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Zu Leberkrebs und Arbeitsplatzexposition bei Frauen

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Academic year: 2022

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Aus dem Institut für Arbeits-, Sozialmedizin und Epidemiologie der

Medizinischen Fakultät Charité der Humboldt-Universität zu Berlin

DISSERTATION

Zu Leberkrebs und Arbeitsplatzexposition bei Frauen

Ergebnisse im Rahmen einer internationalen Fall-Kontroll-Studie zu Leberkrebsrisiko und Steroidhormon-Nutzung bei Frauen

Zur Erlangung des akademischen Grades doctor medicinae

Vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité der Humboldt-Universität zu Berlin

Klaas Heinemann

Dekan: Prof. Dr. med. Dr. hc. R. Felix

Gutachter: 1. Prof. Dr. S. Willich 2. PD Dr. G.E. Heuchert 3. Prof. Dr. J. Haerting eingereicht: 11. August 1999 Datum der Promotion: 22. Mai 2000

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2 Abstrakt

Bei Frauen wurde der Zusammenhang zwischen berufsbedingten Expositionen und dem primären Leberzellkarzinom (HCC) bisher nur sehr eingeschränkt diskutiert, das heißt, es gibt bisher kaum Forschungsergebnisse.

Diese Arbeit zeigt die Ergebnisse einer internationalen Fall-Kontroll-Studie bei Frauen.

Es wurden 317 HCC-Fälle und 1789 Kontrollen ohne diese Erkrankung untersucht.

Grenzwertig signifikant erhöhte, adjustierte Risikoschätzer (Odds Ratio=OR)konnten für Beschäftigte in der Landwirtschaft (OR=2.50, 95% Konfidenzintervall: 1.28-4.88) und der chemischen Industrie (2.37 (1.04-5.41)) gefunden werden. Andere, nicht-signifikant erhöhte Werte fanden sich bei Frauen, die in der pharmazeutischen Industrie, in der Plas- tik- und PVC-Produktion, in der Schlachterei und in der Textilindustrie beschäftigt wa- ren. Allerdings zeigten die jeweiligen Risikoschätzer nur eine geringe Konsistenz zwi- schen drei verschiedenen Analyseverfahren. Desweiteren zeigte keine der Analysen ei- nen linearen Trend mit zunehmender Zeitdauer der Exposition. Die Anzahl der exponier- ten Fälle und Kontrollen waren aber in vielen der Berufsgruppen sehr klein, und damit auch die Studien-Power und die Präzision. Wir konnten keinen ernstzunehmenden und konsistenten Beleg für eine Beziehung zwischen HCC bei Frauen und berufsbedingten Expositionen aufzeigen. Nichtsdestotrotz, auch schwache Hinweise auf berufsbedingte Risiken rechtfertigen weitere sorgfältige Betrachtungen in zukünftigen Studien.

Schlagworte:

Fall-Kontroll-Studie; Hepatozelluläres Karzinom; berufsbedingte Exposition; Frauen

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3 Abstract

The association of occupational variables and hepatocellular cancer (HCC) is discussed with particular reference to women, as little research has been undertaken on their behalf.

This paper reports the results of an international case-control study concerning women and involves 317 cases of HCC and 1789 controls without HCC.

Working in the chemical industry and in farming was shown to have only a marginally significant risk associated with HCC: adjusted occupational risk (OR) and 95% confi- dence interval 2.37 (1.04-5.41) for the chemical industry and 2.50 (1.28-4.88) for farm- ing. Other non-significantly elevated ORs were observed in the pharmaceutical, plastics, PVC-producing, textile-producing and butchery industries. Little consistency was found among the risk estimates for HCC, based on three different analytical approaches. None of the analyses showed a linear trend of risk with increasing duration of exposure. How- ever, the numbers of exposed cases and controls were small for many of the occupations and therefore the study power and precision were low. We failed to find important and consistent evidence for a relationship between HCC in women and occupational vari- ables. However, even weak evidence of occupational risk warrants careful consideration in future studies.

Key words:

hepatocellular cancer; occupational exposure; case-control study; women

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4

Einleitung 5 Stand der Forschung und Ableitung der Fragestellungen 7

Risiken ohne Arbeitsplatzbezug 10

Arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren 10

Ableitung der Fragestellungen dieser Arbeit 12

Methoden 14

Beschreibung der Fälle: 14

Beschreibung der Kontrollen 15

Methodik der Informationsgewinnung 17

Methodik der Codierung 21

Methodik der Auswertung 25

Eigener Anteil an der Untersuchung zu berufsbedingten Leberkrebsrisiken 29

Ergebnisse 30

Response Rate 30

Fall-Untergruppen 30

Vergleichbarkeit der Fälle und Kontrollen 32

Risikofaktoren für HCC und potentielle Confounder: Zusammenhänge mit

potentiellen beruflichen Risiken 35

Berufliche Risiken: Berufsgruppen 40

Exposition mit bestimmten Noxen 52

Job-Exposure-Matrix 58

Diskussion 62

Methodische Fragen 62

Landwirtschaft 63

Textilindustrie und Reinigungsgewerbe 66

Gastronomiegewerbe 68

Chemische Industrie 69

Farben und Lösungsmittel 69

Andere Berufsgruppen bzw. berufliche Expositionen 71 Zusammenfassende Beantwortung der Fragestellungen dieser Untersuchung 72

Zusammenfassung 74 Literaturverzeichnis 79

Anhang 84

(5)

5 Einleitung

Im letzten Jahrzehnt wurde in der Literatur wiederholt darüber berichtet, daß die Leber- Karzinom-Inzidenz beider Geschlechter leicht ansteigt, besonders in Ländern mit einer höheren Hepatitis-Prävalenz (Muir 1987, Parkin 1988, Munoz 1987, Stuver 1994)

In der Vergangenheit wurden bereits viele Risikofaktoren für die Entstehung eines pri- mären Leberzell-Karzinoms in der Fachliteratur beschrieben. Neben den beiden Hepatiti- den B und C als wichtigste Risikofaktoren (Kekulé 1994) spielen folgende Faktoren eine Rolle: Aflatoxin-kontaminierte Nahrungsmittel (Bruce RD 1990), Alkoholmissbrauch (Nalpas 1995), verschiedene Medikamente wie z.B. Thorotrast und Immunsuppressiva, anabolisch wirkende Steroide und andere (Stanozolol, Clofibrat, Azathioprin [Anthony 1993]). Auch Steroid-Hormon-Kontrazeptiva wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder als Risikofaktor diskutiert (Henderson 1983, Kew 1990), doch einige neuere Stu- dien konnten kein erhöhtes Risiko finden (The Collaborative MILTS Project Team 1997).

Auch über mögliche Zusammenhänge zwischen bestimmten Berufen bzw. Tätigkeiten und der Entstehung eines primären Leberzell-Karzinoms wurde in der Literatur berichtet, z. B. für Textilarbeiter (Chow 1993), für Beschäftigte in Textilreinigungen (Lynge 1995), für Landarbeiter und andere in der Landwirtschaft Tätige (Stemhagen 1983) und für bestimmte Berufe in der metallverarbeitenden Industrie (Urbaneja-Arrue 1995), der Gastronomie (Kauppinen 1992) und der ölverarbeitenden Industrie (Suarez 1989, Teta 1991).

Das Primärziel der Multizentrischen Internationalen Leber-Tumor-Studie (Heinemann 1996, The Collaborative MILTS Project Team 1997) bei Frauen war es, mögliche Zu- sammenhänge zwischen der Benutzung von oralen Kontrazeptiva (OC) und dem Auftre- ten eines primären Leberzell-Karzinoms aufzudecken. Aber auch die anderen oben ge- nannten Risikofaktoren wurden näher betrachtet, da diese möglicherweise ein erhöhtes Risiko bei OC-Nutzern erklären könnten.

Das Ziel dieser Arbeit ist es hauptsächlich, mögliche Zusammenhänge zwischen dem Risiko, ein Leberzell-Karzinom zu entwickeln, und der Ausübung bestimmter beruflicher

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6

Tätigkeiten bzw. der Exposition zu bestimmten Noxen zu bestimmen. Der Aufbau und Umfang dieser Studie machte es möglich, viele andere mögliche Risikofaktoren (inkl.

Hepatitis B und C) bei den statistischen Auswertungen zu berücksichtigen, die bei Nicht- erfassung möglicherweise die Ergebnisse verfälscht hätten.

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7

Stand der Forschung und Ableitung der Fragestellungen

Weltweit erkranken jährlich etwa 250.000 Personen (170.000 männliche, 80.000 weibli- che) an bösartigen Neubildungen der Leber (ICD-9: 155), d.h. es ist bei Frauen deutlich seltener. Damit rangiert der Leberkrebs mit einem Anteil von 4% an allen bösartigen Neubildungen auf Platz 8 der Häufigkeit bei Frauen. Die Inzidenz ist mit geographischen Schwankungen verbunden: Für Frauen liegt sie in Nord-Amerika bei 1,5 Fällen je 100.000, in West- und Nord-Europa bei 2,5, in Süd-Europa bei 6 und Ost-Asien (ein- schließlich China und Japan) bei 7. Betrachtet man die Altersgruppe bis 60 Jahre, so er- geben sich für diese Gebiete Inzidenzraten von 0,5/ 0,8/ 2,0 bzw. 2,3 je 100.000. In abso- luten Zahlen heißt das in der Altersgruppe der bis 60jährigen Frauen etwa 500 Neuer- krankungen jährlich in Nord-Amerika, 250 in Deutschland, 2500 in Europa, 10.000 in Ost-Asien und 20.000 weltweit. In der Literatur der letzten Dekade wurde wiederholt berichtet, daß die Inzidenz des Leberkrebs allmählich bei beiden Geschlechtern ansteigt, d.h. vor allem in Ländern, in denen Hepatitis B-Infektionen prävalent sind (Muir C 1987, Parkin DM 1988, Munoz N 1987, Stuver SO 1994).

Aus Daten einer 1994/ 95 durchgeführten Umfrage bei 36 Krebsregistern Europas (ZEG 1995) haben wir einige Register beispielhaft ausgewählt, um Trends der altersstandardi- sierten Leberkrebsraten bis 1990/ 92 zu zeigen (Tab.1/ 2). Zusammengefaßt kann man schlußfolgern, daß es keine sehr ausgeprägten Veränderungen der HCC-Inzidenzraten bei Frauen gibt und auch keine ausgeprägten Trendunterschiede zwischen den Geschlechtern in der letzten Dekade. Wegen der relativ kleinen Basis-Bevölkerung vieler Register sind die jährlichen altersspezifischen Raten erheblichen Zufallsschwankungen ausgesetzt.

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8

Tab.1 Zeitlicher Trend altersstandardisierte Inzidenzraten für „Leberkrebs“ (155 ICD 9) bei Frauen (ohne Altersbegrenzung). Erhebungaus internationalen Krebsregistern, die dem Standard der IARC Register entsprechen. Überlassung der Daten durch die entspre-chenden Registerleitungen 1994 an das Zentrum für Epidemiologie und Gesundheitsforschung Berlin (interner Forschungsbericht). Die unterschiedliche Zusammenfassung der Zeiträume erfolgte durch die berichtenden Register selbst.

1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 Saarland, Germany 4,0 1,5 1,6 1,6 1,6

Birmingham and West Mid-lands Region, England 0,5 0,4 0,6 0,6 0,7 South Thames Region,England 0,6 0,4 0,4 0,7 0,5 0,6 0,4 0,4 0,7 0,5 0,5 0,7 0,6 0,6 0,5 0,5 0,5 0,8 1,0 1,0 1,0 1,1 1,2 1,2 1,0 1,1 1,0 1,0

Scotland 1,2 1,1 1,2 1,3 1,3 1,2 1,7

Oxford Region, England 0,3 0,4 0,6 0,7 1,1

Trent Region, England 0,5 0,9 1,0 0,9 0,8

South West Region, England 0,7 0,7 0,9 0,9

Denmark 1,6 1,6 2,3 2,1 1,9

GDR 1,4 1,4 1,4 1,5 1,7 1,6

Finland 1,6 2,1 1,5 1,8 1,8 1,8 2,2 2,5 1,8 2,3 1,9 1,8 1,9 2,3 2,1 2,6 1,8 2,4 2,0 2,0

Geneva, Switzerland 1,4 1,3 1,5 1,8 1,6 Ireland 0 0 0 0,2 0,3 0,4 0 0 0 0 0 0,5

Norway 2,3 1,1 1,0 0,9 1,0 1,4 1,1 0,7 1,0 1,0 1,2 1,2

Sweden 1,4 1,8 2,7 2,6 1,8

Slovakia 6,1 5,5 5,2 5,1 4,4 3,7 3,9 4,6 4,2 4,2 3,0 2,8 2,7 2,4 2,7 2,7 2,8 2,9 2,1 2,1 2,1 3,0 2,1

Slovenia 0,8 0,9 1,2 1,5 0,9

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Tab.2 Zeitlicher Trend altersstandardisierte Inzidenzraten für „Leberkrebs“ (155 ICD 9) bei Männern (ohne Altersbegrenzung). Erhe-bung aus internationalen Krebsregistern, die dem Standard der IARC Register entsprechen. Überlassung der Daten durch die ent-sprechenden Registerleitungen 1994 an das Zentrum für Epidemiologie und Gesundheitsforschung Berlin (interner Forschungsbe-richt). Die unterschiedliche Zusammenfassung der Zeiträume erfolgte durch die berichtenden Register selbst.

1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 Saarland, Germany 5,6 2,6 3,0 4,0 3,9

Birmingham and West Mid-lands Region, England 0,9 1,4 1,3 1,6 1,6 South Thames Region,England 1,2 1,2 0,8 1,1 1,1 1,4 1,0 1,2 1,3 1,3 1,3 1,3 1,6 1,3 1,2 1,7 1,7 1,3 1,5 2,1 2,3 1,8 2,6 2,3 2,4 2,1 2,7 2,5

Scotland 2,9 2,9 2,8 2,9 3,1 3,1 3,2

Oxford Region, England 1,0 1,1 1,4 1,4 1,7

Trent Region, England 1,0 1,5 1,8 1,4 1,3

South West Region, England 1,2 1,2 1,7 1,7

Denmark 2,9 2,9 3,6 4,0 3,4

GDR 3,2 3,6 3,6 3,9 4,1 3,9

Finland 3,0 3,3 3,6 3,8 3,5 2,8 3,7 3,6 4,0 3,3 4,0 4,2 4,6 4,4 4,2 3,8 3,9 3,7 3,8 4,1

Geneva, Switzerland 9,8 9,7 10,2 9,8 11,2 Ireland 0 0,4 0 0,7 0,4 0,7 1,4 1,0 0,5 1,7 1,1 0,2

Norway 3,1 1,6 2,2 2,0 2,0 2,3 2,2 1,8 1,9 1,4 1,8 2,4

Sweden 2,9 3,4 4,7 4,5 3,5

Slovakia 6,6 6,5 6,6 6,3 6,9 6,1 6,0 6,1 7,2 6,1 5,2 4,5 5,5 5,1 5,2 5,3 5,8 6,0 5,3 5,1 6,1 5,9 5,8

Slovenia 1,6 2,0 2,0 3,4 2,8

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10 Risiken ohne Arbeitsplatzbezug

Viele Risikofaktoren für das Primäre Leberzell-Karzinom wurden in der Literatur be- schrieben, vor allem solche, die keinen oder nur geringen direkten Bezug zum Arbeits- platz haben. Dabei spielen die beiden Hepatitiden B und C die wohl wichtigste Rolle (Kekulé 1994, Okuda 1987). Es wird geschätzt, daß chronische Hepatitis B Infektion für 55-95% der Leberzellkarzinome in bestimmten Bevölkerungen verantwortlich ist (WHO 1994). Ein weiterer wichtiger Risikofaktor ist der Umgang bzw. die Aufnahme von Afla- toxin-kontaminierten Nahrungsmitteln (Bruce 1990). Dies spielt besonders in wärmeren Regionen (z.B. Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika) eine Rolle.

Auch der Alkoholmißbrauch und die oft daraus resultierende oder dadurch unterstützte Entwicklung einer Leberzirrhose wird als Ursache für die Entstehung des HCC diskutiert (Nalpas 1995).

Die Leberkrebsinduzierende Wirkung des Kontrastmittels Thorotrast gilt als gesichert, aber auch immunsuppressive Medikamente, Anabolika und einige andere Medikamente, wie z.B. Stanozole, Clofibrate, Azathioprine werden als mögliche Risikofaktoren gehan- delt (Anthony 1993).

Auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Benutzung von oralen Kontrazeptiva und der Entwicklung eines HCC wurde in den vergangenen Jahren wiederholt hingewie- sen (WHO 1992, WHO Collaborative Study of Neoplasia and Steroid Contraceptives 1989, Thomas 1991, Prentice 1991, Henderson 1983, Neuberger 1986, Forman 1986, La Vecchia 1989, Palmer 1989, Kew 1990, Hsing 1992, Tavani 1993). Neuere Studien fan- den einen sehr fraglichen oder gar keinen Zusammenhang (WHO Collaborative Study of Neoplasia and Steroid Contraceptives 1991, The Collaborative MILTS Project Team 1997). Neuere toxikologisch-experimentelle Untersuchungen erbrachten Hinweise, daß speziell ein in oralen Kontrazeptiva benutztes Progesteron (CPA) eine kanzerogene Wir- kung auf Leberzellen haben könnte (Neumann 1992, Topinka 1993, Marelli 1994). Sol- che Risiken wurden in epidemiologischen Studien nicht bestätigt (Heinemann 1997, Raabe 1996). Über Einzelfälle wurde jedoch berichtet (Watanabe 1994).

Arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren

Auch über die Verbindung zwischen dem Leberzell-Karzinom und bestimmten berufli- chen Expositionen wurde in der Literatur seit Jahren berichtet. Dabei gab es Berufsgrup-

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pen und bestimmte Expositionen, die besonders häufig untersucht bzw. genannt wurden.

Die meisten derartiger Studien beschäftigten sich jedoch vorrangig oder ausschließlich mit der Exposition von Männern.

Landwirtschaftliche Berufe/ Pestizide

Stemhagen et al. (1983) hat für verschiedene landwirtschaftliche Berufsgruppen ein sig- nifikant erhöhtes Risiko gefunden, so z.B. für die Gruppe aller landwirtschaftlichen Be- rufe zusammen und für die Untergruppe „landwirtschaftliche Produktion“. Der Tatsache, daß vor allem über ein erhöhtes Risiko von Landarbeitern und Winzern berichtet wurde, weniger aber von Farmbesitzern und Managern, führte zu der Annahme, daß hauptsäch- lich der Umgang mit Chemikalien (Pestizide, Arsen) dieses erhöhte Risiko bedingen könnten. Auch Kauppinen (1992) konnte ein erhöhtes Risiko nur für die Gruppe „andere landwirtschaftliche Berufe“ nachweisen, in der sich hauptsächlich Melkerinnen befan- den, auch wenn die Ergebnisse dieser Gruppe der Frauen nicht signifikant waren. Er führte dieses erhöhte Risiko hauptsächlich auf die Inhalation verschiedener Schimmel- pilzhaltiger Stäube zurück. In anderen Landwirtschaftsberufen konnte er kein erhöhtes Risiko nachweisen. Blair (1993) hingegen fand in seiner Studie ein erniedrigtes Risiko sowohl in der männlichen sowie auch in der weiblichen Bevölkerungsgruppe. Katz (1987) konnte in seiner Studie ein nichtsignifikant leicht erhöhtes Risiko für Beschäftigte in der Landwirtschaft und für Arbeiter, die berufsbedingt Pestiziden ausgesetzt waren, finden. Da unsere Studie nur Leberkrebsereignisse bei Frauen umfaßt, möchten wir zu den genannten Ergebnissen mit unseren Daten Stellung nehmen.

Textilindustrie und –reinigung

Suarez (Suarez 1989) konnte in seiner Studie ein signifikant erhöhtes Risiko für männli- che Textilarbeiter aufzeigen, ebenso wie auch Chow (1993), der die Textilarbeiter noch in kleinere Untergruppen unterteilte. Als mögliche Ursache für dieses erhöhte Risiko wurde der berufsgebundene Umgang mit Tetrachloriden, Lösungsmitteln und Trichlo- rethylen genannt (Suarez 1989, Chow 1993). McLaughlin (1987) fand für männliche Be- schäftigte in der Schuhfabrikation ein signifikant erhöhtes Leberkrebsrisiko. Für die Be- rufsgruppe der Textilreiniger gibt es sehr unterschiedliche Ergebnisse. Lynge (1994) und Stemhagen (1983) konnten ein signifikant erhöhtes Risiko aufzeigen, Suarez (1989) hin- gegen ein erniedrigtes Risiko, wenn auch nicht signifikant. Obwohl gerade in der Indust-

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rie und im Reinigungsgewerbe in den letzten 10 Jahren ganz wesentliche Maßnahmen zur Sicherheit am Arbeitsplatz eingeführt wurden, wollen wir frühere berichtete Zusam- menhänge einer neuen Bewertung unterziehen.

Gastronomiegewerbe

Im Gastronomiegewerbe waren es vor allen Dingen die Köche (Suarez 1989, Kauppinen 1992) und die Barfrauen (Stemhagen 1983), für die ein signifikant erhöhtes Risiko nachweisbar war. Als mögliche Ursache für das erhöhte Risiko von Köchen gab Suarez (1989) eine erhöhte Ansteckungsgefahr mit Hepatitis an (ähnlich bei Schlächtern), für die Barfrauen wurde der berufliche Umgang mit Alkohol genannt (Stemhagen 1983).

Viele der mit höheren HCC-Risiko in Verbindung gebrachten Berufe/ Tätigkeiten sind zwar eine Domäne von Männern, dennoch werden wir diesen Fragen in unserer Frauen- studie nachzugehen versuchen.

Chemische Industrie

Chow (1993) fand für verschiedene Berufsgruppen der chemischen Industrie für Männer ein signifikant erhöhtes Risiko an Leberkrebs zu erkranken, z.B. chemical processors, raw chem. Manufacturing workers, other chemical workers. Für Frauen war zwar eben- falls ein erhöhtes Risiko nachweisbar, dieses war aber nicht signifikant. Die Frage ist, ob wir diesen Befund bestätigen können.

Exposition zu Farben und Lösungsmitteln

Auch für die Exposition mit Farben oder Lösungsmitteln wurde in der Literatur über ein erhöhtes Leberzellkarzinom-Risiko berichtet. Kauppinen (1992) konnte für beruflich mit Farbstoffen exponierte Frauen ein signifikant erhöhtes Risiko finden. Ein ebenfalls signi- fikant erhöhtes Risiko für Leberkrebs bei Lösungsmittelexponierten Frauen konnte Hernberg (1988) nachweisen, bei Männern ließ es sich nicht nachweisen. Diesen mögli- chen Zusammenhang mit unserer Studie zu bestätigen oder abzulehnen, stellen wir uns als Aufgabe.

Ableitung der Fragestellungen dieser Arbeit

Aus den obigen Ausführungen wird klar, daß wir mit den Daten dieser großen Europäi-

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schen Fall-Kontroll-Studie untersuchen wollen, ob wir ähnliche Zusammenhänge bei Frauen nachweisen können. Darüber hinaus ist es auch Ziel, nach bisher nicht genannten oder untersuchten Zusammenhängen zu fahnden.

Im Einzelnen werden uns fünf Hauptfragestellungen beschäftigen:

Können wir auch bei Frauen erhöhtes Risiko für die Entwicklung des HCC nachweisen:

1. bei Beschäftigung in der Landwirtschaft bzw. Pestizidexponierten 2. bei Beschäftigung in der Textilindustrie und Textilreinigung 3. bei Beschäftigung im Gastronomiegewerbe

4. bei Beschäftigung in der chemischen Industrie

5. bei beruflicher Exposition zu Farben und Lösungsmitteln

Am Ende der Arbeit wollen wir zu diesen 5 Fragen explizit Stellung nehmen.

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14 Methoden

Diese Krankenhaus-basierte Fall-Kontroll-Studie wurde im Zeitraum von Juli 1994 bis Juni 1996 in 6 Europäischen Ländern durchgeführt: Deutschland, Großbritannien, Frank- reich, Spanien, Italien und Griechenland. Diese europaweite Durchführung hatte in erster Linie das Ziel, eine breite Mischung von Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher Inzidenz von HCC sowie Hepatitis B und C zu erfassen, aber auch heterogene berufsbe- dingte Expositionen von Frauen, sowie variierende Prävalenz der OC-Nutzung.

In das Projekt waren 64 Leberzentren in 31, überwiegend universitären Einrichtungen eingebunden (Anlage 1). Diese 31 Zentren wurden aus Gründen größerer Gruppenbeset- zung zu 12 Zentren zusammengefaßt: 7 in Deutschland, und die Zentren in UK, Frank- reich, Italien, Griechenland und Spanien zu jeweils einem Zentrum (in den 3 letztgenann- ten Ländern gab es jeweils nur ein teilnehmendes Leberzentrum).

Beschreibung der Fälle:

Definition von Fällen

In dieser Studie wurden als Fälle Frauen im Alter unter 65 Jahren mit definitiver oder wahrscheinlicher Diagnose eines Leberzell-Karzinoms auf Krankenhaus-Basis erfaßt.

Eine wahrscheinliche Diagnose basierte entweder auf einem positiven Befund eines bild- gebenden Verfahrens (Sonographie, CT, MRT) oder auf einem klar erhöhten AFP- Blutspiegel (500+units). Eine definitive Diagnose basierte auf einer positiven histologi- schen Bestätigung des Tumortyps. Mögliche Fälle, bei denen nur die klinische Diagnose HCC gestellt wurde, wurden nicht als Fälle akzeptiert. Die Entscheidung über die Eintei- lung zweideutiger Fälle übernahm eine Expertengruppe, die aus einem Pathologen, ei- nem Chirurgen und einem Internisten/ Hepatologen bestand.

Als Quellen für die Auffindung von Fällen wurden Kliniken für Innere Medizin (Gastroenterologie, Hepatologie), für Abdominale Chirurgie, für Radiologie oder Rönt- gendiagnostik, Pathologische Institute oder Abteilungen für Onkologie oder Onkologi- sche Zentren angesehen (Details siehe Manual of Operations 1994).

Bei verstorbenen Frauen mit Leberzell-Karzinom wurde versucht, den nächsten Angehö- rigen für ein Interview zu gewinnen. Als nächster Angehöriger wurde jene Person defi-

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niert, die am ehesten die gestellten Fragen beantworten konnte, unabhängig davon, ob es ein Verwandter war oder nicht.

Ein- und Ausschlußkriterien für Fälle

Einschlußkriterien: Frauen unter 65 Jahre mit HCC, wenn dieses nach dem 1 Juli 1990 diagnostiziert wurde.

Ausschlußkriterien: männliches Geschlecht, Alter von 65 oder darüber, nicht hepato- zelluläre, primäre Lebertumoren, sekundäre Lebertumoren, maligne Tumoren in anderen Körperorganen, Lebermetastasen von anderen Tumoren, rein klinische Diagnose eines HCC, unüberwindliche Sprachprobleme und andere Kooperationsschwierigkeiten.

Die Fallerfassung erfolgte in den beteiligten Studienzentren sowohl für 4 Jahre retro- spektiv (historisch) als auch für 2 Jahre prospektiv. Der Schwerpunkt lag bei der pro- spektiven Erfassung während der zweijährigen Feldarbeitszeit der Studie.

Beschreibung der Kontrollen

Definition der Kontrollgruppe

Für jeden Fall sollten im Durchschnitt vier Kontrollen derselben 5-Jahres-Gruppe rekru- tiert werden. Diese sollten nach Festlegung des die Studie überwachenden internationa- len „Scientific Advisory Committee“ (Anlage 1) aus drei verschiedenen Quellen stam- men: 2 allgemeine Krankenhauskontrollen, 1 Krankenhauskontrolle mit einer anderen Tumor-Diagnose und mindestens 1 Bevölkerungs-Kontrolle. Der Grund dafür war, daß mögliche unterschiedliche BIAS-Formen hiermit abgeschätzt werden könnten.

Unter der Annahme, daß sich die für diese Studie relevanten Risikomerkmale in den letz- ten Jahren nicht wesentlich verändert haben, wurden auch für verstorbene Fälle (Stellver- treter-Interviews) lebende Kontrollen interviewt.

Krankenhaus-Kontrollen mit Tumor

Als Kontrolle mit anderen Tumoren wurden nur solche akzeptiert, die im gleichen Kran- kenhaus wie der Fall behandelt wurden und nur solche Tumore wurden akzeptiert, für die keine Assoziation zu seltenerer oder häufigerer Pillennutzung in der Literatur berichtet wurde. Hierzu wurde eine gesonderte Liste mit jenen Tumor-Diagnosegruppen erstellt,

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die in die Studie einschließbar sind (Details siehe Manual of Operations 1994, Heine- mann 1996).

Für Kontrollen mit anderen Tumoren, vorzugsweise solchen, die über eine Metastisie- rung in der Leber entdeckt wurden bzw. bei denen eine Untersuchung der Leber mit bildgebenden Verfahren (Sonographie, CT, MRT) durchgeführt wurde, sprechen folgen- de Argumente:

•= Es ist meist eine Untersuchung der Leber mit bildgebenden Verfahren erfolgt, d.h.

ein Detection-Bias in bezug auf HCC ist weitgehend auszuschließen;

•= Wenn eine besondere Gefahr für einen Recall-Bias bezüglich der Exposition vorliegt (z.B. bei besonderer Medienaktivität in Richtung Verursachung von Leberkrebs durch OCs oder berufliche Noxen), dann ist dieser wahrscheinlich bei diesen Tumor- Kontrollen ähnlich ausgeprägt wie bei HCC-Fällen.

•= Bei limitiertem Krankenhauszugang (teure, hochspezialisierte Universitätskliniken) mag der Selection-Bias z.B. abhängig von sozialen Merkmalen vergleichbar dem bei HCC-Fällen sein.

Andere Krankenhaus-Kontrollen

Als sonstige Krankenhaus-Kontrollen wurden alle Patientinnen im entsprechenden Al- tersspektrum zugelassen, mit Ausnahme jener Diagnosen, bei denen ein Zusammenhang zu häufigerer oder seltenerer Nutzung von Steroidhormon-Kontrazeptiva bekannt ist. Die Liste zugelassener Diagnosegruppen, die als Krankenhaus-Kontrollen einbeziehbar sind, wurde an anderer Stelle veröffentlicht (Methodikarbeit).

Die Krankenhaus-Kontrollen wurden aus den Neuaufnahmen derselben Krankenhäuser wie die Fälle rekrutiert. Die einzelnen, vorher festgelegten Abteilungen und Stationen bekamen Nummern, und die Kontrollen wurden im Rotationsverfahren von den ver- schiedenen Stationen gewählt.

Bevölkerungskontrollen

Die Bevölkerungskontrollen wurden randomisiert aus dem Einwohnerregister der Region gewählt, aus dem die zugehörigen Fälle stammen. Nur sie können einen verläßlichen Schätzer für die Prävalenz der zu untersuchenden Expositionsvariablen geben, ausrei- chend gute Repräsentativität für die Grundgesamtheit und große Stichprobe vorausge-

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setzt. Die geschätzten Häufigkeiten in 5-Jahres-Altersgruppen waren das Kriterium für das „Frequency-Matching“.

Ein- und Ausschlußkriterien für Kontrollen Einschlußkriterien

Bevölkerungs-Kontrollen

Vergleichbarkeit mit der 5-Jahres-Altersgruppen-Verteilung der Fälle, geographische Region vergleichbar mit den Fällen, es wurden nur lebende Kontrollen aus den entspre- chenden Einwohnerregistern gezogen.

Krankenhaus-Kontrollen

Vorgegebene 5-Jahres-Altersgruppen-Verteilung, Prüfung der Einbeziehbarkeit anhand der Einweisungsdiagnose

Ausschlußkriterien:

männliches Geschlecht, Alter ab 65 Jahre, HCC-Diagnose, unüberwindliche Sprachprob- leme,

Zusätzliche Ausschlußkriterien für Krankenhaus-Kontrollen: eine der Diagnosen aus der Liste der auszuschließenen Erkrankungen, wie sie im Manual of Operations (1994) fest- gelegt wurden, und die vom Scientific Advisory Committee aufgrund eines möglichen Zusammenhanges mit der Nutzungswahrscheinlichkeit von oralen Kontrazeptiva ausge- wählt wurden.

Methodik der Informationsgewinnung

Die Datenerfassungsbögen für das standardisierte Interview wurden unter Kenntnis der Mitte der 80er Jahre von der WHO durchgeführten Untersuchung zu Karzinomen bei Einnahme kombinierter Kontrazeptiva entwickelt, allerdings wesentlich ergänzt um zu- sätzlichen Risikofaktoren (wie berufliche) sowie spezielle molekularbiologische Unter- suchungen.

Der überwiegende Anteil von Informationen wurde mit einem standardisierten Interview erfaßt, daß durch trainierte InterviewerInnen durchgeführt wurde. Für die InterviewerIn- nen stand ein Interviewerleitfaden zur Verfügung.

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Der Teil I des Fragebogen wurde für einschließbare Fälle und Kontrollen strikt nach den Anweisungen für die Durchführung des Interviews erfragt. Die Intervieweranleitung ist ein Teil des Manual of Operations (1994). Eine detaillierte Qualitätskontrolle einschließ- lich stichprobenartiger Tonbandmitschnitte hat darüber gewacht, inwieweit das Hauptin- terview korrekt der Intervieweranweisung folgte.

Zusätzlich zum persönlichen Interview mit Fällen und Kontrollen wurden Dokumentati- onsbögen anhand der ärztlichen, insbesondere diagnostischen Daten (Krankenhaus) aus- gefüllt.

Für alle Fälle und Kontrollen wurde ein Logbuch geführt, ob und unter welchen Bedin- gungen die Untersuchungsteilnehmer letztendlich erreicht wurden und welche Stellung- nahme sie zur Durchführung des Interviews abgaben, z.B. Ablehnung der Mitarbeit in der Studie.

Gliederung des Interviews

1. Fragenkomplex zur lebenslangen Anamnese der Nutzung von oralen Kontrazep- tiva oder anderen Formen der Geburtenkontrolle. Zusätzlich wurden weitere Medikamente erfaßt, einerseits zur Validierung der Angaben über (Vor-) Er- krankungen und andererseits als Indikator für eine besondere Expositionssitua- tion.

2. Erfassung potentieller beruflicher Expositionen durch Angabe von Beruf bzw.

Tätigkeit der Probandin. Dazu wurde die Probandin gebeten, alle Berufe bzw.

Berufsbranchen, in denen sie mindestens 1 Jahr gearbeitet hat, als Text an- zugeben. Zusätzlich wurden ihr 16 Berufe (die in der Literatur in irgendeiner Weise mit Lebererkrankungen in Verbindung gebracht wurden) benannt, und gefragt, ob, und wenn ja, wann und wie lange sie in einem oder mehreren dieser Berufe gearbeitet hat. Desweiteren wurde die Probandin über die Exposition mit ausgewählten Arbeitsstoffen befragt. Für letzteres wurden Listen von Arbeits- stoffen vorgelegt, um das Erinnerungsvermögen zu unterstützen.

3. Erhebung der Rauchgewohnheiten durch Erfassung der Kategorien Zigaretten- raucher, Ex-Raucher und Nie-Raucher sowie der Anzahl der gerauchten Ziga- retten.

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4. Erhebung des Alkohol-Trinkverhaltens: Da die Trinkgewohnheiten lebenszeit- lich stark variieren, beschränkt sich die Erfassung auf die Differenzierung in Nicht-, Gelegenheits- und Gewohnheits-Trinker bezüglich der verschiedenen Getränkegruppen. Zusätzlich wurde die durchschnittliche Zahl von Drinks pro Zeiteinheit erfaßt.

5. Erhebung von (Vor-)Erkrankungen: Hierzu zählen in erster Linie Hinweise auf Hepatitis u.a. Lebererkrankungen, aber auch viele weiter chronische Erkran- kungen wie z.B. auf Diabetes und Bluttransfusionen.

6. Familienanamnese hinsichtlich Lebererkrankungen und hinsichtlich bösartiger Tumoren.

7. Sozialer Status

Qualitätssicherung

a) Die Verständlichkeit der in den Interviews gestellten Fragen war neben der Standardisierung des Interviews eine entscheidende Voraussetzung für die Qua- litätssicherung. Dazu wurde der Fragebogen zuerst in einer Pilotstudie hinsicht- lich der Verständlichkeit seiner Items geprüft. Der daraufhin verbesserte Frage- bogen wurde einer Test-Retest-Untersuchung bei einer kleinen Stichprobe un- terzogen.

b) Um die Recall-Bias für die Expositionsvariablen so gering wie möglich zu hal- ten, wurden Vorschläge unterbreitet und Listen mit Beispielen gezeigt (u.a. zu chem. Substanzen in bestimmten Berufen – Details s. Manual of Operations [1994]).

c) Ein Vergleich kritischer Angaben mit den entsprechenden Aufzeichnungen in den Krankenakten im Krankenhaus wurde durchgeführt. Den Angaben des In- terviews wurde generell Priorität eingeräumt.

d) Um die Vollständigkeit und Plausibilität bzw. internen Widerspruchsfreiheit zwischen veschiedenen Antworten zu überprüfen, wurde eine tiefgehende Pro- zedur der Prüfung auf verschiedenen Ebenen (lokales Zentrum, Internationales Datenmanagment-Zentrum) durchgeführt, sowohl visuell als auch computeri- siert.

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e) Das Training und Re-Training aller in die Studie einbezogenen Mitarbeiter wurde durch das Trainings-Team des MILTS International Coordinating Centre (Zentrum für Epidemiologie und Gesundheitsforschung ZEG Berlin) nach ei- nem standardisierten Trainingsplan durchgeführt.

f) In jedem beteiligten Zentrum wurde ein sehr detailliertes (computerisiertes) Logbook über alle Arbeitsschritte geführt. Dieses gibt Auskunft über die Einbe- ziehbarkeit von Fällen und Kontrollen, über Beteiligungsraten und Gründe für Nonresponse, über den erreichten Stand der Rekrutierung und über viele andere Details. Diese wurden regelmäßig im Koordinierungszentrum ausgewertet, um unterschiedliche Verfahrensweisen innerhalb von Zentren über die Zeit sowie zwischen den Zentren aufzudecken und ggf. ein sofortiges Nachtraining zu ver- anlassen.

Um die verschiedenen beruflichen Expositionen der Probandinnen so umfangreich und genau wie möglich erfassen zu können, wurden vier verschiedene Ansätze gewählt:

1. Die Probandin wurden befragt, in welchen Berufen (auch Teilzeitbeschäftigun- gen) sie mindestens 12 Monate beschäftigt war. Die genaue Berufs-(Tätigkeits)- bezeichnung und die Berufsbranche wurde als Freitext erfragt und später co- diert.

2. Zusätzlich wurde der Probandin eine Liste mit 16 verschiedenen Berufen oder Berufsgruppen vorgelegt (für die in der Literatur ein möglicher Zusammenhang mit Lebertumoren beschrieben ist). Auch hier gab die Probandin an, ob und wenn ja, wie lange sie in einer der genannten Berufsgruppen tätig war.

3. Die Probandin gab aus einer Liste von 10 verschiedenen Noxen die an, mit de- nen sie in ihrer beruflichen Laufbahn zu tun hatte. Auch hier wurden wieder die Angaben zum Expositionszeitraum und zusätzlich die Häufigkeit der Exposition abgefragt (oft-gelegentlich-selten).

4. Mit Hilfe der British Job-Exposure-Matrix (Pannet 1985) wurde anhand der von der Probandin angegebenen Berufe eine Liste von Noxen berechnet, denen sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in diesen Berufen ausgesetzt war. Mit dieser Job-Exposure Matrix kann man für einen bestimmten Beruf den Grad der Exposition zu 50 Noxen berechnen: keine oder sehr geringe Exposition gegen-

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über einem bestimmten Stoff = 0, geringe Exposition eines kleinen Anteils der Beschäftigten = 1, geringe Exposition eines großen Anteils von Beschäftigten = 2, starke Exposition eines kleinen Anteils der Arbeiter = 3, ein großer Anteil von Arbeitern stark exponiert = 4. Diese Matrix wurde verwendet, um die Ex- positionen, die typischerweise mit bestimmten Berufen oder Industriezweigen assoziiert sind, von denen die Befragte aber entweder nichts wußte oder sich nicht mehr erinnerte, dennoch zu erfassen. Um diese British Job-Exposure Mat- rix verwenden zu können, mußten die von der Probandin angegebenen Berufe bzw. Berufsbranchen codiert werden. Die geschah unter Verwendung des Gene- ral Register Office – classification of occupation (1966) und der Standard In- dustrial Classification (1968).

Methodik der Codierung

Für die meisten Informationen waren die Codierungsvorschriften im Fragebogen vorge- geben. Einige für die berufliche Exposition relevante Angaben wurden jedoch als Frei- text erfaßt. Um diese Angaben z.B. in der britischen Job-Exposure-Matrix nutzen zu können, wurden sie mit Hilfe des General Register Office – classification of occupation (1966) und der Standard Industrial Classification (1968) kodiert. Hierbei handelt es sich um eine englische Berufs- und Branchenübersicht, die aber in diesem Fall zur Codierung von Berufsbezeichnungen aus mehreren Jahrzehnten und aus unterschiedlichen Ländern bzw. Systemen dienen muß.

Wie wurde kodiert?

Die Berufsgruppen, die den Probanden zur Auswahl vorgelegt wurden, waren teilweise ziemlich weitgefaßt. Dabei handelte es sich z.B. um Berufsgruppen wie Landwirtschaft und Textilindustrie. Die Berufsgruppen, in denen eine größere Anzahl von Fällen vertre- ten waren, unterteilten wir mit Hilfe der von den Probanden angegebenen, detaillierten Berufsbezeichnungen und Industriezweige in kleinere Untergruppen. Damit war auch ein besserer Vergleich mit in der Literatur angegebenen Risikoschätzern für einzelne Berufe möglich.

Desweiteren wurde wegen der potentiell höheren Ansteckungsgefahr für Hepatitis B/ C aus den Angaben des Fragebogens Gruppen verschiedener medizinischer Berufe gebil-

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det, die möglicherweise oder wahrscheinlich Kontakt zu Patientenblut hatten.

Damit sind z.T. verschiedene Berufszuordnungen vorgenommen worden, von denen je- doch nicht gesagt werden kann, welche eine Exposition korrekter beschreibt: Für eine Gruppierung wurden von den Untersuchern aus Sicht der Literatur Berufsgruppen vorge- geben und die Befragten hatten zu entscheiden, ob sie in einer der Gruppen länger als ein Jahr gearbeitet haben oder nicht. Die andere Gruppierung ließ den Frauen völlig freie Wahl ihren Beruf (Tätigkeit) zu beschreiben und eine Branche anzugeben. Danach wurde von den Untersuchern eine Gruppierung bzw. Codierung vorgenommen (Tab. 3). (Die letztere Variante war auch Basis der computerassistierten Analyse einer Job-Exposure- Matrix) Damit ist zu erwarten, daß sich die Ergebnisse bzgl. Risikoschätzern unterschei- den werden, da unterschiedliche, subjektive Wertungen in die Berufsgruppierung einge- gangen sind.

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Tab.3 Umkodierung von erfragten Berufsgruppen in spezifischere Tätigkeitsgruppen nach Zusatzangaben der Probanden

Berufe Branchen Anzahlder FälleTextilbereich Leder Gerbereiarbeiter, Lederverarbeiter, Pelzverarbeiter, Fellhänd-ler Schuhmacher und ArbeiterSchnittfräser, Schuhfabrikarbeiter Lederwarenhersteller Leder, GerbenFellhandel LederwarenSchuhe 3 TextilfaserverarbeitungSpinnfaservorbereiter Spinner, SeilerSpulerKettenvorbereiter Weber Stricker Spinnen Weben JuteWollwaren, KammgarnstoffeSeil, Bindfaden, Netz Strumpfwaren, sonstige Strickwaren 12

Textilproduktion Textil- und verwandte Produkthersteller und deren Qualitäts-ingenieureTextilproduktionsbeschäftigte SchneiderPolsterer Hand- und Maschinennäher Hersteller von Kleidern Spitze Teppiche Textilverarbeitung Textilendproduktion Sonstige TextilindustrienDamenbekleidung Herrenbekleidung Wetterfeste Kleidung Sonstige Kleiderindustrie 36 TextilverkaufTextilverkauf Textil- und Garnhandel 4 ReinigungPensionsbesitzer, Hotelier, Haushälter Dienstmädchen Putzfrau, Personal einer Büroreinigungsfirma 39

TrockenreinigungWäschereiarbeiter, BüglerReinigung,rben nach Auftrag 3 Landarbeiter Landwirtschaftsarbeiter Gärtner & Platzwärter Kleinpächter 16 Landwirtschaftlicher Ser-vice Landmaschinenführer 1 BauernBauer, Farmer, Landwirt 14 Winzer Weinbauer, Brauer 1

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24 BedienungGastronom, Kellner, Kassierer 7 Köche Köche Kochhelfer Bäcker, KonditorenNahrungsmittelverarbeitung 14

Barfrauen Barfrauen 3 Krankenschwester KrankenschwesterPflegedienst von Krankenschwestern Stadtgesundheitswesen 18 Röntgenassistent ntgenassistent 1 Andere medizinische Beru-fe Medizinische Arbeiter 9

Chemische Industrie Beschäftigte in der chem. Industrie Hilfsarbeiter in der Chemieindustrie Chemiker Allg. Chemikalien anorganische ChemikalienAllg. Chemikalien organische ChemikalienAllg. Chemikalien sonstige ChemikalienPharmazeutische Arzneimittel Sonst. Chem. Ind. – Politur, Poliermittel, LackSonst. Chem. Ind. – Klebstoffe, Gelatine Sonst. Chem. Ind. – Sprengstoffe, Feuerwerkskörper 14 Gummiprod./-verarbeitungGummi – Reifen und Schläuche Gummi sonstige Gummiwaren 2

Plastikprod./-verarbeitungBescftigte in der PlastindustrieHarz- und Plastikkunstoff 2 Maler Maler/ Dekorateur FahrzeuglackiererBeschäftigte einer Lackiererei Kunstmaler Farben/ Lacke 1 Druck- & Papierindustrie Bescftigte der Papier- und Pappeherstellung Bescftigte in der Herstellung von PapierproduktenSchriftsetzer Bediener von Druckerpressen/-maschinenDrucker Druckereiarbeiter Papier und Pappe Verpackungen aus Papier und PappeBüromaterialienHerstellung von Papier und Pappe TapeteHerstellung von Papier und Pappe sonstige Drucken/ Druckerei Schreibwaren 6

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25 Methodik der Auswertung

Genereller Ansatz

Da die Datenbasis bereits im Rahmen der Auswertung der Hauptfragestellung, d.h. der nach dem Zusammenhang zwischen Sexualhormonen und Leberkrebs, ausführlich hin- sichtlich der Datenqualität überprüft wurde, wird in dieser Analyse nicht sehr detailliert auf die Berechtigung der Zusammenfassung verschiedener, z.T. sehr kleiner Subgruppen eingegangen: z.B. Informationen aus Stellvertreter-Interviews bei inzwischen verstorbe- nen (oder nicht mehr befragbaren) Fällen, Vergleichbarkeit der Informationen von rück- wirkend und prospektiv erfaßten Fällen, von Kontrollpersonen mit oder ohne bestimmte Untersuchungen (z.B. abdominale Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren). Die Ergebnisse der Hauptauswertung haben gezeigt, daß hier keine besonderen Probleme in Richtung Verzerrung der Ergebnisse zu erwarten sind (The Collaborative MILTS Project Team 1997). Da es hier aber um einen völlig anderen Expositionsfaktor geht, werden einige wesentliche Vergleiche nochmals durchgeführt, um die Berechtigung der Zusam- menfassung von Fall-Subgruppen auch für unsere Aufgabenstellung zu bestätigen.

Zur Datensammlung für die Leberkrebs-Fälle wurden verschiedene Wege der Erfassung gewählt. Auf der einen Seite stehen die 4 Jahre retrospektiv erfaßten Fälle den prospektiv erfaßten, inzidenten Fällen gegenüber, auf der anderen Seite stehen die persönlich Be- fragten denjenigen gegenüber, wo der Fall nicht selbst befragt werden konnte, sondern nur ein Stellvertreter. In jeder dieser Untergruppen haben wir das Risiko für einige aus- reichend besetzte Beispiel-Berufsgruppen berechnet, um die Homogenität der Risiko- schätzung prüfen zu können.

Die Fall- und Kontrollen-Rekrutierung fand in 6 verschiedenen Ländern statt. Um mögli- che Inhomogenitäten bei den Odds Ratios für bestimmte Berufsgruppen aufdecken zu können und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse für die einzelnen Länder sicher zu stel- len, führten wir die Berechnung der berufsbedingten Risikoschätzer für das primäre Le- berzellkarzinom nach Ländern stratifiziert durch.

Die nachfolgenden Auswertungen werden sich zunächst auf Häufigkeitstabellierungen stützen, in denen die Vergleichbarkeit von Fällen und Kontrollen mit dem Ziel geprüft werden, Hinweise auf möglicherweise zu berücksichtigende Confounder zu erhalten.

Zur Prüfung der Zusammenhänge zwischen berufs- oder tätigkeitsrelevanten Expositio-

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nen und Leberkrebshäufigkeit werden relative Risiken (Odds Ratio's) mittels logistischer Regressionen berechnet. Rohe und nach verschiedenen Variablen adjustierte OR's mit den 95% Konfidenzintervallen sind Grundlage der Bewertung der in dieser Arbeit ge- prüften Zusammenhänge.

Referenzgruppe

Obwohl es für diese Fall-Kontroll-Studie aus oben genannten Gründen drei verschiedene Kontrollgruppen gab, werden für eine große Zahl von Analysen in dieser Arbeit nur die Populationskontrollen benutzt. Die Begründung dafür ist, daß die berufliche Anamnese unter den Bevölkerungskontrollen am ehesten zu generalisierbaren Aussagen führen dürfte, da keine gesundheitliche Selektion erfolgte, die durchaus mit der beruflichen Tä- tigkeit korrelieren könnte. In den bereits veröffentlichten Analysen zu Sexualhormonen wurden keine signifikanten Unterschiede im Leberkrebsrisiko beim Vergleich mit unter- schiedlichen Kontrollgruppen gezeigt, allerdings der zu erwartende ungünstigere Ge- sundheitszustand der Krankenhaus-Kontrollgruppen belegt. Generell wurde in zahlrei- chen Publikationen gezeigt, daß Hospitalkontrollen im Vergleich zu Populationskontrol- len tendenziell höhere Risikoschätzer erbringen (The Collaborative MILTS Project Team 1997).

Multivariante Analysen

Laut Studienprotokoll (Manual of Operations 1994) wurde – wie auch für die Analyse der Hauptfragestellung über Sexualhormon-Nutzung und Leberkrebs – die Durchführung von ungematchten logistischen Regressionen bei "frequency matching" der Kontrollen zu den Fällen vorgesehen. Für die Analysen wurde das Statistikpaket STATA (4.0) he- rangezogen.

Während für die Risikobewertung von oralen Kontrazeptiva mit diesem Datensatz zahl- reiche stratifizierte Analysen von Subgruppen möglich waren, um über die Adjustierung hinaus auch auf diesem Wege mögliche Zusammenhänge auf ihre Berechtigung zu prü- fen, ist dies in der vorliegenden Arbeit aufgrund der kleinen Fallzahlen exponierter Fälle und Kontrollen nicht möglich.

Aus dem gleichen Grund, d.h. kleinen Fallzahlen sind auch der Adjustierung enge Gren- zen gesetzt. Es wird von einigen Autoren (Concato 1993) als grobe Regel angegeben, daß man pro 10 exponierte Fälle nicht mehr als eine Adjustierungsvariable benutzen soll-

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te, da ansonsten das logistische Modell instabile Ergebnisse erbringen kann. Andere Au- toren haben andere Faustregeln angegeben, die aber in der Essenz zur gleichen Aussage führen: Je weniger Fälle, desto geringer darf die Zahl von Co-Variablen sein, die in das Modell eingebracht werden.

Als minimale Variante für die Adjustierung wurden deshalb 2 Variablen als unabdingbar angesehen: Alter, da die Leberkrebsinzidenz ganz stark mit dem Lebensalter ansteigt und auch eine Altersabhängigkeit der Wahrscheinlichkeit einer möglichen beruflichen Expo- sition nicht ausgeschlossen werden kann. Als zweite Variable wurde "Zentrum" festge- legt, da man von einem wesentlichen Unterschied der Leberkrebsinzidenz zwischen mit- tel- und südeuropäischen Zentren ebenso ausgehen kann wie von Unterschieden in Be- rufstätigkeit bzw. beruflicher Exposition bei Frauen in so verschiedenen Ländern. Aus letzterem Grund wurden auch einige nach Ländern stratifizierte Auswertungen durchge- führt.

Um analysieren zu können, wie die potentiellen Confounder einer Beziehung zwischen beruflicher Exposition und Leberkrebs, wie Alkohol, orale Kontrazeptiva oder Rauchen das Leberkrebsrisiko beeinflussen, untersuchten wir einige Berufsgruppen mit größeren Fallzahlen. Für diese Berufsgruppen berechneten wir das Leberkrebsrisiko (OR) in 4 Strata:

1. alle in die Berechnung einfließenden Fälle und Kontrollen hatten keines der oben genannten Merkmale,

2. Fälle und Kontrollen hatten nur eines der oben genannten Merkmale, 3. Fälle und Kontrollen hatten zwei der oben genannten Merkmale und 4. Fälle und Kontrollen alle oben genannten Merkmale.

Mit dieser stratifizierten, logistischen Regressionsanalyse wollten wir den Effekt dieser Risikomerkmale auf das Leberkrebsrisiko darstellen. Hieraus wird die Entscheidung ab- geleitet, ob eine Variable in die Adjustierung aufgenommen wird, die die Ausprägung von anderen als beruflichen Faktoren beschreibt.

Zusätzlich wurden Analysen durchgeführt, in denen schrittweise eine größere Zahl von Variablen beurteilt und aus dem Modell wieder ausgeschlossen wurden ("stepwise lo- gistic regression"). Aus dem oben Gesagten wird klar, daß die damit gewonnenen Aussa- gen jedoch nur von sekundärem, evtl. nur hypothesenbildendem Charakter sein können,

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da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die errechneten Risikoschätzer instabil sind.

So haben wir für die Hauptaussagen auch den Ergebnissen aus Modellen mit Berücksich- tigung von 2 Co-Variablen (Alter, Zentrum) Priorität gegeben; die anderen Resultate werden weitgehend nur zur Hypothesenbildung oder Diskussion von Resultaten aus der Literatur herangezogen.

Ein weiterer wichtiger Einflußfaktor für das Leberkrebsrisiko einer einzelnen Berufs- gruppe könnte sein, wenn die Fälle und Kontrollen, die in diesem zu untersuchenden Be- ruf gearbeitet haben, zusätzlich noch in anderen Berufen gearbeitet haben, die mögli- cherweise ebenfalls ein erhöhtes Risiko zeigen, an Leberkrebs zu erkranken und somit die Risikoschätzer für den untersuchten Beruf verfälschen. Um diesen Einflußfaktor zu untersuchen, haben wir die Risikoberechnung für die wichtigsten Berufsgruppen mit aus- reichend großen Fallzahlen so durchgeführt, daß nur solche Fälle und Kontrolle in die Berechnung aufgenommen wurden, die niemals in einem anderen Beruf gearbeitet haben, der in der Literatur mit einem erhöhten Leberkrebsrisiko in Verbindung gebracht wurde.

Bei der Analyse von berufsbedingten Noxen/Expositionen läßt es sich nicht umgehen, daß sehr viele Variablen beleuchtet werden müssen. Dies ist durch die Vielzahl der in der Literatur genannten möglichen Risiken sowie durch immer neu hinzukommende Überle- gungen bedingt. Damit ergibt sich aber zwangsläufig das methodische Problem der mul- tiplen Testung nach signifikanten Zusammenhängen. Das heißt, es ist zu erwarten, daß bei vielfacher Testung, zumal bei kleinen Subgruppen Exponierter und ggf. instabilen Risikoschätzern, auch irgendwo statistisch signifikante Ergebnisse gefunden werden – ohne eine inhaltliche Bedeutung haben zu müssen. Dies ist ein Problem, das in allen grö- ßeren internationalen Studien zu „berufsbedingtem“ Leberkrebs bestanden haben dürfte.

Wir haben aber – wie in der arbeitsmedizinischen Literatur üblich – von einer Adjustie- rung für "multiples Testen" Abstand genommen, werden das Phänomen jedoch bei einer

„konservativen“ Interpretation der Ergebnisse berücksichtigen. Dafür spricht auch, daß das Problem der kleinen Zahlen Exponierter absolut dominant ist und diesem Fakt vor- zugsweise bei der Interpretation Rechnung getragen werden muß.

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Eigener Anteil an der Untersuchung zu berufsbedingten Leberkrebsrisiken

Die Studienplanung und –durchführung wurde durch das „International Collaborative MILTS Project Team“ mit dem Koordinierungszentrum im ZEG Berlin geleistet.

Der eigene Beitrag bestand in:

•= der kritischen Durchsicht der Berufsanamnese und der Codierung bzw. Recodierung der speziellen Berufsgruppen

•= der Aufarbeitung der Daten für die Job-Exposure-Matrix

•= der Planung und Durchführung der Auswertungen zu beruflichen Risiken

•= der Diskussion der Ergebnisse mit dem MILTS Team

•= der Vorbereitung der ersten Fassung eines Publikationsmanuskripts

Referenzen

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