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Die Anwendung der Lichttherapie bei Schlafstörungen

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Die Anwendung der Lichttherapie bei Schlafstörungen

J. Zulley

Die Lichttherapie wurde bisher überwiegend bei der Saisonal A b - hängigen Depression (SAD) ange- wandt [9] und findet jetzt zuneh- mend Eingang in die Behandlung von Schlafstörungen. Diese neue Therapieform kann, neben der Psy- cho- und Pharmakotherapie als ei- genständige Methode angesehen werden. Angewandt wird dieses Verfahren überwiegend in den U S A und der Schweiz. Vor einiger Zeit wurde eine Gesellschaft gegründet, die sich mit diesem Therapieverfah- ren befaßt und unter Leitung von A.

Wirz-Justice eine Zeitschrift heraus- gibt (Bulletin of the Society for Light Treatment and Biological Rhythms;

SLTBR).

Grundlagen

Die Lichttherapie wurde innerhalb des Forschungsgebiets der Chrono- biologie entwickelt. Diese befaßt sich mit den zeitlichen Verläufen biologischer Funktionen und im Be- sonderen mit deren periodischem Verhalten. Die meisten Funktionen des menschlichen Organismus zei- gen einen charakteristischen Verlauf ihrer psychophysiologischen Varia- blen. Die Werte erreichen im Laufe eines 24-Std.-Tages jeweils ein Maxi- mum und ein Minimum. Somit zeigt sich über aufeinanderfolgende Tage eine 24-Std.-Periodik der betroffe-

nen Funktion [5]. Für Schlafen und Wachen gilt Vergleichbares: das binäre Schlaf-Wach-Muster zeigt bei Mittelung über mehrere Tage einen Tagesverlauf mit Maximum und M i - nimum der Schlafhäufigkeit [3].

Während im normalen Alltag diese tagesperiodischen Verläufe mit dem natürlichen 24-Std.-Tag übereinstim- men, zeigten Isolationsstudien in zeitgeberfreier Umgebung, daß ein endogener Steuerungsmechanismus diesen Verlauf verursachte, wobei die autonome Periodik im Mittel 25 Stunden beträgt [18]. Auch wenn die Schlaf-Wach-Regulation noch weite- ren Einflüssen ausgesetzt ist, so un- terliegt sie doch im wesentlichen den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie das übrige zirkadiane System [22]. Die- ser zirkadianen (zirka - ein Tag) Pe- riodik gilt das Hauptinteresse in der Chronoblologie. In den Untersu- chungen der zirkadianen Rhythmen konnten die formalen Eigenschaften zirkadianer Rhythmen, wie Ampli- tude, Phasenbeziehungen verschie- dener Rhythmen oder Zeitgeberwir- kung erforscht werden. Die neueren Ergebnisse ergaben, daß das anato- mische Substrat der biologischen Uhr, der Nucleus suprachiasmaticus im Hypothalamus die Lichtinforma- tion von der Retina erhält [10, 13].

Auch konnten immunohistochemi- sche Techniken zeigen, welche Neu- rotransmitter und Neuropeptide an

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Anwendung der Lichttherapie bei Schlafstörungen

der Synchronisation endogener Rhythmen mit dem externen Hell- Dunkel-Zyklus beteiligt sind [6].

Desweiteren wiesen Tierexperimen- te darauf hin, daß das Pinealhormon Melatonin innerhalb des zirkadianen Systems von großer Bedeutung ist [2]. Von der biologischen Uhr ge- steuert, wird es periodisch ausge- schüttet. Durch Lichteinwirkung über die Retina kann dieser Vorgang unterdrückt werden [1].

Die „Andechser" Untersuchungen zeigten anfangs keinen nennenswer- ten Einfluß des Lichts auf das zirka- diane System des Menschen. Spätere Ergebnisse führten dann aber zu der Erkenntnis, daß beim Menschen sehr viel helleres Licht als bei Tieren notwendig ist, um eine Reaktion des zirkadianen Systems auf Hell-Dun- kel-Reize zu erreichen. So fanden Lewy et al [12], daß helles Licht die Melatoninsekretion auch beim Menschen beeinflussen kann. Weite- re Untersuchungen konnten dann die genaueren Regulationsmecha- nismen aufdecken [1]. In den späte- ren „Bunkerexperimenten" konnte dann auch nachgewiesen werden, daß dieses helle Licht als ein wesent- licher Zeitgeber das zirkadiane Sy- stem des Menschen beeinflußt [20].

E r ist zur Synchronisation der Rhythmen mit dem 24-Std.-Tag von wesentlicher Bedeutung. In weiteren Untersuchungen konnte mit Hilfe der Phasen-Response-Kurve gezeigt werden, daß der Einfluß des Lichts von der Tageszeit der Anwendung abhängt. Eine Phasen-Response-

Kurve ist die graphische Darstellung der Beziehung zwischen dem Zeit- punkt der Lichtgabe sowie Richtung und Größe der hieraus resultieren- den Reaktion - sprich Phasenver- schiebung [19].

Lichttherapie

Die Erkenntnisse über die Rolle der Lichtintensität für die Verände- rung zirkadianer Rhythmen beim Menschen waren die Brücke zur Einführung von sehr hellem Licht als Therapie bei Krankheitsformen, bei denen eine Störung der inneren Uhr postuliert wurde [9]. Bei den Annah- men über die Wirkung der Lichtthe- rapie wird davon ausgegangen, daß der Lichtreiz eine zirkadiane Rhyth- musstörung korrigiert [21].

Eine solche Abnormalität wird bei bestimmten Schlafstörungen ange- nommen. Hierbei kommt vor allem eine „Störung des Schlaf-Wach- Rhythmus" (DSM-III-R 307.45) in Betracht [8]. Diese ist gekennzeich- net durch eine, gegenüber dem Nor- malzustand veränderte Phasenbezie- hung zwischen dem zirkadianen Sy- stem einerseits und dem Schlaf- Wach- bzw. Tag-Nacht-Wechsel an- dererseits. Dies bezieht sich auf das

„vorverlagerte Schlafphasen-Syn- drom" (advanced sleep phase Syn- drom - ASPS) und auf das „rückver- lagerte Schlafphasen-Syndrom" (de- layed sleep phase Syndrom - DSPS).

Entsprechend der Vor- oder Rück- verlagerung ist bei diesen Fällen die Therapie anzusetzen. Beim ASPS

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Anwendung der Lichttherapie bei Schlafstörungen

wird ein, gegenüber dem 24-Std.-Tag vorverlagerter zirkadianer Verlauf der biologischen Uhr angenommen.

Ein Lichtpuls am Abend soll hier das zirkadiane System zu einer Phasen- rückverlagerung und somit zu einer normalen Schlafzeit im 24-Std.-Tag führen. Im Falle des DSPS ist die Lichttherapie am frühen Morgen an- zusetzen, um eine Vorverlagerung der zirkadianen Rhythmen zu er- zwingen.

Als weitere Hypothese für den Fall der Schlafstörung wird auch eine Re- duktion der Amplitude zirkadianer Rhythmen angenommen. Als For- men der Schlafstörung kommen hier die „Störung der Schlafkontinuität"

(sleep maintenance insomnia - SMI) nach DSM-III-R „Desorganisierter Typus" in Betracht. Durch Einset- zen von hellem Licht während des Tages wird eine Vergrößerung der Amplitude bewirkt. Hier ist der Zeitpunkt der Anwendung, abgese- hen davon, daß es während des Ta- ges erfolgen sollte, nicht von Bedeu- tung.

Die bisherigen wenigen Untersu- chungen zu diesem Gebiet zeigten bei abendlicher Lichtgabe eine Pha- senrückverlagerung für Schlafen und Wachen (von 23 : 00 bis 5 : 00), wie auch für Melatonin (Beginn der Ausschüttung). Bei morgendlicher Lichtanwendung war eine Phasen- vorverlagerung der Körpertempera- tur und eine entsprechende Ver- schiebung in der Tagesmüdigkeit (MSLT) zu erkennen. Auch die A n - gaben zur subjektiven Wachheit

und dem Einschlafzeitpunkt ent- sprachen diesem Ergebnis. Vor al- lem die Schlafqualität (Schlafeffizi- enz) konnte durch Lichtanwendung verbessert werden.

Als Beleuchtung wird Licht ohne U V - und extremen Blau-Anteilen verwendet. Des weiteren sollten kei- ne nennenswerten Infrarot-Anteile vorhanden sein und ansonsten alle Spektren annähernd gleiche Inten- sität besitzen. Die Lichtintensität wird entweder 2 500 Lux für 2 Std.

oder 10 000 Lux für 40 min ange- wandt. Benutzt werden tragbare Tischgeräte oder größere Lampen auf fahrbaren Gestellen mit Leucht- stoffröhren. Der Patient soll frontal zur Lampe sitzen und direkt oder fast direkt in diese schauen. Der richtige Abstand zur Lampe ist wichtig. Der empfohlene Zeitraum für die Dauer einer Lichttherapie beträgt zwei Wo- chen. Es ist zu beachten, daß die Wir- kung erst nach drei bis vier Tagen einsetzt. Falls dies nicht der Fall ist, kann entweder die tägliche Anwen- dungsdauer verlängert werden oder die Anwendung wird auf eine andere Tageszeit verlegt. Bei Wiederauf- treten der Schlafstörung kann die Lichttherapie wiederholt werden.

Durch die Lichttherapie hervorgeru- fene Schäden oder ernste Nebenwir- kungen sind bisher nicht bekannt.

Gelegentlich wird von leichter A u - genreizung, trockener Haut und A n - triebsteigerung berichtet. Generell ist eine vorherige augenärztliche Unter- suchung anzuraten.

Eine Zusammenfassung des der- 69

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zeitigen Standes der Lichttherapie findet sich in Zulley und Wirz-Justice [23].

Literatur

1. Arendt, J. et aL: Some effects of melato- nin and the control of its secretion in hli- mans. In: (Ciba Foundation Symposium 117) Photoperiodism, melatonin andLthe pineal. 266-283. Pitman, London 1985.

2. Armstrong, S. M.: Melatonin: The inter- nal Zeitgeber of mammals? Pineal Res.

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3. Aschoff, J.: Handbook of behavioral neu- robiology. Springer, New York 1981.

4. Campbell, S., Dawson, D., Anderson, M.

A.: Alleviation of sleep Maintenance in- somnia with timed exposure to bright light. J. Amer. Geriatrie Soc. 1993.

5. Cauter, van E., Aschoff, J.: Endocrine and other Biological Rhythms. In: Endocrino- logy. (Ed.) L J DeGroot. 2685-2705. Phila- delphia 1989.

6. Checkley, S. A. et aL: Neuroendocrine study of the mechanism of action of pho- totherapy in seasonal affective disorder.

In: Thompson, C , Silverstone, T. (Eds.) Seasonal affective disorder. 223-232. Cli- nical Neuroscience Publishers, London 1989.

7. Dawson, D., Campbell, S. S.: Bright light treatment: Are we keeping our subjects in the dark? Sleep 13 (3) (1990) 267-271.

8. DSM-III-R: Diagnostisches und Statisti- sches Manual Psychischer Störungen.

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9. Haug, H. J., Wirz-Justice, A.: Stellenwert der Lichttherapie in der Behandlung de- pressiver Patienten. In: Ch. Riemer und W. Pöldinger (Eds.) Depressionen: Bezie- hungen zwischen medikamentösen und nichtmedikamentösen Behandlungsfor- men (1991) 37-48.

10. Honma, K., Honma, S., Wada, T.: En- trainment of human circadian rhythms by

artificial bright light cycles. Experienta. 43 (5) (1987) 572-575

11. Lack, L., Wright, W.: Evening light thera- py for early morning insomnia. Sleep Res.

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20. Wever, R.: Light effects on human circa- dian rhythms: a review of recent Andechs experiments. J. Biol. Rhythms, 4 (1989) 161-185.

21. Wirz-Justice, A . et aL: Zur Theorie der saisonal abhängigen Depressionsform und der Wirkung von Licht. Therapie Woche Psychiatrie/Neurologie 1993.

22. Zulley, J.: Chronobioiogische Studien zur Schlaf-Wach-Regulation. Roderer, Re- gensburg 1993.

23. Zulley, J., Wirz-Justice, A . (Eds.): Licht- therapie. Roderer, Regensburg 1995.

Referenzen

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