen, wird mit dem Lehrmittelpaket «Gäll, du kännsch de Tell»für die Grundstufe Rechnung getragen. Dem selbst- verständlich modular aufgebauten Multimedia-Paket liegen zwei Kinder- armbrüste, Saugnapf-Pfeile, SUVA- geprüfte Walterli-Schutzbrillen sowie ein Klassensatz Kunststoff-Äpfel bei.

Die Texte von Gessler und seinen Kumpanen sind in 14 Sprachen übersetzt, damit auch ausländische Kinder mitspielen können.

2 schwerpunkt

2 Einführung in den Schwerpunkt Lehrmittel 3 Im Spannungsfeld von Schule und Gesellschaft 7 Die Geschichte eines Fremdsprachlehrmittels 12 Eine historische Episode: Sprachlehrmethode

und die Rolle der Lehrmittel

17 Schulfernsehen im Unterricht: Nützlich, attraktiv und multimedial

21 Die Entstehung eines Lehrmittels zu Logicals

24 standpunkt

Sehnsucht nach einer Schule für alle

26 aktuell

26 «Mich würden die Schüler auf die Palme bringen…»

30 Der Tell-Mythos im Wandel der Zeit

35 Problem-Based-Learning: Eine Chance für die Lehrer/innenbildung?

38 Unterricht Swiss Made in Ghana

44 rezensionen

46 bildungsforschung 48 phzh

48 Planspiele: eine Brücke zwischen Theorie und Praxis

51 eLearning-Konferenz an der PHZH

52 mediensplitter

Mindestens haltbar bis Ende …

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p hIa k z e n t e 4 / 2 0 0 4

L e h r m i t t e l

E i n f ü h r u n g i n d e n S c h w e r p u n k t

«Allô, allô, c’est toi Simone?» – Wenn es ein Lehrmittel geschafft haben sollte, nachhaltig Spuren im Gedächtnis der Schüler und Schülerinnen hinterlassen zu haben, dann wird On-y-va, der Französischkatechismus der 80er-Jahre, im Ranking mit Sicherheit eine Spitzenposi- tion einnehmen. Seine markigen Sprüche, die man im Klassenverband so praktisch einüben konnte, haben sich einer ganzen Generation ins Gedächtnis eingebrannt.

Wir alle haben mit Spannung Woche für Woche die Abenteuer von René, Simone und François verfolgt, und wer weiss nicht sofort auf die eingangs gestellte Frage richtig zu antworten.

Lehrmittel begleiten uns das ganze Schulleben lang, und spätestens wenn wir umziehen und den Dachboden voller grosser Schachteln, bis an den Rand mit Schulbü- chern und -heften gefüllt, leer räumen, erinnern wir uns wieder an sie. Doch, was bleibt wirklich haften, von eingeschliffenen Standardsätzchen einmal abgesehen?

Welchen Einfluss haben die Lehrmittel auf den Unterricht und wie unterstützen oder behindern sie die persön- liche Lernlaufbahn? Sind Lehrmittel tatsächlich so effek- tiv wie man gerne annehmen möchte, oder sind sie vor allem eines, nämlich teuer in ihrer Entwicklung? Und da diese nicht von heute auf morgen geschieht auch noch chronisch latent veraltet? Oder zeugt eben gerade diese stete Neuerung und Weiterentwicklung von umsich- tiger Planung und Einbezug jeweils neuester lernpsy- chologischer, didaktischer und gesellschaftlich relevanter Erkenntnisse? Kurz – was wissen wir eigentlich

über die Lehrmittel unserer Schule?

Dieser Frage soll im Schwerpunkt der vorliegenden Nummer aus verschiedenen Perspektiven nachgegangen werden.

Peter Feller, Direktor des kantonalen Lehrmittelverlags Zürich, gibt Einblick in die Spannungsfelder seiner Arbeit.

Es sind dies die Durchsetzung und Beibehaltung des Lehrmittelobligatoriums, welches seit der Gründung der staatlichen Volksschule 1832 besteht, die interkantonale Zusammenarbeit, die sich trotz der kantonalen Schul- hoheit immer häufiger aufdrängt sowie das Feld Rhyth- men und Tempi in der Lehrmittelentwicklung.

Allgemeine Aussagen zum Einfluss der Bildungspolitik auf die Entstehung von Lehrmitteln zu machen, ist schwierig und wenig ratsam, zu stark ist sie in lokale und zeitliche Kontexte eingebunden. Welchen – leicht ab- surden – Verlauf ein bildungspolitischer Eingriff nehmen kann, das zeigen die Ausführung von Felix Bürchler zur Entstehung eines Fremdsprachlehrmittels in den Sprachgemischgebieten Graubündens.

Dass bei der Entwicklung eines neuen Lehrmittels nicht immer nur fachliche und erziehungspolitische, sondern auch personalpolitische Entscheide eine Rolle spielen, verdeutlichen die Querelen, die rund um die Einführung

eines Sprachlehrmittels im neuen Lehrplan von 1861 entstanden sind. Das darin festgeschriebene neue sprach- didaktische Konzept wurde von Befürwortern und Geg- nern heftig diskutiert – und hatte letztlich kaum eine Auswirkung auf die konkrete Schulsituation, weil es bei genauerem Hinsehen dann doch nicht mehr so neu war.

Was genau es damit auf sich hatte, erläutert Esther Berner in ihrem Artikel.

Während die Auswahl an Lehrmitteln im 18. Jahrhundert ziemlich beschränkt war, stehen Lehrpersonen heute eher vor der Qual der Wahl, welcher Erzeugnisse sie sich – abgesehen vom obligatorischen Kanon – bedienen möchten. Neue Medien drängen ins Schulzimmer, Inter- net und DVD gehören bald zur Standardausrüstung. Auch der gute alte Fernseher behauptet sich immer noch und kann dank durchdachten Sendungen zu einem hilfrei- chen Lehrmittel werden. Konrad Wepfer informiert über neue Entwicklungen und Angebote des Schulfern- sehens, das in den letzten 40 Jahren eine kontinuierliche Weiterentwicklung erfahren hat und versucht, sich nach den Bedürfnissen der Schule auszurichten.

Wie macht man ein Lehrmittel? Man setzt sich hin, denkt und schreibt auf. So einfach es klingt, so einfach ist es nicht. Welche Hürden man zu überwinden hat, das er- zählte uns Petra Probst, die die Idee hatte, aus ihren reichen Unterrichtsmaterialien ein Lehrmittel herzustell- ten.

Bettina Diethelm

PS: Für alle On-y-va-Nostalgiker/innen: kürzlich ist ein Remix der beliebtesten Sätze auf einer CD erschienen.

(www.peersound.ch, 2002)

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Anlässlich der Eröffnung einer Lehrmittelaus- stellung an der Pädagogischen Hochschule Zü- rich Ende Oktober 2004 hielt Peter Feller, Direk- tor des Lehrmittelverlags des Kantons Zürich, die Eröffnungsrede. Seine darin zum Ausdruck gebrachten Gedanken zur Gratwanderung, die ein staatlicher Lehrmittelverlag zu begehen hat, sind im Folgenden, leicht gekürzt, wieder- gegeben.

Wenn im Titel die Spannungsfelder «Schule und Gesell- schaft» genannt sind, so sind die Spannungsfelder «Poli- tik, Wirtschaft und Verwaltung» hier bewusst ausgespart, weil dies den Rahmen bei Weitem sprengen würde. Im Wesentlichen möchte ich die Bereiche Staatsverlag und Lehrmittelobligatorium, interkantonale und internationale Zusammenarbeit sowie den Rhythmus der Lehrmittelent- wicklung ansprechen.

Anfänge des «Staatsverlags»

Spannungen um das Thema «staatlicher Lehrmittelverlag»

und obligatorische Lehrmittel reichen schon weit zurück.

Versetzen wir uns zurück ins Jahr 1829, noch drei Jahre

vor der Gründung der staatlichen Volksschule im Kanton Zürich.

«Die Lehrbücher sind die schwache Seite unseres Schulwesens», urteilt 1829 ein Ortsgeistlicher. «Wenn die Kinder aus dem Namensbüchlein buchstabieren und ein wenig lesen gelernt haben, so gibt man ihnen den Zürcher Katechismus als Schulbuch zum Lesen. Sie sprechen die Worte mechanisch daher, dumpf und stumpf, von Denken und Verstehen ist keine Rede. Nach Vollendung des Kate- chismus kommt das neue Testament.» (...) «Hat der Johan- nes sein Evangelium, hat Paulus seine Briefe an die Römer und Korinther für Kinder geschrieben?», fragt der Pfarrer entsetzt.

Es war die Zeit, als die Schule noch ganz unter dem Einfluss der Kirche stand.

Mit der Gründung der staatlichen Volksschule im Jahr 1832 wurden die Zürcher Schulen diesem Einfluss mehr und mehr entzogen. Aber die nächsten Spannungen rund um die Lehrmittel liessen nicht lange auf sich warten. Ich zitiere einen Abschnitt mit dem Titel Der Stadler Aufruhr aus der Festgabe zur Jahrhundertfeier der Zürcher Volks- schule: «So kam es im Januar 1834 bei Anlass der Einfüh- rung obligatorischer Lehrmittel in Stadel, Raat, Windlach und Schüpfheim zu einem Aufruhr... Man wollte nicht dulden, dass die Regierung dem Landmann die Bibel, den Katechismus, die geistlichen Gesangs- und Liederbücher Von Peter Feller

Direktor des Lehrmittelverlages des Kantons Zürich

Nachdem zugunsten von Frühfranzösisch und Frühenglisch (und in einigen Kantonen Frührussisch als Wahlfach) auf den Deutschunterricht auf der Unterstufe gänzlich verzichtet wird, werden an die Mittelstufen-Sprachlehrmittel erhöhte Anforderungen gestellt. Das (inzwischen bereits mehrfach prämierte) Lehrmittel- paket «Besser spät als nie, Mann!

Spätdeutsch für die Mittelstufe»bietet der Lehrerin nun die nötigen Tools für einen effizienten Unterricht. Das Lehrwerk stammt übrigens vom gleichen Autoren- team, das sich schon mit «Pausenplatz- Albanisch für Lehrkräfte»einen Namen gemacht hat.

Fotomontagen: Daniel Lienhard, Zürich

L e h r m i t t e l v e r l a g d e s K a n t o n s Z ü r i c h

I m S p a n n u n g s f e l d v o n S c h u l e u n d

G e s e l l s c h a f t

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wegnehme und ihm dafür die neuen Schulbücher von Scherr, Nägeli und andern Fremden aufdränge... In Stadel rotteten sich am 13. Mai gegen 200 Männer, Weiber und Kinder zusammen, ertrotzten nach vergeblichen Versu- chen beim Gemeindeammann vom Pfarrer die Öffnung der Schule und trugen eine Anzahl neuer Schulbücher vor die Wohnung des Lehrers.» Die Regierung traf ihre Massnah- men und beauftragte den Kriegsrat, die nötigen Vorberei- tungen einzuleiten, um im Falle eines Widerstandes «ein angemessenes Militärkorps» in die meuternde Gegend ein- marschieren zu lassen. (Die Details zu diesem Militärauf- gebot können in der Festschrift150 Jahre Lehrmittelverlag des Kantons Zürich nachgelesen werden.) Dieser kurze Ausschnitt aus der Schulgeschichte des Kantons Zürich widerspiegelt etwas über die politische Bedeutung der Lehrmittel.

Im Jahre 1851 wurde der staatliche Lehrmittelverlag Zürich auf Forderung der Lehrerschaft sowie der Gemein- de- und Bezirksschulpflegen gegründet. Pikanterweise war damals der erzliberale Alfred Escher der eigentliche Gründervater des heutigen Lehrmittelverlages. Folgende Argumente wurden als Begründung für die Notwendigkeit eines Staatsverlages geltend gemacht:

1. Chancengleichheit für alle Schülerinnen und Schüler durch Verwendung der gleichen Lehrmittel im Kanton 2. Schaffung von politisch neutralen Lehrmitteln unter

Berücksichtigung der Mitsprache der Lehrerschaft 3. Kostensenkung für Kanton und Gemeinden

Der Staatsverlag heute

Noch heute wird das Wirken des Lehrmittelverlages unter anderem an diesen drei Punkten gemessen. Lassen Sie mich nun zum Auftrag des Lehrmittelverlages von heute etwas sagen. Dieser ist sowohl im Bildungsgesetz als auch im Volksschulgesetz verankert. Im Bildungsgesetz § 10 heisst es: «Der Kanton führt einen Lehrmittelverlag in der Form einer unselbstständigen öffentlichrechtlichen An- stalt. Der Lehrmittelverlag produziert, erwirbt und ver- treibt Lehrmittel für das Bildungswesen.» Was das bedeu- tet, kann am besten anhand einiger Zahlen verdeutlicht werden: So sind beim Verlag über 500 Autorinnen und Au- toren unter Vertrag, welche für die rund 1600 Artikel ver- antwortlich zeichnen, die mittlerweile an über 90’000 Kunden in der Schweiz, aber auch weltweit geliefert wer- den. Gegen 1000 Lieferanten, vorwiegend des grafischen Gewerbes, unterstützen die 27 Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter des Verlages bei der Produktion der Lehrmittel.

Mit gut 25 Millionen Franken Umsatz gilt der Lehrmittel- verlag als Marktleader in der Branche.

Im Volksschulgesetz § 42 wird die Lehrmittelschaf- fung wie folgt beschrieben:

«Die Lehrmittel der Volksschule werden vom Bil- dungsrat bestimmt. Der Bildungsrat erklärt die zur Durch-

führung des Lehrplans notwendigen individuellen und, soweit tunlich, auch die allgemeinen Lehrmittel obligato- risch. Für die obligatorischen Lehrmittel übernimmt, so- weit möglich, der Staat selbst den Verlag.»

Lehrmittelobligatorium

An dieser Stelle möchte ich kurz auf das Spannungsfeld

«Lehrmittelobligatorium» eingehen. Seit der Schaffung der staatlichen Volksschule im Jahre 1832 gibt es auch obliga- torische Lehrmittel. Die Einführung und Beibehaltung des Lehrmittelobligatoriums bis heute hat verschiedene Grün- de. Ich versuche, diese in fünf Punkten zusammenzufas- sen:

1. Gleiches Bildungsangebot im ganzen Kanton und da- mit Gewährung von Chancengleichheit, z.B. bei Über- tritten in andere Stufen. Man denke auch an Schul- haus- oder Wohnortwechsel von Schülerinnen und Schülern.

2. Einflussmöglichkeit auf Inhalt und Gestaltung der Lehrmittel durch den Bildungsrat und die Lehrerschaft.

3. Abgabe von kostengünstigen Lehrmitteln einerseits durch höhere Auflagen, andererseits weil der Lehrmit- telverlag nicht gewinnorientiert tätig sein muss.

4. Garantie einer Grundversorgung mit Lehrmitteln (also die Verfügbarkeit).

5. Synergien bei der Lehrerinnen- und Lehrerausbilung durch Konzentration auf jeweils ein Lehrmittel pro Fach.

Früher war die Durchsetzung des Lehrmittelobligatoriums jedenfalls für den Erziehungsrat oder die Bezirksschulpfle- gen noch ein Thema. Ich zitiere aus einem Bericht des Er- ziehungsrates vom 25. August 1886: «Die Bezirksschulpfle- gen werden eingeladen, darüber zu wachen, dass das neue obligatorische Sprachlehrmittel der Elementarschule nunmehr überall in Gebrauch gesetzt werde, damit die Lehrer Gelegenheit haben, dasselbe praktisch zu erproben und später, gestützt auf die gemachten Erfahrungen, ihr Gutachten abzugeben.» Und auch noch im Jahr 1969 for- dert die Bezirksschulpflege Affoltern: «Die Lehrkräfte sind im Schulblatt einmal mit der Tatsache bekannt zu ma- chen, dass die Methodenfreiheit nicht vom Gebrauch der obligatorischen Lehrmittel befreit. Die Visitatoren treffen in den Schulstuben immer wieder fremde Lehrmittel an.»

Soweit ein paar Gedanken zum Lehrmittelobligatorium.

Interkantonale und internationale Zusammen- arbeit

Ein Spannungsfeld, aber gleichzeitg eine grosse Chance, liegt in der interkantonalen Zusammenarbeit. Bekanntlich liegt die Schulhoheit für den Volksschulbereich in der Schweiz bei den Kantonen. Kooperation und Koordination im Bildungswesen drängen sich heute aber mehr denn je

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auf. Die grössere Mobilität von Schülerinnen und Schülern, die immer knapper werdenden finanziellen Ressourcen bei immer aufwändigeren, sich schneller ablösenden Kommunikationsmitteln (Stichwort Multimedia) verlangen dringend nach Konzentration der Kräfte und Mittel. Auf Grund ähnlicher Argumente gründeten im Jahre 1973 Ver- leger, Schulpolitiker und Pädagogen die Interkantonale Lehrmittelzentrale (ILZ). Zu diesem Konkordat gehören heute 16 Deutschschweizer Kantone und das Fürstentum Liechtenstein.

Und heute kann ich – der ich stets ein eifriger und aktiver Befürworter der interkantonalen Zusammenarbeit war (und immer noch bin) – mit grosser Genugtuung fest- stellen, dass im Bereich der Lehrmittel die gemeinsame Entwicklung, Produktion und Verwendung kantonsüber- schreitender Lehr- und Lernbücher sowie Unterrichtshilfen zum grossen Teil Realität geworden ist. Die eigentlichen Spannungen ergeben sich oft noch aus den unterschied- lichen Lehrplänen, ab und zu auch aus einem wettbe- werbsbedingten Prestigedenken der Kantone (und da möchte ich den unsrigen auch nicht ausklammern).

Immerhin geht heute rund die Hälfte unserer Produktion in andere Kantone, was natürlich auch dazu beiträgt, die Preise niedrig zu halten.

Darüber hinaus gibt es auch noch internationale Ko- operationen. Der Lehrmittelverlag des Kantons Zürich ist Mitglied der European Educational Publishers Group (EEPG) und der Worlddidac Association. Über diese Kanäle konn- ten auch schon Lizenzen von einigen Titeln unseres Verla- ges realisiert werden, so zum Beispiel Geschichten von Max Bolliger in Koreanisch und Chinesisch. Und unsere Mathematiklehrmittel für die Primarschule wurden für den Einsatz in Grossbritannien ins Englische übersetzt. Der Lehrmittelverlag stellt sich auch an internationalen Wett- bewerben und Bildungsmessen immer wieder dem Urteil von Fachpersonen, um seine Produkte auf zeitgemässe und motivierende Gestaltung sowie innovative Inhalte hin kritisch prüfen zu lassen. Aus dieser Perspektive be- trachtet, freuen uns die jüngsten Auszeichnungen ganz besonders. So wurde anlässlich der Frankfurter Buchmes- se von Anfang Oktober dieses Jahres unser neues Geogra- fielehrmittel Europa – Menschen, Wirtschaft, Natur mit dem Gold Award der EEPG ausgezeichnet. Und an der Ende Oktober stattgefundenen Worlddidac in Basel durften wir für das LiederbuchDe Stadtmuus-Bluesund das in Koope- ration mit dem Berner Schulverlag blmv entwickelte Lehr- mittel Sprachwelt Deutschje einen Worlddidac Award ent- gegennehmen.

Rhythmus und Tempo der Lehrmittel- produktion

Ein zentrales Spannungsfeld liegt im Rhythmus und Tem- po der Lehrmittelentwicklung. Mit dem Wandel der Gesell-

schaft muss sich auch das Schulbuch wandeln. Damit muss sich auch der Lehrmittelverlag des Kantons Zürich permanent den neuen Erfordernissen und Entwicklungen anpassen. Die nachstehende Übersicht mag dies veran- schaulichen. Im Jahr der Verlagsgründung erschienen vier Artikel im Sortiment, insgesamt wurden 12’180 Exempla- re verkauft. Heute führen wir über 1600 Artikel, verkauft werden jährlich rund 2,5 Millionen Exemplare. Waren es damals dünne, bescheidene Lehrmittel, so geht es heute um teils komplexe multimediale Lehrwerke wie zum Bei- spiel das Französischlehrwerk envol mit zusätzlichen Unterrichtsmaterialien wie Modulen, Lernkarteien, Lern- spielen, Audio-CDs, Videos, DVDs, CD-ROMs bis hin zum An- gebot übers Internet.

Oft werde ich gefragt, ob es überhaupt noch möglich sei, rechtzeitig auf die neusten fachwissenschaftlichen und -didaktischen Erkenntnisse zu reagieren und zeitge- mässe Lehrmittel zu entwickeln. Anders ausgedrückt: Ob die Lehrmittel bei Erscheinen nicht bereits veraltet seien.

Das mag da und dort zutreffen. Aber nach über 35 Jahren Verlagserfahrung meine ich zu wissen, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Autorinnen und Autoren entwickeln Lehrmittel im Auftrag des Bildungsrates und der Lehrmit- telkommission nach dem neusten Wissensstand. Danach vermag aber ein Grossteil der Basis den Spagat zwischen neuster Theorie und der Praxis des Schulalltags oft nicht zu leisten. Ein Paradigmawechsel, wie er beispielsweise bei der Entwicklung im Bereich der Sprachlehrmittel statt- gefunden hat, wird von der Lehrerschaft oft nicht oder zu wenig wahrgenommen. Ich weiss, dass ich mich mit die- ser Aussage in «diesem hohen Haus der Pädagogen und Fachdidaktikerinnen» aufs Glatteis begebe, und ich nehme in Kauf, zur «persona non grata» erklärt zu werden. Trotz- dem stehe ich zu meiner langjährigen Beobachtung, und fast wäre ich geneigt mit Luther zu sagen: «Hier stehe ich, ich kann nicht anders!» Und da vermag mich auch die jüngste Forderung von Avenir Suisse nach «moderneren Lehrmitteln» nicht zu erschüttern.

(Wissen Sie, nach welchem Lehrmittel heute noch am meisten gefragt wird – auch von Studierenden der PHZH?

Es sind die Sprachlehrmittel für die Mittelstufe von Angst/Eichenberger, vor allem nach den Arbeits- und Merkblättern, die im Zeitraum von 1962–1997 über 1,2 Millionen Mal verkauft worden sind. Vermutlich war das Nachfolgelehrmittel Treffpunkt Sprache bei Erscheinen eher zu modern.)

Wenn ich in den Berichten der Bezirksschulpflegen blättere, stelle ich fest, dass meine Beobachtung kein No- vum darstellt. Ich möchte dies mit einigen Beispielen be- legen. So stellt im Jahre 1888 die Bezirksschulpflege Diels- dorf fest: «Die Klagen über den zu raschen Wechsel der Lehrmittel und über den zu hoch gehaltenen und zu um- fangreichen Lehrstoff sind berechtigt.» Überhaupt darf

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festgestellt werden, dass damals Erziehungsrat und Be- zirksschulpflegen den Lehrmitteln einen hohen Stellen- wert beimassen. So findet man ebenfalls 1888 die Bemer- kung: «Die Visitatoren haben nach § 14 der Verordnung be- treffend Beaufsichtigung und Beurteilung der Schulen auf Grundlage der Lehrmittel die am Examen zu behandeln- den Gegenstände zu bezeichnen. Zu diesem Zwecke müs- sen sie die Lehrmittel genau kennen.»

Im Jahre 1910 bemerkt die Bezirksschulpflege Pfäffi- kon: «Die Schulgemeinden beklagen sich, dass neu erstell- te und als gut empfohlene Lehrmittel nach wenigen Jah- ren schon ausser Gebrauch gesetzt und durch neue respek- tive umgearbeitete ersetzt werden... Ein häufiger Lehrmit- telwechsel sei für die Schule sowenig gut, wie ein häufi- ger Lehrerwechsel.» Und im Jahr 1912 macht die Bezirks- schulpflege Meilen die Beobachtung, «dass bei den neu in die Sekundarschule eintretenden Schülern die Mehrzahl schlecht liest und schreibt. Sie ist der Ansicht, dass dies in erster Linie dem Umstand zuzuschreiben ist, dass mit dem Lese- und Schreibunterricht zu früh begonnen werde. Die mangelnde Lesefertigkeit sei auch begründet durch die zu abstrakten Lesebücher, deren Inhalt dem kindlichen Ge- müt nicht angepasst sei, weshalb sie umgestaltet werden sollten, besonders im Sinne einer Vereinfachung der Spra- che.»

Locker könnte ich Sie noch stundenlang langweilen oder – je nachdem – unterhalten mit Zitaten über Span- nungsfelder, denen Lehrmittel und damit auch der Verlag ausgesetzt sind, doch möchte ich die Ausführungen mit ei- nem Zitat von Otto F. Walter abrunden, in dem auch noch ein Spannungsfeld des Verlegers deutlich wird:

«Ein Verleger hat besessen zu sein, er hat die Welt zu überblicken.

Er hat grosszügig zu sein

und er muss ungeheuer hart rechnen.»

Der Spagat zwischen «grosszügig sein» und «ungeheuer hart rechnen» ist nicht immer einfach zu bewerkstelligen.

Aber es sind gerade all die genannten Spannungsfelder, die den Beruf (lieber würde ich sagen die Berufung) so interessant und eben so spannend machen, dass ich die- sen mit nichts tauschen würde.

Und zum Schluss sei mit Erich Kästner noch folgende Frage aufgeworfen: «Sind Schulbücher Bücher, die von al- ten Schulbüchern abgeschrieben werden, die von alten Schulbüchern abgeschrieben werden, die von alten Schul- büchern abgeschrieben werden ...?» Lassen wir diese Fra- ge mal im Raum stehen! Ich meine: Schulbücher sind im- mer auch ein Spiegel unserer Zeit: thematisch, inhaltlich und didaktisch. Sie richten sich konsequent nach den Be- dürfnissen der Schulen und nach den neuesten Lehrplä- nen des Kantons. Wir tragen heute die Verantwortung für das, was morgen in den Schulen unterrichtet wird.

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Oktober - Februar, März - Juli Intensivkurse:

August - September

Höhere Fachschule für Sprachberufe Staatlich anerkannte Diplome für

Journalismus

Sprachunterricht

Übersetzen

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Die Einführung neuer Lehrmittel ist dann be- sonders brisant, wenn diese gleichzeitig dazu dienen sollen, ein neues Fach im Unterricht zu etablieren. Dies war etwa der Fall mit der Ein- führung des Französischunterrichts auf der Pri- marstufe. Welche Blüten bildungspolitische Entscheide der Lehrmittelplanung und -pro- duktion im mehrsprachigen Kanton Graubün- den trieb, zeigt der vorliegende Beitrag auf.

Bringt ein Verlag ein Lehrmittel auf den Markt, so ist das Marketing1 in der Regel auf die Neuerungen der didakti- schen Konzepte und der Lehrmittelkomponenten (zum Bei- spiel «Neu mit einer CD») ausgerichtet – ungeachtet, ob es sich dabei um eine überarbeitete Neuauflage eines beste- henden Lehrmittels oder um einen neuen Titel handelt. In zweiter Linie wird manchmal auf das Bewährte hingewie- sen, da die Verlage von der Belastung der Lehrerschaft wissen und die als subjektiv unnötig beurteilten Ände- rungen, die einen Mehraufwand an Unterrichtsvorberei- tung zur Folge hätten, vermeiden. Verkaufszahlen zeigen, dass Lehrerinnen und Lehrer neue Lehrmittel begrüssen, dass aber Lehrmittel, die vom Traditionellen zu weit ent- fernt sind, auf Ablehnung stossen. Generelle Aussagen zu tatsächlichen Innovationen in Lehrmitteln sind alleine schon auf diesem Hintergrund unsinnig. Vielmehr ist das Feld nach Fächern zu differenzieren und sind zeitliche Kontexte zu berücksichtigen.

Neben der verlegerischen Perspektive stellt sich die Innovationsfrage auch in bildungspolitischer Hinsicht.

Derjenige Unterricht, der von verschiedenen Interessen- gruppen als mehrheitlich positiv beurteilt wird, verlangt aus bildungspolitischer Perspektive2 keine eingreifenden Innovationen. Unter der Voraussetzung, dass sich die Bil- dungspolitik der Lehrmittelfrage überhaupt bemächtigt, also nicht völlige Lehrmittelfreiheit gewährt und andere Steuerungsinstrumente, wie zum Beispiel Lehrpläne, be- vorzugt, ist auch das Belassen von Lehrmitteln, das eine Kontinuität der Lehrmittel zur Folge hat, eine Form von Bildungspolitik. In den folgenden Ausführungen wird nun aber ein politischer und insbesondere bildungspolitischer Eingriff thematisiert, um damit das Steuerungspotenzial auszuloten. Es geht um die Frage des Ausmasses bildungs-

politischer Steuerung und um die Frage, wie diese wahr- genommen wird und wo die relevanten Kräfte zu lokali- sieren sind. Es werden dabei Bedingungen aufgezeigt, die relevant sind, damit sich die Bildungspolitik der Lehrmit- tel annimmt.

Es ist naheliegend, dass diese Bedingungen von

«Lehrmittelgeschäft zu Lehrmittelgeschäft» variieren und auch die politischen Strukturen von kantonalen Unter- schieden geprägt sind. Somit liegt es auf der Hand, die Fra- gen anhand eines Beispieles aufzuarbeiten. Das gewählte Beispiel kann als «Sonderfall» bezeichnet werden, weil damit ein Lehrmittel thematisiert wird, das sich in einem Fach durchsetzt, das vorher kein offizielles Lehrmittel kannte. Die Lehrpersonen tauschten lediglich Materialien, die sie bis anhin selbst hergestellt hatten, untereinander aus. Die Wahl fiel auf den Kanton Graubünden, weil hier in den letzten zwei Jahrzehnten sprachpolitische Fragen im Bildungssektor Konjunktur hatten, was sich in den Lehrmitteln niedergeschlagen hat. Im Folgenden wird nun die Sprachensituation Graubündens Anfang der 90er-Jahre thematisiert, dann wird die Geschichte eines Fremd- sprachlehrmittels für die deutschsprachigen Schulen in den romanisch-deutschen «Sprachgemischtgebieten» dar- gestellt. In einem dritten Schritt wird als Fazit auf die ein- gangs gestellten Fragen eingegangen und der Versuch einer Generalisierung vorgenommen.

Die Situation Anfang der 90er-Jahre

In Graubünden wird mehrheitlich deutsch gesprochen, die Bevölkerung der Täler Puschlav, Bergell und Misox spricht Italienisch, und im Bündner Oberland3, im (Unter-)Enga- din, in Mittelbünden4sowie im Schams5wird je ein be- stimmtes, romanisches Idiom gesprochen. Die Sprachsitua- tion ist aber noch komplizierter, wenn man bedenkt, dass Sprachgrenzen nur selten eindeutig festgestellt werden können. Sogar innerhalb dieser Idiome finden sich von Gemeinde zu Gemeinde sprachliche Eigenheiten. Zudem zeigen sich zwischen den muttersprachlich relativ homo- genen Gebieten auch Sprachgemischtregionen: Gemein- den, in denen der Schulunterricht auf Romanisch erteilt wird, aber ein beträchtlicher Anteil Schulkinder als Mut- tersprache Deutsch spricht, und umgekehrt, also Schulen, in denen der Unterricht auf Deutsch gehalten wird, es aber einige muttersprachlich romanische Schulkinder hat. Als bildungspolitische Eigenart ist zu erwähnen, dass das Bil- dungswesen in Graubünden stärker kommunal organisiert

L e h r m i t t e l u n d B i l d u n g s p o l i t i k

D i e G e s c h i c h t e e i n e s F r e m d s p r a c h - l e h r m i t t e l s

Von Felix Bürchler

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Historische Bildungs- forschung Pestalozzianum

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ist als zum Beispiel in Zürich. Die Verbindung beider Aus- gangspunkte zeigt sich im für die untersuchte Zeit gültigen Schulgesetz6, das festhält, dass Gemeinden mit deutsch- sprachiger Grundschule (1.–6. Klasse) den romanischen beziehungsweise den italienischen Sprachunterricht in einzelnen oder allen Klassen obligatorisch erklären «kön- nen». Der sprach- und bildungspolitische Entscheid ist al- so grundsätzlich den Gemeinden überlassen. Der Kanton aber hat die Aufgabe, Lehrmittel für die Schulen bereitzu- stellen. Sprachgemischtgebiete beschränken sich in Grau- bünden zahlenmässig zwar auf eine kleine Gruppe und könnten daher von untergeordnetem Interesse sein, doch zeigt sich die Situation von Sprachgemischtregionen auch in anderen Kantonen und auch im Ausland. Insofern ist das nun dargestellte Beispiel kein Einzelfall. Die Situation des Romanischen in Graubünden aber hat auch zwei Spe- zifitäten, die sich kaum mit anderen Fällen vergleichen lassen: Nur eine kleine Bevölkerungsgruppe nennt Roma- nisch als Muttersprache, und zweitens konnte sich trotz diverser Anstrengungen noch in den 90er-Jahren neben den offiziell fünf romanischen Idiomen7keine einheitliche Schriftsprache, Rumantsch Grischun (RG)8, durchsetzen.9 Im Bereich der Lehrmittel war zur Zeit, die im Folgenden thematisiert wird, gesetzlich verankert, dass die Lehrmit- tel in der Regel in den fünf Idiomen herausgegeben wer- den müssen.

Bedeutsam für die Sprach- und Bildungspolitik Grau- bündens war der um 1990 kantonal und national me- dienwirksam thematisierte10drastische Rückgang der Be- völkerung mit romanischer Muttersprache. In diesem Zu- sammenhang ist die nationale Debatte um den Sprachen- artikel zu sehen: Der Bündner Sozialdemokrat und Natio- nalrat Martin Bundi reichte 1985 eine Motion ein, die eine sprachpolitische Debatte auslöste, die mit der Abstimmung vom 10. März 1996 ein Ende fand. Die Vorlage des «Spra- chenartikels» wurde mit 76% Ja–Stimmen vom Stimmvolk angenommen.11 Damit etablierte sich das Romanische als vierte Landessprache. Zugleich aber entstand ein Druck, sich auf das RG zu einigen.12 Die Lehrmittelfrage der Ro- manen ist also eingebettet in einer nationalen Spachende- batte zugunsten der Sprachminderheiten.13Auch auf der Ebene der Gemeinden entstand vor allem in den Sprachge- mischtregionen ein erhöhter Druck auf den Kanton, der sich für die Sprachminderheit einsetzte. Sollte der Rück- gang des Romanischen verlangsamt oder gar verhindert werden, so nahmen diese Gebiete eine zentrale Stellung ein. So mischten sich die schul- und sprachpolitischen De- batten der Gemeinden mit nationalen wie auch kantona- len. Primär ging es um die Frage, ob die Sprachgemischt- gemeinden mit Deutsch als Unterrichtssprache als erste Fremdsprache die Nachbarsprache Romanisch oder eine andere Sprache wählen würden.

Die Geschichte eines Fremdsprachlehrmittels

1986 beschloss die Regierung des Kantons einen ersten Schulversuch in Bergün/Bravuogn durchzuführen. Dabei sollte ein Lehrmittel für die Unterstufe (1.–3. Klasse) erar- beitet und erprobt werden. Auch die nicht unbedeutende Gemeinde St. Moritz wurde beim Kanton vorstellig, wobei der Vorgang und die formulierte Problemlage aufgrund der vorliegenden und zugänglichen Quellen nicht rekonstru- iert werden kann. Grundsätzlich aber kommen folgende Akteure in Frage: die betroffenen Lehrpersonen, der zu- ständige und im Kanton Graubünden bedeutsame Schulin- spektor, der Gemeinderat bzw. die dafür zuständige Ge- meindeverwaltung, die Lehrmittelkommission, die kanto- nale Verwaltung oder der Erziehungsdirektor. Klar ist, dass, wie auch immer der Kommunikationsweg verlaufen ist, die Lehrmittelkommission in allen Lehrmittelbelangen das Geschäft behandelt und bei Entscheiden dem Gesamt- regierungsrat einen Antrag vorlegt. Für St. Moritz jeden- falls wurde für die oberen Klassen der Primarschule und die Oberstufe ab 1990 ebenfalls ein Schulversuch be- schlossen, der es ermöglichte, das Berner Lehrmittel Bon- ne Chanceins Puter zu übersetzen und damit die dring- lichen Bedürfnisse der Gemeinde abzudecken. Es war aber auch klar, dass damit das generelle Problem des Roma- nischunterrichtes der Sprachgemischtgemeinden nicht ge- löst war, und so wurde ein Jahr später die Sprach- und Lehrmittelsituation in allen Sprachgemischtgemeinden mit deutschem Schulunterricht erhoben, um die Lehrmit- telproblematik in diesen Gebieten gesamthaft zu lösen.

Nach einigem Hin und Her setzte die Regierung auf Antrag der Lehrmittelkommission nicht auf das in Bergün erprob- te Unterstufenlehrmittel, sondern entschloss sich für eine Neuschaffung, die den erweiterten Bedürfnissen entspre- chen sollte. Ausschlaggebend war vor allem die Tatsache, dass das Bergüner Lehrmittel nur Lehrerinnen und Lehrern diente, die genügend Sprachkompetenzen im Romani- schen hatten, wovon man im Grossteil der anderen Ge- meinden nicht ausgehen konnte.14 Dieser Entscheid war ein weiteres Bekenntnis, die Bedingungen für den Roma- nischunterricht zu verbessern und damit die Sprache zu stärken.

Gerade weil in Flims die sprachpolitische Situation heftig diskutiert wurde, sollte das Lehrmittel in dem dort gesprochenen Idiom, Sursilvan, erarbeitet und erst danach in die Idiome Surmiran und Sutsilvan übersetzt werden.

Das Lehrmittel wurde modulartig konzipiert, was im Trend der damaligen Zeit lag. Module sind in sich abgeschlosse- ne Einheiten und beliebig kombinierbar. Damit konnten erste Module rasch auf den Markt gebracht und dem Druck der Schulgemeinden entsprochen werden. Das Lehrmittel sollte den Sprachunterricht der ersten bis zur dritten Klas- se umfassen mit insgesamt fünfzehn Modulen.

Diese modulare Lehrmittelstruktur ermöglichte es der

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Regierung, das Bewilligungsverfahren und damit die Erar- beitung zu etappieren. Die Erarbeitung neuer Module und deren Übersetzungen mussten in nicht festgelegten Einhei- ten der Regierung vorgelegt werden. Da der Kanton keine Möglichkeit hatte, die Entwicklung der Sprachensituation in den Gemeinden zu beeinflussen, hat er damit ein In- strument gefunden, auf kurzfristige sprachpolitische Ent- scheide in den Gemeinden und im Kanton in bestimmten Zeitabständen zu reagieren. Dazu bot sich die modulare Er- arbeitung geradezu an, da die Erarbeitung auch gestoppt werden konnte, ohne dass dabei die gesamte Vorarbeit umsonst gewesen wäre.

Ein beträchtlicher Teil der Lehrkräfte, der Romanisch in den deutschsprachigen Primarschulen erteilen sollte, konnte, wie bereits erwähnt, selbst kaum Romanisch. Das hatte Folgen für die Ausgestaltung des Lehrmittels: Der Lehrerinnen- und Lehrerkommentar jedes Moduls wurde so ausgestaltet, dass er die Lehrkraft und die Schülerinnen und Schüler durch den Unterricht führt.15 Dazu wurde, ebenfalls für jedes Modul, eine Audio-CD mitgeliefert, um eine korrekte Aussprache der Texte, der Übungen und der Lieder zu sichern. Die Audio-CD war ein Novum in der Ge- schichte des Bündner Lehrmittelverlages. Dieses Medium hatte im Gegensatz zur Kassette den Vorteil, dass die Texte und Lieder exakt angewählt werden konnten und kein langwieriges Spulen und Suchen mehr nötig war, bei dem die Lehrperson sich dem Gerät statt der Klasse zuwenden musste.

Eine drucktechnische Neuerung, das so genannte

«Schnelldruckverfahren», machte es möglich, auch kleine Auflagen rasch und trotzdem professionell herzustellen.

Man betrat in der Bündner Lehrmittelproduktion, in der Druckphase, Neuland, als die Daten in diesem Verfahren der Druckerei mittels Diskette (noch nicht per E-Mail) elektronisch überlassen werden konnten und diese direkt für den Schwarz-weiss-Druck verwendet werden.16 Zwi- schen der Abgabe der Daten und dem druckfertigen Pro- dukt verstrichen lediglich wenige Tage.

Innert weniger Jahre wurde eine ansehnliche Menge

an Modulen für alle Klassen erarbeitet und übersetzt.17Auf den Inhalt, die Struktur, auf die lernpsychologischen Prä- missen, auf die Didaktik etc. des Lehrmittels wird hier nicht eingegangen, weil sie für die bildungspolitische Steuerung, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle spielten. Diese Entscheide wurden weitgehend den Auto- rinnen und Autoren und der Projektleitung, deren Konzept von der Lehrmittelkommission diskutiert wird, überlas- sen.18 Dieses Konzept ist zwar ein integraler Bestandteil des Antrages an die Gesamtregierung, in der Praxis stehen aber im Rat kaum methodisch-didaktische Fragen zur De- batte.

Sämtliche freischaffende und im Stundenlohn be- zahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auf Antrag der Lehrmittelkommission vom zuständigen Regierungsrat bestimmt.19 Der Stab von Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern setzte sich aus mehreren Autorinnen, mehreren Über- setzer/innen, mehreren Lektor/innen, einem wissenschaft- lichen Mitarbeiter, einer Beraterin für vorschulischen Fremdspracherwerb, einer Illustratorin und einem Illustra- tor, einem Verantwortlichen für die Audio-CD, diversen Sprecherinnen und Sprechern für die Texte und Übungen auf der Audio-CD und ganzen Schulklassen für die gesun- genen Lieder etc. zusammen. Nun stellt sich die Frage, in- wiefern durch die Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter bildungspolitisch Einfluss auf den Inhalt des Lehr- mittels genommen wird. Die Arbeiten werden nicht öffent- lich ausgeschrieben, sondern die regionalen Schulinspek- toren, die vielfach selbst Projektleiter verschiedener Lehr- mittelprojekte sind, kennen sämtliche praktizierenden und ehemaligen Lehrerinnen und Lehrer, wissen von de- ren Sprachkenntnissen und deren Unterrichtspraxis. Lehre- rinnen und Lehrer zu finden, die Zeit haben und willens sind, bei einer Schulbucherarbeitung mitzuwirken und gleichzeitig genügend Romanischkenntnisse haben, sind aber rar, so dass kaum die Möglichkeit besteht, das Perso- nal auszuwählen. Trotzdem, die Schulinspektoren haben eine zentrale Funktion bei der Wahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Aussage von Bill Gates, die Schule habe sich der Erlebniswelt der Kinder anzupassen und nicht umgekehrt, findet auch in der Schweiz breiten Konsens.

Darum bieten verschiedene Lehrmittel- verlage inzwischen eine stark überarbei- tete Palette an Lernmedien an: Lektionen zu praktisch allen Fächern und Themen als Downloads für den mp3-Player der Schüler, Vokabular- und Mathematik- Trainings fürs Handy auf SMS-Basis sowie Lern-DVDs für die Oberstufe mit Action-, Horror- oder Erotik-Rahmenhandlungen.

Den elektronischen Medien läuft zur Zeit aber ein eher traditioneller Experimentier- kasten den Rang ab, der den Biologie- unterricht konsequent auf der Hanfpflanze aufbaut: «HanfDampf in allen Klassen».

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Bildungspolitisch von Interesse sind die Regierungs- ratswahlen, welche Ende der 90er-Jahre stattfanden. Der bereits seit zwölf Jahren amtierende CVP-Regierungsrat Jo- achim Caluori, der dem Erziehungsdepartement20 vor- stand, musste seinen Sitz aufgrund der Amtszeitbeschrän- kung zur Wahl stellen. Nachfolger wurde SP-Regierungsrat Claudio Lardi, ursprünglich aus dem italienischsprachigen Teil Graubündens. Mit ihm verlagerte die Regierung ihre bildungspolitische Strategie. Am 26. November 2000 wur- de vom Stimmvolk ein neues Schulgesetz angenommen, das festlegte, in allen Primarschulen und Kleinklassen

«mindestens eine Kantonssprache als Zweitsprache in Form eines Pflichtfaches anzubieten». Damit wurde das Bündner Schulsystem der deutschsprachigen Schulen dem gesamtschweizerischen angepasst. Die Folge davon war, dass die deutschsprachigen Schulen, wie in der «Vollzie- hungsverordnung zum Schulgesetz» festgelegt, sich in der Primarschule in der Regel für «Italienisch» entschieden ha- ben. Diese Tatsache setzte die Sprachgemischtgemeinden unter Druck. Sie haben im Verhältnis zu den anderen deutschsprachigen Schulen das Privileg verloren, in der vierten bis sechsten Klasse eine Fremdsprache anzubieten.

Damit wird der Romanischunterricht in diesen Gebieten, wieder im Verhältnis zu den anderen deutschsprachigen Schulen, die mit diesem Gesetz nun eine «internationale»

Kantonssprache anbieten konnten, als nachteilig empfun- den, was erneut zu Diskussionen Anlass gab.

Schluss

Der sprachpolitische Kontext der Lehrmittelfrage konnte nur beschränkt dargestellt werden. So ist zum Beispiel die Rolle der Lia Rumantscha und der romanischen Verbände, wie zum Beispiel Renania, aber auch die Rolle einzelner Akteure nicht berücksichtigt. Auch Gesetze, die auf den ersten Blick für die Lehrmittel eine untergeordnete Rolle spielen, wie zum Beispiel das nationale Kulturförderungs- gesetz vom 28. September 1997, sind in ihrer Bedeutung für die Sprachenpolitik und somit für die Lehrmittel nicht zu unterschätzen. Für die Frage aber, inwiefern Lehrmittel als politisches und bildungspolitisches Mittel genutzt wer- den, sind die Ausführungen ausreichend. Es zeigte sich im dargestellten Beispiel, dass die kantonalen Entscheide zu- gunsten des (Sprach-)Lehrmittels in einem nationalen und wahrscheinlich auch internationalen politischen Kontext

Inserat

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gesehen werden müssen. Der Kanton aber wurde erst ak- tiv, als die betroffenen Gemeinden konkrete Anträge stell- ten. Sämtliche politischen Ebenen haben ihren politischen und bildungspolitischen Spielraum genutzt, soweit es sich nicht um inhaltliche, methodisch-didaktische und struk- turelle Aspekte handelte. Dies wurde vorwiegend den Autorinnen, der Projektleitung und, in Form einer Kon- troll- und Beratungsinstanz, der Lehrmittelkommission überlassen.

1 Unter Marketing wird hier nicht eine oberflächliche verkaufs- fördernde Massnahme verstanden, sondern durchaus auch informative Veranstaltungen wie Präsentationsabende oder Einführungskurse.

2 Dies ist ein Unterschied zur verlegerischen Perspektive, die auch Bedürfnisse schaffen kann, um den Umsatz zu steigern.

3 Die grösseren Ortschaften des Bündner Oberlandes sind Dis- entis, Ilanz, Flims etc.

4 In Mittelbünden liegt die bekannte Ortschaft Savognin.

5 Im Schams befinden sich die Ortschaften Andeer, Zillis etc.

6 Art. 4 quinques: «Gemeinden mit deutschsprachiger Grund- schule können den romanischen bzw. den italienischen Sprachunterricht in einzelnen oder allen Klassen obligatorisch erklären.» Die Teilrevision des Schulgesetzes mit diesem Arti- kel wurde von den Stimmenden am 5. April 1987 angenom- men.

7 Es wird allein im Kanton Graubünden, also ohne Tirol, von fünf Idiomen gesprochen: Sursilvan im Bündner Oberland, Surmi- ran in Mittelbünden, Sutsilvan im Schams, Vallader im Unter- engadin und Puter im Oberengadin. Neben diesen Idiomen aber finden sich noch weitere romanische Spezifitäten wie z.B. in Domat/Ems oder im Val Müstair/Münstertal.

8 Die «Lia Rumantscha» hat 1982 dem Zürcher Sprachwissen- schaftler Heinrich Schmid den Auftrag erteilt, Richtlinien für eine neue, gemeinsame Schriftsprache zu erarbeiten.

9 Für kantonale Schriftstücke werden bis 1997 die Idiome Valla- der und Sursilvan und erst danach Rumantsch Grischun ver- wendet. Kantonale Abstimmungsunterlagen sowie Gesetzes- texte werden erst seit 2001 auf RG verfasst.

Auf ein Gesuch der Gemeinde Vaz/Obervaz und gestützt auf ei- ne Stellungnahme der kantonalen Arbeitsgruppe, «Ru- mantsch Grischun in der Schule», beschliesst die Regierung 1999, Rumantsch Grischun in der Schule zuzulassen. Das hatte natürlich Folgen für die Lehrmittel. In der Tageszeitung «Süd- ostschweiz» vom 7. Mai 1999 steht bezüglich der Lehrmittel:

«Noch nicht gelöst ist die Frage eines Lehrmittels für den RG- Unterricht. Die Lehrmittelkommission hat den Auftrag erhal- ten, die nötigen Lehrmittel zu erarbeiten ...».

10 «Rückgängig ist auch der Anteil der Personen mit romanischer Muttersprache: er ist im Kanton Graubünden von 40% im Jah- re 1880 auf 22% im Jahre 1980 gesunken.» (Statistisches Jahr- buch der Schweiz 1990, S. 310)

11 Das Resultat und die Stimmbeteiligung von 30% lassen nicht auf eine in der Öffentlichkeit umstrittene und emotional ge- führte Debatte schliessen.

12 «Die Richtlinien für die Übersetzungstätigkeit des Bundes ins Romanische vom 26. November 1986» legen in Artikel 8 fest, dass die Übersetzungen «grundsätzlich in Rumantsch Gri- schun» erfolgt.

13 Im Vorfeld der nationalen Abstimmung gewann der Slogan

«Minderheitenschutz» an staatspolitischer Bedeutung (vgl.

Coray 2004, S. 247–427, insbesondere S. 279).

14 In Zeiten des Lehrermangels wurden zahlreiche Lehrpersonen in den betreffenden Gemeinden angestellt, die keine Roma- nischkenntnisse hatten.

15 Diesen Anspruch kann das Lehrmittel nicht einhalten. Es wur- den «Musterlektionen» erarbeitet, die aber kaum im Unter- richt umgesetzt werden können, da die Lektionen überfrach- tet sind und auf Repetitionen vielfach verzichtet wurde. Zu- dem sind die Lektionen auf 45 Minuten ausgerichtet, was der Schulrealität nur teilweise entspricht, zumal viele Gemeinden die zwei Fremdsprachlektionen auf vier halbe verteilen.

16 Dieses Verfahren brachte eine Verschiebung der Aufgaben und damit auch eine Verlagerung von Kosten mit sich. Wurde ehe- dem ein nicht gestaltetes Manuskript abgegeben, das in der Druckerei gesetzt wurde, so war die Autorinnengruppe dazu verpflichtet, eine fertige Druckvorlage abzugeben. Das ver- mehrte den Aufwand der Autorinnen und reduzierte denjeni- gen der Druckerei.

17 Das Lehrmittel erhielt den Namen Inscunters.

18 Bevor ein Lehrmittel gedruckt wird, begutachtet die Lehrmit- telkommission das Manuskript und kontrolliert, ob die inhalt- lichen und formalen Vorgaben eingehalten wurden. Die for- malen Vorgaben bestehen primär aus der Seitenzahl, der An- zahl Illustrationen, der Schriftgrösse etc.

19 Eine Ausnahme bildet hier die Projektleitung, die vom Ge- samtregierungsrat bestimmt wurde.

20 Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement (EKUD)

Literatur und Quellen

Amtliche Gesetzessammlung Graubünden.

Coray, Renata: Minderheitenschutz und Beziehungspflege: die zweite Revision des Sprachenartikels (1985–1996). In: Widmer, Jean et al.: Die Schweizer Sprachenvielfalt im öffentlichen Dis- kurs. Eine sozialhistorische Analyse der Transformationen der Sprachordnung von 1848 bis 2000. Bern: Lang 2004, S. 247–427 Inscunters. Chur: Lehrmittelverlag des Kantons Graubünden.

1995ff.

Lehrplan für die Primarschulen des Kantons Graubünden. Chur 1992.

Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1990. Bundesamt für Statistik (Hrsg.). 97. Jg. Zürich: Neue Zürcher Zeitung 1989.

Südostschweiz (ehemals Bündner Zeitung). Chur: Gasser VersoSud. Altdorf: Erziehungsdirektion Uri. Amt für Volksschule.

1994–1995.

Widmer, Jean et al.: Die Schweizer Sprachenvielfalt im öffent- lichen Diskurs. Eine sozialhistorische Analyse der Transforma- tionen der Sprachordnung von 1848 bis 2000. Bern etc.: Lang 2004.

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E i n e h i s t o r i s c h e E p i s o d e

S p r a c h l e h r m e t h o d e u n d d i e R o l l e d e r L e h r m i t t e l

Von Esther Berner

Assistentin am Pädagogischen Institut der Universität Zürich

Der nicht nachlassende Streit um die deutsche Rechtschreibereform lässt vermuten, dass der Grund der Empörung weniger in der Sache, als in einem stark emotional gefärbten Verhältnis vieler Deutschsprachiger zu ihrer Muttersprache liegt. Dass es auch in anderen Bereichen des Deutschunterrichts von Anfang an zu heftigen Streitereien gekommen ist, zeigt der vorliegen- de Text anhand von Sprachlehrmitteln und den darin propagierten Sprachlehrmethoden.

Will man die Geschichte des Sprach-, insbesondere des Le- se- und Schreibunterrichts untersuchen, so bietet es sich an, die Forschung auf die reichlich überlieferten Fibeln ab- zustützen. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Aus- sagekraft dieser Quelle. Offenbar definierten «Lehrmittel»

im Elementarschulwesen etwa des 18. Jahrhunderts den Unterricht weniger streng als es heute der Fall ist, und sie waren methodisch weniger explizit. Es handelt sich denn bei den damaligen Unterrichtsmaterialien auch abgesehen vom ABC-Buch um religiöse Stoffe und andere für den le- benslangen Gebrauch bestimmte alltagspraktische Texte und Schreibvorlagen. Die Entwicklung hin zur stärkeren methodischen und didaktischen Steuerung mittels Schul- büchern deutet sich auch am Nebeneinander älterer und neuer Sprachlehrmittel in der Ausstellung «Aus Alt mach Neu – Kontinuität im Lehrmittel» an. Ein deutlicher Beleg für diese Tendenz ist schliesslich das Aufkommen des Leh- rerhandbuchs als methodischer Leitfaden im 19. Jahrhun- dert.

Neuerungen im Bereich des Sprachunterrichts sties- sen in der Geschichte regelmässig auf Ablehnung und ver- ursachten nicht selten eigentliche Aufstände. Ein Beispiel ist das traditionelle Festhalten an der Buchstabiermethode im 18. Jahrhundert. Auch Änderungen der Schreibkonven- tionen konnten, so zeigt ein Fall aus dem 18. Jahrhundert, ein ganzes Dorf in Aufruhr bringen. Wie der Zürcher An- tistes Ulrich in einer Synodalrede von 1777 berichtet, kam es auf der Landschaft zu Protestreaktionen, als ein Schul- meister die Unterscheidung zwischen den Schriftzeichen

«u» und «v» einführen wollte. Daraufhin entzogen die El- tern dem Schulmeister ihre Kinder – und damit gleichzei- tig den Lohn – suchten ihn in Begleitung der Dorfobrigkeit

auf und bekundeten, sie wollten das «vau» in ihrer Ge- meinde nicht leiden (Ernst 1911, S. 192).

Die Zurückhaltung gegenüber Reformen des Lese- und Schreibunterrichts hing vor der Säkularisierung des Erziehungswesens nicht zuletzt damit zusammen, dass der Erwerb dieser Fertigkeit, sofern er an den Schulunter- richt gebunden war, noch ausgesprochen im Dienst der re- ligiösen Unterweisung stand, wo Neuerungen mit Skepsis begegnet wurde. Bis zu Pestalozzi und einem seiner An- hänger, Hermann Krüsi, begegnet man theologisch gepräg- ten Sprachkonzepten, die Sprache weniger als arbiträres Zeichensystem betrachten, denn als Widerspiegelung einer göttlichen Seinsordnung.

Noch 1834 führte die Einführung eines neuen Lese- buchs in der Bevölkerung des Zürcher Unterlands zu einem Aufstand. Neben der Angst, dass mit dem liberalen Unter- richtsgesetz von 1832 religiöse Stoffe verdrängt würden, mögen materielle Motive eine Rolle gespielt haben: Schul- bücher bedeuteten, solange sie nicht unentgeltlich waren (bis 1899), für viele Eltern eine Anschaffung, die auf jahr- zehntelangen Gebrauch hin angelegt war.

Im Folgenden soll eine Episode aus jener Zeit darge- stellt werden.1Die Wahl fällt auf die «Regeneration» und die anschliessenden Jahrzehnte, weil die damaligen Dis- kussionen um den Leseunterricht und die entsprechenden Sprachlehrmittel, blickt man aus der heutigen Perspektive zurück, bereits als «modern» bezeichnet werden können:

Pädagogische und lernpsychologische Argumentationen stehen im Zentrum; auch gesellschaftspolitische und da- mit eigentlich soziolinguistische Überlegungen spielen ei- ne Rolle. Dieser Fortschritt auf sprachlernmethodischem Gebiet steht in engem Zusammenhang mit der Person des Pädagogen, Lehrerbildners, Schulpolitikers und Lehrmittel- autors Ignaz Thomas Scherr (1801–1870). Sprache ist in Scherrs Konzept die für die intellektuelle Bildung – und nicht in erster Linie für die religiöse – grundlegende Fer- tigkeit. Damit bekommt das Lesen eine neue, nicht mehr vorwiegend reproduktive, sondern produktive Funktion.

Zudem wandelt sich die Relation zwischen Lesen und Schreiben. Solange Alphabetisierung im Zeichen der Re- produktion stand, spielte das Schreiben, die Textproduk- tion, für die breite Bevölkerung eine zweitrangige, nicht nur in der methodischen Abfolge hintangestellte Kompe- tenz dar, die in diesen unteren Schichten um einiges schlechter ausgebildet war als das Lesen. Die Dissoziierung des Schreibens vom Lesen, die im 16. Jahrhundert vollzo-

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gen wird und für das Ancien Régime kennzeichnend ist, verstärkt sich noch durch die Tatsache, dass Lesenkönnen sich meist auf Gedrucktes (im Gegensatz zu Handschriftli- chem) reduzierte. Wer aber Gedrucktes lesen konnte, konnte deswegen noch nicht Geschriebenes lesen, ge- schweige denn Schreiben. Auch dies änderte sich 1832, als die Schreiblesemethode2unter dem Einfluss Scherrs in der Zürcher Volksschule offiziell eingeführt wurde.

Den folgenden Erörterungen liegt die These zugrunde, dass Auseinandersetzungen um die richtige Lese- und Schreiblernmethode zwar im 19. Jahrhundert mit der Ver- wissenschaftlichung der (Schul-)Pädagogik und Methodik zunahmen und entsprechende Theorien miteinander strit- ten, dass sich diese jedoch nur marginal in den Lehrmit- teln niederschlugen.3Die These wird in diesem Beitrag ge- prüft am Beispiel des Streits um die Denk- und Sprech- übungen, wie sie mit dem neuen Lehrplan von 1861 an den Zürcher Primarschulen eingeführt worden sind.

Der Streit

Scherrs sprachlehrmethodische Position kann, wie bereits angedeutet, als fortschrittlich gegenüber früheren Konzep- ten bezeichnet werden. Auffallend ist aus heutiger Sicht die enge Anknüpfung an logische Kategorien, die die Sprach- und Satzbildungsübungen in seinen Lehrmitteln entsprechend formalistisch und schematisch erscheinen lässt. Die rationalistische Sprachauffassung und die darauf beruhende Lernmethode Scherrs hat die Debatte in Zürich bis über den Streit um die Sprech- und Denkübungen hi- naus geprägt. Selbst diese Übungen bedeuteten ja keines- wegs eine Abkehr von Scherr. Der Widerstand der «Scherri- aner» hatte seine Ursache vornehmlich darin, dass diesmal nicht Scherr selber diese neue Bezeichnung eingeführt hat- te.

Sprache hat bei Scherr nicht die Funktion lediglich der Abbildung einer gegebenen «Welt», sondern ist in ers- ter Linie der hörbare beziehungsweise sichtbare Ausdruck der menschlichen Denkfähigkeit. Dabei lehnt er sich sprach- theoretisch, aber auch grammatiktheoretisch an Karl Fer-

dinand Becker (1775–1849) an. Beckers Sprachauffassung wirkt sich in doppelter Hinsicht auf Scherr aus. Er über- nimmt sowohl die Betonung des gemeinschaftsbildenden Aspekts der Sprache, als auch die Sichtweise der Sprache als Ausdruck der geistigen Tätigkeit, womit die Bedeutung einer Verbindung von Denken und Sprechen hervortritt.

Für Becker ist die Sprache «nichts Anderes als der in die Er- scheinung tretende Gedanke und beide sind innerlich nur Eins und Dasselbe» (zit. in Sander (o.J.), S. 6). Die Gram- matiken, die Becker für den Schulunterricht entwickelte, sollen die Schüler dazu führen, die Denkgesetze über die Einsicht und Einübung der Sprachgesetze zu erlernen (ebd., S. 19). Diese Feststellung scheint mir wichtig, um die Bedeutung der analytischen und begriffsklärenden Übungen bei Scherr einzuordnen: Gesetze der Logik und Sprachgesetze sind einander zugeordnet, so dass das eine das andere bedingt, das eine mit und durch das Lernen des andern angeeignet werden kann. Dieses Moment und das soziale Moment, die Scherr beide übernimmt, drücken sich in den folgenden Zitaten aus:

«Da der Mensch durch den geselligen Verkehr gezwungen ist, seine Vorstellungen durch wahrnehmbare Zeichen (Worte) mitzutheilen, so hält notwendig mit der Ausbil- dung des Denkvermögens die Ausbildung des Sprachver- mögens gleichen Schritt; und denken und sprechen sind so innig verbunden, dass bei der Fortschreitung der Denkfertigkeit das Zeichen (das Wort) an die Stelle der zum Begriff gestalteten Vorstellung tritt» (Scherr 1839, S. 111f.).

Der Vorrang des Sprachunterrichts ergibt sich aus dem so- zialen Wesen des Menschen. Einige Formulierungen Scherrs scheinen bereits auf modernere (sozio-)linguisti- sche Fragestellungen vorauszuweisen:

«Die Tonsprache ist das allgemeinste, das bildenste Mit- theilungsmittel; durch ihre mächtige Einwirkung kann auch der Nichtgelehrte auf eine bedeutende Bildungsstu- fe gelangen, durch sie sich Einfluss auf Andere verschaf- fen. Sie ist überall das Organ der Mittheilung im öffent- lichen Leben» (Scherr 1831a, S. 8).

Leider gibt es für die Spielkonsolen, die von Sony und Nintendo kostenlos in allen Schweizer Schulzimmern installiert wur- den, immer noch zu wenig lokalisierte Spiele. Eine erwähnenswerte Ausnahme stellt das Adventure Game «Der Kampf der Kantone»dar, ein Crossover-Lehr- mittel, das Geografie-, Geschichts- und Staatskundeunterricht fasziniernd ver- schmilzt. In verschiedenen Adventures können die Schüler/innen in die Rollen von Kantonen schlüpfen, um zum Beispiel gemeinsam gegen den Bund zu kämpfen, sich als Innerschweizer Kantone gegen Zürich zu verbünden oder zu versuchen, sich gegenseitig Subventionen, Fach- hochschulen oder Asylbewerber aus- zureissen oder anzuhängen.

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Würden alle Menschen die Sprache optimal beherrschen, so möchte man mit Scherr meinen, würden wir in einer

«besseren Welt» leben:

«Wer möchte all den Streit aufzählen, der dadurch ent- standen ist, dass dieser seine Gedanken nicht richtig ausdrücken, jener den richtigen Ausdruck nicht verste- hen konnte? Wie viele Händel wären vermieden worden, wenn der gemeine Mann immer im Stande wäre, die ihm von einem gebildeten Redlichen dargelegten Gründe richtig aufzufassen? Wie manche gerichtliche Verhand- lung hätte einen ganz andern Gang genommen, wenn Kläger oder Beklagter nicht etwas ganz Anderes gesagt hätten, als das, was sie gedacht hatten und dann sagen wollten? und nicht der Richter manchmal in Verlegen- heit wäre, sich den spracharmen Leuten verständlich zu machen?» (Scherr 1831a, S. 8f.).

Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen und damit dem Schreiben und Lesen bekam neu- en Antrieb mit der Einführung der so genannten Denk- und Sprechübungen mit dem Lehrplan von 1861. Diesmal waren es die Schüler und Anhänger Scherrs, die sich, be- sonders nachdem jener vom Erziehungsrat nicht direkt mit der Schaffung der erforderlichen neuen Lehrmittel beauf- tragt worden war, gegen die Neuerung sperrten. Einer un- ter ihnen war der Sekundarlehrer und Erziehungsrat Jo- hann Jakob Schäppi. Er trat 1863 mit der Schrift Die Denk- und Sprechübungen des neuen obligatorischen Lehrplans für die zürcherische Elementarschulean die Öffentlichkeit.

Darauf reagierte wiederum der Erziehungsrat und Seminar- direktor David Fries mitDer Sprachunterricht der zürcheri- schen Elementarschule nach dem alten und neuen Lehr- plan, schliesslich war er ja der Präsident der zur Schaffung des neuen Lehrplans gebildeten Kommission. Liest man die beiden Streitschriften, so drängt sich der Schluss auf, dass es nicht um gegensätzliche Positionen ging, sondern lediglich um ein Mehr oder Weniger an Anschauungs- unterricht und die Frage, ob dieser bereits vor dem eigent- lichen Lese- und Schreibunterricht als gesondertes Fach betrieben werden sollte. Diese Vermutung bestätigt die Be- obachtung, dass sowohl der Verfechter wie der Gegner der Denk- und Sprechübungen mit dem Argument operierten, der neue Lehrplan enthalte ja gar nichts Neues. Bedeutete dies für Schäppi, dass man ebenso gut beim Alten und da- mit bei Scherr bleiben konnte, so folgte daraus für Fries, man könne den neuen Lehrplan ruhig annehmen. Die Denk- und Sprechübungen sind für die erste Klasse im Lehrplan folgendermassen umschrieben:

«1) Anschauung und genaue Auffassung, sowie Benen- nung und Beschreibung solcher Gegenstände, welche entweder in der Schulstube unmittelbar vorhanden oder doch den sämmtlichen Kindern aus dem Wohnhause oder dessen Umgebung ganz gut bekannt sind, und al-

lenfalls auch in der Schule selbst, sei es in Wirklichkeit oder in guter Abbildung wieder leicht vorgezeigt werden können, – mit Angabe ihrer wichtigsten Eigenschaften oder ihres Gebrauches […]. 2) Im unmittelbaren An- schluss an die einzelnen dieser Übungen Aufsuchung ei- ner grösseren Anzahl den Kindern ebenfalls wohlbe- kannter oder leicht zeigbarer anderer Gegenstände, wel- che mit dem bereits angeschauten und beschriebenen in irgend einer Hinsicht […] verwandt sind, – ebenfalls in ganz einfachen Aussagesätzchen und mit ausdrücklicher Gewöhnung an den richtigen Gebrauch der Einzahl- und Mehrzahlform […].»

Die Lehrmittel

Nachdem die Ausschreibung der neuen Lehrmittel von 1862 kein brauchbares Produkt einbrachte und nach an- haltender Verunsicherung der Lehrerschaft, wie sie nun ihren Sprachunterricht zu gestalten hatte, erhielt schluss- endlich doch wieder Scherr den Auftrag von der Erzie- hungsdirektion zur Schaffung der neuen Sprachlehrmittel.

Als Nächstes werden verschiedene Sprachbücher für die erste beziehungsweise zweite Primarklasse von Scherr mit unterschiedlichem Erscheinungsjahr dargestellt und verglichen. Es handelt sich bei sämtlichen ausgewählten drei Lehrmitteln um die ersten Sprachlehrmittel, die die Schüler und Schülerinnen im zweiten Schuljahr in die Hand bekamen:

• Lesebuch I derElementarsprachbildungslehre von 1831

Erstes Schulbüchleinvon 1849

Schulbüchlein für das zweite Schuljahrvon 1867

Neben den Schulbüchern für die Kinder existierten jeweils Kommentare, Leitfaden und Handbücher, die für die Leh- rer bestimmt waren. Diese Bücher enthalten explizite An- gaben und Anweisungen zur Methode und müssen des- halb ebenfalls berücksichtigt werden. Die These ist plausi- bel, dass vor allem diese Texte auf methodische Neuerun- gen reagierten, während sich die entsprechenden Ansätze vielleicht kaum oder gar nicht in den Schülerbüchern niederschlagen mussten. Deshalb werden zusätzlich fol- gende Lehrerhandbücher, ebenfalls von Scherr, untersucht:

Handbuch für den Lehrer zur Elementarsprachbildungs- lehrevon 1831

Handbuch der Pädagogik, Bd. 2, Heft 1 u. 2 (1843)4

• Kommentar und methodischer Leitfaden zurElementar- Sprachbildung durch den Unterricht im Sprechen, Schrei- ben und Lesenvon 1866

Der Titel des Lehrerbuches von 1831 – Handbuch für den Lehrer, enthaltend die Begründung und genaue Darstel- lung einer zweckmässigen Verfahrungsart beim Unterrich- te im Reden, Schreiben und Lesen, [...] nebst eingehenden sprachlehrlichen Erklärungen und Nachträgen– lässt ver-

Referenzen

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